Bundesgerichtshof Urteil, 30. Sept. 2014 - VI ZR 443/13

bei uns veröffentlicht am30.09.2014
vorgehend
Landgericht Bielefeld, 4 O 340/09, 14.02.2012
Oberlandesgericht Hamm, 26 U 85/12, 03.09.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR443/13 Verkündet am:
30. September 2014
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB 823 Abs. 1 Aa
Hat das erstinstanzliche Gericht den Patienten zur Frage des Entscheidungskonflikts
persönlich angehört und will das Berufungsgericht das Ergebnis dieser Anhörung
abweichend vom Erstgericht würdigen, ist es dazu grundsätzlich nicht ohne erneute
persönliche Anhörung des Patienten befugt.
BGH, Urteil vom 30. September 2014 - VI ZR 443/13 - OLG Hamm
LG Bielefeld
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. September 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Wellner, Pauge und Stöhr und die Richterin Dr. Oehler

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. September 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der seinerzeit 48-jährige Kläger, der in der Zeit vom 1. bis 10. September 2007 Blutungen beim Stuhlgang hatte, stellte sich am 18. September 2007 in der Praxis des Beklagten vor. Er unterzeichnete am selben Tag eine Einverständniserklärung für eine Koloskopie, die der Beklagte am 14. November 2007 mit einer Polypabtragung durchführte. Dabei kam es zu einer Darmperforation mit nachfolgender Entzündung des Bauchfells. Am 23. November 2007 wurde der Kläger wegen massiver Beschwerden stationär aufgenommen und bis April 2008 mehrfach operativ sowie zeitweilig auch intensiv-medizinisch mit Langzeitbeatmung behandelt. In der Zeit vom 11. Mai 2008 bis zum 2. Juni 2008 befand er sich erneut in stationärer Behandlung wegen einer Bronchopneumonie mit septischem Schock und akuter respiratorischer Insuffizienz. Anschließend wurde er in eine Rehabilitationsklinik verlegt. Der Kläger hat geltend gemacht , die Koloskopie sei nicht indiziert gewesen. Zudem sei er nicht ordnungsgemäß über das Risiko einer Peritonitis und das Bestehen von Behandlungsalternativen aufgeklärt worden. Der Kläger begehrt Ersatz materiellen und immateriellen Schadens. Das Landgericht hat die Klage, sachverständig beraten , nach Anhörung der Parteien abgewiesen. Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die Parteien erneut angehört und Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung. Es hat das landgerichtliche Urteil abgeändert und der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

2
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in MedR 2014, 309 veröffentlicht ist, führt aus, es könne dahinstehen, ob die gegen den Beklagten geltend gemachten Ansprüche wegen des behaupteten Behandlungsfehlers bestünden. Die Klage sei schon deshalb begründet, weil davon ausgegangen werden müsse, dass die Behandlung ohne eine ausreichende Aufklärung des Klägers erfolgt sei. Es sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass der Beklagte den Kläger über die Risiken der Koloskopie in dem von ihm als üblich geschilderten Umfang aufgeklärt habe. Der Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg auf eine hypothetische Einwilligung des Klägers berufen, denn der Kläger habe plausible Gründe dafür dargelegt, dass er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem echten Entscheidungskonflikt befunden hätte.

II.

3
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
4
1. Da das Berufungsgericht offen lässt, ob dem Beklagten bei der Koloskopie ein Behandlungsfehler unterlaufen ist, ist im Revisionsrechtszug zugunsten des Beklagten zu unterstellen, dass ein Behandlungsfehler jedenfalls nicht nachgewiesen ist.
5
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Beklagte habe den ihm obliegenden Beweis einer ordnungsgemäßen Risikoaufklärung nicht erbracht.
6
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass ein Arzt grundsätzlich für alle den Gesundheitszustand des Patienten betreffenden nachteiligen Folgen haftet, wenn der ärztliche Eingriff nicht durch eine wirksame Einwilligung des Patienten gedeckt und damit rechtswidrig ist. Richtig ist auch, dass eine wirksame Einwilligung des Patienten dessen ordnungsgemäße Aufklärung voraussetzt (vgl. Senatsurteil vom 7. November 2006 - VI ZR 206/05, BGHZ 169, 364 Rn. 7). Nach gefestigter Rechtsprechung ist ein Patient über schwerwiegende Risiken, die mit einer Operation verbunden sind, grundsätzlich auch dann aufzuklären, wenn sie sich nur selten verwirklichen. Risikostatistiken sind für das Maß der Aufklärung von nur geringem Wert (vgl. Senatsurteile vom 15. Februar 2000 - VI ZR 48/99, BGHZ 144, 1, 5; vom 22. April 1980 - VI ZR 37/79, VersR 1981, 456, 457, und vom 21. November 1995 - VI ZR 341/94, VersR 1996, 330, 331; BGH, Urteil vom 7. Juli 1994 - III ZR 52/93, BGHZ 126, 386, 389). Entscheidend für die ärztliche Hinweispflicht ist nicht ein bestimmter Grad der Risikodichte, insbesondere nicht eine bestimmte Statistik. Maßgebend ist vielmehr, ob das betreffende Risiko dem Eingriff spezifisch anhaftet und es bei seiner Verwirklichung die Lebensführung des Patienten besonders belastet (Senatsurteile vom 7. Februar 1984 - VI ZR 174/82, BGHZ 90, 103, 106 und vom 21. November 1995 - VI ZR 341/94, aaO).
7
b) Nach diesen Grundsätzen war vorliegend vor der Koloskopie - was der Beklagte auch nicht in Abrede stellt - über das Risiko einer Darmperforation aufzuklären, denn nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen handelt es sich bei einer im Rahmen einer Koloskopie auftretenden Perforation zwar um eine seltene Komplikation, die jedoch, wenn sie eintritt, in der überwiegenden Zahl der Fälle eine Bauchhöhlenentzündung zur Folge hat und eine operative Sanierung notwendig macht.
8
c) Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass der Beklagte nicht bewiesen habe, den Kläger vor der Behandlung über das Risiko einer Darmperforation aufgeklärt zu haben.
9
aa) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats dürfen an den dem Arzt obliegenden Beweis einer ordnungsgemäßen Risikoaufklärung allerdings keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Der Tatrichter hat die besondere Situation, in der sich der Arzt während der Behandlung des Patienten befindet, ebenso zu berücksichtigen wie die Gefahr, die sich aus dem Missbrauch seiner Beweislast durch den Patienten zu haftungsrechtlichen Zwecken ergeben kann. Ist einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht, sollte dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist; dies auch mit Rücksicht darauf, dass aus vielerlei verständlichen Gründen Patienten sich im Nachhinein an den genauen Inhalt solcher Gespräche, die für sie etwa vor allem von therapeutischer Bedeutung waren, nicht mehr erinnern. In jedem Fall bedarf es einer verständnisvollen und sorgfältigen Abwägung der tatsächlichen Umstände, für die der Tatrichter einen erheblichen Freiraum hat (vgl. Senatsurteile vom 10. März 1981 - VI ZR 202/79, VersR 1981, 730, 731; vom 21. September 1982 - VI ZR 302/80, VersR 1982, 1193, 1194; vom 28. Februar 1984 - VI ZR 70/82, VersR 1984, 538, 539 f.; vom 8. Januar 1985 - VI ZR 15/83, VersR 1985, 361, 362 und vom 28. Januar 2014 - VI ZR 143/13, VersR 2014, 588 Rn. 11, jeweils mwN; OLG Hamm, VersR 2011, 625, 626, mwN).
10
bb) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht verkannt. Entgegen der Auffassung der Revision hat es auch die Anforderungen an den Nachweis einer ärztlichen Aufklärung nicht überspannt.
11
(1) Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Revisionsrechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13; vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26 Rn. 28; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, VersR 2013, 321 Rn. 16 und vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13, VersR 2014, 1130 Rn. 28, jeweils mwN).
12
(2) Das Berufungsgericht hat sich nach Anhörung des Beklagten und Vernehmung der Arzthelferin N. nicht die Überzeugung bilden können, dass der Beklagte den Kläger so wie üblich aufgeklärt hat. Erst recht hat es sich nicht davon überzeugen können, dass eine Aufklärung über das Risiko einer Darmwandperforation stattgefunden hat. Dem Berufungsgericht fehlten ausreichende Indizien für die Annahme einer ordnungsgemäßen Aufklärung. Diese Würdigung ist vertretbar und hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
13
(3) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung des Beklagten von Amts wegen gemäß § 448 ZPO verneint. Die Entscheidung über die Vernehmung einer Partei nach § 448 ZPO steht im Ermessen des Tatrichters und ist im Revisionsverfahren nur darauf nachprüfbar, ob die rechtlichen Voraussetzungen verkannt worden sind oder das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt worden ist (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 1. Februar 1983 - VI ZR 152/81, VersR 1983, 445; BGH, Urteile vom 5. Juli 1989 - VIII ZR 334/88, NJW 1989, 3222 f. und vom 5. Dezember 2012 - VIII ZR 74/12, NJW 2013, 1299 Rn. 39; jeweils mwN). Solche Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.
14
(a) Voraussetzung für eine Parteivernehmung der beweisbelasteten Partei ist, dass bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der bestrittenen Behauptung erbracht ist und das Gericht durch die Parteivernehmung die Ausräumung seiner restlichen Zweifel erwartet (BGH, Urteile vom 5. Juli 1989 - VIII ZR 334/88, aaO, S. 3223 und vom 5. Dezember 2012 - VIII ZR 74/12, aaO; OLG Zweibrücken, NJW-RR 2011, 496, 498; OLG Oldenburg, NJW-RR 2010, 1717, 1718; Musielak/Huber, ZPO, 11. Aufl., § 448 Rn. 3).
15
(b) Danach hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung des Beklagten im Hinblick auf dessen Angaben bei seiner persönlichen Anhörung mit Recht verneint, denn der Beklagte hat erklärt, er könne sich zwar an den Kläger wegen dessen Vorerkrankung erinnern und habe überlegt , ob dessen Morbus Bechterew der Durchführung der Koloskopie entgegenstehen könne. Er hat aber zugleich ausdrücklich eingeräumt, sonst nichts mehr von dem Aufklärungsgespräch zu wissen. Er habe lediglich keinen Anlass anzunehmen , dass die Aufklärung anders als sonst üblich gewesen sei. Bei dieser Sachlage hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, dass eine Parteivernehmung des Beklagten für den Beweis einer Aufklärung über das Risiko einer Darmwandperforation ungeeignet ist.
16
3. Die Revision wendet sich jedoch mit Recht gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf eine hypothetische Einwilligung des Klägers berufen, weil dieser einen Entscheidungskonflikt plausibel dargelegt habe.
17
a) Der Einwand der Behandlungsseite, der Patient hätte sich einem Eingriff auch bei zutreffender Aufklärung über dessen Risiken unterzogen, ist grundsätzlich beachtlich (Senatsurteil vom 7. Februar 1984 - VI ZR 174/82, aaO, S. 111). Den Arzt trifft insoweit die Behauptungs- und Beweislast. Er ist mit dem Beweis für seine Behauptung, dass der Patient bei ordnungsgemäßer Aufklärung in den Eingriff eingewilligt haben würde, allerdings nur zu belasten, wenn der Patient zur Überzeugung des Tatrichters plausibel macht, dass er, wären ihm rechtzeitig die Risiken der Behandlung verdeutlicht worden, vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte, wobei an die Substantiierungspflicht zur Darlegung eines solchen Konflikts keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (Senatsurteile vom 7. April 1992 - VI ZR 192/91, VersR 1992, 960, 962 und vom 14. Juni 1994 - VI ZR 260/93, VersR 1994, 1302, jeweils mwN).
18
b) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgegangen. Die Revision rügt jedoch mit Recht, dass es die plausible Darlegung eines Entscheidungskonflikts durch den Kläger bejaht hat, ohne diesen selbst dazu persönlich gehört zu haben.
19
aa) Die Würdigung, ob der Patient im Falle ordnungsgemäßer Aufklärung in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, ist ebenso wie die Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO grundsätzlich Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gebunden ist (§ 559 Abs. 2 ZPO). Revisionsrechtlich ist indes zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. zur Beweiswürdigung Senatsurteil vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, aaO; BGH, Urteile vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 38 und vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10, VersR 2011, 1037, insoweit in BGHZ 190, 120 nicht abgedruckt, jeweils mwN). Feststellungen darüber, wie sich ein Patient bei ausreichender Aufklärung entschieden hätte, und ob er in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, darf der Tatrichter grundsätzlich nicht ohne persönliche Anhörung des Patienten treffen; ein Ausnahmefall kann vorliegen, wenn schon die unstreitigen äußeren Umstände eine sichere Beurteilung der hypothetischen Entscheidungssituation erlauben (vgl. Senatsurteile vom 26. Juni 1990 - VI ZR 289/89, VersR 1990, 1238, 1240 und vom 1. Februar 2005 - VI ZR 174/03, VersR 2005, 694 mwN).
20
bb) Das Berufungsgericht hat den Kläger selbst nicht dazu gehört, ob er im Falle ordnungsgemäßer Aufklärung über das mit einer Koloskopie verbundene Risiko einer Darmperforation in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre. Es hat seiner Beurteilung vielmehr die Angaben des Klägers zugrunde gelegt, die dieser bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht gemacht hat. Diese Angaben hat es allerdings anders als die Vorinstanz gewürdigt. Diese Würdigung leidet, wie die Revision mit Recht geltend gemacht, an einem Verfahrensfehler und kann deshalb keinen Bestand haben.
21
cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann eine hypothetische Einwilligung auf die erstinstanzliche Anhörung des Patienten in der Regel nicht gestützt werden, wenn das Berufungsgericht dessen Angaben anders als das Vordergericht würdigen will.
22
(1) Der erkennende Senat fordert für den Regelfall eine persönliche Anhörung des Patienten, um zu vermeiden, dass das Gericht für die Verneinung eines Entscheidungskonflikts vorschnell auf das abstellt, was bei objektiver Betrachtung als nahe liegend oder vernünftig erscheint, ohne die persönlichen, möglicherweise weniger nahe liegenden oder als unvernünftig erscheinenden Erwägungen des Patienten ausreichend in Betracht zu ziehen. Die persönliche Anhörung soll es dem Gericht ermöglichen, den anwaltlich vorgetragenen Gründen für und gegen einen Entscheidungskonflikt durch konkrete Nachfragen nachzugehen und sie auch aufgrund des persönlichen Eindrucks vom Patienten sachgerecht beurteilen zu können (Senatsurteil vom 17. April 2007 - VI ZR 108/06, VersR 2007, 999, Rn. 18; vgl. auch Senatsurteile vom 26. Juni 1990 - VI ZR 289/89, aaO; vom 11. Dezember 1990 - VI ZR 151/90, VersR 1991, 315, 316; vom 2. März 1993 - VI ZR 104/92, VersR 1993, 749, 750 f.; vom 4. April 1995 - VI ZR 95/94, VersR 1995, 1055, 1057; vom 1. Februar 2005 - VI ZR 174/03, aaO; vom 15. März 2005 - VI ZR 313/03, VersR 2005, 836, 837; vom 10. Oktober 2006 - VI ZR 74/05, VersR 2007, 66 Rn. 17 f. und vom 6. Juli 2010 - VI ZR 198/09, VersR 2010, 1220 Rn. 17; NK-MedR/Glanzmann, 2. Aufl., § 630h BGB Rn. 92 f.; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Rn. C 142).
23
(2) Nach gefestigter Rechtsprechung ist eine wiederholte Vernehmung eines Zeugen notwendig, wenn das Gericht die Glaubwürdigkeit eines Zeugen anders würdigen will als die Vorinstanz (vgl. Senatsurteile vom 20. November 1984 - VI ZR 73/83, VersR 1985, 183, 184 und vom 12. November 1991 - VI ZR 369/90, VersR 1992, 237, 238; BGH, Urteile vom 24. Oktober 1973 - VIII ZR 111/72, NJW 1974, 56; vom 29. Januar 1991 - XI ZR 76/90, NJW-RR 1991, 829, 830; vom 24. November 1992 - XI ZR 86/92, WM 1993, 99, 101 und vom 2. Juni 1999 - VIII ZR 112/98, NJW 1999, 2972, 2973). Dasselbe gilt, wenn es der Aussage auch nur ein anderes Gewicht, eine andere Tragweite oder eine vom Wortsinn abweichende Auslegung geben will oder wenn es die protokollierten Angaben des Zeugen für zu vage und präzisierungsbedürftig hält (MünchKommZPO /Damrau, 4. Aufl., § 398 Rn. 5 mwN).
24
(3) Entsprechend diesen Grundsätzen kann die nochmalige Anhörung des bereits in erster Instanz persönlich angehörten Patienten dazu, ob er im Falle ordnungsgemäßer Aufklärung in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre , grundsätzlich nicht unterbleiben, wenn das Berufungsgericht die Angaben des Patienten bei seiner persönlichen Anhörung anders als das Erstgericht bewerten will und die vorzunehmende Würdigung der Plausibilität nicht ohne Berücksichtigung des persönlichen Eindrucks von dem Patienten erfolgen kann.
25
(4) Der Kläger hat in seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht angegeben, dass er, wenn ihm ein Arzt gesagt hätte, das Risiko einer Darmperforation läge bei drei bis acht von 10.000 Patienten, zunächst nachgefragt hätte, ob es Alternativen gäbe. Auf Nachfrage des Gerichts, was er getan hätte, wenn man ihm gesagt hätte, eine medizinisch sinnvolle Alternative gebe es nicht, hat er erklärt, er hätte vielleicht einen anderen Arzt gefragt; er wisse es nicht. Diese Angaben haben dem Landgericht zur plausiblen Darlegung eines echten Entscheidungskonflikts nicht genügt. Demgegenüber hat das Berufungsgericht diese Angaben des Klägers im Hinblick darauf für hinreichend plausibel gehalten, dass es sich vorrangig um einen diagnostischen Eingriff zur Abklärung der Blutungsursache gehandelt habe und das Risiko für den Kläger auch umso größer einzuschätzen gewesen sei, als die letzte Blutung zum Zeitpunkt der Koloskopie etwa zwei Monate zurückgelegen habe, weshalb mit der Untersuchung hätte gewartet werden können, ohne unmittelbare gesundheitliche Probleme riskieren zu müssen. Diese Erwägungen des Berufungsgerichts finden in den Angaben des Klägers, die dieser bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht gemacht hat, ersichtlich keine Stütze. Das Berufungsgericht hat die protokollierten Angaben des Klägers anders als das Landgericht gewürdigt und abweichend vom Vordergericht für plausibel erachtet, ohne sich dabei - wie grundsätzlich geboten - auf einen eigenen persönlichen Eindruck stützen zu können. Bei seiner Würdigung hat es zudem nicht hinreichend beachtet, dass für die Plausibilität eines Entscheidungskonflikts nicht auf eine objektive Risikobewertung abgestellt werden darf, sondern dass es allein auf die persönliche Entscheidungssituation des Patienten aus damaliger Sicht ankommt (vgl. Senatsurteile vom 9. November 1993 - VI ZR 248/92, VersR 1994, 682, 684 und vom 18. November 2008 - VI ZR 198/07, VersR 2009, 257 Rn. 26). Diese Frage kann das Berufungsgericht nicht ohne erneute Anhörung des Patienten abweichend vom Erstgericht beurteilen.
26
4. Nach alledem kann das Berufungsurteil, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist, keinen Bestand haben. Insoweit ist die Sache unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird bei erneuter Befassung Gelegenheit haben, auch das weitere Vorbringen der Parteien in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen. Galke Wellner Pauge Stöhr Oehler
Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 14.02.2012 - 4 O 340/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 03.09.2013 - I-26 U 85/12 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 187/13 Verkündet am: 20. Mai 2014 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
14 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 30. Sept. 2014 - VI ZR 443/13.

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Jan. 2020 - IX ZR 61/19

bei uns veröffentlicht am 09.01.2020

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 61/19 Verkündet am: 9. Januar 2020 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 675 Berät ein R

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2019 - VI ZR 117/18

bei uns veröffentlicht am 29.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 117/18 Verkündet am: 29. Januar 2019 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2019 - VI ZR 495/16

bei uns veröffentlicht am 29.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 495/16 Verkündet am: 29. Januar 2019 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Mai 2019 - VI ZR 27/17

bei uns veröffentlicht am 28.05.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 27/17 Verkündet am: 28. Mai 2019 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 280 Abs. 1, § 611,

Referenzen

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1. a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats hat der aufklärungspflichtige Arzt nachzuweisen, dass er die von ihm geschuldete Aufklärung erbracht hat. An den dem Arzt obliegenden Beweis dürfen allerdings keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Danach hat der Tatrichter die besondere Situation, in der sich der Arzt während der Behandlung des Patienten befindet, ebenso zu berücksichtigen wie die Gefahr, die sich aus dem Missbrauch seiner Beweislast durch den Patienten zu haftungsrechtlichen Zwecken ergeben kann. Ist einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht, sollte dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist; dies auch mit Rücksicht darauf, dass aus vielerlei verständlichen Gründen Patienten sich im Nachhinein an den genauen Inhalt solcher Gespräche, die für sie etwa vor allem von therapeutischer Bedeutung waren, nicht mehr erinnern. In jedem Fall bedarf es einer verständnisvollen und sorgfältigen Abwägung der tatsächlichen Umstände, für die der Tatrichter einen erheblichen Freiraum hat (vgl. Senatsurteile vom 10. März 1981 - VI ZR 202/79, VersR 1981, 730, 731; vom 21. September 1982 - VI ZR 302/80, VersR 1982, 1193, 1194; vom 28. Februar 1984 - VI ZR 70/82, VersR 1984, 538, 539 f.; vom 8. Januar 1985 - VI ZR 15/83, VersR 1985, 361, 362; vom 22. Mai 2001 - VI ZR 268/00, VersR 2002, 120, 121). Schriftliche Aufzeichnungen im Krankenblatt über die Durchführung des Aufklärungsgesprächs und seinen wesentlichen Inhalt sind nützlich und dringend zu empfehlen. Ihr Fehlen darf aber nicht dazu führen, dass der Arzt regelmäßig beweisfällig für die behauptete Aufklärung bleibt. Allein entscheidend ist das vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patient. Deshalb muss auch der Arzt, der keine Formulare benutzt und für den konkreten Einzelfall kei- ne Zeugen zur Verfügung hat, eine faire und reale Chance haben, den ihm obliegenden Beweis für die Durchführung und den Inhalt des Aufklärungsgesprächs zu führen (vgl. Senatsurteil vom 8. Januar 1985 - VI ZR 15/83, aaO).

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

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a) Nach § 286 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisionsrechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juni 2009 - VI ZR 261/08, VersR 2009, 1406 Rn. 5 mwN; und Senatsurteile vom 6. Juli 2010 - VI ZR 198/09, VersR 2010, 1220 Rn. 14; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 241/09, VersR 2011, 223 Rn. 10).
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aa) Nach § 286 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisionsrechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13 mwN).
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(1) Nach dieser Vorschrift hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisionsrechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13 mwN; vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, VersR 2012, 1261 Rn. 28 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
28
Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisions- rechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13; vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26 Rn. 28; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, VersR 2013, 321 Rn. 16, jeweils mwN).

Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen.

39
dd) Den sonach von den Klägern zu führenden Beweis einer verspäteten Anzeige der aufgetretenen Fliesenrisse haben die Kläger nicht erbracht. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht sei gehalten gewesen, zusätzlich zu den gehörten Zeugen auch eine Parteivernehmung der Kläger nach § 448 ZPO vorzunehmen. Die Entscheidung über die Vernehmung einer Partei nach § 448 ZPO steht im Ermessen des Tatrichters und ist im Revisionsverfahren nur darauf nachprüfbar, ob die rechtlichen Voraussetzungen verkannt worden sind oder das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt worden ist (Senatsurteil vom 5. Juli 1989 - VIII ZR 334/88, NJW 1989, 3222 unter I 1 a mwN). Solche Rechtsfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist es aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht im Hinblick auf den Normzweck des § 448 ZPO und die Subsidiarität dieses Beweismittels (vgl. Zöller /Greger, ZPO, 29. Aufl., § 448 Rn. 2, 3 ff.) eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Darstellung der Kläger ("einiger Beweis" erbracht; vgl. Senatsurteil vom 5. Juli 1989 - VIII ZR 334/88, aaO) verlangt hat. Dass das Berufungsgericht dabei allein auf das Ergebnis der Beweisaufnahme abgestellt und den Prozessstoff im Übrigen unberücksichtigt gelassen habe, trifft - wie die Wortwahl des Berufungsgerichts ("insbesondere") zeigt - nicht zu. Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

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aa) Nach § 286 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisionsrechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 225/10 Verkündet am:
22. Juni 2011
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Der Versicherer kann bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles
durch den Versicherungsnehmer in Ausnahmefällen die Leistung vollständig versagen
(hier: Kürzung auf Null bei absoluter Fahruntüchtigkeit). Dazu bedarf es der Abwägung
der Umstände des Einzelfalles.
BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10 - OLG Dresden
LG Chemnitz
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Kessal-Wulf, den Richter Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski und Lehmann auf die
mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2011

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. September 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer seit Mai 2008 bestehenden Fahrzeugvollversicherung für seinen PKW geltend. Das Fahrzeug wurde bei einem Verkehrsunfall am 13. Juli 2008 gegen 7.15 Uhr beschädigt, als es in einer leichten Linkskurve nach links von der Fahrbahn abkam und gegen einen Laternenpfahl prallte. Eine dem Kläger um 8.40 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 2,70 Promille. Im Strafverfahren wurde der Kläger wegen fahrlässigen Vollrauschs verurteilt. Er ließ das Fahrzeug reparie- ren und nimmt die Beklagte abzüglich der Selbstbeteiligung von 300 € auf Zahlung von 6.422,43 € nebst außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie Zinsen in Anspruch. Er behauptet, er könne sich nicht mehr an den Vorfall erinnern und wisse nicht, ob er das Fahrzeug geführt habe. Jedenfalls sei er schuldunfähig gewesen. Auch komme eine vollständige Leistungskürzung nach § 81 Abs. 2 VVG nicht in Betracht.
2
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
4
I. Dieses hält einen Anspruch des Klägers für nicht gegeben, weil dieser den Versicherungsfall gemäß § 81 Abs. 2 VVG grob fahrlässig herbeigeführt habe. Die Fahrereigenschaft des Klägers stehe aufgrund der von der Beklagten in der Berufungsinstanz vorgetragenen und unstreitig gebliebenen Umstände fest. Der dem Kläger nach § 827 BGB obliegende Beweis, dass er den Unfall in schuldunfähigem Zustand verursacht habe, sei nicht geführt. Aus dem gemäß § 411a ZPO verwerteten Sachverständigengutachten ergebe sich, dass der Gutachter einen Vollrausch des Klägers zwar nicht ausgeschlossen habe, ihn aber auch nicht sicher habe feststellen können. Bei der vom Sachverständigen ermittelten Blutalkoholkonzentration im Unfallzeitpunkt von 3,18 Promille sei zu berücksichtigen, dass im Strafverfahren bei der Rückrechnung ein möglichst hoher Wert habe errechnet werden müssen. Selbst wenn man von einem derartigen Wert ausgehe, folge hieraus nach den Feststellungen des Sachverständigen keine Schuldunfähigkeit. Auch das für grobe Fahrlässigkeit in subjektiver Hinsicht erforderliche gesteigerte Verschulden sei gegeben. Bei der auf dieser Grundlage vorzunehmenden Quotenbildung nach § 81 Abs. 2 VVG sei eine Kürzung um 100% zulässig. Dem stehe der Wortlaut der Norm nicht entgegen. Auch sei es mit dem Ziel des Gesetzes, die Kürzungsquote am individuellen Verschulden zu orientieren , vereinbar, in Fällen, in denen die grobe Fahrlässigkeit fast so schwer wiege wie vorsätzliches Handeln, eine vollständige Leistungskürzung vorzunehmen. Beim Führen eines Kraftfahrzeugs in absolut fahruntüchtigem Zustand sei eine Kürzung um 100% gerechtfertigt, da es sich um ein besonders gefahrträchtiges Verhalten handele.
5
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
6
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht sich die Überzeugung gebildet, dass der Kläger den Unfall als Fahrer des PKW selbst herbeigeführt hat.
7
a) Hierbei hat es sich im Wesentlichen auf die Aussage der im Strafverfahren vernommenen Zeugin S. gestützt, deren Angaben die Beklagte zur Grundlage ihres Vortrags im Berufungsverfahren gemacht hatte. Es hat dazu festgestellt, dass dieser Vortrag unstreitig geblieben ist. Nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Gemäß § 314 ZPO liefert der Tatbestand des Urteils Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Hierzu gehört die tatbestandliche Darstellung im Rahmen der Urteilsgründe , die an die Stelle des früheren förmlichen Tatbestandes des Berufungsurteils gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO getreten ist (BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434 Rn. 11). Dieser Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll, nicht jedoch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden. Selbst bei einem Widerspruch zwischen ausdrücklichen tatbestandlichen Feststellungen und in Bezug genommenem Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze gehen die tatbestandlichen Feststellungen vor. Eine etwaige Unrichtigkeit derartiger tatbestandlicher Darstellungen im Berufungsurteil kann nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden (BGH, Urteile vom 1. Dezember 2008 - II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 16; vom 8. Januar 2007 aaO). Daran fehlt es hier.
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b) Ohne Erfolg macht die Revision ferner geltend, die tatrichterliche Würdigung verstoße gegen § 286 ZPO. Das Revisionsgericht hat diese lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie den Sachvortrag und die Beweisergebnisse vollständig berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteil vom 22. November 2006 - IV ZR 21/05, VersR 2007, 1429 Rn. 11). Revisionsgerichtlich nachprüfbar ist weiter, ob der Tatrichter seine Anforderungen an den Grad der richterlichen Überzeugungsbildung überspannt hat. Ferner muss das Urteil im Fall des Indizienbeweises die erforderliche zusammenfassende Würdigung und Gesamtschau erkennen lassen. Hier hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass die Zeugin S. nur den Kläger nach dem Unfall an dem Fahrzeug sah, als er mit Bettzeug hantierte und telefonierte. Ferner bemerkte sie, dass der Kläger sich noch einmal in das Fahrzeug setzte und vergeblich versuchte, den Motor zu starten, bevor er sich vom Fahrzeug entfernte. Irgendwelche anderen Personen in unmittelbarer Nähe des verunfallten Fahrzeugs sind weder von der Zeugin S. noch von den übrigen Zeugen wahrgenommen worden.
9
Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht habe den Inhalt der beigezogenen Ermittlungsakte gehörswidrig unberücksichtigt gelassen, ist nicht ersichtlich, welcher entscheidungserhebliche Vortrag oder Beweisantritt übergangen worden sein sollte. Der Polizeibeamte N. hat im Strafverfahren lediglich angegeben, als der Kläger ihm zu Fuß auf der Straße entgegen gekommen sei, seien dort noch mehrere andere Leute unterwegs gewesen. Ein Anhaltspunkt dafür, dass einer dieser Unbekannten das Fahrzeug statt des Klägers geführt hat, besteht nicht und wird auch vom Kläger nicht geltend gemacht. Auf die Angabe des Zeugen N. , der weitere Zeuge D. S. habe erklärt, nach dem Unfall hätten sich mindestens zwei Personen an dem Fahrzeug des Klägers zu schaffen gemacht, kommt es schon deshalb nicht an, weil der Zeuge D. S. dies in seiner Vernehmung vor dem Strafgericht nicht bestätigt hat. Bei der Gesamtwürdigung der Umstände hat es das Berufungsgericht im Rahmen der tatrichterlichen Überzeugungsbildung für unerheblich gehalten, dass die Zeugin S. den Unfall weder unmittelbar gesehen noch gehört, sondern erst anschließend aus dem Fenster geschaut und den Kläger alleine mit den Fahrzeugschlüsseln am Auto stehen gesehen hat. Wenn das Berufungsgericht sich trotz der theoretischen Möglichkeit, dass auch ein Dritter das Fahrzeug geführt haben könnte, die Überzeugung von der Fahrereigenschaft des Klägers gebildet hat, ist das revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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2. Demgegenüber hält die weitere Auffassung des Berufungsgerichts , der Kläger habe den Unfall grob fahrlässig herbeigeführt, rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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a) Zutreffend geht das Berufungsgericht zunächst davon aus, dass das Führen eines Kraftfahrzeugs in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand grundsätzlich objektiv und subjektiv als grob fahrlässig anzusehen ist (Senatsurteil vom 22. Februar 1989 - IVa ZR 274/87, VersR 1989, 469 unter 4). Auch im Versicherungsvertragsrecht gilt, dass ein Kraftfahrer mit einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille und höher absolut fahruntüchtig ist (Senatsurteil vom 9. Oktober 1991 - IV ZR 264/90, VersR 1991, 1367 unter II 3).
12
aa) Richtig wird ferner erkannt, dass die Regelung des § 827 Satz 1 BGB entsprechend anzuwenden ist, den Versicherungsnehmer also die Darlegungs- und Beweislast für eine behauptete Unzurechnungsfähigkeit im Zeitpunkt der Herbeiführung des Versicherungsfalles trifft. Das entsprach bereits der Rechtsprechung des Senats zu § 61 VVG a.F. (Senatsurteile vom 29. Oktober 2003 - IV ZR 16/03, VersR 2003, 1561 unter II 2 a; vom 22. Februar 1989 aaO unter 3; vom 23. Januar 1985 - IVa ZR 128/83, VersR 1985, 440 f.). Entsprechendes gilt auch für die Neuregelung des § 81 VVG, der an die Stelle von § 61 VVG a.F. getreten ist und lediglich das Alles-oder-Nichts-Prinzip im Falle der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles abgeschafft hat (MünchKomm -VVG/Looschelders, § 81 Rn. 90; Bruck/Möller/Baumann, VVG 9. Aufl. § 81 Rn. 53; Schwintowski/Brömmelmeyer/Kloth/Neuhaus, VVG 2. Aufl. § 81 Rn. 89 f.; Looschelders/Pohlmann/Schmidt-Kessel, VVG § 81 Rn. 39; a.A. Prölss in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 81 Rn. 34).
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bb) Fehlerhaft ist hingegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe nicht den ihm obliegenden Beweis geführt, dass er das Kraftfahrzeug in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit geführt hat. Hierbei hat es wesentlichen Vortrag des Klägers sowie in Betracht zu ziehende Indizien nicht berücksichtigt. Der Kläger hat mehrfach unter Beweisantritt eines Sachverständigengutachtens vorgetragen, er habe im Unfallzeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 3,18 Promille aufgewiesen. Das Berufungsgericht legt nicht dar, aufgrund welcher ihm zukommender Sachkunde es davon ausgeht, dass die Blutalkoholkonzentration deutlich niedriger gelegen hat; konkrete Werte werden von ihm nicht genannt. Auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. P. im Strafverfahren kann es sich schon deshalb nicht stützen, weil Gutachten zur Berechnung eingeschränkter oder vollständiger Schuldunfähigkeit nach §§ 20, 21 StGB im Strafverfahren auf anderer Bewertungsgrundlage als im Zivilverfahren erstellt werden. Abgesehen davon hat auch der Sachverständige im Strafverfahren ausgeführt, beim Kläger habe eine Blutalkoholkonzentration von 2,70 Promille vorgelegen, was nach erfolgter Rückrechnung auf den Unfallzeitpunkt einen Wert von 3,18 Promille ergebe.
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cc) Dabei stellt eine Blutalkoholkonzentration ab 3,00 Promille lediglich ein Anzeichen für Schuldunfähigkeit dar (vgl. OLG Frankfurt VersR 2000, 883; OLG Köln VersR 1995, 205; OLG Hamm VersR 1992, 818 f.; Halm/Kreuter/Schwab/Stomper, AKB 2008 Rn. 1310). Einen allgemeinen Wert für eine Schuldunfähigkeit infolge Alkoholkonsums gibt es nicht (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1966 - II ZR 156/64, VersR 1967, 125 unter IV bei Werten von 2,5 Promille und weniger). Vielmehr sind sämtliche Indizien zu berücksichtigen wie Angaben des Fahrers gegenüber der Polizei und dem Arzt anlässlich der Blutentnahme, Alkohol- gewöhnung, physische und psychische Konstitution des Fahrers, die an den Tag gelegte Fahrweise, Zeit, Menge und Art der Nahrungsaufnahme.
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Diese umfassende Würdigung hat das Berufungsgericht unterlassen. Es hat ohne nähere Erläuterung angenommen, der Sachverständige habe der Schuldunfähigkeit entgegenstehende Anhaltspunkte gewonnen. Der Gutachter hat im Strafverfahren ausgeführt, die Blutalkoholkonzentration von 3,18 Promille weise auf eine hochgradige alkoholische Beeinflussung zum Unfallzeitpunkt hin. Das werde auch dadurch bestätigt, dass der Kläger sich nach dem Unfall ausschließlich für den Schaden an seinem Auto interessiert habe. Lediglich der Umstand, dass der Kläger nach Angaben der Zeugin S. am Unfallort telefonierte, kann nach Auffassung des Sachverständigen gegen einen Vollrausch sprechen. Er ist dann zu dem Ergebnis gekommen, ein Vollrausch könne nicht ausgeschlossen werden. Das war für die Feststellungen im Strafverfahren und eine Verurteilung wegen Vollrauschs nach § 323a StGB ausreichend, kann aber für das zivilrechtliche Verfahren nicht genügen.
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Deshalb wäre das Berufungsgericht verpflichtet gewesen, dem Beweisantrag des Klägers hinsichtlich seiner Schuldunfähigkeit im Unfallzeitpunkt nachzugehen, da eine Reihe weiterer - vom Berufungsgericht nicht in Erwägung gezogener - Indizien vorliegt, die Anhaltspunkte für eine derartige Schuldunfähigkeit begründen können. So wird in dem Blutentnahmeprotokoll vom 13. Juli 2008 der - nach eigenen Angaben nicht alkoholgewöhnte - Kläger mit näherer Begründung als deutlich unter Alkoholeinfluss stehend beschrieben. Weiter hat der Polizeibeamte H. vor dem Strafgericht ausgesagt, der Kläger sei schwer zu verstehen gewesen und habe erheblich unter Alkohol gestanden. Der Poli- zeibeamte N. hat angegeben, der Kläger sei aus seiner Sicht als volltrunken und "direkt als hilflos" zu bezeichnen gewesen.
17
b) Das Berufungsgericht ist anders als das Landgericht und ohne weitere Begründung davon ausgegangen, grob fahrlässiges Handeln des Klägers liege noch nicht darin, dass er keine hinreichenden Maßnahmen getroffen habe, um sich selbst eine Fahrt in alkoholisiertem Zustand unmöglich zu machen. Sollte das Berufungsgericht nach durchgeführter Beweisaufnahme zu dem Ergebnis kommen, dass der Kläger im Unfallzeitpunkt schuldunfähig war, so wird es erneut zu prüfen haben, ob der Kläger den Versicherungsfall durch ein zeitlich früheres Verhalten grob fahrlässig herbeigeführt hat, als er sich noch in schuldfähigem Zustand befand. Da die Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 81 Abs. 2 VVG lediglich an einen Erfolg, nämlich die Herbeiführung des Versicherungsfalles , nicht dagegen an ein bestimmtes Verhalten, etwa das Führen des Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand, anknüpft, kann auf ein zeitlich vorangehendes Verhalten des Versicherungsnehmers abgestellt werden, durch das der Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt wird (vgl. auch BGH, Urteil vom 22. August 1996 - 4 StR 217/96, BGHSt 42, 235, 236 f. für den Fall der fahrlässigen Tötung im Straßenverkehr). Rechnet der Versicherungsnehmer schon vor Trinkbeginn oder jedenfalls in einem noch schuldfähigen Zustand damit, dass er später unter Alkoholeinfluss mit seinem Kraftfahrzeug fahren und dabei möglicherweise einen Unfall herbeiführen werde, oder musste er damit rechnen und verschließt er sich dem grob fahrlässig, so setzt der Vorwurf der schuldhaften Herbeiführung des Versicherungsfalles bereits zu diesem früheren Zeitpunkt ein. Dazu bedarf es weder des Rückgriffs auf die Rechtsfigur der actio libera in causa (so noch Senatsurteil vom 22. Februar 1989 - IVa ZR 274/87, VersR 1989, 469 unter 4; OLG Hamm r+s 2001, 55 f.; MünchKomm-VVG/Looschelders aaO Rn. 90-92; Staudinger/Oechsler, BGB [2009], § 827 Rn. 27) noch des Rechtsgedankens des § 827 Satz 2 BGB (BGH, Urteil vom 6. Juli 1967 - II ZR 16/65, VersR 1967, 944 unter III; OLG Köln VersR 1995, 205; Bruck/Möller/Baumann aaO Rn. 53; Looschelders /Pohlmann/Schmidt-Kessel aaO Rn. 39; Veith, VersR 2008, 1580, 1581 f.; vgl. ferner Halm/Kreuter/Schwab/Stomper aaO Rn. 1309).
18
Maßgeblich ist vielmehr, ob und welche Vorkehrungen ein Versicherungsnehmer , der mit einem PKW unterwegs ist und beabsichtigt, Alkohol zu trinken, getroffen hat, um zu verhindern, dass er eine Fahrt in alkoholisiertem Zustand antritt oder fortsetzt, in dessen Verlauf es später zum Eintritt des Versicherungsfalles kommt (vgl. OLG Hamm VersR 1988, 369 f.; Staudinger/Oechsler aaO Rn. 24). Hierzu wird unter anderem der Vortrag des Klägers zu berücksichtigen sein, er habe auf dem Musikfestival in dem PKW schlafen wollen, weshalb er auch Schlafzeug mitgenommen sowie die Rücksitze umgeklappt habe. Weiter wird im Rahmen eines derartigen Pflichtenverstoßes zu prüfen sein, ob der Kläger alle ihm zumutbaren Vorsichtsmaßnahmen ausgeschöpft hat.
19
c) Kann der Kläger den ihm obliegenden Beweis einer völligen Schuldunfähigkeit nicht führen, wird das Berufungsgericht ferner zu beachten haben, dass die Gründe für die erhebliche Beeinträchtigung des Bewusstseins noch unterhalb der Schwelle völliger Unzurechnungsfähigkeit , den Vorwurf grober Fahrlässigkeit jedenfalls im Sinne eines auch subjektiv unentschuldbaren Verhaltens entfallen oder zumindest abmildern lassen können (Senatsurteile vom 29. Oktober 2003 aaO unter II 2 c; vom 22. Februar 1989 aaO unter 4; vom 23. Januar 1985 aaO). Den Versicherer trifft unbeschadet einer entsprechenden Anwendung des § 827 Satz 1 BGB die Beweislast auch für die subjektiven Voraussetzun- gen grober Fahrlässigkeit (Senatsurteile vom 29. Oktober 2003 und vom 23. Januar 1985 aaO). Zwar kann diese trotz erheblich eingeschränkter Einsichts- und Hemmungsfähigkeit zu bejahen sein, wenn ganz elementare Verhaltensregeln verletzt werden, deren Einhaltung auch in diesem Zustand unbedingt erwartet werden muss. So verhält es sich in der Regel bei einer Trunkenheitsfahrt (Senatsurteil vom 22. Februar 1989 aaO). Allerdings können im Einzelfall Anhaltspunkte dafür gegeben sein, dass unterhalb der Schwelle völliger Unzurechnungsfähigkeit eine erhebliche Beeinträchtigung des Bewusstseins im Sinne einer Verminderung der Einsichts- oder Hemmungsfähigkeit vorgelegen hat, die den Vorwurf grober Fahrlässigkeit entfallen lässt.
20
3. Sollte der Kläger nach den noch zu treffenden Feststellungen den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt haben, so findet für den Umfang des Anspruchs § 81 Abs. 2 VVG Anwendung. Diese durch das Gesetz über den Versicherungsvertrag vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631) zum 1. Januar 2008 eingeführte Bestimmung besagt, dass der Versicherer bei grober Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers berechtigt ist, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Anders als die Regelung des § 61 VVG a.F., wonach der Versicherer sowohl bei vorsätzlicher als auch bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles vollständig von der Leistung befreit ist, differenziert § 81 VVG nunmehr zwischen vorsätzlichem und grob fahrlässigem Verhalten des Versicherungsnehmers. Während es nach § 81 Abs. 1 VVG im Falle des vorsätzlichen Verhaltens bei der völligen Leistungsfreiheit des Versicherers bleibt, ist bei grober Fahrlässigkeit nach § 81 Abs. 2 VVG das bisherige Alles-oder-Nichts-Prinzip zugunsten einer Quotierung abgeschafft worden.

21
a) Umstritten ist, ob der Versicherer berechtigt ist, seine Leistung auf Null zu kürzen, oder ob dem Versicherungsnehmer in jedem Fall zumindest ein quotaler Anspruch zusteht. Die hierzu bisher ergangene Rechtsprechung der Instanzgerichte lässt eine vollständige Leistungskürzung seitens des Versicherers auch bei grober Fahrlässigkeit in Einzelfällen zu und nimmt dies überwiegend bei der Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit an (OLG Stuttgart NJW-RR 2011, 185, 186 f.; OLG Hamm VersR 2011, 206; LG Münster VersR 2011, 487 f.; LG Oldenburg r+s 2010, 461, 462; LG Tübingen ZfS 2010, 394 f.; AG Bühl SVR 2009, 424 f.; AG Bitterfeld-Wolfen vom 19. August 2010 - 7 C 1001/09, juris). Das entspricht der herrschenden Auffassung im Schrifttum (MünchKomm -VVG/Looschelders aaO Rn. 125; Bruck/Möller/Baumann aaO Rn. 127; HK-VVG/Karczewski, § 81 Rn. 99; ders. in Festschrift 300 Jahre Oberlandesgericht Celle, 2011, S. 303, 313 f.; Looschelders/Pohlmann/ Schmidt-Kessel aaO Rn. 85; Schwintowski/Brömmelmeyer/Kloth/ Neuhaus aaO Rn. 62; Stiefel/Maier/Halbach, AKB 18. Aufl. § 81 Rn. 27; Schimikowski, Versicherungsvertragsrecht 4. Aufl. Rn. 266; Burmann /Heß/Stahl, Versicherungsrecht im Straßenverkehr 2. Aufl. Rn. 571; Nugel, Kürzungsquoten nach dem VVG Rn. 7; ders. MDR 2010, 597; jurisPR -VerkR 24/2010 Anm. 2 zum Berufungsurteil des OLG Dresden vom 15. September 2010; anders noch in MDR 2008, 1320, 1323 f.; Rixecker, ZfS 2009, 5, 6 f.; 2007, 15, 16; Looschelders, VersR 2008, 1, 6; Veith, VersR 2008, 1580, 1583 f.; Franz, VersR 2008, 298, 304 f.; Weidner/ Schuster, r+s 2007, 363, 364; Günther, r+s 2009, 492, 495 f.; Günther/ Spielmann, r+s 2008, 133, 141 f.; Wenker, jurisPR-VerkR 5/2011 Anm. 2 zu LG Oldenburg, Urteil vom 24. September 2010; so auch Felsch, r+s 2007, 485, 492 zu § 28 VVG; ders. in HK-VVG § 28 Rn. 160). Auch der sogenannte "Goslarer Orientierungsrahmen" geht für die Fälle alkoholbedingter absoluter Fahruntüchtigkeit von einer Leistungskürzung um 100% aus (ZfS 2010, 12, 14).
22
b) Die Gegenansicht vertritt die Auffassung, bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles komme ein vollständiger Wegfall der Leistungspflicht des Versicherers nicht in Betracht (KG VersR 2011, 487; Marlow, VersR 2007, 43, 45; Marlow/Spuhl, Das Neue VVG kompakt 3. Aufl. S. 157 f.; Schimikowski/Höra, Das neue Versicherungsvertragsgesetz S. 148; Rokas, VersR 2008, 1457, 1462; Kerst, VW 2010, 501; Halm/Kreuter/Schwab/Stomper aaO Rn. 1096-1100). Der Begriff der Leistungskürzung in § 81 Abs. 2 VVG beinhalte, dass schon begrifflich ein gewisser Restanspruch des Versicherungsnehmers verbleiben müsse. Eine vollständige Leistungsfreiheit sei vom Gesetzgeber ausdrücklich nur für den Fall vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles in § 81 Abs. 1 VVG vorgesehen worden. Der Absicht des Gesetzgebers habe es gerade entsprochen, im Bereich der groben Fahrlässigkeit das Alles -oder-Nichts-Prinzip abzuschaffen. Dies dürfe nicht durch die Zulassung einer Leistungskürzung auf Null unterlaufen werden. In Ausnahmefällen , in denen das Verschulden des Versicherungsnehmers als vorsatznah zu bezeichnen sei, komme eine Leistungskürzung von 90% oder mehr in Betracht.
23
c) Die überwiegende Auffassung trifft zu. § 81 Abs. 2 VVG steht einer vollständigen Leistungskürzung seitens des Versicherers in Einzelfällen nicht entgegen.
24
aa) Zunächst lässt sich aus dem Wortlaut des § 81 VVG nicht entnehmen , dass eine Leistungskürzung auf Null in Fällen grober Fahrläs- sigkeit nicht möglich wäre. Absatz 1 der Vorschrift bestimmt, dass der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet ist, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich den Versicherungsfall herbeigeführt hat. Nach Absatz 2 ist der Versicherer, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat, berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Die Vorschrift enthält mithin keine Regelung dahingehend, dass eine vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers nur bei vorsätzlichem Handeln des Versicherungsnehmers möglich ist, bei grober Fahrlässigkeit dagegen immer mindestens eine Restquote zuzusprechen wäre.
25
bb) Auch die Entstehungsgeschichte von § 81 Abs. 2 VVG belegt nicht, dass ein vollständiger Wegfall der Leistungspflicht des Versicherers in Einzelfällen nicht in Betracht käme. So heißt es im Abschlussbericht der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 19. April 2004 auf S. 70: "Die Überlegungen, die Abschaffung des Alles-oder-NichtsPrinzips führe zur Rechtsunsicherheit und sei mit dem Präventionsgedanken sowie den Interessen der sorgfältigen Mitglieder der Versichertengemeinschaft nicht vereinbar, sind im Ergebnis nicht durchschlagend. … Dem berechtig- ten Interesse, das subjektive und das moralische Risiko zu begrenzen, wird schließlich dadurch Rechnung getragen, dass die Quotelung im Einzelfall auch zur vollständigen Leistungsfreiheit des Versicherers führen kann."
26
Im Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 20. Dezember 2006 wird in der Begründung zwar diese Möglichkeit vollständiger Leistungskürzung nicht ausdrücklich erwähnt, wenn es dort heißt (BT-Drucks. 16/3945 S. 80): "Bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles soll wie in dem Fall einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung (§ 28 Abs. 2 VVG-E) oder Gefahrerhöhung (§ 26 Abs. 1 VVG-E) das Alles-oder-nichts-Prinzip durch eine Quotelung ersetzt werden, um im Einzelfall Entscheidungen zu ermöglichen, die den jeweiligen Schutzinteres- sen des Versicherungsnehmers Rechnung tragen …. Der Umfang der Leistungspflicht bestimmt sich daher nach dem Grad des Verschuldens. Für das Ausmaß der Leistungsfreiheit des Versicherers ist entscheidend, ob die grobe Fahrlässigkeit im konkreten Fall nahe beim bedingten Vorsatz oder aber eher im Grenzbereich zur einfachen Fahrlässigkeit liegt."
27
Hieraus kann aber nicht entnommen werden, dass der Gesetzgeber anders als der Kommissionsbericht die Möglichkeit einer vollständigen Leistungskürzung bei grober Fahrlässigkeit ausschließen wollte.
28
cc) Vielmehr spricht umgekehrt die Systematik des Gesetzes dafür , dass der Gesetzgeber sich der Problematik bewusst war. So enthielt der Entwurf zu der Verletzung vertraglicher Obliegenheiten in § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG zunächst die Regelung, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit "nur" leistungsfrei ist, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Aus dieser Formulierung hätte der Schluss gezogen werden können, dass im Falle einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG eine vollständige Leistungsfreiheit ausscheidet. Im Anschluss an Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren ist sodann auf Initiative des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages das Wort "nur" gestrichen worden. Diesbezüglich heißt es in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 16/5862 S. 99): "Zu § 28 Abs. 2 Der Zusatz des Wortes 'nur' ist überflüssig und soll deshalb gestrichen werden. Dies entspricht auch der Fassung des § 81 Abs. 1, der ebenfalls die Leistungsfreiheit des Versicherers betrifft. In Anbetracht der inhaltlichen Parallelen soll die Formulierung in beiden Bestimmungen weitgehend identisch sein."
29
Das lässt allein den Schluss zu, dass der Gesetzgeber, da es an einer entsprechenden einschränkenden Regelung in § 81 Abs. 1 VVG fehlt, eine vollständige Leistungskürzung bei grober Fahrlässigkeit nicht ausschließen wollte (hierzu auch Bruck/Möller/Baumann aaO Rn. 127; Nugel aaO Rn. 10-12; Rixecker, ZfS 2009, 1, 6 f.).
30
dd) Auch der Sinn und Zweck der Abschaffung des Alles-oderNichts -Prinzips in § 81 Abs. 2 VVG zwingt nicht dazu, eine vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers in Einzelfällen für nicht zulässig zu erachten. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Schweregrad der groben Fahrlässigkeit sich dem Vorsatz annähert, so dass eine Leistungskürzung auf Null gerechtfertigt ist. Der Unterschied zur Leistungsfreiheit bei Vorsatz bleibt dennoch bestehen. Nach § 81 Abs. 1 VVG ist der Versicherer bei vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles kraft Gesetzes von der Verpflichtung zur Leistung frei. Bei grober Fahrlässigkeit ist demgegenüber eine Abwägung erforderlich, die zu unterschiedlichen Quotierungen, im Einzelfall auch zu einer Kürzung auf Null führen kann (Bruck/Möller/Baumann aaO Rn. 127). Umgekehrt kann in besonders gelagerten Fällen eine Leistungskürzung vollständig entfallen (Bruck/Möller/Baumann aaO Rn. 128; Nugel aaO Rn. 16; Looschelders , VersR 2008, 1, 6).
31
ee) Die Gegenauffassung, die jede Kürzung auf Null selbst in gravierenden Fällen grober Fahrlässigkeit ablehnt, lässt ihrerseits Kürzungen bis 99% zu (vgl. Halm/Kreuter/Schwab/Stomper aaO Rn. 1097; Kerst aaO; Marlow/Spuhl aaO S. 158). Sie veranlasst damit die Praxis zu gekünstelt wirkenden Quotenbildungen, um das Verdikt einer vollständigen Leistungskürzung zu vermeiden.
32
ff) Eine Leistungskürzung des Versicherers auf Null ist allerdings nur in besonderen Ausnahmefällen möglich (Nugel aaO Rn. 15; MünchKomm -VVG/Looschelders aaO § 81 Rn. 125; Rixecker, ZfS 2009, 5, 6 f.). Das kann etwa in Betracht kommen bei der Herbeiführung des Versicherungsfalles im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit, da sich derartige Fälle in der Regel im Grenzgebiet zwischen grober Fahrlässigkeit und bedingtem Vorsatz bewegen (Rixecker aaO). Das Führen eines Kraftfahrzeugs in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand gehört nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu den schwersten Verkehrsverstößen überhaupt (Senatsurteile vom 22. Februar 1989 aaO unter 4; vom 23. Januar 1985 aaO). Bei den meisten Kraftfahrern pflegen die Einsichtsfähigkeit und die Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, in Bezug auf die Trunkenheitsfahrt auch bei einem hohen Grad der Alkoholisierung noch vorhanden zu sein. Entsprechend lagen den bisherigen Gerichtsentscheidungen zu § 81 Abs. 2 VVG, die eine vollständige Leistungskürzung gebilligt haben, durchweg Sachverhalte zugrunde, bei denen der Versicherungsfall durch den Versicherungsnehmer im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit herbeigeführt wurde (OLG Stuttgart NJW-RR 2011, 185; LG Münster VersR 2011, 487 f.; LG Tübingen ZfS 2010, 394 f.; LG Oldenburg r+s 2010, 461; AG Bühl SVR 2009, 424 f.; AG Bitterfeld -Wolfen aaO).
33
Allerdings ist immer eine Abwägung der Umstände des Einzelfalles erforderlich, so dass nicht pauschal in jedem Fall absoluter Fahruntüchtigkeit eine Leistungskürzung auf Null vorzunehmen ist. Hat der Versicherungsnehmer entlastende Umstände vorgetragen, die den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit jedenfalls im subjektiven Bereich in milderem Licht erscheinen lassen und kann der Versicherer diese nicht ausräumen , so kommt nur eine anteilige Kürzung und keine vollständige Leistungsfreiheit in Betracht. Das wird das Berufungsgericht zu beachten haben , wenn nach Erhebung der erforderlichen Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Klägers und zur groben Fahrlässigkeit der Umfang der Kürzung nach § 81 Abs. 2 VVG zu prüfen sein sollte.
Dr. Kessal-Wulf Felsch Harsdorf-Gebhardt
Dr. Karczewski Lehmann
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 26.02.2010 - 4 O 1277/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 15.09.2010- 7 U 466/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 174/03 Verkündet am:
1. Februar 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 823 Abs. 1 (Aa); § 847 Abs. 1 a.F.
Wenn der Patient im Arzthaftungsprozeß im einzelnen darlegt, warum er bei vollständiger
und richtiger Aufklärung hinsichtlich seiner Einwilligung in den ärztlichen
Eingriff in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, darf der Tatrichter in aller Regel
die Plausibilität dieses Vortrags nicht beurteilen, ohne den Patienten persönlich dazu
angehört zu haben. Der Tatrichter darf seine eigene Beurteilung des Konflikts nicht
an die Stelle derjenigen des Patienten setzen.
BGH, Urteil vom 1. Februar 2005 - VI ZR 174/03 - Thüringer OLG Jena
LG Meiningen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Februar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts Jena vom 4. Juni 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen ärztlicher Behandlungsfehler und fehlerhafter Aufklärung auf Zahlung von Schmerzensgeld und Ersatz materiellen Schadens in Anspruch. Die Klägerin behauptet, seit der operativen Exzision einer Analfistel im Juni 1998 im Krankenhaus der Beklagten zu 1 durch den Beklagten zu 2 als Operateur an einer Inkontinenz II. Grades (unkontrollierter Abgang von Winden und dünnflüssigem Stuhl) zu leiden. Sie führt dies auf einen Behandlungsfehler bei der Operation zurück.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen: Zur Begründung hat es ausgeführt , dem Beklagten zu 2 sei kein ärztlicher Kunstfehler unterlaufen; aus einem vorliegenden Mangel der Aufklärung ergäben sich keine Ansprüche, weil die Klägerin der Operation auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung zugestimmt hätte. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht verneint in Übereinstimmung mit dem Landgericht das Vorliegen eines Behandlungsfehlers. Das Landgericht habe sich insoweit auf das eingeholte Sachverständigengutachten stützen können. Die Voraussetzungen für Beweiserleichterungen zugunsten der Klägerin lägen nicht vor. Aus einem Aufklärungsfehler könne die Klägerin keine Ansprüche herleiten. Hier sei zwar nicht über alternative Behandlungsmethoden, wohl aber über das Risiko einer bleibenden Stuhlinkontinenz aufzuklären gewesen. Eine solche Aufklärung habe nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Zeugenvernehmung nicht stattgefunden. Die Beklagten hätten aber vorgetragen, daß die Klägerin auch bei korrekter Aufklärung in den Eingriff, wie er vorgenommen worden sei, eingewilligt hätte. Die gegenteilige Behauptung der Klägerin überzeuge nicht. Sie habe nicht vorgetragen, welche Erwägungen von ihr vorgenommen worden wären, wenn sie damit konfrontiert worden wäre, daß es bei der geplanten Operation ein Inkontinenzrisiko gebe. Angesichts dessen, daß eine Zustimmung nahegelegen habe, reiche die pauschale Behauptung einer Zustimmungsverweigerung nicht aus. Auch unter Berücksichtigung der vorlie-
genden Umstände, insbesondere der sensiblen Reaktion der Klägerin auf den Schaden, und der Tatsache, daß die Operation nur relativ indiziert gewesen sei, dränge sich eine Zustimmung der Klägerin auf. Von einer persönlichen Anhörung der Klägerin habe abgesehen werden können, weil die unstreitigen äußeren Umstände eine sichere Beurteilung der hypothetischen Entscheidungssituation erlaubten.

II.

Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. 1. Es ist bereits zweifelhaft, ob es den Anforderungen entspricht, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an den Inhalt eines Berufungsurteils zu stellen sind. Findet gegen ein Berufungsurteil die Nichtzulassungsbeschwerde statt, muß aus dem Urteil zu ersehen sein, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht ausgegangen ist, welches Rechtsmittelbegehren die Parteien verfolgt haben und welche tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung zugrunde liegen (vgl. Senatsurteile BGHZ 156, 216 ff.; vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03 - VersR 2004, 881 f. und vom 28. September 2004 - VI ZR 362/03 - EBE/BGH 2004, BGH-Ls 979/04 (Leitsatz); ferner BGHZ 154, 99 ff; 158, 37 ff.; BGH, Urteile vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - NJW-RR 2003, 1290, 1291; vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 122/03 - NJW-RR 2004, 494; vom 13. Januar 2004 - XI ZR 5/03 - NJW-RR 2004, 573 f.; vom 6. Februar 2004 - V ZR 249/03 - NJW 2004, 1666, 1667). Gemessen an diesen Anforderungen liegt es nahe, die Mitteilung, daß "klageerweiternd eine erhöhte Schmerzensgeldrente begehrt" werde, als nicht ausreichend anzusehen, zumal sie unvollständig ist, weil die Klägerin in der Berufungsbegründung auch ihren Antrag
auf Rentenzahlung erhöht hat. Dem muß indes nicht weiter nachgegangen werden. 2. Das angefochtene Urteil kann jedenfalls deshalb keinen Bestand haben , weil seine Ausführungen zum Entscheidungskonflikt der Klägerin von Verfahrensfehlern beeinflußt sind. Feststellungen darüber, wie sich ein Patient bei ausreichender Aufklärung entschieden hätte, und ob er in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, darf der Tatrichter grundsätzlich nicht ohne persönliche Anhörung des Patienten treffen (vgl. Senatsurteile vom 26. Juni 1990 - VI ZR 289/89 - VersR 1990, 1238, 1240 = AHRS 6180/38; vom 11. Dezember 1990 - VI ZR 151/90 - VersR 1991, 315, 316 = AHRS 1050/49; vom 2. März 1993 - VI ZR 104/92 - VersR 1993, 749, 750 = AHRS 1050/104; vom 14. Juni 1994 - VI ZR 260/93 - VersR 1994, 1302 f. = AHRS 1050/128; vom 4. April 1995 - VI ZR 95/94 - VersR 1995, 1055, 1057 = AHRS 1050/144). Ein Ausnahmefall kann vorliegen, wenn schon die unstreitigen äußeren Umstände eine sichere Beurteilung der hypothetischen Entscheidungssituation erlauben. Der Auffassung des Berufungsgerichts , dies sei hier der Fall, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Freilich trifft den Patienten die Verpflichtung, plausibel darzulegen, weshalb er aus seiner Sicht bei Kenntnis der aufklärungspflichtigen Umstände vor einem Entscheidungskonflikt gestanden hätte, ob er die ihm empfohlene Behandlung gleichwohl ablehnen solle (Senatsurteil vom 26. Juni 1990 - VI ZR 289/89 - aaO). Dieser Verpflichtung ist die Klägerin jedoch in dem Schriftsatz vom 7. Februar 2003 nachgekommen. Dort ist im einzelnen dargelegt , weshalb sie im Hinblick auf ihre bestehenden Beeinträchtigungen und in Anbetracht ihres bisherigen Lebenswegs ein Inkontinenzrisiko keineswegs ak-
zeptiert hätte. Diese Ausführungen genügen den Anforderungen, die der erkennende Senat an die Substantiierung des Vortrags des Patienten stellt (BGHZ 90, 103, 111 ff. = AHRS 1050/11). Von einer "pauschalen Behauptung einer Zustimmungsverweigerung" kann insoweit nicht die Rede sein. Bei dieser Sachlage durfte das Berufungsgericht nicht von der grundsätzlich gebotenen persönlichen Anhörung der Klägerin absehen, ohne in unzulässiger Weise seine eigene Beurteilung des Konflikts an die Stelle derjenigen der Klägerin zu setzen. Gerade angesichts der vom Berufungsgericht selbst angesprochenen besonderen Lebensgeschichte und Sensibilität der Klägerin bedarf es zum Erfassen ihrer besonderen persönlichen Situation und ihrer Einstellung eines persönlichen Eindrucks und konkreter Nachfragen.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
18
b) In ihrer Verallgemeinerung unrichtig ist indes die zum Rechtssatz erhobene Aussage des Berufungsgerichts, die Unmöglichkeit der persönlichen Anhörung des Patienten zum Entscheidungskonflikt wirke sich grundsätzlich zu dessen Lasten aus. Der erkennende Senat fordert für den Regelfall eine per- sönliche Anhörung des Patienten, um zu vermeiden, dass das Gericht für die Verneinung eines Entscheidungskonflikts vorschnell auf das abstellt, was bei objektiver Betrachtung als nahe liegend oder vernünftig erscheint, ohne die persönlichen , möglicherweise weniger nahe liegenden oder als unvernünftig erscheinenden Erwägungen des Patienten ausreichend in Betracht zu ziehen. Die persönliche Anhörung soll es dem Gericht ermöglichen, den anwaltlich vorgetragenen Gründen für und gegen einen Entscheidungskonflikt durch konkrete Nachfragen nachzugehen und sie auch aufgrund des persönlichen Eindrucks vom Patienten sachgerecht beurteilen zu können. Dabei muss im Auge behalten werden, dass an den Nachweis einer hypothetischen Einwilligung durch die Behandlungsseite grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen sind, damit das Aufklärungsrecht des Patienten nicht auf diesem Wege unterlaufen wird (Senatsurteil vom 14. Juni 1994 - VI ZR 260/93 - aaO), und dass die Darlegung eines echten Entscheidungskonflikts durch den Patienten gefordert wird, um einem Missbrauch des Aufklärungsrechts allein für Haftungszwecke vorzubeugen (vgl. Senatsurteil BGHZ 90, 103, 112).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 174/03 Verkündet am:
1. Februar 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 823 Abs. 1 (Aa); § 847 Abs. 1 a.F.
Wenn der Patient im Arzthaftungsprozeß im einzelnen darlegt, warum er bei vollständiger
und richtiger Aufklärung hinsichtlich seiner Einwilligung in den ärztlichen
Eingriff in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, darf der Tatrichter in aller Regel
die Plausibilität dieses Vortrags nicht beurteilen, ohne den Patienten persönlich dazu
angehört zu haben. Der Tatrichter darf seine eigene Beurteilung des Konflikts nicht
an die Stelle derjenigen des Patienten setzen.
BGH, Urteil vom 1. Februar 2005 - VI ZR 174/03 - Thüringer OLG Jena
LG Meiningen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Februar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts Jena vom 4. Juni 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen ärztlicher Behandlungsfehler und fehlerhafter Aufklärung auf Zahlung von Schmerzensgeld und Ersatz materiellen Schadens in Anspruch. Die Klägerin behauptet, seit der operativen Exzision einer Analfistel im Juni 1998 im Krankenhaus der Beklagten zu 1 durch den Beklagten zu 2 als Operateur an einer Inkontinenz II. Grades (unkontrollierter Abgang von Winden und dünnflüssigem Stuhl) zu leiden. Sie führt dies auf einen Behandlungsfehler bei der Operation zurück.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen: Zur Begründung hat es ausgeführt , dem Beklagten zu 2 sei kein ärztlicher Kunstfehler unterlaufen; aus einem vorliegenden Mangel der Aufklärung ergäben sich keine Ansprüche, weil die Klägerin der Operation auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung zugestimmt hätte. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht verneint in Übereinstimmung mit dem Landgericht das Vorliegen eines Behandlungsfehlers. Das Landgericht habe sich insoweit auf das eingeholte Sachverständigengutachten stützen können. Die Voraussetzungen für Beweiserleichterungen zugunsten der Klägerin lägen nicht vor. Aus einem Aufklärungsfehler könne die Klägerin keine Ansprüche herleiten. Hier sei zwar nicht über alternative Behandlungsmethoden, wohl aber über das Risiko einer bleibenden Stuhlinkontinenz aufzuklären gewesen. Eine solche Aufklärung habe nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Zeugenvernehmung nicht stattgefunden. Die Beklagten hätten aber vorgetragen, daß die Klägerin auch bei korrekter Aufklärung in den Eingriff, wie er vorgenommen worden sei, eingewilligt hätte. Die gegenteilige Behauptung der Klägerin überzeuge nicht. Sie habe nicht vorgetragen, welche Erwägungen von ihr vorgenommen worden wären, wenn sie damit konfrontiert worden wäre, daß es bei der geplanten Operation ein Inkontinenzrisiko gebe. Angesichts dessen, daß eine Zustimmung nahegelegen habe, reiche die pauschale Behauptung einer Zustimmungsverweigerung nicht aus. Auch unter Berücksichtigung der vorlie-
genden Umstände, insbesondere der sensiblen Reaktion der Klägerin auf den Schaden, und der Tatsache, daß die Operation nur relativ indiziert gewesen sei, dränge sich eine Zustimmung der Klägerin auf. Von einer persönlichen Anhörung der Klägerin habe abgesehen werden können, weil die unstreitigen äußeren Umstände eine sichere Beurteilung der hypothetischen Entscheidungssituation erlaubten.

II.

Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. 1. Es ist bereits zweifelhaft, ob es den Anforderungen entspricht, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an den Inhalt eines Berufungsurteils zu stellen sind. Findet gegen ein Berufungsurteil die Nichtzulassungsbeschwerde statt, muß aus dem Urteil zu ersehen sein, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht ausgegangen ist, welches Rechtsmittelbegehren die Parteien verfolgt haben und welche tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung zugrunde liegen (vgl. Senatsurteile BGHZ 156, 216 ff.; vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03 - VersR 2004, 881 f. und vom 28. September 2004 - VI ZR 362/03 - EBE/BGH 2004, BGH-Ls 979/04 (Leitsatz); ferner BGHZ 154, 99 ff; 158, 37 ff.; BGH, Urteile vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - NJW-RR 2003, 1290, 1291; vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 122/03 - NJW-RR 2004, 494; vom 13. Januar 2004 - XI ZR 5/03 - NJW-RR 2004, 573 f.; vom 6. Februar 2004 - V ZR 249/03 - NJW 2004, 1666, 1667). Gemessen an diesen Anforderungen liegt es nahe, die Mitteilung, daß "klageerweiternd eine erhöhte Schmerzensgeldrente begehrt" werde, als nicht ausreichend anzusehen, zumal sie unvollständig ist, weil die Klägerin in der Berufungsbegründung auch ihren Antrag
auf Rentenzahlung erhöht hat. Dem muß indes nicht weiter nachgegangen werden. 2. Das angefochtene Urteil kann jedenfalls deshalb keinen Bestand haben , weil seine Ausführungen zum Entscheidungskonflikt der Klägerin von Verfahrensfehlern beeinflußt sind. Feststellungen darüber, wie sich ein Patient bei ausreichender Aufklärung entschieden hätte, und ob er in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, darf der Tatrichter grundsätzlich nicht ohne persönliche Anhörung des Patienten treffen (vgl. Senatsurteile vom 26. Juni 1990 - VI ZR 289/89 - VersR 1990, 1238, 1240 = AHRS 6180/38; vom 11. Dezember 1990 - VI ZR 151/90 - VersR 1991, 315, 316 = AHRS 1050/49; vom 2. März 1993 - VI ZR 104/92 - VersR 1993, 749, 750 = AHRS 1050/104; vom 14. Juni 1994 - VI ZR 260/93 - VersR 1994, 1302 f. = AHRS 1050/128; vom 4. April 1995 - VI ZR 95/94 - VersR 1995, 1055, 1057 = AHRS 1050/144). Ein Ausnahmefall kann vorliegen, wenn schon die unstreitigen äußeren Umstände eine sichere Beurteilung der hypothetischen Entscheidungssituation erlauben. Der Auffassung des Berufungsgerichts , dies sei hier der Fall, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Freilich trifft den Patienten die Verpflichtung, plausibel darzulegen, weshalb er aus seiner Sicht bei Kenntnis der aufklärungspflichtigen Umstände vor einem Entscheidungskonflikt gestanden hätte, ob er die ihm empfohlene Behandlung gleichwohl ablehnen solle (Senatsurteil vom 26. Juni 1990 - VI ZR 289/89 - aaO). Dieser Verpflichtung ist die Klägerin jedoch in dem Schriftsatz vom 7. Februar 2003 nachgekommen. Dort ist im einzelnen dargelegt , weshalb sie im Hinblick auf ihre bestehenden Beeinträchtigungen und in Anbetracht ihres bisherigen Lebenswegs ein Inkontinenzrisiko keineswegs ak-
zeptiert hätte. Diese Ausführungen genügen den Anforderungen, die der erkennende Senat an die Substantiierung des Vortrags des Patienten stellt (BGHZ 90, 103, 111 ff. = AHRS 1050/11). Von einer "pauschalen Behauptung einer Zustimmungsverweigerung" kann insoweit nicht die Rede sein. Bei dieser Sachlage durfte das Berufungsgericht nicht von der grundsätzlich gebotenen persönlichen Anhörung der Klägerin absehen, ohne in unzulässiger Weise seine eigene Beurteilung des Konflikts an die Stelle derjenigen der Klägerin zu setzen. Gerade angesichts der vom Berufungsgericht selbst angesprochenen besonderen Lebensgeschichte und Sensibilität der Klägerin bedarf es zum Erfassen ihrer besonderen persönlichen Situation und ihrer Einstellung eines persönlichen Eindrucks und konkreter Nachfragen.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 313/03 Verkündet am:
15. März 2005
Böhringer-Mangold
Justizhauptsekretärin,
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 823 Aa; § 249 Bb

a) Auch die Aufklärung über bestehende unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten
dient dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten und ist daher Voraussetzung
einer rechtmäßigen Behandlung.

b) Die Frage, ob eine bestehende andere Behandlungsmöglichkeit zu einem besseren
Behandlungsergebnis geführt hätte, betrifft regelmäßig den hypothetischen
Kausalverlauf im Falle des rechtmäßigen Alternativverhaltens.
BGH, Urteil vom 15. März 2005 - VI ZR 313/03 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. März 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 10. Oktober 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin war vom 16. Dezember 1996 bis 18. Februar 1997 nach einem im Krankenhaus konservativ versorgten Bruch in der Nähe des rechten Handgelenks in ärztlicher Betreuung des Beklagten. Der Bruch ist in Fehlstellung verheilt. Die Klägerin beanstandet, der Beklagte habe ein fortschreitendes Abkippen des Bruchs bemerkt, aber sie trotz der Gefahr einer bleibenden Funktionsbeeinträchtigung des Handgelenks nicht auf die weiteren Behandlungsmöglichkeiten einer (unblutigen) erneuten Reposition oder einer Operation des Bruchs hingewiesen. Sie begehrt ein Schmerzensgeld, das sie in Höhe von 40.000 DM für angemessen hält, Ersatz materiellen Schadens in Höhe von 34.081,97 € sowie die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz zukünftigen materiellen und immateriellen Schadens. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht führt zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus, der Beklagte habe die Klägerin spätestens am 23. Dezember 1996 darauf hinweisen müssen, daß statt der weiteren konservativen Behandlung auch eine erneute Reposition oder eine Operation des Bruchs in Erwägung zu ziehen sei. Der Beklagte habe zwar von einer Erörterung dieser Möglichkeiten mit der Klägerin abgesehen. Das führe aber nicht zu seiner Haftung. Die unterlassene Erörterung der anderweitigen Therapiemöglichkeiten habe nur dann haftungsrechtliche Folgen für den Beklagten, wenn die Klägerin nachweise , daß sie sich für einen Eingriff entschieden hätte und daß auf diesem Wege die beklagten Folgen auch vermieden worden wären. Diesen Nachweis habe sie nicht geführt. Zum einen sei die Fortsetzung der konservativen Behandlung nicht fehlerhaft gewesen. So habe nicht die konkrete Erwartung bestanden, daß bei Fortsetzung der konservativen Behandlung das rechte Handgelenk optisch und wahrscheinlich auch funktionell nicht habe wiederhergestellt werden können. Zum anderen sei völlig offen, für welche Behandlungsmethode sich die Klägerin nach ordnungsgemäßer Aufklärung entschieden haben würde. Selbst wenn davon auszugehen sei, daß sie den operativen Eingriff gewählt hätte, sei jedenfalls nicht bewiesen, daß dieser zu einem besseren Ergebnis geführt hätte. Er sei nicht nur mit einem statistischen Risiko der Wundheilungsstörung behaftet gewesen. Durch eine Operation habe zwar eine anatomisch einwandfreie Gelenkstellung erreicht werden können, doch sei dieses Ergebnis nicht sicher
gewesen, weil es auch zu einem Morbus Sudeck habe kommen können. Der Sachverständige habe zudem die Gefahr einer bleibenden Funktionsbeeinträchtigung des Gelenks auch für den Fall einer Operation nicht ausschließen können.

II.

Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision gegen die Verneinung einer Haftung wegen Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht nicht stand. 1. Allerdings geht das Berufungsgericht im Ansatzpunkt ohne Rechtsfehler davon aus, daß es Pflicht des behandelnden Arztes ist, den Patienten über die in seinem Fall bestehenden Behandlungsmöglichkeiten mit wesentlich unterschiedlichen Risiken oder wesentlich unterschiedlichen Erfolgsaussichten in Kenntnis zu setzen und ihm als Subjekt der Behandlung die Wahl zwischen den gleichermaßen medizinisch indizierten Behandlungsmethoden zu überlassen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist die Wahl der Behandlungsmethode zwar primär Sache des Arztes. Gibt es indessen mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethoden, die wesentlich unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen aufweisen, besteht mithin eine echte Wahlmöglichkeit für den Patienten, dann muß diesem nach entsprechend vollständiger ärztlicher Aufklärung die Entscheidung überlassen bleiben, auf welchem Wege die Behandlung erfolgen soll und auf welches Risiko er sich einlassen will (vgl. Senatsurteile BGHZ 102, 17, 22; vom 24. November 1987 - VI ZR 65/87 - VersR 1988, 190, 191 - je m.w.N.). Es geht dabei um die dem Patienten geschuldete Selbstbestimmungsaufklärung oder
Risikoaufklärung (vgl. BGHZ aaO; Laufs in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Aufl., § 63 Rdn. 21 ff.) und nicht um therapeutische Aufklärung (Sicherungsaufklärung). Die Pflicht zur Selbstbestimmungsaufklärung ist in gleicher Weise Nebenpflicht des Behandlungsvertrags wie Ausfluß der Garantenstellung des Arztes (vgl. Senatsurteile vom 22. April 1980 - VI ZR 37/79 - VersR 1981, 456, 457; vom 8. Mai 1990 - VI ZR 227/89 - VersR 1990, 1010, 1011).
a) Die Voraussetzungen für eine Beteiligung der Klägerin an der Therapiewahl lagen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vor. Wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang ausführt, war die Fortsetzung der konservativen Behandlung nach dem 23. Dezember 1996 zwar nicht fehlerhaft, sondern eine von mehreren Möglichkeiten zur Behandlung des Bruchs. Dem angefochtenen Urteil ist auch zu entnehmen, daß das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Sachverständigen K. der Behandlung mittels (unblutiger) Reposition oder operativer Neueinrichtung des Bruchs wesentlich unterschiedliche Risiken und Erfolgsaussichten beimißt, die der Klägerin eine echte Wahlmöglichkeit eröffneten und daher ihre Beteiligung an der Therapiewahl erforderten. Das Berufungsgericht geht deshalb mit dem Sachverständigen K. davon aus, der Beklagte habe spätestens am 23. Dezember 1996 die Klägerin darauf hinweisen müssen, daß statt einer Fortsetzung der konservativen Behandlung auch eine erneute Reposition oder eine Operation des Bruchs in Erwägung zu ziehen gewesen wäre, weil einerseits infolge des "abgekippten" Bruchs und eines gelenknahen Knochenbruchstücks die Gefahr einer bleibenden Funktionsbeeinträchtigung des rechten Handgelenks, andererseits aber bei erneuter (unblutiger) Reposition oder Operation die Gefahr eines Morbus Sudeck bestand. Das Berufungsgericht hat dies ersichtlich als unterschiedliche Risiken und unterschiedliche Erfolgschancen
gewertet. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen.
b) Unter diesen vom Berufungsgericht festgestellten Umständen war der Beklagte spätestens am 23. Dezember 1996 verpflichtet, die Klägerin nicht nur davon in Kenntnis zu setzen, daß der Bruch in Fehlstellung zu verheilen drohte (sog. Diagnoseaufklärung, vgl. zuletzt BVerfG, Beschluß der 2. Kammer des 1. Senats vom 18. November 2004 - 1 BvR 2315/04 - EuGRZ 2004, 805, 806), sondern auch davon, daß eine bei Fortsetzung der konservativen Behandlung drohende Funktionseinschränkung des Handgelenks möglicherweise durch eine erneute (unblutige) Reposition oder durch eine primäre operative Neueinrichtung des Bruchs vermieden werden könne, ihr die Chancen und Risiken dieser möglichen unterschiedlichen Behandlungsmethoden zu erläutern und sodann zusammen mit ihr die Wahl der Therapie zu treffen. Der Beklagte hat jedoch die der Klägerin eröffnete Wahl ohne ordnungsgemäße Beteiligung der Patientin allein getroffen und die konservative Behandlung fortgesetzt. Die Behandlung der Klägerin erfolgte hiernach ohne ihre wirksame Einwilligung, war rechtswidrig und vom Beklagten zu vertreten (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.). Der Beklagte haftet daher für die aus dieser rechtswidrigen Behandlung entstandenen und entstehenden Folgen. 2. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, das Unterlassen der Aufklärung über die Behandlungsalternativen habe nur dann haftungsrechtliche Folgen für den Beklagten, wenn die Klägerin den Nachweis führen könne, daß sie sich für eine (unblutige) Reposition oder einen operativen Eingriff entschieden und die gewählte Behandlung die beklagten Folgen vermieden hätte.
a) Das läßt den Umstand außer Acht, daß die Klägerin in die Behandlung ohne vollständige Aufklärung über die verschiedenen Behandlungsmöglichkei-
ten und deren Erfolgsaussichten und Gefahren nicht wirksam eingewilligt hat. Erst eine nach vollständiger und gewissenhafter Aufklärung des Patienten wirksame Einwilligung ("informed consent") macht den Eingriff in seine körperliche Integrität rechtmäßig (vgl. Senatsurteil vom 28. Februar 1984 - VI ZR 70/82 - VersR 1984, 538, 539). Das gilt auch dann, wenn die Behandlung - wie hier - in der eigenverantwortlichen Fortsetzung einer von anderer Seite begonnenen Therapie besteht.
b) Die Revision beanstandet mit Erfolg, daß das Berufungsgericht ohne persönliche Anhörung der Klägerin Vermutungen darüber angestellt hat, wie diese sich entschieden hätte. Selbst wenn der Beklagte sich - was dem angefochtenen Urteil allerdings nicht zu entnehmen ist - auf den Einwand einer hypothetischen Einwilligung berufen und vorgetragen haben sollte, daß die Klägerin auch nach ordnungsgemäßer Aufklärung in die Fortsetzung der konservativen Behandlung eingewilligt hätte, hätte das Berufungsgericht zwar diesen Einwand des Arztes beachten , aber auch die Beweislastverteilung berücksichtigen müssen (vgl. Senatsurteil vom 9. November 1993 - VI ZR 248/92 - VersR 1994, 682, 684). Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats ist in den Fällen, in denen der Patient aus einem Aufklärungsversäumnis des Arztes Ersatzansprüche ableitet , die Behauptungs- und Beweislast auf beide Prozeßparteien verteilt. Die Behauptungs- und Beweislast dafür, daß sich der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung zu der tatsächlich durchgeführten Behandlung entschlossen hätte, trifft nicht den Patienten, sondern den Arzt. Der Arzt ist jedoch erst dann beweisbelastet, wenn der Patient zur Überzeugung des Tatrichters plausibel macht, daß er - wären ihm rechtzeitig die Risiken der Behandlung verdeutlicht worden - vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 1994 - VI ZR 260/93 - VersR 1994, 1302). Das
gilt in gleicher Weise, wenn der Arzt den Patienten über mehrere, aus medizinischer Sicht indizierte Behandlungsmöglichkeiten mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten und Risiken aufzuklären hat. Auch diese Aufklärung über die bestehenden unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten dient - wie erwähnt - dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten und ist daher Voraussetzung einer rechtmäßigen Behandlung. Im Rahmen der dem Tatrichter obliegenden Prüfung der Plausibilität eines Entscheidungskonflikts kommt es allein auf die persönliche Entscheidungssituation des konkreten Patienten aus damaliger Sicht an, nicht dagegen darauf , ob ein "vernünftiger" Patient dem entsprechenden ärztlichen Rat gefolgt wäre (vgl. Senatsurteile vom 9. November 1993 - VI ZR 248/92 - aaO; vom 2. März 1993 - VI ZR 104/92 - VersR 1993, 749, 750). Feststellungen hierzu darf das Berufungsgericht grundsätzlich nicht ohne persönliche Anhörung des Patienten treffen (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1998 - VI ZR 74/97 - VersR 1998, 766, 767; vom 4. April 1995 - VI ZR 95/94 - VersR 1995, 1055, 1057; vom 14. Juni 1994 - VI ZR 260/93 - aaO; vom 14. Juni 1994 - VI ZR 178/93 - VersR 1994, 1235, 1237). Maßgebend ist insoweit nicht, wie sich der Patient entschieden hätte. Ausreichend ist, daß er durch die Aufklärung in einen echten Entscheidungskonflikt geraten wäre. Das wird das Berufungsgericht bei entsprechendem Vortrag der Parteien zu beachten haben. 3. Soweit dem Berufungsurteil die Auffassung zugrundeliegt, die Klägerin müsse beweisen, daß eine (unblutige) Reposition oder eine Operation den eingetretenen Schaden verhindert hätte, beruht es auf einer Verkennung der Beweislast.
a) Die Revision beanstandet zwar ohne Erfolg, daß das Berufungsgericht den Nachweis der Kausalität dem Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO, nicht dem
des § 287 Abs. 1 ZPO unterstellt hat. Es geht im zu entscheidenden Fall um die haftungsbegründende, nicht um die haftungsausfüllende Kausalität. Anders als in dem der Entscheidung des erkennenden Senats vom 13. Januar 1987 (- VI ZR 82/86 - VersR 1987, 667) zugrundeliegenden Sachverhalt sind hier nicht vermehrte Schmerzen der Klägerin als Sekundärschäden im Streit. Die Fortsetzung der konservativen Behandlung war nicht der "erste Verletzungserfolg" (Primärschaden), der es gestatten würde, die Funktionsbeeinträchtigungen des Handgelenks als bloße Folgeschäden anzusehen. Die Beeinträchtigungen des Handgelenks sind vielmehr der Schaden in seiner konkreten Ausprägung und damit der Primärschaden (vgl. Senatsurteil vom 21. Juli 1998 - VI ZR 15/98 - VersR 1998, 1153, 1154), für den der Ursachenzusammenhang mit dem Aufklärungsfehler nach § 286 Abs. 1 ZPO nachzuweisen ist.
b) Das Berufungsgericht verkennt aber, daß die Frage, ob eine Reposition oder eine Operation zu einem besseren Ergebnis geführt hätte, nicht die Kausalität der tatsächlich durchgeführten konservativen Behandlung für den eingetretenen Schaden, sondern einen hypothetischen Kausalverlauf im Falle des rechtmäßigen Alternativverhaltens betrifft, für den der Beklagte beweispflichtig ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 106, 153, 156; vom 10. Juli 1959 - VI ZR 87/58 - VersR 1959, 811, 812; vom 14. April 1981 - VI ZR 39/80 - VersR 1981, 677, 678; vom 13. Januar 1987 - VI ZR 82/86 - VersR 1987, 667, 668; vom 13. Dezember 1988 - VI ZR 22/88 - VersR 1989, 289, 290). aa) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, daß die geklagten Beschwerden (entsprechend dem tatsächlichen Verlauf der Behandlung) zumindest mit auf der Fortsetzung der konservativen Behandlung beruhen. Diese Behandlung sollte u.a. dazu dienen, eine Fehlstellung des Bruchs und eine Funktionsbeeinträchtigung des Handgelenks möglichst zu vermeiden. Dazu war sie nach fortgeschrittenem Abkippen des Bruchs und der fehlenden Rückverla-
gerung des abgesprengten Knochenstücks ab dem 23. Dezember 1996 jedoch nicht mehr geeignet. Dementsprechend hat die Fehlstellung in der Folge noch zugenommen und das Knochenstück ist nicht "zurückgerutscht". bb) Der Ansicht des Berufungsgerichts, das sei deswegen unbeachtlich, weil das Ergebnis auch nach einer operativen Behandlung möglicherweise nicht anders gewesen wäre, liegt ersichtlich die Annahme eines hypothetischen Kausalverlaufs im Falle des rechtmäßigen Alternativverhaltens zugrunde, für den die Behandlungsseite beweispflichtig ist. Diese kann zwar geltend machen, der gleiche Gesundheitsschaden wäre auch nach einer Reposition oder einer primären Operation entstanden, wenn eine dieser Behandlungsmethoden gewählt worden wäre. Nur dann aber, wenn dieser Verlauf feststünde, könnte die Haftung des Beklagten für die Folgen seiner rechtswidrigen Vorgehensweise verneint werden. Dieses Beweisrisiko geht nämlich zu Lasten des Beklagten, der dementsprechend nicht nur die Möglichkeit eines solchen Verlaufs, sondern beweisen müßte, daß derselbe Mißerfolg auch nach Wahl einer solchen anderen Behandlungsmethode eingetreten wäre (vgl. Senatsurteile BGHZ 106, 153, 156; vom 14. April 1981 - VI ZR 39/80 - aaO; vom 13. Dezember 1988 - VI ZR 22/88 - aaO; BGH, BGHZ 63, 319, 325; 120, 281, 287).

III.

Nach alldem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der erkennende Senat ist an einer eigenen Entscheidung gehindert , weil es nach den vorstehenden Ausführungen weiterer Feststellungen des
Berufungsgerichts bedarf. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr
17
c) Bei dieser Sachlage durfte das Berufungsgericht nicht ohne die im Hinblick auf ihr Vetorecht gebotene persönliche Anhörung der Klägerin und ohne die Vernehmung der Eltern als Zeugen zu dem Ergebnis gelangen, dass die Voraussetzungen für eine hypothetische Einwilligung (vgl. dazu etwa Senatsurteil vom 14. Juni 1994 - VI ZR 260/93 - VersR 1994, 1302 f. und vom 1. Februar 2005 - VI ZR 174/03 - VersR 2005, 694) vorliegen. Dabei hat es in unzulässiger Weise seine eigene Beurteilung des Konflikts an die Stelle derjenigen der Klägerin und ihrer Eltern gesetzt, ohne sich ein eigenes Bild durch deren Vernehmung als Zeugen bzw. die persönliche Anhörung der Klägerin zu verschaffen.
17
3. Der Senat weist vorsorglich noch auf Folgendes hin: Soweit das Berufungsgericht ausführt, aus der persönlichen Anhörung des Klägers beim Landgericht ergebe sich, dass ein rein abstrakter Hinweis auf die Gefahr einer Querschnittlähmung für ihn seinerzeit keine Bedeutung gehabt hätte, ergibt sich schon deswegen nichts anderes, weil bei Bestehen der vom gerichtlichen Sachverständigen angenommenen Aufklärungspflicht ein lediglich abstrakter Hinweis jedenfalls auch nicht vorgelegen hatte. Sollte das Berufungsgericht mit seinen Ausführungen das Vorliegen einer hypothetischen Einwilligung andeuten wollen, könnte eine hypothetische Einwilligung nicht auf die erstinstanzliche Anhörung des Klägers gestützt werden, weil der Tatrichter Feststellungen darüber, wie sich ein Patient bei ausreichender Aufklärung entschieden hätte, und ob er in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, grundsätzlich nicht ohne persönliche Anhörung des Patienten treffen darf (vgl. Senatsurteile vom 26. Juni 1990 - VI ZR 289/89 - VersR 1990, 1238, 1239 f.; vom 1. Februar 2005 - VI ZR 174/03 - VersR 2005, 694; vom 17. April 2007 - VI ZR 108/06 - VersR 2007, 999, 1000). Bei einer etwaigen Prüfung dieser Frage muss das Gericht berück- sichtigen, dass es ausreicht, wenn der Entscheidungskonflikt plausibel, also nachvollziehbar dargelegt wird.
26
Zwar meint das Berufungsgericht, der "unstreitige" Parteivortrag deute darauf hin, dass die Voraussetzungen einer hypothetischen Einwilligung vorgelegen hätten, weil die Klägerin während des gesamten Rechtsstreits nicht zur Kenntnis genommen habe, dass bei ihr nach den Erläuterungen des Sachverständigen Dr. S. eine eindeutige Indikation für den diagnostischen Eingriff bestanden habe. Dabei verkennt es jedoch die Besonderheiten der hypothetischen Einwilligung und der Darlegung eines Entscheidungskonflikts durch den Patienten. Nach den oben unter 4 a) dargelegten Grundsätzen hatte die Klägerin keinen Anlass, ihren Entscheidungskonflikt substantiiert darzulegen und plausibel zu machen, bevor sich die Beklagte auf eine hypothetische Einwilligung berufen hatte. Zudem ist nicht entscheidend, wie sich ein "vernünftiger" Patient voraussichtlich verhalten hätte, vielmehr kommt es allein auf die persönliche Entscheidungssituation der Klägerin aus damaliger Sicht an (vgl. Senatsurteil vom 9. November 1993 - VI ZR 248/92 - VersR 1994, 682, 684 m.w.N.). Die Revisionserwiderung hat insoweit darauf verwiesen, dass die Klägerin in ihrer Berufungserwiderung vorgetragen hat, sie hätte niemals in die Operation eingewilligt, wenn man sie über das erhöhte Risiko bezüglich eines Schlaganfalls aufgeklärt hätte. Unter diesen Umständen kommt es aus Rechtsgründen nicht darauf an, ob der Vortrag der Klägerin zur Darlegung eines Entschei- dungskonflikts ausgereicht hätte, zumal dies grundsätzlich erst nach einer Anhörung der Klägerin beurteilt werden konnte (vgl. Senatsurteil vom 17. April 2007 - VI ZR 108/06 - aaO).

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.