Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2017 - VI ZR 386/16
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2017 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Offenloch, die Richterinnen Dr. Oehler und Dr. Roloff und den Richter Dr. Allgayer
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten über die Verjährung einer Schadensersatzforderung.
- 2
- Am 14. April 2011 wurde bei einem Verkehrsunfall ein dem Kläger gehörendes Kraftfahrzeug beschädigt. Er nimmt die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners auf Schadensersatz in Anspruch. Der Kläger bezifferte die sich daraus ergebenden Forderungen schriftlich gegenüber der Beklagten und bat um Regulierung. Die Beklagte zahlte daraufhin verschiedene Teilbeträge , unter anderem Nutzungsausfallentschädigung. Mit Anwaltsschreiben vom 21. September 2011 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 30. September 2011 auf, die noch offen stehenden Beträge zu bezahlen. Daraufhin teilte die Beklagte durch Schreiben vom 22. September 2011, dem Klägervertreter zugegangen am 26. September 2011, mit, dass sie einen weiteren Betrag überwiesen habe und dass mit ihren früheren Abrechnungen der Sachschaden aus ihrer Sicht abschließend reguliert sei.
- 3
- Am 25. Februar 2015 hat der Kläger den Erlass eines Mahnbescheids gegen die Beklagte beantragt, mit dem er restliche Nutzungsausfallentschädigung geltend macht. Die Beklagte hat sich auf die Verjährung der Forderung berufen.
- 4
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Anspruch des Klägers auf restliche Nutzungsausfallentschädigung mit Ablauf des 31. Dezember 2014 verjährt. Bei Beantragung des Mahnbescheids sei die Verjährung bereits eingetreten gewesen. Die im Verlauf des Jahres 2011 geführten und abgeschlossenen Verhandlungen hätten die Verjährung nicht gehemmt, weil sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu laufen begonnen habe. Anderenfalls würde der Hemmungszeitraum "doppelt" berücksichtigt, da die Verjährungsfrist erst mit dem Schluss des Jahres begonnen habe. Dies führe nicht zu einer unbilligen Schlechterstellung des Gläubigers. Gesetzeszweck sei nicht, die Verjährungsfrist in jedem Fall um den Zeitraum zu verlängern, in dem die Parteien miteinander verhandelt hätten. Begännen die Parteien vor dem Lauf der Verjährungsfrist mit Verhandlungen, seien sie bereits hinreichend dadurch geschützt, dass die Verjährung gehemmt werde, falls die Verhandlungen über den Beginn der Verjährungsfrist hinaus andauerten. Daraus ergebe sich kein Anreiz, mit Verhandlungen zuzuwarten.
II.
- 6
- Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Prüfung stand. Die Beklagte ist berechtigt, die Leistung auf den vom Kläger geltend gemachten Direktanspruch (§ 115 Abs. 1 VVG) wegen Verjährung zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB). Insbesondere hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass ein Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist (§ 209 BGB), nur der nach Verjährungsbeginn verstrichene sein kann.
- 7
- 1. Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Nutzungsausfallentschädigung wegen Beschädigung des Kraftfahrzeugs unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, die mit dem Schluss des Jahres 2011 begann (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB, § 14 StVG, § 115 Abs. 2 Satz 1 und 2 VVG; vgl. zur Fälligkeit Senat, Beschluss vom 18. November 2008 - VI ZB 22/08, BGHZ 178, 338 Rn. 9 f.).
- 8
- 2. Die den Erwägungen des Berufungsgerichts zugrunde liegende Wertung , dass nach Verjährungsbeginn kein Hemmungstatbestand erfüllt war, wird von den getroffenen Feststellungen getragen.
- 9
- a) Nach § 115 Abs. 2 Satz 3 VVG, der die erstmalige Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Unfall gegenüber einem Haftpflichtversicherer betrifft (vgl. Senat, Urteile vom 25. Juni 1985 - VI ZR 60/84, VersR 1985, 1141; vom 5. November 2002 - VI ZR 416/01, BGHZ 152, 298, 301 jeweils zu § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG a.F.), endet die Hemmung der Verjährung nach Anmeldung des Anspruchs des Dritten bei dem Versicherer zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Daraus muss eindeutig der Entschluss hervorgehen, sich zu den angemeldeten Ansprüchen erschöpfend und endgültig zu erklären (vgl. Senat, Urteile vom 14. März 2017 - VI ZR 226/16; vom 16. Oktober 1990 - VI ZR 275/89, NJW-RR 1991, 470, 471 f. zu § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG a.F.; Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG 29. Aufl., § 115 VVG Rn. 35 mwN). Dies ist etwa der Fall, wenn bestimmte Positionen anerkannt und weitergehende Ansprüche zurückgewiesen werden (vgl. Schneider, in: MüKo VVG, 2. Aufl., § 115 VVG Rn. 36 mwN).
- 10
- Diese Anforderungen erfüllt das Schreiben der Beklagten vom 22. September 2011 durch den Hinweis, dass der Sachschaden aus ihrer Sicht abschließend reguliert sei.
- 11
- b) Ob § 203 Satz 1 BGB, wonach bei schwebenden Verhandlungen zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger die Verjährung gehemmt ist, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert, im Streitfall zur Anwendung kommt, kann offen bleiben. Denn jedenfalls läge im Schreiben der Beklagten vom 22. September 2011 ein Abbruch der Verhandlungen.
- 12
- 3. Entgegen der Auffassung der Revision wird nach § 209 BGB ein Zeitraum in die Verjährungsfrist nur dann nicht eingerechnet, wenn er nach deren Beginn verstrichen ist. Liegen die Voraussetzungen eines Hemmungstatbestands ausschließlich oder auch während eines Zeitraums vor Beginn der Verjährung vor, ist dieser bei Berechnung der Verjährungsfrist nicht zu berücksichtigen (vgl. etwa BGH, Urteile vom 14. Juli 2009 - XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rn. 9, 13 ff.; vom 15. Dezember 2016 - IX ZR 58/16, juris Rn. 12 ff., insbesondere Rn. 16; LAG Hamm, Urteil vom 3. Dezember 2013 - 7 Sa 1012/13, juris Rn. 46 ff.; OLG Naumburg, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 9 U 19/08, juris Rn. 43; OLG Celle, Urteil vom 26. Juli 2006 - 3 U 87/06, NJW-RR 2007, 403, 404; Ellenberger, in: Palandt, BGB 76. Aufl., § 199 Rn. 41).
- 13
- a) Für diese Auslegung spricht der Wortlaut der Hemmungsvorschriften. Die Formulierung "Verjährung gehemmt" in § 209 BGB und den einzelnen Hemmungstatbeständen legt nahe, dass die Verjährung bereits laufen muss. Nach dem Sprachverständnis kann eine Frist nur angehalten werden, wenn sie schon zu laufen begonnen hat (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 3. Dezember2013 - 7 Sa 1012/13, juris Rn. 47).
- 14
- b) Von der Revision befürchtete Wertungswidersprüche ergeben sich daraus nicht. Zwar kann es vorkommen, dass sich ein Hemmungstatbestand nur auf die Verjährungshöchstfrist (§ 199 Abs. 3 und 4 BGB), nicht dagegen auf die regelmäßige Verjährungsfrist (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB) auswirkt. Weiter können bei einheitlichen Verhandlungen über verschiedene Ansprüche nur einzelne von ihnen gehemmt werden, wenn nur deren Verjährung bereits begonnen hat (vgl. § 199 f. BGB). Dies ist jedoch Konsequenz der gesetzgeberischen Grundentscheidung, neben der Verjährungsdauer auch den Verjährungsbeginn unterschiedlich zu regeln.
- 15
- Im Gegenteil führt die von der Revision vertretene Auffassung, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, zu einem Wertungswiderspruch. Denn die Regelung des § 199 Abs. 1 BGB, wonach die Verjährung erst zum Ende des Jahres beginnt, wirkt bereits wie eine "Anlaufhemmung" (vgl. Peters/ Jacoby, in: Staudinger, BGB [2014], § 209 BGB Rn. 9). Schon deshalb ist hinsichtlich eines vor Verjährungsbeginn verstrichenen Zeitraums der Regelungsund Schutzzweck der Hemmungsvorschriften nicht berührt (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 3. Dezember 2013 - 7 Sa 1012/13, juris Rn. 50; siehe weiter Peters/ Jacoby, in: Staudinger, BGB [2014], § 209 BGB Rn. 7 zum Zusammentreffen von Hemmung und Ablaufhemmung).
- 16
- Auch im Übrigen lassen sich der Gesetzessystematik keine Anhaltspunkte für ein anderes Verständnis der Hemmungsvorschriften entnehmen.
- 17
- c) Sinn und Zweck des § 115 Abs. 2 Satz 3 VVG sowie des § 203 Satz 1 BGB sprechen ebenfalls nicht für die von der Revision vertreteneAuffassung. Ziel des § 115 Abs. 2 Satz 3 VVG ist es, den Geschädigten vor allem für den Fall einer langen Verhandlungsdauer mit dem Versicherer vor den Nachteilen der Verjährung zu schützen. Deshalb wird der Geschädigte vor dem Weiterlaufen einer die Durchsetzung seiner Ansprüche gefährdenden Verjährung bewahrt , solange die Reaktion des Versicherers auf die Anspruchsanmeldung noch in der Schwebe ist (vgl. Senat, Urteile vom 30. April 1991 - VI ZR 229/90, BGHZ 114, 299, 302 f.; vom 28. Januar 1992 - VI ZR 114/91, NJW-RR 1992, 606, 607 jeweils zu § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG a.F.). Regelungszweck des § 203 BGB ist die Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten. Deshalb sollen Verhandlungen zwischen Gläubiger und Schuldner nicht unter den Druck einer ablaufenden Verjährungsfrist gestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2009 - XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rn. 22). Wenn jedoch die Verjährung (noch) gar nicht zu laufen begonnen hat, muss der Geschädigte vor deren Weiterlaufen (noch) nicht geschützt werden und stehen die Verhandlungsparteien (noch) nicht unter Druck.
- 18
- d) Schließlich steht diese Auslegung des § 209 BGB in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verjährungsunterbrechung nach altem Recht. Danach LAG bei Klageerhebung oder Einreichung eines Mahnbescheidantrags vor Verjährungsbeginn (erst) mit Beginn des Laufs der Verjährungsfrist ein Zustand der Unterbrechung vor (vgl. BGH, Urteile vom 31. März 1969 - VII ZR 35/67, BGHZ 52, 47, 49 f.; vom 27. September 1995 - VIII ZR 257/94, NJW 1995, 3380, 3381).
- 19
- 4. Da die Verjährung zum Schluss des Jahres 2014 ablief, konnte sie durch den erst danach beantragten Mahnbescheid nicht mehr gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB, § 167 ZPO gehemmt werden. Galke Offenloch Oehler Roloff Allgayer
AG Tettnang, Entscheidung vom 08.12.2015 - 8 C 456/15 -
LG Ravensburg, Entscheidung vom 21.07.2016 - 1 S 20/16 -
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Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
(1) Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern.
(2) Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnis sowie einer Sicherheitsleistung des Schuldners.
Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
Auf die Verjährung finden die für unerlaubte Handlungen geltenden Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der A. KG. Dieser waren am 7. November 1996 von der A. & M. GmbH die Ansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 2. November 1995 abgetreten worden, an dem ein Mietwagen der A. & M. GmbH und ein bei der Beklagten haftpflichtversicherter Pkw beteiligt waren. Zu dem Unfall war es gekommen, als der Zeuge G. mit dem letztgenannten Pkw über die Fahrspur des ihm entgegenkommenden, vom Zeugen S. gesteuerten Mietwagens nach links in eine Straße einbiegen wollte. Der nähere Unfallhergang ist zwischen den Partein streitig. Noch am Unfalltag fertigte der Zeuge S. einen Unfallbericht für die A. & M. GmbH, den er am 8. Mai 1996 ergänzte. Hierauf meldete die A. KG mit Schreiben vom 10. Mai 1996 erstmals Ansprüche aus dem Unfall bei der Beklagten an. Diese lehnte mit Schreiben vom 11. Juni 1996 die Ansprüche ab. Darauf holte die A. KG ein Gutachten des Sachverständigen L. vom 4. November 1996 ein, machte mit Schreiben vom 7. November 1996 erneut Ansprüche aus dem Unfall geltend und bezifferte sie. Mit Schreiben vom 19. November 1996 erwiderte die Beklagte: "Unsere Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Um die Feststellung unserer Eintrittspflicht sind wir bemüht. Zur weiteren Bearbeitung wollen Sie uns bitte noch die Originalfotos aus dem Gutachten L. zur Verfügung stellen, damit wir die Angelegenheit durch einen Sachverständigen unseres Vertrauens überprüfen lassen können. Ferner bitten wir um Übersendung der Reparaturrechnung. ..." Als sie hierauf keine Antwort erhielt, erinnerte die Beklagte mit Schreiben vom 15. Januar 1997 an die Erledigung ihres Schreibens. Am 16. April 1997 übersandte der Prozeßbevollmächtigte der A. KG der Beklagten sodann eine Reparaturbestätigung des Autohauses Ad. vom 12. November 1996 und setzteeine Frist bis 28. April 1997 zur Regulierung der mit Schreiben vom 19. November 1996 geltend gemachten Schäden. Die Beklagte antwortete hierauf nicht. Auch die A. KG meldete sich nicht mehr. Die Klägerin hat am 7. Februar 2000 einen Mahnbescheid über 10.876,58 DM nebst Zinsen beantragt, der am 9. Februar 2000 erlassen und der Beklagten am 14. Februar 2000 zugestellt worden ist. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält den Direktanspruch des Klägers gegen die beklagte Versicherung für verjährt. Die Mietwagenfirma habe von dem Schaden und dem Schädiger bereits am Unfalltag Kenntnis erhalten. Der Lauf der Verjährungsfrist sei erstmals mit der Anmeldung von Ersatzansprüchen bei der Beklagten am 13. Mai 1996 gehemmt worden. Diese Hemmung habe gemäß § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG mit Zugang des Ablehnungsschreibens der Beklagten beim Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 12. Juni 1996 geendet. Eine weitere Hemmung der Verjährung sei mit Zugang der Regulierungsaufforderung vom 7. November 1996 eingetreten. Auf dieses Schreiben seien Verhandlungen zwischen dem Ersatzpflichtigen und dem Ersatzberechtigten über den zu leistenden Schadensersatz gemäß § 852 Abs. 2 BGB in Gang gekommen, die zu einer erneuten Hemmung der Verjährung geführt hätten. Diese Hemmung aber habe geendet, als die Klägerin den Meinungsaus-tausch mit der Beklagten habe einschlafen lassen. Die Klägerin habe von Anfang April 1997 bis Anfang Februar 2000 zugewartet, ehe sie gerichtliche Schritte gegen die Beklagte eingeleitet habe. Das habe die Beklagte dahin verstehen dürfen, daß die Klägerin ihre Ansprüche nicht weiterverfolge. Die Schriftform des § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG habe nicht eingehalten werden müssen. Zumindest sei es als widersprüchliches und treuwidriges Verhalten zu werten, wenn sich die anwaltlich vertretene Klägerin, die ein Wirtschaftsunternehmen sei, auf die Nichteinhaltung der Schriftform des § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG berufe. Die Hemmung der Verjährung habe deshalb spätestens einen Monat nach der auf 28. April 1997 gesetzten Frist geendet.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand. 1. Das Berufungsgericht geht ohne Rechtsfehler davon aus, daß die Verjährungsfrist bereits am 2. November 1995 in Lauf gesetzt worden ist, weil die geschädigte Mietwagenfirma als Eigentümerin des PKW noch am Unfalltag Kenntnis von dem Schaden und dem Schädiger erhielt (§ 852 Abs. 1 BGB a.F.; Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB). Auch hat das Berufungsgericht beanstandungsfrei festgestellt, daß der Lauf der Verjährungsfrist erstmals mit Zugang der Anspruchsanmeldung bei der Beklagten als Haftpflichtversicherer am 13. Mai 1996 gehemmt worden ist. Diese Hemmung endete am 12. Juni 1996 mit Eingang der schriftlichen Entscheidung des Versicherers über die Ablehnung der geltend gemachten Ansprüche (§ 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG). Gegen all dies erinnert die Revision nichts.2. Nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, daß ab Zugang der Regulierungsaufforderung vom 7. November 1996 der Lauf der Verjährungsfrist erneut gehemmt worden ist. Die Revision wendet sich jedoch dagegen, daß diese Hemmung spätestens mit Ablauf Mai 1997 geendet habe.
a) Sie beanstandet ohne Erfolg die Ansicht des Berufungsgerichts, das Schreiben der Klägerin vom 7. November 1996 sei keine Schadensanmeldung im Sinne des § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG gewesen. Die Revision meint, daß § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG auch auf die Wiederaufnahme von Regulierungsverhandlungen Anwendung finde; sie verweist darauf, zu § 12 Abs. 2 VVG sei anerkannt, daß eine Wiederaufnahme von Regulierungsverhandlungen selbst dann zu einer Hemmung führe, wenn der Versicherer seine Eintrittspflicht bereits schriftlich abgelehnt habe. Dem vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Vielmehr ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen , daß vorliegend die Beendigung der Hemmung nach § 852 Abs. 2 BGB a.F. zu beurteilen ist. aa) § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG regelt zwar die Verjährung des Direktanspruchs des Geschädigten gegen den Kfz-Pflichtversicherer (§ 3 Nr. 3 Satz 1, Nr. 1 PflVG) als Spezialvorschrift; §§ 14 StVG, 852 Abs. 2 BGB a.F. regeln demgegenüber die Verjährungshemmung im allgemeinen und gelangen daher erst zur Anwendung, wenn die Voraussetzungen des § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG nicht vorliegen (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 14 StVG Rdn. 6). bb) § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG betrifft aber nur die erstmalige Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Unfall gegenüber einem Haftpflichtversicherer. Dies ergibt sich sowohl aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes (zu
deren Bedeutung vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 299, 302 f.) als auch aus dem Wortlaut und Sinn der maßgeblichen Bestimmung. Es war der ausdrücklich erklärte Wille des deutschen Gesetzgebers, mit der Neufassung des Pflichtversicherungsgesetzes das nationale Recht an das von der Bundesrepublik Deutschland am 20. April 1959 unterzeichnete Europäische Übereinkommen über die obligatorische Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge, dem durch Gesetz vom 1. April 1965 zugestimmt wurde (BGBl 1965 II 281), anzugleichen (vgl. Begründung zum Pflichtversicherungsgesetz BT-Drs. IV/2252 S. 11). Deshalb ist von Bedeutung, daß Art. 8 Abs. 2 des Anhangs I zu dem Europäischen Übereinkommen (BGBl 1965 II 289, 291) ausdrücklich nur die erstmalige außergerichtliche Geltendmachung regelt. Diese Bestimmung lautet in deutscher Übersetzung: "Die außergerichtliche schriftliche Geltendmachung eines Anspruchs hemmt die Verjährung gegenüber dem Versicherer bis zu dem Tage, an dem dieser schriftlich erklärt, die Verhandlungen abzubrechen. Wird ein Anspruch, der sich auf denselben Gegenstand bezieht, später erneut geltend gemacht, so hemmt dies die Verjährung nicht." Satz 2 dieser Vorschrift stellt somit klar, daß nur die erstmalige Geltendmachung zu einer Hemmung führen soll. Dies kommt auch in der nationalen Regelung des § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG durch die Wahl des Wortes „Anmeldung“ zum Ausdruck, da es sich hierbei nach dem allgemeinen Sprachgebrauch um die erstmalige Geltendmachung eines Anspruchs handelt. Aus § 12 Abs. 2 VVG kann die Revision nichts anderes ableiten (a.A. OLG München OLG-Report 1993, 69). Zwar entspricht die Formulierung in § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG derjenigen in § 12 Abs. 2 VVG. Letztere Vorschrift betrifft jedoch die Verjährungshemmung bei einem Anspruch des Versicherungsnehmers aus dem Versicherungsvertrag. § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG regelt demgegenüber die Verjährungshemmung des Direktanspruchs des Geschädigten gegen
den Haftpflichtversicherer; dieser Anspruch ist kein vertraglicher Anspruch, sondern trotz seiner Anknüpfung an das Versicherungsverhältnis zwischen dem Halter des schädigenden Fahrzeugs und dem Versicherer ein gesetzlicher Anspruch (§ 3 Nr. 1 PflVG) überwiegend deliktsrechtlicher Natur (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1980 - IVa ZR 56/80 - VersR 1981, 323, 324). § 12 Abs. 3 VVG enthält zudem eine eigenständige Regelung über die Beendigung der Leistungspflicht des Versicherers. Eine entsprechende Bestimmung fehlt in § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG. Dort ist vielmehr nach Abschluß des Anmeldungsverfahrens durch schriftliche Entscheidung des Versicherers bei fortbestehendem deliktischem Anspruch das Ende der Verjährungshemmung nach den hierfür geltenden allgemeinen Vorschriften zu beurteilen.
b) Bei dieser Sachlage hält das Berufungsgericht mit Recht den Schutz des § 852 Abs. 2 BGB a.F. für ausreichend, wenn - wie hier - mit der Antwort der Beklagten, sie sei um die Feststellung ihrer Eintrittspflicht bemüht, nach Ablehnung einer Einstandspflicht zwischen den Parteien erneut Verhandlungen über den zu leistenden Schadensersatz aufgenommen worden sind. Die Beklagte hat im Schreiben vom 19. November 1996 zu erkennen gegeben , daß sie an ihrer ablehnenden Einstellung zumindest vorläufig nicht festhalte , sondern ihre Eintrittspflicht (erneut) prüfe. In einem solchen Fall bedarf es entgegen der Auffassung der Revision keiner nochmaligen schriftlichen Entscheidung des Versicherers; § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG findet keine Anwendung, vielmehr kann nur noch auf die allgemeinen Vorschriften der §§ 14 StVG, 852 Abs. 2 BGB a.F. abgestellt werden. 3. Die mit Schreiben vom 7./19. November 1996 begonnenen Verhandlungen haben - wovon das Berufungsgericht ebenfalls ohne Rechtsfehler ausgeht - zu einer erneuten Hemmung des Laufs der Verjährungsfrist geführt
(§§ 14 StVG, 852 Abs. 2 BGB a.F.). Diese Hemmung endete jedoch spätestens Ende Mai 1997. Die Hemmung der Verjährung endet nach der gesetzlichen Regelung des § 852 Abs. 2 BGB a.F. dadurch, daß der eine oder andere über den zu leistenden Schadensersatz verhandelnde Teil die Fortsetzung der Verhandlungen durch klares und eindeutiges Verhalten verweigert (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 1998 - VI ZR 260/97 - VersR 1998, 1295). Hierfür reicht es aus, wenn der Ersatzberechtigte die Verhandlungen "einschlafen läßt". Ein Abbruch von Verhandlungen durch ein solches "Einschlafenlassen" ist dann anzunehmen, wenn der Berechtigte den Zeitpunkt versäumt, zu dem eine Antwort auf die letzte Anfrage des Ersatzpflichtigen spätestens zu erwarten gewesen wäre, falls die Regulierungsverhandlungen mit verjährungshemmender Wirkung hätten fortgesetzt werden sollen (vgl. Senatsurteile vom 6. März 1990 - VI ZR 44/89 - VersR 1990, 755, 756; vom 7. Januar 1986 - VI ZR 203/84 - VersR 1986, 490, 491 - jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht unter den Umständen des Streitfalles mit Recht bejaht. Zwar besteht ein "Einschlafenlassen" typischerweise darin, daß der Ersatzberechtigte den Zeitpunkt versäumt, zu dem eine Antwort auf eine letzte Anfrage des Ersatzpflichtigen zu erwarten gewesen wäre (vgl. Senatsurteile vom 6. März 1990 - VI ZR 44/89 - aaO; vom 7. Januar 1986 - VI ZR 203/84 - aaO). Demgegenüber hatte vorliegend die ersatzberechtigte Klägerin der ersatzpflichtigen Beklagten eine Frist zur Äußerung gesetzt, aus deren Ablauf sie mehrere Jahre lang selbst keine Folgerungen gezogen hat. Auch in einem solchen Fall ist aber nach den von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ein "Einschlafenlassen" der Verhandlungen zu bejahen. Die Beklagte durfte nämlich die Untätigkeit der Klägerin dahin verstehen, daß diese die Ansprüche nicht weiterver-
folge. Deshalb war spätestens einen Monat nach Ablauf der von der Klägerin gesetzten Frist die Hemmung beendet. Infolgedessen war zum Zeitpunkt des Antrags auf Erlaß des Mahnbescheids (7. Februar 2000) die dreijährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen. Im übrigen wendet die Revision sich auch nicht dagegen, daß bei Anwendung des § 852 Abs. 2 BGB a.F. die Voraussetzungen für ein „Einschlafenlassen“ der Verhandlungen vorgelegen haben.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Ist der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht zur Leistung verpflichtet, weil das Fahrzeug den Bau- und Betriebsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nicht entsprach oder von einem unberechtigten Fahrer oder von einem Fahrer ohne die vorgeschriebene Fahrerlaubnis geführt wurde, kann der Versicherer den Dritten abweichend von § 117 Abs. 3 Satz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes nicht auf die Möglichkeit verweisen, Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder von einem Sozialversicherungsträger zu erlangen. Soweit der Dritte jedoch von einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 von der Versicherungspflicht befreiten Fahrzeughalter Ersatz seines Schadens erlangen kann, entfällt die Leistungspflicht des Versicherers.
Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.
Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 25.06.2013
- 1 Ca 1021/12 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche der Klägerin als Versicherer aus übergegangenem Recht.
3Die Klägerin war Versicherer eines LKW mit dem amtlichen Kennzeichen B1-W1 123 nebst Anhänger mit dem amtlichen Kennzeichen B1-W1 234. Versicherungsnehmerin, Eigentümerin und Halterin der Fahrzeuge war die Fa. W2 GmbH & Co. KG, bei der der Beklagte als Berufskraftfahrer beschäftigt war. Die von ihm bei der Fa. W2 zuletzt bezogene Bruttovergütung lag bei 2.878,94 € nebst einer Zulage in Höhe von 255,65 € sowie vermögenswirksamen Leistungen.
4In der Nacht vom 22. auf den 23.06.2008 kam es mit dem vom Beklagten geführten LKW-Gespann auf der Autobahn A 5 in Hessen bei einem Gefahrguttransport zu einem Verkehrsunfall. Eine dem Beklagten entnommene Blutprobe ergab einen Blutalkoholmittelwert von 2,24 g°/°°. Das Fahrzeug erlitt einen Totalschaden; der Gesamtschaden belief sich deutlich über 100.000,00 €. Leistungen auf diesen Schaden erbrachte die Klägerin in den Monaten Juli und August 2008 in Höhe von über 50.000,00 €. Wegen der Buchungen hierzu wird auf die Kopien Bl. 32 und 33 d.A. Bezug genommen.
5Die Arbeitgeberin des Beklagten nahm das Unfallereignis zum Anlass, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen; die hiergegen geführte Kündigungsschutzklage endete aufgrund Vergleichs im Verfahren Landesarbeitsgericht Hamm 2 Sa 633/09. Im Strafverfahren wurde der Beklagte rechtskräftig mit einem am 13.10.2008 verkündeten Urteil des Amtsgerichts Gießen wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs infolge Fahrens in Trunkenheit zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen in Höhe von je 20,00 € verurteilt. Die Fahrerlaubnis wurde entzogen und eine Sperrfrist von 12 Monaten für deren Wiedererlangung angeordnet. In einem weiteren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Bielefeld nahm die Arbeitgeberin den Beklagten auf Schadensersatz hinsichtlich der bei dem Unfall entstandenen Schäden in einer Gesamthöhe von über 15.000,00 € in Anspruch. Dieses Verfahren endete durch Vergleich, in dem sich der Beklagte verpflichtete, seiner Arbeitgeberin 6.300,00 € Schadensersatz zu zahlen, womit sämtliche Ansprüche der Arbeitgeberin aus dem streitgegenständlichen Unfallvorgang vom 22./23.06.2008 vollständig erfüllt sind.
6Mit Schreiben vom 16.09.2008 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen Regressanspruch geltend. Auf die Kopie Bl. 34 d.A. wird Bezug genommen. Der daraufhin geführte Schriftverkehr zwischen der Klägerin und dem jetzigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten endete mit Schreiben des Beklagtenvertreters vom 20.10.2008 (Bl. 56 d.A.). In diesem Schreiben heißt es u.a., dass der Beklagte davon ausgehe, dass „insofern (…) kein Anspruch, welcher auf sie zur Regressierung übergehen könnte (bestehe)". Daneben wurde auf die Einkommensverhältnisse des Beklagten wegen einer Sperre des Arbeitsamtes hingewiesen.
7Mit Schreiben vom 12.08.2009 unterbreitete die Klägerin dem Beklagten einen Vergleichsvorschlag unter Vorlage eines Schuldanerkenntnisses in Höhe von 84.000,00 €. Eine Reaktion des Beklagten hierauf erfolgte nicht.
8Am 26.02.2010 rief eine Sachbearbeiterin der Klägerin beim Prozessbevollmächtigten des Beklagten an und unterbreitete einen Vergleichsvorschlag mit dem Inhalt, dass gegen Zahlung von 20.000,00 € eine vollständige Erledigung der Angelegenheit gegeben sein sollte. Daraufhin gab es wiederum einen Schriftwechsel zwischen der Klägerin und dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten, in welchem es zum einen um die Einkommensverhältnisse des Beklagten und zum anderen auch um Fragen der Unfallverursachung ging.
9Mit Schreiben vom 12.05.2010 schließlich teilte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten folgendes mit (Bl. 91 d.A.):
10„Sehr geehrter Herr S1,
11in der vorbezeichneten Angelegenheit ist zum einen die von Ihnen geltend gemachte Forderung bereits bestritten worden. Zudem ist eine Vollstreckung in das Eigentum der Ehefrau meines Mandanten nicht nachvollziehbar.
12Dieser ist zudem nicht in der Lage, einen Betrag i.H.v. 20.000,00 € bis zum 15.06.2010 zu zahlen. Die Vermögensverhältnisse hatte ich Ihnen bereits dargelegt, ebenso wie eine ggfls. mögliche vergleichsweise Erledigung im Hinblick auf die BGH-Rechtsprechung zudem bei vorzunehmender Ratenzahlung von nicht mehr als 50,00 €/Monat.
13Bei entsprechender Klageerhebung Ihrerseits bitte ich Sie, mich als Prozessbevollmächtigten zu benennen."
14Ohne dass es weiteren Schriftwechsel gegeben hätte, hat die Klägerin sodann ihre Ansprüche mit der vorliegenden, beim Arbeitsgericht Bielefeld am 25.04.2012 eingegangenen Klage weiterverfolgt. Zudem hat sie mit Antrag vom 10.08.2012, am gleichen Tage am Arbeitsgericht Bielefeld eingegangen, einen Arrest begehrt, der ein Verfügungsverbot für den Beklagten betreffend sein Wohnhaus beinhaltete. Im dortigen Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Hamm schlossen die Parteien unter dem 17.04.2013 einen Vergleich. Wegen des Inhalts des Vergleichs wird auf das Protokoll der Sitzung im Verfahren 3 SaGa 18/12 Landesarbeitsgericht Hamm Bezug genommen.
15Die Klägerin hat vorgetragen:
16Sie mache zum einen 50 % des Kaskoschadens, den sie als Versicherer beglichen habe, mit 38.672,72 € sowie einen pauschalierten Regressbetrag für den Haftpflichtschaden in Höhe von 5.000,00 € geltend. Aufgrund des durch grobe Fahrlässigkeit des Beklagten entstandenen Verkehrsunfalls stünden ihr die entsprechenden Ansprüche aus übergegangenem Recht zu, wobei sie mit der Geltendmachung von 50 % des Kaskoschadens bereits berücksichtigt habe, dass der Beklagte aufgrund seiner Einkommenssituation nicht überfordert werde.
17Die Ansprüche der Klägerin seien nicht verjährt. Wenn auch die regelmäßige Verjährung von drei Jahren am 31.12.2011 abgelaufen sei, so sei doch aufgrund der geführten Verhandlungen eine Hemmung eingetreten. Es sei insbesondere zu berücksichtigen, dass bereits im Jahre 2008 Verhandlungen geführt worden seien und eine endgültige Ablehnung im Schreiben des Beklagtenvertreters vom 12.05.2010 nicht erfolgt sei.
18Die Klägerin hat beantragt,
191. den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.000,00 € zu zahlen, zuzüglich 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2008;
202. den Beklagten weiter zu verurteilen, an sie 38.672,72 € zu zahlen, ebenfalls zuzüglich Zinsen in vorgenannter Höhe seit dem 20.09.2008;
21hilfsweise
22den Beklagten zu verurteilen, Zinsen in vorgenannter Höhe auf die beiden Forderungen zu zahlen ab dem 16.05.2010.
23Der Beklagte hat beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Er hält die Forderungen der Klägerin für verjährt und beruft sich ausdrücklich hierauf.
26Daneben meint er, dass aufgrund des Vergleichs in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren zwischen dem Beklagten und seiner ehemaligen Arbeitgeberin Ansprüche der Klägerin ausgeschlossen seien und zieht darüber hinaus in Zweifel, ob seine hohe Alkoholisierung am Unfalltage kausal für den Verkehrsunfall gewesen sei. Vorsorglich berufe er sich darauf, dass er als Arbeitnehmer selbst im Verschuldensfalle nur begrenzt hafte.
27Durch Urteil vom 25.06.2013, dem Vertreter der Klägerin am 04.07.2013 zugestellt, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Ansprüche der Klägerin seien verjährt. Insbesondere sei es bereits aus rechtlichen Gründen nicht möglich, Verhandlungen im Jahre 2008, also vor Beginn der kurzen Verjährungsfrist, als Hemmungstatbestand zu berücksichtigen.
28Wegen der Einzelheiten in der angegriffenen Entscheidung wird auf Bl. 130 ff. d.A. Bezug genommen.
29Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden, am 31.07.2013 vorab per Telefax eingegangenen und mit Schriftsatz vom 04.09.2013, vorab am selben Tage beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründeten Berufung.
30Die Klägerin trägt vor:
31Das Arbeitsgericht habe unzutreffend den Zeitraum der Verhandlungen aus dem Jahre 2008 aus der Zeit vom 12.09.2008 bis 20.10.2008 nicht berücksichtigt. Die durch diese Korrespondenz als Ausdruck von Verhandlungen ausgelöste Hemmung wirke auf den Zeitpunkt der ersten Geltendmachung zurück. Hieraus ergebe sich rechnerisch ein verjährungswirksamer Zeitraum vom 12.09.2008 bis einschließlich 21.10.2008. Darüber hinaus sei das Angebot der Klägerin auf Abgabe eines Schuldanerkenntnisses aus dem Jahre 2009 zu beachten, obwohl der Beklagte nicht darauf reagiert habe. Dieses Schreiben müsse in den Gesamtzusammenhang der Korrespondenz zwischen den Parteien in den Jahren 2008 bis 2010 eingeordnet werden. Wenngleich die Korrespondenz auch schleppend verlaufen und nicht von sonderlicher Konsequenz getragen sei, so sei doch eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die eine einheitliche Hemmungswirkung zu Lasten des Beklagten bewirken müsste. Unter Beachtung eines weiteren hemmungswirksamen Zeitraums vom 26.02.2010 bis zum 14.05.2010 ergebe sich insgesamt eine Hemmungszeit von 117 Tagen, die an den Ablauf der Verjährung zum 31.12.2011 anzuhängen sei. Damit gelange man jedenfalls bis zum 26.04.2012; bei Klageeingang am 25.04.2012 beim Arbeitsgericht Bielefeld sei Verjährung nicht eingetreten.
32Darüber hinaus sei der Vergleich im Arrestverfahren vom 17.04.2013 zu 3 SaGa 18/12 Landesarbeitsgericht Hamm zu berücksichtigen, der zu einem Neubeginn der Verjährung führe, da es sich bei den dort getroffenen Vereinbarungen um eine freiwillige Sicherheitsleistung handele.
33Dass materiell-rechtlich eine Haftung des Beklagten aufgrund des mindestens grob fahrlässig verursachten Verkehrsunfalls bestehe, dürfte außer Zweifel stehen.
34Die Klägerin beantragt,
351. das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 25.06.2013, 1 Ca 1021/12 abzuändern;
362. den Beklagten nach Maßgabe der erstinstanzlichen Schlussanträge zur Zahlung an die Klägerin zu verurteilen.
37Der Beklagte beantragt,
38die Berufung zurückzuweisen.
39Er beruft sich unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin auf die Einrede der Verjährung.
40Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.
41Entscheidungsgründe
42Die nach der Beschwer (§ 64 Abs. 2 ArbGG) an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 516 ff. ZPO) hat keinen Erfolg, da der Beklagte jedenfalls wegen des durchgreifenden Einwands der Verjährung die Erfüllung eventueller Ansprüche der Klägerin aus übergegangenem Recht dauerhaft verweigern kann.
43I.
44Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass mögliche Ansprüche der Klägerin aus übergegangenem Recht wegen des Verkehrsunfalls vom 22./23.06.2008 gemäß § 195 BGB verjährt sind mit der Folge, dass der Beklagte gemäß § 214 Abs. 1 BGB berechtigt ist, die Leistung zu verweigern.
45Die Berufungskammer folgt zunächst der angegriffenen Entscheidung in der Begründung, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Ausführungen in der Entscheidung des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 25.06.2013 Bezug genommen wird.
46Soweit die Klägerin ihr Vorbringen im Berufungsverfahren zur Frage der Verjährung vertieft hat – und zur Zusammenfassung – ist ergänzend folgendes zu bemerken:
471.
48Die Verjährungsfrist für etwaige Ansprüche der Klägerin beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre; sie hat gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres 2008, also mit dem 31.12.2008, 24.00 Uhr begonnen. Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass ein möglicher Anspruch der Klägerin im Jahre 2008 entstanden ist und die Klägerin auch von den den Anspruch begründenden Umständen im Sinne des § 199 Abs. 1 Ziff. 2 BGB in 2008 Kenntnis hatte. Dies wird letztendlich auch dadurch dokumentiert, dass sie mit Schreiben vom 16.09.2008 entsprechende Ansprüche gegenüber dem Beklagten geltend gemacht hat.
49Damit steht zugleich fest, dass Ansprüche der Klägerin grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2011 verjährt sind mit der Folge, dass der Beklagte gemäß § 214 Abs. 1 BGB berechtigt war, die Leistung zu verweigern.
502.
51Ebenso zutreffend hat das Arbeitsgericht den Zeitraum der Verhandlungen im Jahre 2008 nicht als verjährungswirksam betrachtet. Abgesehen davon, dass die von der Klägerin im Berufungsverfahren angeführten Daten zur Geltendmachung in 2008 sich nicht mit den vorgelegten Anlagen in Übereinstimmung bringen lassen (hiernach fand die erste Geltendmachung der Klägerin am 16.09.2008, Bl. 34 d.A., statt), ist jedenfalls in 2008 keine Hemmung der Verjährung im Sinne des § 203 BB eingetreten. An dieser Stelle bedurfte es keiner weiteren Auseinandersetzung mit der Frage, welche grundsätzlichen Voraussetzungen die Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen mit sich bringt; die Berufungskammer geht nämlich davon aus, dass die Hemmung der Verjährung stets voraussetzt, dass die Verjährung bereits überhaupt begonnen hat.
52Dies lässt sich zunächst aus dem Wortlaut des § 203 BGB ableiten, wonach bei Verhandlungen die Verjährung gehemmt ist. Bereits nach dem Sprachverständnis kann aber nur etwas gehemmt sein, was überhaupt begonnen hat. Dies ist gemäß § 199 Abs. 1 BGB erst mit dem 31.12.2008, 24.00 Uhr der Fall gewesen. Dieses Verständnis deckt sich im Übrigen auch mit den Darstellungen in der Kommentarliteratur. So heißt es zum Beispiel bei Staudinger (Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearbeitung 2009, § 203 BGB Rn. 1), dass § 203 „den Lauf der Verjährung anhält, solange Verhandlungen schweben". Dementsprechend kann nur etwas angehalten werden, was bereits „zu laufen begonnen hat".
53Dieses Verständnis wird auch dem Grundgedanken der Reform des Verjährungsrechts im Jahre 2002/2003 durch die Schuldrechtsmodernisierung gerecht. Danach war es einhergehend mit der Verkürzung der Verjährungsfrist auf drei Jahre, dass Rechtssicherheit geschaffen werden sollte und insbesondere für die Rechtsanwender praktikable Lösungen angeboten werden sollten. Die nach der vorherigen Rechtslage oftmals schwierigen taggenauen Berechnungen des Beginns der Verjährung sollten ersetzt werden durch die pauschale Regelung, die Verjährung beginne erst mit Schluss des Jahres, in welchem Ansprüche entstanden sind (vgl. den Regierungsentwurf zur Begründung der Neuregelung des Verjährungsrechts, BT-Drs. 14/6040, S. 96 unten; Staudinger a.a.O., § 199 Rn. 1 m.w.N.). Insbesondere sollte die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nicht taggenau beginnen, wie sich auch aus einem Vergleich mit der Bestimmung des § 200 BGB – die eine Ausnahmeregelung darstellt – erschließt (Jauernig, BGB, 11. Aufl., § 200 Rn. 1).
54Dementsprechend haben Verhandlungen zwischen den Parteien, die vor Beginn der Verjährung stattfinden, keinen Einfluss auf die Dauer der Verjährungsfrist, die ohnehin erst mit Ablauf des maßgeblichen Jahres beginnt.
55Ein anderes Verständnis von § 203 BGB im Zusammenspiel mit § 199 Abs. 1 BGB würde zudem bedeuten, dass unter Umständen Verhandlungen zu einer Art „doppelten" Berücksichtigung führen würden. Denn die Zeit, in der im Laufe des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, verhandelt wird, wird ohnehin bei der Verjährung nicht berücksichtigt, da diese erst mit Schluss des Kalenderjahres beginnt. Würde man sie gleichwohl beachten, so würde zum einen die Verjährung erst zum Ablauf des Kalenderjahres beginnen, zum anderen würde die Zeit der Verhandlungen zu einer Hemmung der Verjährung führen. Dass dies vom Gesetzgeber nicht so verstanden worden ist, zeigen bereits die zitierten Begründungen zum Regierungsentwurf zur Neuregelung des Verjährungsrechts.
56Auch soweit sich die Klägerin auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.09.1995, VIII ZR 257/94, NJW 1995, S. 3380 bezogen hat, ergibt sich keine andere Bewertung. Schon von der Sachverhaltskonstellation ist der dortige Rechtsstreit mit der vorliegenden Frage der Hemmung der Verjährung vor deren Beginn nicht zu vergleichen. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs a.a.O. ging es nämlich darum, dass am letzten Tag der Verjährungsfrist ein Mahnbescheid zugestellt worden ist, der erst nach Ablauf der Verjährungsfrist zugestellt worden ist. In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof erkannt, dass der Zeitraum zwischen Einreichung des Mahnbescheidsantrags und dem Verjährungseintritt unberücksichtigt bleibt, da Verzögerungen, die in den Zeitraum der Zustellung vor Fristablauf fallen, unschädlich seien. Hieraus hat der Bundesgerichtshof sodann den Schluss gezogen, dass andernfalls derjenige benachteiligt wurde, der mit der Einreichung einer Klage oder eines Mahnbescheidsantrags nicht bis zum letzten Tag der Frist gewartet, sondern diese schon lange vorher eingereicht habe.
57Um eine solche Fragestellung geht es vorliegend nicht, da es nicht um die Frage der nach früherem Recht möglichen „Unterbrechung" einer bereits laufenden Verjährung geht, sondern um einen Zeitpunkt, in dem der Lauf der Verjährung überhaupt noch nicht begonnen hatte.
58Ebenso ergibt sich keine andere Bewertung unter Berücksichtigung der weiteren Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31.03.1969, VII ZR 35/67, BGHZ 52, S. 47 ff. Dort hatte der Bundesgerichtshof erkannt, dass in den Fällen, in denen ein Prozess bereits anhängig ist, wenn die Verjährungsfrist zu laufen beginnt, quasi mit dem Verjährungsbeginn ein Zustand der Unterbrechung eintritt. Auch diese Konstellation ist abgesehen davon, dass es eine Unterbrechung der Verjährung nach Neuregelung des Verjährungsrechts so nicht mehr gibt, sondern der Gesetzgeber vielmehr die Institute der „Hemmung" und des „Neubeginns" eingeführt hat, nicht vergleichbar: es wäre im vorliegenden Streitfall unproblematisch, wenn Verhandlungen bereits vor Beginn der Verjährung geführt würden, die dann in den Beginn der Verjährungsfrist hineinlaufen würden. Selbstverständlich wäre es in einer solchen Konstellation so, dass die ab Beginn der Verjährungsfrist geführten Verhandlungen die Wirkung des § 203 BGB haben würden.
593.
60Die Tatsache, dass die Klägerin gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 12.08.2009 ein Vergleichsangebot übermittelt hatte, hat nicht zu einer Hemmung der Verjährung im Sinne des § 203 Satz 1 BGB geführt. Es handelt sich insofern um ein alleiniges Angebot der Klägerin, welches zeitlich fast 10 Monate nach der Ablehnung durch den Beklagten vom 20.10.2008 (Bl. 56 d.A.) erfolgt ist und welches ohne Antwort geblieben ist.
61Wenn auch mit der Klägerin davon auszugehen ist, dass der Begriff der Verhandlungen im Sinne des § 203 Satz 1 BGB weit zu verstehen ist, so wird allerdings doch eine irgendwie geartete Reaktion des Anspruchsgegners verlangt werden müssen, da ein lediglich einseitiges Tätigwerden schon begrifflich keine Verhandlung darstellen kann.
624.
63Dementsprechend hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen, dass ausschließlich die Verhandlungen des Jahres 2010 zu einer rechtswirksamen Hemmung der Verjährung im Sinne des § 203 Satz 1 BGB führen könnten. Ausgangspunkt war insoweit das Vergleichsangebot der Klägerin, welches telefonisch unter dem 26.02.2010 erfolgte. Der Schriftverkehr, der daraufhin erfolgte, endete mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 12.05.2010 (Bl. 91 d.A.), in welchem es unter anderem hieß, dass bei einer Klageeinreichung der Prozessbevollmächtigte benannt werden könne. An dieser Stelle kann nach Auffassung der Berufungskammer durchaus die Möglichkeit gesehen werden, dass hierin eine endgültige Ablehnung jeglicher Ansprüche der Klägerin gelegen hat, wovon das Arbeitsgericht in der angegriffenen Entscheidung angesichts des Hinweises auf 50,00 €-Raten nicht ausgegangen ist. Indessen kam es zur Entscheidung des Rechtsstreits auf diese Frage nicht an, da das Arbeitsgericht weiter zutreffend davon ausgegangen ist, dass die Angelegenheit nach dem Schreiben vom 12.05.2010 „eingeschlafen" ist. Sind aber Verhandlungen eingeschlafen, entfällt die Hemmung, wenn aus Sicht des Gläubigers nach Treu und Glauben ein nächster Schritt zu erwarten gewesen wäre, der dann indessen nicht erfolgt ist (MünchKomm zum BGB, 6. Aufl. 2012, Grothe, § 203 BGB Rz. 8 m.z.N.; OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23.10.2008, 9 U 19/08 bei juris, ebenfalls m.w.N.). Die Berufungskammer folgt der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass in einer solchen Konstellation für den Regelfall nach einmonatiger Untätigkeit von einem Ende der Verhandlungen ausgegangen werden könne, so dass dann die verbleibende Verjährungsfrist weiterläuft (MünchKomm a.a.O.; OLG Sachsen-Anhalt a.a.O.). Hintergrund dieser Annahme ist, dass im Verfahren zur Neuregelung des Verjährungsrechts im Rahmen der Schuldrechtsreform ein Vorschlag des Bundesrates existierte (BT-Drs. 14/6857, S. 7), der in den Fällen einschlafender Verhandlungen die Hemmung sechs Monate nach der letzten Verhandlungserklärung enden lassen wollte, was allerdings vom Gesetzgeber ausdrücklich abgelehnt worden und der Entscheidung im Einzelfall überlassen worden ist.
64Die Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts, dass die Hemmung der Verjährung gemäß § 203 Abs. 1 BGB im Jahre 2010 vom 26.02. bis zum 12.06.2010 angedauert hat, wird von der Berufungskammer ausdrücklich geteilt. Diese insgesamt 15 Wochen und 2 Tage sind – so die Wirkung in der Verjährungshemmung – an den Ablauf der Verjährung am 31.12.2011 „anzuhängen". Mithin lief die Verjährung am 16.04.2012 ab, so dass die unter dem 25.04.2012 bei Gericht eingegangene Klage eine Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht mehr auslösen konnte.
655.
66Eine Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Antrags auf Erlass des Arrestes vor dem Arbeitsgericht Bielefeld am 10.08.2012 konnte die Wirkung des § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB nicht auslösen, da zum Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht die Verjährungsfrist bereits abgelaufen war. Gleiches gilt für die Annahme der Klägerin, der Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht Hamm im Arrestverfahren hätte ein Neubeginn der Verjährung bewirkt, da es insoweit um eine Sicherheitsleistung im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehandelt habe.
67Zu jenem Zeitpunkt konnte die Verjährung nicht erneut beginnen, da nur eine Verjährung, die noch läuft, im Sinne des § 212 Abs. 1 BGB neu beginnen kann (MünchKomm zum BGB a.a.O., § 212 BGB Rz. 1). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich ein Anerkenntnis über eine Sicherheitsleistung nur dann auf die Verjährung auswirken kann, wenn sich wenigstens dem Grunde nach ergibt, dass es sich um ein klares und unzweideutiges Nachgeben oder Anerkennen handelt mit der Folge, dass dadurch das Vertrauen des Gläubigers begründet wird, der Schuldner werde sich nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht hierauf berufen (BGH, Urteil vom 21.11.1996, IX ZR 159/95, NJW 1997, S. 516/517 2.).
68Auch hieran wird deutlich, dass sämtliche Handlungen des Beklagten, die verjährungsrelevant sein könnten, nur eine Rolle spielen können, wenn mögliche Ansprüche der Klägerin nicht bereits verjährt waren.
69Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
70III.
71Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens als unterlegene Partei zu tragen.
72Gründe für die Zulassung der Revision waren nicht ersichtlich.
Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 25.06.2013
- 1 Ca 1021/12 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche der Klägerin als Versicherer aus übergegangenem Recht.
3Die Klägerin war Versicherer eines LKW mit dem amtlichen Kennzeichen B1-W1 123 nebst Anhänger mit dem amtlichen Kennzeichen B1-W1 234. Versicherungsnehmerin, Eigentümerin und Halterin der Fahrzeuge war die Fa. W2 GmbH & Co. KG, bei der der Beklagte als Berufskraftfahrer beschäftigt war. Die von ihm bei der Fa. W2 zuletzt bezogene Bruttovergütung lag bei 2.878,94 € nebst einer Zulage in Höhe von 255,65 € sowie vermögenswirksamen Leistungen.
4In der Nacht vom 22. auf den 23.06.2008 kam es mit dem vom Beklagten geführten LKW-Gespann auf der Autobahn A 5 in Hessen bei einem Gefahrguttransport zu einem Verkehrsunfall. Eine dem Beklagten entnommene Blutprobe ergab einen Blutalkoholmittelwert von 2,24 g°/°°. Das Fahrzeug erlitt einen Totalschaden; der Gesamtschaden belief sich deutlich über 100.000,00 €. Leistungen auf diesen Schaden erbrachte die Klägerin in den Monaten Juli und August 2008 in Höhe von über 50.000,00 €. Wegen der Buchungen hierzu wird auf die Kopien Bl. 32 und 33 d.A. Bezug genommen.
5Die Arbeitgeberin des Beklagten nahm das Unfallereignis zum Anlass, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen; die hiergegen geführte Kündigungsschutzklage endete aufgrund Vergleichs im Verfahren Landesarbeitsgericht Hamm 2 Sa 633/09. Im Strafverfahren wurde der Beklagte rechtskräftig mit einem am 13.10.2008 verkündeten Urteil des Amtsgerichts Gießen wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs infolge Fahrens in Trunkenheit zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen in Höhe von je 20,00 € verurteilt. Die Fahrerlaubnis wurde entzogen und eine Sperrfrist von 12 Monaten für deren Wiedererlangung angeordnet. In einem weiteren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Bielefeld nahm die Arbeitgeberin den Beklagten auf Schadensersatz hinsichtlich der bei dem Unfall entstandenen Schäden in einer Gesamthöhe von über 15.000,00 € in Anspruch. Dieses Verfahren endete durch Vergleich, in dem sich der Beklagte verpflichtete, seiner Arbeitgeberin 6.300,00 € Schadensersatz zu zahlen, womit sämtliche Ansprüche der Arbeitgeberin aus dem streitgegenständlichen Unfallvorgang vom 22./23.06.2008 vollständig erfüllt sind.
6Mit Schreiben vom 16.09.2008 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen Regressanspruch geltend. Auf die Kopie Bl. 34 d.A. wird Bezug genommen. Der daraufhin geführte Schriftverkehr zwischen der Klägerin und dem jetzigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten endete mit Schreiben des Beklagtenvertreters vom 20.10.2008 (Bl. 56 d.A.). In diesem Schreiben heißt es u.a., dass der Beklagte davon ausgehe, dass „insofern (…) kein Anspruch, welcher auf sie zur Regressierung übergehen könnte (bestehe)". Daneben wurde auf die Einkommensverhältnisse des Beklagten wegen einer Sperre des Arbeitsamtes hingewiesen.
7Mit Schreiben vom 12.08.2009 unterbreitete die Klägerin dem Beklagten einen Vergleichsvorschlag unter Vorlage eines Schuldanerkenntnisses in Höhe von 84.000,00 €. Eine Reaktion des Beklagten hierauf erfolgte nicht.
8Am 26.02.2010 rief eine Sachbearbeiterin der Klägerin beim Prozessbevollmächtigten des Beklagten an und unterbreitete einen Vergleichsvorschlag mit dem Inhalt, dass gegen Zahlung von 20.000,00 € eine vollständige Erledigung der Angelegenheit gegeben sein sollte. Daraufhin gab es wiederum einen Schriftwechsel zwischen der Klägerin und dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten, in welchem es zum einen um die Einkommensverhältnisse des Beklagten und zum anderen auch um Fragen der Unfallverursachung ging.
9Mit Schreiben vom 12.05.2010 schließlich teilte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten folgendes mit (Bl. 91 d.A.):
10„Sehr geehrter Herr S1,
11in der vorbezeichneten Angelegenheit ist zum einen die von Ihnen geltend gemachte Forderung bereits bestritten worden. Zudem ist eine Vollstreckung in das Eigentum der Ehefrau meines Mandanten nicht nachvollziehbar.
12Dieser ist zudem nicht in der Lage, einen Betrag i.H.v. 20.000,00 € bis zum 15.06.2010 zu zahlen. Die Vermögensverhältnisse hatte ich Ihnen bereits dargelegt, ebenso wie eine ggfls. mögliche vergleichsweise Erledigung im Hinblick auf die BGH-Rechtsprechung zudem bei vorzunehmender Ratenzahlung von nicht mehr als 50,00 €/Monat.
13Bei entsprechender Klageerhebung Ihrerseits bitte ich Sie, mich als Prozessbevollmächtigten zu benennen."
14Ohne dass es weiteren Schriftwechsel gegeben hätte, hat die Klägerin sodann ihre Ansprüche mit der vorliegenden, beim Arbeitsgericht Bielefeld am 25.04.2012 eingegangenen Klage weiterverfolgt. Zudem hat sie mit Antrag vom 10.08.2012, am gleichen Tage am Arbeitsgericht Bielefeld eingegangen, einen Arrest begehrt, der ein Verfügungsverbot für den Beklagten betreffend sein Wohnhaus beinhaltete. Im dortigen Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Hamm schlossen die Parteien unter dem 17.04.2013 einen Vergleich. Wegen des Inhalts des Vergleichs wird auf das Protokoll der Sitzung im Verfahren 3 SaGa 18/12 Landesarbeitsgericht Hamm Bezug genommen.
15Die Klägerin hat vorgetragen:
16Sie mache zum einen 50 % des Kaskoschadens, den sie als Versicherer beglichen habe, mit 38.672,72 € sowie einen pauschalierten Regressbetrag für den Haftpflichtschaden in Höhe von 5.000,00 € geltend. Aufgrund des durch grobe Fahrlässigkeit des Beklagten entstandenen Verkehrsunfalls stünden ihr die entsprechenden Ansprüche aus übergegangenem Recht zu, wobei sie mit der Geltendmachung von 50 % des Kaskoschadens bereits berücksichtigt habe, dass der Beklagte aufgrund seiner Einkommenssituation nicht überfordert werde.
17Die Ansprüche der Klägerin seien nicht verjährt. Wenn auch die regelmäßige Verjährung von drei Jahren am 31.12.2011 abgelaufen sei, so sei doch aufgrund der geführten Verhandlungen eine Hemmung eingetreten. Es sei insbesondere zu berücksichtigen, dass bereits im Jahre 2008 Verhandlungen geführt worden seien und eine endgültige Ablehnung im Schreiben des Beklagtenvertreters vom 12.05.2010 nicht erfolgt sei.
18Die Klägerin hat beantragt,
191. den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.000,00 € zu zahlen, zuzüglich 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2008;
202. den Beklagten weiter zu verurteilen, an sie 38.672,72 € zu zahlen, ebenfalls zuzüglich Zinsen in vorgenannter Höhe seit dem 20.09.2008;
21hilfsweise
22den Beklagten zu verurteilen, Zinsen in vorgenannter Höhe auf die beiden Forderungen zu zahlen ab dem 16.05.2010.
23Der Beklagte hat beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Er hält die Forderungen der Klägerin für verjährt und beruft sich ausdrücklich hierauf.
26Daneben meint er, dass aufgrund des Vergleichs in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren zwischen dem Beklagten und seiner ehemaligen Arbeitgeberin Ansprüche der Klägerin ausgeschlossen seien und zieht darüber hinaus in Zweifel, ob seine hohe Alkoholisierung am Unfalltage kausal für den Verkehrsunfall gewesen sei. Vorsorglich berufe er sich darauf, dass er als Arbeitnehmer selbst im Verschuldensfalle nur begrenzt hafte.
27Durch Urteil vom 25.06.2013, dem Vertreter der Klägerin am 04.07.2013 zugestellt, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Ansprüche der Klägerin seien verjährt. Insbesondere sei es bereits aus rechtlichen Gründen nicht möglich, Verhandlungen im Jahre 2008, also vor Beginn der kurzen Verjährungsfrist, als Hemmungstatbestand zu berücksichtigen.
28Wegen der Einzelheiten in der angegriffenen Entscheidung wird auf Bl. 130 ff. d.A. Bezug genommen.
29Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden, am 31.07.2013 vorab per Telefax eingegangenen und mit Schriftsatz vom 04.09.2013, vorab am selben Tage beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründeten Berufung.
30Die Klägerin trägt vor:
31Das Arbeitsgericht habe unzutreffend den Zeitraum der Verhandlungen aus dem Jahre 2008 aus der Zeit vom 12.09.2008 bis 20.10.2008 nicht berücksichtigt. Die durch diese Korrespondenz als Ausdruck von Verhandlungen ausgelöste Hemmung wirke auf den Zeitpunkt der ersten Geltendmachung zurück. Hieraus ergebe sich rechnerisch ein verjährungswirksamer Zeitraum vom 12.09.2008 bis einschließlich 21.10.2008. Darüber hinaus sei das Angebot der Klägerin auf Abgabe eines Schuldanerkenntnisses aus dem Jahre 2009 zu beachten, obwohl der Beklagte nicht darauf reagiert habe. Dieses Schreiben müsse in den Gesamtzusammenhang der Korrespondenz zwischen den Parteien in den Jahren 2008 bis 2010 eingeordnet werden. Wenngleich die Korrespondenz auch schleppend verlaufen und nicht von sonderlicher Konsequenz getragen sei, so sei doch eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die eine einheitliche Hemmungswirkung zu Lasten des Beklagten bewirken müsste. Unter Beachtung eines weiteren hemmungswirksamen Zeitraums vom 26.02.2010 bis zum 14.05.2010 ergebe sich insgesamt eine Hemmungszeit von 117 Tagen, die an den Ablauf der Verjährung zum 31.12.2011 anzuhängen sei. Damit gelange man jedenfalls bis zum 26.04.2012; bei Klageeingang am 25.04.2012 beim Arbeitsgericht Bielefeld sei Verjährung nicht eingetreten.
32Darüber hinaus sei der Vergleich im Arrestverfahren vom 17.04.2013 zu 3 SaGa 18/12 Landesarbeitsgericht Hamm zu berücksichtigen, der zu einem Neubeginn der Verjährung führe, da es sich bei den dort getroffenen Vereinbarungen um eine freiwillige Sicherheitsleistung handele.
33Dass materiell-rechtlich eine Haftung des Beklagten aufgrund des mindestens grob fahrlässig verursachten Verkehrsunfalls bestehe, dürfte außer Zweifel stehen.
34Die Klägerin beantragt,
351. das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 25.06.2013, 1 Ca 1021/12 abzuändern;
362. den Beklagten nach Maßgabe der erstinstanzlichen Schlussanträge zur Zahlung an die Klägerin zu verurteilen.
37Der Beklagte beantragt,
38die Berufung zurückzuweisen.
39Er beruft sich unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin auf die Einrede der Verjährung.
40Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.
41Entscheidungsgründe
42Die nach der Beschwer (§ 64 Abs. 2 ArbGG) an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 516 ff. ZPO) hat keinen Erfolg, da der Beklagte jedenfalls wegen des durchgreifenden Einwands der Verjährung die Erfüllung eventueller Ansprüche der Klägerin aus übergegangenem Recht dauerhaft verweigern kann.
43I.
44Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass mögliche Ansprüche der Klägerin aus übergegangenem Recht wegen des Verkehrsunfalls vom 22./23.06.2008 gemäß § 195 BGB verjährt sind mit der Folge, dass der Beklagte gemäß § 214 Abs. 1 BGB berechtigt ist, die Leistung zu verweigern.
45Die Berufungskammer folgt zunächst der angegriffenen Entscheidung in der Begründung, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Ausführungen in der Entscheidung des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 25.06.2013 Bezug genommen wird.
46Soweit die Klägerin ihr Vorbringen im Berufungsverfahren zur Frage der Verjährung vertieft hat – und zur Zusammenfassung – ist ergänzend folgendes zu bemerken:
471.
48Die Verjährungsfrist für etwaige Ansprüche der Klägerin beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre; sie hat gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres 2008, also mit dem 31.12.2008, 24.00 Uhr begonnen. Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass ein möglicher Anspruch der Klägerin im Jahre 2008 entstanden ist und die Klägerin auch von den den Anspruch begründenden Umständen im Sinne des § 199 Abs. 1 Ziff. 2 BGB in 2008 Kenntnis hatte. Dies wird letztendlich auch dadurch dokumentiert, dass sie mit Schreiben vom 16.09.2008 entsprechende Ansprüche gegenüber dem Beklagten geltend gemacht hat.
49Damit steht zugleich fest, dass Ansprüche der Klägerin grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2011 verjährt sind mit der Folge, dass der Beklagte gemäß § 214 Abs. 1 BGB berechtigt war, die Leistung zu verweigern.
502.
51Ebenso zutreffend hat das Arbeitsgericht den Zeitraum der Verhandlungen im Jahre 2008 nicht als verjährungswirksam betrachtet. Abgesehen davon, dass die von der Klägerin im Berufungsverfahren angeführten Daten zur Geltendmachung in 2008 sich nicht mit den vorgelegten Anlagen in Übereinstimmung bringen lassen (hiernach fand die erste Geltendmachung der Klägerin am 16.09.2008, Bl. 34 d.A., statt), ist jedenfalls in 2008 keine Hemmung der Verjährung im Sinne des § 203 BB eingetreten. An dieser Stelle bedurfte es keiner weiteren Auseinandersetzung mit der Frage, welche grundsätzlichen Voraussetzungen die Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen mit sich bringt; die Berufungskammer geht nämlich davon aus, dass die Hemmung der Verjährung stets voraussetzt, dass die Verjährung bereits überhaupt begonnen hat.
52Dies lässt sich zunächst aus dem Wortlaut des § 203 BGB ableiten, wonach bei Verhandlungen die Verjährung gehemmt ist. Bereits nach dem Sprachverständnis kann aber nur etwas gehemmt sein, was überhaupt begonnen hat. Dies ist gemäß § 199 Abs. 1 BGB erst mit dem 31.12.2008, 24.00 Uhr der Fall gewesen. Dieses Verständnis deckt sich im Übrigen auch mit den Darstellungen in der Kommentarliteratur. So heißt es zum Beispiel bei Staudinger (Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearbeitung 2009, § 203 BGB Rn. 1), dass § 203 „den Lauf der Verjährung anhält, solange Verhandlungen schweben". Dementsprechend kann nur etwas angehalten werden, was bereits „zu laufen begonnen hat".
53Dieses Verständnis wird auch dem Grundgedanken der Reform des Verjährungsrechts im Jahre 2002/2003 durch die Schuldrechtsmodernisierung gerecht. Danach war es einhergehend mit der Verkürzung der Verjährungsfrist auf drei Jahre, dass Rechtssicherheit geschaffen werden sollte und insbesondere für die Rechtsanwender praktikable Lösungen angeboten werden sollten. Die nach der vorherigen Rechtslage oftmals schwierigen taggenauen Berechnungen des Beginns der Verjährung sollten ersetzt werden durch die pauschale Regelung, die Verjährung beginne erst mit Schluss des Jahres, in welchem Ansprüche entstanden sind (vgl. den Regierungsentwurf zur Begründung der Neuregelung des Verjährungsrechts, BT-Drs. 14/6040, S. 96 unten; Staudinger a.a.O., § 199 Rn. 1 m.w.N.). Insbesondere sollte die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nicht taggenau beginnen, wie sich auch aus einem Vergleich mit der Bestimmung des § 200 BGB – die eine Ausnahmeregelung darstellt – erschließt (Jauernig, BGB, 11. Aufl., § 200 Rn. 1).
54Dementsprechend haben Verhandlungen zwischen den Parteien, die vor Beginn der Verjährung stattfinden, keinen Einfluss auf die Dauer der Verjährungsfrist, die ohnehin erst mit Ablauf des maßgeblichen Jahres beginnt.
55Ein anderes Verständnis von § 203 BGB im Zusammenspiel mit § 199 Abs. 1 BGB würde zudem bedeuten, dass unter Umständen Verhandlungen zu einer Art „doppelten" Berücksichtigung führen würden. Denn die Zeit, in der im Laufe des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, verhandelt wird, wird ohnehin bei der Verjährung nicht berücksichtigt, da diese erst mit Schluss des Kalenderjahres beginnt. Würde man sie gleichwohl beachten, so würde zum einen die Verjährung erst zum Ablauf des Kalenderjahres beginnen, zum anderen würde die Zeit der Verhandlungen zu einer Hemmung der Verjährung führen. Dass dies vom Gesetzgeber nicht so verstanden worden ist, zeigen bereits die zitierten Begründungen zum Regierungsentwurf zur Neuregelung des Verjährungsrechts.
56Auch soweit sich die Klägerin auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.09.1995, VIII ZR 257/94, NJW 1995, S. 3380 bezogen hat, ergibt sich keine andere Bewertung. Schon von der Sachverhaltskonstellation ist der dortige Rechtsstreit mit der vorliegenden Frage der Hemmung der Verjährung vor deren Beginn nicht zu vergleichen. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs a.a.O. ging es nämlich darum, dass am letzten Tag der Verjährungsfrist ein Mahnbescheid zugestellt worden ist, der erst nach Ablauf der Verjährungsfrist zugestellt worden ist. In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof erkannt, dass der Zeitraum zwischen Einreichung des Mahnbescheidsantrags und dem Verjährungseintritt unberücksichtigt bleibt, da Verzögerungen, die in den Zeitraum der Zustellung vor Fristablauf fallen, unschädlich seien. Hieraus hat der Bundesgerichtshof sodann den Schluss gezogen, dass andernfalls derjenige benachteiligt wurde, der mit der Einreichung einer Klage oder eines Mahnbescheidsantrags nicht bis zum letzten Tag der Frist gewartet, sondern diese schon lange vorher eingereicht habe.
57Um eine solche Fragestellung geht es vorliegend nicht, da es nicht um die Frage der nach früherem Recht möglichen „Unterbrechung" einer bereits laufenden Verjährung geht, sondern um einen Zeitpunkt, in dem der Lauf der Verjährung überhaupt noch nicht begonnen hatte.
58Ebenso ergibt sich keine andere Bewertung unter Berücksichtigung der weiteren Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31.03.1969, VII ZR 35/67, BGHZ 52, S. 47 ff. Dort hatte der Bundesgerichtshof erkannt, dass in den Fällen, in denen ein Prozess bereits anhängig ist, wenn die Verjährungsfrist zu laufen beginnt, quasi mit dem Verjährungsbeginn ein Zustand der Unterbrechung eintritt. Auch diese Konstellation ist abgesehen davon, dass es eine Unterbrechung der Verjährung nach Neuregelung des Verjährungsrechts so nicht mehr gibt, sondern der Gesetzgeber vielmehr die Institute der „Hemmung" und des „Neubeginns" eingeführt hat, nicht vergleichbar: es wäre im vorliegenden Streitfall unproblematisch, wenn Verhandlungen bereits vor Beginn der Verjährung geführt würden, die dann in den Beginn der Verjährungsfrist hineinlaufen würden. Selbstverständlich wäre es in einer solchen Konstellation so, dass die ab Beginn der Verjährungsfrist geführten Verhandlungen die Wirkung des § 203 BGB haben würden.
593.
60Die Tatsache, dass die Klägerin gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 12.08.2009 ein Vergleichsangebot übermittelt hatte, hat nicht zu einer Hemmung der Verjährung im Sinne des § 203 Satz 1 BGB geführt. Es handelt sich insofern um ein alleiniges Angebot der Klägerin, welches zeitlich fast 10 Monate nach der Ablehnung durch den Beklagten vom 20.10.2008 (Bl. 56 d.A.) erfolgt ist und welches ohne Antwort geblieben ist.
61Wenn auch mit der Klägerin davon auszugehen ist, dass der Begriff der Verhandlungen im Sinne des § 203 Satz 1 BGB weit zu verstehen ist, so wird allerdings doch eine irgendwie geartete Reaktion des Anspruchsgegners verlangt werden müssen, da ein lediglich einseitiges Tätigwerden schon begrifflich keine Verhandlung darstellen kann.
624.
63Dementsprechend hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen, dass ausschließlich die Verhandlungen des Jahres 2010 zu einer rechtswirksamen Hemmung der Verjährung im Sinne des § 203 Satz 1 BGB führen könnten. Ausgangspunkt war insoweit das Vergleichsangebot der Klägerin, welches telefonisch unter dem 26.02.2010 erfolgte. Der Schriftverkehr, der daraufhin erfolgte, endete mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 12.05.2010 (Bl. 91 d.A.), in welchem es unter anderem hieß, dass bei einer Klageeinreichung der Prozessbevollmächtigte benannt werden könne. An dieser Stelle kann nach Auffassung der Berufungskammer durchaus die Möglichkeit gesehen werden, dass hierin eine endgültige Ablehnung jeglicher Ansprüche der Klägerin gelegen hat, wovon das Arbeitsgericht in der angegriffenen Entscheidung angesichts des Hinweises auf 50,00 €-Raten nicht ausgegangen ist. Indessen kam es zur Entscheidung des Rechtsstreits auf diese Frage nicht an, da das Arbeitsgericht weiter zutreffend davon ausgegangen ist, dass die Angelegenheit nach dem Schreiben vom 12.05.2010 „eingeschlafen" ist. Sind aber Verhandlungen eingeschlafen, entfällt die Hemmung, wenn aus Sicht des Gläubigers nach Treu und Glauben ein nächster Schritt zu erwarten gewesen wäre, der dann indessen nicht erfolgt ist (MünchKomm zum BGB, 6. Aufl. 2012, Grothe, § 203 BGB Rz. 8 m.z.N.; OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23.10.2008, 9 U 19/08 bei juris, ebenfalls m.w.N.). Die Berufungskammer folgt der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass in einer solchen Konstellation für den Regelfall nach einmonatiger Untätigkeit von einem Ende der Verhandlungen ausgegangen werden könne, so dass dann die verbleibende Verjährungsfrist weiterläuft (MünchKomm a.a.O.; OLG Sachsen-Anhalt a.a.O.). Hintergrund dieser Annahme ist, dass im Verfahren zur Neuregelung des Verjährungsrechts im Rahmen der Schuldrechtsreform ein Vorschlag des Bundesrates existierte (BT-Drs. 14/6857, S. 7), der in den Fällen einschlafender Verhandlungen die Hemmung sechs Monate nach der letzten Verhandlungserklärung enden lassen wollte, was allerdings vom Gesetzgeber ausdrücklich abgelehnt worden und der Entscheidung im Einzelfall überlassen worden ist.
64Die Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts, dass die Hemmung der Verjährung gemäß § 203 Abs. 1 BGB im Jahre 2010 vom 26.02. bis zum 12.06.2010 angedauert hat, wird von der Berufungskammer ausdrücklich geteilt. Diese insgesamt 15 Wochen und 2 Tage sind – so die Wirkung in der Verjährungshemmung – an den Ablauf der Verjährung am 31.12.2011 „anzuhängen". Mithin lief die Verjährung am 16.04.2012 ab, so dass die unter dem 25.04.2012 bei Gericht eingegangene Klage eine Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht mehr auslösen konnte.
655.
66Eine Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Antrags auf Erlass des Arrestes vor dem Arbeitsgericht Bielefeld am 10.08.2012 konnte die Wirkung des § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB nicht auslösen, da zum Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht die Verjährungsfrist bereits abgelaufen war. Gleiches gilt für die Annahme der Klägerin, der Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht Hamm im Arrestverfahren hätte ein Neubeginn der Verjährung bewirkt, da es insoweit um eine Sicherheitsleistung im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehandelt habe.
67Zu jenem Zeitpunkt konnte die Verjährung nicht erneut beginnen, da nur eine Verjährung, die noch läuft, im Sinne des § 212 Abs. 1 BGB neu beginnen kann (MünchKomm zum BGB a.a.O., § 212 BGB Rz. 1). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich ein Anerkenntnis über eine Sicherheitsleistung nur dann auf die Verjährung auswirken kann, wenn sich wenigstens dem Grunde nach ergibt, dass es sich um ein klares und unzweideutiges Nachgeben oder Anerkennen handelt mit der Folge, dass dadurch das Vertrauen des Gläubigers begründet wird, der Schuldner werde sich nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht hierauf berufen (BGH, Urteil vom 21.11.1996, IX ZR 159/95, NJW 1997, S. 516/517 2.).
68Auch hieran wird deutlich, dass sämtliche Handlungen des Beklagten, die verjährungsrelevant sein könnten, nur eine Rolle spielen können, wenn mögliche Ansprüche der Klägerin nicht bereits verjährt waren.
69Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
70III.
71Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens als unterlegene Partei zu tragen.
72Gründe für die Zulassung der Revision waren nicht ersichtlich.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 25.06.2013
- 1 Ca 1021/12 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche der Klägerin als Versicherer aus übergegangenem Recht.
3Die Klägerin war Versicherer eines LKW mit dem amtlichen Kennzeichen B1-W1 123 nebst Anhänger mit dem amtlichen Kennzeichen B1-W1 234. Versicherungsnehmerin, Eigentümerin und Halterin der Fahrzeuge war die Fa. W2 GmbH & Co. KG, bei der der Beklagte als Berufskraftfahrer beschäftigt war. Die von ihm bei der Fa. W2 zuletzt bezogene Bruttovergütung lag bei 2.878,94 € nebst einer Zulage in Höhe von 255,65 € sowie vermögenswirksamen Leistungen.
4In der Nacht vom 22. auf den 23.06.2008 kam es mit dem vom Beklagten geführten LKW-Gespann auf der Autobahn A 5 in Hessen bei einem Gefahrguttransport zu einem Verkehrsunfall. Eine dem Beklagten entnommene Blutprobe ergab einen Blutalkoholmittelwert von 2,24 g°/°°. Das Fahrzeug erlitt einen Totalschaden; der Gesamtschaden belief sich deutlich über 100.000,00 €. Leistungen auf diesen Schaden erbrachte die Klägerin in den Monaten Juli und August 2008 in Höhe von über 50.000,00 €. Wegen der Buchungen hierzu wird auf die Kopien Bl. 32 und 33 d.A. Bezug genommen.
5Die Arbeitgeberin des Beklagten nahm das Unfallereignis zum Anlass, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen; die hiergegen geführte Kündigungsschutzklage endete aufgrund Vergleichs im Verfahren Landesarbeitsgericht Hamm 2 Sa 633/09. Im Strafverfahren wurde der Beklagte rechtskräftig mit einem am 13.10.2008 verkündeten Urteil des Amtsgerichts Gießen wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs infolge Fahrens in Trunkenheit zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen in Höhe von je 20,00 € verurteilt. Die Fahrerlaubnis wurde entzogen und eine Sperrfrist von 12 Monaten für deren Wiedererlangung angeordnet. In einem weiteren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Bielefeld nahm die Arbeitgeberin den Beklagten auf Schadensersatz hinsichtlich der bei dem Unfall entstandenen Schäden in einer Gesamthöhe von über 15.000,00 € in Anspruch. Dieses Verfahren endete durch Vergleich, in dem sich der Beklagte verpflichtete, seiner Arbeitgeberin 6.300,00 € Schadensersatz zu zahlen, womit sämtliche Ansprüche der Arbeitgeberin aus dem streitgegenständlichen Unfallvorgang vom 22./23.06.2008 vollständig erfüllt sind.
6Mit Schreiben vom 16.09.2008 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen Regressanspruch geltend. Auf die Kopie Bl. 34 d.A. wird Bezug genommen. Der daraufhin geführte Schriftverkehr zwischen der Klägerin und dem jetzigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten endete mit Schreiben des Beklagtenvertreters vom 20.10.2008 (Bl. 56 d.A.). In diesem Schreiben heißt es u.a., dass der Beklagte davon ausgehe, dass „insofern (…) kein Anspruch, welcher auf sie zur Regressierung übergehen könnte (bestehe)". Daneben wurde auf die Einkommensverhältnisse des Beklagten wegen einer Sperre des Arbeitsamtes hingewiesen.
7Mit Schreiben vom 12.08.2009 unterbreitete die Klägerin dem Beklagten einen Vergleichsvorschlag unter Vorlage eines Schuldanerkenntnisses in Höhe von 84.000,00 €. Eine Reaktion des Beklagten hierauf erfolgte nicht.
8Am 26.02.2010 rief eine Sachbearbeiterin der Klägerin beim Prozessbevollmächtigten des Beklagten an und unterbreitete einen Vergleichsvorschlag mit dem Inhalt, dass gegen Zahlung von 20.000,00 € eine vollständige Erledigung der Angelegenheit gegeben sein sollte. Daraufhin gab es wiederum einen Schriftwechsel zwischen der Klägerin und dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten, in welchem es zum einen um die Einkommensverhältnisse des Beklagten und zum anderen auch um Fragen der Unfallverursachung ging.
9Mit Schreiben vom 12.05.2010 schließlich teilte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten folgendes mit (Bl. 91 d.A.):
10„Sehr geehrter Herr S1,
11in der vorbezeichneten Angelegenheit ist zum einen die von Ihnen geltend gemachte Forderung bereits bestritten worden. Zudem ist eine Vollstreckung in das Eigentum der Ehefrau meines Mandanten nicht nachvollziehbar.
12Dieser ist zudem nicht in der Lage, einen Betrag i.H.v. 20.000,00 € bis zum 15.06.2010 zu zahlen. Die Vermögensverhältnisse hatte ich Ihnen bereits dargelegt, ebenso wie eine ggfls. mögliche vergleichsweise Erledigung im Hinblick auf die BGH-Rechtsprechung zudem bei vorzunehmender Ratenzahlung von nicht mehr als 50,00 €/Monat.
13Bei entsprechender Klageerhebung Ihrerseits bitte ich Sie, mich als Prozessbevollmächtigten zu benennen."
14Ohne dass es weiteren Schriftwechsel gegeben hätte, hat die Klägerin sodann ihre Ansprüche mit der vorliegenden, beim Arbeitsgericht Bielefeld am 25.04.2012 eingegangenen Klage weiterverfolgt. Zudem hat sie mit Antrag vom 10.08.2012, am gleichen Tage am Arbeitsgericht Bielefeld eingegangen, einen Arrest begehrt, der ein Verfügungsverbot für den Beklagten betreffend sein Wohnhaus beinhaltete. Im dortigen Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Hamm schlossen die Parteien unter dem 17.04.2013 einen Vergleich. Wegen des Inhalts des Vergleichs wird auf das Protokoll der Sitzung im Verfahren 3 SaGa 18/12 Landesarbeitsgericht Hamm Bezug genommen.
15Die Klägerin hat vorgetragen:
16Sie mache zum einen 50 % des Kaskoschadens, den sie als Versicherer beglichen habe, mit 38.672,72 € sowie einen pauschalierten Regressbetrag für den Haftpflichtschaden in Höhe von 5.000,00 € geltend. Aufgrund des durch grobe Fahrlässigkeit des Beklagten entstandenen Verkehrsunfalls stünden ihr die entsprechenden Ansprüche aus übergegangenem Recht zu, wobei sie mit der Geltendmachung von 50 % des Kaskoschadens bereits berücksichtigt habe, dass der Beklagte aufgrund seiner Einkommenssituation nicht überfordert werde.
17Die Ansprüche der Klägerin seien nicht verjährt. Wenn auch die regelmäßige Verjährung von drei Jahren am 31.12.2011 abgelaufen sei, so sei doch aufgrund der geführten Verhandlungen eine Hemmung eingetreten. Es sei insbesondere zu berücksichtigen, dass bereits im Jahre 2008 Verhandlungen geführt worden seien und eine endgültige Ablehnung im Schreiben des Beklagtenvertreters vom 12.05.2010 nicht erfolgt sei.
18Die Klägerin hat beantragt,
191. den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.000,00 € zu zahlen, zuzüglich 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2008;
202. den Beklagten weiter zu verurteilen, an sie 38.672,72 € zu zahlen, ebenfalls zuzüglich Zinsen in vorgenannter Höhe seit dem 20.09.2008;
21hilfsweise
22den Beklagten zu verurteilen, Zinsen in vorgenannter Höhe auf die beiden Forderungen zu zahlen ab dem 16.05.2010.
23Der Beklagte hat beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Er hält die Forderungen der Klägerin für verjährt und beruft sich ausdrücklich hierauf.
26Daneben meint er, dass aufgrund des Vergleichs in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren zwischen dem Beklagten und seiner ehemaligen Arbeitgeberin Ansprüche der Klägerin ausgeschlossen seien und zieht darüber hinaus in Zweifel, ob seine hohe Alkoholisierung am Unfalltage kausal für den Verkehrsunfall gewesen sei. Vorsorglich berufe er sich darauf, dass er als Arbeitnehmer selbst im Verschuldensfalle nur begrenzt hafte.
27Durch Urteil vom 25.06.2013, dem Vertreter der Klägerin am 04.07.2013 zugestellt, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Ansprüche der Klägerin seien verjährt. Insbesondere sei es bereits aus rechtlichen Gründen nicht möglich, Verhandlungen im Jahre 2008, also vor Beginn der kurzen Verjährungsfrist, als Hemmungstatbestand zu berücksichtigen.
28Wegen der Einzelheiten in der angegriffenen Entscheidung wird auf Bl. 130 ff. d.A. Bezug genommen.
29Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden, am 31.07.2013 vorab per Telefax eingegangenen und mit Schriftsatz vom 04.09.2013, vorab am selben Tage beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründeten Berufung.
30Die Klägerin trägt vor:
31Das Arbeitsgericht habe unzutreffend den Zeitraum der Verhandlungen aus dem Jahre 2008 aus der Zeit vom 12.09.2008 bis 20.10.2008 nicht berücksichtigt. Die durch diese Korrespondenz als Ausdruck von Verhandlungen ausgelöste Hemmung wirke auf den Zeitpunkt der ersten Geltendmachung zurück. Hieraus ergebe sich rechnerisch ein verjährungswirksamer Zeitraum vom 12.09.2008 bis einschließlich 21.10.2008. Darüber hinaus sei das Angebot der Klägerin auf Abgabe eines Schuldanerkenntnisses aus dem Jahre 2009 zu beachten, obwohl der Beklagte nicht darauf reagiert habe. Dieses Schreiben müsse in den Gesamtzusammenhang der Korrespondenz zwischen den Parteien in den Jahren 2008 bis 2010 eingeordnet werden. Wenngleich die Korrespondenz auch schleppend verlaufen und nicht von sonderlicher Konsequenz getragen sei, so sei doch eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die eine einheitliche Hemmungswirkung zu Lasten des Beklagten bewirken müsste. Unter Beachtung eines weiteren hemmungswirksamen Zeitraums vom 26.02.2010 bis zum 14.05.2010 ergebe sich insgesamt eine Hemmungszeit von 117 Tagen, die an den Ablauf der Verjährung zum 31.12.2011 anzuhängen sei. Damit gelange man jedenfalls bis zum 26.04.2012; bei Klageeingang am 25.04.2012 beim Arbeitsgericht Bielefeld sei Verjährung nicht eingetreten.
32Darüber hinaus sei der Vergleich im Arrestverfahren vom 17.04.2013 zu 3 SaGa 18/12 Landesarbeitsgericht Hamm zu berücksichtigen, der zu einem Neubeginn der Verjährung führe, da es sich bei den dort getroffenen Vereinbarungen um eine freiwillige Sicherheitsleistung handele.
33Dass materiell-rechtlich eine Haftung des Beklagten aufgrund des mindestens grob fahrlässig verursachten Verkehrsunfalls bestehe, dürfte außer Zweifel stehen.
34Die Klägerin beantragt,
351. das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 25.06.2013, 1 Ca 1021/12 abzuändern;
362. den Beklagten nach Maßgabe der erstinstanzlichen Schlussanträge zur Zahlung an die Klägerin zu verurteilen.
37Der Beklagte beantragt,
38die Berufung zurückzuweisen.
39Er beruft sich unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin auf die Einrede der Verjährung.
40Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.
41Entscheidungsgründe
42Die nach der Beschwer (§ 64 Abs. 2 ArbGG) an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 516 ff. ZPO) hat keinen Erfolg, da der Beklagte jedenfalls wegen des durchgreifenden Einwands der Verjährung die Erfüllung eventueller Ansprüche der Klägerin aus übergegangenem Recht dauerhaft verweigern kann.
43I.
44Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass mögliche Ansprüche der Klägerin aus übergegangenem Recht wegen des Verkehrsunfalls vom 22./23.06.2008 gemäß § 195 BGB verjährt sind mit der Folge, dass der Beklagte gemäß § 214 Abs. 1 BGB berechtigt ist, die Leistung zu verweigern.
45Die Berufungskammer folgt zunächst der angegriffenen Entscheidung in der Begründung, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Ausführungen in der Entscheidung des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 25.06.2013 Bezug genommen wird.
46Soweit die Klägerin ihr Vorbringen im Berufungsverfahren zur Frage der Verjährung vertieft hat – und zur Zusammenfassung – ist ergänzend folgendes zu bemerken:
471.
48Die Verjährungsfrist für etwaige Ansprüche der Klägerin beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre; sie hat gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres 2008, also mit dem 31.12.2008, 24.00 Uhr begonnen. Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass ein möglicher Anspruch der Klägerin im Jahre 2008 entstanden ist und die Klägerin auch von den den Anspruch begründenden Umständen im Sinne des § 199 Abs. 1 Ziff. 2 BGB in 2008 Kenntnis hatte. Dies wird letztendlich auch dadurch dokumentiert, dass sie mit Schreiben vom 16.09.2008 entsprechende Ansprüche gegenüber dem Beklagten geltend gemacht hat.
49Damit steht zugleich fest, dass Ansprüche der Klägerin grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2011 verjährt sind mit der Folge, dass der Beklagte gemäß § 214 Abs. 1 BGB berechtigt war, die Leistung zu verweigern.
502.
51Ebenso zutreffend hat das Arbeitsgericht den Zeitraum der Verhandlungen im Jahre 2008 nicht als verjährungswirksam betrachtet. Abgesehen davon, dass die von der Klägerin im Berufungsverfahren angeführten Daten zur Geltendmachung in 2008 sich nicht mit den vorgelegten Anlagen in Übereinstimmung bringen lassen (hiernach fand die erste Geltendmachung der Klägerin am 16.09.2008, Bl. 34 d.A., statt), ist jedenfalls in 2008 keine Hemmung der Verjährung im Sinne des § 203 BB eingetreten. An dieser Stelle bedurfte es keiner weiteren Auseinandersetzung mit der Frage, welche grundsätzlichen Voraussetzungen die Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen mit sich bringt; die Berufungskammer geht nämlich davon aus, dass die Hemmung der Verjährung stets voraussetzt, dass die Verjährung bereits überhaupt begonnen hat.
52Dies lässt sich zunächst aus dem Wortlaut des § 203 BGB ableiten, wonach bei Verhandlungen die Verjährung gehemmt ist. Bereits nach dem Sprachverständnis kann aber nur etwas gehemmt sein, was überhaupt begonnen hat. Dies ist gemäß § 199 Abs. 1 BGB erst mit dem 31.12.2008, 24.00 Uhr der Fall gewesen. Dieses Verständnis deckt sich im Übrigen auch mit den Darstellungen in der Kommentarliteratur. So heißt es zum Beispiel bei Staudinger (Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearbeitung 2009, § 203 BGB Rn. 1), dass § 203 „den Lauf der Verjährung anhält, solange Verhandlungen schweben". Dementsprechend kann nur etwas angehalten werden, was bereits „zu laufen begonnen hat".
53Dieses Verständnis wird auch dem Grundgedanken der Reform des Verjährungsrechts im Jahre 2002/2003 durch die Schuldrechtsmodernisierung gerecht. Danach war es einhergehend mit der Verkürzung der Verjährungsfrist auf drei Jahre, dass Rechtssicherheit geschaffen werden sollte und insbesondere für die Rechtsanwender praktikable Lösungen angeboten werden sollten. Die nach der vorherigen Rechtslage oftmals schwierigen taggenauen Berechnungen des Beginns der Verjährung sollten ersetzt werden durch die pauschale Regelung, die Verjährung beginne erst mit Schluss des Jahres, in welchem Ansprüche entstanden sind (vgl. den Regierungsentwurf zur Begründung der Neuregelung des Verjährungsrechts, BT-Drs. 14/6040, S. 96 unten; Staudinger a.a.O., § 199 Rn. 1 m.w.N.). Insbesondere sollte die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nicht taggenau beginnen, wie sich auch aus einem Vergleich mit der Bestimmung des § 200 BGB – die eine Ausnahmeregelung darstellt – erschließt (Jauernig, BGB, 11. Aufl., § 200 Rn. 1).
54Dementsprechend haben Verhandlungen zwischen den Parteien, die vor Beginn der Verjährung stattfinden, keinen Einfluss auf die Dauer der Verjährungsfrist, die ohnehin erst mit Ablauf des maßgeblichen Jahres beginnt.
55Ein anderes Verständnis von § 203 BGB im Zusammenspiel mit § 199 Abs. 1 BGB würde zudem bedeuten, dass unter Umständen Verhandlungen zu einer Art „doppelten" Berücksichtigung führen würden. Denn die Zeit, in der im Laufe des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, verhandelt wird, wird ohnehin bei der Verjährung nicht berücksichtigt, da diese erst mit Schluss des Kalenderjahres beginnt. Würde man sie gleichwohl beachten, so würde zum einen die Verjährung erst zum Ablauf des Kalenderjahres beginnen, zum anderen würde die Zeit der Verhandlungen zu einer Hemmung der Verjährung führen. Dass dies vom Gesetzgeber nicht so verstanden worden ist, zeigen bereits die zitierten Begründungen zum Regierungsentwurf zur Neuregelung des Verjährungsrechts.
56Auch soweit sich die Klägerin auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.09.1995, VIII ZR 257/94, NJW 1995, S. 3380 bezogen hat, ergibt sich keine andere Bewertung. Schon von der Sachverhaltskonstellation ist der dortige Rechtsstreit mit der vorliegenden Frage der Hemmung der Verjährung vor deren Beginn nicht zu vergleichen. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs a.a.O. ging es nämlich darum, dass am letzten Tag der Verjährungsfrist ein Mahnbescheid zugestellt worden ist, der erst nach Ablauf der Verjährungsfrist zugestellt worden ist. In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof erkannt, dass der Zeitraum zwischen Einreichung des Mahnbescheidsantrags und dem Verjährungseintritt unberücksichtigt bleibt, da Verzögerungen, die in den Zeitraum der Zustellung vor Fristablauf fallen, unschädlich seien. Hieraus hat der Bundesgerichtshof sodann den Schluss gezogen, dass andernfalls derjenige benachteiligt wurde, der mit der Einreichung einer Klage oder eines Mahnbescheidsantrags nicht bis zum letzten Tag der Frist gewartet, sondern diese schon lange vorher eingereicht habe.
57Um eine solche Fragestellung geht es vorliegend nicht, da es nicht um die Frage der nach früherem Recht möglichen „Unterbrechung" einer bereits laufenden Verjährung geht, sondern um einen Zeitpunkt, in dem der Lauf der Verjährung überhaupt noch nicht begonnen hatte.
58Ebenso ergibt sich keine andere Bewertung unter Berücksichtigung der weiteren Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31.03.1969, VII ZR 35/67, BGHZ 52, S. 47 ff. Dort hatte der Bundesgerichtshof erkannt, dass in den Fällen, in denen ein Prozess bereits anhängig ist, wenn die Verjährungsfrist zu laufen beginnt, quasi mit dem Verjährungsbeginn ein Zustand der Unterbrechung eintritt. Auch diese Konstellation ist abgesehen davon, dass es eine Unterbrechung der Verjährung nach Neuregelung des Verjährungsrechts so nicht mehr gibt, sondern der Gesetzgeber vielmehr die Institute der „Hemmung" und des „Neubeginns" eingeführt hat, nicht vergleichbar: es wäre im vorliegenden Streitfall unproblematisch, wenn Verhandlungen bereits vor Beginn der Verjährung geführt würden, die dann in den Beginn der Verjährungsfrist hineinlaufen würden. Selbstverständlich wäre es in einer solchen Konstellation so, dass die ab Beginn der Verjährungsfrist geführten Verhandlungen die Wirkung des § 203 BGB haben würden.
593.
60Die Tatsache, dass die Klägerin gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 12.08.2009 ein Vergleichsangebot übermittelt hatte, hat nicht zu einer Hemmung der Verjährung im Sinne des § 203 Satz 1 BGB geführt. Es handelt sich insofern um ein alleiniges Angebot der Klägerin, welches zeitlich fast 10 Monate nach der Ablehnung durch den Beklagten vom 20.10.2008 (Bl. 56 d.A.) erfolgt ist und welches ohne Antwort geblieben ist.
61Wenn auch mit der Klägerin davon auszugehen ist, dass der Begriff der Verhandlungen im Sinne des § 203 Satz 1 BGB weit zu verstehen ist, so wird allerdings doch eine irgendwie geartete Reaktion des Anspruchsgegners verlangt werden müssen, da ein lediglich einseitiges Tätigwerden schon begrifflich keine Verhandlung darstellen kann.
624.
63Dementsprechend hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen, dass ausschließlich die Verhandlungen des Jahres 2010 zu einer rechtswirksamen Hemmung der Verjährung im Sinne des § 203 Satz 1 BGB führen könnten. Ausgangspunkt war insoweit das Vergleichsangebot der Klägerin, welches telefonisch unter dem 26.02.2010 erfolgte. Der Schriftverkehr, der daraufhin erfolgte, endete mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 12.05.2010 (Bl. 91 d.A.), in welchem es unter anderem hieß, dass bei einer Klageeinreichung der Prozessbevollmächtigte benannt werden könne. An dieser Stelle kann nach Auffassung der Berufungskammer durchaus die Möglichkeit gesehen werden, dass hierin eine endgültige Ablehnung jeglicher Ansprüche der Klägerin gelegen hat, wovon das Arbeitsgericht in der angegriffenen Entscheidung angesichts des Hinweises auf 50,00 €-Raten nicht ausgegangen ist. Indessen kam es zur Entscheidung des Rechtsstreits auf diese Frage nicht an, da das Arbeitsgericht weiter zutreffend davon ausgegangen ist, dass die Angelegenheit nach dem Schreiben vom 12.05.2010 „eingeschlafen" ist. Sind aber Verhandlungen eingeschlafen, entfällt die Hemmung, wenn aus Sicht des Gläubigers nach Treu und Glauben ein nächster Schritt zu erwarten gewesen wäre, der dann indessen nicht erfolgt ist (MünchKomm zum BGB, 6. Aufl. 2012, Grothe, § 203 BGB Rz. 8 m.z.N.; OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23.10.2008, 9 U 19/08 bei juris, ebenfalls m.w.N.). Die Berufungskammer folgt der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass in einer solchen Konstellation für den Regelfall nach einmonatiger Untätigkeit von einem Ende der Verhandlungen ausgegangen werden könne, so dass dann die verbleibende Verjährungsfrist weiterläuft (MünchKomm a.a.O.; OLG Sachsen-Anhalt a.a.O.). Hintergrund dieser Annahme ist, dass im Verfahren zur Neuregelung des Verjährungsrechts im Rahmen der Schuldrechtsreform ein Vorschlag des Bundesrates existierte (BT-Drs. 14/6857, S. 7), der in den Fällen einschlafender Verhandlungen die Hemmung sechs Monate nach der letzten Verhandlungserklärung enden lassen wollte, was allerdings vom Gesetzgeber ausdrücklich abgelehnt worden und der Entscheidung im Einzelfall überlassen worden ist.
64Die Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts, dass die Hemmung der Verjährung gemäß § 203 Abs. 1 BGB im Jahre 2010 vom 26.02. bis zum 12.06.2010 angedauert hat, wird von der Berufungskammer ausdrücklich geteilt. Diese insgesamt 15 Wochen und 2 Tage sind – so die Wirkung in der Verjährungshemmung – an den Ablauf der Verjährung am 31.12.2011 „anzuhängen". Mithin lief die Verjährung am 16.04.2012 ab, so dass die unter dem 25.04.2012 bei Gericht eingegangene Klage eine Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht mehr auslösen konnte.
655.
66Eine Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Antrags auf Erlass des Arrestes vor dem Arbeitsgericht Bielefeld am 10.08.2012 konnte die Wirkung des § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB nicht auslösen, da zum Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht die Verjährungsfrist bereits abgelaufen war. Gleiches gilt für die Annahme der Klägerin, der Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht Hamm im Arrestverfahren hätte ein Neubeginn der Verjährung bewirkt, da es insoweit um eine Sicherheitsleistung im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehandelt habe.
67Zu jenem Zeitpunkt konnte die Verjährung nicht erneut beginnen, da nur eine Verjährung, die noch läuft, im Sinne des § 212 Abs. 1 BGB neu beginnen kann (MünchKomm zum BGB a.a.O., § 212 BGB Rz. 1). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich ein Anerkenntnis über eine Sicherheitsleistung nur dann auf die Verjährung auswirken kann, wenn sich wenigstens dem Grunde nach ergibt, dass es sich um ein klares und unzweideutiges Nachgeben oder Anerkennen handelt mit der Folge, dass dadurch das Vertrauen des Gläubigers begründet wird, der Schuldner werde sich nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht hierauf berufen (BGH, Urteil vom 21.11.1996, IX ZR 159/95, NJW 1997, S. 516/517 2.).
68Auch hieran wird deutlich, dass sämtliche Handlungen des Beklagten, die verjährungsrelevant sein könnten, nur eine Rolle spielen können, wenn mögliche Ansprüche der Klägerin nicht bereits verjährt waren.
69Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
70III.
71Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens als unterlegene Partei zu tragen.
72Gründe für die Zulassung der Revision waren nicht ersichtlich.
Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
Ist der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht zur Leistung verpflichtet, weil das Fahrzeug den Bau- und Betriebsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nicht entsprach oder von einem unberechtigten Fahrer oder von einem Fahrer ohne die vorgeschriebene Fahrerlaubnis geführt wurde, kann der Versicherer den Dritten abweichend von § 117 Abs. 3 Satz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes nicht auf die Möglichkeit verweisen, Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder von einem Sozialversicherungsträger zu erlangen. Soweit der Dritte jedoch von einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 von der Versicherungspflicht befreiten Fahrzeughalter Ersatz seines Schadens erlangen kann, entfällt die Leistungspflicht des Versicherers.
Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.
Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.