vorgehend
Landgericht Koblenz, 2 S 31/11, 13.12.2011
Amtsgericht Idar-Oberstein, 300 C 10/10 WEG, 09.05.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 9/12
Verkündet am:
16. November 2012
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine in der Teilungserklärung getroffene Regelung, wonach Balkone, die
zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt
sind, auf dessen Kosten instandzusetzen und instandzuhalten sind, ist nicht
einschränkend dahin auszulegen, dass hiervon Kosten ausgenommen sind,
die die im Gemeinschaftseigentum stehenden Balkonteile betreffen.
BGH, Urteil vom 16. November 2012 - V ZR 9/12 - LG Koblenz
AG Idar-Oberstein
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth sowie die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 13. Dezember 2011 wird auf Kosten des Beklagten zu 1 zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien bilden die im Rubrum näher bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft. Einige der Eigentumswohnungen verfügen über Balkone. In der Teilungserklärung heißt es in § 5.2.: „Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (z.B. Balkone, Terrassen, Veranden, Einstellplätze), sind von ihm auf seine Kosten instandzusetzen und instandzuhalten.“
2
Auf der Eigentümerversammlung vom 10. März 2010 beschlossen die Wohnungseigentümer zu dem Tagesordnungspunkt (TOP) 4, dass „die Kosten der Rechnung der Fa. M. vom 23. November 2009“ anteilsmäßig auf sämtliche Eigentümer umgelegt, und zu TOP 8, dass die (anstehenden) Kosten für die Sanierung der Balkone der Beklagten zu 1 und 2 von der Gemeinschaft übernommen werden. Die Rechnung der Fa. M. betrifft eine sog. Ursachenanalyse , in der von einer schadhaften Balkon- und Fugenabdichtung sowie von einem größtenteils losen und starke Rissbildungen aufweisenden Fliesenbelag die Rede ist.
Die gegen die Beschlüsse zu TOP 4 und 8 erhobene Anfechtungsklage
3
ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Mit der zugelassenen Revision möchte der Beklagte zu 1 die Abweisung der Klage erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die gefassten Beschlüsse entsprächen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil sie gegen § 5.2. der Teilungserklärung verstießen. Die Regelung sei nächstliegend dahin auszulegen, dass Eigentümer von Wohnungen, die mit einem Balkon ausgestattet seien, für sämtliche diesbezüglich entstehenden Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten aufkommen müssten. Der Wortlaut enthalte keine Einschränkung und biete keine Anhaltspunkte für eine irgendwie geartete - im Übrigen auch nur zu Abgrenzungsschwierigkeiten führende - Unterscheidung. Damit seien die Kosten für die Isolierung und die Abdichtungsanschlüsse von den betroffenen Wohnungseigentümern zu tragen. Sie dürften nicht auf sämtliche Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft umgelegt werden.

II.

Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
5
6
1. Das Berufungsgericht beanstandet die angefochtenen Beschlüsse zu Recht. Diese verstoßen gegen § 5.2. der Teilungserklärung.
7
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass bei der Auslegung einer Teilungserklärung maßgebend auf den Wortlaut und den Sinn abzustellen ist, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegend ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. nur Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2004 - V ZB 22/04, NJW 2004, 3413 mwN; ebenso für Beschlüsse Senat, Beschluss vom 10. September 1998 - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 291 f.; vgl. auch Urteil vom 18. Juni 2010 - V ZR 193/09, NJW 2010, 2801 Rn. 1).

b) Die auf dieser Grundlage vorgenommene, ausführlich und überzeu8 gend begründete Auslegung macht sich der Senat zu Eigen. Insbesondere hebt das Berufungsgericht zu Recht hervor, dass die Überbürdung der gesamten Kostenlast schon nach der sprachlichen Fassung von § 5.2. der Teilungserklärung daran anknüpft, dass der Balkon zum „ausschließlichen Gebrauch“ durch den jeweiligen Wohnungseigentümer bestimmt ist, die übrigen Wohnungseigentümer mithin von der Nutzung ausgeschlossen sind.
9
Entgegen der Auffassung der Revision, die sich auf zu „vergleichbaren Fällen“ ergangene Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 515 f., OLG Schleswig, ZMR 2006, 963 f.) beruft, ist der Teilungserklärung auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck, wie er sich bei nächstliegendem Verständnis einem unbefangenen Betrachter erschließt, keine Einschränkung zu entnehmen. Danach ist nicht ersichtlich, dass die das Gemeinschaftseigentum betreffenden Sanierungskosten nicht von dem jeweiligen Wohnungseigentümer getragen werden sollen (gegen eine solche Einschränkung auch BayObLG, ZMR 1999, 56, 58 f.; OLG Braunschweig, ZMR 2006, 395, 396). Es ist zwar richtig, dass den Eintritt von Feuchtigkeit verhindernde Maßnahmen auch der Erhaltung des gesamten Gebäudes zugutekommen (können). Nur knüpft die Regelung hieran nicht an. In Übereinstimmung mit dem klaren und eindeutigen Wortlaut, dem insbesondere keine Differenzierung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum zu entnehmen ist, besteht der Sinn der Regelung vielmehr darin, dass die übrigen - von der Nutzung der Balkone ausgeschlossenen - Wohnungseigentümer deshalb von der Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung aller Balkonteile befreit sein sollten, weil diese Lasten bei einer Bauweise ohne Balkone nicht angefallen wären. Eine solche Regelung zu treffen, liegt im privatautonomen Gestaltungsspielraum der Wohnungseigentümer bzw. des teilenden Eigentümers. Das Wohnungseigentumsrecht lässt den Wohnungseigentümern weitgehend freie Hand, wie sie ihr Verhältnis untereinander ordnen wollen (Senat, Urteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR 289/05, WM 2006, 2374, 2376 mwN).
2. Ob der in dem Verstoß gegen § 5.2 der Teilungserklärung liegende
10
Rechtsfehler nur zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse führt oder zu deren Nichtigkeit wegen fehlender Beschlusskompetenz zur erstmaligen Begründung einer Kostenlast der Gemeinschaft (vgl. Senat, Urteil vom 1. Juni 2012 - V ZR 225/11, NJW 2012, 2578, 2579), bedarf hier keiner Klärung, weil der Rechtsfehler innerhalb der Ausschlussfristen nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG geltend gemacht worden ist (dazu und zur Frage der Tenorierung Senat, Urteil vom 2. Oktober 2009 - V ZR 235/08, BGHZ 182, 307, 314 ff.; vgl. auch Urteil vom 20. Mai 2011 - V ZR 175/10, NJW-RR 2011, 1232).

III.

11
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Schmidt-Räntsch Roth Brückner Weinland

Vorinstanzen:
AG Idar-Oberstein, Entscheidung vom 09.05.2011 - 300 C 10/10 WEG -
LG Koblenz, Entscheidung vom 13.12.2011 - 2 S 31/11 -

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(1) Gegenstand des Sondereigentums sind die gemäß § 3 Absatz 1 Satz 1 bestimmten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. Soweit sich das Sondereigentum auf außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstücks erstreckt, gilt § 94 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

(2) Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, sind nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume oder Teile des Grundstücks befinden.

(3) Die Wohnungseigentümer können vereinbaren, dass Bestandteile des Gebäudes, die Gegenstand des Sondereigentums sein können, zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören.

(4) Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und Beschlüsse aufgrund einer solchen Vereinbarung können nach den Vorschriften des Abschnitts 4 zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden. Ist das Wohnungseigentum mit der Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder der Reallast eines Dritten belastet, so ist dessen nach anderen Rechtsvorschriften notwendige Zustimmung nur erforderlich, wenn ein Sondernutzungsrecht begründet oder ein mit dem Wohnungseigentum verbundenes Sondernutzungsrecht aufgehoben, geändert oder übertragen wird.

(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.

(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.

(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 22/04
vom
7. Oktober 2004
in der Wohnungseigentumssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ob eine Regelung über die Verteilung der Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums bei
Anlegung eines strengen Maßstabs zu grob unbilligen, mit Treu und Glauben (§ 242 BGB)
nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führt und damit ein Änderungsanspruch gegeben ist,
kann nur auf Grund einer tatrichterlichen Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls
und nicht allein nach dem Maß der Kostenmehrbelastung des benachteiligten Wohnungseigentümers
festgestellt werden.
Unter Beachtung der Grundsätze für die Auslegung einer Grundbucheintragung ist auch
eine ergänzende Auslegung der Gemeinschaftsordnung nicht ausgeschlossen. Sie kann im
Einzelfall zu einem Anspruch auf Abänderung des in der Gemeinschaftsordnung festgelegten
Kostenverteilungsschlüssels führen.
Bei Vereinbarung eines Objektstimmrechts führt die Unterteilung einer Wohnungseigentumseinheit
auch im Fall der Veräußerung nicht zu einer Stimmrechtsvermehrung.
BGH, Beschl. v. 7. Oktober 2004 - V ZB 22/04 - KG
LG Berlin
AG Wedding
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 7. Oktober 2004 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Dr. Lemke, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluß der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 23. Januar 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 22.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer ursprünglich aus vier, nunmehr aus sechs Einheiten bestehenden Wohnungseigentumsanlage in Berlin.
Der Antragsgegner zu 1 war alleiniger Eigentümer des Grundstücks. Durch Erklärung vom 29. Januar 1986 teilte er sein Eigentum in der Weise auf,
daß Miteigentumsanteile von jeweils 266/1000 mit dem Sondereigentum an den jeweils etwa 75 m² großen Wohnungen Nr. 1 und Nr. 2und Miteigentumsanteile von jeweils 234/1000 mit dem Sondereigentum an den jeweils etwa 66 m² großen Wohnungen Nr. 3 und Nr. 4 verbunden wurden. Nach der Teilungserklärung haben die jeweiligen Eigentümer der Wohnungen Nr. 3 und Nr. 4 das Recht, die zu ihrem Sondereigentum gehörenden Räume im Keller und im Dachgeschoß des Hauses zu Wohnzwecken auszubauen. Zum Stimmrecht ist in der Teilungserklärung geregelt, daß auf jede Eigentumswohnung eine Stimme entfällt. Im übrigen sollen sich die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer und das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nach den Vorschriften der §§ 10 bis 29 WEG richten.
In der Folgezeit erwarben die weiteren Beteiligten und die Antragsteller jeweils eine der größeren Wohnungen Nr. 1 und 2. Die Antragsgegnerin zu 2 wurde Eigentümerin der Wohnung Nr. 4, während der Antragsgegner zu 1 Eigentümer der Wohnung Nr. 3 blieb. Er baute 1994 den der Wohnung Nr. 3 zugeordneten Dachgeschoßraum zu einer in sich abgeschlossenen Wohnung aus. Die ebenfalls zu der Wohnung Nr. 3 gehörenden Kellerräume versah der Antragsgegner zu 1 mit sanitären Einrichtungen und schloß sie, ebenso wie die Garage, an die zentrale Heizungsanlage des Hauses an. Diese Räume sind gegenwärtig vermietet und werden als Büro bzw. Lagerraum genutzt. 1997 baute die Antragsgegnerin zu 2 den der Wohnung Nr. 4 zugewiesenen Dachgeschoßraum ebenfalls zu einer in sich abgeschlossenen Wohnung aus. Auf Grund der Baumaßnahmen der Antragsgegner vergrößerte sich die Wohn- und Nutzfläche der Wohnung Nr. 3 um etwa 157 m², die der Wohnung Nr. 4 um etwa 32 m². Durch Erklärungen vom 4. April 2000 begründeten die Antrags-
gegner im Wege der Unterteilung selbständiges Wohnungseigentum an den neu entstandenen Dachgeschoßwohnungen. Eine von den anderen Wohnungseigentümern nach dem Ausbau der Keller- und Dachgeschoßräume gewünschte Anpassung der Miteigentumsanteile an die veränderten Wohn- und Nutzflächen lehnten die Antragsgegner ab. Bis auf die Kosten der Verwaltung und des Breitbandkabelanschlusses erfolgte die Abrechnung der verbleibenden "allgemeinen Bewirtschaftungskosten" bis zuletzt nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile.
Für diese Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums erstreben die Antragsteller künftig eine Verteilung nach dem Verhältnis der Wohnund Nutzflächen. Sie verlangen deshalb von den Antragsgegnern, einer entsprechenden Änderung des Kostenverteilungsschlüssels zuzustimmen. Den hierauf gerichteten Antrag hat das Amtsgericht zurückgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht haben sich die Beteiligten durch Teilvergleich darüber geeinigt, daß die Heizkosten ab dem 1. Januar 2001 zu 70 % nach Verbrauch und zu 30 % nach Wohn- und Nutzflächen abgerechnet werden. Wegen der weiteren Kosten hat das Landgericht die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Auf die sofortige weitere Beschwerde möchte das Kammergericht den angefochtenen Beschluß aufheben und die Sache an das Landgericht zur weiteren Sachaufklärung zurückverweisen. Es sieht sich hieran jedoch durch die Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLGZ 1991, 396, 398 f.; ZWE 2001, 320) und insbesondere durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. vom 13. April 2000 (NZM 2001, 140) gehindert und hat die Sache deshalb mit Beschluß vom 14. Juni 2004 (ZfIR 2004, 677) dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.


Die Vorlage ist statthaft (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, 45 Abs. 1 WEG i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG).
Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, ein Wohnungseigentümer könne von den anderen die Zustimmung zu einer Änderung des geltenden Kostenverteilungsschlüssels gemäß § 242 BGB verlangen, wenn die für die Kostenverteilung maßgeblichen Miteigentumsanteile bei der Begründung des Wohnungseigentums entsprechend den Wohn- und Nutzflächen der einzelnen Wohnungen festgelegt worden seien, der spätere Ausbau von Räumen jedoch zu einer erheblichen Vergrößerung der Wohn- und Nutzfläche der betreffenden Wohnungen geführt habe. Eine bestimmte Prozentgrenze, bis zu der eine Mehrbelastung hingenommen werden müsse und ein Änderun gsanspruch ausgeschlossen sei, bestehe nicht. Ein Änderungsanspruch sei aber jedenfalls dann gegeben, wenn die anteilige Wohn- und Nutzfläche einer Wohneinheit um mehr als 25 % von dem damit verbundenen Miteigentumsanteil abweiche. Hiervon sei im vorliegenden Fall auszugehen, weil das Beschwerdegericht eine Mehrbelastung der Antragsteller in Höhe von 58,33 % errechnet habe.
Demgegenüber vertritt das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. in seiner auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung vom 13. April 2000 (aaO) die Auffassung, eine Kostenmehrbelastung von knapp 59 % begründe noch keinen Anspruch des betroffenen Wohnungseigentümers auf Ä nderung des Kostenverteilungsschlüssels. Diese Divergenz rechtfertigt die Vorlage. Hierbei ist der Senat an die Auffassung des vorlegenden Gerichts, es könne ohne Beantwortung der streitigen Rechtsfrage über die sofortige weitere Beschwerde
nicht entscheiden, bei Prüfung der Zulässigkeit der Vorlage gebunden (Senat, BGHZ 99, 90, 92; Beschl. v. 22. Januar 2004, V ZB 51/03, NJW 2004, 937, 938, zur Veröffentlichung in BGHZ 157, 322 vorgesehen, m.w.N.).

III.


Die sofortige weitere Beschwerde (Rechtsbeschwerde) ist zulässig (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, §§ 27, 29, 22 Abs. 1 FGG). Sie hat auch in der Sache selbst Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts können die Antragsteller verlangen, daß die Antragsgegner einer Änderung der f ür die Wohnungseigentümergemeinschaft geltenden Kostenverteilungsregelung zustimmen, wonach die noch im Streit befindlichen Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen ihrer Sondereigentumseinheiten auf die Beteiligten umzulegen sind.
1. Da die Teilungserklärung vom 29. Januar 1986 insoweit keine abweichende Regelung enthält, sondern auf das Gesetz verweist, ist gegenwärtig § 16 Abs. 2 WEG für die Verteilung der noch im Streit befindlichen Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums maßgebend. Hiernach sind die Wohnungseigentümer untereinander verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem im Grundbuch eingetragenen Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen.


a) Eine hiervon abweichende Regelung der Kostenverteilung kann gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG wirksam nur durch Vereinbarung sämtlicher Wohnungseigentümer erfolgen, wenn die Gemeinschaftsordnung - wie hier - einen Mehrheitsbeschluß nicht zuläßt (BGHZ 95, 137, 139 f.; Senat, BGHZ 127, 99, 104; 145, 158, 169; 156, 193, 196 m.w.N.). Durch den Teilvergleich haben die Beteiligten eine Änderung des gesetzlichen Ve rteilungsschlüssels nur hinsichtlich der Heizkosten vereinbart. Für die anderen Kosten ist eine solche Vereinbarung nicht zustandegekommen, weshalb es insoweit bei dem in § 16 Abs. 2 WEG bestimmten Verteilungsmaßstab weiterhin verbleibt.

b) Dies gilt nach der durch die Teilungserklärung festgelegten Gemeinschaftsordnung auch nach dem - den Eigentümern der Wohnungen Nr. 3 und Nr. 4 erlaubten und inzwischen erfolgten - Ausbau der Räume im Keller und im Dachgeschoß der Wohnungseigentumsanlage. Eine abweichende Kostenverteilung ist für diesen Fall nach dem Inhalt der Regelungen aus der Gemeinschaftsordnung nicht vorgesehen.
2. Die hiernach notwendige Zustimmung zu einem abweichenden Kostenverteilungsschlüssel können die Antragsteller nicht auf den "allgemeinen" Änderungsanspruch stützen, der von der Rechtsprechung teilwe ise aus einem Wegfall der Geschäftgrundlage (BayObLGZ 1984, 50, 54 ff.; 1987, 66, 72 f.), teilweise aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer (BayObLGZ 2001, 99, 103) hergeleitet wird. Ein solcher Anspruch setzt nach gefestigter Rechtsprechung voraus, daß der geltende Kostenverteilungsschlüssel bei Anlegung eines strengen Maßstabs zu grob unbilligen, mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führt (Senat, BGHZ
130, 304, 312; 156, 192, 196, 202; BayObLGZ 1991, 396, 398; BayObLG, ZWE 2001, 597; OLG Hamm, ZMR 2003, 286, 287; auch Staudinger/Bub, BGB, 12. Aufl., § 16 WEG Rdn. 267 f. m.w.N.). Das Beschwerdegericht hält diese Voraussetzungen nicht für gegeben und verneint aus diesem Grund einen Anspruch der Antragsteller auf Zustimmung zur Abänderung des geltenden Kostenverteilungsschlüssels. Dies läßt auf der Grundlage der Feststellungen des Beschwerdegerichts Rechtsfehler nicht erkennen.

a) Zur Beurteilung der Frage, ob die jeweils geltende Regelung der Kostenverteilung grob unbillig ist, orientiert sich die obergerichtliche Rechtsprechung in erster Linie an dem Maß der sachlich nicht gerechtfertigten Kostenmehrbelastung , die ein Wohnungseigentümer bei der geltenden Regelung im Vergleich zu dem erstrebten sachgerechten Kostenverteilungsschlüssel hinnehmen muß.
aa) Eine grobe Unbilligkeit ist angenommen worden bei einer Kostenmehrbelastung von 253 % (BayObLGZ 1991, 396, 399), von 171 % (BayObLGZ 1987, 66, 69 f.), von 87,5 % (BayObLG, WuM 1997, 61, 62) sowie dann, wenn das Mehrfache dessen zu zahlen ist, was bei sachgerechter Kostenverteilung zu zahlen wäre (OLG Zweibrücken, NJW-RR 1999, 886). Verneint worden ist eine grobe Unbilligkeit bei einer Kostenmehrbelastung von 12 % (BayObLG, NZM 2000, 301, 302), von 17 % (BayObLGZ 1985, 47, 50; OLG Frankfurt, Beschl. v. 3. April 2003, 20 W 132/01, juris), von 19 % (BayObLG , WE 1998, 394, 395), von 22 % (BayObLG, NJW-RR 1995, 529, 530; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 1547, 1548), von 27 % (OLG Düsseldorf, ZMR 2001, 378, 379), von 30 % (OLG Köln, ZMR 2002, 153, 154), von 42 % (OLG Hamm, ZMR 2003, 286, 287), von 50 % (BayObLG, ZWE 2001, 320;
BayObLGZ 1998, 199, 205 f.; OLG Köln, ZMR 2002, 780, 781) und von 59 % (OLG Frankfurt, NZM 2001, 140).
bb) Das Maß der Kostenmehrbelastung ist jedoch nicht das alleinige Kriterium zur Beurteilung der groben Unbilligkeit eines Kostenverteilungsschlüssels. Zu berücksichtigen sind vielmehr die gesamten Umstände des einzelnen Falls. Von Bedeutung kann etwa sein, ob die beanstandete Regelung für alle oder nur für einen Teil der gemeinschaftlichen Lasten und Kosten gilt (BayObLG , NJW-RR 1995, 529, 530). Findet die Regelung nur auf einzelne Kostenpositionen Anwendung, kann es auf das Verhältnis der hierdurch bedingten Mehrkosten zu den einen Wohnungseigentümer insgesamt treffenden Gemeinschaftskosten ankommen (BayObLG, WuM 2001, 88, 89). Möglich ist es ferner, eine grobe Unbilligkeit deshalb zu verneinen, weil bei einer gebotenen längerfristigen Betrachtungsweise zu erwarten ist, daß es zu einem wirtschaftlichen Ausgleich einer einmaligen Kostenmehrbelastung kommen wird (OLG Köln, WuM 1998, 174). Der Annahme grober Unbilligkeit kann es zudem entgegenstehen , wenn die Ursache einer Kostenmehrbelastung ausschließlich dem Risikobereich des betroffenen Wohnungseigentümers zuzuordnen ist (BayObLGZ 1984, 50, 53 f.; OLG Düsseldorf, ZfIR 1998, 421, 422; Wendel, ZWE 2001, 408, 411; vgl. auch Staudinger/Bub, aaO, § 16 WEG Rdn. 271; Drasdo, BTR 2003, 119, 121), oder wenn die Auswirkungen einer nicht sachgerechten Kostenverteilungsregelung bereits beim Erwerb des Wohnungseigentums absehbar waren (BayObLGZ 1987, 66, 69; BayObLG, ZWE 2001, 320; 2002, 31, 32; OLG Köln, NJW-RR 1995, 973, 974; ZMR 2002, 153, 154; 780, 781; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 1547; ZWE 2001, 444, 446; OLG Hamm, ZMR 2003, 286, 287; Staudinger/Bub, aaO, § 16 WEG, Rdn. 267, 271).
cc) Wie das vorlegende Gericht nicht verkennt, hindert die Notwendigkeit einer sämtliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Gesamtbetrachtung daran, eine allgemein gültige Prozentgrenze festzulegen, bis zu deren Erreichen eine Kostenmehrbelastung hinzunehmen ist. In gleicher Weise schließt das Erfordernis einer Gesamtbetrachtung aber auch umgekehrt die Annahme eines festen Grenzbetrages aus, bei dessen Überschreiten stets ein Anspruch auf Änderung der geltenden Kostenverteilungsreg elung wegen grober Unbilligkeit besteht. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts ergibt sich mithin ein Änderungsanspruch nicht bereits dar aus, daß die Antragsteller durch die Kostenverteilung nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile gegenüber einer Kostenverteilung nach dem Verhältnis der anteiligen Wohn- und Nutzflächen mit Mehrkosten belastet werden, die eine Grenze von 25 % übersteigen (a.A. Jennißen, Die Verwalterabrechnung nach dem Wohnungseigentumsgesetz , 5. Aufl., Rdn. 19; Riecke, ZfIR 2004, 681, 682 f.)

b) Steht danach für die Prüfung eines Kostenverteilungsschlüssels auf das Merkmal der groben Unbilligkeit ein einheitlicher, für alle Fälle geltender Maßstab nicht zur Verfügung, so ist die auf Grund der Gesamtumstände des Einzelfalls vorzunehmende Würdigung, ob eine Kostenverteilungsregelung bei Anlegung eines strengen Maßstabs zu unzumutbaren Ergebnissen führt, in erster Linie Sache des Tatrichters. Es handelt sich um eine Prüfung, die sich nicht in den Voraussetzungen des § 242 BGB erschöpft (vgl. dazu BGHZ 45, 258, 266; auch BGHZ 22, 375, 380), sondern - mit Blick auf das Merkmal der groben Unbilligkeit - um die Beantwortung einer im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Frage. Bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter diesen unbestimmten Rechtsbegriff ist dem Tatrichter deshalb ein von dem Rechtsbeschwerdegericht - als das der Senat hier gemäß § 28 Abs. 3
FGG zu entscheiden hat - nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zuzubilligen (OLG Köln, ZMR 2002, 153, 154; 780, 781; vgl. auch BGHZ 10, 14, 17 für den Begriff der groben Fahrlässigkeit; BGHZ 10, 242, 248 für den Begriff des erheblichen Mangels i.S.v. § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F.; BGH, Urt. v. 19. November 1996, VI ZR 350/95, NJW 1997, 798 für den Begriff des groben Behandlungsfehlers). Die Nachprüfung beschränkt sich im allgemeinen darauf, ob das Beschwerdegericht den Rechtsbegriff zutreffend erfaßt und ausgelegt, alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet hat (vgl. BGHZ 10, 14, 18; 20, 290, 292 f.; 51, 275, 279 f.; 55, 45, 55; BGH, Urt. v. 20. Dezember 1972, IV ZR 161/71, NJW 1973, 749; Urt. v. 18. November 1993, III ZR 178/92, NJW-RR 1994, 603, 604; Urt. v. 13. April 1994, II ZR 196/93, NJW 1994, 2022, 2023; Keidel/Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rdn. 28; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 546 Rdn. 13 f.; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 546 Rdn. 12; Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 546 Rdn. 12).

c) Auf der Grundlage der Annahme des Beschwerdegerichts, daß die Antragsteller durch die Kostenverteilung nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile 58,33 % mehr Kosten zu tragen haben als sie bei einer sachgerechten Kostenverteilung nach dem Verhältnis der Wohnungsgrößen zu tragen hätten, wird die angegriffene Beschwerdeentscheidung den überprüfbaren Anforderungen gerecht. Das Beschwerdegericht hat den unbestimmten Rechtsbegriff der groben Unbilligkeit nicht verkannt und seiner Prüfung insbesondere den gebotenen strengen Maßstab zugrundegelegt. Die für sich genommen nicht unbeträchtliche Mehrbelastung der Antragsteller wird dadurch relativiert, daß der beanstandete Kostenverteilungsschlüssel nur auf einen Teil der Gemeinschaftskosten Anwendung findet. So sind nach der inzwischen getroffenen
Vereinbarung die Heizkosten, die die größte Kostenposition darstellen, nicht nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile, sondern im wesentlichen nach Verbrauch auf die Wohnungseigentümer umzulegen. Hinzu kommt, daß die Kosten der Wasserversorgung der Sondereigentumseinheiten und die hieran gekoppelten Kosten der Abwasserentsorgung, die bislang nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile abgerechnet werden, in Wahrheit nicht zu den in § 16 Abs. 2 WEG geregelten Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums zählen (Senat, BGHZ 156, 192, 199).
3. Ein Änderungsanspruch der Antragsteller ergibt sich je doch im Wege einer ergänzenden Auslegung der Gemeinschaftsordnung.

a) Als Rechtsbeschwerdegericht kann der Senat die als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragene Gemeinschaftsordnung (§ 10 Abs. 2 WEG) uneingeschränkt selbst auslegen (vgl. Senat, BGHZ 139, 288, 292 m.w.N.). Dabei ist - wie stets bei Auslegung einer Grundbucheintragung - auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung und der dort zulässig in Bezug genommenen Unterlagen, insbesondere also der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung, dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (Senat, BGHZ 113, 374, 378; 121, 236, 239; 139, 288, 292).
aa) Diese Grundsätze hindern nicht schlechthin daran, Regelungslücken einer Gemeinschaftsordnung durch Heranziehung der Regeln der ergänzenden (Vertrags-)Auslegung zu schließen (so auch bereits BGHZ 92, 18, 21). Die not-
wendige objektive Auslegung der Gemeinschaftsordnung "aus sich selbst heraus" kann zwar im konkreten Fall dazu führen, daß sich ein bestimmter hypothetischer Parteiwille, der für die Ergänzung der getroffenen Regelungen maßgebend ist (BGHZ 126, 150, 159; 135, 92, 98), nicht feststellen läßt und mithin eine ergänzende Auslegung scheitert (vgl. dazu Senat, Urt. v. 17. Januar 1975, V ZR 116/73, WM 1975, 498, 499; BGH, Urt. v. 24. September 1991, XI ZR 240/90, NJW-RR 1992, 178, 179; auch RGRK-BGB/Pieper, 12. Aufl., § 157 Rdn. 104; Staudinger/Roth, BGB [2003], § 157 Rdn. 45; zu weitgehend dagegen Soergel/Wolf, BGB, 13. Aufl., § 157 Rdn. 118). In Fällen, in denen der hypothetische Parteiwille jedoch aus den berücksichtigungsfähigen Unterlagen ermittelt werden kann, gibt es keinen Grund, eine ergänzende Auslegung generell auszuschließen (Grebe, DNotZ 1988, 275, 283; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 10 Rdn. 8; Soergel/Stürner, BGB, 12. Aufl., § 16 WEG Rdn. 6a; Meikel/Streck, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 53 GBO Rdn. 30; wohl auch BayObLGZ 1978, 194, 196; Staudinger/Bub, aaO, § 16 WEG Rdn. 203; ähnlich Wendel, Der Anspruch auf Zustimmung zur Änderung der Ge meinschaftsordnung , 2002, S. 5 ff.). Allerdings ist auch bei einer hiernach möglichen ergänzenden Auslegung darauf zu achten, daß sie zu einem Ergebnis führt, das sich aus Sicht eines unbefangenen Betrachters als das nächstliegende darstellt. Dieses Erfordernis ist notwendig, aber auch ausreichend (vgl. BGHZ 92, 18, 21; so auch Grebe, aaO, 286; zu weitgehend daher Wendel, aaO, S. 17 f., der Offenkundigkeit des hypothetischen Willens verlangt), um entsprechend dem Ziel des § 10 Abs. 2 WEG den Erwerber des Wohnungseigentums gegen ihm unbekannte Vereinbarungen oder Ansprüche zu schützen und dem Bestimmtheitserfordernis Rechnung zu tragen (BGHZ 88, 302, 306).
bb) Eine ergänzende Auslegung scheitert auch nicht daran, daß die Gemeinschaftsordnung hier nicht auf einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer beruht, sondern gemäß § 8 Abs. 2 i.V.m. §§ 5 Abs. 4, 10 Abs. 2 WEG als Bestandteil der Teilungserklärung zustandegekommen ist (vgl. Grebe, aaO, 284; Wendel, aaO, S. 12). Die Regeln der ergänzenden Auslegung sind nicht auf die Anwendung bei vertraglichen Vereinbarungen beschränkt, sondern auch bei einseitigen Willenserklärungen heranzuziehen (Staudinger/Roth, aaO, § 157 Rdn. 12), zu denen die Teilungserklärung nach § 8 WEG zählt (Staudinger/Rapp, BGB, 12. Aufl., § 8 WEG Rdn. 4).
b) Die Voraussetzungen einer ergänzenden Auslegung sind im vorliegenden Fall erfüllt.
aa) Die - "einfache" oder erläuternde - Auslegung der Gemeinschaftsordnung unter Beachtung der geschilderten besonderen Grundsätze ergibt deren planwidrige Unvollständigkeit und mithin eine Regelungslücke, die durch eine ergänzende Auslegung zu schließen ist (vgl. BGHZ 127, 138, 142). Kennzeichnend für das Vorliegen einer planwidrigen Unvollständigkeit ist, daß der Erklärende mit der getroffenen Regelung ein bestimmtes Ziel erreichen wollte, dies aber wegen der Lückenhaftigkeit des Vereinbarten nicht gelungen ist (vgl. Senat, Urt. v. 13. Februar 2004, V ZR 225/03, NJW 2004, 1873 m.w.N.). Hierzu ergibt sich im vorliegenden Fall aus den Bestimmungen der Teilungserklärung unter Einschluß des Aufteilungsplans, daß das Verhältnis der Miteigentumsanteile nach dem Verhältnis der Wohnflächen der einzelnen Sondereigentumseinheiten bestimmt worden war. Die in der Gemeinschaftsordnung enthaltene Verweisung auf die gesetzliche Regelung in § 16 Abs. 2 WEG führte damit für die noch umstrittenen Kosten zu einer sachgerechten Verteilung. Da die gemäß § 16 Abs. 2 WEG maßgebenden Miteigentumsanteile das Verhältnis der
Wohnflächen widerspiegelten, wurden die Kosten letztlich nach den Wohnflächen der Sondereigentumseinheiten verteilt und auf diese Weise ein vergleichsweise hohes Maß an Verteilungsgerechtigkeit erreicht (vgl. Staudinger /Bub, aaO, § 16 Rdn. 29 f.). Indem das Gesetz die Bestimmung der Miteigentumsanteile in das Belieben der Wohnungseigentümer stellt (Senat, Urt. v. 18. Juni 1976, V ZR 156/75, NJW 1976, 1976), läßt der teilende Eigentümer, der sich wie hier aus freien Stücken für ein sachlich zutreffendes Anteilsverhältnis entscheidet, einen Regelungsplan erkennen, wie ihn der Gesetzgeber für § 16 Abs. 1 und Abs. 2 WEG zwar nicht erzwungen, wohl aber auch mit Blick auf eine sachgerechte Kostenverteilung erwartet hat (Senat, Urt. v. 18. Juni 1976, V ZR 156/75, aaO). Dieses Anliegen wird nach dem zwischenzeitlich abgeschlossenen Ausbau der Keller- und Dachgeschoßräume und der damit verbundenen Vergrößerung der Wohn- und Nutzflächen verfehlt, ohne daß es einen Anhaltspunkt dafür gibt, daß das ursprüngliche Regelungsziel für diesen Fall aufgegeben sein sollte. Die anteiligen Wohn- und Nutzflächen der einzelnen Sondereigentumseinheiten entsprechen nun nicht mehr, wie von dem teilenden Eigentümer ursprünglich vorgesehen, den jeweiligen Miteigentumsanteilen. Dies wiederum führt dazu, daß eine Kostenverteilung nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile nicht mehr sachgerecht erscheint, weil sie die tendenziell erhöhte Kostenverursachung im Bereich der mittlerweile auch rechtlich unterteilten Wohnungen Nr. 3 und Nr. 4 unberücksichtigt läßt. Der auf eine sachgerechte Kostenverteilung zielende Regelungsplan, wie er sich aus der vorstehenden an objektiven Maßstäben orientierten Bewertung des Inhalts der getroffenen Regelungen und der daraus abgeleiteten Rechtsfolge ergibt (vgl. dazu Senat, Urt. v. 13. Februar 2004, V ZR 225/03, aaO), ist mithin nicht mehr zu verwirklichen.
bb) Die dargestellten, für die ergänzende Auslegung der Gemeinschaftsordnung heranzuziehenden Umstände erlauben es zudem, den hypothetischen Willen des teilenden Eigentümers zu ermitteln.
(1) Hierfür ist entsprechend der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. etwa BGH, Urt. v. 17. April 2002, VIII ZR 297/01, NJW 2002, 2310, 2311 m.w.N.) darauf abzustellen , welche Regelung der teilende Eigentümer bei einer angemessenen Abwägung der berührten Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise getroffen hätte, wenn er den von ihm nicht geregelten Fall bedacht hätte. Lassen sich hinreichende Anhaltspunkte für den hypothetischen Willen des oder der Erklärenden nicht finden, etwa weil mehrere gleichwertige Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen, scheidet eine ergänzende Auslegung aus. Im übrigen findet die ergänzende Auslegung ihre Grenze an dem Willen des Erklärenden, wie er in der - wenn auch lückenhaften - Gemeinschaftsordnung zum Ausdruck kommt. Zu einer Abänderung oder Erweiterung des Regelungsgegenstandes darf die ergänzende Auslegung nicht führen.
(2) Vor diesem Hintergrund hätte der teilende Eigentümer hier dafür Sorge getragen, daß im Fall des - nach der Teilungserklärung von den anderen Wohnungseigentümern hinzunehmenden - Ausbaus der Keller- und Dachgeschoßräume die bisherige sachgerechte Kostenverteilung erhalten bleiben kann. Nur dies entspricht den schützenswerten Interessen aller Wohnungseigentümer. Während die zum Ausbau berechtigten Wohnungseigentümer redlicherweise nicht erwarten können, daß sich andere an den höheren Kosten der vergrößerten Sondereigentumseinheiten beteiligen, gibt es keine Rechtfertigung , den übrigen Wohnungseigentümern den Verzicht auf den sachgerechten
Verteilungsschlüssel wegen baulicher Veränderungen zuzumuten, die außerhalb ihres Einflußbereiches liegen. Das Festhalten an dem bisherigen Verteilungsschlüssel trotz der grundlegend veränderten Flächenanteile scheidet als hypothetischer Wille des Antragsgegners zu 1 als des erklärenden Eigentümers auch deshalb aus, weil er nur von der Absicht getragen sein könnte, den zum Ausbau berechtigten Wohnungseigentümern - zu denen er selbst zählt - eine geringere Beteiligung an den gemeinsamen Kosten und Lasten zu verschaffen. Eine solche Möglichkeit muß aber nach den geschilderten Grundsätzen bei der Ermittlung des hypothetischen Willens ausscheiden, weil sie zu einer Regelung führen würde, die redlicherweise nicht hätte getroffen werden dürfen und sich sogar als sittenwidriges Verhalten darstellen könnte (vgl. BayObLGZ 1998, 199, 205 f.).
(3) Für die Sicherstellung des sachgerechten Verteilungsschlüssels entsprechend dem hypothetischen Willen des teilenden Eigentümers kommen hier drei Möglichkeiten in Betracht. Es hätte für den Fall des Ausbaus eine Umstellung des Verteilungsschlüssels von dem Verhältnis der Miteigentumsanteile auf das Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen angeordnet werden können. Möglich wäre es aber auch, den benachteiligten Wohnungseigentümern einen Anspruch auf eine entsprechende Anpassung zu geben, wobei sich dieser Anspruch wiederum auf eine entsprechende Änderung der Mit eigentumsanteile oder auch nur auf eine Änderung der Kostenverteilung r ichten kann. Nur letzteres führt allerdings zu einem Ergebnis, das sich aus Sicht eines unbefangenen Betrachters als das nächstliegende darstellt und daher im vorliegenden Fall zugrundezulegen ist (so im Ergebnis auch Wendel, aaO, S. 12). Für einen unbefangenen Betrachter ergibt sich zwar, daß der Verteilungsschlüssel bei Veränderung der Wohnungsgrößen nicht mehr sachgerecht erscheint, eine dann
von selbst eintretende Umstellung der Kostenverteilung nach dem Verhältnis der anteiligen Wohn- und Nutzflächen liegt aber angesichts des Wortlauts der Gemeinschaftsordnung ebensowenig nahe wie ein die sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft berührender und mit weitergehenden Rechtsfolgen verbundener (vgl. Staudinger/Rapp, aaO, § 3 Rdn. 4) Anspruch auf Änderung der Miteigentumsanteile.
4. Gegenüber diesem Änderungsanspruch können die Antragsg egner nicht gemäß § 273 BGB einwenden, die Antragsteller seien ihrerseits verpflichtet , hinsichtlich der Regelung der Stimmrechte einer Än derung der Gemeinschaftsordnung zuzustimmen. Obwohl sich die Zahl der Sondereigentumseinheiten inzwischen von vier auf sechs erhöht hat und in der Gemeinschaftsordnung bestimmt ist, daß auf "jede Eigentumswohnung … eine Stimme" entfällt, ist weder die Zahl der Stimmrechte entsprechend gestiegen, noch besteht für die Antragsteller die Verpflichtung, bei einer entsprechenden Anpassung der Gemeinschaftsordnung mitzuwirken.

a) Die beiden zusätzlichen Einheiten sind im Wege der Unterteilung des Wohnungseigentums der Antragsgegner geschaffen worden. Eine Mitwirkung der Antragsteller als der weiteren Wohnungseigentümer war hierfür nicht erforderlich (Senat, BGHZ 49, 250; 73, 150, 152) und ist auch tatsächlich unterblieben. Mithin darf die Unterteilung nicht dazu führen, daß sich die ursprüngliche Stimmenzahl zu Lasten der anderen Wohnungseigentümer verändert (vgl. Senat , BGHZ 73, 150, 155 für das Kopfstimmrecht). Dies hat, wenn in der Gemeinschaftsordnung - wie im vorliegenden Fall - ein Objektstimmrecht vorgesehen ist, zur Folge, daß das Entstehen einer weiteren Sondereigentumseinheit durch Unterteilung die bisherige Anzahl der Stimmrechte unberührt läßt (BayObLG, NJW-RR 1991, 910; OLG Düsseldorf, OLGZ 1990, 152, 154 f.;
ObLG, NJW-RR 1991, 910; OLG Düsseldorf, OLGZ 1990, 152, 154 f.; OLG Köln, WE 1992, 259 f.; KG, NZM 1999, 850, 852; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 25 Rdn. 40; Staudinger/Bub, aaO, § 25 Rdn. 158; Wedemeyer, NZM 2000, 638, 639; Briesemeister, NZM 2000, 992, 994). Vielmehr wird das zuvor auf die ungeteilte Einheit entfallende Stimmrecht entsprechend der Zahl der neu entstandenen Einheiten nach Bruchteilen aufgespalten und diesen zugewiesen, während eine entsprechende Anwendung des § 25 Abs. 2 S. 2 WEG an der Selbständigkeit der neuen Einheiten scheitert (Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 25 Rdn. 40; Staudinger/Bub, aaO, § 25 Rdn. 158). Angesichts der zu wahrenden Interessen der übrigen Wohnungseigentümer ändert sich daran bei einer späteren Veräußerung der durch Unterteilung entstandenen Einheiten nichts (Bärmann /Pick/Merle, aaO, § 25 Rdn. 40; Staudinger/Bub, aaO, § 25 Rdn. 159, jeweils m.w.N., a.A. Palandt/Bassenge, aaO, § 6 WEG Rdn. 6; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 4. Aufl., Rdn. 43).

b) Zugunsten der Antragsgegner läßt sich auch durch ergänzende Auslegung der Gemeinschaftsordnung kein Änderungsanspruch mit dem Ziel der Erhöhung der Zahl der Stimmrechte herleiten. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür , daß der teilende Eigentümer mit der Festlegung des Objektstimmrechts in der Teilungserklärung das Ziel verfolgte, im Fall einer Vermehrung der Wohnungseigentumseinheiten im Wege der Unterteilung ungeachtet einer - hier nicht erfolgten - Veräußerung einer Wohnungseigentumseinheit auch die Stimmrechte entsprechend zu steigern. Gegenüber dem der Teilungserklärung zugrundeliegenden Zustand, bei dem jeder Wohnungseigentümer ungeachtet der Größe und des Wertes seines Sondereigentums das gleiche Stimmgewicht erhalten sollte, hat sich durch die bloße Unterteilung nämlich nichts Wesentliches verändert. Es fehlt mithin für diesen Fall an einer Regelungslücke.

5. Der Senat kann im vorliegenden Verfahren nicht abschließend entscheiden , weil der Sachverhalt weiterer Aufklärung bedarf. Zwar begegnet es keinen grundsätzlichen Bedenken, daß das Beschwerdegericht zur Ermittlung der Wohn- und Nutzflächen der einzelnen Sondereigentumseinheiten den übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten zugrundegelegt hat (vgl. Senat, BGHZ 146, 241, 249 f.). Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht hierbei zu Recht die auf die Garage entfallende Grundfläche unberücksichtigt gelassen. Anders als die sonstigen nachträglich ausgebauten Räume im Keller und im Dachgeschoß des Hauses dient die Garage nämlich nicht dem dauerhaften Aufenthalt von Menschen, sondern sie wird lediglich als Lagerraum genutzt. Daß sie beheizt wird, ist im Rahmen des für die Heizkosten vereinbarten Verteilungsschlüssels berücksichtigt. Im übrigen unterscheidet sie sich aber nicht maßgeblich von den zum Sondereigentum der Antragsteller und der weiteren Beteiligten zählenden Kellerräumen, deren Flächen bei der Kostenverteilung von Anfang an keine Berücksichtigung gefunden haben. Auf diese Bestimmung ist zurückzugreifen; denn bei der ergänzenden Auslegung kommt es darauf an, welche Regelung der teilende Eigentümer getroffen hätte, wenn er den von ihm nicht geregelten Fall bedacht hätte.
Unklar ist jedoch, welche Nebenkosten - ausgenommen die gesondert geregelten Heizkosten und die Wasserkosten der Sondereigentumseinheiten - von dem veränderten Verteilungsschlüssel erfaßt werden sollen. Zwar ist in der Eigentümerversammlung vom 22. Juni 1990 in Abwesenheit eines Teils der Wohnungseigentümer beschlossen worden, die Kosten der Verwaltung und der Nutzung des Breitbandkabelanschlusses nach Wohneinheiten abzurechnen, diese Regelung ist jedoch mangels Beschlußkompetenz der Eigentümerver-
sammlung nichtig (vgl. Senat, BGHZ 145, 158, 168). Sollten diese Kosten gleichwohl in die Antragstellung nicht miteinbezogen sein, müßten die Antragsteller daher eine entsprechende Einschränkung vornehmen.

IV.


Den Geschäftswert hat der Senat gemäß § 48 Abs. 3 WEG unter Berücksichtigung des Interesses aller Beteiligten an der Kostenverteilungsregelung in Übereinstimmung mit der insoweit nicht angegriffenen Entscheidung des Beschwerdegerichts auf 22.000 € festgesetzt.
Wenzel Tropf Lemke Gaier Schmidt-Räntsch
1
Der Beklagte ist als Mitglied der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft Eigentümer zweier Wohnungen, zu der die in einer Garage befindlichen Kraftfahrzeugstellplätze Nr. 80 und 81 gehören. Diese Stellplätze trennte der Beklagte im Jahr 2006 von der übrigen Garage durch Anbringung von Gitterelementen und eines Rolltors ab, nachdem eines seiner Fahrzeuge entwendet und zumindest ein weiteres beschädigt worden war. In der Eigentümerversammlung vom 19. Juni 2007 beantragte er die Genehmigung der von ihm ergriffenen Sicherungsmaßnahmen. Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 289/05 Verkündet am:
13. Oktober 2006
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 242 Cd, D, 309 Nr. 9a;
AGBG § 11 Nr. 12a

a) Es steht dem teilenden Eigentümer frei, in der Teilungserklärung eine Gebrauchsregelung
vorzugeben, wonach Wohnungen nur im Sinne betreuten Wohnens genutzt
werden dürfen.

b) Eine in der Teilungserklärung enthaltene Verpflichtung der Wohnungseigentümer,
einen Betreuungsvertrag mit einer zeitlichen Bindung von mehr als zwei Jahren
abzuschließen, ist unwirksam.
BGH, Urt. v. 13. Oktober 2006 - V ZR 289/05 - LG Mainz
AGMainz
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 23. März 2005 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagten sind Eigentümer einer Wohnung in einer Anlage, die nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilt wurde und nach der Teilungserklärung dem betreuten Wohnen dient. Die Teilungserklärung enthält hierzu Regelungen, die die Nutzung der Wohnungen auf einen betreuungsbedürftigen Personenkreis einschränken und die Sondereigentümer verpflichten, mit der Klägerin jeweils einen Betreuungsvertrag über sog. Regelleistungen abzuschließen. Unter Bezugnahme auf die zuletzt genannte Bestimmung schlossen die Parteien Ende 1997 einen solchen Vertrag. In dem von der Klägerin gestellten Formularvertrag heißt es unter § 5 (Dauer dieses Vertrages): „Tritt dauernde schwere Pflegebedürftigkeit ein, … so ist der Bewohner/Mieter zum Umzug in ein Pflegeheim verpflichtet“.
2
Mit Schreiben vom 23. Januar 2000 erklärte der Beklagte zu 1 die Kündigung des Vertrags. In einem Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 16. März 2000 heißt es u.a.: „Die von meinen Mandanten ausgesprochene Kündigung des Betreuungsvertrags und auch ihre Reaktion hierauf liegen mir vor. Meine Mandanten halten an der Kündigung fest“. Mit Anwaltsschreiben vom 10. April 2000 ließ die Klägerin die im „Auftrag der Eheleute M. “ (Beklagten) ausgesprochene Kündigung mit der Begründung zurückweisen , der Betreuungsvertrag sei nicht ordentlich kündbar; die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung lägen nicht vor.
3
Die Klägerin verlangt Vergütung für die Zeit von Mai 2000 bis Ende Dezember 2001 in Höhe von insgesamt 2.556,46 € nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.

4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klageanspruch scheitere daran, dass die Beklagten den Betreuungsvertrag wirksam gekündigt hätten. Die Berechtigung zur ordentlichen Kündigung folge aus § 620 Abs. 2 BGB. Eine Zweckbefristung im Sinne dieser Vorschrift liege nicht vor. Zwar hätten die Parteien den Betreuungsvertrag „an die Eigenschaft der Beklagten als Wohnungseigentümer geknüpft“. Da jedoch das Wohnungseigentum einen dauerhaften Charakter habe, lasse sich daraus nicht auf einen befristeten Zweck der Dienste schließen. Das ordentliche Kündigungsrecht sei nicht abbedungen worden.
§ 5 des Vertrags enthalte keine abschließende Regelung über die Beendigung des Vertragsverhältnisses. Auch die Verpflichtung in der Teilungserklärung zum Abschluss eines Betreuungsvertrags stehe der Kündigung nicht entgegen, weil die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Inhaberin des begünstigten Betreuungsunternehmens daraus keine Rechte ableiten könne. Aber selbst wenn man dies anders sehen wollte, verstieße eine vertragliche Bindung für einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren gegen § 309 Nr. 9a BGB. Schließlich sei die Kündigung wirksam erklärt worden. Sowohl in dem Schreiben des Beklagten zu 1 vom 23. Januar 2000 als auch in dem anwaltlichen Schreiben vom 16. März 2000 werde hinreichend deutlich die Absicht beider Beklagter zum Ausdruck gebracht, den Betreuungsvertrag zu beenden.

II.

5
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. Vergütungsansprüche für die Zeit ab Mai 2000 stehen der Klägerin nicht zu, weil die Beklagten den Betreuungsvertrag wirksam nach §§ 620 Abs. 2, 621 Nr. 3 BGB gekündigt haben.
6
1. Die Berechtigung zur ordentlichen Kündigung beruht auf § 620 Abs. 2 BGB.
7
a) Für die Beendigung des Vertragsverhältnisses ist das Recht des Dienstvertrags maßgeblich. Zwar sind die durch den Betreuungsvertrag begründeten Vertragspflichten der Klägerin nicht ausschließlich dienstvertraglicher Natur (§ 611 BGB). Vielmehr liegt ein gemischter Vertrag vor, der auch werkund mietvertragsrechtliche Elemente enthält. Die Anwendung von § 620 Abs. 2 BGB folgt jedoch daraus, dass gemischte Verträge dem Recht des Vertragstyps zu unterstellen sind, in dessen Bereich der Schwerpunkt des Rechtsgeschäfts liegt (etwa BGH, Urt. v. 29. Oktober 1980, VIII ZR 326/79, NJW 1981, 341, 342; Beschl. v. 21. April 2005, III ZR 293/04, NJW 2005, 2008, 2010). Diesen Schwerpunkt hat das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision unbeanstandet im Dienstvertragsrecht gesehen.
8
b) Ein Dienstvertrag ist ordentlich kündbar, wenn seine Dauer weder bestimmt noch aus der Beschaffenheit oder dem Zweck der Dienste zu entnehmen ist (§ 620 Abs. 2 BGB) und die Vertragsparteien das Recht auf ordentliche Kündigung nicht wirksam abbedungen haben. So liegt es hier.
9
aa) Eine kalendermäßig bestimmte Vertragsdauer haben die Parteien nicht vereinbart. Ob die Auslegung des Formularvertrags mit Blick auf die Bezugnahme der in der Teilungserklärung festgeschriebenen Verpflichtung der Wohnungseigentümer, zur Realisierung eines betreuten Wohnens einen Betreuungsvertrag mit der Klägerin abzuschließen, die Abrede einer unter § 620 Abs. 2 BGB fallenden Zweckbefristung oder Zweckbedingung mit der Folge ergibt, dass die Dauer des Betreuungsvertrags - abgesehen von dem in § 5 geregelten Eintritt dauernder Pflegebedürftigkeit - an die Stellung der Beklagten als Wohnungseigentümer geknüpft ist, kann offen bleiben. Denn selbst wenn man diese Frage bejahen wollte, hielte eine solche Bestimmung der Vertragsdauer nicht einer AGB-Kontrolle nach § 11 Nr. 12a AGBG, der zum 1. Januar 2002 durch den inhaltsgleichen § 309 Nr. 9a BGB abgelöst wurde, stand. Eine wirksame - zum Ausschluss des Rechts auf ordentliche Kündigung führende - Bestimmung der Vertragsdauer durch den Zweck der Dienste läge dann nicht vor.
10
(1) Der dagegen von der Revision erhobene Einwand, es fehle an einer der AGB-Kontrolle unterliegenden Vertragsklausel, weil sich der Ausschluss der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit allein aus dem Zweck der Dienste ergebe, greift nicht durch. Soll das Ende eines Dienstvertrags an eine Zweckbefristung oder Zweckbedingung geknüpft, also von dem sicheren oder unsicheren Eintritt eines künftigen Ereignisses abhängig gemacht werden, so bedarf auch eine solche Bestimmung der Vertragsdauer einer Einigung der Vertragsparteien (Palandt /Weidenkaff, BGB, 65. Aufl., § 620 BGB Rdn. 8; vgl. auch BAG NJW 2006, 1084, 1086; AnwaltKomm-BGB/Franzen, § 620 Rdn. 6). Das führt bei formularmäßiger Regelung zur Inhaltskontrolle nach den für allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Vorschriften (vgl. Staudinger/Preis, BGB [2002], § 620 Rdn. 8), da die Regelung über eine unmittelbare Festlegung der Hauptleistungen des Vertrages (§ 307 Abs. 3 BGB, § 8 AGBG) hinausgeht.
11
(2) Nach § 309 Nr. 9a BGB11 Nr. 12a AGBG) kann der Dienstberechtigte höchstens für einen Zeitraum von zwei Jahren vertraglich gebunden werden. Unzulässig sind damit zunächst die von dem Wortlaut der Norm ausdrücklich erfassten kalendarischen Befristungen für mehr als zwei Jahre. Darüber hinaus erfasst die Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck aber auch Verträge, deren Beendigung von einem bestimmten Ereignis abhängt, sofern die Parteien nicht den Eintritt dieses Ereignisses innerhalb von zwei Jahren als sicher vorausgesetzt haben (ähnlich BGH, Urt. v. 30. September 1958, VIII ZR 134/57, NJW 1958, 2062, 2063 zu § 566 BGB a.F.). Für eine solche Vorstellung der Parteien bei Vertragsschluss ist vorliegend nichts ersichtlich. Aber selbst bei Vorliegen einer derartigen Vorstellung führte das gesetzgeberische Anliegen, eine durch allgemeine Geschäftsbedingen begründete vertragliche Bindung des Dienstberechtigen über zwei Jahre hinaus zu unterbinden, dazu, dass es dem Verwender nach Treu und Glauben versagt wäre, einer - wie hier - erst nach Ablauf von zwei Jahren erklärten ordentlichen Kündigung entgegen zu halten, das für die Zweckbefristung oder Zweckbedingung maßgebliche Ereignis sei entgegen den Erwartungen der Parteien nun doch nicht eingetreten (§ 242 BGB).
12
(3) Soweit das Berufungsgericht meint, bei Vorliegen eines anerkennenswerten Interesses könne eine mehr als zweijährige Vertragsbindung nach § 242 BGB hinzunehmen sein, und sich für diesen rechtlichen Ausgangspunkt auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 1993 (XII ZR 74/91, NJW 1993, 1133, 1134) bezieht, wird nicht bedacht, dass die zitierte Entscheidung zur Abwägung nach § 9 AGBG (nunmehr § 307 BGB) ergangen ist. Bei § 309 Nr. 9a BGB11 Nr. 12a AGBG) handelt es sich dagegen um ein Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit, so dass die Billigung einer über zwei Jahre hinausreichenden Vertragsbindung schon bei Vorliegen eines anerkennenswerten Interesses auf eine den Gerichten versagte Gesetzeskorrektur hinaus liefe.
13
bb) Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist dem Formularvertrag kein Ausschluss des Rechts auf ordentliche Kündigung zu entnehmen. Ob hiergegen revisionsrechtlich etwas einzuwenden ist, kann dahin gestellt bleiben, weil nach den obigen Ausführungen auch eine solche Klausel nach § 309 Nr. 9a BGB11 Nr. 12a AGBG) keinen Bestand haben könnte.
14
cc) Auch ist die Befugnis zur ordentlichen Kündigung nicht nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt ausgeschlossen, dass die ordentliche Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses regelmäßig treuwidrig ist, wenn der Gekündigte bei Beendigung des Vertrags einen Anspruch auf dessen Neuabschluss hätte (BGH, Urt. v. 30. September 1981, IVa ZR 187/80, VersR 1982, 259, 260; BAG NJW 1100, 1101; OLG Brandenburg, NJW 2001, 450, 451). § 242 BGB greift unter diesem Blickwinkel schon deshalb nicht ein, weil ein Kontrahierungszwang der Wohnungseigentümer zum Abschluss eines Betreuungsvertrags mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren nicht besteht.
15
Allerdings lässt das Wohnungseigentumsrecht den Wohnungseigentümern weitgehend freie Hand, wie sie ihr Verhältnis untereinander ordnen wollen (Senat, BGHZ 37, 203, 207; Beschl. v. 24. Februar 1994, V ZB 43/93, NJW 1994, 2950, 2951). Daher steht es auch dem teilenden Eigentümer nach §§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 4 i.V.m. §§ 15 Abs. 1, 10 Abs. 2 WEG frei, in der Teilungserklärung eine Gebrauchsregelung vorzugeben, wonach Wohnungen nur im Sinne betreuten Wohnens genutzt werden dürfen und demgemäß die Wohnungsnutzer ein bestimmtes Mindestalter erreicht haben oder betreuungsbedürftig sein müssen. Auch sind keine grundsätzlichen Einwände dagegen zu erheben, wenn zur Umsetzung der Gebrauchsregelung mit Bindungswirkung nach § 10 Abs. 2 WEG eine Verpflichtung sämtlicher Wohnungseigentümer festgeschrieben wird, einen Betreuungsvertrag abzuschließen (vgl. Forst, RNotZ 2003, 292, 295 f.; ähnlich Weitnauer/Lüke, WEG, 9. Aufl., § 10 Rdn. 38 zur Verpflichtung, dem Abschluss eines bestimmten Verwaltervertrages zuzustimmen), um auf diese Weise die Grundlage für eine möglichst kostengünstige Betreuung zu schaffen. Auf durchgreifende Bedenken stößt ein solcher Kontrahierungszwang indessen jedenfalls dann, wenn die Wohnungseigentümer zum Abschluss von Verträgen mit einer Bindung von mehr als zwei Jahren verpflichtet werden sollen und weder den einzelnen Wohnungseigentümern noch der Wohnungseigentümergemeinschaft wirkliche Spielräume für die Ausgestaltung der Verträge verbleiben. Dabei kann offen bleiben, ob von dem teilenden Eigentümer einseitig gesetzte Bestimmungen in der Teilungserklärung der Inhaltskontrolle nach den für allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Vorschriften der §§ 307 ff. BGB (§§ 9 ff. AGBG) in entsprechender Anwendung unterliegen oder ob sich diese Kontrolle unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls am Maßstab von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auszurichten hat (vgl. dazu Senat, BGHZ 151, 164, 173 f. m.w.N auch zum Streitstand). Beide Standpunkte führen vorliegend zu demselben Ergebnis.
16
(1) Dass die entsprechende Anwendung von § 309 Nr. 9a BGB11 Nr. 12a AGBG) die Unwirksamkeit des hier in Rede stehenden Kontrahierungszwangs zur Folge hat, bedarf nach den obigen Ausführungen zur unmittelbaren Anwendung der Vorschrift keiner weiteren Ausführungen.
17
(2) Nichts anderes ergibt sich, wenn man den Kontrahierungszwang an den Vorgaben von Treu und Glauben misst, weil eine von dem teilenden Eigentümer einseitig gesetzte Verpflichtung zur Eingehung von Betreuungsverträgen mit mehr als zweijähriger Bindung die Wohnungseigentümer in unangemessener Weise benachteiligt. Dabei ist das Anliegen durchaus anzuerkennen, durch eine Verpflichtung sämtlicher Wohnungseigentümer eine möglichst kostengünstige Betreuung zu ermöglichen. Indessen ist zu berücksichtigen, dass selbst das Interesse der Wohnungseigentümer an einer kontinuierlichen Verwaltung keine dauerhafte Bindung an einen bestimmten Verwalter zulässt (§ 26 Abs. 1 Satz 2 WEG). Im Rahmen betreuten Wohnens kann nichts anderes gelten. Die Vorgabe einer dauerhaften Bindung an ein bestimmtes Betreuungsunternehmen ohne die Möglichkeit, Einzelheiten auszuhandeln, würde in nicht hinnehmbarer Weise die rechtliche Stellung der Wohnungseigentümer und ihre Entscheidungsfreiheit beschneiden. Dazu käme es jedoch, wenn der teilende Bauträger die Wohnungseigentümer über die Teilungserklärung unbefristet, unwiderruflich oder über Jahrzehnte hinweg an ein bestimmtes Unternehmen binden könnte. Gerade im Bereich des betreuten Wohnens besteht jedoch nicht zuletzt wegen des personalen Bezugs von Betreuungsleistungen ein gesteigertes Bedürfnis , sich von Unternehmen trennen zu können, die den Erwartungen nicht entsprochen haben. Dem hat der teilende Wohnungseigentümer bei der Ausgestaltung eines Kontrahierungszwangs Rechnung zu tragen. Da das Gesetz für den Bereich des betreuten Wohnens keine Sonderregelung enthält, liegt es im Hinblick auf die einseitige Gestaltung des Kontrahierungszwangs und den personalen Bezug, den Betreuungsleistungen - anders als die von einem Ver- walter zu erbringenden Dienstleistungen - aufweisen, nahe, das zulässige zeitliche Höchstmaß nicht an der für die Verwaltertätigkeit geltenden Höchstfrist von fünf Jahren auszurichten, sondern in Anlehnung an die allgemeine Vorschrift des § 309 Nr. 9 lit. a BGB (§ 11 Nr. 12 lit. a AGBG) mit zwei Jahren zu bestimmen. Ob im Rahmen einer Inhaltskontrolle nach § 242 BGB eine großzügigere Beurteilung angezeigt sein kann, wenn das Interesse der Wohnungseigentümer zwingend eine höhere Mindestlaufzeit erfordert, weil bestimmte Betreuungsleistungen - etwa wegen eines herausgehobenen Investitionsaufwands - anders nicht zu erlangen sind, kann offen bleiben, weil eine solche Fallgestaltung hier nicht vorliegt.
18
2. Schließlich ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Kündigung wirksam von beiden Beklagten erklärt wurde. Einer Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer bedurfte es hierzu nicht.
19
a) An die tatrichterliche Würdigung, dass (auch) in dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 16. März 2000 eine Kündigungserklärung beider Beklagten zu erblicken ist, ist der Senat gebunden. Im Revisionsverfahren kann nur überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt wurde, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln , Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt wurden und ob die Auslegung auf einem von der Revision gerügten Verfahrensfehler beruht (std. Rspr., vgl. etwa Senat, Urt. v. 26. März 2004, V ZR 90/03, NJW-RR 2004, 952 m.w.N.). Dieser Prüfung hält die Auslegung durch das Berufungsgericht stand. Dessen Auffassung, das Festhalten an der früheren Kündigung bringe den für eine neuerliche Kündigung notwendigen Gestaltungswillen zur Beendigung des Vertragsverhältnisses ausreichend deutlich zum Ausdruck, ist möglich und unterliegt keinen im Revisionsverfahren maßgeblichen Auslegungsfehlern. Dies gilt umso mehr, als auch die Klägerin - wie das Antwortschreiben ihres Prozessbe- vollmächtigten vom 10. April 2000 belegt - die in Rede stehende Formulierung als Kündigungserklärung beider Beklagten verstanden hat (§ 133 BGB).
20
b) Der Vertrag konnte von den Beklagten ohne Mitwirkung der anderen Wohnungseigentümer gekündigt werden. Eine rechtliche Verbindung im Sinne eines einheitlichen Geschäfts besteht nicht zu den Betreuungsverträgen der anderen Wohnungseigentümer. Anhaltspunkte für die Vereinbarung einer solchen rechtlichen Verknüpfung lassen sich dem Betreuungsvertrag nicht entnehmen. Daran muss sich die Klägerin als Verwenderin des Formularvertrags festhalten lassen.

III.

21
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Mainz, Entscheidung vom 11.11.2002 - 82 C 514/01 -
LG Mainz, Entscheidung vom 23.03.2005 - 3 S 370/02 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 225/11 Verkündet am:
1. Juni 2012
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
§ 16 Abs. 3 WEG begründet nicht die Befugnis, einen Wohnungseigentümer, der
nach einer bestehenden Vereinbarung von der Tragung bestimmter Kosten oder der
Kostentragungspflicht insgesamt befreit ist, durch Beschluss erstmals an den Kosten
zu beteiligen.
BGH, Urteil vom 1. Juni 2012 - V ZR 225/11 - LG Berlin
AG Tiergarten
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juni 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin
Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub und die Richterinnen Dr. Brückner und
Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 15. April 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Das vierstöckige Gebäude hat einen unausgebauten Dachraum, der die Teileigentumseinheit 22 bildet. Nach der Teilungserklärung vom 5. Juni 1997 ist der jeweilige Eigentümer dieser Einheit befugt, das Dachgeschoss zu Wohnzwecken auszubauen und in Wohnungseigentum umzuwandeln, wobei er das Wohngeld und die sonstigen Kosten für die noch zu errichtenden Wohnungen erst ab dem in § 21 Ziff. 5 der Teilungserklärung genannten Zeitpunkt zu tragen hat. Dort heißt es, dass für die Zeit bis zum Beginn der Bauarbeiten die Dach- räume bezüglich der gemeinschaftlichen Lasten und Kosten wie Gemeinschaftseigentum behandelt werden und der jeweilige Eigentümer erst nach Fertigstellung der Bauarbeiten oder nach Wohnungsbezug an den gemeinschaftlichen Lasten und Kosten im Verhältnis der übrigen Wohn-/Nutzflächen beteiligt wird.
2
In der Eigentümerversammlung vom 16. Juli 2007 beschlossen die Wohnungseigentümer unter TOP 3, dass der jeweilige Eigentümer der Teileigentumseinheit 22 künftig an den durch Wirtschaftsplan festgesetzten verbrauchsunabhängigen Kosten (für 2007: Gebäudeversicherung, Gebäudehaftpflichtversicherung , Rechtskosten, laufende Instandhaltungskosten, Kontoführungsgebühren , Instandhaltungsrücklage, sonstige Kosten) seinem Miteigentumsanteil entsprechend beteiligt wird. In der Folgezeit zahlte der jeweilige Eigentümer der Einheit 22 der Beschlussfassung entsprechend das Hausgeld.
3
Seit dem 18. Februar 2008 ist die Klägerin Eigentümerin der Teileigentumseinheit 22; sie beabsichtigte deren Ausbau bis Ende 2009. In der Eigentümerversammlung vom 6. Juni 2008 wurde mit ihrer Zustimmung unter TOP 9 der Beschluss gefasst, dass die Zahlungspflicht für das monatliche Wohngeld für die Teileigentumseinheit 22 während der Zeit vom 1. Juni 2008 bis zum 31. Dezember 2009 ausgesetzt wird und dass der Eigentümer dieser Einheit bzw. seine Nachfolger anerkennen, danach wieder zur Zahlung des Wohngeldes gemäß Beschluss der Eigentümerversammlung vom 16. Juli 2007 verpflichtet zu sein. Zu einem Ausbau der Wohnungen kam es nicht.
4
Auf Antrag der Klägerin vom Februar 2010 hat das Amtsgericht die Nichtigkeit der am 16. Juli 2007 zu TOP 3 und am 6. Juni 2008 zu TOP 9 gefassten Beschlüsse festgestellt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist vor dem Landgericht ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision wollen die Beklagten die Klageabweisung erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:


I.


5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind die angegriffenen Beschlüsse wegen absoluter Beschlussunzuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft nichtig. Die in der Teilungserklärung enthaltene Regelung über die Hausgeldbefreiung der Einheit 22 könne nicht durch Beschluss, sondern nur im Wege einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer geändert werden. Eine Beschlusskompetenz folge nicht aus § 16 Abs. 3 WEG. Diese Regelung ermögliche nur im Rahmen einer bereits bestehenden Kostentragungsverpflichtung die Wahl eines anderen Verteilungsmaßstabes, nicht aber die Begründung einer Kostenbeteiligungspflicht überhaupt. § 16 Abs. 4 WEG greife ebenfalls nicht ein, da es hier nicht um die Kosten für eine Instandhaltung oder Instandsetzung in einem Einzelfall gehe. Schließlich führe auch der Umstand , dass die jeweiligen Eigentümer der Einheit 22 zeitweise das Wohngeld gezahlt hätten, nicht zu einer Abänderung der in der Teilungserklärung enthaltenen Kostenbefreiung.

II.


6
Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
7
1. Ohne Erfolg rügt die Revision, die Klage sei unzulässig.
8
a) Die Klägerin hat ihr Klagerecht nicht - wie die Beklagten meinen - gemäß § 242 BGB verwirkt, weil sie die Klage erst eineinhalb bzw. zweieinhalb Jahre nach den beanstandeten Beschlussfassungen erhoben hat. Zwar kann die Befugnis zur Anrufung der Gerichte im Einzelfall der Verwirkung unterliegen (BVerfGE 32, 305, 308 ff.). Der bloße Zeitablauf genügt hierfür jedoch nicht. Hinzutreten müssen besondere Umstände, die eine Inanspruchnahme des Gerichtsschutzes als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. Dütz, NJW 1972, 1025, 1026). Hierfür liegen keine Anhaltspunkte vor. Soweit die Beklagten die erforderlichen besonderen Umstände darin sehen, dass die jeweiligen Eigentümer der betroffenen Teileigentumseinheit über Monate hinweg der Beschlussfassung entsprechend Hausgeld entrichtet haben, wodurch etwaige Mängel der Beschlüsse geheilt worden seien, verkennen sie, dass dieser Einwand die Berechtigung des materiellen Klagebegehrens betrifft, nicht aber die Frage der Verwirkung des Rechts auf gerichtlichen Rechtsschutz.
9
b) Ein Rechtsschutzinteresse für die erhobene Nichtigkeitsfeststellungsklage kann der Klägerin nicht deswegen abgesprochen werden, weil sie bei der Beschlussfassung im Jahr 2008 zugestimmt hat. Ein nichtiger Beschluss entfaltet zwischen den Wohnungseigentümern keine Rechtswirkungen und kann nicht in Bestandskraft erwachsen. Die Nichtigkeit tritt von Anfang an ein, nicht erst durch Geltendmachung in einem gerichtlichen Verfahren; eine gerichtliche Entscheidung hat nur deklaratorische Bedeutung (Senat, Beschluss vom 18. Mai 1989 - V ZB 4/89, BGHZ 107, 168, 270). Besteht Streit über die Wirksamkeit eines Eigentümerbeschlusses, steht das Recht zur Erhebung einer Nichtigkeitsfeststellungsklage daher jedem Wohnungseigentümer zu. Für die Frage des Rechtsschutzinteresses ist es ohne Bedeutung, ob er für oder gegen den Beschluss gestimmt hat.
10
c) Schließlich stellt sich die Klage auch nicht deswegen als rechtsmissbräuchlich dar, weil sich die Klägerin anlässlich der Beschlussfassung im Jahr 2008 verpflichtet hatte, ihre vor dem Amtsgericht Tiergarten erhobene Klage auf Rückzahlung des für die Teileigentumseinheit 22 gezahlten Wohngeldes für erledigt zu erklären. Dies mag für eine erneute Klage auf Rückzahlung von bereits geleistetem Wohngeld von Bedeutung sein. Das Recht der Klägerin, die Gültigkeit der Beschlüsse über die zeitliche Vorverlegung der Hausgeldzahlungspflicht gerichtlich überprüfen zu lassen, wird hiervon jedoch nicht berührt.
11
2. Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass der Beschluss vom 16. Juli 2007 von der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer gemäß § 16 Abs. 3 WEG nicht gedeckt und daher nichtig ist.
12
a) § 16 Abs. 3 WEG eröffnet den Wohnungseigentümern bei den in der Vorschrift näher bezeichneten Betriebs- und Verwaltungskosten die Möglichkeit , auch einen im Wege der Vereinbarung festgelegten Umlageschlüssel durch Mehrheitsbeschluss zu ändern (Senat, Urteil vom 9. Juli 2010 - V ZR 202/09, NJW 2010, 2654; Urteil vom 16. Juli 2010 - V ZR 221/09, NJW 2010, 3298). Die Beschlusskompetenz bezieht sich – anders als das Berufungsgericht meint – nicht lediglich auf solche Kosten, die nach Verbrauch oder Verursachung erfasst werden können. Vielmehr werden auch verbrauchs- und verursachungsunabhängige Kosten erfasst (Becker in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 16 Rn. 91; Jennißen in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 16 Rn. 35, Riecke/Schmidt/Elzer, WEG, 3. Aufl. § 16 Rn. 74).
13
Allerdings räumt § 16 Abs. 3 WEG nur die Kompetenz ein, im Rahmen einer dem Grunde nach bereits bestehenden Kostentragungsverpflichtung einen anderen Verteilungsmaßstab zu wählen. Die Bestimmung begründet hingegen nicht die Befugnis, einen Wohnungseigentümer, der nach einer bestehenden Vereinbarung von der Tragung bestimmter Kosten oder der Kostentragungspflicht insgesamt befreit ist, durch Beschluss erstmals an den Kosten zu beteiligen (AG Bremen, NJW-RR 2010, 811, 812; Lemke/Müller, Immobilienrecht , § 16 WEG Rn. 9; Drasdo, NJW-Spezial 2010, 289; a.A. Elzer, NJW 2010, 3473, 3474; wohl auch Becker in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 16 Rn. 98). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Norm. Danach können die Wohnungs- eigentümer „abweichend von Absatz 2“ durch Stimmenmehrheit beschließen, ob sie eine verursachungs- oder verbrauchsabhängige Abrechnung einführen oder nach einem „anderen Maßstab“ abrechnen wollen. Mit der Bezugnahme auf § 16 Abs. 2 WEG, wonach die Wohnungseigentümer die Lasten und Kosten nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile tragen, knüpft die Norm an eine dem Grunde nach bestehende Kostentragungspflicht an und begründet lediglich die Möglichkeit zur Veränderung des Kostenverteilungsschlüssels. Die erstmalige Begründung einer Kostentragungspflicht unter Aufhebung einer vereinbarten Kostenbefreiung stellt jedoch keine Veränderung des Kostenverteilungsmaßstabes dar, sondern eine Erweiterung des Kreises der Kostenschuldner und wird von der Regelung nicht erfasst. Dies wird auch durch die Gesetzesmaterialien bestätigt, wonach § 16 Abs. 3 WEG eine Beschlusskompetenz für die Verteilung der dort genannten Kosten nach Verbrauch, Verursachung oder einem sonst geeigneten Maßstab statt wie bisher nach Miteigentumsanteilen normiert (BT-Drucks. 16/887, S.11).
14
b) Gemessen daran kann die von der Eigentümergemeinschaft beschlossene Beteiligung der Teileigentumseinheit 22 an den verbrauchsunab- hängigen Kosten keinen Bestand haben. Sie ist von der Beschlusskompetenz des § 16 Abs. 3 WEG nicht gedeckt, da Gegenstand des Beschlusses nicht eine Änderung des Verteilungsschlüssels ist – dieser blieb unverändert –, sondern die Aufhebung der in der Teilungserklärung vereinbarten aufschiebend bedingten Kostenbefreiung für den Eigentümer der Teileigentumseinheit 22. Dies hat zur Folge, dass der Beschluss wegen absoluter Beschlussunzuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft nichtig ist (vgl. Senat, Beschluss vom 20. September 2000 - V ZB 58/99, BGHZ 145, 158, 168).
15
c) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Nichtigkeit des Beschlusses nicht dadurch geheilt worden, dass die jeweiligen Eigentümer der betroffenen Teileigentumseinheit über mehrere Monate der Beschlussfassung entsprechend Hausgeld entrichtet haben. Es kann dahin gestellt bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen ein wegen absoluter Beschlussunzuständigkeit nichtiger Beschluss geheilt werden kann. Hierfür genügt jedenfalls nicht die bloße Umsetzung eines Beschlusses; sie vermag nicht nachträglich eine nach der Teilungserklärung nicht bestehende Beschlusskompetenz zu schaffen.
16
3. Ebenso ist der Beschluss vom 6. Juni 2008, in welchem die Wohnungseigentümer die beschlossene Hausgeldzahlungspflicht des Eigentümers der Teileigentumseinheit 22 nochmals bestätigten, wegen absoluter Beschlussunzuständigkeit nichtig.
17
4. Ob die Beklagten gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG die Anpassung der Teilungserklärung verlangen können, ist vom Senat nicht zu entscheiden, da dies nicht Gegenstand des Verfahrens ist.

III.


18
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Stresemann Czub
Brückner Weinland

Vorinstanzen:
AG Tiergarten, Entscheidung vom 29.07.2010 - 10 C 57/10 WEG -
LG Berlin, Entscheidung vom 15.04.2011 - 85 S 355/10 WEG -

Fehlt eine nach § 12 erforderliche Zustimmung, so sind die Veräußerung und das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen wirksam, wenn die Eintragung der Veräußerung oder einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch vor dem 15. Januar 1994 erfolgt ist und es sich um die erstmalige Veräußerung dieses Wohnungseigentums nach seiner Begründung handelt, es sei denn, dass eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung entgegensteht. Das Fehlen der Zustimmung steht in diesen Fällen dem Eintritt der Rechtsfolgen des § 878desBürgerlichen Gesetzbuchs nicht entgegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen der §§ 30 und 35 des Wohnungseigentumsgesetzes.

BUNDESGERICHTSHOF

URTEIL
V ZR 235/08
Verkündet am:
2. Oktober 2009
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
WEG §§ 23 Abs. 4; 46 Abs. 1 Satz 2

a) Eine Verlängerung der Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2
WEG sieht das Gesetz nicht vor; eine nach der höchstrichterlichen
Klärung dieser Frage bewilligte Fristverlängerung ist unwirksam.

b) Sind die Fristen des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG gewahrt, ist lediglich zu
prüfen, ob ein Rechtsfehler vorliegt, der den Bestand des angegriffenen
Beschlusses berührt; zwischen Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründen
(§ 23 Abs. 4 WEG) braucht dann nicht unterschieden zu
werden.
BGH, Urteil vom 2. Oktober 2009 - V ZR 235/08 - LG Dessau-Roßlau
AG Wernigerode
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Oktober 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger und ihres Streithelfers wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 20. November 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Am 9. August 2007 ist bei dem Amtsgericht der "Antrag" der Kläger eingegangen , die in der Eigentümerversammlung vom 9. Juli 2007 gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären. Die unter dem 29. August 2007 angeforderte Verfahrensgebühr haben die Kläger am 6. September 2007 entrichtet. Am 10. September 2007 (Montag) haben sie beantragt, die Frist zur Anfechtungsbegründung bis zum 9. Oktober 2007 zu verlängern. Diesem Antrag hat das Amtsgericht am 20. September 2007 stattgegeben. Mit am 2. und 9. Oktober 2007 eingegangenen Schriftsätzen haben die Kläger die Klage im Einzelnen begründet und beantragt, die zu TOP 4, 5, 9 bis 13, 16 und 17 ergangenen Beschlüsse "für nichtig zu erklären" bzw. deren "Ungültigkeit festzustellen". Für den Fall, dass die Klagebegründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG versäumt worden sein sollte, haben sie vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Im ersten Rechtszug hatten sich die Kläger zunächst von Rechtsanwalt B. vertreten lassen, der dem Rechtsstreit nach Beendigung des Mandats als ihr Streithelfer beigetreten ist.
2
Das Amtsgericht hat die Klage unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision möchten die Kläger und ihr Streithelfer weiterhin die angefochtenen Beschlüsse zu Fall bringen. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht hält die Klage für unbegründet. Die beanstandeten Beschlüsse seien allenfalls anfechtbar, so dass es auf die Einhaltung der zweimonatigen Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG ankomme. Die erst im Oktober 2007 eingegangenen Schriftsätze hätten diese Frist jedoch nicht mehr wahren können. Die Frist sei nicht verlängerbar. Für eine entsprechende Anwendung des § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO sei kein Raum. Dass das Amtsgericht die Frist unzulässigerweise verlängert habe und die Klage innerhalb der verlängerten Frist begründet worden sei, rechtfertige keine andere Bewertung, weil die Kläger nicht auf die Verlängerbarkeit der Frist hätten vertrauen dürfen. Daran scheitere auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

II.

4
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5
1. Das Rechtsmittel ist insgesamt zulässig. Der Senat hat bereits entschieden , dass auf denselben Lebenssachverhalt gestützte Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe keine unterschiedlichen Streitgegenstände betreffen, weil Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage materiell dasselbe Ziel verfolgen (BGHZ 156, 279, 294; ebenso etwa Dötsch, ZMR 2008, 433, 434 f.; Jennißen/ Suilmann, WEG, § 46 Rdn. 13, 15 u.157; Wenzel in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 43 Rdn. 100 u. § 46 Rdn. 72; vgl. auch BGHZ 134, 364, 366; 152, 1, 3 ff.). Schon deshalb vermag die Argumentation der Beklagten, das Berufungsgericht habe die Zulassung der Revision wirksam auf die Anfechtungsklage beschränkt, nicht zu überzeugen. Sie ist darauf in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch nicht mehr zurückgekommen.
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2. Die Revision ist auch begründet.
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a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin die zweimonatige Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG gewahrt, so dass eine darauf gestützte Abweisung der Klage als unbegründet ausscheidet. Die dem Begründungserfordernis genügenden Schriftsätze vom 2. und 9. Oktober 2007 sind rechtzeitig eingegangen.
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aa) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , wonach das Gesetz eine Verlängerung der Fristen des § 46 Abs. 1 WEG nicht vorsieht.
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(1) Offen bleiben kann, ob dieses Ergebnis, wie das Berufungsgericht meint, auf § 224 Abs. 2 ZPO gestützt werden kann, wonach gesetzliche Fristen nur in den besonders bestimmten Fällen verlängert (oder abgekürzt) werden können. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG als eine die Beschlussanfechtung materiellrechtlich ausschließende Regelung zu qualifizieren ist (Urt. v. 16. Januar 2009, V ZR 74/08, ZfIR 2009, 514, 515 f., zur Veröffentlichung in BGHZ 179, 230 ff. vorgesehen). Es begegnet jedoch ernstlichen Zweifeln, ob § 224 ZPO überhaupt auf Ausschlussfristen des materiellen Rechts anwendbar ist (ablehnend Dötsch, ZMR 2008, 433, 437; Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 224 Rdn. 1; a.A. wohl Jennißen /Suilmann, aaO, § 46 Rdn. 104). Die Frage braucht aber letztlich nicht entschieden zu werden. Verlängerungen der Begründungsfrist stellen jedenfalls privatrechtsgestaltende Eingriffe zu Lasten der anderen (gegnerischen) Wohnungseigentümer dar und bedürfen als solche einer Ermächtigungsgrundlage. Eine solche ist nicht ersichtlich.
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(2) Das Gesetz ordnet lediglich eine entsprechende Geltung der Regelungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an (§ 46 Abs. 1 Satz 3 WEG). Die Möglichkeit einer Verlängerung der Fristen des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG sieht es nicht vor. Eine Heranziehung der für Rechtsmittelbegründungsfristen geltenden Vorschriften der §§ 520 Abs. 2 Satz 1, 551 Abs. 2 Satz 5, 575 Abs. 2 Satz 3 ZPO im Wege der (Rechts-)Analogie scheidet mangels Vorliegens einer planwidrigen Gesetzeslücke aus (gegen eine Verlängerungsmöglichkeit auch LG Hamburg ZMR 2008, 414, 415; Niedenführ, NJW 2008, 1768, 1770; Jennißen/Suilmann, WEG, § 46 Rdn. 104; Wenzel in Bärmann, aaO, § 46 Rdn. 55; Bergerhoff, NZM 2007, 425, 427; Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 46 WEG Rdn. 5; a.A. Sauren, NZM 2007, 857, 858; Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins zur WEG-Reform, NZM 2006, 767, 772; BeckOK/Scheel, WEG, § 46 Rdn. 23; vgl. auch Abramenko in Riecke/Schmid, WEG, 2. Aufl., § 46 Rdn. 8; Elzer in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, 2007, § 13 Rdn. 155).
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(a) Bereits die materiellrechtliche Rechtsnatur der Begründungsfrist spricht eher gegen eine analoge Anwendung von Regelungen, die im Kontext zivilprozessualer Begründungserfordernisse stehen (vgl. auch Jennißen/ Suilmann, aaO).
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(b) Davon abgesehen ist zu bedenken, dass sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des § 46 Abs. 1 WEG an der aktienrechtlichen Anfechtungsklage orientiert hat (vgl. BT-Drs. 16/887 S. 38). Für diese Klage verlangt das Gesetz zwar nicht ausdrücklich eine Begründung innerhalb einer bestimmten Frist. Es entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass der Kläger zur Vermeidung eines materiellrechtlichen Ausschlusses (vgl. dazu nur Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 246 Rdn. 20 m.w.N.) innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist des § 246 AktG zumindest den wesentlichen tatsächlichen Kern der Gründe vortragen muss, auf die er die Anfechtung stützt (vgl. nur BGHZ 120, 141, 156 f.; BGH, Urt. v. 14. März 2005, II ZR 153/03, WM 2005, 802, 804; jeweils m.w.N.); ein Nachschieben von neuen Gründen nach Ablauf der Frist ist ausgeschlossen (BGH, Urt. v. 12. Dezember 2005, II ZR 253/03, NJW-RR 2006, 472 m.w.N.; ebenso nunmehr für die Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG Senat, Urt. v. 16. Januar 2009, V ZR 74/08, ZfIR 2009, 514, 517; Urt. v. 27. März 2009, V ZR 196/08, ZfIR 2009, 518, 519, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Für die Ausschlussfrist des § 246 AktG sieht das Gesetz keine Verlängerungsmöglichkeit vor; eine analoge Heranziehung der für die Verlängerung von Rechtsmittelbegründungsfristen geltenden Vorschriften wird nicht befürwortet (vgl. MünchKomm-AktG/Hüffer, 2. Aufl., § 246 Rdn. 33 u. 35; Schmidt/Lutter/Schwab, AktG, § 246 Rdn. 9; jeweils m.w.N.).
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Dieses Normkonzept hat der Gesetzgeber für die Anfechtungsklage nach dem Wohnungseigentumsgesetz bewusst übernommen. Den Materialien ist klar zu entnehmen, dass die "rigiden Wirkungen der Ausschlussfrist" nur in begrün- deten Ausnahmefällen durch die entsprechende Anwendung der Regeln über die Wiedereinsetzung abgefedert werden sollten (vgl. BT-Drs. 16/887 S. 38). Dass die Frist zur Begründung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens durch die Einfügung des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG auf zwei Monate verlängert wurde, ändert daran nichts. Mit dieser Maßnahme sollte lediglich dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Niederschrift über die Eigentümerversammlung den Wohnungseigentümern nicht selten erst kurz vor Ablauf der Anfechtungsfrist zur Verfügung steht und damit die Zeit zur Begründung knapp werden kann (BT-Drs., aaO, S. 73). Schon deshalb kann von einer planwidrigen Gesetzeslücke nicht die Rede sein.
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(c) Das gilt umso mehr, wenn man die Funktion in den Blick nimmt, die der materiellrechtlichen Begründungsfrist zukommt. Die Regelung sichert den zeitnahen Eintritt der Bestandskraft anfechtbarer Beschlüsse und gewährleistet damit über die Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit die ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Ihr Zweck besteht darin, dass für die Wohnungseigentümer und für den zur Ausführung von Beschlüssen berufenen Verwalter zumindest im Hinblick auf Anfechtungsgründe alsbald Klarheit darüber hergestellt wird, ob, in welchem Umfang und aufgrund welcher tatsächlichen Grundlage gefasste Beschlüsse einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden (Senat, Urt. v. 16. Januar 2009, V ZR 74/08, ZfIR 2009, 514, 517; Urt. v. 27. März 2009, V ZR 196/08, ZfIR 2009, 518, 519). Vor diesem Hintergrund wäre es wenig überzeugend, den Eintritt der Bestandskraft in richterliches Ermessen zu stellen. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt demgegenüber nur in begründeten Ausnahmekonstellationen zum Tragen (BT-Drs., aaO, S. 38). Frei von Ermessenserwägungen ist sie allein an das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen geknüpft.
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(d) Entgegen der Auffassung der Revision gebieten verfassungsrechtliche Überlegungen nicht die Annahme einer ausfüllungsbedürftigen Regelungs- lücke. Die der zweimonatigen Begründungsfrist zugrunde liegende Erwartung, dass innerhalb dieses Zeitraumes jedenfalls in der Mehrzahl der Fälle die Anfechtung unter Berücksichtigung der Niederschrift über die Versammlung der Wohnungseigentümer begründet werden kann, hält sich innerhalb des dem Gesetzgeber zustehenden Einschätzungsspielraums. Einen bestimmten Weg zur Bereinigung von Härtefällen gibt die Verfassung nicht vor. Es ist daher verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn der Gesetzgeber hierfür den Weg über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewählt hat (§ 46 Abs. 1 Satz 3 WEG i.V.m. §§ 233 ff. ZPO) und er auf diese Weise die widerstreitenden Belange der Wohnungseigentümer austariert hat.
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bb) Einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand hält dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, die verfügte Fristverlängerung entfalte keine Rechtswirkungen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Prüfung der Frage, ob eine fehlerhafte Fristverlängerung wirksam ist, auf den allgemeinen Grundsatz der Wirksamkeit rechtsfehlerhaft ergangener gerichtlicher Entscheidungen und auf Vertrauensschutzgesichtspunkte abzustellen. Danach darf jedenfalls eine Prozesspartei, der auf ihren rechtzeitig vor Fristablauf gestellten Antrag eine Fristverlängerung gewährt worden ist, grundsätzlich davon ausgehen, dass die betreffende richterliche Verfügung wirksam ist (vgl. nur BGH, Beschl. v. 18. November 2003, VIII ZB 37/03, NJW 2004, 1460 m.w.N.). Das gilt bei unklarer Rechtslage selbst dann, wenn die Fristverlängerung von einem funktionell unzuständigen Gericht gewährt (BGH, Beschl. v. 21. Dezember 2004, KVZ 3/04, NJW-RR 2005, 769) wurde, und im Übrigen auch dann, wenn der Verlängerungsantrag erst kurz vor Fristablauf gestellt wurde. Die auf einen rechtzeitigen Antrag hin bewilligte Fristverlängerung kommt der Partei nur dann nicht zu Gute, wenn die Verlängerung schlechthin und offensichtlich ausgeschlossen war (vgl. Senat, Beschl. v. 5. Juli 2007, V ZB 48/06, NJW-RR 2008, 146). Hiervon abzurücken, sieht der Senat – entgegen der Argumentation der Beklagten in der mündlichen Revisionsver- handlung – keine Veranlassung. Ob diese Kriterien auch Geltung bei der Beantwortung der anders gelagerten Frage beanspruchen können, unter welchen Voraussetzungen die Bindungswirkung einer von dem Berufungsgericht zu Unrecht ausgesprochene Revisionszulassung zu verneinen ist, braucht hier nicht erörtert zu werden.
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Dass die gewährte Fristverlängerung schlechthin und offensichtlich ausgeschlossen war, lässt sich – anders als für Fristverlängerungen, die nach der nunmehr herbeigeführten höchstrichterlichen Klärung ausgesprochen werden – nicht sagen. Die Verlängerung hat das Amtsgericht am 20. September 2007 und damit vor der Senatsentscheidung zur materiellrechtlichen Einordnung der Begründungsfrist (Urt. v. 16. Januar 2009, V ZR 74/08, ZfIR 2009, 514, 515 f.) bewilligt. Vor dem Hintergrund des Standorts der Regelung des § 46 WEG im verfahrensrechtlichen Teil des Wohnungseigentumsgesetzes war die Qualifizierung als prozessuale Frist und die auf dieser Grundlage befürwortete analoge Anwendung etwa von § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO durchaus vertretbar.
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b) Auf der Grundlage des derzeitigen Verfahrensstandes kann die Klage auch nicht aus anderen Gründen als unbegründet abgewiesen werden. Die Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG ist gewahrt. Zwar ist die innerhalb der Monatsfrist eingegangene Klage erst nach Fristablauf zugestellt worden. Dies ist jedoch nach § 167 ZPO unschädlich, weil die Klage "demnächst" (vgl. dazu Senat, Urt. v. 16. Januar 2009, V ZR 74/08, ZfIR 2009, 514, 517 m.w.N.) zugestellt worden ist. Die Kläger haben den angeforderten Kostenvorschuss zeitnah nach Erhalt der Kostenrechnung eingezahlt. Die erheblich später veranlasste Zustellung lag allein in der Sphäre des Gerichts begründet und beruhte nicht auf von den Klägern zu vertretenden Verzögerungen.
19
c) Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – die für eine Endentscheidung durch den Senat erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat (§ 563 Abs. 1 Satz 1 u. Abs. 3 ZPO). Anfechtungsgründe hat es wegen der von ihm angenommenen Versäumung der Begründungsfrist nicht geprüft. Ob die Argumentation der Revision geeignet ist, das auf der Grundlage des Klagevorbringens verneinte Vorliegen von Nichtigkeitsgründen auszuräumen, braucht in dem weiteren Verfahren nicht geklärt zu werden. Der Unterscheidung zwischen Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründen kommt rechtserhebliche Bedeutung nur zu, wenn zumindest eine der Fristen des § 46 Abs. 1 WEG versäumt worden ist. Die Klage kann dann nur noch Erfolg haben, wenn der Beschluss nach § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG nichtig ist (vgl. Senat, Urt. v. 16. Januar 2009, V ZR 74/08, ZfIR 2009, 514, 517). Sind die Fristen dagegen – wie hier – gewahrt , braucht lediglich geprüft zu werden, ob ein Rechtsverstoß vorliegt, der den Bestand des angefochtenen Beschlusses berührt. Ob der Rechtsfehler als Nichtigkeits- oder als Anfechtungsgrund zu qualifizieren ist, spielt in solchen Fällen keine Rolle (ebenso Dötsch, ZMR 2008, 433, 435 f.; Jennißen/Suilmann, aaO, § 46 Rdn. 156 u. 159; vgl. auch BayOblG WuM 1992, 642; a.A. Wenzel in Bärmann, aaO, § 46 Rdn. 77).
20
aa) Wie bereits (oben II.1.) dargelegt, betreffen auf denselben Lebenssachverhalt gestützte Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe keine unterschiedlichen Streitgegenstände. Da der Streitgegenstand maßgeblich durch den Antrag mitbestimmt wird, führt dies dazu, dass sowohl mit einem auf Feststellung der Nichtigkeit als auch mit einem auf Ungültigkeitserklärung gerichteten Antrag jeweils das umfassende Rechtschutzziel zum Ausdruck gebracht wird, unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt eine verbindliche Klärung der Gültigkeit des zur Überprüfung gestellten Eigentümerbeschlusses herbeizuführen (Senat, BGHZ 156, 279, 294; Dötsch, aaO, 435; vgl. auch BGHZ 134, 364, 366; 152, 1, 5 f.). Es kann daher auch ohne Antragsumstellung die Nichtigkeit des Beschlusses ausgesprochen werden, obwohl der Antrag seinem Wortlaut nach (nur) darauf gerichtet war, den Beschluss für ungültig zu erklären (Senat, aaO, m.w.N.).
21
Wegen der Identität des Streitgegenstandes sind auch die Auswirkungen der Rechtskraft dieselben, gleichgültig, ob die Ungültigkeit des in Rede stehenden Beschlusses festgestellt oder durch Urteil ausgesprochen wird (vgl. auch § 48 Abs. 4 WEG). Mit dem Eintritt der Rechtskraft steht in beiden Fällen fest, ob der Beschluss Rechtswirkungen entfaltet oder nicht. Abgesehen von den Fällen der Fristversäumung nach § 46 Abs. 1 WEG besteht dann aber auch keine Notwendigkeit, die mitunter nicht einfach zu beantwortende Frage nach der Einordnung als Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgrund (vgl. dazu etwa Merle in Bärmann, aaO, § 23 Rdn. 143 m.w.N.) zu klären. Ebensowenig muss das Gericht Beweis über einen Nichtigkeitsgrund erheben, wenn bereits feststeht, dass ein anderer Rechtsverstoß unter dem Blickwinkel der Anfechtung durchgreift (Jennißen/Suilmann, aaO, § 46 Rdn. 159; Dötsch, ZMR 2008, 433, 435 f.). Die Klärung auch des Nichtigkeitsgrundes kann der Kläger in derartigen Fällen allenfalls bei Vorliegen eines besonderen rechtlichen Interesses im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO erzwingen; für die Anwendung des § 256 Abs. 2 ZPO ist in solchen Konstellationen kein Raum (vgl. Senat, Urt. v. 16. Juli 2004, V ZR 222/03, NJW 2004, 3330, 3332 m.w.N.).
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bb) Der gegen die hier zugrunde gelegte Auffassung erhobene Einwand, die Frage der rechtlichen Qualifizierung müsse geklärt werden, weil ein bereits kraft Gesetzes nichtiger Beschluss nicht mit rechtsgestaltender Wirkung für unwirksam erklärt werden könne (Wenzel in Bärmann, aaO, § 46 Rdn. 77), rechtfertigt keine andere Beurteilung (wie hier Jennißen/Suilmann, aaO, § 46 Rdn. 158 f.; vgl. auch BayOblG WuM 1992, 642; Dötsch, aaO), sondern verweist lediglich auf das Erfordernis einer sachgerechten – das Ergebnis der Entscheidungsgründe spiegelnden – Tenorierung. Bedenkt man, dass der Tenor ohnehin im Lichte der Entscheidungsgründe auszulegen ist (vgl. etwa Senat, Urt. v. 30. März 2007, V ZR 179/06, NJW 2007, 2182 m.w.N.), erscheint es unbedenklich , wenn das Gericht – so es die Frage offen lässt, ob ein Anfechtungs- oder ein Nichtigkeitsgrund durchgreift – den Beschluss für ungültig erklärt. Ein sol- cher Tenor bringt nicht nur das Entscheidende zum Ausdruck, dass nämlich der bezeichnete Beschluss keine Rechtswirkungen entfaltet, sondern er deckt auch die Konstellation der Nichtigkeit mit ab, weil er keine Festlegung dazu enthält, ob der Ausspruch des Gerichts konstitutiv oder deklaratorisch wirkt. Soweit der Entscheidung des Senats vom 2. Oktober 2003 (BGHZ 156, 279, 293 f.) etwas anderes entnommen werden könnte, wird daran nicht weiter festgehalten.
23
Davon abgesehen zeigt etwa die Lehre von den Doppelwirkungen im Recht, dass es aus teleologischen Gründen durchaus möglich ist, ein bereits nichtiges Rechtsgeschäft anzufechten (vgl. dazu etwa Staudinger/Roth, BGB [2003], § 142 Rdn. 27 ff. m.w.N.). Dem entspricht es, dass auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren überwiegend die Aufhebung eines nichtigen Verwaltungsaktes nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen wird (vgl. dazu etwa OVG Koblenz NVwZ 1987, 899; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 42 Rdn. 3), obwohl § 43 Abs. 1 VwGO für die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ausdrücklich die Feststellungsklage bereitstellt (Bender, VwGO, 4. Aufl., § 42 Rdn. 12). Auch dort steht der prozessökonomische Zweck im Vordergrund , den Gerichten die Prüfung zu ersparen, ob ein fehlerhafter Verwaltungsakt "nur" rechtswidrig oder gar nichtig ist. All dies erhellt, dass es aus- schlaggebend nicht auf eine begrifflich-formale Einordnung ankommt, sondern auf eine normative Sichtweise, die sachangemessene Problemlösungen ermöglicht (ähnlich Jennißen/Suilmann, aaO, § 46 Rdn. 158).
Krüger Klein Stresemann
Czub Roth

Vorinstanzen:
AG Wernigerode, Entscheidung vom 18.06.2008 - 9 C 571/07 WEG -
LG Dessau-Roßlau, Entscheidung vom 20.11.2008 - 6 S 116/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 175/10 Verkündet am:
20. Mai 2011
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Mai 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin
Dr. Stresemann, den Richter Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und
Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 8. Juli 2010 wird auf Kosten des Klägers mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Berufung hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 2 und 8 als unzulässig verworfen wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Teilungserklärung enthält folgende Regelungen: VII. Lasten und Kosten 1. Die Wohnungseigentümer sind verpflichtet, die Lasten […] sowie die Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen. Es werden jedoch zwei Untergemeinschaften in der Weise gebildet, daß die Kosten des Hauses 1 nur von den Miteigentümern getragen werden, die Wohnungs- bzw. Teileigentumsrechte im Haus 1 haben und die Kosten des Hauses 2 nur von denjenigen Miteigentümern, die Wohnungs- oder Teileigentumsrechte im Haus 2 haben (Verwaltungsuntergemeinschaften). Es sind […] Kosten der Unterhaltung und Instandhaltung des Grundstücks und der Zuwegungen sowie der von allen Miteigentümern genutzten Einrichtungen und Anlagen von der Gesamtgemeinschaft zu tragen; […]. VIII. Wohnungseigentümerversammlung 7. Das Stimmrecht in der Versammlung richtet sich nach der Größe der Miteigentumsanteile. […] Soweit Beschlüsse gefaßt werden, die Kosten begründen, die ausschließlich zulasten der Eigentümer des Hauses 1 oder des Hauses 2 gehen, sind nur jeweils die betroffenen Eigentümer des jeweiligen Hauses stimmberechtigt.
2
Auf der Eigentümerversammlung vom 4. Juni 2009 beschlossen die Wohnungseigentümer zu dem Tagesordnungspunkt (TOP) 2 die Jahresabrechnung für das Wirtschaftsjahr 2008 und zu TOP 3 den Wirtschaftsplan für das Jahr 2009. Zu TOP 8 beschlossen sie, dass bei Aufträgen über 500 € eine Ab- stimmung zwischen Verwaltung und Beirat zu erfolgen habe. Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beschlüsse wegen Verstoßes gegen das in Nr. VIII. 7 der Teilungserklärung festgelegte Blockstimmrecht nichtig seien, und hat beantragt, die Nichtigkeit der Beschlüsse festzustellen, hilfsweise sie wegen sonstiger Mängel für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat die Nichtigkeit der Beschlüsse verneint, da ein Verstoß gegen die Stimmrechtsbeschränkung nicht vorliege, die Beschlüsse zu TOP 2 (Jahresabrechnung) und TOP 8 (Abstimmung ) aber wegen anderer Mängel "aufgehoben". Die Klage zu TOP 3 hat das Amtsgericht abgewiesen. Die Berufung des Klägers, mit der er die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse begehrt hat, ist erfolglos geblieben. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt er seinen Antrag weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass die Berufung hinsichtlich der Beschlüsse zu TOP 2 und TOP 8 unzulässig sei. Der Kläger sei durch die Aberkennung seines Hauptantrages nicht beschwert, da die begehrte Nichtigkeitsfeststellung keine weitergehende Rechtskraftwirkung habe als die vom Amtsgericht ausgesprochene Aufhebung der Beschlüsse. Die Berufung zu TOP 3 sei unbegründet. Ein Verstoß gegen Nr. VIII. 7 der Teilungserklärung liege nicht vor. Es sei nicht ersichtlich, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft über Kosten abgestimmt habe, die jeweils nur eines der beiden Häuser isoliert beträfen.

II.

4
Die Revision ist zulässig, insbesondere ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung von einer unbeschränkten Zulassung der Revision auszugehen. Der Tenor des Berufungsurteils enthält keine Einschränkung. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich eine Beschränkung der Revisionszulassung zwar auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben. Hierfür ist aber erforderlich, dass aus den Entscheidungsgründen der Wille des Berufungsgerichts, die Revision in bestimmter Hinsicht zu beschränken, klar und eindeutig hervorgeht (Senat, Beschluss vom 29. Januar 2004 - V ZR 244/03, NJW-RR 2004, 1365, 1366 mwN). Das ist hier nicht der Fall. Ein Wille des Berufungsgerichts zu einer Beschränkung ist schon deshalb nicht zu erkennen, weil es die Rechtsfragen, deretwegen es die Revision zugelassen hat, nicht benennt - und ein Zulassungsgrund im Übrigen auch nicht ersichtlich ist.

III.

5
Die Revision ist unbegründet.
6
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht eine Beschwer des Klägers verneint , soweit das Amtsgericht nur seinem Hilfsantrag auf Ungültigerklärung, nicht aber seinem Hauptantrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse zu TOP 2 (Jahresabrechnung 2008) und TOP 8 (Abstimmung zwischen Verwaltung und Beirat) stattgegeben hat.
7
a) Für die Frage der Beschwer kommt es darauf an, worüber rechtskräftig entschieden werden sollte und worüber tatsächlich entschieden worden ist, mithin auf den Umfang der prozessualen Rechtskraftwirkung, die das Urteil haben würde, wenn es nicht angefochten werden könnte (BGH, Urteil vom 28. Januar 1958 - VIII ZR 265/56, BGHZ 26, 295, 296 mwN). Ergibt der Vergleich der in der Klage aufgestellten Rechtsbehauptung mit dem Inhalt der ergangenen Entscheidung, dass dem Kläger das zuerkannt worden ist, was er begehrt hat, so fehlt ihm ein schutzwürdiges Interesse an der Abänderung der Entscheidung in der Rechtsmittelinstanz (BGH, Urteil vom 15. Mai 1984 - VI ZR 155/82, VersR 1984, 739, 741, juris Rn. 11).
8
b) Bei zwei in ein Eventualverhältnis gebrachten Klageanträgen liegen zwei Streitgegenstände und damit zwei prozessuale Ansprüche vor. Wird bei solcher Sachlage der Hauptantrag abgewiesen, so ist grundsätzlich eine (materielle ) Beschwer des Klägers gegeben. Eine andere Betrachtung ist aber dann geboten, wenn es sich ausnahmsweise bei den beiden Klageansprüchen nicht um selbständige, sondern um rechtlich gleichwertige Ansprüche handelt, d.h. wenn die prozessuale Rechtskraftwirkung der auf den Hilfsantrag ergehenden Entscheidung mit der des mit dem Hauptantrag erstrebten Urteils identisch ist. Das kann bejaht werden, wenn es lediglich um eine unterschiedliche rechtliche Zuordnung des Klagebegehrens geht, die auf den rechtskraftfähigen Inhalt der Entscheidung keinen Einfluss hat (BGH, Urteil vom 15. Mai 1984 - VI ZR 155/82, VersR 1984, 739, 741, juris Rn. 15; vgl. auch BGH, Urteil vom 21. Juni 1968 - IV ZR 594/68, BGHZ 50, 261, 264 f.).
9
So liegt der Fall hier. Das Wohnungseigentumsrecht unterscheidet zwar zwischen Beschlussanfechtungs- und Nichtigkeitsklagen und bringt damit den unterschiedlichen rechtstechnischen Charakter der gerichtlichen Entscheidung zum Ausdruck (Suilmann in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 46 Rn. 11). Auf denselben Lebenssachverhalt gestützte Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe betreffen aber keine unterschiedlichen Streitgegenstände, weil Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage materiell dasselbe Ziel verfolgen. Sowohl mit einem auf Feststellung der Nichtigkeit als auch mit einem auf Ungültigkeitserklärung gerichteten Antrag wird jeweils das umfassende Rechtsschutzziel zum Ausdruck gebracht , unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt eine verbindliche Klärung der Gültigkeit des zur Überprüfung gestellten Eigentümerbeschlusses herbeizuführen. Wegen der Identität des Streitgegenstandes sind auch die Auswirkungen der Rechtskraft dieselben, gleichgültig, ob die Ungültigkeit des in Rede stehenden Beschlusses festgestellt oder durch Urteil ausgesprochen wird. Mit dem Eintritt der Rechtskraft steht in beiden Fällen fest, ob der Beschluss Rechtswirkungen entfaltet oder nicht (Senat, Urteil vom 2. Oktober 2009 - V ZR 235/08, BGHZ 182, 307, 309, 315; Beschluss vom 2. Oktober 2003 - V ZB 34/03, BGHZ 156, 279, 294). Die Identität des Streitgegenstandes von Nichtigkeitsfeststellungsklage und Beschlussanfechtungsklage hat der Gesetzgeber ausdrücklich anerkannt (vgl. hierzu die amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum Gesetz zur Änderung des WEG, BT-Drucks. 16/887 S. 38 f.) und in den gesetzlichen Regelungen des § 46 Abs. 2, § 47 Satz 1 und § 48 Abs. 4 WEG zum Ausdruck gebracht (Suilmann in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 46 Rn. 14; Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 43 Rn. 100).
10
c) Allerdings ist eine materielle Beschwer durch Abweisung des auf Feststellung der Nichtigkeit gerichteten Hauptantrags trotz Obsiegens im Anfechtungsantrag zu bejahen, wenn der Kläger an der Klärung des Nichtigkeitsgrundes ausnahmsweise ein besonderes rechtliches Interesse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO hat (vgl. Senat, Urteil vom 2. Oktober 2009 - V ZR 235/08, BGHZ 182, 307, 315, 316); dann besteht für die Eröffnung des Rechtsmittelzuges das - in dem Erfordernis der Beschwer zum Ausdruck kommende - erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Ein solches rechtliches Interesse des Klägers liegt hier aber nicht vor.
11
Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtsstellung des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (Senat, Urteil vom 3. Juli 2009 - V ZR 58/08, RNotZ 2010, 133, 134). Mit der von dem Kläger beantragten Feststellung wäre der Streitpunkt, welchen Umfang die vereinbarte Stimmrechtsbeschränkung hat, nicht abschließend geklärt. Eine gerichtliche Entscheidung über die Wirksamkeit der Beschlussfassung zu TOP 2 und TOP 8 betrifft allein die konkret zur Überprüfung gestellten Eigentümerbeschlüsse. Die Frage der Stimmberechtigung der Wohnungseigentümer wäre für künftige Beschlussfassungen nicht verbindlich geklärt, da sich die Rechtskraft des Urteils auf diese Vorfrage nicht erstreckte. Die vom Kläger erstrebte verbindliche Klärung des "Dauerproblems" der Beschlusskompetenz hinsichtlich der jährlich zu erstellenden Jahresabrechnung könnte nur durch eine darauf gerichtete Feststellungsklage erreicht werden.
12
2. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht die Berufung des Klägers als unbegründet zurückgewiesen, soweit das Amtsgericht seine Klage hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 3 (Wirtschaftsplan 2009) abgewiesen hat.
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Die Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan wird von dem in Nr. VIII. 7 der Teilungserklärung geregelten Blockstimmrecht nicht erfasst. Nach § 28 Abs. 1 WEG enthält der Wirtschaftplan eine Schätzung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und legt den hiervon zu übernehmenden Anteil des einzelnen Wohnungseigentümers fest. Mit Beschluss der in den Einzelwirtschaftsplänen enthaltenen Zahlungsverpflichtungen entsteht die in § 28 Abs. 2 WEG normierte Verpflichtung des einzelnen Wohnungseigentümers zur Zahlung von Vorschüssen (Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 28 Rn. 32). Hierbei handelt es sich nicht um eine Kostenbegründung, die "ausschließlich zu Lasten der Eigentümer des Hauses 1 oder des Hauses 2" geht. Die durch die Beschlussfassung begründete Verpflichtung zur Wohngeldzahlung betrifft alle Wohnungseigentümer. Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass bei der Bemessung der Vorauszahlungshöhe auch die voraussichtlichen Ausgaben der jeweiligen Untergemeinschaften einbezogen werden. Durch die bloße Schätzung zu erwartender Ausgaben und die Billigung dieser Prognose durch die Wohnungseigentümer werden die prognostizierten Kosten nicht schon begründet.
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3. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat den Rechtsstreit abschließend entschieden (§§ 561, 563 Abs. 3 ZPO).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Stresemann Roth Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Bonn, Entscheidung vom 19.01.2010 - 27 C 132/09 -
LG Köln, Entscheidung vom 08.07.2010 - 29 S 27/10 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)