Landgericht Nürnberg-Fürth Beschluss, 26. März 2015 - 14 S 8115/14 WEG

bei uns veröffentlicht am26.03.2015

Gericht

Landgericht Nürnberg-Fürth

Tenor

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Erlangen vom 29.10.2014, Az. 4 C 2116/12, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einhellig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

Gründe

1. Durch Endurteil vom 29.10.2014 wies das Amtsgericht Erlangen die Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Zahlung von 183.499,14 € durch die Beklagte wegen der Fugensanierung in der Tiefgarage zurück.

Unstreitig seien die Bodenfugen der Tiefgarage Gemeinschaftseigentum. Grundsätzlich seien die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums von den Miteigentümern nach der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 2 WEG gemeinschaftlich zu tragen. Aus § 4 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung (GO) ergebe sich nichts anderes. Die Fugensanierung in der Tiefgarage unterfalle nicht der Regelung in § 4 Abs. 1 S. 1 GO. Es sei schon nicht davon auszugehen, dass die Tiefgarage der alleinigen Nutzung der Klägerin unterliege. So gebe es Geh- und Fahrtrechte, Durchfahrtsrechte und weitere Berechtigungen Dritter, die auch grundbuchrechtlich abgesichert seien. Entscheidend aber sei, dass die Fugensanierung nicht nur die Tiefgarage betreffe. Wie die Beweisaufnahme ergeben habe, führten Schäden an den Fugenprofilen auch zu einer Beeinträchtigung der Standsicherheit der Tragkonstruktion des Gesamtgebäudes und gefährdeten somit die Standsicherheit des Gesamtbauwerks, also der Parkgarage ebenso wie der darüber befindlichen Gebäude. Damit aber „nutze“ nicht nur der jeweilige Eigentümer der Tiefgarage die Fugen, sondern jeder einzelne Eigentümer im gesamten Gebäude, es handelte sich um mehr als einen bloßen Reflex.

Auch auf das Schreiben der Beklagten vom 17.09.2003 könne der geltend gemachte Anspruch nicht gestützt werden. Dort sei hinsichtlich der Fugen nur von der „Wartung“ die Rede. Gemeint seien damit Pflegemaßnahmen, keinesfalls aber die Instandsetzung bei gravierenden Schäden.

2. Mit der dagegen gerichteten Berufung macht die Klägerin geltend, es sei zwischen den Wohnungseigentümern teilweise streitig, ob die von der Sanierung betroffenen Grundstücks- und Gebäudeteile zum gemeinschaftlichen Eigentum oder zum Sondereigentum gehören. Soweit sie zum Sondereigentum zu zählen seien, sei die Beklagte ohnehin zur Instandhaltung verpflichtet.

Gehe man davon aus, dass es sich um Gemeinschaftseigentum handele, gelte nichts anderes. Denn die Eigentümer hätten in § 4 Abs. 1 Satz 1 der Gemeinschaftsordnung vereinbart, dass der alleinige Nutzer von Grundstücksteilen auch die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung alleine übernehme. Der Sinn der vereinbarten Regelung bestehe darin, dass die - von der Nutzung der Tiefgarage ausgeschlossenen - übrigen Wohnungseigentümer von der Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung für die gesamte Tiefgarage befreit seien sollten, weil diese Sanierungslasten bei einer Bauweise ohne Tiefgarage nicht angefallen wären. Eine solche von dem Gesetz abweichende Regelung sei fraglos zulässig. Auch die Regelung im § 10 Abs. 2 Gemeinschaftsordnung spreche für diese Auslegung.

3. Indessen vermag dies der Berufung der Klägerin nicht zu Erfolg zu verhelfen.

Gemäß § 513 ZPO kann eine Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Eine Rechtsverletzung nach § 546 ZPO ist gegeben, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Solches ist nicht ersichtlich.

Nach der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 2 WEG sind die Kosten von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen von allen Wohnungseigentümern nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu tragen. Allerdings können die Wohnungseigentümer durch eine Vereinbarung im Sinne des § 10 Abs. 2 WEG hiervon abweichen, sofern sie eine klare und eindeutige Reglung treffen (vgl. BGH, 02.03.2012, V ZR 174/11, NJW 2012, 1722).

Zutreffend hat das Erstgericht erkannt, dass § 4 GO eine abweichende Regelung zur Frage der Durchführung und Kostentragung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen enthält. Entgegen der Auffassung der Berufung kann dieser Regelung jedoch keine eindeutige Regelung dahin entnommen werden, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Kosten der vorliegend durchgeführten Fugensanierung zu tragen.

Bei der Auslegung einer Teilungserklärung ist maßgebend auf den Wortlaut und den Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegend ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH, 16.11.2012, V ZR 9/12, NJW 2013, 681, m. w. N.). Bei der nach diesen Kriterien durchzuführenden Auslegung darf aber - entgegen der Auffassung der Berufung - nicht allein auf § 4 Abs. 1 Satz 1 GO, wonach der Miteigentümer verpflichtet ist, die seinem Sondereigentum unterliegenden Gebäudeteile und seiner alleinigen Nutzung unterliegenden Grundstücksteile instand zu halten und instand zu setzen, abgestellt werden. Denn § 4 Abs. 1 Satz 2 GO schränkt diese Regelung in entscheidender Weise ein. Danach obliegt die Instandhaltung und Instandsetzung der Raumabschlusstüren, der Außenfenster und anderer Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand erforderlich sind, sowie von Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen, auch wenn sie sich im Bereich der dem Sondereigentum eines Miteigentümers unterliegenden Räume befinden, dem Miteigentümer nur insoweit, als die Instandhaltung bzw. Instandsetzung infolge unsachgemäßer Behandlung durch den Miteigentümer, seine Angehörigen oder Personen, denen er die Räume überlassen hat, notwendig werden. Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Instandhaltung und Instandsetzung wesentlicher Teile des Gemeinschaftseigentums - abweichend von der Regelung in § 4 Satz 1 - nur im Ausnahmefall dem Miteigentümer obliegt, nämlich nur insoweit, als diese Maßnahmen aufgrund einer unsachgemäßen Behandlung erforderlich sind, während es ansonsten dabei verbleibt, dass die Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen von allen Wohnungseigentümern zu beschließen und die Kosten von den Eigentümern nach dem Verhältnis ihrer Anteile getragen werden müssen.

Danach gilt hier Folgendes:

Die Sanierungsmaßnahme betraf ersichtlich Gemeinschaftseigentum. Dies war in 1. Instanz nicht nur unstreitig, es ergibt sich auch zwingend aus dem Gutachten des Sachverständigen K., wonach die Schäden an den Fugenprofilen Einfluss auf die Standsicherheit der Tragkonstruktion des gesamten Gebäudes haben können. Die Fugen befinden sich teilweise im Bereich von Konsolauflagen und Fundamenten und sind damit der Tragkonstruktion des Gesamtbauwerkes zuzurechnen. Damit gehören die sanierten Fugen zum zwingenden Gemeinschaftseigentum gemäß § 5 Abs. 2 WEG, es handelt sich um Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand und Sicherheit erforderlich sind.

Hinsichtlich der Durchführungs- und Kostentragungspflicht der Instandsetzung solcher Gebäudebestandteile gilt in Ausnahme von § 4 Abs. 1, S. 1 GO die Regelung des § 4 Abs. 1, S. 2 GO. Dort ist ausdrücklich von Teilen des Gebäudes, „die für dessen Bestand erforderlich sind“ die Rede. Diese Regelung bezieht sich ersichtlich auf § 5 Abs. 2 WEG, gemeint sind Gebäudebestandteile, die für den Bestand des Gebäudes oder dessen Sicherheit erforderlich sind. Die Instandhaltung und Instandsetzung dieser Gebäudeteile obliegt damit dem Miteigentümer, in dessen Sondereigentum sich diese Teile befinden, nur dann, wenn die Maßnahmen aufgrund einer unsachgemäßen Behandlung durch den Miteigentümer notwendig werden. In Ausnahme zu der Regelung des § 4 Abs. 1, S. 1 GO haben ansonsten, alle Miteigentümer die Kosten einer Sanierung zu tragen, auch wenn die Gebäudeteile sich im Bereich des Sondereigentums eines Eigentümers befindet.

Damit ist die Beklagte vorliegend nicht zur Übernahme der Kosten der Fugensanierung verpflichtet. Denn ersichtlich beruhen die vor der Sanierung festgestellten Mängel nicht auf einer unsachgemäßen Behandlung durch die Beklagte, sondern auf dem bestimmungsgemäßen Gebrauch des Sondereigentums der Beklagten als Parkgarage. Damit kann die Klägerin ihren Anspruch jedenfalls nicht auf § 4 GO stützen.

Auch aus § 10 Abs. 2 GO lässt sich ein entsprechender Anspruch nicht herleiten, da es sich ausschließlich um die Verpflichtung des Sondernutzungsberechtigten zur Tragung von Instandhaltungskosten handelt. Unstreitig ist die Beklagte allerdings Sondereigentümerin und nicht Sondernutzungsberechtigte, die Regelung ist insofern nicht einschlägig.

Und schließlich lässt sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auch nicht auf das Schreiben der Beklagten vom 17.09.2003 stützen, wie das Erstgericht zutreffend festgestellt hat. Die Kammer macht sich insoweit die Begründung der erstgerichtlichen Entscheidung zu Eigen.

Da die Entscheidung des Amtsgerichts, auf deren Begründung ergänzend Bezug genommen wird, damit nicht zu beanstanden ist, ist die Berufung ohne Aussicht auf Erfolg. Zur Vermeidung unnötiger Verfahrenskosten regt die Kammer an, eine Berufungsrücknahme in Betracht zu ziehen. Andernfalls ist beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da die dort genannten Voraussetzungen vorliegen.

Zu diesem Hinweis kann bis längstens 20.04.2015 Stellung genommen werden.

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 9/12 Verkündet am: 16. November 2012 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja WEG § 5

Bundesgerichtshof Urteil, 02. März 2012 - V ZR 174/11

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 174/11 Verkündet am: 2. März 2012 Langendörfer-Kunz, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.

(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.

(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 174/11 Verkündet am:
2. März 2012
Langendörfer-Kunz,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Weist die Gemeinschaftsordnung die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung
der Fenster nebst Rahmen in dem räumlichen Bereich des Sondereigentums den
einzelnen Wohnungseigentümern zu und nimmt dabei den Außenanstrich aus, ist
eine vollständige Erneuerung der Fenster im Zweifel Sache der Gemeinschaft.
BGH, Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 174/11 - LG München I
AG München
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. März 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 27. Juni 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Abweisung der Klage im Hinblick auf den Antrag, das in der Wohnung des Klägers vorhandene Dachflächenfenster auszutauschen und entstandene Gutachterkosten zu erstatten (Berufungsanträge zu III Nr. 1 und 3) sowie im Hinblick auf die Ungültigerklärung der entsprechenden Beschlüsse der Eigentümerversammlung (Berufungsantrag zu II) bestätigt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 14. Dezember 2010 auf die Berufung des Klägers teilweise geändert. Der Beschluss der Wohnungseigentümer vom 7. Juli 2010 zu TOP 5a, Nr. I wird für ungültig erklärt. Die Beklagten werden verurteilt, folgenden Maßnahmen zuzustimmen : Das in der Küche der Wohnung des Klägers vorhandene Dachflächenfenster und die dazugehörige Laibung sind auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft auszubauen. Es ist ein vollwertiges Wohnraumdachfenster fachgerecht mit einer standardgemäßen Isolierung einzubauen. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Gemäß § 6 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung hat jeder Wohnungseigentümer unter anderem die von ihm allein genutzten Gegenstände auf eigene Rechnung ordnungsgemäß zu pflegen, instandzuhalten und instandzusetzen. In dem räumlichen Bereich seines Sondereigentums treffen den einzelnen Wohnungseigentümer deshalb unabhängig von der Zuordnung zu dem Sonder- und Gemeinschaftseigentum bestimmte Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten, die beispielhaft genannt werden. Dazu gehören zunächst Schönheitsreparaturen einschließlich des Anstrichs der Innenseite der Fenster samt Rahmen. Weiter wird die Behebung von Glasschäden und die Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster samt Fensterrahmen und Rollläden aufgeführt. In diesem Zusammenhang heißt es, soweit dabei die Außenansicht betroffen werde, sei eine einheitliche Ausführung unabdingbar; daher sei die Erneuerung des Außenanstrichs der Fenster samt Rahmen und Rollläden Sache der Eigentümergemeinschaft.
2
Im Juni 2006 traten in der Wohnung des Klägers Feuchtigkeitsschäden auf. Nachdem die Verwaltung keine Maßnahmen zur Ermittlung der Schadensursache ergriff, beauftragte der Kläger einen Privatgutachter. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass das in der Küche eingebaute Dachflächenfenster für eine solche Verwendung ungeeignet und durch ein Wohnraumdachfenster zu ersetzen sei. In einer Eigentümerversammlung im Jahr 2008 beantragte der Kläger erfolglos sowohl den Ersatz der Gutachterkosten als auch den Ausbau und die fachgerechte Erneuerung des Dachfensters. In der Versammlung vom 14. Juli 2010 wiederholte der Kläger seine Anträge, die erneut abgelehnt wurden. Mit der Klage will er unter anderem die ablehnenden Beschlüsse für ungültig erklären lassen und die Zustimmung der Beklagten zu der Durchführung der begehr- ten Maßnahmen erreichen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers ist - soweit hier von Interesse - erfolglos geblieben. Mit der insoweit zugelassenen Revision verfolgt er seine zuletzt gestellten, auf Ausbau und Erneuerung des Dachfensters nebst Laibung sowie Ersatz der Gutachterkosten bezogenen Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht meint, die nicht angefochtenen Negativbeschlüsse aus dem Jahr 2008 stünden der Klage nicht entgegen, weil sie sich in der Ablehnung der Anträge erschöpften. Die Erneuerung des Dachfensters sei gemäß § 6 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung Sache des Klägers, der demzufolge auch die Gutachterkosten zu tragen habe. Eine derartige Bestimmung erfasse entgegen einer verbreiteten Auffassung auch die Beseitigung eines - dem Privatgutachten zufolge hier vorliegenden - anfänglichen Mangels. Der Begriff der Instandsetzung beziehe sich nach dem Wortlaut ebenso wie nach Sinn und Zweck der Regelung auch auf die erstmalige ordnungsmäßige Herstellung.

II.

4
Die Revision ist in zulässiger Weise auf die Erneuerung des Dachfensters und Erstattung der Gutachterkosten beschränkt worden. Die darauf bezogenen Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5
1. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Bestandskraft der Negativbeschlüsse aus dem Jahr 2008 der Klage nicht entgegensteht. Die unterlassene Anfechtung eines ablehnenden Beschlusses entfaltet keine Sperrwirkung für inhaltsgleiche Anträge (Senat, Beschluss vom 19. September 2002 - V ZB 30/02, BGHZ 152, 46, 51). Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung eines Negativbeschlusses ist regelmäßig anzunehmen (Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 13); zudem hat der Kläger die Anfechtung mit einem Antrag auf Zustimmung zu der Durchführung der begehrten Maßnahmen verbunden.
6
2. Zu Unrecht sieht das Berufungsgericht die Erneuerung des Dachfensters als Aufgabe des Klägers an.
7
a) Die Fenster nebst Rahmen stehen gemäß § 5 Abs. 2 WEG zwingend im Gemeinschaftseigentum (OLG Karlsruhe, NZM 2011, 204; Armbrüster in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 5 Rn. 71). Dies hat nach der gesetzlichen Kompetenzzuweisung zur Folge, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für ihren Austausch zuständig ist (§ 21 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 2 WEG bzw. § 22 WEG) und die damit verbundenen Kosten zu tragen hat (§ 16 Abs. 2 WEG). Durch Vereinbarung können die Wohnungseigentümer hiervon abweichen, sofern sie eine klare und eindeutige Regelung treffen. Im Zweifel bleibt es bei der gesetzlichen Zuständigkeit (KG, ZMR 2009, 135, 136; AG Hannover, ZMR 2010, 483 f.; AG Pinneberg, ZMR 2005, 157, 158; vgl. auch BayObLG, ZMR 1996,

574).

8
b) Eine solche abweichende Regelung der Instandhaltung und Instandsetzung der Fenster und der damit verbundenen Kosten enthält § 6 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung. Die Auslegung einer derartigen, in dem Grundbuch in Bezug genommenen Bestimmung unterliegt vollen Umfangs der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Maßgebend sind ihr Wortlaut und ihr Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt, weil sie auch die Sonderrechtsnachfolger der Wohnungseigentümer bindet. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. Senat, Urteil vom 10. September 1998 - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 291 ff.).
9
c) Die Auslegung durch den Senat ergibt, dass § 6 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung den Austausch des Fensters nicht dem Kläger, sondern den Beklagten zuweist, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen anfänglichen oder um einen nachträglichen Mangel handelt. Ausdrücklich wird nur die "Erneuerung des Außenanstrichs", nicht aber die vollständige Erneuerung der Fenster geregelt. Die erforderliche eindeutige Zuweisung auch dieser Aufgabe an den einzelnen Wohnungseigentümer lässt sich der Gemeinschaftsordnung nicht entnehmen. Für eine Zuständigkeit des Sondereigentümers hinsichtlich der Erneuerung spricht zwar auf den ersten Blick, dass ihm nicht nur der Innenanstrich und die Behebung von Glasschäden, sondern auch die Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster samt Fensterrahmen obliegen. Damit wird nicht nur die Kostenlast geregelt (zu einer derartigen Regelung vgl. Senat, Urteil vom 10. Juni 2011 - V ZR 2/10, NZM 2011, 589), sondern auch die Verwaltungsbefugnis im Hinblick auf diesen Teil des Gemeinschaftseigentums. In dem gesetzlichen Sprachgebrauch umfasst die Instandhaltung und Instandsetzung auch einen Austausch (vgl. Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 21 Rn. 89). Die erforderliche Auslegung der differenzierten Regelung in ihrem Gesamtzusammenhang spricht aber dafür, dass der Begriff der Instandhaltung und Instandsetzung enger gemeint ist und nicht die vollständige Erneuerung, sondern nur die übliche Pflege, die Wartung und die Reparatur der vorhandenen Fenster erfasst. Denn die Erneuerung des Außenanstrichs der Fenster samt Rahmen wird der Eigentümergemeinschaft zugewiesen. Das erlaubt nicht den Schluss, dass alle anderen Maßnahmen dem einzelnen Wohnungseigentümer obliegen (so aber - jeweils für ähnliche Klauseln - OLG Düsseldorf, NZM 1999, 277; BayObLG, WuM 1993, 562; ZfIR 2004, 23 f.), sondern führt im Zweifel dazu , dass der Austausch der Fenster Gemeinschaftsaufgabe ist; behält sich die Gemeinschaft schon den Außenanstrich vor, gilt dies erst recht für die vollständige Erneuerung. Mit einer solchen Regelung wollen die Wohnungseigentümer nämlich eine einheitliche Außenansicht des Gebäudes sicherstellen. Ein Austausch der Fenster kann die Außenansicht in gleichem oder noch stärkerem Maße als ein Anstrich beeinflussen. In der hier verwendeten Klausel ist dieser Zweck sogar ausdrücklich festgehalten worden, weil eine einheitliche Ausführung von Maßnahmen, die die Außenansicht betreffen, als "unabdingbar" bezeichnet und der Außenanstrich aus diesem Grund der Gemeinschaft zugewiesen wird.
10
3. Ein Anspruch auf Zustimmung zu dem Ersatz der Gutachterkosten scheidet danach nicht - wie das Berufungsgericht meint - schon deshalb aus, weil die Erneuerung des Dachfensters Sache des Klägers war.

III.

11
Das Urteil kann aus diesem Grund keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Im Hinblick auf die Zustimmung zu dem Austausch des Dachfensters und die Anfechtung des darauf bezogenen ablehnenden Beschlusses kann der Senat in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils insoweit nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Nach den in dieser Hinsicht nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist das Fenster erneuerungsbedürftig; der Kläger kann die Maßnahme gemäß § 21 Abs. 4 WEG verlangen. Im Übrigen ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), weil sich das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - mit dem Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten bislang nicht näher befasst und insoweit keine ausreichenden Feststellungen getroffen hat. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 14.12.2010 - 484 C 745/10 -
LG München I, Entscheidung vom 27.06.2011 - 1 S 1062/11 WEG -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 9/12
Verkündet am:
16. November 2012
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine in der Teilungserklärung getroffene Regelung, wonach Balkone, die
zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt
sind, auf dessen Kosten instandzusetzen und instandzuhalten sind, ist nicht
einschränkend dahin auszulegen, dass hiervon Kosten ausgenommen sind,
die die im Gemeinschaftseigentum stehenden Balkonteile betreffen.
BGH, Urteil vom 16. November 2012 - V ZR 9/12 - LG Koblenz
AG Idar-Oberstein
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth sowie die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 13. Dezember 2011 wird auf Kosten des Beklagten zu 1 zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien bilden die im Rubrum näher bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft. Einige der Eigentumswohnungen verfügen über Balkone. In der Teilungserklärung heißt es in § 5.2.: „Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (z.B. Balkone, Terrassen, Veranden, Einstellplätze), sind von ihm auf seine Kosten instandzusetzen und instandzuhalten.“
2
Auf der Eigentümerversammlung vom 10. März 2010 beschlossen die Wohnungseigentümer zu dem Tagesordnungspunkt (TOP) 4, dass „die Kosten der Rechnung der Fa. M. vom 23. November 2009“ anteilsmäßig auf sämtliche Eigentümer umgelegt, und zu TOP 8, dass die (anstehenden) Kosten für die Sanierung der Balkone der Beklagten zu 1 und 2 von der Gemeinschaft übernommen werden. Die Rechnung der Fa. M. betrifft eine sog. Ursachenanalyse , in der von einer schadhaften Balkon- und Fugenabdichtung sowie von einem größtenteils losen und starke Rissbildungen aufweisenden Fliesenbelag die Rede ist.
Die gegen die Beschlüsse zu TOP 4 und 8 erhobene Anfechtungsklage
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ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Mit der zugelassenen Revision möchte der Beklagte zu 1 die Abweisung der Klage erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


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Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die gefassten Beschlüsse entsprächen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil sie gegen § 5.2. der Teilungserklärung verstießen. Die Regelung sei nächstliegend dahin auszulegen, dass Eigentümer von Wohnungen, die mit einem Balkon ausgestattet seien, für sämtliche diesbezüglich entstehenden Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten aufkommen müssten. Der Wortlaut enthalte keine Einschränkung und biete keine Anhaltspunkte für eine irgendwie geartete - im Übrigen auch nur zu Abgrenzungsschwierigkeiten führende - Unterscheidung. Damit seien die Kosten für die Isolierung und die Abdichtungsanschlüsse von den betroffenen Wohnungseigentümern zu tragen. Sie dürften nicht auf sämtliche Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft umgelegt werden.

II.

Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
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1. Das Berufungsgericht beanstandet die angefochtenen Beschlüsse zu Recht. Diese verstoßen gegen § 5.2. der Teilungserklärung.
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a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass bei der Auslegung einer Teilungserklärung maßgebend auf den Wortlaut und den Sinn abzustellen ist, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegend ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. nur Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2004 - V ZB 22/04, NJW 2004, 3413 mwN; ebenso für Beschlüsse Senat, Beschluss vom 10. September 1998 - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 291 f.; vgl. auch Urteil vom 18. Juni 2010 - V ZR 193/09, NJW 2010, 2801 Rn. 1).

b) Die auf dieser Grundlage vorgenommene, ausführlich und überzeu8 gend begründete Auslegung macht sich der Senat zu Eigen. Insbesondere hebt das Berufungsgericht zu Recht hervor, dass die Überbürdung der gesamten Kostenlast schon nach der sprachlichen Fassung von § 5.2. der Teilungserklärung daran anknüpft, dass der Balkon zum „ausschließlichen Gebrauch“ durch den jeweiligen Wohnungseigentümer bestimmt ist, die übrigen Wohnungseigentümer mithin von der Nutzung ausgeschlossen sind.
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Entgegen der Auffassung der Revision, die sich auf zu „vergleichbaren Fällen“ ergangene Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 515 f., OLG Schleswig, ZMR 2006, 963 f.) beruft, ist der Teilungserklärung auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck, wie er sich bei nächstliegendem Verständnis einem unbefangenen Betrachter erschließt, keine Einschränkung zu entnehmen. Danach ist nicht ersichtlich, dass die das Gemeinschaftseigentum betreffenden Sanierungskosten nicht von dem jeweiligen Wohnungseigentümer getragen werden sollen (gegen eine solche Einschränkung auch BayObLG, ZMR 1999, 56, 58 f.; OLG Braunschweig, ZMR 2006, 395, 396). Es ist zwar richtig, dass den Eintritt von Feuchtigkeit verhindernde Maßnahmen auch der Erhaltung des gesamten Gebäudes zugutekommen (können). Nur knüpft die Regelung hieran nicht an. In Übereinstimmung mit dem klaren und eindeutigen Wortlaut, dem insbesondere keine Differenzierung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum zu entnehmen ist, besteht der Sinn der Regelung vielmehr darin, dass die übrigen - von der Nutzung der Balkone ausgeschlossenen - Wohnungseigentümer deshalb von der Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung aller Balkonteile befreit sein sollten, weil diese Lasten bei einer Bauweise ohne Balkone nicht angefallen wären. Eine solche Regelung zu treffen, liegt im privatautonomen Gestaltungsspielraum der Wohnungseigentümer bzw. des teilenden Eigentümers. Das Wohnungseigentumsrecht lässt den Wohnungseigentümern weitgehend freie Hand, wie sie ihr Verhältnis untereinander ordnen wollen (Senat, Urteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR 289/05, WM 2006, 2374, 2376 mwN).
2. Ob der in dem Verstoß gegen § 5.2 der Teilungserklärung liegende
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Rechtsfehler nur zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse führt oder zu deren Nichtigkeit wegen fehlender Beschlusskompetenz zur erstmaligen Begründung einer Kostenlast der Gemeinschaft (vgl. Senat, Urteil vom 1. Juni 2012 - V ZR 225/11, NJW 2012, 2578, 2579), bedarf hier keiner Klärung, weil der Rechtsfehler innerhalb der Ausschlussfristen nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG geltend gemacht worden ist (dazu und zur Frage der Tenorierung Senat, Urteil vom 2. Oktober 2009 - V ZR 235/08, BGHZ 182, 307, 314 ff.; vgl. auch Urteil vom 20. Mai 2011 - V ZR 175/10, NJW-RR 2011, 1232).

III.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Schmidt-Räntsch Roth Brückner Weinland

Vorinstanzen:
AG Idar-Oberstein, Entscheidung vom 09.05.2011 - 300 C 10/10 WEG -
LG Koblenz, Entscheidung vom 13.12.2011 - 2 S 31/11 -

(1) Gegenstand des Sondereigentums sind die gemäß § 3 Absatz 1 Satz 1 bestimmten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. Soweit sich das Sondereigentum auf außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstücks erstreckt, gilt § 94 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

(2) Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, sind nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume oder Teile des Grundstücks befinden.

(3) Die Wohnungseigentümer können vereinbaren, dass Bestandteile des Gebäudes, die Gegenstand des Sondereigentums sein können, zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören.

(4) Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und Beschlüsse aufgrund einer solchen Vereinbarung können nach den Vorschriften des Abschnitts 4 zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden. Ist das Wohnungseigentum mit der Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder der Reallast eines Dritten belastet, so ist dessen nach anderen Rechtsvorschriften notwendige Zustimmung nur erforderlich, wenn ein Sondernutzungsrecht begründet oder ein mit dem Wohnungseigentum verbundenes Sondernutzungsrecht aufgehoben, geändert oder übertragen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.