Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2008 - V ZR 11/08

bei uns veröffentlicht am18.07.2008
vorgehend
Amtsgericht Duisburg, 2 C 4974/06, 27.06.2007
Landgericht Duisburg, 12 S 94/07, 13.12.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 11/08 Verkündet am:
18. Juli 2008
L e s n i a k,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Brüssel-I-VO Art. 22 Nr. 1 Satz 1 (EuGVVO)
Für Beseitigungs- und Schadensersatzklagen, die auf eine
Eigentumsverletzung gestützt werden, ist nicht der ausschließliche
Gerichtsstand des Art. 22 Nr. 1 Satz 1 EuGVVO gegeben.
BGH, Urt. v. 18. Juli 2008 - V ZR 11/08 - LG Duisburg
AGDuisburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 13. Dezember 2007 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Brüder. Sie stammen aus Italien, leben aber seit langem in Deutschland. Im Jahre 1974 wurde ihnen von ihrem mittlerweile verstorbenen Vater ein auf Sardinien belegenes Grundstück übertragen. Nach der „Überlassungsurkunde“ vom 2. Oktober 1974 sollten die Parteien das Grundstück teilen und darauf Gebäude errichten. In der Folgezeit wurde das Grundstück vermessen und katastermäßig zugeordnet.
2
Im Jahre 2006 mauerte der Beklagte ohne Absprache mit dem Kläger eine als Durchfahrt genutzte Öffnung in der beide Einfahrten abtrennenden Mauer zu. Darüber hinaus ließ er die Mauer von 60 cm auf 2 Meter erhöhen. An die Stelle einer von dem Kläger abgerissenen Mauer, die beide Grundstücksteile trennte, ließ er eine neue, etwa 20 Meter lange und 2 Meter hohe Mauer errichten. Der Kläger verlangt die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Er hält die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für gegeben, weil die Klageforderung auf einen Schadensersatzanspruch aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis und damit nicht auf ein dingliches Recht im Sinne von § 22 Nr.1 EuGVVO gestützt werde.
3
Das Amtsgericht hat die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit (als unzulässig) abgewiesen. Demgegenüber hat das Landgericht die internationale Zuständigkeit bejaht. Es hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache auf Antrag des Beklagten an das Amtsgericht zurückverwiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.

4
Das Berufungsgericht hält den für dingliche Ansprüche an unbeweglichen Sachen angeordneten ausschließlichen Gerichtsstand des Art. 22 Nr. 1 Satz 1 EuGVVO für nicht einschlägig. Schadensersatz- und Beseitigungsansprüche fielen hierunter nicht. Nach deutschem Recht sei zwar auch für Ansprüche aus § 1004 BGB der dingliche Gerichtsstand des § 24 ZPO eröffnet. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) lasse sich dies jedoch nicht auf die Regelung des Art. 22 Nr. 1 Satz 1 EuGVVO übertragen, die autonom und als Ausnahmevorschrift eng auszulegen sei. Die dingliche Rechtslage sei vorliegend lediglich als Vorfrage zu erörtern, was nach den Vorgaben des EuGH nicht ausreichend sei.

II.

5
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit zu Recht bejaht.
6
1. § 545 Abs. 2 ZPO steht der Prüfung der internationalen Zuständigkeit nicht entgegen. Regelungsgegenstand der Vorschrift ist lediglich die innerstaatliche (erstinstanzliche) Zuständigkeit (BGHZ 153, 82, 84 ff.; BGH, Urt. v. 27. Mai 2003, IX ZR 203/02, WM 2003, 1542, 1543; Urt. v. 16. Dezember 2003, XI ZR 474/02, NJW 2004, 1456 f.; Beschl. v. 5. März 2007, II ZR 287/05, NJW-RR 2007, 1509, 1510).
7
2. Der Beklagte hat seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland. Das führt nach Art. 2 EuGVVO zur internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Allerdings wird die grundsätzliche Anknüpfung an den Staat des Wohnsitzes aufgelockert durch Regelungen, die dem Kläger nach seiner Wahl einen zusätzlichen Gerichtsstand einräumen, und durchbrochen durch Gerichtsstände , die einem Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des Art. 2 EuGVVO entgegen stehen. Während etwa Art. 5 Nr. 3 EuGVVO dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, Ansprüche aus einer unerlaubten (oder aus einer dieser gleichgestellten) Handlung auch am Ort des schädigenden Ereignisses geltend zu machen, sind für Klagen, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, ausschließlich zuständig die Gerichte des Mitgliedstaats , in dem die Sache belegen ist (Art. 22 Nr. 1 Satz 1 EuGVVO). Letzteres hat das Berufungsgericht hier zu Recht verneint.
8
a) Nach der Rechtsprechung des EuGH zu der insoweit wort- und inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des Art. 16 Nr. 1 lit. a EuGVÜ ist der Begriff „dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen“ im Interesse einer möglichst einheitlichen Rechtsanwendung autonom auszulegen (vgl. nur EuGH IPRax 1991, 45; NVwZ 2006, 1149, 1150). Danach liegt ein dingliches Recht vor, wenn das Recht an der Sache gegen jedermann wirkt, während persönliche Ansprüche nur gegen den jeweiligen Schuldner geltend gemacht werden können (EuGH, NJW 1995, 37; Beschl. v. 5. April 2001, Rs. C-518/99 [Gaillard], Slg. 2001, S. I02771 ).
9
Allerdings ist Art. 22 Nr. 1 Satz 1 EuGVVO als Ausnahmevorschrift eng auszulegen, weil die ausschließliche Zuständigkeit dazu führen kann, dass den Parteien eine ihnen sonst mögliche Wahl des Gerichtsstands genommen wird und sie in gewissen Fällen vor einem Gericht zu verklagen sind, das für keine von ihnen das Gericht des Wohnsitzes ist (EuGH, NJW 1995, 37; NVwZ 2006, 1149, 1150). Dies führt zunächst dazu, dass Art. 22 Nr. 1 Satz 1 EuGVVO trotz Vorliegens eines dinglichen Rechts nicht anzuwenden ist, sofern der Zweck der Vorschrift dies nicht verlangt. Da der Grund für die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Belegenheitsstaats darin zu erblicken ist, dass diese wegen der räumlichen Nähe am besten in der Lage sind, sich durch Nachprüfungen , Untersuchungen und Einholung von Sachverständigengutachten genaue Kenntnis des Sachverhalts zu verschaffen und die insoweit geltenden Regeln und Gebräuche anzuwenden, die im Allgemeinen die des Belegenheitsstaats sind (EuGH, NJW 1985, 905; IPRax 2001, 41, 43; 2006, 159, 160), ist die ausschließliche Zuständigkeit beispielsweise dann nicht gegeben, wenn der Schuldner nicht bestreitet, dass der Gläubiger Eigentümer der unbeweglichen Sache ist (vgl. EuGH, NJW 1995, 37).
10
Zum anderen steht die Notwendigkeit einer Begrenzung des ausschließlichen Gerichtsstandes der Interpretation entgegen, Art. 22 Nr. 1 Satz 1 EuGVVO sei immer schon dann einschlägig, wenn es um eine exakte Ermittlung des Sachverhalts oder der in dem Belegenheitsstaat geltenden Regeln und Gebräuche geht. Nach der Rechtsprechung des EuGH genügt es für das Eingreifen von Art. 22 Nr. 1 Satz 1 EuGVVO nämlich nicht, dass ein dingliches Recht an einer unbeweglichen Sache von der Klage berührt wird oder dass diese in einem Zusammenhang mit einer unbeweglichen Sache steht (EuGH, IPRax 1995, 314, 315; NJW 1995, 37). Auch rechtfertigt der Umstand, dass die dingliche Rechtslage als Vorfrage zu prüfen ist, nicht schon die Qualifikation eines Anspruchs als dingliches Recht (vgl. etwa EuGH, NVwZ 2006, 1149, 1151; Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/1, S. 541, 656; Stauder, GRUR Int. 1976, 510, 511; ferner MünchKomm-ZPO/Gottwald, 3. Aufl., Art. 22 EuGVVO Rdn. 13; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 5. Aufl., Rdn. 868). So entspricht es etwa allgemeiner Auffassung, dass Schadensersatzansprüche , die auf eine Eigentumsverletzung gestützt werden, nicht von Art. 22 Nr. 1 EuGVVO erfasst werden, mag die dingliche Rechtslage auch noch so umstritten sein. Der EuGH hat dies mit der Formel zusammengefasst, der dinglichen Rechtslage komme bei solchen Schadensersatzforderungen nur inzidente Bedeutung zu; ein dingliches Recht liege daher nicht vor (NVwZ 2006, 1149, 1151). Mit derselben Erwägung hat er das Eingreifen von Art. 22 Nr. 1 EuGVVO auch für Immissionsabwehrklagen verneint (aaO), also für Ansprüche, die bei Zugrundelegung deutschen Sachrechts unter § 1004 BGB fielen.
11
b) Danach kann für gesetzliche Ansprüche, die aus einer (behaupteten) Verletzung des (Mit-)Eigentums resultieren und die – wie hier – auf die Wiederherstellung des status quo im Wege schadensersatzrechtlicher Naturalrestitution bzw. auf die Beseitigung einer aktuellen Eigentumsstörung gerichtet sind, nichts anderes gelten. Auch bei diesen Ansprüchen ist die dingliche Rechtslage nur inzidenter zu klären. Der Revision ist zwar zuzugeben, dass nach deutschem Rechtsverständnis Ansprüche aus § 1004 BGB – ebenso wie die Vindikation nach § 985 BGB – materiellrechtlich den dinglichen Ansprüchen zugeordnet werden. Darum kann es indessen im Rahmen der autonom auszulegenden Vorschrift nicht gehen, zumal die meisten anderen Rechtsordnungen solche Ansprüche nicht dinglich, sondern deliktsrechtlich einordnen, und zwar unhabhängig davon, ob die Haftung Verschulden voraussetzt (dazu Schack, IPRax 2005, 262, 264 m.w.N.; vgl. auch Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rdn. 25c u. Art. 22 EuGVVO Rdn. 2a; Rauscher/Mankowski, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 22 Brüssel I-VO, Rdn. 12b f.). Im Übrigen hat auch der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche aus § 1004 BGB dem Wahlgerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO unterfallen (BGH, Urt. v. 24. Oktober 2005, II ZR 329/03, NJW 2006, 689), der Klagen erfasst, die eine unerlaubte (oder eine dieser gleichgestellte ) Handlung zum Gegenstand haben. Diese deliktsrechtliche Qualifizierung von Ansprüchen aus § 1004 BGB ist zwar in einem Fall angenommen worden, in dem es um die Beeinträchtigung des Eigentums an einer beweglichen Sache ging. Es liegt indessen auf der Hand, dass die Bestimmung der Rechtsnatur eines Anspruches als deliktsrechtlich nicht davon abhängen kann, ob eine bewegliche oder eine unbewegliche Sache betroffen ist.
12
3. Der Senat ist nicht gehalten, den Rechtsstreit nach Art. 68 Abs. 1, 234 EGV (ABlEG C 325 v. 24. Dezember 2002, S. 61, ABlEG C 340 v. 10. November 1997, S. 204 [konsolidierte Fassung]) dem EuGH zur Auslegung des Art. 22 Nr. 1 EuGVVO (EGVO 44/2001 des Rates, ABlEG L 12, 1, 14) vorzulegen. Art. 22 Nr. 1, S. 1 EuGVVO entspricht der Vorgängervorschrift des Art. 16 Nr. 1 lit. a EuGVÜ (Übereinkommen v. 27. September 1968, ABl. 1972, L 299, S. 32), deren Auslegung durch die Rechtsprechung des EuGH hinreichend geklärt (vgl. BGH, Urt. v. 4. August 2004, XII ZR 28/01, NJW-RR 2005, 72, 73) und hier lediglich auf den Einzelfall anzuwenden ist. Dabei ist die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts vorliegend so offenkundig, dass keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass auch die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten zu dem hier gefundenen Ergebnis gelangen würden (zu diesen Voraussetzungen EuGH, NJW 1983, 1257, 1258; BVerfG, NJW 1988, 1456, 1457; BGHZ 109, 29, 31 u. 35; 153, 82, 92).

III.

13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger RiBGH Dr. Klein ist Ri'inBGH Dr. Stresemann infolge Urlaubs an der ist infolge Urlaubs an Unterschrift gehindert. der Unterschrift gehindert. Karlsruhe, den 21. Juli 2008 Karlsruhe, den 21. Juli 2008 Der Vorsitzende Der Vorsitzende Krüger Krüger
Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Duisburg, Entscheidung vom 27.06.2007 - 2 C 4974/06 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 13.12.2007 - 12 S 94/07 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2008 - V ZR 11/08

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2008 - V ZR 11/08

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2008 - V ZR 11/08 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 985 Herausgabeanspruch


Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 545 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. (2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 24 Ausschließlicher dinglicher Gerichtsstand


(1) Für Klagen, durch die das Eigentum, eine dingliche Belastung oder die Freiheit von einer solchen geltend gemacht wird, für Grenzscheidungs-, Teilungs- und Besitzklagen ist, sofern es sich um unbewegliche Sachen handelt, das Gericht ausschließlich

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2008 - V ZR 11/08 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2008 - V ZR 11/08 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2005 - II ZR 329/03

bei uns veröffentlicht am 24.10.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 329/03 Verkündet am: 24. Oktober 2005 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Aug. 2004 - XII ZR 28/01

bei uns veröffentlicht am 04.08.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 28/01 Verkündet am: 4. August 2004 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Mai 2003 - IX ZR 203/02

bei uns veröffentlicht am 27.05.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 203/02 Verkündet am: 27. Mai 2003 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ZPO § 545 Abs. 2 Die Revision kann auch nac

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2003 - XI ZR 474/02

bei uns veröffentlicht am 16.12.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 474/02 Verkündet am: 16. Dezember 2003 Weber Justizhauptsektretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja ____________
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2008 - V ZR 11/08.

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2011 - V ZR 276/10

bei uns veröffentlicht am 15.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 276/10 vom 15. September 2011 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Prof. Dr. Schmi

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Sept. 2013 - V ZB 163/12

bei uns veröffentlicht am 18.09.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 163/12 vom 18. September 2013 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Brüssel I-VO Art. 22 u. 27 Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird nach Art. 267 AEUV folgende Frage zu

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2018 - IX ZR 22/18

bei uns veröffentlicht am 06.12.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 22/18 Verkündet am: 6. Dezember 2018 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Brüssel-I-VO Art. 2

Referenzen

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Für Klagen, durch die das Eigentum, eine dingliche Belastung oder die Freiheit von einer solchen geltend gemacht wird, für Grenzscheidungs-, Teilungs- und Besitzklagen ist, sofern es sich um unbewegliche Sachen handelt, das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Sache belegen ist.

(2) Bei den eine Grunddienstbarkeit, eine Reallast oder ein Vorkaufsrecht betreffenden Klagen ist die Lage des dienenden oder belasteten Grundstücks entscheidend.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 203/02
Verkündet am:
27. Mai 2003
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die Revision kann auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform
des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 1887) darauf gestützt werden,
daß das Gericht des ersten Rechtszuges seine internationale Zuständigkeit
zu Unrecht verneint habe (im Anschluß an BGH, Urt. v. 28. November 2002
- III ZR 102/02, ZIP 2003, 685, 686 f).
ZPO § 19a; EGInsO Art. 102; EuInsVO Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 2
§ 19a ZPO begründet weder eine örtliche noch eine deutsche internationale
Zuständigkeit für Klagen des Insolvenzverwalters am Sitz des Insolvenzgerichts.
BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 203/02 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Dr. Fischer, Raebel und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 11. Juli 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Juni 1999 vom Amtsgericht Pforzheim eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des H. H. und nimmt die in Thailand wohnende Beklagte aufgrund folgenden Vorbringens in Anspruch: Der Insolvenzschuldner - ihr Schwager - habe ihr am 7. April 1999 zwei ihm gehörende, bebaute Grundstücke in Spanien mit einem Wert von 2,5 bis 3 Mio. DM veräußert. Der vereinbarte Kaufpreis von nur 500.000 DM sei nicht gezahlt, sondern gegen eine angebliche Darlehensforderung der Beklagten verrechnet worden. Die Übertragung sei gemäß §§ 129 ff InsO anfechtbar.
Die auf Rückübereignung der Grundstücke gerichtete Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel ist nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht begründet und deshalb entsprechend § 539 Abs. 2 Satz 2 ZPO zurückzuweisen , obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht nicht vertreten war.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Deutsche Gerichte seien nicht zuständig. Ein zwischenstaatlicher Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand oder ein internationales Abkommen, das die internationale Zuständigkeit vorrangig regele, bestehe nicht. Die Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates der Europäischen Union über Insolvenzverfahren vom 29. Mai 2000 sei erst am 31. Mai 2002 in Kraft getreten und finde nach Art. 43 nur auf solche Insolvenzverfahren Anwendung, die nach ihrem Inkrafttreten eröffnet wurden.
Die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts folge auch nicht aus den innerstaatlichen Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit. Insbesondere erstrecke sich § 19a ZPO - demzufolge der allgemeine Gerichtsstand eines Insolvenzverwalters für Klagen, die sich auf die Insolvenzmasse beziehen, durch den Sitz des Insolvenzgerichts bestimmt wird - ausschließlich auf massebezogene Passivprozesse des Insolvenzverwalters, während es für dessen Aktivprozesse bei den allgemeinen Vorschriften verbleibe. Schon dem Wortlaut nach kennzeichne der "allgemeine Gerichtsstand" einer Person nach der Systematik der Zivilprozeßordnung das Gericht, das für alle gegen sie ge-
richteten Klagen zuständig ist (§ 12 ZPO). Der Regierungsentwurf zum Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung habe die Einführung eines § 31a ZPO mit folgendem Wortlaut vorgesehen: "Für Klagen gegen den Insolvenzverwalter, die sich auf die Insolvenzmasse beziehen, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Insolvenzgericht seinen Sitz hat" (BT-Drucks. 12/3803, S. 17). Nach der Begründung habe die neue Norm nur klarstellen sollen, daß sich der Gerichtsstand für derartige Klagen nicht nach dem Wohnsitz des Verwalters bestimme (aaO S. 67). Auf den ergänzenden Vorschlag des Bundesrates, dieses Ziel durch einen ausdrücklichen Ausschluß des § 13 ZPO klarzustellen (aaO S. 122), sei § 19a ZPO in der später Gesetz gewordenen Fassung entworfen worden (aaO S. 133). Der Rechtsausschuß des Bundestages habe diesem Vorschlag zugestimmt, weil er dem Anliegen Rechnung trage, den allgemeinen Gerichtsstand am Wohnsitz des Insolvenzverwalters für Klagen auszuschließen , die sich auf die Insolvenzmasse beziehen (BT-Drucks. 12/7303, S. 108).
Diese Entscheidung des Gesetzgebers könne nicht durch die vom Kläger angeführten Belange des Insolvenzverwalters und der Insolvenzgläubiger, die auf eine Erleichterung der Rechtsverfolgung zielen, entkräftet werden, zumal ihnen ebenso schutzwürdige Belange des in Anspruch Genommenen entgegenstünden.

II.


Demgegenüber rügt die Revision: Der Wortlaut des § 19a ZPO lasse es zu, die Vorschrift auch auf Aktivprozesse zu beziehen. Das sei mindestens für die internationale Zuständigkeit geboten, weil sonst keine Zuständigkeit in dem
Staat zu begründen sei, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Interessenlagen bei der internationalen Zuständigkeit sei wesentlich vielschichtiger als diejenige bei der örtlichen. Das ausländische Verfahrensrecht könne erhebliche Erschwerungen für die Prozeßführung mit sich bringen. Zudem entscheide die internationale Zuständigkeit mittelbar über das anzuwendende Kollisionsrecht und über das anzuwendende materielle Recht. Ferner führten gerade Auslandsprozesse des Insolvenzverwalters nicht nur zu einer erheblichen Zeitverzögerung, sondern auch zu erhöhten Kosten, so daß die Interessen der Gläubiger hierdurch nicht hinreichend gewahrt werden könnten.

III.


Diesen Erwägungen vermag der Senat nicht zu folgen.
1. Er ist allerdings nicht durch § 545 Abs. 2 ZPO n.F. gehindert, die deutsche internationale Zuständigkeit zu überprüfen (ebenso BGH, Urt. v. 28. November 2002 - III ZR 102/02, ZIP 2003, 685, 686 f m.w.N.; Leible NJW 2003, 407, 408 f; a.M. Emde EWiR 2003, 495, 496). Der uneingeschränkte Wortlaut der Vorschrift allein ergibt nicht hinreichend, daß nicht nur die örtliche und sachliche (nationale), sondern auch die internationale Zuständigkeit nicht mehr revisibel sein soll. Denn auf diese trifft die nur auf eine Vereinfachung abstellende Begründung des Gesetzgebers nicht zu, die eine Gleichwertigkeit der angerufenen erstinstanzlichen Gerichte voraussetzt. Gerichte aller anderen Staaten können nicht ohne weiteres in diesem Sinne als gleichwertig angesehen werden. Insbesondere ist gegenüber der beantragten Anerkennung eines ausländischen Urteils die Rüge der fehlenden Zuständigkeit (§ 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oft die einzige wirksame Verteidigungsmöglichkeit. Wäre sie nicht mehr
revisibel, so wären deutsche Beklagte in wesentlich höherem Maße als bisher gehalten, sich auf Klagen im Ausland vor an sich international unzuständigen Gerichten einzulassen und auch die daraus folgenden prozessualen und sachlich -rechtlichen Nachteile hinzunehmen.
2. Mit dem Berufungsgericht geht der Senat davon aus, daß § 19a ZPO eine örtliche Zuständigkeit des (deutschen) Gerichts am Sitz des Insolvenzgerichts - als Anknüpfungspunkt für eine internationale Zuständigkeit - nur für Klagen gegen einen Insolvenzverwalter bestimmt. Die Begründung des Berufungsgerichts hierfür trifft zu; der Senat macht sie sich zu eigen. Die mögliche Arbeitserleichterung für den Insolvenzverwalter, die mit der gegenteiligen Auslegung verbunden wäre, hat der Gesetzgeber zum Schutz der möglichen Beklagten gerade nicht ausreichen lassen (vgl. auch Gerhardt, in Festschrift für Brandner, 1996, S. 605, 614).
3. Für die deutsche internationale Zuständigkeit gilt nichts anderes. Die von der Revision vorgebrachten Zweckmäßigkeitserwägungen vermögen keine weitergehende Zuständigkeit für Klagen eines Insolvenzverwalters am Sitz des Insolvenzgerichts zu begründen. Sie berücksichtigen nicht, daß eine einseitige Zuständigkeitserweiterung im internationalen Rechtsverkehr zu Spannungen führen und die Anerkennungsfähigkeit deutscher Urteile im Ausland gefährden kann.

a) Zwar kennen einige ausländische Staaten eine Allzuständigkeit des Insolvenzgerichts für sämtliche mit einem Insolvenzverfahren zusammenhängenden Streitigkeiten (vis attractiva concursus, vgl. Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungs -, Konkurs- und Vergleichsrecht Bd. II 12. Aufl. Rn. 39.46 für Italien, Rn. 39.67 für Österreich). International anerkannt ist aber weder diese noch
allgemein eine Zuständigkeit anderer Gerichte des Eröffnungsstaats für alle aus einem Insolvenzverfahren hervorgehenden Prozesse. Bedenken gegen die Anknüpfung einer umfassenden Zuständigkeit an den Sitz des Insolvenzgerichts bestehen in besonderem Maße, wenn - wie hier - dingliche Rechte an einem im Ausland belegenen Grundstück übertragen werden sollen (vgl. § 24 ZPO, Art. 16 Nr. 1 Buchst. a EuGVÜ, Art. 22 Nr. 1 EuGVVO). Auch Thailand kennt - nach den dem Senat verfügbaren Unterlagen (Wenk, Gerichtsverfassung und Zivilprozeß in Thailand, 1960, S. 22 f) - eine vorrangige Zuständigkeit des Gerichts der belegenen Sache für Klagen betreffend unbewegliches oder bewegliches Eigentum oder Rechte, die sich auf Eigentum beziehen.

b) In Spanien käme allerdings in Insolvenzverfahren, die nach dem 31. Mai 2002 in Deutschland eröffnet werden (vgl. Art. 43, 47 EuInsVO), die Anerkennung eines deutschen Anfechtungsurteils auf der Grundlage des Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 2 EuInsVO in Betracht. Danach werden auch Entscheidungen anerkannt, die unmittelbar aufgrund eines anzuerkennenden Insolvenzverfahrens ergehen und in engem Zusammenhang damit stehen, sogar wenn diese Entscheidungen von einem anderen Gericht als dem Insolvenzgericht getroffen werden. Ob diese Vorschrift auch Anfechtungsklagen erfaßt (so MünchKomm-InsO/Reinhart, Art. 25 EuInsVO Rn. 5; Duursma-Kepplinger, in Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, EuInsVO Art. 25 Rn. 54, 56 m.w.N.; Haubold IPRax 2002, 157, 160; vgl. auch Kemper ZIP 2001, 1609, 1614), braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 2 EuInsVO zieht nur Folgerungen für denjenigen Fall, daß ein Mitgliedstaat eine Zuständigkeit für solche Verfahren für sich in Anspruch nimmt. Die europarechtliche Norm begründet aber nicht selbst eine entsprechende internationale Zuständigkeit der Einzelstaaten (vgl. Leible/Staudinger KTS 2000, 533, 566 Fn. 230; ferner MünchKomm-InsO/Reinhart, Art. 25 EuInsVO Rn. 6; Lüke ZZP
111 [1998] S. 275, 291 ff und Diskussionsbeitrag S. 354 f; Lüke in Festschrift für Schütze [1999], S. 467, 481 f; Herchen, Das Übereinkommen über Insolvenzverfahren der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 23. November 1995 [2000], S. 228 ff).
Eine solche Zuständigkeit hat der deutsche Gesetzgeber sogar mit dem durch Gesetz vom 14. März 2003 (BGBl. I 345) neu gefaßten Art. 102 EGInsO nicht in Anspruch genommen, der nunmehr zur Durchführung der Europäischen Insolvenzverordnung dienen soll; Art. 102 § 1 EGInsO regelt nur die Zuständigkeit der Insolvenzgerichte, nicht aber von Prozeßgerichten. Im Gegenteil bestätigt die Amtliche Begründung zu § 343 InsO n.F. (BT-Drucks. 15/16, S. 21) den Gleichklang von internationaler und örtlicher Zuständigkeit der Insolvenzgerichte im deutschen Recht. Eine internationale Zuständigkeit ohne entsprechende örtliche Zuständigkeit wäre nutzlos. Zwischenstaatliche Regeln über die mögliche Anerkennung einer internationalen Zuständigkeit können allein nicht als Maßstab für die Auslegung der örtlichen Zuständigkeit in den Einzelstaaten dienen.
Es kommt deshalb nicht mehr entscheidend darauf an, daß die erst später in Kraft getretene Regelung des Art. 25 EuInsVO nicht rückwirkend die Auslegung des älteren § 19a ZPO bestimmen kann.
Kreft Kirchhof Fischer Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bergmann ist wegen Urlaubs verhindert, seine Unterschrift beizufügen Raebel Kreft

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 474/02 Verkündet am:
16. Dezember 2003
Weber
Justizhauptsektretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
ZPO § 513 Abs. 2; EuGVÜ Art. 5 Nr. 1

a) Die Berufung kann auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des
Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) darauf gestützt werden, daß
das Gericht des ersten Rechtszuges seine internationale Zuständigkeit zu Unrecht
angenommen hat.

b) Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ begründet für die Klage aus einem Scheck, der zur
Begleichung einer Kaufpreisschuld hingegeben wurde, keinen Gerichtsstand
am Erfüllungsort der Kaufpreisforderung.
BGH, Urteil vom 16. Dezember 2003 - XI ZR 474/02 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 16. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe und die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann und
Dr. Appl

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22. November 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die B. Gerüstbau (im folgenden: Verkäuferin) verkaufte der Beklagten , die ihren Sitz in der Gemeinde K. in Österreich hat, gebrauchtes Gerüstbaumaterial zum Preis von 220.000 DM. Die Beklagte holte einen Teil der Ware in der Niederlassung der Verkäuferin in M. ab und zahlte 120.000 DM. Über den Restbetrag von 100.000 DM stellte sie an ihrem Geschäftssitz am 18. September 2001 auf Bitte der Verkäuferin einen auf die Bank ... in G. /Österreich gezogenen Scheck für die Klägerin als Zahlungsempfängerin aus. Die Verkäuferin hatte dieser den Restkaufpreisanspruch abgetreten. Der Scheck wurde von der bezogenen Bank bei Vorlage nicht eingelöst.

Die Klägerin hat die Beklagte im Scheckprozeß auf Zahlung von 100.208,24 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Beklagte hat gerügt, daß das angerufene Landgericht Duisburg international nicht zuständig sei. Zur Zahlung der Schecksumme sei sie nicht verpflichtet, da das verkaufte Gerüstbaumaterial Mängel aufweise.
Das Landgericht hat der Klage durch Scheckvorbehaltsurteil stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin nach einem gerichtlichen Hinweis auf die Unzuständigkeit der deutschen Gerichte für die Scheckklage die Abstandnahme vom Urkundenprozeß erklärt, ihre Klage auf den Anspruch aus dem Kaufvertrag gestützt und die Scheckklage nur für den Fall weiterverfolgt, daß das Berufungsgericht die Abstandnahme nicht zulasse. Die Beklagte hat dem widersprochen. Das Oberlandesgericht hat den Übergang in das ordentliche Verfahren sowie die Klageänderung nicht zugelassen und die Scheckklage als unzulässig abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht, dessen Urteil in IHR 2003, 81 ff. veröffent- licht ist, hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Die im Scheckprozeß erhobene Klage sei unzulässig, da den deutschen Gerichten die internationale Zuständigkeit fehle. Die Neufassung des § 513 Abs. 2 ZPO durch die am 1. Januar 2002 in Kraft getretene ZPO-Reform stehe einer Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts nicht entgegen. Zwar könne die Berufung danach nicht darauf gestützt werden, daß das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen habe. Dies umfasse dem Wortlaut nach auch die Rüge der internationalen Zuständigkeit. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich indes nicht, daß der Gesetzgeber die Frage der Kontrolle der internationalen Zuständigkeit im zweiten Rechtszug geprüft und entschieden habe.
Nach Art. 2 EuGVÜ sei die Beklagte grundsätzlich an ihrem Sitz in Österreich zu verklagen. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergebe sich nicht aus der allein in Betracht kommenden Ausnahmeregelung des Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ. Danach könne eine Person, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bildeten, vor dem Gericht des Erfüllungsortes verklagt werden. Streitgegenstand sei ein Anspruch aus einem Scheckbegebungsvertrag , der in Österreich zu erfüllen sei. Der Erfüllungsort bestimme sich nach dem Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit der Sache befaßten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgeblich sei. Art. 63 ScheckG unterstelle die Wirkungen der Scheckerklärungen dem
Recht des Landes, in dessen Gebiet die Erklärungen unterschrieben worden seien, d.h. hier Österreich. Nach Art. 2 Abs. 2 des österreichischen Scheckgesetzes gelte mangels besonderer Angabe der bei dem Namen des Bezogenen angegebene Ort G. /Österreich als Zahlungsort.
Die Klägerin könne ihren Klageantrag im Berufungsverfahren nicht durch Übergang in das ordentliche Verfahren und Klageänderung auf Ansprüche aus dem Kaufvertrag stützen. Die Regelung des § 596 ZPO, die ein Abstehen von dem Urkundenprozeß bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erlaube, betreffe nach Inkrafttreten der ZPO-Reform jedenfalls nicht mehr das Verfahren im Scheckprozeß in zweiter Instanz. Das Berufungsverfahren wiederhole nicht die Tatsacheninstanz, sondern diene der Fehlerkontrolle und -beseitigung. Wechsele der Kläger die Prozeßart und stütze er sich auf Ansprüche aus dem Grundgeschäft, so verändere er den Streitgegenstand. Bei Zulassung einer solchen Abstandnahme müsse das Berufungsgericht sich mit Anspruchsgründen und Einwendungen sowie Einreden befassen, die gegenüber dem zuoder aberkannten Scheckanspruch des erstinstanzlichen Urteils einen völlig neuen Streitstoff einführten, für den das Ergebnis der bisherigen Prozeßführung nicht verwertet werden könne. Sinn und Zweck der Beschränkung des Tatsachenstoffs (§ 529 ZPO) und der Novenbeschränkung nach § 531 Abs. 2 ZPO ließen dies nicht zu.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
1. Das Berufungsgericht ist mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die von der Klägerin im Scheckprozeß erhobene Klage unzulässig ist. Obwohl das Landgericht seine Zuständigkeit angenommen hatte, war das Berufungsgericht zur Prüfung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte befugt. Diese ist nicht gegeben.

a) Da die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht nach dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde, gelten sowohl für die Berufung als auch für die Revision die Regelungen der Zivilprozeßordnung in der seit dem 1. Januar 2002 gültigen Fassung (vgl. § 26 Nr. 5 und 7 EGZPO). Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, ist das Revisionsgericht auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) befugt, die internationale Zuständigkeit zu prüfen (BGHZ 153, 82, 84 ff.; BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 203/02, WM 2003, 1542, 1543).

b) Dies gilt auch für das Berufungsgericht. Die Vorschrift des § 513 Abs. 2 ZPO, nach der die Berufung nicht darauf gestützt werden kann, daß das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat, bezieht sich - wie § 545 Abs. 2 ZPO im Revisionsverfahren - nicht auf die internationale Zuständigkeit (OLG Celle ZIP 2002, 2168, 2170; Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht 4. Aufl. Rdn. 1009 und 1855; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO 24. Aufl. § 513 Rdn. 8; Albers, in:
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 62. Aufl. § 513 Rdn. 5; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO 25. Aufl. § 513 Rdn. 3; a.A. OLG Stuttgart MDR 2003, 350 f.; MünchKomm/Rimmelspacher, ZPO 2. Aufl. Aktualisierungsbd. § 513 Rdn. 16; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 513 Rdn. 7). Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses war anerkannt, daß die internationale Zuständigkeit in jedem Verfahrensabschnitt von Amts wegen zu prüfen war (BGHZ 44, 46 ff.; 115, 90, 91; 134, 127, 129 f.; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 - IX ZR 196/97, WM 1999, 226, 227). Weder dem Wortlaut des § 513 Abs. 2 ZPO noch der Gesetzesbegründung ist in hinreichender Weise zu entnehmen, daß der Gesetzgeber daran etwas ändern wollte.
Das Gesetz stellt darauf ab, daß das Gericht des ersten Rechtszugs "seine" Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Dieser Wortlaut läßt sich auch dahin verstehen, daß unter diesen Voraussetzungen nur die Zuständigkeitsverteilung unter den deutschen Gerichten, nicht aber diejenige zwischen den deutschen und den ausländischen Gerichten einer Nachprüfung durch das Berufungsgericht entzogen ist (vgl. BGHZ 153, 82, 85 zu § 545 Abs. 2 ZPO).
Nach der Gesetzesbegründung sollen durch § 513 Abs. 2 ZPO im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung der Berufungsgerichte Rechtsmittelstreitigkeiten vermieden werden, die allein auf die Frage der Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts gestützt werden. Die von diesem geleistete Sacharbeit solle nicht wegen fehlender Zuständigkeit hinfällig werden (BT-Drucks. 14/4722, S. 94). Diese Hinweise sind zu allgemein, als daß angenommen werden könnte, der Gesetzgeber habe die internationale Zuständigkeit ebenso wie die Zustän-
digkeitsverteilung unter den - unterstelltermaßen gleichwertigen (BGHZ 44, 46, 49) - innerstaatlichen Gerichten teilweise der Nachprüfung im Berufungsverfahren entziehen wollen (vgl. BGHZ 153, 82, 86). Die internationale Zuständigkeit hat ein ungleich höheres Gewicht als die örtliche, sachliche oder funktionelle Zuständigkeit. Sie betrifft die Abgrenzung zu den Souveränitätsrechten anderer Staaten und sie entscheidet über das internationale Privatrecht - und damit nicht selten mittelbar über das materielle Recht - sowie das Verfahrensrecht, das Anwendung findet. Die Entscheidung über die internationale Zuständigkeit kann demgemäß im Gegensatz zu der Zuständigkeitsabgrenzung unter den deutschen Gerichten die sachliche Entscheidung des Prozesses vorwegnehmen (BGHZ 44, 46, 50; 153, 82, 86).

c) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist für die von der Klägerin im Scheckprozeß erhobene Klage nicht gegeben.
aa) Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte mit Recht nach dem Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) beurteilt, das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich anwendbar ist. Die Vorschriften der Verordnung 44/2001 vom 22. Dezember 2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) sind nur auf solche Klagen anwendbar, die nach deren Inkrafttreten am 1. März 2002 erhoben worden sind (Art. 66 Abs. 1, Art. 76 Abs. 1 EuGVVO). Die Klage im Scheckprozeß ist der Beklagten jedoch bereits im November 2001 zugestellt worden.

bb) Nach Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ können Personen, die ihren Wohn- sitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, grundsätzlich nur vor den Gerichten dieses Staats verklagt werden. Der Sitz von Gesellschaften und juristischen Personen steht dabei dem Wohnsitz gleich (Art. 53 Abs. 1 Satz 1 EuGVÜ). Die Beklagte hat ihren Sitz in dem Vertragsstaat Österreich. Die Gerichte eines anderen Vertragsstaats sind gemäß Art. 3 EuGVÜ international nur zuständig, soweit das Übereinkommen Ausnahmen regelt. Aus den Zuständigkeitsbestimmungen der Zivilprozeßordnung, insbesondere aus § 23 ZPO, dessen Anwendung in Art. 3 Abs. 2 EuGVÜ ausdrücklich ausgeschlossen ist, kann die Zulässigkeit der Klage daher entgegen der von der Klägerin zunächst vertretenen Ansicht nicht hergeleitet werden.
cc) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist nicht durch rügelose Einlassung der Beklagten gemäß Art. 18 EuGVÜ begründet worden. Die Begründung der internationalen Zuständigkeit wird verhindert, wenn der Beklagte die internationale Zuständigkeit rügt und sich gleichzeitig hilfsweise zur Hauptsache einläßt (vgl. EuGH, Urteil vom 24. Juni 1981 - Rs 150/80, Slg. 1981, 1671, 1685, Rz. 12 ff. - Ele- fanten Schuh). So liegt es hier.
dd) Das Berufungsgericht hat ferner zutreffend angenommen, daß sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ergibt. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Ge-
richt des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre.
In diesem Zusammenhang braucht die umstrittene Frage, ob der Rückgriffsanspruch des Schecknehmers gegen den Aussteller als vertraglicher Anspruch (so Baumbach/Hefermehl, 22. Aufl. Einl. WG Rdn. 28 und Einl. ScheckG Rdn. 16; Nobbe, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 62 Rdn. 23; MünchKomm/Häuser, HGB Bd. V ZahlungsV Rdn. D 203) oder als gesetzlicher Anspruch (so LG Göttingen RIW 1977, 235; LG Bayreuth IPRax 1989, 230 f.; LG Frankfurt a.M. IPRax 1997, 258 f.; Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere 12. Aufl. § 3 I 2 b) anzusehen ist, nicht entschieden zu werden. Auch wenn man den von der Klägerin geltend gemachten Rückgriffsanspruch als Anspruch aus einem Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ansieht, folgt aus dieser Bestimmung keine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Der Gerichtsstand des Erfüllungsorts liegt in diesem Fall nicht in der Bundesrepublik Deutschland. Die maßgebliche scheckrechtliche Verpflichtung der Beklagten ist vielmehr in Österreich zu erfüllen.
(1) Der Ort, an dem die Kaufpreisschuld von der Beklagten zu erfüllen ist, ist für die internationale Zuständigkeit des Gerichts, das über die von der Klägerin im Scheckprozeß erhobene Klage zu entscheiden hat, entgegen der Auffassung der Revision unerheblich.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ist für die Bestimmung des Erfüllungsorts im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ die Verpflichtung heranzuziehen, die dem vertraglichen Anspruch entspricht, auf den der Kläger seine Klage stützt (EuGH,
Urteile vom 6. Oktober 1976 - Rs 14/76, Slg. 1976, 1497, 1508, Rz. 13/14 - de Bloos, vom 15. Januar 1987 - Rs 266/85, Slg. 1987, 239, 254, Rz. 9 - Shenavai und vom 5. Oktober 1999 - Rs C-420/97, Slg. I 1999, 6747, 6790, Rz. 31 - Leathertex). Etwas anderes gilt dann, wenn der Kläger seine Klage in einem Rechtsstreit auf mehrere Verpflichtungen stützt, die sich aus einem einzigen Vertrag ergeben. In diesem Fall folgt Nebensächliches der Hauptsache. Bei mehreren streitigen Verpflichtungen entscheidet die Hauptpflicht über die Zuständigkeit des Gerichts (EuGH, Urteile vom 15. Januar 1987 aaO S. 256 Rz. 19 und vom 5. Oktober 1999 aaO S. 6792 Rz. 39). Wird die Erfüllung mehrerer gleichrangiger Pflichten aus einem Vertragsverhältnis eingeklagt, so ist für jede von ihnen gesondert zu prüfen, ob der Erfüllungsort im Gerichtsstaat liegt (EuGH, Urteil vom 5. Oktober 1999 aaO Rz. 40 f.).
Nach diesen Grundsätzen scheidet der Erfüllungsort der Kaufpreisschuld als Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit des Gerichts, das über den Rückgriffsanspruch des Schecknehmers gegen den Aussteller zu entscheiden hat, aus. Auch wenn der Scheck erfüllungshalber hingegeben wird und damit letztlich dem Ausgleich der Kaufpreisforderung dient, so ergibt sich die Verpflichtung des Ausstellers keinesfalls - schon gar nicht als Nebenpflicht - aus dem Kaufvertrag. Sieht man die Verpflichtung als vertragliche an, so beruht sie auf dem schuldrechtlichen Teil des gesondert abgeschlossenen Begebungsvertrags.
(2) Die scheckrechtliche Verpflichtung der Beklagten ist, wie das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen hat, in dem Ort G. in Österreich zu erfüllen.

Der Erfüllungsort im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ist nach dem Recht zu ermitteln, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befaßten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgeblich ist (EuGH, Urteile vom 6. Oktober 1976 - Rs 12/76, Slg. 1976, 1473, 1486, Rz. 15 - Tessili; vom 5. Oktober 1999 aaO S. 6791 Rz. 33 und vom 19. Februar 2002 - Rs C-256/00, Slg. I 2002, 1699, 1728 Rz. 33 - Besix). Gemäß Art. 63 ScheckG bestimmen die Wirkungen der Scheckerklärungen sich nach dem Recht des Landes, in dessen Gebiet die Erklärungen unterschrieben worden sind. Zu den Wirkungen einer Scheckerklärung gehört alles, was die Haftung des Scheckschuldners betrifft (vgl. Baumbach /Hefermehl, 22. Aufl. Art. 63 SchG Rdn. 1 und Art. 93 WG Rdn. 1; Nobbe, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 62 Rdn. 20). Dazu gehört auch der Erfüllungsort. Da die Beklagte den Scheck in K. /Österreich unterschrieben hat, ist das österreichische Recht, das keine Rückverweisung auf das deutsche Recht enthält (vgl. Art. 63 des österreichischen Scheckgesetzes), maßgeblich.
Das Berufungsgericht ist unter Anwendung des Art. 2 Abs. 2 des österreichischen Scheckgesetzes zu dem Ergebnis gelangt, daß die Verpflichtung der Beklagten aus dem Scheck in G. /Österreich zu erfüllen ist. Insoweit ist die angefochtene Entscheidung für das Revisionsgericht bindend, weil sie auf der Anwendung ausländischen Rechts beruht (§ 545 Abs. 1, § 560 ZPO). Diese Bindung besteht auch, soweit von der Anwendung ausländischen Rechts die Entscheidung über eine von Amts wegen zu prüfende Prozeßvoraussetzung, insbesondere die internationale Zuständigkeit, abhängt (BGHZ 89, 325, 331; BGH, Urteil vom 6. November 1991 - XII ZR 240/90, NJW 1992, 438, 439; a.A. Geimer,
Internationales Zivilprozeßrecht 4. Aufl. Rdn. 2606). Ihr steht nicht entgegen , daß die vom Berufungsgericht herangezogene Vorschrift des ausländischen Rechts - wie hier - den gleichen oder einen ähnlichen Wortlaut wie die entsprechende Vorschrift des deutschen Rechts hat (BGH, Urteile vom 29. September 1977 - II ZR 204/75, WM 1977, 1322 und vom 23. Januar 1996 - VI ZR 291/94, NJW-RR 1996, 732).
2. Soweit das Berufungsgericht die vom Kläger in zweiter Instanz vorgenommene Umstellung der Klage auf Ansprüche aus dem Kaufvertrag als unzulässig angesehen hat, hält dies jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand.
Dabei kann offenbleiben, ob dem Berufungsgericht insoweit zu folgen ist, als es für den Scheckprozeß davon ausgeht, daß die vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung bejahte grundsätzliche Anwendbarkeit des § 596 ZPO auch im Berufungsverfahren (vgl. BGHZ 29, 337, 339 f.; 69, 66, 69; Senatsurteile vom 1. Februar 1994 - XI ZR 105/93, WM 1994, 455, 456 und vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 308/98, WM 1999, 2324, 2326) seit dem Inkrafttreten der ZPO-Reform am 1. Januar 2002 keine Geltung mehr beanspruchen könne (so auch Zöller/ Greger, ZPO 24. Aufl. § 596 Rdn. 4; a.M. dagegen Schellhammer, Zivilprozeß 10. Aufl. Rdn. 1841; Musielak/Voit, ZPO 3. Aufl. § 596 Rdn. 7). Die Klägerin hat sich nicht darauf beschränkt, in der Berufungsinstanz vom Urkundenprozeß (Scheckprozeß) abzustehen und in das ordentliche Verfahren überzugehen. Sie hat darüber hinaus den Klageanspruch ausgewechselt , indem sie ihre Klage nicht mehr auf Forderungen aus dem Scheck, sondern auf solche aus dem Kaufvertrag gestützt hat. Die Zulässigkeit der darin liegenden Klageänderung muß - unabhängig von der
Frage der Zulässigkeit der Abstandnahme vom Urkundenprozeß - am Maßstab des § 533 ZPO geprüft werden. Die Zulässigkeit dieser Klageänderung hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint.
Nach § 533 Nr. 2 ZPO ist eine Klageänderung nur zulässig, wenn die geänderte Klage auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Daran fehlt es hier. Das Landgericht hat zur Berechtigung der Kaufpreisforderung keine Feststellungen getroffen. Ohne die Klageänderung kommt es auf solche Feststellungen auch nicht an, da die Scheckklage - wie dargelegt - unzulässig ist.

III.


Die Revision der Klägerin war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Appl

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 329/03 Verkündet am:
24. Oktober 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2; Brüssel I-VO Art. 5 Nr. 3

a) Für Unterlassungsklagen wegen einer Eigentumsbeeinträchtigung gemäß
§ 1004 BGB (hier: Eigentumsberühmung), die ein im EU-Ausland wohnender
Beklagter im Inland begangen hat und deren Wiederholung droht, sind die
deutschen Gerichte international zuständig gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO.

b) Berühmt sich jemand nicht gegenüber dem wahren Eigentümer, sondern gegenüber
außen stehenden Dritten, er sei Eigentümer einer Sache, kann sich
der dadurch in seinem Eigentum Betroffene mit der Unterlassungsklage gemäß
§ 1004 BGB wehren.
BGH, Urteil vom 24. Oktober 2005 - II ZR 329/03 - OLG Stuttgart
LG Ravensburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 24. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn
und Caliebe

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. September 2003 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger, der im Besitz einer bedeutenden Kunstsammlung ist, erwarb im Jahr 1983 das von O. S. im Jahr 1931 gemalte Bild "Rote Mitte" von einer deutschen Galerie, die das Werk im Jahr 1959 im Rahmen einer Auktion in den Vereinigten Staaten ersteigert hatte. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass der Kläger - zumindest durch Ersitzung nach § 937 BGB - Eigentümer des Bildes ist, selbst wenn das Werk dem Künstler während der Zeit des Nationalsozialismus widerrechtlich entzogen worden sein sollte.
2
Die Mutter des Beklagten gehört zusammen mit der Streithelferin des Klägers zur Erbengemeinschaft O. S. . Der Beklagte, der in Belangen der Erbschaft die Interessen seiner Mutter vertritt, hat in einem als "vertraulich" gekennzeichneten, an einen Kunstverlag gerichteten Schreiben, das den Briefkopf "O. S. Sekretariat und Archiv ..." trägt, geäußert, der "Familiennachlass O. S. " sei Eigentümer des Bildes "Rote Mitte". Der hiervon durch den Kunstverlag unterrichtete Kläger verlangt von dem Beklagten , diese Behauptung zu unterlassen.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist nicht begründet.
5
1. Vergeblich rügt die Revision im Hinblick auf den Wohnsitz des Beklagten in Italien die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Die Zuständigkeit für den Unterlassungsanspruch des Klägers folgt aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO, der seit dem 1. März 2002 in Kraft ist und daher auf die im August 2002 erhobene Klage Anwendung findet.
6
a) Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: EuGH) legt den Begriff der "unerlaubten Handlung" und der "Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist", autonom und sehr weit aus. In diesem Gerichtsstand sind alle Klagen zulässig, mit denen eine Schadenshaftung geltend gemacht wird, die nicht an einen Vertrag i.S. des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO anknüpft (EuGH, Urt. v. 1. Oktober 2002 - C 167/00, NJW 2002, 3617, 3618, Tz. 36 m.w.Nachw.). Abzugrenzen ist die unerlaubte Handlung ebenso wie die ihr gleichgestellte Handlung von einem Vertrag, d.h. von einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung. Hierunter fallen daher neben quasi-negatorischen Ansprüchen im Wettbewerbs- und im Immaterialgüterrecht gerade auch Ansprü- che aus § 1004 BGB, die eine Schadensentstehung durch Eigentumsbeeinträchtigungen verhindern bzw. zu deren Beseitigung dienen sollen (Rauscher, Europäisches Zivilrecht Art. 5 Brüssel I VO Rdn. 79, 80 m.w.Nachw.).
7
b) Durch die Formulierung "einzutreten droht" am Ende von § 5 Nr. 3 EuGVVO wird klargestellt, dass die Anwendung der Norm nicht von dem Vorliegen eines Schadens abhängt und daher auch eine vorbeugende Unterlassungsklage unter die Norm fällt (Zöller/Geimer, ZPO 25. Aufl. Anh. I Art. 5 EuGVVO Rdn. 25 m.w.Nachw.). Der EuGH (aaO Tz. 48, 49) hat bereits die Vorgängernorm (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) dahin ausgelegt, dass deren Anwendbarkeit nicht von dem tatsächlichen Vorliegen eines Schadens abhängig sei, obwohl im Text des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ ein erst drohender Schadenseintritt nicht aufgeführt war. Der EuGH hat dabei zur Begründung seiner Entscheidung auf den nunmehr geltenden Art. 5 Nr. 3 EuGVVO verwiesen (aaO Tz. 49).
8
c) Der Senat ist nicht zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH gemäß Art. 234 Abs. 3 EG verpflichtet.
9
Der Vorlage bedarf es dann nicht, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage für den betreffenden Streitfall kein Raum bleibt, wobei das innerstaatliche Gericht einen Fall der Offenkundigkeit nur annehmen darf, wenn es überzeugt ist, dass auch für Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof die gleiche Gewissheit besteht (EuGH, Urt. v. 6. Oktober 1982 - C-283/81, NJW 1983, 1257, 1258). So liegt es hier. Angesichts der Begründung der Entscheidung des EuGH vom 1. Oktober 2002 (aaO) ist die erforderliche Offenkundigkeit der Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Unterlassungsklage gegeben.
10
2. Das Berufungsgericht hat zu Recht in dem Schreiben des Beklagten an den Kunstverlag W. GmbH nicht nur ein schlichtes Bestreiten des Eigentums, das einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB im Allgemeinen nicht auslösen kann (zu weitgehend MünchKomm-BGB/Medicus 4. Aufl. § 1004 Rdn. 29), sondern eine den Kläger beeinträchtigende Eigentumsanmaßung gesehen, der dieser mit einer gegen den Beklagten als Störer gerichteten Unterlassungsklage gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB begegnen kann.
11
a) In der Äußerung des Beklagten, der Familiennachlass O. S. sei Eigentümer des Bildes, die der Beklagte in seiner Eigenschaft als Interessenvertreter seiner Mutter in der Nachlassangelegenheit unter dem Briefkopf "O. S. Sekretariat und Archiv …" gegenüber dem Kunstverlag W. GmbH gemacht hat, liegt eine das Eigentum des Klägers beeinträchtigende Eigentumsberühmung. Gerade in Kunstkreisen ist eine derartige Äußerung geeignet, den Kläger in seinen Rechten gemäß § 903 BGB, mit dem Bild nach seinem Belieben zu verfahren, nachhaltig zu beeinträchtigen.
12
Entgegen der Ansicht der Revision steht der Annahme einer Eigentumsberühmung nicht entgegen, dass der Beklagte nicht geltend macht, selbst Eigentümer des Bildes zu sein, sondern diese Rechtsberühmung zugunsten des Nachlasses ausgesprochen hat, an dem er nicht beteiligt ist. Nimmt der Handelnde , wie hier, das Eigentum zugunsten konkreter, namentlich benannter Personen in Anspruch, mit denen er nicht nur familiär eng verbunden ist, sondern deren Eigentumsrechte er zudem nach Außen vertritt, beeinträchtigt dies das Recht des wahren Eigentümers ebenso, als wenn er sich das Eigentum selbst angemaßt hätte.
13
b) Zu Unrecht meint die Revision, eine derartige Rechtsberühmung begründe keinen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB. Zwar kann sie sich hierfür auf Stimmen im Schrifttum berufen (Soergel/Mühl, BGB 12. Aufl. § 1004 Rdn. 30; Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB § 1004 Rdn. 38; PalandtBassenge , BGB 64. Aufl. § 1004 Rdn. 11 jeweils m.w.Nachw.). Diesen ist das Berufungsgericht aber mit Recht nicht gefolgt. Nach dessen zutreffender Ansicht löst nicht jede Berühmung einen Abwehranspruch aus; wohl aber kann der Eigentümer derartige die dingliche Rechtslage falsch darstellende Äußerungen verbieten lassen, die gegenüber Dritten fallen (s. hierzu Staudinger/Gursky, BGB [1999] § 1004 Rdn. 31; Bauer/Stürner, Sachenrecht, 17. Aufl. § 12 Rdn. 6). Denn dadurch wird er nicht nur unmittelbar in seiner Eigentümerstellung betroffen, er kann die Beeinträchtigung auch nicht anders als durch eine Unterlassungsklage verhindern. Mit einer gegenüber dem Störer erhobenen Feststellungsklage könnte er weiteren Rechtsberühmungen nicht wirksam entgegenwirken.
14
c) Unentschieden bleiben kann entgegen der Ansicht der Revision, ob es sich bei der Äußerung des Beklagten um eine Tatsachenbehauptung oder eine Meinungsäußerung handelt. Angesichts des Eigentums des Klägers wäre, wie aus Art. 5 Abs. 2 GG folgt, eine das Eigentum beeinträchtigende Äußerung auch vom Recht auf Meinungsfreiheit nicht umfasst.
Goette Kurzwelly Gehrlein
Strohn Caliebe
Vorinstanzen:
LG Ravensburg, Entscheidung vom 07.02.2003 - 4 O 354/02 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 23.09.2003 - 12 U 42/03 -

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 28/01 Verkündet am:
4. August 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EuGVÜ Art. 2 Abs. 1, 16 Nr. 1 a; EuGVVO Art. 2. Abs. 1, 22 Nr. 1

a) Die ausschließliche internationale Zuständigkeit für dingliche Rechte an unbeweglichen
Sachen nach Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ (jetzt Art. 22 Nr. 1 EuGVVO) folgt nicht
schon daraus, daß ein solches Recht von der Klage berührt wird oder daß die
Klage in einem Zusammenhang mit einer unbeweglichen Sache steht. Die Klage
muß vielmehr auf ein dingliches Recht und - unbeschadet der für Miete oder Pacht
von unbeweglichen Sachen vorgesehenen Ausnahme - nicht auf ein persönliches
Recht gestützt sein (im Anschluß an EuGH, Urteil vom 17. Mai 1994 - C-294/92 -
Sammlung der Rechtsprechung des EuGH 1994, S. I-01717).

b) Ist die Klage auf Bewilligung der Löschung eines in Spanien eingetragenen Nießbrauchsrechts
auf eine schuldhafte Verletzung der bei Einräumung des Nießbrauchs
vereinbarten Vertragspflichten gestützt, richtet sich die internationale Zuständigkeit
gemäß Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ (jetzt Art. 2 Abs. 1 EuGVVO) nach dem
Wohnsitz des Schuldners.
BGH, Urteil vom 4. August 2004 - XII ZR 28/01 - OLG Frankfurt in Kassel
LG Kassel
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Juli 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Ahlt und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 14. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. Januar 2001 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Berufung hinsichtlich der Hilfsanträge zurückgewiesen hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten klagend und widerklagend um die Löschung eines Nießbrauchsrechts und die Herausgabe einer hinterlegten Löschungsbewilligung. Anläßlich ihrer Trennung schlossen die Parteien am 16. Oktober 1990 zwei notarielle Vereinbarungen. Zunächst übertrug die Klägerin dem Beklagten zum Ausgleich aller vermögensrechtlichen Ansprüche einen Pkw der Marke
Rolls Royce und einen Geldbetrag in Höhe von insgesamt 70.000 DM; ferner räumte sie ihm das unentgeltliche Nießbrauchsrecht an einem Einfamilienhaus und zwei Läden in A./Spanien ein. Das Nießbrauchsrecht sollte erlöschen, falls der Beklagte wegen eines Grundstücks in O. Restitutionsansprüche erwerben würde, die einen Wert von 2 Mio. DM übersteigen. Die Vertragsparteien verpflichteten sich zu gegenseitigem Wohlverhalten und vereinbarten einen Wegfall des Anspruchs auf den Nießbrauch auch für den Fall, daß der Beklagte der Klägerin vorsätzlich Nachteile zufügt. Sodann übertrug die Klägerin dem Beklagten das Nießbrauchsrecht mit dinglicher Wirkung. In der Folgezeit wurde das Nießbrauchsrecht zugunsten des Beklagten im spanischen Grundbuch eingetragen. Mit notarieller Urkunde vom 14. Oktober 1991 bevollmächtigte der Beklagte die Klägerin mit der Durchsetzung von Restitutionsansprüchen hinsichtlich des Grundstücks in O. Zugleich verzichtete er auf die Nießbrauchsrechte an dem Einfamilienhaus und den beiden Läden in A./Spanien und bewilligte die Löschung im Grundbuch. Die Löschungsbewilligung wurde beim Notar hinterlegt ; die Parteien vereinbarten, daß diese nach Durchsetzung der Restitutionsansprüche herausgegeben werden sollte. Die Bemühungen der Parteien um Durchsetzung solcher Ansprüche blieben letztlich erfolglos. Die Klägerin begehrt Herausgabe der hinterlegten Löschungsbewilligung und mit gestaffelten Hilfsanträgen im wesentlichen eine Verurteilung zur Bewilligung der Löschung des Nießbrauchsrechts. Das Landgericht hat den Hauptantrag als unbegründet und die Hilfsanträge als unzulässig abgewiesen. Der Widerklage des Beklagten auf Herausgabe der hinterlegten Löschungsbewilligung hat es stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg. Mit der vom Senat angenommenen Revision verfolgt die Klägerin ihre zweitinstanzlichen Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat teilweise Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.

Zu Recht hat das Berufungsgericht den Hauptantrag der Klägerin auf Herausgabe der hinterlegten Löschungsbewilligung vom 14. Oktober 1991 abgewiesen. Ein Anspruch folgt jedenfalls nicht unmittelbar aus der vertraglichen Vereinbarung der Parteien. Denn nach deren unstreitigem Inhalt sollte die beim Notar hinterlegte Löschungsbewilligung vom 14. Oktober 1991 nur dann an die Klägerin herausgegeben werden, wenn die Restitutionsbemühungen des Beklagten hinsichtlich des Grundbesitzes in O. Erfolg haben würden. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein solcher Erfolg aber nicht mehr erreichbar und auch nicht arglistig vom Beklagten vereitelt worden. Entgegen der Rechtsauffassung der Revision ergibt sich ein entsprechender Anspruch der Klägerin auch nicht aus Treu und Glauben (§ 242 BGB). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 242 BGB grundsätzlich keine selbständige Anspruchsgrundlage. Billigkeitsgesichtspunkte können zwar gemäß § 242 BGB dazu führen, Ansprüche zu mindern oder gar zu versagen. Sie können aber regelmäßig keine Ansprüche begründen, die sonst
nach Gesetz oder Vertrag nicht gegeben sind (BGH Urteile vom 23. April 1981 - VII ZR 196/80 - NJW 1981, 1779; BGHZ 88, 344, 351; BGHZ 95, 393, 399). Nur ausnahmsweise können besonders schutzwürdige Interessen der Vertragsparteien nach den Grundsätzen von Treu und Glauben eigene Nebenpflichten begründen, die letztlich sogar in eigene Ansprüche erwachsen können (vgl. Senatsurteile vom 23. März 1983 - IVb ZR 358/81 - FamRZ 1983, 574, vom 15. Februar 1989 - IVb ZR 41/88 - FamRZ 1989, 718 und vom 19. Dezember 1989 - IVb ZR 9/89 - FamRZ 1990, 269). Solches ist hier aber nicht der Fall. Nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien sollte die hinterlegte Löschungsbewilligung nur bei Erfolg der Restitutionsbemühungen an die Klägerin herausgegeben werden. Diese eindeutige Vereinbarung kann nicht aus allgemeinen Billigkeitserwägungen auf weitere - streitige - Erlöschensgründe erstreckt werden. Das gilt insbesondere deswegen, weil die Löschung des Nießbrauchs im Grundbuch nach spanischem Recht keine konstitutive Wirkung hat und die hinterlegte Löschungsbewilligung schon vom 14. Oktober 1991 datiert.

II.

Zu Unrecht hat das Berufungsgericht allerdings die gestaffelten Hilfsanträge als unzulässig abgewiesen. 1. Das Berufungsgericht hat seine Zuständigkeit für die Hilfsanträge der Klägerin unter Hinweis auf Art. 16 Nr. 1 a EuGVÜ abgelehnt. Danach sind für Klagen, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben , unabhängig vom Wohnsitz und der Staatsangehörigkeit der Parteien die
Gerichte des Vertragsstaates ausschließlich zuständig, in dem die unbewegliche Sache belegen ist. Der Nießbrauch sei auch in Spanien als dingliches Recht geregelt und werde entsprechend in die spanischen Grundbücher eingetragen. Die Anträge auf Abgabe einer Löschungsbewilligung seien nicht unabhängig von der Frage nach dem Fortbestehen des Nießbrauchsrechts zu beantworten und deswegen ebenfalls auf ein dingliches Recht gerichtet. Gerade in Fragen des formellen Grundbuchrechts sei die größere Sachnähe des belegenen Gerichts notwendig. Im übrigen gelte nach Art. 16 Nr. 1 b EuGVÜ die ausschließliche Zuständigkeit sogar für lediglich schuldrechtliche, auf das Grundstück bezogene Rechtsverhältnisse wie Miete und Pacht. Auch die weiteren Feststellungsanträge seien nicht auf ein persönliches Recht, sondern auf ein dingliches Recht an der Immobilie selbst gerichtet. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. 2. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings von den internationalen Zuständigkeitsvorschriften des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) ausgegangen. Zwar ist inzwischen die Verordnung Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) in Kraft getreten, die nach Art. 68 im Verhältnis der Mitgliedsstaaten der EU an die Stelle des EuGVÜ getreten ist (vgl. Zöller/Geimer ZPO 24. Aufl. Anhang I). Allerdings ist die EuGVVO nach Art. 66 Abs. 1 nur auf solche Klagen und öffentliche Urkunden anzuwenden, die erhoben bzw. aufgenommen worden sind, nachdem die Verordnung am 1. März 2002 in Kraft getreten war. Das ist hier nicht der Fall.
Art. 16 Nr. 1 a EuGVÜ sieht für Klagen, welche dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Vertragsstaats vor, in dem die unbewegliche Sache belegen ist. Auf solche dinglichen Rechte sind die Hilfsanträge der Klägerin allerdings nicht gerichtet.
a) Der Senat ist nicht gehalten, den Rechtsstreit gemäß Art. 3 Abs. 1 des Protokolls betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof (EuGVÜProtokoll ) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Auslegung des Art. 16 Nr. 1 a EuGVÜ vorzulegen. Denn die Auslegung dieser Vorschrift ist in der Rechtsprechung des EuGH hinreichend geklärt und hier lediglich auf den Einzelfall anzuwenden.
b) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH darf Art. 16 EuGVÜ nicht weiter ausgelegt werden, als dies sein Ziel erforderlich macht, da er bewirkt, daß den Parteien die ihnen sonst mögliche Wahl des Gerichtsstands genommen wird und sie in gewissen Fällen vor einem Gericht zu verklagen sind, das für keine von ihnen das Gericht des Wohnsitzes ist. Für die Anwendbarkeit des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ reicht es deswegen nicht aus, daß ein dingliches Recht an einer unbeweglichen Sache von der Klage berührt wird oder daß die Klage in einem Zusammenhang mit einer unbeweglichen Sache steht. Die Klage muß vielmehr auf ein dingliches Recht gestützt sein und nicht nur - abgesehen von der für Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen vorgesehenen Ausnahme - auf ein persönliches Recht (EuGH, Urteil vom 17. Mai 1994 - C-294/92 - Sammlung der Rechtsprechung des EuGH 1994, S. I-01717). Der Unterschied zwischen einem dinglichen Recht und einem persönlichen Anspruch besteht auch hier darin, daß das dingliche Recht an einer Sache gegen jedermann
wirkt, während der persönliche Anspruch nur gegen den Schuldner geltend gemacht werden kann (EuGH, Urteil vom 9. Juni 1994 – C-292/93 - NJW 1995, 37). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung streiten die Parteien auch mit den Hilfsanträgen nicht um dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen im Sinne von Art. 16 Nr. 1 a EuGVÜ.
c) Die Klägerin leitet ihren Anspruch auf Rückübertragung des Nießbrauchsrechts gerade nicht aus dem Wesen des dinglichen Nießbrauchs, sondern aus einem Verstoß gegen die Wohlverhaltensklausel des notariellen Vertrages vom 16. Oktober 1990 und aus einer ausdrücklichen Vereinbarung her. Sie stützt ihren Anspruch mithin auf schuldrechtliche Verpflichtungen, die nicht wie dingliche Rechte gegenüber jedermann, sondern nur zwischen den Parteien wirken, was die Anwendbarkeit des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ ausschließt (vgl. auch Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht 7. Aufl. 2002 Art. 22 EuGVVO Rdn. 13 ff.; Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht 1997 Art. 16 EuGVÜ Rdn. 54, 82). Selbst wenn sich die Klage auf Rückgabe des Nießbrauchsrechts mittelbar auf das Eigentum an den unbeweglichen Sachen auswirkt , beruht sie doch auf einem persönlichen Anspruch, den die Klägerin aus dem notariellen Vertrag der Parteien und einer weiteren vertraglichen Vereinbarung herleitet; sie ist deswegen auch nur gegen den Vertragspartner gerichtet. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Rückgabe des Nießbrauchsrechts allein von dem Beklagten, weil dieser gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen und sich auch zur Rückgabe verpflichtet habe. Entsprechend kann die gerichtliche Entscheidung über eine Rückgabepflicht auch nur zu Lasten des Beklagten wirken. Die Klage hat daher keine Rechte zum Gegenstand, die sich unmittelbar auf die unbewegliche Sache bezögen und gegenüber jedermann wirkten (vgl. EuGH, Beschluß vom 5. April 2001 - C 518/99 - EuR 2001, 563). Darauf, daß ein Nießbrauchsrecht auch in Spanien dinglichen Charakter hat, kann es für den gegen eine Person gerichteten schuldrechtlichen Anspruch auf Rückga-
be mithin nicht ankommen. Davon ist nach der Rechtsprechung des EuGH auch deswegen auszugehen, weil die Parteien über ein vertragswidriges Verhalten und eine einvernehmliche Auflösung des Nießbrauchsrechts streiten und deswegen Beweisfragen nicht am Ort der belegenen Sache, sondern am früheren gemeinsamen Aufenthaltsort im Bezirk des Berufungsgerichts geklärt werden müssen (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Januar 1985 - 241/83 - NJW 1985, 905; Kropholler, aaO Art. 22 EuGVVO Rdn. 14).
d) Zwar sieht Art. 6 Nr. 4 EuGVÜ eine Annexzuständigkeit für vertragliche Ansprüche vor, wenn sie mit einer Klage wegen dinglicher Rechte an unbeweglichen Sachen gegen denselben Beklagten verbunden werden. Damit sollen eine Aufsplitterung der internationalen Zuständigkeit und die daraus folgenden Probleme der Rechtskraft vermieden werden, was aber stets einen auf dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen gerichteten zusätzlichen Klageantrag voraussetzt. Das ist hier gerade nicht der Fall. 3. Die sich nach Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ am Wohnsitz des Beklagten ausrichtende internationale Zuständigkeit des Berufungsgerichts gilt deswegen hinsichtlich aller hilfsweise gestellten Anträge der Klägerin. Unabhängig von der Ausgestaltung der Anträge ist der Streitgegenstand auf die schuldrechtlichen Ansprüche der Parteien auf Rückgabe des Nießbrauchs begrenzt. Ebenso zielen die Feststellungsanträge auf die behauptete schuldrechtliche Verpflichtung zur Rückgabe des Nießbrauchs und nicht auf den Inhalt des dinglichen Nießbrauchsrechts selbst.

III.

Der Widerklage auf Herausgabe der hinterlegten Löschungsbewilligung an den Beklagten hat das Berufungsgericht zu Recht stattgegeben. Wie ausgeführt , steht der Klägerin kein Anspruch auf Herausgabe dieser Löschungsbewilligung zu, weil eine Restitution des Grundstücks in O. nach den von der Revision nicht angefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht mehr möglich ist und sie nur für diesen Fall erstellt wurde. Deswegen kann der Beklagte als Aussteller der Urkunde aus der Hinterlegungsvereinbarung Herausgabe an sich selbst verlangen. Zwar ist er bei Erfolg der Hilfsanträge berechtigt, den Anspruch der Klägerin durch Herausgabe der vorhandenen Löschungsbewilligung zu erfüllen; umgekehrt steht der Klägerin jedoch kein Anspruch auf Herausgabe gerade dieser Urkunde zu.

IV.

Das Berufungsgericht wird deswegen zu klären haben, ob der Klägerin auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ein Anspruch auf Rückübertragung des Nießbrauchsrechts zusteht.
Hahne Sprick Wagenitz Bundesrichter Dr. Ahlt ist urlaubsbedingt Dose an der Unterschriftsleistung verhindert. Hahne

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)