Bundesgerichtshof Urteil, 20. Apr. 2016 - IV ZR 531/14
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Felsch, Dr. Karczewski, Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann auf die mündliche Verhandlung vom20. April 2016
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger nehmen - teils aus eigenem, teils aus abgetretenem Recht - die beklagte Anwaltssozietät unter anderem wegen unnütz aufgewandter Prozesskosten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen einen Notar in Anspruch. Diese Ansprüche beruhen darauf , dass dem Notar bei der vertraglichen Gestaltung der Übertragung von insgesamt elf Grundstücken Fehler unterlaufen sind, die zum doppelten Anfall der Grunderwerbsteuer bei den Erwerbern führten. Bei diesen Erwerbern handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der der Kläger zu 1 beteiligt ist, die Klägerin zu 2 und einen Rechtsan- walt, der seine Ansprüche gegen die Beklagte an den Kläger zu 1 abgetreten hat (im Folgenden als Zedent bezeichnet).
- 2
- Die Beklagte war von den Klägern und dem Zedenten mit der Geltendmachung dieser Ansprüche mandatiert worden, nachdem der Notar verstorben und Nachlassinsolvenz angeordnet worden war. Die Insolvenzverwalterin erkannte die zur Tabelle angemeldeten Schadensersatzansprüche gegen den Notar nicht an, trat jedoch die Freistellungsansprüche des Notars aus seiner Berufshaftpflichtversicherung gegen den Versicherer an die Erwerber ab.
- 3
- Die Beklagte erhob für den Zedenten zunächst bezüglich eines von ihm erworbenen Grundstücks Klage gegen den Versicherer auf Zahlung, hilfsweise Feststellung der Deckungspflicht. Hierbei sollte es sich nach Vorstellung der Beteiligten um einen Musterprozess handeln. In erster Instanz wurde diese Klage zwar mit dem Hauptantrag abgewiesen, jedoch stellte das Landgericht auf den Hilfsantrag fest, dass der Versicherer verpflichtet sei, Leistungen in Höhe von 36.040 € zu gewähren.
- 4
- Daraufhin erhob die Beklagte nunmehr für die Kläger Feststellungsklagen gegen den Versicherer auch bezüglich aller weiteren Grundstücke. Diese Klagen wurden wegen fehlender Aktivlegitimation abgewiesen. Die Abtretung des Deckungsanspruchs durch die Insolvenzverwalterin sei wegen des in § 7 Ziff. 3 AHB der Haftpflichtversicherung des Notars enthaltenen Abtretungsverbots mangels Zustimmung des Versicherers unwirksam.
- 5
- Parallel dazu wies das Oberlandesgericht im Berufungsverfahren des ersten Prozesses darauf hin, dass auf den Hilfsantrag nur die Fest- stellung der Deckungspflicht, aber keine Entscheidung über den Haftpflichtanspruch möglich sei. Auf eine dahingehende Antragsbeschränkung des dortigen Klägers erging (nur noch) ein Anerkenntnisurteil des Inhalts, dass die dortige Beklagte verpflichtet sei, Leistungen zu gewähren , soweit sich der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch "als begründet erweisen sollte".
- 6
- Anschließend machten die Erwerber den Haftpflichtanspruch gegen den Notar gerichtlich gegenüber der Insolvenzverwalterin geltend.
- 7
- Im vorliegenden Rechtsstreit nehmen die Kläger die Beklagte unter anderem auf Ersatz der unnütz aufgewandten Prozesskosten in den wegen der fehlenden Aktivlegitimation erfolglosen Prozessen gegen den Versicherer in Anspruch.
- 8
- Diese Kosten in Höhe von insgesamt 36.963,86 € hat das Landgericht den Klägern durch Teilurteil zuerkannt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.
Entscheidungsgründe:
- 9
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 10
- I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Prozesse gegen den Versicherer seien überflüssig gewesen, weil die entscheidende Frage nach der Haftung des Notars im vorweggenommenen Deckungsprozess wegen des in der Haftpflichtversicherung geltenden Trennungsprinzips nicht hätte geklärt werden können.
- 11
- Die Beklagte hätte hierfür den sichersten Weg, nämlich ein Vorgehen gegen die Insolvenzverwalterin, wählen müssen. Die Klagen gegen den Versicherer hätten nur verloren gehen oder eine wertlose Feststellung zum Deckungsanspruch herbeiführen können. Sie seien daher wirtschaftlich sinnlos gewesen. Darüber, dass die Leistungspflicht des Versicherers mit den erhobenen Klagen nicht zu klären gewesen sei, habe die Beklagte die Kläger und den Zedenten nicht genügend aufgeklärt. Selbst wenn die Kläger die weitere Problematik des Abtretungsverbots hätten erkennen müssen, entlaste das die Beklagte nicht von eigenen Informations - und Beratungspflichten. Es gebe keine ausreichenden Hinweise darauf, dass dem Zedenten die zentrale, sich aus dem Trennungsprinzip ergebende Problematik bewusst gewesen sei, wonach allenfalls ein Feststellungsurteil mit der Einschränkung habe erwirkt werden können, dass der Versicherer wegen des Schadensersatzanspruchs Deckung zu gewähren habe, soweit sich dieser als begründet erwiese, weshalb noch ein getrennter Haftpflichtprozess zu führen wäre.
- 12
- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 13
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass bereits das in der Haftpflichtversicherung grundsätzlich geltende Trennungsprinzip einem Erfolg der Klagen gegen den Versicherer von vornherein entgegengestanden habe.
- 14
- a) Dieses Trennungsprinzip besagt, dass grundsätzlich im Haftpflichtprozess zu entscheiden ist, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet, und im Deckungsprozess geklärt wird, ob der Versicherer dafür eintrittspflichtig ist (Senatsurteil vom 18. Mai 2011 - IV ZR 168/09, VersR 2011, 1003 Rn. 16 m.w.N.; st. Rspr.).
- 15
- Das ist im Streitfall nicht deshalb anders, weil über den Nachlass des haftpflichtigen Notars das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet worden ist. Ein Direktanspruch des Geschädigten, wie er heute in § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VVG geregelt ist, besteht nicht, weil die Pflichtverletzung des Notars im Jahre 2001 geschah, der Versicherungsfall also vor dem Stichtag des Art. 1 Abs. 2 EGVVG eintrat und deshalb das Versicherungsvertragsgesetz in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (im Folgenden VVG a.F.) anzuwenden ist. Den Klägern stand daher lediglich das Absonderungsrecht des § 157 VVG a.F. zu (vgl. auch § 110 VVG 2008).
- 16
- Zwar kann dieses Recht auf abgesonderte Befriedigung ebenfalls dazu führen, dass der Geschädigte den Haftpflichtversicherer des Schädigers auch ohne Pfändung und Überweisung des Deckungsanspruchs unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen kann. Dies gilt aber nur, wie der Senat mehrfach entschieden hat, unter der weiteren Voraussetzung , dass der Haftpflichtanspruch des Geschädigten gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. festgestellt worden ist, weil dieser durch § 157 VVG a.F. keine weitergehende Rechtsstellung als der Versicherungsnehmer erlangt (Senatsurteile vom 17. März 2004 - IV ZR 268/03, VersR 2004, 634 unter II 2 juris Rn. 11; vom 7. Juli 1993 - IV ZR 131/92, VersR 1993, 1222 unter 1 b juris Rn. 7; vom 9. Januar 1991 - IV ZR 264/89, VersR 1991, 414 unter 2 juris Rn. 16). An einer solchen Feststellung fehlte es hier. Insbesondere hatte die Insolvenzverwalterin den Anspruch nicht anerkannt.
- 17
- b) Verkannt hat das Berufungsgericht aber, dass eine Ausnahme vom Grundsatz der Notwendigkeit vorheriger Feststellung des Haftpflichtanspruchs im Falle einer wirksamen Abtretung des Deckungsanspruchs an den Geschädigten gilt, so dass sich Haftungs- und Deckungsanspruch in einer Hand vereinigen, wie der Senat ebenfalls bereits in zwei Fällen entschieden hat (Senatsurteile vom 13. Februar 1980 - IV ZR 39/78, VersR 1980, 522 unter I juris Rn. 10 und vom 12. März 1975 - IV ZR 102/74, VersR 1975, 655 unter 1 b juris Rn. 13 f.).
- 18
- Diese Ausnahme gilt nicht nur für die dort entschiedenen Sachverhalte einer Abtretung nach § 38 Abs. 3 KVO oder bei Transportverträgen, die dem Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) unterliegen. Vielmehr hat der Senat in der jüngeren der beiden Entscheidungen ganz allgemein ausgesprochen, dass die Gründe, die gegen die Behandlung der Haftpflichtfrage und der Deckungsfrage in einem einheitlichen Prozess sprechen, dann nicht durchgreifen, wenn der Schädiger seine Deckungsansprüche wirksam an den Geschädigten abgetreten hat (Senatsurteil vom 13. Februar 1980 aaO). Auch im vorherigen Urteil hat er bereits allgemein ausgeführt, dass das Trennungsprinzip in Fällen entwickelt worden ist, in denen Haftpflichtanspruch und Deckungsanspruch nicht in einer Hand vereinigt waren (Senatsurteil vom 12. März 1975 aaO juris Rn. 13), dass der Haftpflichtgläubiger aber nach einer wirksamen Abtretung den Versicherer auch dann auf Zahlung in Anspruch nehmen könne, wenn die Haftpflichtfrage im Haftpflichtverhältnis noch nicht geklärt sei (ebenso OLG Stutt- gart VersR 2000, 881 juris Rn. 27; a.A. KG VersR 2007, 349 unter 1 b juris Rn. 20). Der unmittelbare Zahlungsanspruch in diesem Fall folge auch aus dem Umstand, dass Haftpflichtanspruch und Deckungsanspruch nunmehr in einer Hand vereinigt seien; es sei nicht einzusehen, warum der Haftpflichtgläubiger, dem nach der Abtretung beide Ansprüche zustehen , in einem Deckungsprozess die Haftpflichtfrage nicht zur Vorfrage machen dürfe (Senatsurteil vom 12. März 1975 aaO unter 1 b juris Rn. 14).
- 19
- Anderes ergibt sich nicht aus dem Senatsurteil vom 15. November 2000 (IV ZR 223/99, VersR 2001, 90). Diese Entscheidung befasst sich nur mit dem dort hilfsweise verfolgten Deckungsanspruch, nachdem die Revision wegen des abgewiesenen Zahlungsanspruchs nicht angenommen worden war. Die Feststellung einer wirksamen Abtretung des Deckungsanspruchs liegt diesem Urteil nicht zugrunde.
- 20
- Auch die herrschende Meinung in der Literatur ist bereits für das VVG a.F. davon ausgegangen, dass der Geschädigte, dem der Deckungsanspruch wirksam abgetreten ist, direkte Zahlungsklage gegen den Versicherer erheben kann (Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 156 Rn. 11; Baumann, VersR 2010, 984, 985 f.; Hösker, VersR 2013, 952, 954; v. Rintelen in Späte/Schimikowski, Haftpflichtversicherung 2. Aufl. 1 AHB Rn. 359).
- 21
- c) Danach stand das Trennungsprinzip einem Klageerfolg nicht entgegen, sofern die Abtretung des Deckungsanspruchs auch ohne Zustimmung des Versicherers wirksam war bzw. der Versicherer sich auf seine fehlende Zustimmung wegen Treuwidrigkeit nicht berufen durfte. In diesem Fall wäre eine Klärung der Haftpflichtfrage bei richtiger Rechts- anwendung durch die Gerichte gewährleistet gewesen und die erhobenen Klagen wären nicht von vornherein wirtschaftlich sinnlos gewesen, so dass die Beklagte jedenfalls die vom Berufungsgericht angenommene Pflichtverletzung nicht begangen hat.
- 22
- 2. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO); ob die Beklagte den Klägern anderweitig wegen Anwaltsverschuldens haftet, kann aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden.
- 23
- Der Rechtsanwalt muss die Erfolgsaussichten des Begehrens seines Mandanten umfassend prüfen und den Mandanten hierüber belehren. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist. Die mit der Erhebung einer Klage verbundenen Risiken muss der Rechtsanwalt nicht nur benennen, sondern auch deren ungefähres Ausmaß abschätzen (BGH, Urteil vom 10. Mai 2012 - IX ZR 125/10, VersR 2013, 102 Rn. 22 m.w.N.; st. Rspr.).
- 24
- Insoweit stellt sich die Frage, ob die Beklagte über das Risiko, dass die Abtretung an die Kläger möglicherweise unwirksam war, ausreichend belehrt hat. Da die Wirksamkeit der Abtretung nach einer in den Versicherungsbedingungen enthaltenen Klausel von der Zustimmung des Versicherers abhängen sollte, konnten die Klagen nur Erfolg haben, wenn das Berufen des Versicherers auf die fehlende Zustimmung treuwidrig war.
- 25
- Ob insoweit eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung der Beklagten auch unbeschadet des bei wirksamer Abtretung nicht eingreifenden Trennungsprinzips zu bejahen ist, kann im gegenwärtigen Verfahrensstand nicht beurteilt werden. Hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - bislang ebenso keine Feststellungen getroffen wie zu der Frage, ob eine eventuelle Pflichtverletzung kausal für die Entscheidung der Kläger zur Klageerhebung gegen den Versicherer gewesen ist. Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um ihm die Nachholung dieser Feststellungen zu ermöglichen.
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 16.11.2012- 317 O 47/12 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 17.12.2013 - 13 U 164/12 -
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(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
Ist das Alter der versicherten Person unrichtig angegeben worden, verändert sich die Leistung des Versicherers nach dem Verhältnis, in welchem die dem wirklichen Alter entsprechende Prämie zu der vereinbarten Prämie steht. Das Recht, wegen der Verletzung der Anzeigepflicht von dem Vertrag zurückzutreten, steht dem Versicherer abweichend von § 19 Abs. 2 nur zu, wenn er den Vertrag bei richtiger Altersangabe nicht geschlossen hätte.
Ist über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet, kann der Dritte wegen des ihm gegen den Versicherungsnehmer zustehenden Anspruchs abgesonderte Befriedigung aus dem Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers verlangen.
(1) Macht der Versicherer im Zusammenhang mit dem Angebot oder dem Abschluss einer Lebensversicherung bezifferte Angaben zur Höhe von möglichen Leistungen über die vertraglich garantierten Leistungen hinaus, hat er dem Versicherungsnehmer eine Modellrechnung zu übermitteln, bei der die mögliche Ablaufleistung unter Zugrundelegung der Rechnungsgrundlagen für die Prämienkalkulation mit drei verschiedenen Zinssätzen dargestellt wird. Dies gilt nicht für Risikoversicherungen und Verträge, die Leistungen der in § 124 Absatz 2 Satz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes bezeichneten Art vorsehen.
(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer klar und verständlich darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Modellrechnung nur um ein Rechenmodell handelt, dem fiktive Annahmen zu Grunde liegen, und dass der Versicherungsnehmer aus der Modellrechnung keine vertraglichen Ansprüche gegen den Versicherer ableiten kann.
Ist das Alter der versicherten Person unrichtig angegeben worden, verändert sich die Leistung des Versicherers nach dem Verhältnis, in welchem die dem wirklichen Alter entsprechende Prämie zu der vereinbarten Prämie steht. Das Recht, wegen der Verletzung der Anzeigepflicht von dem Vertrag zurückzutreten, steht dem Versicherer abweichend von § 19 Abs. 2 nur zu, wenn er den Vertrag bei richtiger Altersangabe nicht geschlossen hätte.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde und die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin nahm die Beklagten zu 1) bis 3) als V ertragspartner eines Bauvertrages über eine Bioabfallkompostierungsanlage und die Beklagte zu 4) als Berufshaftpflichtversicherer der in Konkurs gefallenen Beklagten zu 3) wegen Baumängeln als Gesamtschuldner auf Zahlungvon circa 1,3 Mio. DM in Anspruch. Zur Begründung der unmittelbaren Inanspruchnahme der Beklagten zu 4) - um die es im Revisionsverfahren nur noch geht - hat die Klägerin sich auf § 157 VVG berufen und weiter vorgetragen, der Konkursverwalter über das Vermögen der Beklagten zu
3) habe den gegen diese wegen der Baumängel erhobenen Anspruch anerkannt. Die Beklagte zu 4) hat sich darauf berufen, die Beklagte zu 3) habe Bauleistungen erbracht, für die der Versicherungsschutz bedingungsgemäß ausgeschlossen sei.
Die Klage gegen die Beklagte zu 3), die mit der Pl anung, der örtlichen Bauleitung und zum Teil als Generalunternehmerin beauftragt war, wies das Landgericht durch rechtskräftig gewordenes Teilurteil vom 7. März 2001 als unzulässig ab, weil über deren Vermögen bereits vor Klageerhebung das Konkursverfahren eröffnet worden war. Durch Schlußurteil vom 24. Juli 2002 entschied das Landgericht unter anderem, daß die Beklagten zu 1), 2) und 4) als Gesamtschuldner an die Klägerin 458.705,51 € nebst Zinsen und die Beklagte zu 4) weitere 1.789,52 € nebst Zinsen zu zahlen haben.
Auf die Berufung dieser Beklagten wurden die Bekla gten zu 1) und
2) unter Klageabweisung im übrigen nur noch zur Zahlung von 13.549,23 € verurteilt und die Klage gegen die Beklagte zu 4) vollständig abgewiesen. Die dagegen von der Klägerin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat sie hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 2) zurückgenommen. Hinsichtlich der Beklagten zu 4) hat der Senat die Revision zugelassen , mit der die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin führt im angefochtenen U mfang zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an den für das Versicherungsvertragsrecht zuständigen Senat des Berufungsgerichts (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
I. Das Berufungsgericht hat sich mit dem von der B eklagten zu 4) (im folgenden nur noch: Beklagte) zur Begründung der Berufung geltend gemachten Risikoausschluß für Bauleistungen inhaltlich nicht befaßt. Es hat die Klage vielmehr entsprechend seinen erstmals in der mündlichen Verhandlung geäußerten Bedenken abgewiesen, weil der der Klägerin nach § 157 VVG i.V. mit §§ 4, 49 KO zustehende Direktanspruch gegen die Beklagte nicht fällig sei. Im Falle des Konkurses des Schädigers sei der Direktanspruch gegen dessen Haftpflichtversicherer erst fällig, wenn der Schadensersatzanspruch gemäß § 154 Abs. 1 VVG durch rechtskräftiges Urteil, durch Anerkenntnis im Sinne von § 154 Abs. 2 VVG oder Vergleich zur Konkurstabelle festgestellt worden sei. Ein bloßes Anerkenntnis des Konkursverwalters reiche nicht aus. Die Klägerin habe lediglich vorgetragen, ihr Absonderungsrecht gegenüber dem Konkursverwalter geltend gemacht zu haben. Daß dieser das Absonderungsrecht im Sinne von § 154 Abs. 2 VVG anerkannt habe oder daß die Forderung der Klägerin zur Konkurstabelle festgestellt worden sei, stehe nicht fest. Der Vortrag der Klägerin dazu im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15. März 2003 biete keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht sta nd.
1. Das Berufungsurteil ist schon deshalb rechtlich nicht haltbar, weil es die Klageabweisung verfahrensfehlerhaft auf die mangelnde Fälligkeit des Anspruchs nach § 154 VVG gestützt hat. Zu Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht verpflichtet gewesen wäre, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Durch die Nichtberücksichtigung des Vortrags der Klägerin im Schriftsatz vom 15. März 2003 hat es deren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgericht shofs (BGHZ 140, 365, 371 f.; Urteil vom 5. November 2003 - VIII ZR 380/02 - BGHReport 2004, 261 unter II 2 c m.w.N.) ist die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung geboten, wenn sich aus dem neuen Vorbringen ergibt , daß nur so die Verletzung des rechtliches Gehörs geheilt werden kann. Eine Wiedereröffnung ist danach notwendig, wenn erhebliches neues Vorbringen darauf beruht, daß ein Gericht einen von seinem Standpunkt aus erforderlichen Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung erteilt hat und eine sachlich erhebliche Stellungnahme der Partei dazu erst nach deren Schluß möglich war.
b) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das Beru fungsgericht hat die von ihm für entscheidungserheblich gehaltene Frage der Fälligkeit des Direktanspruchs erstmals in der mündlichen Verhandlung problematisiert , wobei sich weder aus dem Protokoll noch dem Urteil ergibt, welche konkreten Hinweise es erteilt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Frage der Feststellung des Haftpflichtanspruchs gemäß § 154 Abs. 1 VVG weder vorgerichtlich noch im gerichtlichen Verfahren zwischen den
Parteien streitig gewesen. In erster Instanz hatte die Klägerin vorgetragen , der Konkursverwalter habe den Schadensersatzanspruch vorgerichtlich dem Grunde und weitestgehend auch der Höhe nach anerkannt. Dem hat die Beklagte nicht widersprochen. Sie hat das von der Klägerin behauptete Anerkenntnis des Konkursverwalters in keiner Weise angezweifelt. Das ist auch in dem von der Beschwerdeerwiderung genannten erstinstanzlichen Schriftsatz der Beklagten vom 21. Mai 2001 mit dem Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30. Juni 1964 (VI ZR 108/63 - VersR 1964, 966) nicht geschehen. Das Urteil betrifft gerade nicht den Fall des Anerkenntnisses des Haftpflichtanspruchs durch den Konkursverwalter. Die Beklagte hat vielmehr in der Berufungsbegründung unmißverständlich vorgebracht, daß einzig über die Auslegung des von ihr geltend gemachten Haftungsausschlusses für Bauleistungen gestritten worden sei. Im selben Sinne, daß es allein um diesen Risikoausschluß geht, hat auch die Klägerin die Verteidigung der Beklagten verstanden , worauf sie in dem Schriftsatz vom 15. März 2003 hingewiesen hat. Die Klägerin, die in erster Instanz überwiegend obsiegt und selbst keine Berufung eingelegt hatte, hatte deshalb keinen Anlaß, von sich aus im Berufungsverfahren zum Anerkenntnis des Haftpflichtanspruchs durch den Konkursverwalter weiteres vorzutragen. Unter diesen Umständen liegt es auf der Hand, daß der Hinweis des Berufungsgerichts auf die fehlende Fälligkeit die Klägerin im Termin überraschen mußte. Da das Berufungsgericht den Hinweis nicht, wie grundsätzlich geboten, geraume Zeit vor dem Termin erteilt hatte, konnte es von der Klägerin billigerweise nicht erwarten, dazu sogleich eine fundierte Stellungnahme abzugeben. Es hätte deshalb von sich aus der Klägerin durch Vertagung oder Hinweis auf ein Schriftsatzrecht eine angemessene Frist einräumen müssen. Da dies nicht geschehen ist und der Schriftsatz der Klägerin
vom 15. März 2003 erheblichen Vortrag zum Anerkenntnis des Konkursverwalters und zur Feststellung des Haftpflichtanspruchs zur Konkurstabelle enthält, hätte das Berufungsgericht die mündliche Verhandlung wieder eröffnen und der Klägerin gegebenenfalls Gelegenheit zur Präzisierung des Vortrags und zum Beweisantritt geben müssen.
2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu § 154 VVG sind auch in der Sache rechtsfehlerhaft. Es hat diese Vorschrift mißverstanden , weil es nicht hinreichend zwischen dem Haftpflichtverhältnis und dem versicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis unterschieden hat.
Zutreffend ist allerdings, daß § 157 VVG dem Gesch ädigten bei Insolvenz des Versicherungsnehmers ein Recht auf abgesonderte Befriedigung an der Versicherungsforderung einräumt und er den Haftpflichtversicherer des Schädigers - anders als sonst - ohne Pfändung und Überweisung des Deckungsanspruchs unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen kann. Voraussetzung für einen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den Versicherer ist aber - wie beim Zahlungsanspruch des Versicherungsnehmers - weiter, daß der Haftpflichtanspruch des Geschädigten gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 VVG festgestellt worden ist, weil dieser durch § 157 VVG keine weitergehende Rechtsstellung als der Versicherungsnehmer erlangt (vgl. BGH, Urteile vom 7. Juli 1993 - IV ZR 131/92 - VersR 1993, 1222 unter 1 b und vom 9. Januar 1991 - IV ZR 264/89 - VersR 1991, 414 f., jeweils m.w.N.; BK/Baumann, § 157 VVG Rdn. 5 ff.; Bruck/Möller/Johannsen, VVG 8. Aufl. Bd. IV B 103). Eine solche Feststellung kann nach dem Gesetz auch durch ein Anerkenntnis der Schadensersatzforderung erfolgen, sei es durch den (nicht insolventen) Versicherungsnehmer, sei es durch den Konkursverwalter/Insolvenzver-
walter. Davon zu unterscheiden ist nach dem in der Haftpflichtversicherung geltenden Trennungsprinzip (vgl. dazu BGH, Urteile vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00 - VersR 2001, 1103 unter II 2 und zuletzt vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02 - zur Veröffentlichung bestimmt), ob der Versicherer im Deckungsverhältnis an ein ohne seine Zustimmung abgegebenes Anerkenntnis gebunden ist. Das ist grundsätzlich nur dann nicht der Fall, wenn ein solches Anerkenntnisverbot in den Schranken des § 154 Abs. 2 VVG als Obliegenheit mit der Sanktion der Leistungsfreiheit im Versicherungsvertrag vereinbart ist (vgl. § 5 Nr. 5 i.V. mit § 6 AHB, § 6 Abs. 3 VVG) und der Versicherer sich mit Erfolg darauf berufen kann (vgl. dazu BGH, Urteile vom 18. Dezember 1980 - IVa ZR 51/80 - VersR 1981, 328 unter III und vom 12. Februar 1969 - IV ZR 539/68 - VersR 1969, 413 unter III; OLG Celle VersR 2002, 602 f.). Die vom Berufungsgericht offenbar vertretene Auffassung (so auch Langheid in Römer /Langheid, VVG 2. Aufl. § 154 Rdn. 5, 8), eine Feststellung des Haftpflichtanspruchs gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 VVG durch Anerkenntnis liege nur vor, wenn die Voraussetzungen des § 154 Abs. 2 VVG erfüllt seien oder der Versicherer zugestimmt habe, ist deshalb nicht richtig. Sie vermischt das Haftpflichtverhältnis mit dem Deckungsverhältnis und übersieht, daß § 154 Abs. 2 VVG sich nur auf eine Vereinbarung der Leistungsfreiheit im Deckungsverhältnis bezieht, die im übrigen nicht ohne weiteres den Verlust des Deckungsanspruchs zur Folge hat.
III. Eine abschließende Entscheidung durch den Sen at ist nicht möglich, weil es hierzu an den erforderlichen Feststellungen fehlt.
Das Berufungsgericht wird zu klären haben, ob der Haftpflichtanspruch durch Anerkenntnis des Konkursverwalters oder rechtskräftige Feststellung zur Tabelle festgestellt worden ist. Auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung des Anerkenntnisverbots hat sich die Beklagte weder vorgerichtlich noch in den Tatsacheninstanzen berufen. Ob sie das noch nachholen kann und ob die Voraussetzungen der Leistungsfreiheit überhaupt vorliegen, läßt sich nach dem bisherigen Prozeßstoff nicht beurteilen.
Zu dem von der Beklagten bisher allein geltend gem achten Leistungsausschluß für Bauleistungen fehlt es an jeglichen Feststellungen. Die Beklagte beruft sich hierfür auf Ziffer V 1 b des Vertragsteils E, der die Berufshaftpflichtversicherung für Architekten und Bauingenieure betrifft. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, daß die Gemeinschuldnerin
die Haftpflichtversicherung auch für andere Bereiche ihrer beruflichen Tätigkeit abgeschlossen hatte und für den Anspruch auf Versicherungsschutz möglicherweise auch die weiteren Vertragsteile von Bedeutung sind.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Felsch
Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.