Bundesgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2007 - IV ZR 130/06

bei uns veröffentlicht am12.12.2007
vorgehend
Landgericht Köln, 26 O 225/04, 20.07.2005
Oberlandesgericht Köln, 5 U 147/05, 26.04.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 130/06 Verkündetam:
12.Dezember2007
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
UKlaG § 1; VVG § 178g Abs. 3

a) Die Frage, ob der Versicherer Änderungen seiner Krankenversicherungsbedingungen
auf dem Weg des § 178g Abs. 3 VVG wirksam in die bestehenden
Verträge einbezogen hat, kann in analoger Anwendung von § 1
UKlaG im Verbandsklageverfahren überprüft werden (Aufgabe von Senat,
Beschluss vom 16. Oktober 2002 - IV ZR 307/01 - VersR 2002, 1498 unter
1 b).

b) Wenn eine Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Krankenversicherung
von der Rechtsprechung in einer dem Verwender ungünstigen
Weise ausgelegt wird, liegt allein deshalb keine Veränderung der
Verhältnisse des Gesundheitswesens im Sinne von § 178g Abs. 3 VVG
vor.
BGH, Urteil vom 12. Dezember 2007 - IV ZR 130/06 - OLG Köln
LG Köln
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2007

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 26. April 2006 aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 20. Juli 2005 geändert : Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise am Vorstandsvorsitzenden der Beklagten zu vollziehender Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, sich bei der Regulierung von Schadensfällen in der Krankenversicherung gegenüber den Bestandsversicherten auf die nachfolgend genannten, ab November 2003 an die Versicherungsnehmer verschickten , im Treuhänderverfahren geänderten Versicherungsbedingungen und Tarifbestimmungen zu berufen: Ergänzung zu § 1 Abs. 1a MB/KK 94 ("Preisliche Angemessenheit im Allgemeinen"): "(Nr. 1) Preisliche Angemessenheit Die Aufwendungen für Heilbehandlungen und sonst vereinbarte Leistungen werden - soweit sich aus § 4 MB/KK 94 einschließlich der Nummern 9 bis 13 TB nichts anderes ergibt - bis zu angemessenen Beträgen anerkannt." Ergänzung zu Nr. 11 Abs. 2 TB ("Preisliche Angemessenheit bei Heilmitteln"): "(Nr. 11) Definitionen Die Erstattung von Heilmittelkosten richtet sich nach den in der Heilmittelliste genannten Leistungsinhalten und Höchstsätzen, sofern der Tarif nichts anderes vorsieht.
Ändern sich Leistungsinhalte oder angegebene Höchstsätze bei der als Vergleichsbasis herangezogenen Heilmittelliste des Bundes, wird der Versicherer mit Zustimmung des Treuhänders die Inhalte und Höchstpreise entsprechend anpassen.
Die neuen Leistungsinhalte bzw. Höchstsätze gelten dann für Behandlungen, die am 1. des übernächsten Monats nach Benachrichtigung der Versicherungsneh- mer oder später beginnen, sofern nicht mit Zustimmung des Treuhänders ein anderer Zeitpunkt bestimmt ist." Ergänzung zu Nr. 11 Abs. 3 TB ("Preisliche Angemessenheit bei Hilfsmitteln"): "(3) Als Hilfsmittel gelten ausschließlich orthopädische Hilfsmittel, Hör-, Seh- und Sprechhilfen, Herzschrittmacher , Heimdialysegeräte, Krankenfahrstühle jeweils in funktionaler Standard-Ausführung." Ergänzung zu § 4 Abs. 4 MB/KK 94 ("Angemessene Entgelte bei stationärer Behandlung" als Nr. 12 TB): "(Nr. 12) Angemessene Entgelte (1) Für Krankenhäuser, die dem Geltungsbereich der Bundespflegesatzverordnung bzw. dem Krankenhausentgeltgesetz unterliegen, bestimmt sich die Angemessenheit des Entgelts durch die genannten Rechtsgrundlagen in der jeweils gültigen Fassung.
(2) Entgelte, die nicht nach Abs. 1 zu berechnen sind, gelten als angemessen, sofern sie die im Vergleich zu den durch die Bundespflegesatzverordnung bzw. das Krankenhausentgeltgesetz vorgegebenen Entgelte nicht um mehr als 50% überschreiten." Erweiterung und Präzisierung zur preislichen Angemessenheit als Nrn. 19a und 19b TB zu § 5 Abs. 2 MB/KK 94: "(Nr. 19a) Berücksichtigung der preislichen Angemessenheit Die Herabsetzungsbefugnis gemäß § 5 Abs. 2 MB/KK 94 besteht auch, wenn die Aufwendungen für eine Heilbehandlung oder eine sonst vereinbarte Leistung die Angemessenheit gemäß Nr. 1 TB überschreiten. Über die in § 4 MB/KK 94 einschließlich der Nummern 9 bis 13 TB vereinbarten Grenzen hinaus ist die Erstattung ausgeschlossen.
(Nr. 19b) Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit Die Herabsetzungsbefugnis gemäß § 5 Abs. 2 MB/KK 94 besteht auch dann, wenn bei mehreren zumutbaren Behandlungsalternativen mit vergleichbarem Therapieerfolg die Aufwendungen durch die Entscheidung der versicherten Person die Angemessenheit gemäß Nr. 1 TB überschreiten, sofern der Versicherer nicht vor dem Behandlungsbeginn eine Kostenübernahme schriftlich zugesagt hat." Ergänzung zu Nr. 29 TB (Auslösender Faktor für Beitragsanpassungen ): "(Nr. 29 Überprüfungseinheiten und Anpassungsfaktor) (2) Abweichend von der Regelung des § 8b Abs. 1 Satz 2 MB/KK, wonach der Versicherer bei dem in Nr. 29 Abs. 1 TB genannten vom Hundertsatz die Überprüfung der technischen Berechnungsgrundlagen durchzuführen hat, kann der Versicherer unter den übrigen in § 8b Abs. 1 MB/KK genannten Voraussetzungen bereits bei einer Abweichung von mehr als 5% die Beiträge des jeweiligen Tarifes anpassen." Der Kläger ist befugt, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der verurteilten Beklagten auf deren Kosten im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/5 und die Beklagte 4/5.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Kläger, Der ein eingetragener Verbraucherschutzverein auf dem Gebiet des Versicherungswesens, verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen , sich gegenüber Bestandsversicherten bei der Regulierung von Schadensfällen in der Krankenversicherung auf eine Vielzahl von ab November 2003 eingefügten Ergänzungen ihrer (im Übrigen den Musterbe- dingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung - MBKK 94 - entsprechenden) Versicherungs- sowie sich daran anschließender Tarifbedingungen zu berufen. Die Beklagte hatte aus Anlass des Senatsurteils BGHZ 154, 154 ff. im Wege eines Treuhänderverfahrens nach § 178g Abs. 3 VVG ihre Erstattungspflicht ausdrücklich von der preislichen Angemessenheit der Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarten Leistungen abhängig gemacht. Von den Bedingungsänderungen wurden die Versicherten unterrichtet.
2
Kläger Der fordert ferner, die Beklagte zur Auskunft darüber zu verurteilen, welchen Versicherungsnehmern sie die geänderten Versicherungsbedingungen zugeschickt habe, die Beklagte zu verurteilen, die Unwirksamkeit der Ergänzung allen davon betroffenen Versicherungsnehmern mitzuteilen und dem Kläger Gelegenheit zur Überprüfung und Sicherstellung zu geben, dass jeder Versicherungsnehmer ein Richtigstellungsschreiben erhält. Schließlich beantragt der Kläger hilfsweise, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der verurteilten Beklagten auf deren Kosten im Bundesanzeiger veröffentlichen zu dürfen.
3
Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision hat überwiegend Erfolg.
5
I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in VersR 2006, 1113 veröffentlicht ist, vertritt die Auffassung, für das Begehren des Klägers gebe es im hier vorliegenden Verbandsklageverfahren keine Anspruchsgrundlage. Nach § 1 UKlaG könne nur der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen geprüft werden, nicht aber die Art ihrer Einbeziehung. Der Kläger wende sich jedoch nur gegen die Zulässigkeit des hier von der Beklagten durchgeführten Treuhänderverfahrens gemäß § 178g Abs. 3 VVG. Für eine materiellrechtliche Unwirksamkeit der neuen Klauseln sei weder ausreichend vorgetragen noch sei diese sonst erkennbar. Für eine analoge Anwendung von § 1 UKlaG fehle es sowohl an einer Regelungslücke als auch - wegen der Möglichkeit des Individualrechtsschutzes - an einem Regelungsbedürfnis. § 2 UKlaG sei nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht einschlägig. Für §§ 3, 8 UWG fehle es an einer Wettbewerbshandlung , da die Beklagte mit den neuen Klauseln lediglich die bestehende Leistungspflicht eingeschränkt habe.
6
II. Dem folgt der Senat nicht. Vielmehr kann der Kläger die Frage, ob der Versicherer Änderungen seiner Krankenversicherungsbedingungen auf dem Weg des § 178g Abs. 3 VVG wirksam in die bestehenden Verträge einbezogen hat, in analoger Anwendung von § 1 UKlaG im Verbandsklageverfahren zur Überprüfung stellen. Soweit der Kläger Unterlassung und Veröffentlichung der Urteilsformel beantragt hat, ist die Klage auch begründet.
7
1. a) Nach dem Wortlaut des § 1 UKlaG kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen verwendet, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam sind. Die in den §§ 305 ff. BGB geregelte Fra- ge, unter welchen Voraussetzungen eine Bestimmung wirksam in den Vertrag einbezogen ist, soll mithin nicht Gegenstand eines Verbandsklageverfahrens nach § 1 UKlaG sein. Der sachliche Grund für diese, schon in der Vorgängervorschrift des § 1 UKlaG, dem § 13 AGBG, zum Ausdruck kommende Begrenzung des Anwendungsbereichs ist darin zu sehen , dass sich Fragen der Einbeziehung einschließlich der Frage, ob eine Klausel für den Vertragspartner des Verwenders überraschend ist, in aller Regel nur anhand der Einzelumstände beurteilen lassen. Sie sind daher für die abstrakte Klauselkontrolle im Verbandsklageverfahren ungeeignet (vgl. Senatsurteile vom 25. Juni 1986 - IVa ZR 263/84 - VersR 1986, 908 unter 2 a; BGHZ 127, 35, 40; beide m.w.N.).
8
b) Mit § 178g Abs. 3 VVG hat der Gesetzgeber dem Krankenversicherer allerdings einen über §§ 305 ff. BGB hinausgehenden Weg zur Einbeziehung zusätzlicher oder veränderter Klauseln in die bereits mit den Kunden vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen mit Wirkung für sämtliche Einzelverträge an die Hand gegeben, denen die geänderten Versicherungsbedingungen zugrunde lagen. Die Anpassung der bisherigen Bedingungen setzt die Zustimmung des davon betroffenen jeweiligen Versicherungsnehmers nicht voraus, sondern wirkt generell. Vorausgesetzt wird nach Satz 1 eine nicht nur vorübergehende Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens, die eine Anpassung der Bedingungen zur hinreichenden Wahrung der Belange der Versicherten erforderlich macht; das ist von einem unabhängigen Treuhänder zu überprüfen. Satz 1 findet entsprechende Anwendung, wenn eine Bestimmung in den Versicherungsbedingungen unwirksam und zur Fortführung des Vertrages dessen Ergänzung notwendig ist (Satz 2). Mithin spielen Besonderheiten im Zusammenhang mit einem bestimmten Einzelvertrag keine Rolle.

9
Deshalb c) trifft die ratio legis für die oben beschriebene Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 1 UKlaG hier nicht zu. Wegen der Beschränkung im Wortlaut dieser Vorschrift auf die Überprüfung von §§ 307 bis 309 BGB kommt eine erweiternde Auslegung allerdings nicht in Betracht. Geboten erscheint aber eine analoge Anwendung, jedenfalls wenn es um die Prüfung einer generellen Einbeziehung veränderter Klauseln auf einem Weg, wie er in § 178g Abs. 3 VVG eröffnet wird, in sämtliche Verträge geht, für die das geänderte Klauselwerk maßgebend ist. Damit wird dem Zweck des § 1 UKlaG Rechnung getragen , den Rechtsverkehr von sachlich unangemessenen und unzulässigen Klauseln und den durch sie tatsächlich oft erzeugten Scheinbindungen freizuhalten (vgl. BGHZ 100, 157, 178; 136, 394, 400). Der Kunde soll durch das Verbandsklageverfahren gerade davor geschützt werden, dass er durch den Hinweis auf neue Bedingungen missbräuchlich davon abgehalten wird, seine sich aus den ursprünglich vereinbarten Bedingungen ergebenden Rechte geltend zu machen (BGH, Urteil vom 28. April 1983 - VII ZR 246/82 - NJW 1983, 1853 unter 2 b a.E.). Soweit der Senat im Beschluss vom 16. Oktober 2002 (IV ZR 307/01 - VersR 2002, 1498 unter 1 b) ein andere Auffassung vertreten hat, hält er daran nicht fest.
10
2. Die von der Beklagten hier im Treuhänderverfahren vorgenommene Änderung ihrer Bedingungen wird den Anforderungen des § 178g Abs. 3 VVG nicht gerecht und ist deshalb unwirksam.
11
a) Das wird bereits aus Satz 2 des § 178g Abs. 3 VVG deutlich, wonach selbst bei Unwirksamkeit einer der bisher verwendeten Klauseln der Satz 1 lediglich entsprechende Anwendung findet, aber nur unter der weiteren Voraussetzung, dass zur Fortführung des Vertrages dessen Ergänzung notwendig ist. Der Senat hat jedoch in der Entscheidung BGHZ 154, 154 ff., die Anlass für das von der Beklagten durchgeführte Treuhänderverfahren war, keine Klausel für unwirksam erklärt. Er hat allerdings die Auslegung des Begriffs "medizinisch notwendige Heilbehandlung" in § 1 Abs. 2 Satz 1 MBKK geklärt und der Auslegung des § 5 Abs. 2 MBKK widersprochen, wonach sich die dort getroffene Übermaßregelung auch auf einen im Verhältnis zum medizinisch notwendigen Behandlungsumfang überhöhten Vergütungsansatz des Arztes oder Krankenhausträgers erstrecke (BGHZ 154, 154, 166 ff.). Die geänderte Auslegung einer Klausel steht der Erklärung der Unwirksamkeit aber gerade nicht gleich, bleibt in der Eingriffsintensität vielmehr deutlich dahinter zurück. Schon das legt ein Verständnis des § 178g Abs. 3 VVG dahin nahe, dass eine Änderung selbst von für die Begrenzung der Leistungspflicht des Krankenversicherers bedeutsamen Klauseln von vornherein seinem Anwendungsbereich nicht unterfällt.
12
Aber b) selbst wenn man auf die Voraussetzungen der Anpassungsbefugnis nach Satz 1 des § 178g Abs. 3 VVG abstellt, führt das zu keinem anderen Ergebnis. Dabei bedarf es keiner grundsätzlichen Klärung der Frage, wann eine nicht nur vorübergehende Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens vorliegt und inwieweit sie auch durch Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen bewirkt werden kann. Die Bestimmung des § 178g Abs. 3 VVG betrifft - wie auch die Stellungnahme der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht mit Recht betont - einen Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, für den eine spezielle Regelung getroffen wird. Vor diesem Hintergrund gilt aber auch für § 178g Abs. 3 VVG, dass eine erhebliche, die Anpassung geschlossener Verträge rechtfertigende Störung des Äquivalenzverhält- nisses nicht vorliegt, soweit Veränderungen in die Risikosphäre einer Vertragspartei fallen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. September 2005 - XII ZR 66/03 - NJW 2006, 899 Tz. 30). Die Formulierung von Versicherungsbedingungen durch den Verwender und deren ihm nachteilige Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung gehören aber, auch wenn die Klausel hier aufgrund der seit längerer Zeit allgemein aufgegebenen gesetzesähnlichen Auslegung Allgemeiner Versicherungsbedingungen früher anders verstanden worden ist (BGHZ aaO S. 169), zur Risikosphäre allein des Verwenders. Die richterliche Auslegung bringt lediglich zur Geltung, was nach Treu und Glauben und insbesondere aus der maßgeblichen Sicht des verständigen Versicherungsnehmers (vgl. BGHZ 123, 83, 85) Inhalt des geschlossenen Vertrages ist; sie verändert die Verhältnisse mithin nicht. Über die danach von § 178g Abs. 3 VVG gezogenen Grenzen hinaus kann der Versicherer seine Krankenversicherungsbedingungen nicht wirksam zum Nachteil des Versicherungsnehmers ändern (§ 178o VVG).
13
Davon unberührt bleibt die Befugnis des Versicherers, unter den Voraussetzungen des § 178g Abs. 2 VVG - so sie denn vorliegen - die Prämien neu festzusetzen.
14
Die 3. zur Folgenbeseitigung gestellten Klageanträge sind nicht begründet. Insoweit ist die Klage in den Vorinstanzen mit Recht abgewiesen worden.
15
a) Auf § 8 i.V. mit § 3 UWG können die Anträge nicht gestützt werden. Denn die von der Beklagten gegenüber ihren Bestandsversicherten vorgenommene Klauselergänzung ist keine Wettbewerbshandlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Der Senat hat zu der seinerzeit gelten- den Fassung des UWG in seinem Beschluss vom 16. Oktober 2002 (aaO unter 1 a) entschieden, dass ein Schreiben des Versicherers an seine Bestandskunden, das die Ersetzung für unwirksam erklärter Versicherungsbedingungen in der Kapitallebensversicherung betraf, kein Handeln im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs darstelle. Vielmehr fehle es an einer auf Außenwirkung im Markt gerichteten Förderung des Wettbewerbs, wenn es nach einem Vertragsschluss allein noch um die Erfüllung und Durchsetzung individueller vertraglicher Pflichten gehe. In einem solchen Fall werde nur die Wahrnehmung der im Wettbewerb bereits erlangten Rechtsposition erstrebt, aber nicht die - durch den vorangegangenen Vertragsschluss bereits verwirklichte - Förderung des eigenen Wettbewerbs zulasten von Mitbewerbern.
16
Aus den gleichen Gründen fehlt es auch im vorliegenden Fall an einer auf Außenwirkung im Markt gerichteten Wettbewerbshandlung. Die Beklagte hat ihre Leistungspflicht im Vergleich zu Mitbewerbern, die die Entscheidung BGHZ 154, 154 ff. hingenommen haben, eingeschränkt. Darin liegt auch nach der neuen Definition des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG keine Handlung, die mit dem Ziel vorgenommen wird, zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens den Absatz zu fördern.
17
Das b) Gesetz über Unterlassungsklagen (UKlaG) gewährt über den Anspruch auf Unterlassung hinaus nur einen Anspruch auf Veröffentlichung (§ 7 UKlaG). Der Bundesgerichtshof hat zu der Vorgängervorschrift des § 13 AGBG entschieden, vom Verwender einer unwirksamen Klausel könne nicht verlangt werden, dass er bereits abgewickelte Verträge rückabwickle oder den Vertragspartner von sich aus auf die Unangemessenheit der Klausel aufmerksam mache; seine Unterlassungspflicht gehe vielmehr lediglich dahin, sich bei der Durchsetzung seiner Rechte nicht auf die unwirksame Klausel zu berufen, sie also nicht mehr zu verwenden (Urteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 335/79 - NJW 1981, 1511 unter II 2 c cc). Weitergehende Ansprüche hat das Gesetz über Unterlassungsklagen nicht eröffnet.
18
4. Danach bleibt noch über den hilfsweise gestellten Antrag des Klägers zu entscheiden, ihm die Befugnis zur Veröffentlichung der Urteilsformel gemäß § 7 UKlaG zuzusprechen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. BGH, Urteile vom 3. Dezember 1991 - XI ZR 77/91 - NJW 1992, 503 unter II 3 e; vom 18. April 2007 - VIII ZR 117/06 - NJW-RR 2007, 1286 Tz. 47). Für eine Veröffentlichung spricht hier, dass andere Verwender gleichartiger Versicherungsbedingungen gewarnt werden. Da der Kläger in Ermangelung eines weitergehenden Folgenbeseitigungsanspruchs nicht kontrollieren kann, ob die Beklagten alle Versicherten, denen sie ihre Klauseländerungen mitgeteilt hat, auch über deren Unwirksamkeit unterrichtet, bietet die Veröffentlichungsbefugnis immerhin ein Hilfsmittel, das neben dem Bekanntwerden dieses Urteils zur Information der Betroffenen beitragen kann. Mithin war dem Hilfsantrag stattzugeben.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 20.07.2005 - 26 O 225/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 26.04.2006 - 5 U 147/05 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 8 Beseitigung und Unterlassung


(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwider

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 3 Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen


(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig. (2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtscha

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist 1. „geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Die

Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze


Bundespflegesatzverordnung - BPflV

Unterlassungsklagengesetz - UKlaG | § 1 Unterlassungs- und Widerrufsanspruch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen


Wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Wi

Unterlassungsklagengesetz - UKlaG | § 2 Ansprüche bei verbraucherschutzgesetzwidrigen Praktiken


(1) Wer in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen (Verbraucherschutzgesetze), kann im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassu

Unterlassungsklagengesetz - UKlaG | § 7 Veröffentlichungsbefugnis


Wird der Klage stattgegeben, so kann dem Kläger auf Antrag die Befugnis zugesprochen werden, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Beklagten auf dessen Kosten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen. Das Ger

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(1) Wer in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen (Verbraucherschutzgesetze), kann im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden. Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so ist der Unterlassungsanspruch oder der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet. Bei Zuwiderhandlungen gegen die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 11 genannten Vorschriften richtet sich der Beseitigungsanspruch nach den entsprechenden datenschutzrechtlichen Vorschriften.

(2) Verbraucherschutzgesetze im Sinne dieser Vorschrift sind insbesondere

1.
die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts, die für
a)
außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge,
b)
Fernabsatzverträge,
c)
Verbraucherverträge über digitale Produkte,
d)
Verbrauchsgüterkäufe,
e)
Teilzeit-Wohnrechteverträge, Verträge über langfristige Urlaubsprodukte sowie Vermittlungsverträge und Tauschsystemverträge,
f)
Verbraucherdarlehensverträge, Finanzierungshilfen und Ratenlieferungsverträge,
g)
Bauverträge,
h)
Pauschalreiseverträge, die Reisevermittlung und die Vermittlung verbundener Reiseleistungen,
i)
Darlehensvermittlungsverträge sowie
j)
Zahlungsdiensteverträge
zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher gelten,
2.
die Vorschriften zur Umsetzung der Artikel 5, 10 und 11 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr", ABl. EG Nr. L 178 S. 1),
3.
das Fernunterrichtsschutzgesetz,
4.
die Vorschriften zur Umsetzung der Artikel 19 bis 26 der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1),
5.
die entsprechenden Vorschriften des Arzneimittelgesetzes sowie Artikel 1 §§ 3 bis 13 des Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens,
6.
§ 126 des Investmentgesetzes oder § 305 des Kapitalanlagegesetzbuchs,
7.
die Vorschriften des Abschnitts 11 des Wertpapierhandelsgesetzes, die das Verhältnis zwischen einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen und einem Kunden regeln,
8.
das Rechtsdienstleistungsgesetz,
9.
die §§ 57, 79 Absatz 2 und 3 sowie § 80 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes,
10.
das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz,
11.
die Vorschriften, welche die Zulässigkeit regeln
a)
der Erhebung personenbezogener Daten eines Verbrauchers durch einen Unternehmer oder
b)
der Verarbeitung oder der Nutzung personenbezogener Daten, die über einen Verbraucher erhoben wurden, durch einen Unternehmer,
wenn die Daten zu Zwecken der Werbung, der Markt- und Meinungsforschung, des Betreibens einer Auskunftei, des Erstellens von Persönlichkeits- und Nutzungsprofilen, des Adresshandels, des sonstigen Datenhandels oder zu vergleichbaren kommerziellen Zwecken erhoben, verarbeitet oder genutzt werden,
12.
§ 2 Absatz 2 sowie die §§ 36 und 37 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes vom 19. Februar 2016 (BGBl. I S. 254) und Artikel 14 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. L 165 vom 18.6.2013, S. 1),
13.
die Vorschriften des Zahlungskontengesetzes, die das Verhältnis zwischen einem Zahlungsdienstleister und einem Verbraucher regeln, und
14.
die Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes, die das Verhältnis zwischen Anbietern von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten und Verbrauchern regeln.
Eine Datenerhebung, Datenverarbeitung oder Datennutzung zu einem vergleichbaren kommerziellen Zweck im Sinne des Satzes 1 Nummer 11 liegt insbesondere nicht vor, wenn personenbezogene Daten eines Verbrauchers von einem Unternehmer ausschließlich für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Verbraucher erhoben, verarbeitet oder genutzt werden.

(3) (weggefallen)

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

Wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 307/01
vom
16. Oktober 2002
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 16. Oktober 2002

beschlossen:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. April 2001 wird nicht angenommen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 153.387,56 DM) festgesetzt.

Gründe:


I.


Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein auf dem Gebiet des Versicherungswesens , begehrt die Richtigstellung von Äußerungen der Beklagten , einer Lebensversicherungs-AG, in einem Rundschreiben, das die Ersetzung von für unwirksam erklärten Allgemeinen Versicherungsbedingungen in Kapitallebensversicherungsverträgen (AVB) zum Gegen-

stand hat und an die davon betroffenen Versicherungsnehmer gerichtet ist.
In einem vom Kläger betriebenen Verbandsklageverfahren untersagte das Oberlandesgericht Stuttgart mit Urteil vom 28. Mai 1999 (VersR 1999, 832) der Beklagten, § 15 AVB (Abschlußkosten) und teilweise § 17 AVB (Überschußermittlung/ Gewinnbeteiligung) bei Abschluß von Kapitallebensversicherungsverträgen zu verwenden oder sich bei Abwicklung bereits abgeschlossener Verträge auf diese Klauseln zu berufen. Die Beklagte nahm ihre dagegen gerichtete Revision zurück. Auf die Revision des Klägers untersagte der Senat durch Urteil vom 9. Mai 2001 (IV ZR 138/99 - BGHZ 147, 373 = VersR 2001, 839) der Beklagten weiterhin die Verwendung von § 6 AVB (Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung/ Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswerts).
Im Juli 2000 versandte die Beklagte mit einem Rundschreiben an mindestens 1,5 Mio. betroffene Versicherungsnehmer neue, die für unwirksam erklärten Klauseln ersetzende Allgemeine Versicherungsbedingungen. Diese hatte sie durch einen vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen benannten Treuhänder überprüfen lassen.
Der Kläger hält einen Austausch von Versicherungsbedingungen unter Einschaltung eines Bedingungstreuhänders und ohne Zustimmung der betroffenen Versicherungsnehmer nur bei den in § 172 Abs. 1 S. 1 VVG genannten Lebensversicherungen und jedenfalls nicht beim Kapitalanteil einer Kapitallebensversicherung für zulässig.

Im Berufungsverfahren hat er von der Beklagten verlangt, Behauptungen in drei Passagen des Rundschreibens richtigzustellen. Hilfsweise hat er beantragt festzustellen, daß die mit dem Rundschreiben verschickten neuen Fassungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen , soweit sie von den bei Vertragsschluß einbezogenen Versicherungsbedingungen abwichen, nicht ohne Zustimmung der Versicherungsnehmer Vertragsbestandteil würden.
Das Oberlandesgericht hat insoweit mit Urteil vom 6. April 2001 (VersR 2001, 1141 mit Anm. Lorenz) die Berufung zurückgewiesen. Nach seiner Auffassung ermöglicht § 172 Abs. 2 VVG für sämtliche Lebensversicherungen einschließlich der Kapitallebensversicherung die Ersetzung unwirksamer Versicherungsbedingungen durch neue Klauseln nach Maßgabe des § 172 Abs. 1 VVG. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiter.

II.


Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 554b Abs. 1 ZPO a.F.). Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht dem Haupt- und dem Hilfsantrag des Klägers den Erfolg versagt. Dabei kann offenbleiben , ob die Beklagte berechtigt ist, die für unwirksam erklärten Allgemeinen Versicherungsbedingungen mittels eines Bedingungstreuhänderverfahrens durch andere Klauseln zu ersetzen.


a) Bereits eine wesentliche Voraussetzung der als Anspruchs- grundlagen für einen Richtigstellungsanspruch allein in Betracht kommenden §§ 1 und 3 UWG ist nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stellt die Versendung des Rundschreibens kein Handeln im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs dar. Ein solches liegt in jedem Verhalten, das objektiv geeignet ist, den eigenen oder einen fremden Wettbewerb zum Nachteil eines anderen zu begünstigen. Dabei ist in subjektiver Hinsicht eine entsprechende Absicht des Handelnden erforderlich, die zwar nicht die einzige oder wesentliche Zielsetzung für die Handlung sein muß, doch nicht als völlig nebensächlich hinter die eigentlichen Beweggründe zurücktreten darf (BGHZ 3, 270, 277; 19, 299, 303; BGH, Urteile vom 23. Mai 1996 - I ZR 122/94 - WRP 1996, 1099 unter II 1 a; vom 28. November 1996 - I ZR 184/94 - GRUR 1997, 473 unter III 1; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht 21. Aufl. Einl. UWG Rdn. 215, 232 ff., jeweils m.w.N.). Eine auf Außenwirkung im Markt gerichtete Förderung eigenen oder fremden Wettbewerbs zum Nachteil eines anderen Marktteilnehmers fehlt, wenn es nach einem Vertragsschluß allein noch um die Erfüllung und Durchsetzung individueller vertraglicher Pflichten oder um die Abwehr von Gewährleistungsansprüchen oder Reklamationen geht, die aus einem Vertrag hergeleitet werden. In einem solchen Fall wird nur die Wahrnehmung von im Wettbewerb bereits erlangten Rechtspositionen erstrebt, aber nicht mehr die - durch den vorangegangenen Vertragsschluß bereits verwirklichte - Förderung des eigenen Wettbewerbs zu Lasten von Mitbewerbern (Piper in Köhler/Piper, UWG 2. Aufl. Einf. Rdn. 220). Die Versendung des Rundschreibens mit den geänderten Allgemeinen Versicherungsbedingungen hielt sich im Rahmen der davon betroffenen Kapitallebensversicherungsverträge. Die Beklagte nahm ihre Interessen als Versicherer

gegenüber ihren Vertragspartnern wahr, indem sie ihren Versicherungsnehmern anstelle der für unwirksam erklärten Klauseln neue Versicherungsbedingungen übersandte und diese Maßnahme in dem Rundschreiben erläuterte. Gerade wenn die Beklagte damit - wie das Berufungsgericht ausführt - Auseinandersetzungen mit den Versicherungsnehmern zuvorkommen und die ungewisse Vertragssituation klären wollte, bewegte sie sich im Rahmen der bestehenden Verträge. Die Versendung des Rundschreibens mag auch der Erhaltung der Marktstärke der Beklagten förderlich gewesen sein, war aber nicht auf ihre Mitbewerber bezogen. Vielmehr war der Klauselaustausch in erster Linie auf den Erhalt der betroffenen Kapitallebensversicherungsverträge ohne Änderungen und Einbußen gerichtet. Damit ging es der Beklagten um die Gestaltung von bestehenden Vertragsverhältnissen.
Maßnahmen innerhalb eines bereits begründeten Vertragsverhältnisses haben ausnahmsweise u.a. dann Außenwirkung, wenn sie verhindern sollen, daß Kunden zu anderen Anbietern abwandern. Denn der Wettbewerb beschränkt sich nicht auf die Gewinnung neuer Kunden, sondern erstreckt sich auch auf die Erhaltung des bisherigen Kundenstammes (BGH, Urteil vom 13. Februar 1992 - I ZR 79/90 - GRUR 1992, 450 unter II 1 b m.w.N.). Eine solche Zielsetzung kann der Versendung des Rundschreibens an die Versicherungsnehmer der Beklagten nicht entnommen werden. Es ist schon nicht erkennbar, daß der Beklagten ein Verlust ihres Kundenstamms deshalb drohte, weil die §§ 6, 15, 17 AVB für unwirksam erklärt wurden.

b) Der Hilfsantrag des Klägers ist unzulässig. Der Kläger wendet sich ausschließlich gegen die Ersetzung der Allgemeinen Versiche-

rungsbedingungen im Wege des Treuhänderverfahrens und damit gegen die Einbeziehungspraxis der Beklagten. Im Verbandsklageverfahren konnte jedoch nach dem hier noch einschlägigen § 13 Abs. 1 AGBG - ebenso wie jetzt gemäß § 1 UKlaG - nur der Inhalt von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nicht aber die Art ihrer Einbeziehung kontrolliert werden (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 1986 - IVa ZR 263/84 - NJW-RR 1987, 45 unter 2 a).
2. Die Rechtsfrage, ob § 172 Abs. 2 VVG für sämtliche Lebensversicherungsverträge eine Ersetzung unwirksamer Versicherungsbedingungen ermöglicht oder nur auf Lebensversicherungen im Sinne von § 172 Abs. 1 S. 1 VVG anwendbar ist, rechtfertigt nicht die Annahme der

Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Diese im Schrifttum kontrovers diskutierte und vom Senat noch nicht entschiedene Frage ist hier nicht entscheidungserheblich, weil kein wettbewerbsrechtlich relevanter Tatbestand gegeben ist.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 66/03 Verkündet am:
21. September 2005
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Frage, ob eine Vollvermietung und eine bestimmte Mieterstruktur als zugesichert
anzusehen ist, wenn die Parteien einen bestimmten Vermietungszustand
in die Präambel des Mietvertrages aufgenommen haben (im Anschluss
an Senatsurteil vom 26. Mai 2004 - XII ZR 149/02 - NZM 2004, 618).

b) Zur Anwendbarkeit der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage
nach Anmietung einer Teilfläche in einem erst zu erstellenden Zentrum für
Handel und Dienstleistungen, wenn dieses nach der Eröffnung nicht in der
erwarteten Weise von den Kunden angenommen wird (im Anschluss an Senatsurteile
vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714 und vom
19. Juli 2000 - XII ZR 176/98 - NZM 2000, 1005).
BGH, Urteil vom 21. September 2005 - XII ZR 66/03 - OLG Rostock
LG Stralsund
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. September 2005 durch die Richter Sprick, Weber-Monecke, Fuchs,
Dr. Ahlt und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 3. Februar 2003 wird auf Kosten der Beklagten , die auch die Kosten der Nebenintervention in der Revisionsinstanz zu tragen hat, zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger fordert als Zwangsverwalter des H. -Centers in S. von der Beklagten rückständige Miete für zwei Objekte für die Zeit von Oktober 1999 bzw. Januar 2001 bis Juli 2001.
2
Mit Vertrag vom 8./9. Oktober 1998 vermietete die damalige Vermieterin der Beklagten Flächen im H. -Center in S. zum Betrieb einer staatlich konzessionierten Spielbank. In der Präambel des Vertrags heißt es: "Die Vermieterin erstellt ein regionales Objekt für Handel und Dienstleistung, das 'H. -Center' in … S. , auf dem Grundstück T. -Damm, Ecke B. straße, derzeit leeres Grundstück.
Das Objekt wird eine Gesamtfläche von ca. 28.000 m² haben, wovon im Erdgeschoß und im ersten Obergeschoß jeweils 5.600 m² von Einzelhandel und Entertainment gemischt genutzt werden. Im Erdgeschoß werden folgende Firmen vertreten sein: R. Verbrauchermarkt, S. Drogeriemarkt, G. Spielotheken AG, E. Autovermietung, R. Zierpflanzen, A. Apotheken, Bistro E. , S. -Back, R. SchuhSchlüsseldienst und Bank G. . Weiterhin wird ein Hotel mit 115 Zimmern auf einer Fläche von ca. 5.700 m² auf insgesamt vier Etagen betrieben. Im ersten Obergeschoss wird ein Entertainment-Center entstehen mit einer B. Bowlingbahn, einem Cafe der Firma S. -Back, einer Erlebnisgastronomie der S. Brauerei und einem Spezialitätenrestaurant. Zum Objekt gehört auch ein eigenes Parkhaus mit 345 Parkplätzen , welches durch die Firma I. B. betrieben wird."
3
Das Mietverhältnis, das am 1. September 1999 beginnen sollte, wurde fest auf zehn Jahre abgeschlossen. Die vereinbarte monatliche Miete betrug 25.500 DM, einschließlich 3.000 DM Nebenkostenvorauszahlungen.
4
Der Vertrag enthält unter anderem folgende weitere Regelungen: "§ 9 Gewährleistung 9.1 Schadensersatzansprüche der Mieterin einschließlich solcher aus vorvertraglichen Schuldverhältnissen und unerlaubter Handlung sind ausgeschlossen, es sei denn, sie beruhen:
a) auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Vermieterin oder ihrer Erfüllungsgehilfen;
b) auf der fahrlässigen Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht durch die Vermieterin oder ihrer Erfüllungsgehilfen. … 9.3 Das Recht zur Minderung des Mietzinses gemäß § 537 Abs. 1 BGB ist von einer vorherigen Feststellung durch einen von der IHK zu benennenden öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen abhängig, es sei denn, die Vermieterin stimmt der geltend gemachten Minderung zu." … § 16 Sonstiges 16.1 Die beigefügte Hausordnung ist Bestandteil dieses Vertrages (Anlage 6) . … 16.5 Dem Vermieter ist während der Mietzeit nicht gestattet, in dem in der Präambel genannten Objekt (H. Center) Sexshops oder andere Mieter zuzulassen, die ein negatives Image aufweisen." Unter Ziffer 8. der als Anlage 5 zum Mietvertrag Vertragsbestandteil gewordenen Hausordnung ist folgendes geregelt: "Management Für alle das Mietverhältnis und den Objektbetrieb betreffende Fragen ist das von dem Vermieter beauftragte Management zuständig." In der Anlage 1 zum Mietvertrag, Allgemeine Baubeschreibung, heißt es u.a.: "Lüftung - Be- und Entlüftung erfolgen unter Beachtung der einschlägigen DIN-Normen, Kühlung erfolgt, soweit erforderlich, über geeignete Systeme (Splitgeräte) …" In der ebenfalls als Anlage 1 zum Mietvertrag überschriebenen "Baubeschreibung zum Innenausbau von Spielbank" heißt es unter Ziffer "18. Lüftung": "dezentraler Einbau von Kühlung- /Splitgeräte für die Luftbefeuchtung durch den Mieter, Lüftungsgitter Drallauslässe, farbliche Abstimmung mit Mieter oder deren Architekten."
5
Mit Vertrag vom 4./30. April 2000 mietete die Beklagte von der Vermieterin weitere Flächen im H. -Center zum Betrieb eines Bistros. In der Vorbemerkung des Vertrages heißt es unter anderem: "Das Raumprogramm sowie die angestrebte Mieterstruktur ist nicht Vertragsgrundlage dieses Mietvertrages und stellt keine zugesicherte Eigenschaft für die vermietete Fläche dar."
6
Die monatliche Miete betrug einschließlich der Nebenkostenvorauszahlung von 800 DM und der Mehrwertsteuer insgesamt 6.728 DM.
7
Da das H. -Center zum 1. September 1999 noch nicht fertig gestellt war, besprachen die Vertragsparteien eine Mietminderung für die Zeit bis einschließlich Dezember 1999. Der Kläger behauptet, man habe sich für Oktober 1999 auf eine geminderte Miete in Höhe von 15.080 DM und für November und Dezember 1999 auf je 23.780 DM geeinigt. Die Beklagte bestreitet eine solche Einigung.
8
Die Beklagte, die Minderung wegen Mängeln des Mietobjekts einwandte, holte im Einvernehmen mit der Vermieterin ein Gutachten des von der IHK öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen M. ein, das dieser unter dem 5. November 1999 erstattete.
9
Unter Berücksichtigung unstreitiger Zahlungen der Beklagten in Höhe von insgesamt 169.140 DM (= 86.479,91 €) fordert der Kläger für die Spielbank von der Beklagten Mietrückstände bis einschließlich Juli 2001.
10
Für das Bistro zahlte die Beklagte die Miete zunächst in vollem Umfang, ab Januar 2001 jedoch lediglich 2.981,20 DM monatlich. Der Kläger verlangt für die Zeit bis Juli 2001 den vollen Unterschiedsbetrag in Höhe von 3.746,80 DM monatlich, insgesamt also 26.227,60 DM (= 13.409,96 €). Das Landgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 96.055,18 € nebst gestaffelten Zinsen sowie zur Zahlung weiterer 3.843,69 € (richtig: 3.834,69 € = 7.500 DM) Zug um Zug gegen Erteilung der Nebenkostenabrechnung für die Spielbank für die Jahre 1999 und 2000. Die Berufung der Beklagten blieb im wesentlichen erfolglos. Abgesehen von der Berichtigung des Zug um Zug zu zahlenden Betrags auf 3.834,69 € (= 7.500 DM) setzte das Oberlandesgericht die vorbehaltlose Verurteilung der Beklagten lediglich wegen eines Rechenfehlers bei den Rückständen auf 95.697,27 € herab. Gegen die Verurteilung zur Zahlung dieses Betrages richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

11
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

12
Das Oberlandesgericht führt im wesentlichen aus: Die für die Spielbank zu zahlende Miete sei über das von der Vermieterin zugestandene Maß hinaus nicht gemindert. Die Vermieterin habe für den Monat Oktober 1999 ca. 46 % und für die Folgemonate ca. je 8 % der Nettomiete an Minderung zugestanden.
Eine höhere Minderung wegen der unstreitig durchgeführten Bauarbeiten sei nicht anzusetzen. Hierauf habe das Landgericht zutreffend hingewiesen. Dessen Ausführungen habe die Beklagte in der Berufungsinstanz nicht angegriffen. Die weiter von der Beklagten vorgetragenen Tatsachen zum Zustand des H. - Centers, die weitgehend unstreitig seien, rechtfertigten ebenfalls keine Minderung. Die qualitativen und quantitativen Abweichungen des Vermietungszustands von der in der Präambel des Mietvertrags aufgeführten Mieterstruktur stellten keinen Fehler im Sinne von § 537 Abs. 1 BGB a.F. dar. Denn das Ausbleiben der Vollvermietung und der Anmietung von Geschäftsräumen durch sämtliche in der Präambel des Mietvertrages aufgeführten Firmen beeinträchtigten die Tauglichkeit der gemieteten Räume zu dem vertraglich vereinbarten Betrieb einer Spielbank nicht unmittelbar. Deshalb sei auch die Vermietung von Gewerbeflächen an die T. AG, die keinen Publikumsverkehr habe, kein Fehler im Sinne von § 537 Abs. 1 BGB a.F. Das Gleiche gelte für das Fehlen eines Center-Managements. Darüber hinaus habe die Vermieterin die Organisation und Tätigkeit eines Center-Managements nicht geschuldet. Keine Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit des gemieteten Objekts begründeten weiterhin folgende Tatsachen: fehlendes Wegeleitsystem, fortschreitendes Verkommen des Ein- und Ausganges B. straße, unansehnliche Fassade, fehlende Postverteilungs- und Gegensprechanlage, Zustand der Grünflächen, fehlende Dekoration zu bestimmten Feiertagen, keine Werbung, einheitliches Schließsystem, unbewachtes Parkhaus. Hinsichtlich der Postverteilungsanlage, der Gegensprechanlage, der Dekoration zu bestimmten Feiertagen, der Werbung und des Parkhauses liege bereits keine Abweichung vom vertraglich geschuldeten Zustand des Mietobjekts vor. Soweit die Beklagte das Vorhandensein eines einheitlichen Schließsystems wegen der damit verbundenen Missbrauchsgefahr als Mangel rüge, lege sie nicht dar, dass das tatsächlich vorhandene Schließsystem von dem vertraglich geschuldeten abweiche. Hinsichtlich
der übrigen gerügten Umstände, die insbesondere den inneren und äußeren Zustand des H. -Centers beträfen, fehle es wiederum am Merkmal der Unmittelbarkeit. Auch der Zustand der Belüftungsanlage führe nicht zu einer Minderung. Für eine wirksame Minderung sei hinsichtlich eines streitigen Mangels erforderlich, dass die in § 9.3 des Vertrages geregelten Voraussetzungen vorlägen. Es müsse also ein die Gebrauchstauglichkeit mindernder Mangel gutachterlich bestätigt sein. Hieran fehle es in Bezug auf die Belüftungsanlage. Der Sachverständige M. habe mit Ausnahme von Zuglufterscheinungen an einem der Spieltische keine Mängel an der Lüftungsanlage festgestellt. Auch sei der Sachverständige entgegen der Behauptung der Beklagten auf das Problem des Ansaugens erwärmter Luft eingegangen. Hinsichtlich der Zugerscheinungen an einem der Spieltische scheide ein Minderungsanspruch aus, weil es sich hierbei lediglich um einen unerheblichen Mangel handele. Das Landgericht habe hierzu zutreffend festgestellt, dass die Beklagte zu einer konkreten Beeinträchtigung des Spielbankbetriebs nichts vortrage. Insoweit habe die Beklagte das landgerichtliche Urteil auch nicht angegriffen. Die Voraussetzungen einer Minderung wegen von der Beklagten behaupteten Stromschwankungen lägen nicht vor. Der Mangel sei streitig. Eine Feststellung des Mangels durch einen Sachverständigen entsprechend § 9.3 des Mietvertrages liege nicht vor. Eine gerichtliche Beweisaufnahme sei nicht durchzuführen. Die Parteien hätten nämlich für das Recht zur Minderung konkret vereinbart, dass ein Sachverständiger den Mangel vorher feststelle. Die Beklagte habe es jedoch unterlassen, auch insoweit einen Sachverständigen zu beauftragen. Auch die mehrfache Einschaltung der Notbeleuchtung rechtfertige keine Minderung. Zwar sei insoweit die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht notwendig, weil die Tatsache selbst unstreitig und die Beauftragung eines Sachverständigen nur bei streitigen Mängeln sinnvoll sei. Das Einschalten der Notbeleuchtung habe den Gebrauch des Mietobjekts jedoch nur in unerheblichem Maße beeinträchtigt,
zumal sich die Notbeleuchtung (grelles Licht) nur fünfmal, verteilt auf mehrere Monate, eingeschaltet habe. Weiter könne die Beklagte keine Minderung im Zusammenhang mit dem zeitweisen Betrieb einer Diskothek im Einkaufszentrum geltend machen. Die von der Beklagten beschriebenen Pöbeleien von Gästen der Diskothek gegenüber Gästen der Spielbank stellten keine unmittelbare Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Spielbank dar. Im Übrigen fehle auch ein ausreichender Vortrag dafür, dass von einem erheblichen Mangel ausgegangen werden könnte. Gleiches gelte auch für das in der Toilette der Spielbank aufgefundene Drogenbesteck, wobei sogar offen bleibe, ob dieses von einem Gast der Spielbank oder der Diskothek abgelegt worden sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe die Klägerin auch keinen Objektschutz geschuldet. Die aufgetretenen Feueralarme sowie das einmalige Einschalten der Sprinkleranlage stelle keine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung dar, zumal die Störungen auf mehrere Monate verteilt gewesen seien.
13
Eine Minderung des Mietzinses für die Spielbank gemäß § 537 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB a.F. wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft komme nicht in Betracht. Die von den Parteien in der Präambel des Vertrages gemachten Angaben stellten keine zusicherungsfähigen Eigenschaften des hier streitigen Mietobjekts dar. Im übrigen habe die Beklagte eine Zusicherung nicht schlüssig behauptet. Hierzu werde auf die zutreffenden Gründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Hervorzuheben sei, dass, wie auch das Landgericht ausgeführt habe, einer Präambel keine Rechtserheblichkeit zukomme. Sie lege lediglich die Zielrichtung des Vertrages dar. Aus der Stellung und der Bezeichnung im Vertrag sei augenscheinlich, dass die Angaben keine rechtliche Bindung entfalten sollten. Umstände, die eine hiervon abweichende Wertung zuließen, seien nicht ersichtlich. Dies gelte auch für die der Beklagten übergebenen Exposés, die inhaltlich der Präambel entsprochen hätten; sie stell- ten lediglich eine Anpreisung dar und enthielten keine rechtsverbindlichen Erklärungen.
14
Auch für das Bistro sei die Miete nicht herabzusetzen. Das Landgericht habe zu Recht festgestellt, dass eine Minderung nicht aus dem Umstand hergeleitet werden könne, dass der Kläger als Vermieter gegenüber der Beklagten eventuell die Erklärung schulde, auf sein Vermieterpfandrecht zu verzichten. Auch greife die Beklagte das Urteil insoweit nicht an.
15
Schließlich könne eine Herabsetzung der Miete auch nicht auf die Grundsätze des Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage gestützt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714) sei für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und Umstände gehe, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollten. Eine solche vertragliche Risikoverteilung schließe für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen. Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trage grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko der Mietsache. Dazu gehöre bei der gewerblichen Miete vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Die Parteien könnten allerdings die Risikoverteilung vertraglich ändern. Ob dies der Fall sei, sei durch Auslegung zu ermitteln. Im Ergebnis rechtfertige der Vertragsinhalt jedoch nicht die Annahme, die Parteien hätten eine Verlagerung des unternehmerischen Geschäftsrisikos von dem Mieter auf den Vermieter vereinbart. Dies könne vorliegend jedoch dahinstehen. Denn es fehle bereits an einer solchen erheblichen Störung der möglichen Geschäftsgrundlage, die eine Würdigung als Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage rechtfertige. Vielmehr werde das H. -Center weiterhin von Einzelhandel und Unterhaltungs- betrieben gemischt genutzt. Dies zeige die gegenwärtig unstrittig vorhandene Belegung einzelner Geschäftsbereiche (erstes Obergeschoss: T. AG, Bowlingbahn, Räume der Beklagten; Erdgeschoss: S. -Drogeriemarkt, Hotel, R. Zierpflanzen, V. Computerladen, T. börse (Tabakwaren), Nagelstudio, Sonnenstudio, RE. , B. & B. sowie eine Spielhalle, die demnächst schließe). Dem stehe nicht entgegen, dass die Klägerin selbst konzeptwidrig Flächen an die T. AG vermietet habe. Hierdurch werde der Gesamtcharakter des Centers nicht aufgehoben oder nachhaltig gestört. Vielmehr sei dadurch lediglich ein Leerstand verhindert worden. Abzustellen sei in diesem Zusammenhang auch darauf, dass es entgegen dem Vortrag der Beklagten nur schwer vorstellbar sei, dass die Spielbank wesentliche Umsätze durch Laufkundschaft erziele. Der Besuch einer Spielbank erfolge in der Regel nicht spontan. Unter diesem Gesichtspunkt könne keine Abhängigkeit der Spielbank von den in der Präambel genannten Unternehmen, mit Ausnahme des - tatsächlich vorhandenen - Hotels, festgestellt werden. Entscheidend bleibe immer der generelle Standort und nicht dessen konkretes Umfeld.
16
Eine Haftung der Vermieterin aus Verschulden bei Vertragsschluss, z.B. weil sie eventuell unter Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht schuldhaft unzutreffende Informationen über die Vermietung des Gesamtobjekts erteilt habe, bedürfe keiner näheren Untersuchung, denn die Beklagte fordere keinen Schadensersatz

II.

17
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung und den Angriffen der Revision stand.
18
1. Die Revision macht zunächst geltend, dass die Nichteinhaltung der zugesagten Mieterstruktur durch die Vermieterin ebenso wie die Vermietung an die T. AG und das Leerstehen sonstiger Flächen einen Fehler der Mietsache im Sinne von § 537 Abs. 1 BGB a.F. (§ 536 Abs. 1 BGB) darstellten. Denn diese Umstände seien geeignet, Passanten, somit auch potentielle Kunden der Beklagten, überhaupt vom Besuch des Zentrums abzuhalten. Das Ambiente des Einkaufszentrums werde so gestaltet, dass potentiellen Kunden ein Besuch oder der Aufenthalt in dem Center von vornherein verleidet werde. Von ausschlaggebender Bedeutung sei, dass der Charakter, welcher dem Center als Einkaufs- und Unterhaltungszentrum zukommen sollte, nicht gewahrt sei und unter Berücksichtigung der Leerflächen und der weitgehenden Vermietung an T. auch nicht gewahrt werden könne. Damit dringt die Revision nicht durch.
19
Wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, ist unter einem Mangel im Sinne von § 537 Abs. 1 BGB a.F. die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Fehler in Betracht kommen können. So können bestimmte äußere Einflüsse oder Umstände - etwa die Behinderung des Zugangs zu einem gemieteten Geschäftslokal - einen Fehler des Mietobjekts begründen. Erforderlich ist allerdings, um Ausuferungen des Fehlerbegriffs zu vermeiden, stets eine unmittelbare Beeinträchtigung der Tauglichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache , wohingegen Umstände, die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berühren, nicht als Mängel zu qualifizieren sind (Senatsurteil vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714, 1715 m.N.).
20
Unter diesen Voraussetzungen liegt ein Mangel der vermieteten Räume nicht vor. Auch wenn man unterstellt, dass das H. -Center seinen Charakter als Einkaufs- und Vergnügungszentrum teilweise verloren hätte, läge nur eine mittelbare Beeinträchtigung der von der Beklagten gemieteten Räume vor. Auf ein Verschulden der Vermieterin kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Die gemieteten Räume können unabhängig vom Zustand des H. -Centers als Spielbank betrieben werden.
21
2. Die Revision macht weiter zu Unrecht geltend, dass die Beklagte den Mietzins unter dem Gesichtspunkt des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft (§ 537 Abs. 2 BGB a.F.; jetzt § 536 Abs. 2 BGB) mindern könne.
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a) Zu Recht rügt allerdings die Revision die Auffassung des Berufungsgerichts , einer Präambel komme grundsätzlich keine Rechtserheblichkeit zu; sie lege lediglich die Zielrichtung des Vertrages dar und sei deshalb insbesondere für die Auslegung des Vertrages von Bedeutung.
23
Es spricht nämlich nichts dagegen, dass Parteien in der Präambel eines zivilrechtlichen Vertrages verbindliche Zusicherungen abgeben können. Hiervon ist auch der Senat in seinem Urteil vom 26. Mai 2004 (XII ZR 149/02 - NZM 2004, 618) ausgegangen. Die vom Oberlandesgericht zur Unterstützung seiner Rechtsansicht herangezogene Definition (Creifelds, Rechtswörterbuch, 16. Aufl., Stichwort Präambel) bezieht sich auf völkerrechtliche Verträge. Hierfür mögen andere Grundsätze gelten.
24
Allerdings hat das Landgericht, auf dessen Ausführungen das Berufungsgericht ausdrücklich Bezug nimmt, die Präambel des Vertrages unabhängig hiervon dahingehend ausgelegt, dass sie keine Zusicherung im Sinne von § 537 Abs. 2 BGB a.F. enthalte. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
25
Die Auslegung von Verträgen ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Dessen Auslegung ist für das Revisionsgericht bindend, wenn sie rechtsfehlerfrei vorgenommen worden ist und zu einem vertretbaren Auslegungsergebnis führt, auch wenn ein anderes Auslegungsergebnis möglich erscheint oder sogar näher liegt. Die tatrichterliche Auslegung kann deshalb vom Revisionsgericht grundsätzlich nur darauf überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf einem im Revisionsverfahren gerügten Verfahrensfehler beruht (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2004 aaO). Solche revisionsrechtlich relevanten Auslegungsfehler vermag die Revision nicht aufzuzeigen; sie liegen auch nicht vor.
26
Die Revision macht in diesem Zusammenhang geltend, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft den Vortrag der Beklagten übergangen, dass die Präambel auf ihre ausdrückliche Forderung hin in den Mietvertrag aufgenommen worden sei, da ihr Geschäftsführer geäußert habe, er lege Wert auf ein attraktives Entertainment-Center, nur in einem solchen würde sich die Spielbank rentieren, es solle für die Besucher ein Erlebnis sein, das Center zu besuchen , hierfür sei eine Vermietung in gepflegter Atmosphäre Voraussetzung. Ein Rechtsfehler liegt jedoch nicht vor, weil, wie das Landgericht, auf das das Oberlandesgericht verweist, richtig ausführt, von einer Zusicherung nur dann ausgegangen werden kann, wenn der Zusichernde über allgemeine Anpreisungen und Beschreibungen der Mietsache hinaus bindend erklärt, die Gewähr für das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften zu übernehmen und für alle Folgen ihres Fehlens eintreten zu wollen. Eine solche Erklärung aber hat die Vermieterin auch nach den Behauptungen der Beklagten nicht abgegeben. Das Landgericht konnte daher dem Umstand entscheidende Bedeutung beimessen, dass die detaillierte Gewährleistungsregelung im Vertrag dagegen spreche, dass die Vermieterin für das Vorhandensein der in der Präambel genannten Umstände rechtsverbindlich einstehen wollte. Deswegen konnte das Oberlandesgericht auch außer Acht lassen, dass in der Präambel des Vertrages über das Bistro ausdrücklich erklärt wurde, dass keine Zusicherungen erfolgen würden. Daraus ist nicht zu schließen, dass für die Spielbank etwas anderes gegolten habe. Letztlich versucht die Revision, ihre Auslegung an die Stelle der des Berufungsgerichts zu setzen. Das ist ihr aber verwehrt (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2004 aaO).
27
b) Zu Recht ist das Berufungsgericht darüber hinaus davon ausgegangen , dass die in der Präambel des Vertrages gemachten Angaben keine zusicherungsfähigen Eigenschaften des streitigen Mietobjekts darstellen. Als Eigenschaften im Sinne von § 537 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. (§ 536 Abs. 2 BGB) kommen neben der physischen Beschaffenheit die tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen des Mietgegenstands zu seiner Umwelt in Betracht, die für die Brauchbarkeit und den Wert des Mietobjekts von Bedeutung sind. Diese Beziehungen müssen jedoch ihren Grund in der Beschaffenheit des Mietobjekts selbst haben, von ihm ausgehen, ihm auch für eine gewisse Dauer anhaften und nicht lediglich durch Heranziehung von Umständen in Erscheinung treten, die außerhalb der Mietsache liegen (Senatsurteil vom 16. Februar 2000 aaO, 1715).
28
Nach diesem Maßstab aber scheidet die Vollvermietung des H. - Centers, seine Mieterstruktur und somit sein Charakter eines Einkaufs- und Vergnügungszentrums als zusicherungsfähige Eigenschaft der zum Betrieb einer Spielbank angemieteten Räume aus. Abgesehen davon kann bei dem vom Oberlandesgericht festgestellten Vermietungsumfang entsprechend der in der Präambel angegebenen Mieterstruktur nicht davon gesprochen werden, dass es sich beim H. -Center nicht mehr um ein Einkaufs- und Vergnügungszent- rum handeln würde. Die Vermietung an die T. AG erfolgte nur, um einen Leerstand zu vermeiden, der der Attraktivität des H. -Centers ebenso geschadet hätte.
29
3. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Miete sei, wenn die Gewährleistungsvorschriften nicht eingreifen sollten, nach den Grundsätzen des Fehlens bzw. des Wegfalls der Geschäftsgrundlage herabzusetzen.
30
a) Wie der Senat bereits in Bezug auf Einkaufszentren ausgeführt hat, ist für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage (jetzt § 313 BGB) - hier etwa der beiderseitigen Vorstellung und sicheren Erwartung einer positiven Entwicklung des Einkaufszentrums aufgrund der darin vorgesehenen Mieterstruktur und der Vollvermietung - grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen. Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters, das dieser nicht nachträglich auf den Vermieter verlagern kann. Diese im Gewerberaummietrecht angelegte Risikoverteilung ändert sich nicht dadurch, dass das vermietete Geschäft in einem Einkaufszentrum liegt und nicht nur der Mieter, sondern auch der Vermieter erwartet, die notwendige geschäftsbelebende Funktion des Einkaufszentrums werde verwirklicht werden können. Wie auch in anderen Geschäftslagen fällt es in den Verantwortungsbereich des Mieters, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäftes in der gewählten Lage abzuschätzen. Das umfasst bei einem erst geplanten Einkaufszentrum neben der Chance, in einem später florierenden Zentrum erhöhte Gewinne zu erzielen, auch das Risiko eines Scheiterns des Gesamtprojekts mit entsprechenden negativen Folgen für das Einzelgeschäft. Allein der Umstand, dass auch der Vermieter von einem wirtschaftlichen Erfolg des Projekts ausgeht , verlagert das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko für das einzelne gemietete Geschäft in dem Einkaufszentrum nicht von dem Mieter auf den Vermieter. Dieser trägt seinerseits ohnehin das gesamte Vermietungsrisiko und damit die Gefahr, bei einem Scheitern des Projekts seine Investitionen zu verlieren (vgl. insbesondere Senatsurteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 176/98 - NJW-RR 2000, 1535, 1536).
31
Die Parteien können allerdings die Risikoverteilung ändern und vereinbaren , dass der Vermieter das Geschäftsrisiko des Mieters - ganz oder zum Teil - übernimmt. Das hat das Berufungsgericht hier dahingestellt sein lassen, weil es davon ausgeht, dass jedenfalls keine Störung der Geschäftsgrundlage vorliege.
32
Die Revision ist hingegen der Ansicht, die Vermieterin habe das Geschäftsrisiko der Beklagten übernommen. Denn die Vertragsparteien hätten in der Präambel zum Ausdruck gebracht, dass ihre Willensbildung auf der gemeinsamen Vorstellung beruhe, es seien bereits genügend Mieter für das Betreiben des Einkaufszentrums gewonnen worden, die eine geeignete Mieterstruktur und damit eine Attraktivität des Einkaufs- und Vergnügungszentrums sichern würden, somit auch den funktionierenden Betrieb der Spielbank. Den konkreten Angaben der Vermieterin in der Präambel, die auf Veranlassung der Beklagten erfolgt seien, habe die Beklagte entnehmen können und müssen, dass die Vermieterin auch für die Realisierung des Konzepts ihr gegenüber einstehen wolle. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.
33
Es versteht sich von selbst, dass der Erbauer eines Einkaufszentrums von der Realisierbarkeit seines Objekts und einer weitgehenden Vollvermietung ausgeht, da er nur in diesem Falle seine Investitionen nicht verliert. Teilt er diese Überzeugung seinen potentiellen Mietern mit und legt er gleichzeitig den als sicher geglaubten Vermietungszustand dar, so übernimmt er nicht allein deswegen das Geschäftsrisiko des Mieters. Vielmehr bedarf es hierzu einer ausdrücklichen Vereinbarung der Vertragsparteien, die jedoch vorliegend von der Beklagten nicht behauptet wird.
34
b) Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass die Vermieterin das Geschäftsrisiko der Beklagten übernommen hat, ist eine Herabsetzung des Mietzinses nicht gerechtfertigt. Vielmehr führt das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise aus, dass von einem Wegfall oder Fehlen der Geschäftsgrundlage noch nicht gesprochen werden kann, weil das H. -Center in dem hier maßgeblichen Zeitraum im Wesentlichen nach wie vor vom Einzelhandel und von Unterhaltungsbetrieben gemischt genutzt werde. Dies zeigt die unstrittig vorhandene Belegung der Geschäftsflächen. Die konzeptwidrige Vermietung an die T. AG steht dem nicht entgegen, weil dadurch weder der Gesamtcharakter des Centers aufgehoben noch nachhaltig gestört ist. Die genannte Vermietung hat einen Leerstand verhindert, der dem Gesamteindruck mindestens ebenso abträglich gewesen wäre. Auch in diesem Falle wäre die "Mall" eingeschränkt gewesen. Schließlich konnte das Oberlandesgericht auch ohne Rechtsfehler darauf abstellen, dass es nur schwer vorstellbar sei, dass die Spielbank wesentliche Umsätze durch Laufkundschaft erzielt und für ihren Betrieb vor allen anderen das Hotel, das noch besteht, wichtig ist. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 144 ZPO bedurfte es hierzu nicht, zumal die Revision selbst vorträgt, dass sich das Angebot der von der Beklagten betriebenen Spielbank - anders als Spielotheken oder sonstige Vergnügungszentren - besonders an zahlungskräftige Kunden richte, die auf eine seriöse, diskrete, sichere und niveauvolle Einrichtung "zum Aufenthalt in gehobener Klasse" Wert lege.
35
c) Damit scheidet auch aus, dass die Beklagte eine Anpassung des Mietzinses wegen einer Garantiezusage bzw. einer Garantieerklärung der Vermieterin auf Sicherstellung einer dauerhaften oder jedenfalls langfristigen Vollvermietung verlangen kann (vgl. hierzu Senatsurteil vom 16. Februar 2000 aaO, 1718). Im Übrigen kann aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte in der Präambel eine Vollvermietung zugesagt oder garantiert hätte.
36
4. Im Gegensatz zur Meinung der Revision kann die Beklagte auch nicht nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss (jetzt § 311 Abs. 2 BGB) eine Herabsetzung des Mietzinses verlangen. Zwar scheitert dies entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht schon daran, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich Schadensersatz verlangt hat. Vielmehr genügte es, dass sie eine Herabsetzung des Mietzinses forderte , was gegebenenfalls auch die Folge eines Anspruchs aus Verschulden bei Vertragsschluss sein kann (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 64. Aufl. § 311 Rdn. 59 m.N.). Voraussetzung eines solchen Anspruchs wäre jedoch, dass die Vermieterin die Beklagte über die Vollvermietung oder sonstige erhebliche Umstände vorsätzlich oder, im Hinblick auf § 9 Abs. 1 des Mietvertrages, grob fahrlässig falsch unterrichtet hätte. Hierzu fehlt es jedoch an entsprechendem Vortrag der Beklagten in den Vorinstanzen.
37
5. Schließlich hat das Berufungsgericht entgegen den Ausführungen der Revision das Vorliegen der weiter von der Beklagten gerügten Mängel rechtsfehlerfrei verneint:
38
a) Zu Recht hat das Oberlandesgericht das Fehlen eines CenterManagements nicht als Mangel der gemieteten Räume angesehen. Denn es fehlt an der erforderlichen unmittelbaren Beeinträchtigung ihrer Gebrauchstauglichkeit. Auf die Frage, ob die Vermieterin überhaupt ein Center-Management schuldete, was das Berufungsgericht verneint, kommt es deshalb nicht an.
39
b) Die Revision hat auch nicht aufzuzeigen vermocht, dass die Vermieterin eine Postverteileranlage, eine Gegensprechanlage, eine Dekoration zu bestimmten Feiertagen, eine gemeinsame Werbung sowie die Bewachung des Parkhauses vertraglich schulde. In dem Umstand, dass diese Anlagen bzw. Leistungen fehlen, ist daher schon deswegen kein Fehler nach § 537 Abs. 1 BGB a.F. zu sehen. Das gleiche gilt für das als Mangel bezeichnete einheitliche Schließsystem des Einkaufszentrums. Ebenso wenig hat die Revision aufzuzeigen vermocht, dass es sich bei dem fehlenden Wegeleitsystem, dem fortschreitenden Verkommen des Ein- und Ausganges B. straße und der unansehnlichen Fassade um unmittelbare und nicht nur mittelbare Beeinträchtigungen der gemieteten Räume handelt.
40
c) Zu Recht hat das Oberlandesgericht auch die von der Beklagten beschriebenen Pöbeleien von Besuchern der Diskothek gegenüber Gästen der Spielbank nicht als unmittelbare Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der gemieteten Räume gewertet. Dies gilt entsprechend für das Auffinden von Drogenbesteck in der Toilette der Spielbank.
41
d) Das Berufungsgericht ist auch rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen , dass der Zustand der Belüftungsanlage nicht zu einer Minderung führt.
42
Im Gegensatz zur Auffassung der Revision ist nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht § 9.3 des Mietvertrages dahingehend ausgelegt hat, dass im Streitfall ein die Gebrauchstauglichkeit mindernder Mangel gutachterlich bestätigt sein muss. Die Regelung hat ersichtlich auch den Sinn, weite- ren Streit zwischen den Vertragsparteien über vom Gutachter nicht geklärte Punkte zu vermeiden. Schon aus diesem Grund verbietet sich die von der Revision vertretene Auslegung der Klausel dahingehend, dass es ausreiche, ein Sachverständigengutachten vorzulegen, welches die Mängel im Großen und Ganzen wiedergebe, es den Parteien dann jedoch unbenommen bleibe, weitere Mängel vorzutragen, die mit den im Gutachten behandelten Komplexen zusammenhingen.
43
Das Berufungsgericht hat im Übrigen das Gutachten zu Recht dahingehend gewürdigt, dass der Sachverständige lediglich im Bereich der Roulettetische an einem Spieltisch eine unzulässig hohe Luftgeschwindigkeit festgestellt hat. Es hat das ihm zukommende Ermessen nicht überschritten, indem es diesen Mangel als unerheblich bewertet hat, zumal die Beklagte nicht dargelegt hat, inwieweit die Gebrauchstauglichkeit der Spielbank durch die Zugluft an dem vom Gutachter genannten Spieltisch eingeschränkt war. Ihre Behauptung, es sei zu krankheitsbedingten Ausfällen von Angestellten gekommen, bezieht sich nicht auf diesen konkreten Mangel, sondern auf die angeblich insgesamt fehlerhafte Belüftung im Ganzen.
44
Im Gegensatz zur Meinung der Revision war das Berufungsgericht auch nicht verpflichtet, gemäß § 144 ZPO ein Gutachten zu erholen, soweit die Beklagte die Richtigkeit des von ihr vorgelegten Gutachtens M. hinsichtlich der Ansaughöhe der Außenluft über dem Bitumendach bestritten hat. Vielmehr ist es nach § 9.3 des Vertrages Sache der Beklagten, die von ihr behaupteten Mängel gutachterlich nachzuweisen. Sie hätte also vom Gutachter eine Berichtigung verlangen oder gegebenenfalls ein neues Gutachten vorlegen müssen.
45
Soweit die Beklagte weitere Mängel der Belüftungsanlage geltend macht (Pfeifgeräusche, nachts unangenehm kalt, Abhängigkeit vom Café U. und dem Bistro E. ), fehlt es an der Feststellung eines Mangels durch einen Sachverständigen gemäß § 9.3 des Mietvertrages. Der Sachverständige hat als einzigen Mangel, worauf das Oberlandesgericht abstellt, eben nur unzulässig hohe Luftgeschwindigkeit an einem der Spieltische festgestellt. Die Revision rügt daher zu Unrecht, dass das Oberlandesgericht insoweit vorgetragene Mängel übergangen habe.
46
e) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiterhin in der Einschaltung der Notbeleuchtung (5 x, verteilt auf mehrere Monate) sowie in den Feueralarmen und dem einmaligen Anspringen der Sprinkleranlage keine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung der gemieteten Räume gesehen. Diese Einschätzung hält sich im Rahmen des Ermessens des Berufungsgerichts.
47
f) Die Revision rügt weiter, dass das Berufungsgericht den wiederholten Ausfall der Rolltreppe und das Fehlen einer dem Missbrauch durch Kinder entgegenwirkenden Abdeckung des Sicherheitsschalters an der Rolltreppe nicht behandelt habe. Dies trifft zwar zu. Ein Mangel liegt jedoch insoweit nicht vor. Denn die Ausfälle der Rolltreppe im Einkaufszentrum sind keine unmittelbare Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der gemieteten Räume. Weiter rügt die Revision, dass das Fehlen von Feuerschutzmechaniken an den Fenstern sowie der Umstand nicht behandelt sei, dass die Fenster der Spielhalle nur mittels massiver mechanischer Eingriffe geöffnet werden könnten. Diesen Sachverhalt hat das Oberlandesgericht im Tatbestand als streitig angesehen, in den Entscheidungsgründen jedoch nicht explizit behandelt. Aus den Entscheidungsgründen im Ganzen ergibt sich jedoch, dass die Beklagte sich insoweit nicht auf Minderung berufen kann, weil sie entgegen § 9.3 des Mietvertrages insoweit kein Sachverständigengutachten vorgelegt hat. Dies ist nicht zu beanstanden.
48
g) Das Berufungsgericht hat wegen der behaupteten Spannungsschwankungen zu Recht und mit zutreffender Begründung die Voraussetzungen einer Minderung verneint. Denn auch insoweit hat die Beklagte ein Sachverständigengutachten nicht vorgelegt. Dies war auch entgegen der Meinung der Revision nicht etwa deswegen überflüssig, weil im Hinblick auf die Einschaltung der Notbeleuchtungen ein nicht umfassend funktionierendes Elektrosystem unstreitig sei.
49
h) Nicht zu beanstanden ist schließlich die Auffassung des Berufungsgerichts , wegen der Bauarbeiten in den Monaten Oktober bis einschließlich Dezember 1999 sei lediglich die vom Kläger zugestandene Minderung angemessen. Auch dies hält sich im Rahmen der dem Tatrichter eingeräumten Beurteilung.
50
i) Zu Recht hat das Oberlandesgericht in der Vermietung an die T. AG keinen Fehler der Mieträume gesehen. Auch die dadurch verkürzte "Mall" stellt keine unmittelbare Beeinträchtigung der Tauglichkeit zum Betrieb einer Spielbank dar. Im Übrigen fehlt ein substantiierter Vortrag der Beklagten in den Vorinstanzen, wann und in welchem Umfang die von der Vermieterin vorgenommenen Bauarbeiten im Zusammenhang mit der Vermietung an die T. AG zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Spielbank geführt haben sollen.
51
k) Zwar rügt die Revision zu Recht, dass das Oberlandesgericht eine Gesamtbetrachtung der Mängel unterlassen habe. Eine solche führt jedoch nicht dazu, dass die vom Berufungsgericht jeweils als unerheblich eingestuften Mängel (mehrfache Einschaltung der Notbeleuchtung, mehrfacher grundloser Feueralarm, erhöhte Luftgeschwindigkeiten über einem Roulettetisch) in ihrer Gesamtheit als erhebliche Beeinträchtigung der Tauglichkeit der gemieteten Flächen zum vertragsgemäßen Gebrauch zu werten wären. Soweit das Oberlandesgericht im Übrigen das Vorliegen von Mängeln verneint hat, kann auch eine Gesamtbetrachtung nicht zu einem anderen Ergebnis führen.
52
6. Hinsichtlich des Bistros wird von der Revision zu Recht hingenommen, dass der Beklagten eine Minderung der Miete nicht deswegen zugestanden werden kann, weil der Kläger keinen schriftlichen Verzicht auf sein Vermieterpfandrecht abgibt. Ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB, das der Beklagten wegen der Nichtabgabe der Erklärung möglicherweise zustehen könnte, hat sie in den Vorinstanzen nicht geltend gemacht. Das Gegenteil folgt, entgegen der Meinung der Revision, nicht schon daraus, dass sie sich auf das Fehlen der Erklärung berufen hat. Denn die Beklagte wollte die volle Miete nicht erst nach Vorlage der Verzichtserklärung, sondern überhaupt nicht zahlen.
Sprick Weber-Monecke Fuchs Ahlt Dose

Vorinstanzen:
LG Stralsund, Entscheidung vom 02.05.2002 - 5 O 354/01 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 03.02.2003 - 3 U 116/02 -

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden;
2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen;
3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist;
4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht;
5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können;
6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen;
7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln;
8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt;
9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält;
10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben;
11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.

Wird der Klage stattgegeben, so kann dem Kläger auf Antrag die Befugnis zugesprochen werden, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Beklagten auf dessen Kosten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen. Das Gericht kann die Befugnis zeitlich begrenzen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 117/06 Verkündet am:
18. April 2007
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein

a) In dem von einem Mineralölunternehmen gegenüber Tankstellenhaltern verwendeten vorformulierten
Vertragswerk, das den Abschluss eines Vertrages zum Vertrieb von Kraft- und
Schmierstoffen (Agenturvertrag) nebst Anlage (Vereinbarung über Überleitungsgeld und
Pacht-/Franchisevertrag) vorsieht, nach dessen Inhalt der Tankstellenhalter auf einer von
dem Mineralölunternehmen zu pachtenden Tankstelle Kraftstoffe und Motorenöle als Handelsvertreter
im Namen und für Rechnung des Mineralölunternehmens verkauft und zugleich
- im eigenen Namen - einen "Shop" betreibt, in dem er auf der Grundlage eines von dem Mineralölunternehmen
vorgegebenen Franchisesystems sonstige Waren und Dienstleistungen
anzubieten hat, ist die Klausel
"Der Partner übernimmt auf der Station in ... die Lagerung und als Handelsvertreter
im Nebenberuf im Namen und für Rechnung der ESSO den Verkauf von
ESSO Markenkraftstoffen, ESSO Markenschmierstoffen und Mobil Markenschmierstoffen
("Agenturprodukte") sowie die Ausführung der von ihm abgeschlossenen
Geschäfte und die Einziehung der Verkaufserlöse."
wegen unangemessener Benachteiligung des Tankstellenhalters nach § 307 Abs. 1 Satz 1
und 2 BGB unwirksam.

b) Im Agenturvertrag des vorgenannten Vertragswerks hält die Klausel
"Die Höhe des AK [Agenturkredits] wird von ESSO festgelegt und kann jederzeit
angepasst werden. Sie richtet sich nach den durchschnittlichen Verkäufen sowie
den Lieferintervallen und wird mindestens einmal jährlich überprüft. Bei be-
sonderen Absatzveränderungen hinsichtlich Mengen und Sorten hat der Partner
ESSO zu informieren, damit die Höhe des Agenturkredits entsprechend angepasst
wird."
der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand.
Unerheblich hierfür ist, ob andere Klauseln des Agenturvertrags wegen Verstoßes gegen
Art. 81 Abs. 1 EG nichtig und aus diesem Grund zugleich wegen unangemessener Benachteiligung
nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sind und ob dies dazu führt, dass der gesamte
Vertrag - und damit auch die vorgenannte Klausel - nach § 306 Abs. 3 BGB unwirksam ist.

c) Ist eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen allein wegen eines vom übrigen
Klauseltext trennbaren Klammerzusatzes nicht klar und verständlich, so beschränkt sich die
Unwirksamkeit wegen Intransparenz auf den Klammerzusatz.
BGH, Urteil vom 18. April 2007 - VIII ZR 117/06 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. April 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Milger, den Richter Dr. Koch und die Richterin
Dr. Hessel

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg , 10. Zivilsenat, vom 30. März 2006 werden zurückgewiesen. Von den Kosten des Revisionsverfahrens haben die Beklagte 1/4 und der Kläger 3/4 zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte ist ein Mineralölunternehmen, das seine Produkte über ein Netz von Tankstellen vertreibt. Sie hat ein Vertriebskonzept entwickelt, nach dem die Tankstellenhalter auf einer von der Beklagten zu pachtenden Tankstelle Kraftstoffe und Motorenöle als Handelsvertreter im Namen und für Rechnung der Beklagten verkaufen und zugleich - im eigenen Namen - einen "Shop" betreiben, in dem die Pächter auf der Grundlage eines von der Beklagten vorgegebenen Franchisesystems ("On the Run") sonstige Waren und Dienstleistungen anzubieten haben. Der Kläger ist der Dachverband der Interessenverbände von Tankstellenbetreibern. Er nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung mehrerer Klauseln in Anspruch, die in den Vertragsmustern der Beklagten enthalten sind und die Tankstellenpächter nach Auffassung des Klägers unangemessen benachteiligen.
2
Die Beklagte verwendet für die Regelung ihrer Vertragsbeziehungen zu den Tankstellenpächtern ein vorformuliertes "Angebot zum Abschluss eines Vertrages zum Vertrieb von Kraft- und Schmierstoffen als Handelsvertreter im Nebenberuf (Agenturvertrag)" sowie ein vorformuliertes "Angebot zum Abschluss eines Vertrages zur Verpachtung einer ESSO Station und zum Betrieb eines "On the Run"-Shops (Pacht-/Franchisevertrag)". Schließlich verwendet die Beklagte gegenüber Pächtern, mit denen bereits ein Handelsvertretervertrag bezüglich des Vertriebs der Mineralölprodukte besteht, ein als "Vereinbarung über Überleitungsgeld" bezeichnetes Vertragsmuster für die Umstellung des bereits bestehenden Vertragsverhältnisses auf die vorgenannten Verträge.
3
In der Revisionsinstanz sind noch die nachfolgend wiedergegebenen Klauseln im Agenturvertrag und im Pacht-/Franchisevertrag im Streit (zum Verständnis beigefügte, nicht beanstandete Klauseln sind kursiv wiedergegeben): Klausel 1 (§ 1 Nr. 1 des Agenturvertrags): "Der Partner übernimmt auf der Station in... die Lagerung und als Handelsvertreter im Nebenberuf im Namen und für Rechnung der ESSO [= Beklagte] den Verkauf von ESSO Markenkraftstoffen, ESSO Markenschmierstoffen und Mobil Markenschmierstoffen ("Agenturprodukte") sowie die Ausführung der von ihm abgeschlossenen Geschäfte und die Einziehung der Verkaufserlöse." Klausel 2 (§ 4 Nr. 7 des Agenturvertrags): "Für den Agenturbestand der Markenschmierstoffe erhält der Partner von ESSO einen Agenturkredit (AK), dessen Gegenwert in EURO bis zur Auflösung der Geschäftsverbindung gestundet bleibt. Die Höhe des AK wird von ESSO festgelegt und kann jederzeit angepasst werden. Sie richtet sich nach den durchschnittlichen Verkäufen sowie den Lieferintervallen und wird mindestens einmal jährlich überprüft. Bei besonderen Absatzveränderungen hinsichtlich Mengen und Sorten hat der Partner ESSO zu informieren, damit die Höhe des Agenturkredits entsprechend angepasst wird." Klausel 3 (§ 4.2 des Pacht-/Franchisevertrags): "Die variable Gebühr für das Franchisevertriebssystem und die Pacht beträgt 8 % des Umsatzes, den der Partner auf dem Stationsgrundstück erzielt. Hierbei bleiben Umsätze aus dem Verkauf von ESSO Markenkraftstoffen, ESSO Markenschmierstoffen, Mobil Markenschmierstoffen (Agenturprodukte), Tabak und Telefonkarten (entsprechend der derzeitigen wirtschaftlichen Gegebenheiten ) und die Umschlagsvergütungen gemäß Agenturvertrag außer Ansatz."
4
Das Landgericht hat die Unterlassungsklage hinsichtlich der vorgenannten Klauseln - mit Ausnahme des Klammerzusatzes "(entsprechend der derzeitigen wirtschaftlichen Gegebenheiten)" der Klausel 3 - abgewiesen, hat ihr aber bezüglich weiterer Klauseln, die der Kläger beanstandet hat, stattgegeben; dem Antrag des Klägers auf Erteilung der Befugnis zur Bekanntmachung der Urteilsformel hat es nicht entsprochen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen; auf die Berufung des Klägers hat es unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und der Klage auch hinsichtlich der Klausel 1 stattgegeben. Gegen die Verurteilung zur Unterlassung der Verwendung der Klausel 1 richtet sich die vom Berufungsgericht insoweit zugelassene Revision der Beklagten. Der Kläger verfolgt mit seiner Anschlussrevision die Unterlassungsklage hinsichtlich der Klauseln 2 und 3 weiter und hält sein Begehren, ihm die Befugnis zur Bekanntmachung der Urteilsformel zuzusprechen, aufrecht.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers haben keinen Erfolg.

A.

Revision der Beklagten

I.

6
Das Berufungsgericht hat die Klausel 1 für unwirksam gehalten (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Zur Begründung hat es ausgeführt:
7
Die Frage, ob ein Handelsvertreter seine Tätigkeit im Nebenberuf ausübe , bestimme sich nach der Verkehrsauffassung. Auch unter Zugrundelegung des Vortrags der Beklagten, dass der Bruttoverdienstanteil des Agenturgeschäfts im Verhältnis zum Shop-Geschäft schon im Jahr 2001 nur noch bei 25 % gelegen habe, sei nicht davon auszugehen, dass die Tankstellenpächter das Agenturgeschäft im Nebenberuf ausübten. Es komme hier nicht darauf an, ob eine der beiden Tätigkeiten oder der Verdienst aus ihr überwiege. Denn eine Vertretertätigkeit im Nebenberuf sei in der Regel auch dann nicht anzunehmen, wenn zwischen der Vertretertätigkeit und der sonstigen Berufs- oder Erwerbstätigkeit ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe und nach der Verkehrsauffassung gerade diese Verbindung in den betreffenden Wirtschaftskrei- sen häufig anzutreffen sei; in einem solchen Fall stünden beide Tätigkeiten gleichberechtigt nebeneinander. Davon sei hier auszugehen. Der Shop-Betrieb und der Betrieb der dazugehörigen Tankstelle hingen typischerweise wirtschaftlich zusammen und würden, wie der Agenturvertrag und der Pacht-/ Franchisevertrag zeigten, von einem Betreiber als "Station" geführt. Diese Beurteilung entspreche auch dem Gesetzeszweck des § 92b Abs. 2 HGB. Die Ausnahmeregelung beruhe auf der Überlegung, dass die Beendigung des Vertragsverhältnisses für den Handelsvertreter im Nebenberuf nicht die gleiche einschneidende Bedeutung habe wie für einen Handelsvertreter im Hauptberuf und dass ein Handelsvertreter im Nebenberuf deshalb nicht des Schutzes des § 89b HGB bedürfe. Dies treffe jedoch bei den Tankstellenpächtern ersichtlich nicht zu, weil nach dem Vertragskonzept der Beklagten ein Ende des Agenturvertrags auch zum Ende des Pacht-/Franchisevertrags und damit zu einem Verlust der gesamten beruflichen Existenz des Tankstellenpächters führe. Auf die Behauptung der Beklagten, die Verträge würden nur in den Fällen verwendet, in denen die Voraussetzungen für eine nebenberufliche Handelsvertretertätigkeit tatsächlich vorlägen, komme es nicht an. Bei den von den Beklagten verpachteten Stationen, wie sie sich aus der Akte ergäben und dem Senat aus eigener Anschauung bekannt seien, komme der Betrieb einer Tankstelle mit Shop als Handelsvertreter im Nebenberuf nicht in Betracht. Hierbei handele es sich nicht um eine Tatfrage des Einzelfalles, so dass eine abstrakt-generelle Prüfung im Rahmen der Verbandsklage zulässig sei.

II.

8
Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand. Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klausel 1 in dem aus Agentur- und Pacht-/Franchisevertrag zusammengefügten Vertragswerk der Beklagten deren Vertragspartner unangemessen benachteiligt und deshalb nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist.
9
1. Die Revision meint, dass das Berufungsgericht eine Anwendung des § 92b HGB im Tankstellenpachtgeschäft für schlechthin ausgeschlossen halte, indem es der Beklagten die Verwendung der Klausel 1 generell und ausnahmslos verbiete; damit setze sich das Berufungsgericht über das Gesetz hinweg. Dies trifft nicht zu.
10
Der Beklagten ist durch den Urteilsausspruch nicht schlechthin verboten worden, Tankstellenpächter als Handelsvertreter im Nebenberuf mit dem Agenturgeschäft zu betrauen und ihre Handelsvertreter im Vertrag entsprechend zu bezeichnen. Das Unterlassungsgebot im Tenor des Berufungsurteils ist vielmehr auf die Verwendung der Klausel 1 in einem bestimmten Vertragswerk der Beklagten beschränkt, das aus dem Agenturvertrag und dem Pacht-/ Franchisevertrag (sowie der in bestimmten Fällen noch hinzutretenden "Vereinbarung über das Überleitungsgeld") zusammengesetzt ist. Diese Beschränkung kommt im Tenor des Berufungsurteils dadurch zum Ausdruck, dass der Beklagten die Unterlassung der Verwendung der Klausel 1 nur "im Zusammenhang" mit dem Abschluss des Agenturvertrages "nebst Anlage (Vereinbarung über Überleitungsgeld sowie Pacht-/Franchisevertrag)" aufgegeben worden ist. Mit dieser Beschränkung des Unterlassungsgebots auf die Verknüpfung des Agenturvertrags mit dem Pacht-/Franchisevertrag ist der vom Berufungsgericht formulierte Urteilstenor nicht zu beanstanden; er hat nicht zur Folge, dass die Be- stimmung des § 92b HGB auf Tankstellenpächter generell keine Anwendung finden könne.
11
2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Klausel 1 könne schon deshalb nicht nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sein, weil sie von der gesetzlichen Regelung des § 92b HGB nicht abweiche, sondern vielmehr dem Erfordernis des § 92b Abs. 2 HGB entspreche. Aus der Vorschrift des § 92b HGB über den Handelsvertreter im Nebenberuf ist entgegen der Auffassung der Revision nicht herzuleiten, dass die Klausel 1 nicht nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sein könne.
12
Gemäß § 92b Abs. 1 Satz 1 HGB ist auf einen Handelsvertreter im Nebenberuf insbesondere die Regelung über den Ausgleichsanspruch (§ 89b HGB) nicht anzuwenden. Damit dem Handelsvertreter diese für ihn nachteilige Rechtsfolge einer nebenberuflichen Tätigkeit vom Beginn an vor Augen steht, regelt § 92b Abs. 2 HGB, dass sich auf Absatz 1 der Vorschrift nur der Unternehmer berufen kann, der den Handelsvertreter ausdrücklich als Handelsvertreter im Nebenberuf mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften betraut hat. Daraus folgt jedoch nicht, dass eine entsprechende Vereinbarung der Vertragsparteien für die Qualifizierung der Tätigkeit des Handelsvertreters als Nebenberuf ohne weiteres wirksam wäre. Ob ein Handelsvertreter (nur) im Nebenberuf tätig ist, bestimmt sich nach der Verkehrsanschauung (§ 92b Abs. 3 HGB) und nicht nach einer hierzu getroffenen Vereinbarung der Parteien. Ein Handelsvertreter, der nach der Verkehrsauffassung hauptberuflich tätig ist, kann nicht durch Parteivereinbarung zum nebenberuflichen Vertreter "herabgestuft" werden (Senatsurteil vom 4. November 1998 - VIII ZR 248/97, NJW 1999, 639 = WM 1999, 388). Dies gilt nicht nur, wie vom Senat entschieden (aaO), für eine Individualvereinbarung, sondern - erst recht - für eine von den Vertragspar- teien nicht ausgehandelte formularvertragliche Regelung wie die Klausel 1 in dem vorliegenden Vertragswerk.
13
3. Die Revision meint weiter, es sei eine Tatfrage des Einzelfalles, ob die in der Klausel 1 vorgenommene Qualifizierung des Tankstellenpächters als Handelsvertreter im Nebenberuf tatsächlich zutreffe; dies sei einer abstrakten Überprüfung nach § 307 Abs. 1 BGB im Verbandsklageverfahren nicht zugänglich. Auch damit dringt die Revision nicht durch.
14
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Tankstellenpächter die mit dem Shop verbundene Tankstelle bei der hier vorliegenden, vertraglich festgelegten Koppelung des Tankstellengeschäfts mit dem Shop-Geschäft nach der Verkehrsanschauung nicht als Handelsvertreter im Nebenberuf betreibt. Der Betrieb einer Tankstelle mit Shop als "Handelsvertreter im Nebenberuf" komme, wie es das Berufungsgericht formuliert hat, jedenfalls bei den von der Beklagten verpachteten Stationen nach der Verkehrsanschauung "nicht in Betracht". Auf der Grundlage dieser Tatsachenfeststellung zur Verkehrsanschauung trifft die rechtliche Einstufung der Tankstellenpächter in der Klausel 1 als Handelsvertreter im Nebenberuf generell nicht zu; sie stellt die Rechtslage der Tankstellenpächter - unabhängig von den Umständen des Einzelfalles - unzutreffend dar. Eine schlechthin unzutreffende Darstellung der Rechtslage in vorformulierten Vertragsbedingungen, von der das Berufungsgericht hier aufgrund seiner tatsächlichen Feststellungen zur Verkehrsanschauung ausgegangen ist, kann zur Unwirksamkeit der betreffenden Vertragsbedingung nach § 307 Abs. 1 BGB führen und damit auch mit der Verbandsklage nach §§ 1 ff. UKlaG geltend gemacht werden (vgl. Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 BGB, Rdnr. 95 (5); Staudinger/Coester, BGB (2006), § 307 Rdnr. 178).
15
Vergeblich hält die Revision dem entgegen, es sei nicht erforderlich, die Klausel 1 der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB im Verbandsklageverfahren zu unterziehen, um den vom Berufungsgericht befürchteten Missbrauch der Klausel 1 zu verhindern. Die Tankstellenpächter seien nicht schutzlos, weil sie an die vertragliche Einstufung als Handelsvertreter im Nebenberuf nicht gebunden seien, wenn diese nicht zutreffe; sie könnten dies im Individualprozess geltend machen. Dem kann nicht gefolgt werden. Für die Inhaltskontrolle im Verbandsklageverfahren kommt es nicht darauf an, ob der Tankstellenpächter die Unwirksamkeit der Klausel 1 auch im Individualprozess gegenüber der Beklagten durchsetzen könnte.
16
4. Die vom Berufungsgericht damit zu Recht vorgenommene Überprüfung der Klausel 1 am Maßstab des § 307 Abs. 1 BGB ist auch in der Sache nicht zu beanstanden. Die Klausel hält auf der Grundlage der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Verkehrsanschauung unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung des § 92b HGB der Inhaltskontrolle nicht stand; sie verstößt jedenfalls gegen das Transparenzgebot und benachteiligt dadurch den Tankstellenpächter als Vertragspartner der Beklagten unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BGB).
17
Die Klausel 1 in dem aus dem Agenturvertrag und dem Pacht-/ Franchisevertrag zusammengesetzten Vertragswerk der Beklagten gibt die Rechtsstellung der Pächter auf den nach dem Vertriebskonzept der Beklagten geführten Tankstellen unzutreffend wieder und ist deshalb geeignet, die Tankstellenpächter nach Beendigung des Vertrages von der Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB abzuhalten, der bei dem hier zu beurteilenden Vertragswerk der Beklagten nicht gemäß § 92b Abs. 1 HGB entfällt. Nach der hierfür maßgeblichen Verkehrsanschauung (§ 92b Abs. 3 HGB) be- treiben die Tankstellenpächter der Beklagten das Agenturgeschäft nicht als Nebenberuf im Verhältnis zu dem damit untrennbar verbundenen Shop-Geschäft.
18
a) Das Berufungsgericht hat für die Frage, ob bei dem von der Beklagten zur Umsetzung ihres Vertriebskonzepts vorgegebenen Vertragswerk - bestehend aus dem Agentur- und dem Pacht-/Franchisevertrag - eine Tätigkeit des Tankstellenpächters als Handelsvertreter im Nebenberuf überhaupt in Betracht kommt, mit Recht auf die Verkehrsanschauung (§ 92b Abs. 3 HGB) abgestellt. Seine hierzu getroffene Feststellung, dass der Tankstellenpächter, der eine Tankstelle der Beklagten mit dem zugehörigen "On the Run"-Shop betreibt , einheitlich als Betreiber einer Tankstelle mit angeschlossenem Shop angesehen wird und nicht als Ladeninhaber im "Hauptberuf" und als Handelsvertreter im "Nebenberuf", ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird auch - als Tatsachenfeststellung - von der Revision nicht angegriffen. Die Revision hält dem lediglich entgegen, es könne dahinstehen, ob das Berufungsgericht die Verkehrsanschauung richtig ermittelt habe, weil dies eine Tatfrage des Einzelfalles sei, die bei der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB außer Betracht zu haben bleibe. Dies trifft jedoch, wie ausgeführt, für den hier gegebenen Fall nicht zu, in dem die Klausel 1 nach der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Verkehrsanschauung die Rechtslage für die Tankstellenpächter der Beklagten, die auf der Grundlage des mit dem Pacht-/ Franchisevertrag kombinierten Agenturvertrags tätig werden, generell unzutreffend darstellt.
19
aa) Nach dem Vertriebskonzept der Beklagten sind das Agenturgeschäft und das Shop-Geschäft im äußeren Erscheinungsbild der Tankstelle nicht voneinander getrennt. Die Abwicklung des Tankgeschäfts mit dem Kunden erfolgt ebenso wie die Abwicklung des Shop-Geschäfts an einer gemeinsamen Kasse im "On-the-Run"-Shop, dessen Mitarbeiter auch die Ansprechpartner des Tank- stellenkunden sind. Schon dieser einheitliche Auftritt gegenüber dem Kunden spricht dafür, dass die Tankstellenpächter auf den Stationen der Beklagten das Tankgeschäft und das Shop-Geschäft nach der Verkehrsanschauung als einheitlichen Beruf betreiben.
20
bb) Darüber hinaus hat das Berufungsgericht mit Recht darauf hingewiesen , dass das Tankstellengeschäft und das Shop-Geschäft nicht nur im äußeren Erscheinungsbild der Tankstelle, sondern nach dem Vertriebskonzept der Beklagten auch rechtlich zusammengehören. Das Tankgeschäft und das ShopGeschäft sind durch die Verknüpfung von Agentur- und Pacht-/Franchisevertrag unauflöslich miteinander verbunden. Der Agenturvertrag mit der Klausel 1 schreibt eine Verpachtung der Tankstellenstation an den Handelsvertreter und den Abschluss eines Franchisevertrags über den von dem Pächter in eigenem Namen zu betreibenden "On the Run"-Shop zwingend vor (§ 6 Nr. 1 des Agenturvertrages ). Der Pächter verpflichtet sich, sowohl das Agenturgeschäft als auch den "On the Run"-Shop auf einer von der Beklagten zu pachtenden "Station" zu betreiben, die "den gesamten durch den Partner geführten Betrieb, bestehend aus Shop, Tankbereich und gegebenenfalls anderen Betriebsteilen (z.B. Autowäsche)" umfasst (§ 1 des Pacht-/Franchisevertrages). Ebenso wie danach Shop und Tankbereich nur unselbständige Betriebsteile "der Station" sind, stehen auch das Tankgeschäft und das Shop-Geschäft nicht selbständig nebeneinander; nach den vertraglichen Bestimmungen kann das eine ohne das andere nicht aufgenommen oder fortgesetzt werden; der Bestand des einen Vertrags hängt von dem des anderen ab (§ 6 Nr. 1 des Agenturvertrags; § 5 des Pacht-/Franchisevertrags).
21
cc) Angesichts dieser engen tatsächlichen und rechtlichen Verknüpfung von Tankgeschäft und Shop-Geschäft widerspräche es, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, der Verkehrsanschauung, die sachlich zu- sammengehörige Tätigkeit des Tankstellenpächters, wie es die Beklagte fordert , in zwei voneinander unabhängige Berufe aufzuspalten, von denen der eine - das als Handelsvertreter betriebene Agenturgeschäft - als Nebenberuf und der andere - das als Eigenhändler betriebene Shop-Geschäft - als Hauptberuf anzusehen wäre. Diese Beurteilung hängt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nicht vom Verhältnis des Umsatzes im Tankstellengeschäft zum Umsatz des Shop-Geschäfts und damit auch nicht von den Umständen des Einzelfalles ab.
22
b) Die von der Beklagten geforderte Aufspaltung der Tätigkeit des Tankstellenpächters in einen Hauptberuf (Shop-Geschäft) und einen Nebenberuf (Tankgeschäft) widerspräche auch dem Zweck des § 92b HGB.
23
Die Regelung des § 92b HGB über den Handelsvertreter im Nebenberuf geht davon aus, dass der nebenberuflich tätige Handelsvertreter nicht des Schutzes der §§ 89, 89b HGB bedarf, weil seine wirtschaftliche Existenz nicht auf dieser Tätigkeit, sondern auf einer anderen Grundlage, insbesondere einem vorrangig ausgeübten Hauptberuf, beruht (vgl. Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs (Recht der Handelsvertreter), BT-Drs. I/3856 S. 7, 42; Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts , Bd. 1, 3. Aufl., Rdnr. 163). Die gesetzliche Regelung setzt damit voraus, dass der Handelsvertreter - von hier nicht einschlägigen Sonderfällen einer anderweitigen Existenzgrundlage abgesehen (z.B. Hausfrauen, Studenten , Rentner) - zwei unterschiedliche Berufe ausübt, die im Hinblick auf die wirtschaftliche Existenz des Handelsvertreters voneinander unabhängig sind; nur dann stellt sich die Frage, welcher der beiden Berufe der Hauptberuf und welcher der Nebenberuf ist. Schon daran - der Ausübung von zwei Berufen, die dem Handelsvertreter in wirtschaftlicher Hinsicht zwei voneinander unabhängige Existenzgrundlagen bieten - fehlt es bei den Tankstellenpächtern der Be- klagten, die aufgrund der hier zu beurteilenden Verträge tätig werden. Da die Beendigung des Agenturvertrags nach § 5 des Pacht-/Franchisevertrags auch dessen Beendigung nach sich zieht, führt die Beendigung des Agenturvertrags - anders als es die Regelung über den Handelsvertreter im Nebenberuf voraussetzt - zum Verlust der gesamten wirtschaftlichen Existenz des Tankstellenpächters. Die Schutzbedürftigkeit des als Handelsvertreter für die Beklagte tätigen Tankstellenpächters entfällt deshalb - bei der von der Beklagten vorgegebenen Vertragskonstruktion - nicht aus den Gründen, die nach § 92b HGB den Wegfall des Ausgleichsanspruchs rechtfertigen.
24
c) Danach könnte eine Tätigkeit des Pächters einer Tankstelle der Beklagten als Handelsvertreter im Nebenberuf auf der Grundlage der Kombination von Agenturvertrag und Pacht-/Franchisevertrag nur dann in Betracht kommen, wenn die gesamte - Tankgeschäft und Shop-Geschäft umfassende - Tätigkeit des Tankstellenpächters nebenberuflich im Verhältnis zu einem damit nicht zusammenhängenden weiteren Beruf des Tankstellenpächters (z.B. Landwirt, Kraftfahrzeughändler) ausgeübt würde. Dass auf den Stationen der Beklagten, die auf der Grundlage der vorliegenden Verträge geführt werden, eine solche Konstellation tatsächlich vorkommt, behauptet die Beklagte aber selbst nicht. Sie macht nicht geltend, dass sie ihre Stationen mit dem On-the-Run-Shop etwa auch an solche Vertriebspartner verpachte, welche die Station insgesamt - hinsichtlich aller Betriebsteile - nur im Nebenberuf betreiben würden, sondern beruft sich allein darauf, dass das Agenturgeschäft vom Tankstellenpächter schon wegen des wirtschaftlichen Vorrangs des Shop-Geschäfts nur nebenberuflich ausgeübt werde und die Klausel 1 aus diesem Grund nicht zu beanstanden sei. Dieser Gesichtspunkt vermag aber eine Berechtigung der Beklagten zur Verwendung der Klausel 1, wie ausgeführt, nicht zu begründen.
25
Selbst wenn vereinzelte Ausnahmefälle tatsächlich vorkommen sollten, in denen ein Tankstellenpächter als Vertriebspartner der Beklagten die Station - Tankstelle und Shop - insgesamt nebenberuflich im Verhältnis zu einem anderen Hauptberuf betreiben würde, wäre die Klausel 1 zu beanstanden. Denn sie stellt die Rechtslage jedenfalls für die große Mehrheit der Tankstellenpächter, gegenüber denen die Beklagte das Vertragswerk mit der Klausel 1 verwendet, unzutreffend dar. Dies reicht für einen Verstoß gegen das Transparenzgebot aus.

B.

Anschlussrevision des Klägers

I.

26
Die Anschlussrevision des Klägers ist zulässig (§ 554 ZPO). Sie ist entgegen der Auffassung der Revision auch insoweit statthaft, als der Kläger mit ihr weiterhin die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der Verwendung der Klauseln 2 und 3 begehrt.
27
Zwar hat das Berufungsgericht, wie sich aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergibt, die Revision nur für die Beklagte und auch für diese nur insoweit zugelassen, als die Beklagte zur Unterlassung der Verwendung der Klausel 1 verurteilt worden ist; diese Beschränkung der Revisionszulassung ist auch wirksam, weil sie sich auf einen rechtlich und tatsächlich selbständigen Teil des Streitstoffs bezieht, über den gesondert entschieden werden kann (st. Rspr.; BGHZ 141, 232, 233; BGH, Beschluss vom 26. März 2003 - IV ZR 232/02, juris, Tz. 2; Urteil vom 17. Juni 2004 - VII ZR 226/03, NJW 2004, 3264, unter II 3). Im Hinblick auf die Regelung des § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO, nach der die Statthaftigkeit der Anschließung nicht voraussetzt, dass auch für den Anschlussrevisionskläger die Revision zugelassen worden ist, kann eine Anschlussrevision aber auch dann eingelegt werden, wenn die Revision nicht zugunsten des Revisionsbeklagten zugelassen wurde (BGH, Beschluss vom 23. Februar 2005 - II ZR 147/03, NJW-RR 2005, 651, unter II 1) und - bei beschränkter Revisionszulassung - auch dann, wenn die Anschlussrevision nicht den Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (Senatsurteil vom 14. Juni 2006 - VIII ZR 261/04, VersR 2006, 1256, unter B. II 1 m.w.N.). Ob zwischen dem Streitgegenstand der Haupt- und dem der Anschlussrevision wenigstens ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen muss, ist streitig (vgl. Senatsurteil aaO), bedarf jedoch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, da ein entsprechender Zusammenhang hier jedenfalls gegeben ist. Die vom Kläger mit der Anschlussrevision beanstandeten Klauseln 2 und 3 sind Bestandteil des aus dem Agentur- und dem Pacht-/Franchisevertrag zusammengesetzten Vertragswerks der Beklagten, das auch die Klausel 1, hinsichtlich derer das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, enthält.

II.

28
Die Anschlussrevision ist jedoch nicht begründet.
29
1. Klausel 2 (§ 4 Nr. 7 des Agenturvertrages)
30
a) Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
31
Bei dem Agenturkredit handele es sich nicht um einen Kredit im eigentlichen Sinne, sondern um einen speziellen Abrechnungsmodus. Die Klausel sei auch transparent, da die Voraussetzungen, unter denen die Höhe des Kredits geändert werden könne, hinreichend genau aufgeführt seien; die Beklagte sei insoweit nicht frei, sondern müsse sich am konkreten Bedarf des Pächters orientieren. Eine unangemessene Benachteiligung der Tankstellenbetreiber sei nicht zu erkennen. Schon die zunächst vereinbarte Höhe des "Kredits" hänge von den durchschnittlichen Verkäufen von Schmierstoffen durch den Tankstellenpächter ab. Da auch die Änderungsbefugnis an sachliche Voraussetzungen, nämlich Absatzveränderungen, anknüpfe, werde durch die Klausel keine einseitige Abänderung einer Hauptleistungspflicht zugelassen; die Abänderung sei vielmehr von vornherein an bestimmte Vorgaben geknüpft. Dass eine Anpassung des "Kredits" mit nachteiligen wirtschaftlichen Folgen für den Tankstellenpächter verbunden und von daher eine Angabe des Berechnungsmodus für die Anpassung, eine Bestimmung der Lieferintervalle oder die Festlegung eines bestimmten Prozentsatzes für eine Veränderung der Mengen und Sorten erforderlich sei, mache der Kläger nicht geltend und sei auch nicht erkennbar.
32
b) Gegen diese Beurteilung wendet sich die Anschlussrevision vergeblich.
33
aa) Die Anschlussrevision meint, die Unterlassungsklage hinsichtlich der Klausel 2 müsse schon deshalb Erfolg haben, weil der Agenturvertrag gemäß Art. 81 Abs. 2 EG nichtig sei. Bei den Tankstellenpächtern handele es sich nicht um echte Handelsvertreter, weil der Vertrieb eines Teils der Produkte der Beklagten im Eigenhändlersystem erfolge; hiervon werde der gesamte Vertriebsvertrag mit der Folge berührt, dass die Verordnung (EG) Nr. 2790/99 Anwendung finde und die im Vertragswerk enthaltenen Kernbeschränkungen zum Wegfall der Freistellung führten. Die Nichtigkeit des Vertrages insgesamt sei auch im Rahmen der Überprüfung nach §§ 307 ff. BGB zu berücksichtigen.
34
Damit dringt die Anschlussrevision nicht durch. Auf die Frage, ob der Agenturvertrag wettbewerbsbeschränkende Klauseln enthält, die wegen fehlen- der Freistellung gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßen, und ob der Vertrag deshalb gemäß § 306 Abs. 3 BGB insgesamt nichtig ist, kommt es für die Beurteilung, ob die Klausel 2 der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhält, nicht an. Auch wenn, wie die Anschlussrevision meint, der Tankstellenpächter nach der Gestaltung des Vertragsverhältnisses nicht als Handelsvertreter, sondern als Händler zu betrachten wäre mit der Folge, dass das Vertragswerk als (nicht freigestellte) Vertikalvereinbarung zu beurteilen sein sollte, ergäbe sich daraus nicht die Unwirksamkeit der im Agenturvertrag enthaltenen Klausel 2.
35
Die Klausel selbst enthält keine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des Art. 81 Abs. 1 EG; dergleichen wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Sollten andere Klauseln Wettbewerbsbeschränkungen enthalten, die nicht nur zur Nichtigkeit der betreffenden Klauseln, sondern darüber hinaus zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages nach § 306 Abs. 3 BGB führten, so folgte daraus nicht, dass (auch) die im Agenturvertrag allein noch im Streit stehende Klausel 2 nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam wäre. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. Juli 2004 (KZR 10/03, WRP 2004, 1378 - Citroën), auf das sich die Anschlussrevision in diesem Zusammenhang beruft. Soweit der Kartellsenat in dieser Entscheidung darauf verwiesen hat, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegen zwingendes Recht verstoßen und aus diesem Grunde nichtig sind, den Gegner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligen und deshalb Gegenstand von Unterlassungsansprüchen nach § 13 AGBG (jetzt: § 1 UKlaG) sein können (aaO unter I m.w.N.), folgt daraus lediglich, dass wettbewerbsbeschränkende Klauseln eines Händlervertrages , die nicht durch die jeweils maßgebliche Gruppenfreistellungsverordnung vom Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG freigestellt und demzufolge nach Art. 81 Abs. 2 EG nichtig sind, zugleich gemäß § 307 BGB unwirksam sind (aaO). Einen wettbewerbsbeschränkenden Inhalt hat die Klausel 2, wie ausgeführt , selbst aber nicht. Der bloße Umstand, dass der Vertrag insgesamt nichtig sein könnte und damit auch die in Rede stehende Klausel 2, begründet keinen Verstoß dieser Klausel gegen zwingendes Recht und damit keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB.
36
Da es somit auf die Wirksamkeit des Agenturvertrages unter (EG-)kartellrechtlichem Gesichtspunkt nicht ankommt, kann dem vom Kläger aufrecht erhaltenen Antrag, die EU-Kommission, Generaldirektion Wettbewerb, um Beistand für dieses Verfahren zu ersuchen und die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Entscheidung vorzulegen, schon aus diesem Grund nicht entsprochen werden.
37
bb) Ohne Erfolg macht die Anschlussrevision darüber hinaus geltend, dass es sich bei dem Agenturkredit um ein echtes Darlehen handele und eine Klausel, die den Darlehensgeber berechtige, das Darlehen einseitig anzupassen , nach § 307 BGB keinen Bestand haben könne.
38
Der in § 4 Nr. 7 des Agenturvertrages geregelte Agenturkredit ist nicht, wie die Anschlussrevision meint, ein Darlehen zur Vorfinanzierung des Vertriebs der Markenschmierstoffe der Beklagten durch den Tankstellenpächter als Eigenhändler. Der Pächter führt den Vertrieb der Markenschmierstoffe der Beklagten nicht als Eigenhändler, sondern als Handelsvertreter im Namen und für Rechnung der Beklagten durch, so dass es zu einem durch ein Darlehen etwa vorzufinanzierenden Erwerb der Schmierstoffe durch den Pächter nicht kommt. Die Rechtsstellung des Pächters als Handelsvertreter ergibt sich bereits aus der Überschrift des Agenturvertrages ("Angebot zum Abschluss eines Vertrages zum Vertrieb von Kraft- und Schmierstoffen als Handelsvertreter ...") und aus der Klausel 1 des Agenturvertrages. Dementsprechend sieht § 3 Nr. 3 des Agenturvertrags, wie die Anschlussrevision einräumt, ausdrücklich eine Provision für den Verkauf der Markenschmierstoffe nach der von der Beklagten be- kannt gegebenen Preisliste für Handelsvertreter vor. Bei dem Agenturkredit handelt es sich demnach, wie die Vorinstanzen mit Recht angenommen haben, nicht um ein Darlehen, sondern lediglich um einen Abrechnungsmodus für die Provisionen, die dem Pächter als Handelsvertreter zustehen.
39
Mit dem Agenturkredit ist für den Pächter auch kein finanzielles Risiko verbunden. Die Beklagte stellt den Agenturkredit kostenfrei und zinslos bis zur Auflösung der Geschäftsverbindung zur Verfügung. Dass sich eine Anpassung der Höhe des Agenturkredits nach Maßgabe der durchschnittlichen Verkäufe sowie der Lieferintervalle wirtschaftlich nachteilig auf die Höhe der dem Kläger zustehenden Provisionen und die Abrechnung der gegenseitigen Ansprüche bei Beendigung des Vertrages auswirken würde, ist nicht zu ersehen; dies macht auch die Anschlussrevision nicht geltend.
40
Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. November 2005 (KZR 18/04, WM 2006, 245), kann der Kläger für die Beurteilung der Klausel 2 nichts herleiten. Soweit die Anschlussrevision unter Berufung auf diese Entscheidung die - mit der Klausel 2 inhaltlich nicht zusammenhängende - Regelung in § 4 Nr. 7 Abs. 4 des Agenturvertrages angreift, kann dahingestellt bleiben, ob diese Vertragsbestimmung der Klausel vergleichbar ist, die der Kartellsenat (aaO) für unwirksam erklärt hat; denn die Regelung in § 4 Nr. 7 Abs. 4 des Agenturvertrages hat der Kläger mit seiner Unterlassungsklage nicht angegriffen.
41
2. Klausel 3 (§ 4 Abs. 2 des Pacht-/Franchisevertrages)
42
a) Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Landgericht die Klausel 3 nicht für insgesamt unwirksam gehalten, sondern lediglich hinsichtlich des Klammerzusatzes "(entsprechend der derzeitigen wirtschaftlichen Gegebenheiten)"; es hat die Klausel für insoweit teilbar und im Übrigen für wirksam gehalten. Hierzu hat es ausgeführt: Es handele sich bei dem Vertragswerk, soweit der Franchisevertrag betroffen sei, um ein Subordinationsfranchising. Die Beklagte stelle den Tankstellenbetreibern ihren Namen, ihr Symbol und ihre Dienstleistungsbezeichnungsbefugnis "On the Run" sowie ihr in einem Handbuch zusammengestelltes Know-how hinsichtlich der Vermarktung von Waren und Dienstleistungen zur Verfügung. Auf dieser Grundlage sei die Klausel 3 nur hinsichtlich des Klammerzusatzes inhaltlich unklar, im Übrigen aber wirksam, weil sich der Klammerzusatz aus dem zweiten Satz der Klausel herausstreichen lasse, ohne dass der Rest des Satzes seinen Sinn verliere. Die Streichung des Klammerzusatzes führe lediglich zugunsten der Tankstellenpächter zu einer Beseitigung der Unklarheit.
43
b) Gegen diese Beurteilung wendet sich die Anschlussrevision ohne Erfolg.
44
aa) Das Berufungsgericht hat die Klausel 3 hinsichtlich des Klammerzusatzes mit Recht als teilbar angesehen. Die Anschlussrevision hält dem entgegen , dass die Klausel nicht teilbar und deshalb insgesamt unwirksam sei, weil sich die Streichung des Klammerzusatzes entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nur zugunsten der Tankstellenpächter auswirke. Dies trifft nicht zu. Auch dann, wenn der Klammerzusatz, wie die Anschlussrevision meint, auf den gesamten Satz - also nicht lediglich auf den Umsatz mit Telefonkarten , sondern auch auf die davor aufgeführten Umsätze - zu beziehen wäre, führte dessen Streichung dazu, dass sämtliche Umsätze mit den in der Klausel genannten Produkten bei der Berechung der variablen Gebühr außer Betracht blieben und sich die variable Gebühr entsprechend reduzierte. Die Streichung des Klammerzusatzes wirkt sich bei jeder Auslegung der insoweit intransparenten Klausel ausschließlich zu Gunsten des Tankstellenpächters aus.
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bb) Im Übrigen bezweifelt die Anschlussrevision die vom Berufungsgericht vorgenommene Qualifizierung des Vertragsverhältnisses als Franchisevertrag. Sie meint, es sei nicht erkennbar, dass die Beklagte den Tankstellenpächtern ein besonderes Know-how zur Verfügung stelle; es handle sich um einen üblichen Tankstellenshop, dessen Betrieb keine Eigenarten aufweise, welche die an ein Franchiseverhältnis zu stellenden Anforderungen erfüllten. Auch aus diesem Vorbringen ist eine Unwirksamkeit der Klausel 3 wegen unangemessener Benachteiligung der Tankstellenpächter nicht herzuleiten. Welche Leistungen die Beklagte aufgrund des Pacht-/Franchisevertrages zu erbringen hat, ist nicht Gegenstand der Klausel 3. Diese regelt allein die vom Tankstellenpächter zu entrichtende variable Gebühr für die Pacht und das Franchisevertriebssystem. Als Vergütungsregelung ist die Klausel aber nach Maßgabe des § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB nur eingeschränkt kontrollfähig; die Höhe der variablen Gebühr wird auch vom Kläger nicht beanstandet. Dass die Klausel 3 die Tankstellenpächter - nach Streichung des Klammerzusatzes - unter dem Gesichtspunkt der Intransparenz unangemessen benachteiligen würde (§ 307 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 BGB), hat das Berufungsgericht mit Recht verneint; dagegen bringt die Anschlussrevision auch nichts vor.
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3. Schließlich beanstandet die Anschlussrevision, dass die Vorinstanzen dem Kläger die Befugnis nach § 7 UklaG versagt haben, die Urteilsformel bekannt zu machen. Auch damit hat die Anschlussrevision keinen Erfolg.
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Über die Veröffentlichungsbefugnis (§ 7 UklaG) hat das Gericht aufgrund einer Ermessensentscheidung zu befinden; es hat abzuwägen, ob die Veröffentlichung zur Beseitigung der eingetretenen Störung des Rechtsverkehrs erforderlich ist (BGH, Urteil vom 5. November 1991 - X ZR 91/90, NJW 1992, 1450, unter II 5, zu § 18 Satz 1 AGBG). Die vom Berufungsgericht dazu getroffene Entscheidung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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Das Berufungsgericht hat das ihm zustehende Ermessen ausgeübt und seine Entscheidung damit begründet, dass Gründe, die eine Veröffentlichung geeignet und erforderlich erscheinen lassen könnten, um die eingetretene Störung zu beseitigen, weder vorgetragen noch ersichtlich seien. Aufgrund des großen Wirkungskreises des Klägers sei vielmehr davon auszugehen, dass es - unter anderem durch Mitteilungen des Klägers an seine Mitglieder - auch ohne Veröffentlichung zu einer hinreichenden Verbreitung des Prozessergebnisses kommen werde. Hinzu komme, dass die Tankstellenpächter aus der allein zu veröffentlichenden Urteilsformel ohnehin nicht ersehen könnten, dass (durch die Klausel 1) zu Unrecht der Eindruck erweckt werde, es bestehe nach Beendigung des Vertragsverhältnisses kein Ausgleichsanspruch; das ergebe sich nur aus den Urteilsgründen, welche der Kläger seinen Mitgliedern auf anderem Wege zur Kenntnis bringen könne. Rechtsfehler dieser Beurteilung werden von der Anschlussrevision nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Koch Dr. Hessel
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 08.04.2005 - 324 O 169/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 30.03.2006 - 10 U 16/05 -