Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juni 2019 - III ZR 83/18

bei uns veröffentlicht am06.06.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Berichtigt durch Beschluss vom
27. Juni 2019
Pellowski, Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
III ZR 83/18 Verkündet am:
6. Juni 2019
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2019:060619UIIIZR83.18.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juni 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Dr. Remmert und Reiter, die Richterin Dr. Böttcher sowie den Richter Dr. Kessen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil des 7. Zivilsenats des Kammergerichts vom 30. Januar 2018 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des dritten Rechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin nimmt aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns, des Drittwiderbeklagten , die Beklagte auf Zahlung von Beraterhonorar im Umfang von 8.949,90 € nebst Zinsen in Anspruch. Die Beklagte verlangt drittwiderklagend festzustellen, dass der von der Klägerin im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Anspruch nicht besteht.
2
Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung des Drittwiderbeklagten als Partei gemäß § 448 ZPO stattgegeben und die Drittwiderklage abgewiesen. Die Beklagte hat fristgerecht Berufung eingelegt, wobei sie die Klägerin im Rubrum der Berufungsschrift als "Klägerin und Berufungsbeklagte" und den Drittwiderbeklagten als "Drittwiderbeklagten und Berufungsdrittwiderbeklagten" bezeichnet und der Rechtsmittelschrift je zwei beglaubigte und einfache Abschriften beigefügt hat. Mit der mit "Ch. GmbH ./. H. u.a." überschriebenen Berufungsbegründung hat sie beantragt, "unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts (…) die Klage vollumfänglich abzuweisen", und hilfsweise, die Sache an die erste Instanz zurückzuverweisen. Die gegen den Drittwiderbeklagten gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht durch Teilurteil als unzulässig verworfen.
3
Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe


4
Die gemäß § 26 Nr. 8 Satz 2 EGZPO ohne Rücksicht auf den Wert der Beschwer statthafte Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Hierbei war über das Rechtsmittel antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber inhaltlich nicht auf der Säumnis des Drittwiderbeklagten, sondern auf der Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstands (vgl. nur Senat, Versäumnisurteil vom 10. November 2016 - III ZR 235/15, WM 2017, 280 Rn. 18 mwN).

I.


5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Rechtsmittel gegen den Drittwiderbeklagten sei nicht innerhalb der gesetzlichen Frist begründet worden (§ 520 Abs. 2 und 3 ZPO). Die Beklagte habe ihre Berufung auf die Entscheidung des Landgerichts über die Klageforderung beschränkt. In Bezug auf die Drittwiderklage habe sie schon keinen Sachantrag gestellt. Ferner ergebe sich weder aus der Berufungseinlegung noch aus der Begründung ausdrücklich oder konkludent, dass sich die Berufung auch gegen die Abweisung der Drittwiderklage richte. Die Bezeichnung des Drittwiderbeklagten als "Berufungsdrittwiderbeklagter" genüge nicht. Es werde dadurch gerade nicht deutlich, dass die Berufung sich auch gegen diesen richte. Vielmehr handele es sich bei einem Berufungsdrittwiderbeklagten um eine Partei, gegen die im Rahmen der Berufung erstmalig Drittwiderklage erhoben werden solle. Im Übrigen fehle es in Bezug auf die Drittwiderklage an der nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen Berufungsbegründung, die sich ausschließlich auf das erstinstanzliche Urteil, soweit es der Klage stattgegeben habe, beziehe.

II.


6
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung letztlich nicht stand. Die Verwerfung der Berufung gegen den Drittwiderbeklagten als unzulässig verletzt die Beklagte in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ). Dieses Recht erfordert, dass der in den Verfahrensordnungen durch Rechtsmittel eingeräumte Zugang zu den Instanzen nicht durch eine gerichtliche Auslegung und Anwendung von Prozessvorschriften in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr gerechtfertigter Weise erschwert wird (zB BVerfG, NJW 2003, 281; Senatsbeschlüsse vom 1. Juni 2017 - III ZB 77/16, NJW-RR 2017, 1341 Rn. 7 und vom 29. November 2018 - III ZB 19/18, NJW-RR 2019, 180, Rn. 9; vgl. auch BGH, Beschluss vom 2. Februar 2012 - V ZB 184/11, juris Rn. 4, insoweit nicht abgedruckt in NJW-RR 2012, 397 f). Es handelt sich um einen grundrechtsähnlichen Verfahrensgrundsatz, der jeder Partei eines Zivilrechtsstreits durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip garantiert wird (BVerfG, NJW-RR 2008, 446; Senatsbeschluss vom 29. November 2018 aaO).
7
1. Die Berufung der Beklagten richtete sich entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts auch gegen den Drittwiderbeklagten. Eine Beschränkung des Rechtsmittels auf einen tatsächlich und rechtlich selbständig abtrennbaren Teil des Streitgegenstands (vgl. etwa BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - II ZR 166/14, NJW 2015, 3040 Rn. 9) hat die Beklagte nicht vorgenommen.
8
a) Prozessuale Erklärungen einer Partei kann der Bundesgerichtshof uneingeschränkt nachprüfen und selbst auslegen (zB BGH, Beschluss vom 19. September 2017 - XI ZB 17/15, BGHZ 216, 37 Rn. 57; Urteile vom 16. Mai 2017 - XI ZR 586/15, WM 2017, 1258 Rn. 11; vom 2. Februar 2017- VII ZR 261/14, ZfBR 2017, 347 Rn. 17; vom 1. August 2013 - VII ZR 268/11, NJW 2014, 155 Rn. 30 und vom 27. Mai 2008 - XI ZR 132/07, WM 2008 1260 Rn. 45). Dabei darf die Auslegung auch im Prozessrecht nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften, sondern hat den wirklichen Willen der Partei zu erforschen. Bei der Auslegung von Prozesserklärungen ist der Grundsatz zu beachten , dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage ent- spricht (BGH, Urteile vom 16. Mai 2017 aaO; vom 2. Februar 2017 und vom 1. August 2013; jew. aaO m. zahlr. w.N.).
9
b) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts erfasste die Berufung der Beklagten auch die Abweisung ihres gegen den Drittwiderbeklagten gerichteten Feststellungsantrags und war nicht auf die Bekämpfung der vom Landgericht zuerkannten Klageforderung beschränkt. Gegenstand des Rechtsmittels war vielmehr das gesamte landgerichtliche Urteil.
10
Bei der Einlegung der Berufung müssen aus der Berufungsschrift sowohl der Rechtsmittelkläger als auch der Rechtsmittelbeklagte erkennbar sein oder doch jedenfalls bis zum Ablauf der Berufungsfrist eindeutig erkennbar werden. An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind, jedenfalls in denjenigen Fallgestaltungen, in denen - wie hier - der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen bestand, keine strengen Anforderungen zu stellen. Unter solchen Umständen richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung, das heißt gegen alle gegnerischen Streitgenossen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Rechtsmittelschrift eine Beschränkung der Anfechtung erkennen lässt (zB Senat, Urteil vom 14. Februar 2008 - III ZR 73/07, BeckRS 2008, 03428 Rn. 6 m. umfangr. w.N.; BGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 - XII ZR 18/09, NJW-RR 2011, 359 Rn. 12 und Beschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZB 93/09, NJW-RR 2011, 281 Rn. 11). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
11
Eine ausdrückliche oder sinngemäße Beschränkung der Berufung auf die von der Klägerin gegen sie geltend gemachte Forderung hat die Beklagte nicht vorgenommen. Derartiges ist weder der Berufungseinlegungsschrift noch dem sonstigen Parteivortrag zu entnehmen.

12
Das Gegenteil ergibt sich schon aus der ausdrücklichen Bezeichnung des Drittwiderbeklagten in der Berufungsschrift als "Drittwiderbeklagter und Berufungsdrittwiderbeklagter". Die abweichende Annahme des Oberlandesgerichts , aus dieser Bezeichnung werde nicht deutlich, dass sich die Berufung auch gegen den Drittwiderbeklagten richte, weil es sich bei einem Berufungsdrittwiderbeklagten um eine Partei handele, gegen die mit der Berufung erstmals eine Drittwiderklage erhoben werden solle, vermag nicht zu überzeugen. Es erschließt sich nicht, wer vorliegend mit der Bezeichnung "Berufungsdrittwiderbeklagter" ansonsten gemeint gewesen sein sollte, wenn nicht der bisherige Drittwiderbeklagte, da in zweiter Instanz keine (weitere) erstmalige Drittwiderklage erhoben worden ist und es dafür auch keinerlei Anhaltspunkte gab. Vor allem aber wurde der Drittwiderbeklagte im Rubrum der Berufungsschrift nicht nur als "Berufungsdrittwiderbeklagter" aufgeführt, sondern zugleich unter seiner erstinstanzlichen Parteibezeichnung, so dass kein Zweifel daran bestehen konnte, dass sich das Rechtsmittel auch gegen ihn richten sollte. Die Erwähnung des Drittwiderbeklagten im Rubrum der Berufungsschrift und seine weitere Bezeichnung als "Berufungsdrittwiderbeklagter" ergaben vielmehr allein dann einen Sinn, wenn auch er Beteiligter des Rechtsmittelverfahrens werden sollte. Anderenfalls hätte es genügt, ihn allein unter seiner erstinstanzlichen Parteirolle aufzuführen.
13
Hinzu kommt, dass die Beklagte der Berufungsschrift zwei beglaubigte und zwei einfache Abschriften für die beiden Prozessgegner - mithin die Klägerin und den Drittwiderbeklagten - beigefügt hatte, damit beide von dem Rechtsmittel Kenntnis nehmen konnten. Darin kommt ebenfalls zum Ausdruck, dass die Beklagte mit dem Rechtsmittel nicht nur die Verteidigung gegen den Kla- geanspruch, sondern auch den gegen den Drittwiderbeklagten gerichteten Angriff weiterverfolgen wollte.
14
Bestätigt wird diese Auslegung dadurch, dass die Klägerin und der Drittwiderbeklagte kein abweichendes Verständnis der Berufungseinlegung hatten. Deren Prozessbevollmächtigte bestellten sich mit Schriftsatz vom 26. Mai 2016 für beide Gegner der Beklagten und zeigten für beide die Verteidigungsbereitschaft gegenüber dem Rechtsmittel an.
15
c) Ergänzend ist anzumerken, dass die angefochtene Entscheidung auf der Grundlage der vom Berufungsgericht angenommenen, jedoch aus den vorstehenden Gründen unzutreffenden Prämisse, dass sich die Berufungseinlegung nur auf die Klägerin, nicht aber auf den Drittwiderbeklagten bezog, inkonsistent begründet ist. In diesem Fall hätte in dessen Richtung keine Berufung existiert. Dies mag zwar gleichwohl die Verwerfung der - eigentlich nicht eingelegten - Berufung gegen den Drittwiderbeklagten in Betracht kommen lassen. In Konstellationen, in denen sich das Rechtsmittel nur gegen eine von mehreren in der ersten Instanz obsiegenden Parteien richtet, dies jedoch aufgrund ernstlicher Zweifel erst nach einer Auslegung feststeht, kann der erstinstanzlich siegreich gebliebene Streitgenosse ein schutzwürdiges Interesse daran haben zu wissen, ob diese Position Gegenstand eines Rechtsmittelangriffs war oder bereits Bestand hatte (BGH, Urteil vom 11. Juli 2003 - V ZR 233/01, NJW 2003, 3203, 3204). Ob einem solchen Interesse durch eine Berufungsverwerfung Rechnung zu tragen ist (so BGH aaO), oder - systematisch näher liegend - die Feststellung geboten ist, dass in Richtung auf den betreffenden Streitgenossen keine Berufung eingelegt wurde, kann vorliegend auf sich beruhen. Jedenfalls hätte die Vorinstanz ihre Entscheidung nicht tragend darauf stützen dürfen, die Berufungsbegründung erfülle in Richtung auf den Drittwiderbeklagten nicht die Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 ZPO, wenn sie davon ausging , insoweit sei eine Berufung gar nicht eingelegt worden. Der Anwendungsbereich dieser Bestimmung ist nur eröffnet, soweit eine Berufung vorliegt. Dies bedarf jedoch ebenfalls keiner Vertiefung, weil die Ausgangsthese des Berufungsgerichts unrichtig ist.
16
2. Das Rechtsmittel ist insgesamt zulässig. Die Berufung ist gemäß § 517 ZPO fristgerecht eingelegt und auch hinsichtlich des Drittwiderbeklagten binnen der Frist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO begründet worden. Die Berufungsbegründung entsprach insoweit den Anforderungen gemäß § 520 Abs. 3 Nr. 1 und 2 ZPO.
17
a) Die Berufungsbegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO), ferner - wenn wie hier eine Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO geltend gemacht wird (§ 513 Abs. 1 ZPO) - die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit ergibt (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO).
18
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs enthalten § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 ZPO keine besonderen formalen Anforderungen (zB BGH, Beschluss vom 2. Februar 2012 aaO Rn. 6).
19
Für die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen beantragt werden (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO), bedarf es keiner ausdrücklichen Stellung eines Sachantrags; es reicht aus, wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig ergeben, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil angefochten werden soll (vgl. zB Senatsbeschluss vom 1. Juni 2017 - III ZB 77/16, NJW-RR 2017, 1341 Rn. 8; BGH, Beschlüsse vom 1. April 2015 - XII ZB 503/14, NJW 2015, 1606 Rn. 11; vom 2. Februar 2012 aaO und vom 15. Dezember 2009 - XI ZB 36/09, WM 2010, 434 Rn. 9; Versäumnisurteil vom 22. März 2006 - VIII ZR 212/04, NJW 2006, 2705 Rn. 8; jeweils mwN). Die Vorschrift des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO soll den Berufungskläger im Interesse der Beschleunigung des Berufungsverfahrens dazu anhalten, sich eindeutig über Umfang und Ziel seines Rechtsmittels zu erklären und Berufungsgericht und Prozessgegner über Umfang und Inhalt seiner Angriffe möglichst schnell und zuverlässig ins Bild zu setzen. Das erfordert nicht unbedingt einen förmlichen Antrag.
20
Entsprechendes gilt für die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO; BGH, Beschluss vom 2. Februar 2012 aaO). Insbesondere ist es ohne Bedeutung, ob die Ausführungen des Berufungsklägers schlüssig, hinreichend substantiiert oder rechtlich haltbar sind. Vielmehr gehört dazu eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Die Berufungsbegründung muss nur auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein (vgl. zu allem Vorstehenden zB Senat, Beschlüsse vom 29. November 2018 - III ZB 19/18, NJW-RR 2019, 180 Rn. 10 und vom 26. Februar 2015 - III ZB 30/14, BeckRS 2015, 4706 Rn. 11; BGH, Urteil vom 10. März 2015 - VI ZR 215/14, NJW 2015, 1684 Rn. 7; jeweils mwN). Im Fall der uneingeschränkten Anfechtung muss die Berufungsbegründung geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 228/05, NJW-RR 2007, 414 Rn. 10). Decken sich die Voraussetzungen für verschiedene Ansprüche, reicht es aber aus, wenn die Berufungsbegründung einen einheitlichen Rechtsgrund im Ganzen angreift (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 - IX ZR 150/11, NJW-RR 2012, 1207 Rn. 10 mwN).
21
b) Diesen Anforderungen wurde die Berufungsbegründung der Beklagten auch hinsichtlich des Drittwiderbeklagten noch gerecht.
22
aa) Unschädlich ist danach insbesondere, dass die Beklagte keinen auf die Widerklage bezogenen Sachantrag gestellt hat. Das Rubrum des Berufungsbegründungsschriftsatzes und der darin gehaltene Sachvortrag lassen vielmehr im Ergebnis hinreichend deutlich den Schluss zu, dass die Beklagte ihr gesamtes erstinstanzliches Begehren weiterverfolgen wollte.
23
(1) Im Kurzrubrum der Berufungsbegründung sind als Parteien "Ch. GmbH ./. H. u.a." (Hervorhebung durch den Senat) bezeichnet , was bereits bestätigt, dass das Rechtsmittel, wie schon aus der Berufungsschrift ersichtlich war, (weiterhin) gegen mehrere Beteiligte auf der Gegenseite gerichtet war.
24
(2) Auch dem Inhalt der Berufungsbegründung war hinreichend zu entnehmen , dass die Beklagte das landgerichtliche Urteil im Ganzen, das heißt auch in Bezug auf die Drittwiderklage, hat angreifen wollen.Alles andere hätte nach dem wohlverstandenen Interesse der Beklagten auch keinen Sinn ergeben. Die Drittwiderklage war darauf gerichtet, festzustellen, dass die von der Klägerin aus abgetretenem Recht geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen und folglich von dem Drittwiderbeklagten - etwa wegen einer Unwirksamkeit der Abtretung - ebenfalls nicht mehr geltend gemacht werden können (vgl.
dazu zB BGH, Urteil vom 13. Juni 2008 - V ZR 114/07, NJW 2008, 2852 Rn. 23 ff). Die Beklagte hat die Drittwiderklage zudem ersichtlich nicht nur mit dem Ziel erhoben, eine etwaige erneute Geltendmachung der Ansprüche durch den Drittwiderbeklagten auszuschließen, sondern auch, um ihn als möglichen Zeugen auszuschalten. Die stattdessen vor dem Landgericht erfolgte Vernehmung des Drittwiderbeklagten als Partei gemäß § 448 ZPO hat die Beklagte daher neben anderen Gesichtspunkten mit der Berufungsbegründung als verfahrensfehlerhaft gerügt. Sie ging dabei offenbar davon aus, dass sie damit noch die Verwertung des Beweisergebnisses verhindern konnte. Von ihrem Standpunkt aus war es daher zwingend, die Drittwiderklage weiterzuverfolgen, weil der Drittwiderbeklagte anderenfalls wieder als Zeuge zur Verfügung gestanden hätte. Einen ausdrücklich auf die Drittwiderklage bezogenen Antrag hat die Beklagte ersichtlich nur versehentlich nicht gestellt. Gegenteilige Schlussfolgerungen lassen sich auch aus dem auf Zurückverweisung gerichteten Hilfsantrag nicht ziehen.
25
Diese Auslegung der Berufungsbegründung wird ebenfalls durch die Reaktion der Klägerin und des Drittwiderbeklagten bestätigt. In dem Berufungserwiderungsschriftsatz beantragten deren Prozessbevollmächtigte für beide von ihnen vertretene Parteien die Zurückweisung des Rechtsmittels, so dass sich auch nach ihrem Verständnis die Berufungsbegründung sowohl auf den Anspruch der Klägerin als auch auf die negative Feststellungklage gegen den Drittwiderbeklagten bezog.
26
bb) Ferner hat sich die Beklagte in der Berufungsbegründung mit den die Berechtigung der Klage und die Abweisung der Drittwiderklage tragenden Erwägungen des Erstgerichts verfahrensrechtlich ordnungsgemäß auseinandergesetzt. Sie hat ausgeführt, warum sie die Parteivernehmung des Drittwiderbe- klagten - wegen mangelnder Beweisnot und Fehlens des erforderlichen Anbeweises - für rechtsfehlerhaft hielt. Des Weiteren hat sich die Beklagte auf ein dem Anspruch entgegengestehendes Zurückbehaltungsrecht berufen, die Beweiswürdigung durch das Landgericht beanstandet sowie bestritten, dass eine Vielzahl der abgerechneten Tätigkeiten überhaupt dem Auftragsgegenstand entsprochen habe. All dies betraf die Beratertätigkeit des Drittwiderbeklagten und war folglich sowohl gegenüber der Klageforderung als auch für den Erfolg der Drittwiderklage bedeutsam.
27
Insoweit greift die Annahme des Berufungsgerichts, die Berufungsbegründung befasse sich ausschließlich insoweit mit dem erstinstanzlichen Urteil, als es der Klage stattgegeben habe, zu kurz. Die Berufungsbegründung hat vielmehr - zugeschnitten auf den Streitfall und aus sich heraus verständlich - die aus seiner Sicht maßgeblichen Gesichtspunkte des landgerichtlichen Urteils angegriffen. Dass sie dabei nicht eindeutig zwischen der Verteidigung gegen die Klage und der Erhebung der Drittwiderklage unterschieden hat, ist unschädlich. Inhaltlich ging es bei der Klage und der auf Feststellung des kontradiktorischen Gegenteils gerichteten Widerklage allein um die Honoraransprüche des Drittwiderbeklagten aus seiner beratenden Tätigkeit bei der Vermarktung von Wohn- und Geschäftsbauten im Bestand der Beklagten. Klage und Drittwiderklage beruhten dementsprechend - wenn auch in jeweils entgegengesetzter Richtung - inhaltlich auf denselben tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten , weshalb sich die Ausführungen in der Berufungsbegründung gleichermaßen auf Klage und Drittwiderklage bezogen.

III.


28
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif, weil es noch einer Prüfung der Begründetheit der Berufung bedarf. Deshalb ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).
Herrmann Remmert Reiter
Böttcher Kessen
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 05.04.2016 - 14 O 367/14 -
KG Berlin, Entscheidung vom 30.01.2018 - 7 U 58/16 -
BESCHLUSS
III ZR 83/18
vom
27. Juni 2019
in dem Rechtsstreit


ECLI:DE:BGH:2019:270619BIIIZR83.18.0
Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richterinnen Dr. Liebert, Dr. Arend,
Dr. Böttcher und den Richter Dr. Kessen

beschlossen:

Das Senatsurteil vom 6. Juni 2019 wird mit Blick auf die versehentlich
unterbliebene Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wie
nachstehend in der Weise berichtigt, dass es vor den Unterschriften
heißen muss:

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu.
Dieser ist beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe von einem an diesem Gericht
zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der
Zustellung des Versäumnisurteils durch Einreichung einer Einspruchsschrift
einzulegen.


Herrmann Liebert Arend
Böttcher Kessen


ECLI:DE:BGH:2019:270619BIIIZR83.18.0

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 513 Berufungsgründe


(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 517 Berufungsfrist


Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 319 Berichtigung des Urteils


(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen. (2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil un

Zivilprozessordnung - ZPO | § 546 Begriff der Rechtsverletzung


Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 448 Vernehmung von Amts wegen


Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Ta

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Referenzen

Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. Juli 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin zurückgewiesen worden ist.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Urteilsformel des Berufungsurteils wird dahin berichtigt, dass nach Nummer I 5 folgende neue Nummer I 6 eingefügt wird:

"Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2 verpflichtet ist, gesamtschuldnerisch haftend mit dem Beklagten zu 3 der Klägerin alle weiteren Schäden, auch Zinsschäden, zu erstatten, die ihr aus der Auszahlung des notleidenden Darlehens in Höhe von 5,5 Mio. € und dessen Uneinbringlichkeit über die Klageanträge zu 1 bis 4 hinaus entstehen."

Die bisherigen Nummern I 6 und I 7 der Urteilsformel des Berufungsurteils werden, soweit das Berufungsurteil Bestand hat, zu Nummern I 7 und I 8.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche aufgrund eines Darlehens, das die Klägerin dem am Rechtsstreit nicht mehr beteiligten Beklagten zu 3 zur Finanzierung eines Grundstückskaufes sowie für Sanierungsarbeiten gewährte.

2

Der Beklagte zu 2 erwarb das in der Gemeinde L.      gelegene bebaute Grundstück von der Voreigentümerin im März 2001 zum Preis von 5,3 Mio. DM in unsaniertem Zustand. Zu seinen Gunsten wurde eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. In der Folgezeit wurde der Kaufpreis einvernehmlich auf 1.022.583,73 € reduziert. Der Beklagte zu 2 wurde zunächst noch nicht als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.

3

Seit Ende 2002 kam es durch Vermittlung des        C.       zu Gesprächen über einen Weiterverkauf an den vormaligen Beklagten zu 3. Wegen der Kaufpreisfinanzierung wurde im Frühjahr 2003 bei der Klägerin angefragt, wobei ein Kaufvertragsentwurf des seinerzeit als Notar bestellten Beklagten zu 1 vorgelegt wurde, der einen Kaufpreis von 5,5 Mio. € für das unsanierte Grundstück vorsah. Der Klägerin wurden zudem gefälschte Mietverträge über die - jeweils am 1. Juli 2003 beginnende - gewerbliche Nutzung des Objekts und unzutreffende Angaben des Beklagten zu 3 über seine Vermögensverhältnisse, insbesondere ein gefälschter Eigenkapitalnachweis über ca. 1,6 Mio. €, übermittelt. Anfang Juni 2003 übersandte C.       der Klägerin Nachtragsvereinbarungen zu den Mietverträgen, die nunmehr einen Mietbeginn am 1. November 2003 enthielten.

4

Der Kaufpreis von 5,5 Mio. € sollte in Höhe von 3,9 Mio. € mit dem in Aussicht genommenen Darlehen der Klägerin finanziert werden; die restlichen 1,6 Mio. € sollten vom Beklagten zu 3 als Eigenkapital aufgebracht werden. Überdies sollten Sanierungskosten in Höhe von weiteren 1,6 Mio. € von der Klägerin fremdfinanziert werden, so dass sich das vorgesehene Gesamtkreditvolumen auf 5,5 Mio. € belief.

5

Am 11. Juni 2003 beurkundete der Beklagte zu 1 den Kaufvertrag zwischen dem Beklagten zu 2 und dem Beklagten zu 3. Als Kaufpreis wurden 5,5 Mio. € vereinbart. Der Beklagte zu 1 durfte über den Kaufpreisbetrag erst verfügen, wenn er vollständig auf einem einzurichtenden Notaranderkonto eingegangen war.

6

Aufgrund des Darlehensvertrags, den die Klägerin und der Beklagte zu 3 am 27. Juni 2003 mit den vorgenannten Bedingungen geschlossen hatten, zahlte die Klägerin am 15. Juli 2003 einen Teilbetrag in Höhe von 3,9 Mio. € auf ein Anderkonto des Beklagten zu 1. Hierzu hatte sie die Treuhandauflage erteilt, dass eine zu ihren Gunsten zu bestellende Grundschuld erstrangig im Grundbuch einzutragen sei.

7

Der Beklagte zu 2 schloss am 15. Juli 2003 mit der noch im Grundbuch eingetragenen Voreigentümerin einen notariell beurkundeten Vertrag über die Abtretung seiner Auflassungsvormerkung an den Beklagten zu 3. Der Beklagte zu 2 wurde am 23. Juli 2003 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Zugleich wurden eine erstrangige Grundschuld zugunsten der Klägerin und eine Auflassungsvormerkung zugunsten des Beklagten zu 3 eingetragen.

8

Obwohl der Eigenkapitalanteil des Beklagten zu 3 von 1,6 Mio. € nicht eingezahlt wurde, veranlasste der Beklagte zu 1 Überweisungen von seinem Anderkonto am 25. Juli 2003 in Höhe von 1.022.583,70 € an die Kreditgeberin der Voreigentümerin und am 29. Juli 2003 in Höhe von 1.175.971,39 € an die Voreigentümerin. Des Weiteren wurden am 28. Juli 2003 von dem Notaranderkonto 1,7 Mio. € in bar abgehoben, von denen am Folgetag 250.000,00 € wieder eingezahlt und an den Beklagten zu 3 überwiesen wurden. Ebenfalls am 28. Juli 2003 quittierte der Beklagte zu 2 den Erhalt von 1.450.000 € von dem Beklagten zu 1.

9

Am 22. August 2003 beurkundete der Beklagte zu 1 eine Vereinbarung zwischen dem Beklagten zu 2 und dem Beklagten zu 3 über die Reduzierung des Kaufpreises auf 3,9 Mio. €. Die Klägerin informierte er hierüber nicht. Der Beklagte zu 3 wurde am 28. Oktober 2003 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Dies teilte der Beklagte zu 1 der Klägerin mit Schreiben vom 29. Oktober 2003 mit.

10

Nachdem der Beklagte zu 3 einen Bauvertrag über Sanierungsarbeiten mit der Fa. B.                  mbH (künftig: B.     GmbH) sowie eine Abtretungsvereinbarung vorgelegt hatte, zahlte die Klägerin zwischen November 2003 und Mai 2004 insgesamt 1.544.935,32 € an das Unternehmen. Dabei wurden teilweise Zahlungen auf Rechnungen über Arbeiten geleistet, die zwar ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger bestätigt hatte, die jedoch nicht ausgeführt worden waren. Vielmehr wurden die vereinnahmten Beträge von der B.    GmbH teilweise an den Beklagten zu 3 weitergeleitet. Ein Großteil der abgerechneten Arbeiten wurde seitens der B.    GmbH später noch erbracht. Zudem erstattete sie an die Klägerin 75.000 € zurück.

11

Der Beklagte zu 3 war nicht in der Lage, das Darlehen an die Klägerin zurückzuzahlen und die vereinbarten Zinsen zu entrichten. Er gab im Oktober 2004 die eidesstattliche Versicherung ab. Eine Forderung der Klägerin in Höhe der Darlehenssumme nebst Zinsen ist gegenüber dem Beklagten zu 3 tituliert.

12

Aus der im Laufe des Rechtsstreits erfolgten Zwangsversteigerung des Grundstücks floss der Klägerin ein Nettoerlös von 939.715,11 € zu.

13

Im Hinblick auf diese Vorgänge wurden die Beklagten zu 2 und 3 durch rechtskräftig gewordenes Urteil des Landgerichts K.   wegen gemeinschaftlichen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren (Beklagter zu 2) beziehungsweise zwei Jahren und acht Monaten (Beklagter zu 3) und der Beklagte zu 1 sowie C.      wegen Beihilfe zum gemeinschaftlichen Betrug zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten (Beklagter zu 1) beziehungsweise zwei Jahren (C.     ) verurteilt.

14

Die Klägerin hat von den Beklagten zu 1 und 2 als Schadensersatz die Erstattung des Darlehensbetrages sowie der mit dem Beklagten zu 3 vereinbarten Darlehenszinsen, vom Beklagten zu 1 die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten von 13.592,18 € und von allen Beklagten den Ersatz von für das Objekt verauslagten Versicherungsprämien von 4.980,99 € begehrt.

15

Das Landgericht hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Die hiergegen gerichteten Berufungen der Klägerin und der Beklagten zu 1 und 2 hatten teilweise Erfolg. Das Berufungsgericht hat - nach Beiziehung der Strafakte - der Klägerin gegen die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner einen Zahlungsanspruch auf 3.628.993,61 € und gegen den Beklagten zu 1 auf weitere 1.444,91 € zuerkannt, abzüglich der an die Klägerin von der B.    GmbH erstatteten und der von der Klägerin aus der Verwertung des Grundstücks erzielten Beträge von 75.000 € und 939.715,11 €. Darüber hinaus hat es der Klägerin gegen den Beklagten zu 1 weitere Beträge von 3.320,66 € und 9.061,45 € zugesprochen. Hinsichtlich der Beträge von 3.628.993,61 € und 3.320,66 € erfolgte die Verurteilung jeweils als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 3. Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen und die Berufungen zurückgewiesen.

16

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Zahlungsansprüche - mit Ausnahme entgangener Darlehenszinsen von 89.612,46 € - weiter, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil erkannt hat. Sie beantragt zudem die Berichtigung des Tenors des Berufungsurteils dahin, dass - entsprechend dem erstinstanzlichen Urteil - die Verpflichtung des Beklagten zu 2 festgestellt wird, gesamtschuldnerisch haftend mit dem Beklagten zu 3 alle weiteren Schäden zu erstatten, die ihr aus der Auszahlung des Darlehens und dessen Uneinbringlichkeit entstehen.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Revision hat überwiegend Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen hat. Die weitergehende Revision ist dagegen unbegründet.

18

Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber inhaltlich nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf der Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstands (vgl. z.B. Senatsurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, NJW-RR 2007, 621 Rn. 6; BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 ff).

I.

19

Das Berufungsgericht hat, soweit vorliegend von Bedeutung, ausgeführt:

20

Die Klägerin habe gegen den Beklagten zu 1 einen Schadensersatzanspruch gemäß § 19 Abs. 1 BNotO i.V.m. §§ 23, 14 BNotO, §§ 17, 54d BeurkG. Der Beklagte zu 1 habe seine Amtspflichten verletzt, indem er Ende Juli 2003 Auszahlungen vom Notaranderkonto vorgenommen habe, ohne der Klägerin einen Warnhinweis zu erteilen, dass ihm Umstände bekannt geworden seien, die zur Gefährdung ihrer Vermögensinteressen führen könnten. Er habe aufgrund einer Vielzahl von Besonderheiten erkennen müssen, dass mit den Handlungen, an denen er habe mitwirken sollen, unerlaubte und unredliche Zwecke verfolgt worden seien.

21

Die Amtspflichtverletzung des Beklagten zu 1 sei kausal für den bei der Klägerin entstandenen Schaden von 3.628.993,61 €. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin ihren Treuhandauftrag widerrufen hätte, wenn sie vom Beklagten zu 1 pflichtgemäß über die Unregelmäßigkeiten informiert worden wäre. Es wäre dann nicht zu den Auszahlungen an die Voreigentümerin, deren finanzierende Bank sowie die Beklagten zu 2 und 3 gekommen. Darüber hinaus stellten die Zahlungen der Klägerin an die B.    GmbH für nur teilweise durchgeführte Sanierungsarbeiten einen vom Beklagten zu 1 verursachten Schaden in Höhe von 1.544.935,32 € dar. Auch insoweit sei anzunehmen, dass die Klägerin die Zahlungen bei ordnungsgemäßen Hinweisen des Notars nicht geleistet hätte.

22

Der Beklagte zu 2 hafte der Klägerin aus § 826 BGB. Er habe sie in Bezug auf die Finanzierung vorsätzlich sittenwidrig schädigen wollen, indem er - ihr zur Prüfung einer Kreditgewährung vorzulegende - Mietverträge unterzeichnet habe, ohne deren Hintergründe und Wahrheitsgehalt zu überprüfen.

23

Hinsichtlich der Gesamtschadenssumme von 5.443.490,41 € müsse sich die Klägerin ein Mitverschulden in Höhe von einem Drittel anrechnen lassen. Sie habe die Kreditprüfung in äußerst nachlässiger Form vorgenommen. Zwar sei zu berücksichtigen, dass den Beklagten zu 1 und 2 zumindest bedingter Vorsatz vorgeworfen werden könne. Es gebe indes keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass einem vorsätzlich handelnden Schädiger stets die Berufung auf ein fahrlässiges mitwirkendes Verhalten des Geschädigten verwehrt sei. Vorliegend seien besondere Umstände gegeben, die eine Ausnahme von dieser Abwägungsregel zuließen. Je höher die Kreditgewährung ausfalle, desto mehr sei eine ausreichende Plausibilitätsprüfung vorzunehmen, um möglichen Unregelmäßigkeiten vorzubeugen. Vor diesem Hintergrund sei die Bewertung der zu finanzierenden Immobilie durch die Klägerin zu oberflächlich erfolgt. Aus einem in der beigezogenen Strafakte enthaltenen Vermerk des Polizeipräsidiums K.  vom 21. Februar 2006 über ein Gespräch mit Mitarbeitern der Klägerin ergebe sich, dass diese sich bei der Bearbeitung der Finanzierungsanfrage an dem Ertragswert der Immobilie und nicht an der Bonität des vormaligen Beklagten zu 3 orientiert habe. Soweit die Bonität des Kreditnehmers eine untergeordnete Rolle spiele, sei der Kreditgeber verpflichtet, den Ertragswert der Immobilie umso sorgfältiger zu prüfen. Dies habe die Klägerin nicht getan. Sie habe den Ertragswert durch eigene Mitarbeiter auf einer eineinhalbseitigen Bewertung ermittelt. Diese stütze sich ausschließlich auf die Angaben zu Erträgen, die sich aus den übergebenen Mietverträgen ergäben. Ein Wertgutachten habe die Klägerin vor der Kreditvergabe nicht veranlasst. Sie habe auch keine Erkundigungen darüber eingeholt, ob die in den Mietverträgen angegebenen Mietpreise ortsüblich seien und wie hoch die allgemeine Vermietungsquote bei Gewerbeobjekten in dem betroffenen Gebiet gewesen sei.

24

Soweit sich ein Darlehensgeber bei der Kreditprüfung überwiegend auf übergebene Unterlagen beziehe, treffe ihn eine erhöhte Sorgfaltspflicht bei der Prüfung der Unterlagen. Diese Pflicht hätten die Mitarbeiter der Klägerin nicht eingehalten. Ihnen habe bei genauer Prüfung die unprofessionelle Bearbeitung der Mietverträge auffallen müssen. So seien Vordrucke verschiedener Verlage verwendet worden, die unterschiedliche Nebenkostenschlüssel vorgesehen hätten. Auch sei in den Mietverträgen nicht erwähnt worden, dass noch umfangreiche Umbau- und Sanierungsarbeiten durchzuführen gewesen seien. Hinsichtlich des Zustandes der Mietsache sei zum Teil auf ein Übergabeprotokoll verwiesen worden, das zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mangels Sanierung und Übergabe noch nicht habe existieren können. Zudem habe die Klägerin zu weiteren Nachfragen veranlassen müssen, dass sämtliche Mieter ausweislich einheitlich gestalteter Nachträge circa fünf Wochen vor dem geplanten Mietbeginn bereit gewesen seien, den Nutzungsbeginn um drei Monate zu verschieben.

25

Unter Berücksichtigung ihres Mitverschuldensanteils von einem Drittel könne die Klägerin von dem Beklagten zu 1 auch Schadensersatz in Höhe von 9.061,45 € und 3.320,66 € wegen vorprozessual angefallener Rechtsanwaltskosten und von ihr verauslagter Versicherungsprämien für das finanzierte Gebäude verlangen.

26

Ein Anspruch der Klägerin wegen des auf dem Notaranderkonto verbliebenen Restbetrags von 1.444,91 € bestehe nur gegenüber dem Beklagten zu 1. Dagegen habe die Berufung des Beklagten zu 2 hinsichtlich dieses Restbetrags Erfolg. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass der Beklagte zu 1 den Betrag nicht an die Klägerin zurückerstatte.

27

Die Berufung des Beklagten zu 2 gegen den vom Landgericht tenorierten Feststellungsantrag habe keinen Erfolg, da dieser Antrag zum Zeitpunkt der Klageerhebung und der Einlegung der Berufungen zulässig und begründet gewesen sei. Der Umstand, dass der Schaden der Klägerin aufgrund der während des Berufungsverfahrens erfolgten Zwangsversteigerung des Objekts abschließend bezifferbar sei, führe nicht dazu, dass der Feststellungsantrag mangels Feststellungsinteresses nicht mehr zulässig sei.

II.

28

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in mehreren Punkten nicht stand.

29

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind allein die Höhe der Haftung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt eines Mitverschuldens der Klägerin (§ 254 BGB; nachfolgend zu 1), die Schadensberechnung (nachfolgend zu 2) und die Haftung auch des Beklagten zu 2 auf den Ersatz des auf dem Notaranderkonto verbliebenen Restbetrages von 1.444,91 € (nachfolgend zu 3).

30

1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden in Höhe von einem Drittel anrechnen lassen, erweist sich unter mehreren Gesichtspunkten als rechtsfehlerhaft.

31

Die Abwägung der Verantwortlichkeiten zwischen den Parteien eines Schadensersatzanspruchs im Rahmen der Prüfung eines Mitverschuldens (§ 254 BGB) gemäß § 287 ZPO unterliegt einem weiten tatrichterlichen Entscheidungsspielraum und ist vom Revisionsgericht nur darauf hin zu überprüfen, ob alle in Betracht kommenden Umstände richtig und vollständig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt worden sind, hierbei insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen worden ist (z.B. Senat, Urteile vom 23. Juli 2015 - III ZR 86/15, VersR 2016, 63 Rn. 31 und vom 20. Juni 2013 - III ZR 326/12, VersR 2013, 1322 Rn. 19 mwN).

32

Auch unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs ist die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht frei von Rechtsfehlern.

33

a) Eine Anspruchskürzung unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens ist entgegen der Auffassung der Revision auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bisher getroffenen Feststellungen allerdings nicht von vorneherein ausgeschlossen.

34

aa) Dies gilt zunächst im Hinblick auf das Verhältnis der Klägerin zum Beklagten zu 1.

35

Das Berufungsgericht hat die Haftung des Beklagten zu 1 darin begründet gesehen, dass er entgegen seinen aus § 54d BeurkG und § 14 Abs. 2 BNotO folgenden Amtspflichten Auszahlungen von dem Notaranderkonto vorgenommen hat, ohne zuvor einen Warnhinweis an die Klägerin zu erteilen, dass ihm Umstände bekannt geworden waren, die zu einer Gefährdung der Vermögensinteressen der Klägerin führen konnten. Im Fall einer Verletzung derartiger notarieller Warn- und Hinweispflichten ist ein Mitverschulden des Darlehensgebers in Gestalt einer unzureichenden Prüfung der Kreditwürdigkeit möglich (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 1977 - VI ZR 176/76, WM 1978, 190, 192; OLG Schleswig, Urteil vom 20. Juni 2013 - 11 U 73/12, juris Rn. 40 f).

36

bb) Ein Mitverschulden der Klägerin ist auch gegenüber dem Beklagten zu 2 nicht von vorneherein ausgeschlossen.

37

(1) Allerdings ist der Revision einzuräumen, dass sich die Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 2 ein schuldhaftes Verhalten ihrer Mitarbeiter bei der Kreditprüfung nur zurechnen lassen muss, wenn die Voraussetzungen von § 254 Abs. 2 Satz 2, § 278 BGB erfüllt sind. Die Bestimmung des § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB bezieht sich auch auf das Mitverschulden eines Erfüllungsgehilfen im haftungsbegründenden Vorgang (z.B. BGH, Urteil vom 27. November 2008 - VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55 Rn. 30 f). Es handelt sich um eine Rechtsgrundverweisung auf § 278 BGB, dessen Voraussetzung das Bestehen einer vertraglichen Beziehung oder einer sonstigen rechtlichen Sonderverbindung im haftungsbegründenden Zeitpunkt ist (st. Rspr. z.B. BGH, Urteile vom 12. November 1991 - VI ZR 7/91, BGHZ 116, 60, 74 und vom 1. März 1988 - VI ZR 190/87, BGHZ 103, 338, 342).

38

Ein derartiges Schuldverhältnis bestand vorliegend indes nicht nur zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1, sondern in Gestalt der vom Berufungsgericht festgestellten vorsätzlichen sittenwidrigen und zum Nachteil der Klägerin begangenen Schädigung (§ 826 BGB) auch zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2. Handelt es sich bei der im Rahmen von § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 278 BGB erforderlichen Sonderverbindung um ein durch eine unerlaubte Handlung begründetes Schuldverhältnis, muss sich das Mitverschulden zwar auf eine Phase beziehen, in welcher der Verletzungstatbestand bereits verwirklicht ist (BGH, Urteil vom 12. November 1991 aaO). Einer Vollendung des Deliktstatbestands zum Zeitpunkt des Mitverschuldens bedarf es jedoch nicht. Es genügt vielmehr, wenn der Schädiger zum Zeitpunkt des Mitverschuldens die Schadensentwicklung auf den Weg gebracht hat, der Schaden mithin bereits ursächlich gesetzt war (vgl. Senat, Urteil vom 28. April 1952 - III ZR 118/51, BGHZ 5, 378, 384 f; BGH, Urteile vom 12. November 1991 aaO und vom 1. März 1988 aaO S. 343). Dies ist zu bejahen, wenn eine irgendwie geartete Einwirkung auf das verletzte Rechtsgut durch den Schädiger stattgefunden hat, ohne schon zu einem Schaden zu führen (Senat, Urteil vom 28. April 1952 aaO S. 385). Ein solcher Beginn der Schadensentwicklung ist im Streitfall bereits in der Vorlage der gefälschten Mietverträge und Eigenkapitalnachweise seitens des Beklagten zu 3 gegenüber der Klägerin zu sehen, die auch dem Beklagten zu 2 als Mittäter des gemeinschaftlich begangenen Betrugs zuzurechnen ist. Mit dieser Vorlage war die maßgebliche Ursache für den Schaden gesetzt.

39

(2) Darüber hinaus darf die Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 2 nicht isoliert betrachtet werden. Dieser haftet, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 3. Im Verhältnis zu letzterem muss sich die Klägerin ein etwaiges Verschulden ihrer Mitarbeiter gemäß § 254 Abs. 2 Satz 2, § 278 BGB zurechnen lassen, da sie mit ihm in dem entscheidenden Zeitpunkt der Vorlage der gefälschten Mietverträge und Eigenkapitalnachweise - in Gestalt von Kreditvertragsverhandlungen beziehungsweise einer entsprechenden Vertragsanbahnung (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB) - bereits in einer Sonderverbindung in vorgenanntem Sinne stand. Über § 425 BGB hinaus kommt aber ein mitwirkendes Verschulden, das dem Gläubiger nach §§ 254, 278 BGB zuzurechnen ist, allen Gesamtschuldnern zugute. Es bleibt ohne Bedeutung, dass der Gläubiger nur einzelnen Gesamtschuldnern gegenüber in einer die Anwendung der §§ 254, 278 BGB rechtfertigenden Sonderbeziehung steht, während andere Gesamtschuldner allein aus Delikt haften (BGH, Urteil vom 2. Februar 1984 - I ZR 228/81, BGHZ 90, 86, 91 mwN; MüKoBGB/Bydlinski, 7. Aufl., § 425 Rn. 21; Ekkenga/Kuntz in Soergel, BGB, 13. Aufl., § 254 Rn. 160).

40

b) Das Berufungsgericht hat jedoch bei der Prüfung des Mitverschuldens der Klägerin rechtsfehlerhaft nicht alle auf Seiten der Beklagten in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt. Aufgrund dieser Umstände kann eine Schadensteilung wegen Mitverschuldens ausgeschlossen sein oder zumindest anders ausfallen als vom Berufungsgericht vorgenommen.

41

aa) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, dass es dem vorsätzlich handelnden Schädiger in der Regel verwehrt ist, sich auf ein fahrlässig mitwirkendes Verhalten des Geschädigten zu berufen (Senat, Urteil vom 21. Mai 1987 - III ZR 25/86, NJW 1988, 129, 130 mwN). Dieser Grundsatz gilt, wie das Berufungsgericht ebenfalls gesehen hat, nicht ausnahmslos. Vielmehr ist stets darauf abzustellen, ob es nach den Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gerechtfertigt ist, dass der Schaden teilweise bei dem nur fahrlässig an der Schadensentstehung mitwirkenden Geschädigten belassen wird (BGH, Urteile vom 5. März 2002 - VI ZR 398/00, NJW 2002, 1643, 1646 und vom 8. Juli 1986 - VI ZR 47/85, BGHZ 98, 148, 158 f; jeweils mwN).

42

Jedoch ist gegenüber einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung, durch die sich der Schädiger einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschafft hat, selbst grobe Fahrlässigkeit des Geschädigten grundsätzlich nicht anspruchsmindernd anzurechnen (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1991 - VIII ZR 19/91, NJW 1992, 310, 311 mwN; Beschluss vom 10. Februar 2005 - II ZR 276/02, juris Rn. 3; BAG, NJW 1970, 1861, 1862; MüKoBGB/Oetker, 7. Aufl., § 254 Rn. 112). Zwar lässt auch dieser Grundsatz Ausnahmen zu, insbesondere wenn der Schädiger im Hinblick auf die Schädigung des Klägers nur bedingt vorsätzlich gehandelt hat (BGH, Urteile vom 3. Februar 1970 - VI ZR 245/67, WM 1970, 633, 637 und vom 1. April 1969 - VI ZR 229/67, VersR 1969, 637). Jedoch kommt bei sittenwidriger Schädigung und direktem Schädigungsvorsatz die anspruchsmindernde Berücksichtigung eines fahrlässigen Verhaltens des Geschädigten nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1991 aaO; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 254 Rn. 121).

43

bb) Dies hat das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt. Seine Feststellungen tragen die von ihm angenommene Schadensteilung nicht.

44

Der Beklagte zu 2 haftet, wie das Berufungsgericht erkannt hat, der Klägerin aus § 826 BGB wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung. In einem solchen Fall kommt - wie ausgeführt - die anspruchsmindernde Berücksichtigung eines fahrlässigen Verhaltens des Geschädigten - zumal zu einem Drittel - nicht in Betracht, wenn der Schädiger in Bezug auf die Schädigung mit direktem Vorsatz handelte. Es erscheint nicht vertretbar, dem Opfer eines mit direktem Schädigungsvorsatz begangenen Kreditbetrugs die eigene nicht hinreichende Prüfung der von den Betrügern zur Krediterschleichung eingereichten gefälschten Unterlagen im Wege eines erheblichen Mitverschuldens entgegenzuhalten.

45

Ob vorliegend von einem direkten Schädigungsvorsatz der Beklagten auszugehen ist, lässt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen. Es hat den Beklagten zu 1 und 2 "zumindest" bedingt vorsätzliches Verhalten vorgeworfen. Dies lässt offen, ob die Beklagten nicht sogar mit direktem Schädigungsvorsatz handelten mit der Folge, dass - auch bei einer der Klägerin vom Berufungsgericht vorgeworfenen äußerst nachlässigen Kreditprüfung - eine Schadensteilung im Wege des Mitverschuldens nicht in Betracht kommt.

46

Ein direkter Schädigungsvorsatz der Beklagten erscheint nicht ausgeschlossen, dürfte vielmehr auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen eher naheliegen. Die Klägerin ist Opfer eines ausgeklügelten, mit erheblicher krimineller Energie begangenen Kreditbetrugs geworden, bei dem die Beklagten zusammengewirkt haben. Dass die rechtskräftig zu erheblichen Freiheitsstrafen wegen gemeinschaftlichen Betruges (Beklagter zu 2) beziehungsweise Beihilfe zum gemeinschaftlichem Betrug (Beklagter zu 1) verurteilten Beklagten hierbei eine Schädigung der Klägerin nicht nur billigend in Kauf nahmen, sondern insofern mit direktem Vorsatz handelten, erscheint zumindest möglich. Dabei ist es, soweit die Beklagten als Mittäter oder Gehilfen handelten, ausreichend, wenn einer von ihnen mit direktem Schädigungsvorsatz handelte. Denn ihre Verursachungs- und Schuldbeiträge sind in diesem Fall in einer Gesamtschau dem Beitrag der Klägerin gegenüberzustellen (BGH, Urteil vom 16. Juni 1959 - VI ZR 95/58, BGHZ 30, 203, 206 (Mittäter); OLG Saarbrücken, OLGZ 70, 9, 10 f (Mittäter, Anstiftung und Beihilfe); Staudinger/Schiemann aaO Rn. 138, 140; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 254 Rn. 68).

47

cc) Das Berufungsgericht hat darüber hinaus rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass es sich vorliegend um eine Mehrzahl von Schädigern handelt und die Beklagten zu 1 bis 3 nach den getroffenen Feststellungen für den der Klägerin entstandenen Schaden gemeinsam verantwortlich sind. Darüber hinaus kommt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch eine Beteiligung des C.       an der Schadensverursachung gemeinsam mit den Beklagten zu 1 bis 3 in Betracht. Soweit die Beklagten und C.      als Mittäter oder Gehilfen handelten, sind - wie vorstehend ausgeführt - ihre Verursachungs- und Schuldbeiträge in einer Gesamtschau dem Beitrag der Klägerin gegenüberzustellen. Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht eine solche Gegenüberstellung unterlassen hat. Es hat insofern nahezu ausschließlich auf das Verhalten des Beklagten zu 1 abgestellt.

48

dd) Aufgrund der nachzuholenden Feststellungen zum Vorsatz der Beklagten und unter Einbeziehung der Verursachungsbeiträge aller Beklagten sowie des C.      werden die Verantwortlichkeiten der Parteien somit erneut abzuwägen sein.

49

c) Die Revision rügt darüber hinaus mit Erfolg, dass die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zum Mitverschuldensanteil der Klägerin auf einem Verfahrensfehler in Gestalt einer Verletzung der dem Berufungsgericht obliegenden Hinweispflicht gemäß § 139 Abs. 1, 2 ZPO beruhen (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2b ZPO).

50

Ist eine Anspruchsminderung wegen Mitverschuldens der Klägerin nach § 254 BGB nicht bereits aufgrund der nachzuholenden Feststellungen zum Vorsatz der Beklagten ausgeschlossen, fällt die Würdigung des Berufungsgerichts ins Gewicht, die Klägerin habe die Kreditprüfung in äußerst nachlässiger Form vorgenommen. Dieser Einschätzung liegt die Feststellung zugrunde, die Klägerin habe sich bei der Bearbeitung der Finanzierungsanfrage am Ertragswert der Immobilie und nicht an der Bonität des Beklagten zu 3 orientiert. Das Berufungsgericht hat sich hierzu auf einen Vermerk des Polizeipräsidiums K.   vom 21. Februar 2006 über ein Gespräch mit Mitarbeitern der Klägerin bezogen, den es der beigezogenen, sehr umfangreichen Strafakte der Staatsanwaltschaft K.          entnommen hat.

51

Auf die von ihm beabsichtigte - entscheidende - Verwertung dieses Vermerks im Rahmen der Prüfung eines Mitverschuldens der Klägerin hätte das Berufungsgericht die Parteien und insbesondere die Klägerin gemäß § 139 Abs. 1, 2 ZPO hinweisen und Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären. Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen hat, darf das Gericht seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat.

52

Der polizeiliche Vermerk vom 21. Februar 2006 war vor Erlass des Berufungsurteils weder Gegenstand des schriftlichen Sachvortrags der Parteien noch der mündlichen Erörterungen vor dem Landgericht und dem Berufungsgericht. Namentlich die Beklagten hatten die dort niedergelegten Ermittlungen nicht zum Gegenstand ihres Verteidigungsvorbringens gemacht. Die Klägerin musste daher nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht mit der Verwertung des polizeilichen Vermerks und dem daraus folgenden Begründungsansatz des Berufungsgerichts rechnen. Diesem oblag es, die Klägerin rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass und in welcher Weise es den Vermerk zu verwerten beabsichtigte. Letzteres gilt umso mehr, als das Berufungsgericht auf der Grundlage des Vermerks von der Rechtsauffassung des Landgerichts, das ein anspruchsminderndes Mitverschulden der Klägerin ausdrücklich verneint hat, abweichen wollte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 16. Mai 2002 - VII ZR 197/01, NJW-RR 2002, 1436, 1437; Beschluss vom 28. September 2006 - VII ZR 103/05, NJW-RR 2007, 17 Rn. 4).

53

Seiner Hinweispflicht hat das Berufungsgericht nicht dadurch genügt, dass es die Strafakte im Termin vom 20. Mai 2015 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat. Hieraus war für die Parteien die Bedeutung, die das Berufungsgericht einzelnen Bestandteilen der sehr umfangreichen Strafakte für die Beurteilung des Mitverschuldens der Klägerin beizumessen beabsichtigte, nicht erkennbar.

54

Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung der Hinweispflicht. Es ist nicht auszuschließen, dass die Klägerin, wie sie mit der Revision geltend macht, bei einem rechtzeitigen Hinweis Vortrag gehalten hätte, der dem Polizeivermerk und der auf ihn gestützten Würdigung des Berufungsgerichts entgegengestanden hätte.

55

Die Parteien werden in dem neuen Berufungsverfahren Gelegenheit erhalten, sowohl zu dem Vermerk des Polizeipräsidiums K.   vom 21. Februar 2006 als auch zu weiteren Bestandteilen der vom Berufungsgericht verwerteten Strafakte - etwa den Ausführungen in dem Strafurteil vom 23. Januar 2013 (S. 85, 264, 269 ff) und ihren Grundlagen - sowie ihrer Bedeutung für ein Mitverschulden der Klägerin vorzutragen.

56

d) Die weiteren gegen die Würdigung des Berufungsgerichts zum Mitverschulden der Klägerin gerichteten Rügen der Revision bleiben ohne Erfolg.

57

aa) Eine Differenzierung nach Kredittranchen ist auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht veranlasst.

58

Die Klägerin überwies zunächst nur einen Teilbetrag von 3,9 Mio. € auf das Anderkonto des Beklagten zu 1, während die Auszahlung des weiteren für die Sanierungsmaßnahmen vorgesehenen Teilbetrages von 1,6 Mio. € gemäß dem Darlehensvertrag vom 27. Juni 2003 von der Vorlage entsprechender Bautenstandsberichte abhängig war. Die Klägerin konnte anschließend die mit Schreiben des Beklagten zu 1 vom 29. Oktober 2003 erfolgte Übersendung des Nachweises über die Eigentumsumschreibung auf den Beklagten zu 3 dahin verstehen, dass der Eigenkapitalanteil des Beklagten zu 3 von 1,6 Mio. € tatsächlich erbracht worden war. Hierdurch wurde indes nicht der - fortbestehende - Kausalzusammenhang zwischen der vom Berufungsgericht angenommenen nachlässigen Prüfung des Ertragswerts der Immobilie und der Kreditvergabe unterbrochen. Die vermeintliche Einzahlung des Eigenkapitalanteils des Beklagten zu 3 erweckte lediglich den Eindruck, dessen Bonität bestätige sich. Sie betraf damit einen Bereich, der nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts für die Kreditvergabe nicht entscheidend war. Die Täuschung der Klägerin über die Einzahlung des Eigenkapitalanteils durch den Beklagten zu 3 mag daher zwar den Irrtum der Klägerin über den ordnungsgemäßen Verlauf der Kredit- und Projektabwicklung aufrechterhalten haben. Ihr vom Berufungsgericht angenommenes nachlässiges Prüfverhalten in Bezug auf die den Ertragswert betreffenden Unterlagen wirkte jedoch auch danach, das heißt auch bei Auszahlung der die Sanierungsarbeiten ermöglichenden Kredittranchen noch fort. Eine auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens erfolgende Kürzung des Schadensersatzanspruchs der Klägerin umfasst daher auch den Teilbetrag des Darlehens von 1.544.935,32 €, den die Klägerin für scheinbar durchgeführte Sanierungsarbeiten ausgezahlt hat.

59

bb) Entgegen der Auffassung der Revision wirft das Berufungsgericht den Mitarbeitern der Klägerin nicht vor, sie hätten kein Wertgutachten erstellen lassen und keine Erkundigungen dazu eingezogen, ob die in den Mietverträgen angegebenen Mietpreise ortsüblich seien und wie hoch die allgemeine Vermietungsquote bei Gewerbeobjekten in dem betreffenden Gebiet sei. Die vorgenannten fehlenden Maßnahmen der Mitarbeiter der Klägerin hat es lediglich zur Begründung einer von ihm angenommenen erhöhten Sorgfaltspflicht der Klägerin herangezogen. Es nimmt eine solche erhöhte Sorgfaltspflicht des Kreditgebers bei der Prüfung der vom Kreditnehmer übergebenen Unterlagen an, wenn er sich bei der Kreditprüfung überwiegend auf diese Unterlagen bezieht und sonst keine weiteren Maßnahmen im vorgenannten Sinne trifft.

60

cc) Ob bei Kreditprüfungen der vorgenannten Art - wie vom Berufungsgericht angenommen und von der Revision verneint - eine erhöhte Sorgfaltspflicht des Kreditgebers besteht, kann offen bleiben. Denn die zum Beleg des Ertragswerts der zu finanzierenden Immobilie vom Beklagten zu 3 vorgelegten Mietverträge und ihre ebenfalls noch vor der Darlehenszusage vorgelegten Nachträge waren als zentrale und - nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts - für die Klägerin entscheidende Grundlagen der Kreditvergabe in jedem Fall auf Unregelmäßigkeiten zu prüfen. Schon bei einer solchen - mit nicht erhöhter Sorgfalt durchgeführten - Prüfung hätten die vom Berufungsgericht erkannten Unregelmäßigkeiten - zumal in ihrer Gesamtschau - den Mitarbeitern der Klägerin auffallen und zu weiteren Nachfragen Anlass geben müssen.

61

2. Die Revision beanstandet auch zu Recht die fehlerhafte Behandlung der schadensmindernden Zahlungseingänge bei der Klägerin durch das Berufungsgericht. Die Beträge von 75.000 € und 939.715,11 €, die die Klägerin von der B.    GmbH und im Zuge der Zwangsversteigerung des Grundstücks erhalten hat, mindern von vorneherein ihren Schaden. Sie sind daher von dem ursprünglichen, seitens der Klägerin indes nicht mehr in voller Höhe geltend gemachten Schadensbetrag von 5.443.490,41 € (Darlehen von 5.444.935,32 € abzüglich des von der Klägerin separat beanspruchten Restbetrags auf dem Notaranderkonto von 1.444,91 €) in Abzug zu bringen. Es verbleibt ein Schaden von 4.428.775,30 €. Nur dieser Schadensbetrag, nicht hingegen der Gesamtdarlehensbetrag ist sodann gegebenenfalls wegen eines etwaigen Mitverschuldens der Klägerin quotal zu kürzen. Aufgrund dessen ergibt sich ein deutlich höherer Schadensersatzanspruch der Klägerin als bei einem - fehlerhaften - Abzug der Zahlungseingänge erst nach Kürzung des früheren Gesamtschadens um einen dem Mitverschulden der Klägerin entsprechenden Anteil.

62

3. Ohne Erfolg bleibt die Revision hingegen, soweit sie sich gegen die Abweisung der gegen den Beklagten zu 2 gerichteten Klage wegen des auf dem Notaranderkonto verbliebenen Restbetrages von 1.444,91 € wendet. Die - wenn auch sehr kurzen - Ausführungen des Berufungsgerichts, der Beklagte 2 zu habe nicht damit rechnen müssen, dass der Beklagte zu 1 diesen Betrag nicht an die Klägerin zurückerstatte, begegnen im Ergebnis keinen Bedenken.

63

Mit der vorgenannten Bemerkung verneint das Berufungsgericht einen Schädigungsvorsatz im Rahmen der - im Übrigen von ihm bejahten - Haftung des Beklagten zu 2 aus § 826 BGB. Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass sich dieser Vorsatz nicht auf den genauen Kausalverlauf und den Umfang des Schadens zu erstrecken braucht. Er muss jedoch die gesamten Schadensfolgen sowie Richtung und Art des Schadens umfassen (BGH, Urteil vom 11. November 2003 - VI ZR 371/02, NJW 2004, 446, 448). Vorliegend bestehen in Bezug auf den nicht zurückerstatteten, auf dem Anderkonto verbliebenen Betrag von 1.444,91 € Richtung und Art des Schadens darin, dass sich der Beklagte zu 1 gegenüber der Klägerin für berechtigt hielt, diesen Restbetrag wegen eigener Honoraransprüche vereinnahmen zu können. Damit unterscheiden sie sich wesentlich von Richtung und Art desjenigen Schadens der Klägerin, der durch die früheren, dem Grundstückserwerb und der angeblichen Grundstückssanierung dienenden Überweisungen und Auszahlungen von dem Notaranderkonto entstanden ist. Der vom Berufungsgericht im Rahmen der Haftung aus § 826 BGB angenommene Vorsatz des Beklagten zu 2 muss daher nicht auch den durch die Vereinnahmung des Betrages von 1.444,91 € durch den Beklagten zu 1 entstandenen, in seiner Richtung und Art sich von dem übrigen Schaden der Klägerin unterscheidenden Schaden umfassen. Die insofern mit der Revisionsbegründung angestellten Erwägungen zum Tatplan der Beklagten zu 2 und 3 erscheinen zwar möglich, aber nicht zwingend. Entsprechenden, vom Berufungsgericht übergangenen Sachvortrag der Klägerin zeigt die Revision nicht auf. Ebenso denkbar ist ein Tatplan, in dem die Behandlung eines geringen, auf dem Notaranderkonto verbliebenen Restbetrags keine Rolle spielte oder der sogar - zur Vertuschung des Betrugs - seine "korrekte" Rückerstattung an die Klägerin vorsah. Die Verrechnung des Restbetrags durch den Beklagten zu 1 mit eigenen Honoraransprüchen wird in diesem Fall nicht vom Vorsatz des Beklagten zu 2 umfasst.

III.

64

Das angefochtene Urteil ist nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit das Oberlandesgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen hat. Im Übrigen hat das Berufungsurteil Bestand.

65

Da der Rechtsstreit wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen noch nicht zur Endentscheidung reif ist, ist die Sache im Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

IV.

66

Der Antrag der Klägerin auf Berichtigung des Berufungsurteils ist zulässig und begründet (zur Berichtigung des Urteils durch das mit der Sache befasste Rechtsmittelgericht vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1996 - BGHZ 133, 184, 191 mwN[18]). Das Berufungsurteil enthält unter Nummer I seiner Urteilsformel insoweit eine Unrichtigkeit im Sinne von § 319 Abs. 1 ZPO, als im Rahmen der dort erfolgten Neufassung der Urteilsformel des erstinstanzlichen Urteils der Feststellungsausspruch in Absatz 5 der Urteilsformel des Landgerichts versehentlich nicht aufgenommen worden ist.

67

Das Berufungsgericht hat diesen Ausspruch aufrechterhalten wollen. Es stellt in den Gründen seiner Entscheidung (S. 49 f) ausdrücklich fest, die Berufung des Beklagten zu 2 gegen den tenorierten Feststellungsantrag habe "keinen Erfolg". Folgerichtig muss der Feststellungsausspruch des Landgerichts aufrechterhalten bleiben und bei vollständiger Neufassung der Urteilsformel in diese aufgenommen werden. Aus der anschließenden Formulierung des Berufungsgerichts, der Feststellungsantrag sei zum Zeitpunkt der Klageerhebung und der Einlegung der Berufungen zulässig und begründet gewesen, folgt nicht, dass es diesen Antrag nunmehr als unzulässig oder unbegründet erachtet. Im Gegenteil führt das Berufungsgericht aus, der Umstand, dass der Schaden der Klägerin nunmehr abschließend bezifferbar sei, führe nicht dazu, dass der Feststellungsantrag mangels Feststellungsinteresses nicht mehr zulässig sei. Damit geht es zugleich davon aus, dass der Feststellungsantrag von der Klägerin im Berufungsverfahren weiterverfolgt worden ist.

68

Dies trifft zu. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 20. Mai 2015 hat die Klägerin auf die Anträge aus ihrem Schriftsatz vom 19. Mai 2015 Bezug genommen. Bei diesen Anträgen handelt es sich ausschließlich um Berufungsanträge betreffend die Verurteilung des Beklagten zu 1. Sie verhalten sich nicht zu dem Feststellungstenor des Landgerichts betreffend den Beklagten zu 2. Insofern ist der weitere in der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2015 gestellte Antrag der Klägerin maßgeblich, die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen. Hieran wird deutlich, dass die Klägerin den Feststellungstenor des Landgerichts verteidigt und ihn aufrechterhalten sehen will. Letzteres ergibt sich auch aus ihrem von dem Berichtigungsantrag in Bezug genommenen Schriftsatz vom 10. März 2015. Dort verteidigt sie ebenfalls den Feststellungstenor des Landgerichts.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe von einem an diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Die Einspruchsschrift muss das Urteil, gegen das der Einspruch gerichtet wird, bezeichnen und die Erklärung enthalten, dass und, wenn der Rechtsbehelf nur teilweise eingelegt werden soll, in welchem Umfang gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.

In der Einspruchsschrift sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende des erkennenden Senats die Frist für die Begründung verlängern. Bei Versäumung der Frist für die Begründung ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht mehr zugelassen wird.

Im Einzelnen wird auf die Verfahrensvorschriften in § 78, § 296 Abs. 1, 3, 4, § 338, § 339 und § 340 ZPO verwiesen.

Herrmann      

        

Tombrink      

        

Remmert

        

Reiter      

        

Pohl      

        

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

7
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde der Klägerin zu 1 ist auch im Übrigen zulässig, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die Verwerfung der Berufung als unzulässig verletzt die Klägerin zu 1 in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Das Berufungsgericht hat die in § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO beschriebenen Anforderungen an den Inhalt der Berufungsbegründung verkannt und hierdurch der Klägerin zu 1 den Zugang zur Berufungsinstanz in unzulässiger Weise versagt.
9
a) Die in der Beschwerdeerwiderung vertretene Auffassung der Beklagten , der Klägerin stehe als Körperschaft des öffentlichen Rechts, soweit sie ihre gesetzlich zugewiesenen und geregelten öffentlichen Aufgaben wahrnehme, kein subjektives Recht auf effektiven Rechtsschutz zu, ist unzutreffend. Die Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes folgt für bürgerlichrechtliche Streitigkeiten aus dem Rechtsstaatsprinzip und besagt, dass der in den Verfahrensordnungen durch ein Rechtsmittel eingeräumte Zugang zu den Instanzen nicht durch eine gerichtliche Auslegung und Anwendung von Prozessvorschriften in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden darf (BVerfG, NJW 2003, 281). Es handelt sich um einen grundrechtsähnlichen Verfahrensgrundsatz, der jeder Partei eines Zivilrechtsstreits garantiert wird (BVerfG, NJW-RR 2008, 446; siehe auch BVerfG, NVwZ 2015, 510 Rn. 55 zur Geltung der objektiven Verfahrensgrundsätze aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 103 Abs. 1 GG für juristische Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie an einem Rechtstreit in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben beteiligt sind). Auch wenn die Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts sich gemäß Art. 19 Abs. 3 GG grundsätzlich nicht auf die Grundrechte aus Art. 1 bis 17 GG berufen kann (dazu BVerfG, NVwZ-RR 2009, 361), hat sie als Partei in einem Zivilprozess einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, wenn sie von einem gesetzlich vorgesehenen Rechtsmittel Gebrauch macht. Zwar wird das Recht auf effektiven Rechtsschutz bei natürlichen Personen und juristischen Personen des Privatrechts herkömmlich aus dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG hergeleitet und sind juristische Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht Träger des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG. Prozessuale rechtsstaatliche Grundsätze müssen aber für alle der staatlichen Justizgewalt unterworfenen Verfahrensbeteiligten gelten, die nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen parteifähig sind und von dem Prozess unmittelbar betroffen werden. Insoweit kann nichts anderes gelten als im Rahmen des aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Willkürverbots, das im Prozessrecht als Prinzip einer rechtsstaatlichen Ordnung bei Prozessbeteiligung juristischer Personen des öffentlichen Rechts zu beachten ist, ungeachtet dessen, dass diese nicht Träger des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 1 GG sind (vgl. BVerfGE 35, 263, 271 f; 75, 192, 200 f; 76, 130, 139).

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

9
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger in der Berufungsinstanz seine Schadensersatzansprüche wegen sämtlicher Prospektmängel hat geltend machen wollen. Zwar hätte er seine Berufung auch auf die Ansprüche bezüglich eines oder einzelner Prospektmängel beschränken können, weil es sich dabei um jeweils tatsächlich und rechtlich selbstständige und abtrennbare Teile des Gesamtstreitstoffs handelt (vgl. für die Revisionszulassung BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526). Die Annahme, eine Partei wolle erhebliches Vorbringen nicht mehr aufrechterhalten, setzt jedoch eindeutige Anhaltspunkte voraus (BGH, Urteil vom 28. Mai 1998 - VII ZR 160/97, NJW 1998, 2977, 2978). Die Revisionserwiderung zeigt solche Anhaltspunkte nicht auf, noch sind sie anderweit erkennbar.
57
(2) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das Revisionsgericht die Würdigung prozessualer Erklärungen einer Partei uneingeschränkt nachprüfen und Erklärungen selbst auslegen (vgl. Senatsurteile vom 27. Mai 2008 - XI ZR 132/07, WM 2008, 1260 Rn. 45 und vom 16. Mai 2017 - XI ZR 586/15, WM 2017, 1258 Rn. 11). Das gilt auch für ein zur Entscheidung gestelltes und in den Vorlage- bzw. Erweiterungsbeschluss aufgenommenes Feststellungsziel. Maßgeblich für Inhalt und Reichweite des materiellen Klagebegehrens ist nicht allein der Wortlaut des Klageantrags; dieser ist vielmehr unter Berücksichtigung des zu seiner Begründung Vorgetragenen auszulegen (BGH, Urteil vom 21. Februar 2012 - X ZR 111/09, NJW-RR 2012, 872 Rn. 23). Dementsprechend ist auch der Umfang eines Feststellungsziels anhand des tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens auszulegen, das es ausfüllen soll (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1 Rn. 133).
6
1. Richtig ist, dass den Anforderungen des § 519 Abs. 2 ZPO nur dann genügt ist, wenn bei der Einlegung der Berufung aus der Berufungsschrift sowohl der Rechtsmittelkläger als auch der Rechtsmittelbeklagte erkennbar sind oder doch jedenfalls bis zum Ablauf der Berufungsfrist eindeutig erkennbar werden. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Berufung unzulässig (st. Rspr.; vgl. BGHZ 21, 168, 170 ff.; 65, 114, 115; 113, 228, 230; BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - XI ZB 14/06 - NJW-RR 2007, 413, 414 Rn. 8; jeweils m.w.N.). An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind indessen jedenfalls in denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen bestand, keine strengen Anforderungen zu stellen. Unter solchen Umständen richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung, d.h. gegen alle gegnerischen Streitgenossen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Rechtsmittelschrift eine Beschränkung der Anfechtung erkennen lässt (BGH, Urteil vom 19. März 1969 - VIII ZR 63/67 - NJW 1969, 928 f.; Urteil vom 21. Juni 1983 - VI ZR 245/81 - VersR 1983, 984, 985; Urteil vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92 - NJW 1994, 512, 514 unter B II 1, insoweit in BGHZ 124, 151 nicht abgedruckt; Urteil vom 8. November 2001 - VII ZR 65/01 - NJW 2002, 831, 832; Beschluss vom 15. Mai 2006 - II ZB 5/05 - NJW-RR 2006, 1569, 1570 Rn. 9). Das stellt auch das vom Berufungsgericht für seine Rechtsauffassung angeführte Urteil des V. Zivilsenats vom 11. Juli 2003 (V ZR 233/01 - NJW 2003, 3203, 3204) nicht in Frage.
12
b) An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind indessen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weniger strenge Anforderungen zu stellen. Jedenfalls in denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen besteht, richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und somit gegen alle gegnerischen Streitgenossen, es sei denn, die Rechtsmittelschrift lässt eine Beschränkung der Anfechtung erkennen (BGH Urteil vom 14. Februar 2008 - III ZR 73/07 - Juris Rn. 6 und Beschlüsse vom 11. Mai 2010 - VIII ZB 93/09 - MDR 2010, 828 Rn. 11 und vom 9. September 2008 - VI ZB 53/07 - NJW-RR 2009, 208 Rn. 5). Eine solche Beschränkung kann sich, wenn auf der Gegenseite mehrere Streitgenossen stehen , zwar auch daraus ergeben, dass in der Rechtsmittelschrift nur einige von ihnen angegeben werden (BGH Urteil vom 19. März 1969 - VIII ZR 63/67 - NJW 1969, 928, 929 und Beschluss vom 9. September 2008 - VI ZB 53/07 - NJW-RR 2009, 208 Rn. 5). Dies ist jedoch nicht zwingend. Der Bundesgerichtshof hat eine unbeschränkte Berufungseinlegung auch in Fällen bejaht, in denen als Rechtsmittelgegner nur einer von mehreren Streitgenossen, und zwar der im Urteilsrubrum an erster Stelle Stehende, genannt wurde (BGH Urteile vom 8. November 2001 - VII ZR 65/01 - NJW 2002, 831 und vom 21. Juni 1983 - VI ZR 245/81 - NJW 1984, 58 jeweils mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 93/09
vom
11. Mai 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind weniger strenge Anforderungen
als an die Bezeichnung des Rechtsmittelklägers zu stellen. Jedenfalls in
denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner
aus mehreren Streitgenossen besteht, richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel
gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und somit gegen alle gegnerischen
Streitgenossen, es sei denn, die Rechtsmittelschrift lässt eine Beschränkung
der Anfechtung erkennen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 15. Mai
2006 - II ZB 5/05, NJW-RR 2006, 1569; Urteil vom 14. Februar 2008 - III ZR
73/07, juris; Beschluss vom 9. September 2008 - VI ZB 53/07, NJW-RR 2009,
208).
BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZB 93/09 - LG Düsseldorf
AG Düsseldorf
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Mai 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger, Dr. Hessel und
Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 16. November 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dem Beklagten wird ab Antragstellung Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens unter Beiordnung von Rechtsanwältin Schäfer bewilligt. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 4.739,87 €

Gründe:

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I.

Die klagende Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat den Beklagten auf Zustimmung zur Freigabe eines beim Amtsgericht Münster hinterlegten Betrages von 4.739,87 € (Übersetzerhonorar) in Anspruch genommen. Der Beklagte hat widerklagend Auszahlung der hinterlegten Summe an sich verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage mit Versäumnisurteil vom 22. August 2007 stattge-
geben und die Widerklage abgewiesen. Auf den Einspruch des Beklagten hat es mit weiterem Urteil vom 2. Juli 2008 das Versäumnisurteil aufrechterhalten. In beiden Urteilen ist die Klägerseite entsprechend den Angaben in der Klageschrift wie folgt bezeichnet: "1. … T. G. , handelnd unter der Firma A. G. H. GbR, M. weg , D. , 2. … K. H. , handelnd unter der Firma A. G. H. GbR, M. weg , D. , - Kläger und Widerbeklagte - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H. & L. , B. straße , D. "
2
Gegen das ihm am 23. Juli 2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem am Montag, den 25. August 2008 per Fax beim Landgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt. Der Rechtsmittelbeklagte ist dabei wie folgt bezeichnet worden: "T. G. , M. weg , D. , - Kläger und Berufungsbeklagter - Bevollmächtigter: Rechtsanwälte H. L. , B. straße , D. "
3
Der Berufungsschrift war eine Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt. In den nachfolgenden Schriftsätzen ist die Klägerseite mit "T. G. und K. H. " bezeichnet worden. Diese hat weder die Parteibezeichnung in der Berufungsschrift noch die Bezeichnung in den nachfolgenden Schriftsätzen des Beklagten beanstandet. Mit Beschluss vom 27. Mai 2009 hat das Landgericht dem Beklagten Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens bewilligt. Nach mündlicher Verhandlung vom gleichen Tag hat es einen Beweisbeschluss erlassen, diesen jedoch nicht ausgeführt, sondern mit Hinweisbeschluss vom 29. September 2009 Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung wegen unzureichender Bezeichnung des/der Berufungsbeklagten erhoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Angaben in der Berufungsschrift weckten ernsthafte Zweifel daran, dass sich das Rechts4 mittel auch auf den Kläger Ziffer 2 (H. ) erstrecke. Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Berufungsbeklagte sei nicht bestimmbar bezeichnet. Es sei nicht erkennbar, dass sich das Rechtsmittel gegen die Partei "A. G. -H. GbR" richte. Die Berufungsschrift benenne den Berufungsbeklagten nicht nur ungenau oder unvollständig, sondern bezeichne ein anderes Rechtssubjekt. Ob es sich hierbei um einen beabsichtigten Parteiwechsel oder um ein bloßes Versehen handele, lasse sich weder der Berufungsschrift noch den ersten beiden Seiten des erstinstanzlichen Urteils entnehmen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht , weil die Berufung nicht wegen Versäumung der Einlegungsfrist, sondern wegen inhaltlicher Mängel des rechtzeitig eingegangenen Schriftsatzes als un5 zulässig zu verwerfen sei. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde, zu deren Durchführung er Prozesskostenhilfe beantragt. Er verweist darauf, dass die Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Bezeichnung des Rechtsmittelbeklagten weniger streng seien als an die genaue Bezeichnung des Rechtsmittelklägers. Im Zweifel richte sich eine uneingeschränkt ein- gelegte Berufung gegen alle in der Vorinstanz erfolgreichen Prozessgegner. So lägen die Dinge auch hier. Das Rechtsmittel sei vorliegend ausweislich der Berufungsschrift uneingeschränkt eingelegt worden. Die in erster Instanz obsiegenden Kläger seien der beigefügten Ausfertigung des angefochtenen Urteils zu entnehmen gewesen. Hierbei habe es sich - wie auch das Berufungsgericht in seinem Hinweisbeschluss angenommen habe - um Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und damit um notwendige Streitgenossen gehandelt. Damit sei der Rechtsmittelgegner ausreichend bezeichnet worden.
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II.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beru7 fungsgericht. 1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluss verletzt den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch des Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Dieser verbietet es den Gerichten, einer Partei den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. dazu BVerfGE 77, 275, 284; 74, 228, 234; BVerfG, NJW 2005, 814, 815; Senatsbeschluss vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775, unter II 1; BGHZ 151, 221, 227; BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, unter II 1 bb; jeweils m.w.N.).
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2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zu Unrecht nach § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig
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verworfen.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift nach § 519 Abs. 2 ZPO neben den weiteren , gesetzlich normierten Voraussetzungen auch die Angabe gehört, für und gegen welche Partei das Rechtsmittel eingelegt wird. Die Berufungsschrift muss entweder für sich allein betrachtet oder mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig erkennen lassen, wer Berufungskläger und wer Berufungsbeklagter sein soll (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 12. Januar 2010 - VIII ZB 64/09, juris, Tz. 5; BGH, Beschluss vom 13. März 2007
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- XI ZB 13/06, FamRZ 2007, 903, Tz. 7 m.w.N.). aa) An die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers sind strenge Anforderungen zu stellen; bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung muss jeder Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers ausgeschlossen sein (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 15. November 2001 - I ZR 74/99, BGHReport 2002, 655; Senatsbeschlüsse vom 6. Dezember 2005 - VIII ZB 30/05, juris, Tz. 4; vom 9. April 2008 - VIII ZB 58/06, NJW-RR 2008, 1161, Tz. 5; vom 12. Januar 2010, aaO). Dabei sind, wie auch sonst bei der Ausdeutung von Prozesserklärungen, alle Umstände des jeweili11 gen Einzelfalls zu berücksichtigen. bb) An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind dagegen weniger strenge Anforderungen zu stellen. Jedenfalls in denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen besteht, richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und somit gegen alle gegnerischen Streitgenossen, es sei denn, die Rechtsmittelschrift lässt eine Beschränkung der Anfechtung erkennen (BGH, Beschluss vom 15. Mai 2006 - II ZB 5/05, NJW-RR 2006, 1569, Tz. 9; Urteil vom 14. Februar 2008 - III ZR 73/07, juris, Tz. 6; Beschluss vom 9. September 2008 - VI ZB 53/07, NJW-RR 2009, 208, Tz. 5; vgl. ferner Urteil vom
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8. November 2001 - VII ZR 65/01, NJW 2002, 831, unter II 1; jeweils m.w.N.). Eine solche Beschränkung kann sich, wenn auf der Gegenseite mehrere Streitgenossen stehen, daraus ergeben, dass in der Rechtsmittelschrift nur einige von ihnen angegeben werden (BGH, Beschluss vom 9. September 2008, aaO). Dies ist jedoch nicht zwingend. Der Bundesgerichtshof hat eine unbeschränkte Berufungseinlegung auch in Fällen bejaht, in denen als Rechtsmittelgegner nur einer von mehreren Streitgenossen, und zwar der im Urteilsrubrum an erster Stelle Stehende genannt wurde (BGH, Urteile vom 8. November 2001, aaO; vom 21. Juni 1983 - VI ZR 245/81, NJW 1984, 58, unter III 1; jeweils m.w.N.). Letztlich kommt es für die Frage, ob eine Beschränkung der Anfechtung gewollt ist, auf eine verständige Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist an. Dabei können sich aus einer beigefügten Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift des angefochtenen Urteils häufig entscheidende Hinweise auf den Umfang der Anfechtung ergeben. Hierbei kommt insbesondere der Frage Bedeutung zu, ob eine Beschränkung des Rechtsmittelangriffs auf einen Teil der bisherigen Prozessgegner in Anbetracht des der Vorinstanz unterbreiteten Streitstoffs ungewöhnlich oder gar fern liegend erscheint (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 9. September 2008, aaO, Tz. 7; BGH, Urteil vom 11. Juli 2003 - V ZR 233/01, NJW 2003,
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3203, unter II).
b) Gemessen an diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, es sei innerhalb der Berufungsfrist nicht hinreichend zu erkennen gewesen, gegen welche Personen sich das Rechtsmittel richten solle.
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aa) Das Berufungsgericht hat zum einen bemängelt, es sei nicht erkennbar , dass sich die Berufung gegen die Partei "A. G. -H. GbR" richte. Eine Klarstellung, dass sich das Rechtsmittel gegen diese Gesellschaft richtet, war aber vom Berufungsführer schon deswegen nicht zu verlangen, weil schon das Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil nicht die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Partei bezeichnet, sondern - den Angaben in der Klageschrift folgend - deren Gesellschafter als notwendige Streitgenossen aufgeführt hat. Diese nicht mehr der geltenden Rechtslage entsprechende Parteibezeichnung erfordert zwar im Hinblick auf die zwischenzeitlich anerkannte Teilrechtsfähigkeit einer (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. hierzu BGHZ 146, 341) eine Rubrumsberichtigung dahin, dass anstelle der Gesellschafter als notwendige Streitgenossen nunmehr die Gesellschaft Partei ist (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 15. Januar 2003 - XII ZR 300/99, NJW 2003, 1043, unter I a; BGH, Beschluss vom 11. Juni 2008 - XII ZR 136/05, juris, Tz. 1). Dies bedeutet aber nicht, dass von einem Rechtsmittelkläger zu verlangen ist, die notwendige Berichtigung der Bezeichnung der gegnerischen Partei von sich aus schon bei Rechtsmitteleinlegung vorzunehmen. Vielmehr darf er darauf vertrauen, dass das Rechtsmittelgericht die erforderliche Rubrumsberichtigung später von Amts wegen vornimmt. Der Beklagte hätte sich also in seiner Berufungsschrift damit begnügen dürfen, die im angefochtenen Urteil verwendete Parteibezeichnung
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zu übernehmen. bb) Soweit das Berufungsgericht weiter beanstandet, dass in der Berufungsschrift nur der im angefochtenen Urteil an erster Stelle aufgeführte Gesellschafter - und zwar ohne Hinweis auf seine Gesellschafterstellung - als Rechtsmittelgegner aufgeführt worden ist, überspannt es ebenfalls die Anforderungen an die Bestimmbarkeit des Rechtsmittelgegners. Wie sich den weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts entnehmen lässt, hat es zur Auslegung der in der Berufungsschrift enthaltenen Erklärungen nicht den gesamten Inhalt des als Anlage zur Berufungsschrift übermittelten erstinstanzlichen Urteils, sondern nur die ersten beiden Seiten dieser Entscheidung herangezogen. Damit hat es die ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nicht vollständig
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ausgeschöpft. Den auf Seite 4 des angefochtenen Urteils aufgeführten Anträgen der Parteien ist zu entnehmen, dass sich die Parteien gegenseitig auf Zustimmung zur Freigabe eines beim Amtsgericht hinterlegten Geldbetrags in Anspruch nehmen. Da die Freigabe hinterlegten Geldes eine Beteiligung aller Forderungsprätendenten voraussetzt, wäre eine Beschränkung eines Rechtsmittels auf einen von mehreren siegreichen Prozessgegnern sinnlos. Dieser Gesichtspunkt ist - anders als bloße Zweckmäßigkeitserwägungen - bei der Auslegung einer Rechtsmittelschrift zu beachten (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2003, aaO). Weiter hat das Amtsgericht auf Seite 7 des angefochtenen Urteils klargestellt, dass es in Anbetracht des gemeinsamen Vorgehens der beiden Kläger davon ausgeht, dass der Kläger zu 1 (G. ) seinen Anspruch in die mit dem Kläger zu 2 (H. ) gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebracht hat. Das Amtsgericht hat also keinen Zweifel daran gelassen, dass die Kläger als Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Anspruch geltend machen, dessen Verfolgung sich nicht
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aufspalten lässt. Diese innerhalb der Rechtsmittelfrist dem Berufungsgericht zugänglichen Umstände lassen bei vernünftiger Betrachtung nur die Deutung zu, dass der Beklagte sein Rechtsmittel nicht gegen den allein in der Berufungsschrift aufgeführten Kläger zu 1, sondern gegen beide im Rubrum des Urteils des Amtsgerichts genannten, in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbundenen Kläger richten wollte. Auch das Berufungsgericht und die Parteien haben die Parteibezeichnung in der Berufungsschrift des Beklagten zunächst nicht beanstan- det und damit die Richtigkeit einer solchen objektiven Auslegung bestätigt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. Februar 2008, aaO, Tz. 7).
18

III.

Da die Rechtsbeschwerde des Beklagten Erfolg hat und er seine Bedürftigkeit glaubhaft gemacht hat, ist ihm zugleich Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren zu gewähren (§§ 114, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 02.07.2008 - 25 C 15115/06 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.11.2009 - 23 S 316/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 233/01 Verkündet am:
11. Juli 2003
Kanik
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird in der Berufungsschrift ein gegnerischer (einfacher) Streitgenosse als Berufungsbeklagter
bezeichnet, der andere dagegen nicht, ist das Rechtsmittel gegenüber
dem Nichtbezeichneten unzulässig, wenn Zweifel an seiner Inanspruchnahme
als Rechtsmittelbeklagter verbleiben.

b) Bei der Prüfung, ob das Rechtsmittel auch gegen einen nicht als Berufungsbeklagten
bezeichneten Streitgenossen eingelegt ist, hat das Berufungsgericht,
wenn rechtlich beide Möglichkeiten in Frage kommen, nicht darauf abzustellen,
welche aus der Sicht des Rechtsmittelklägers die zweckmäßigere ist.

c) Eine verfassungsrechtliche Pflicht des Gerichts zur Rücksichtnahme gegenüber
den Verfahrensbeteiligten schließt nicht das Gebot ein, die Interessen der nachlässigen
Partei zu Lasten des Gegners zu wahren; im Zweifel ist derjenigen Aus-
legung einer prozessualen Erklärung der Vorzug zu geben, die den Belangen der
Partei, der kein Normverstoß anzulasten ist, gerecht wird.
BGH, Urt. v. 11. Juli 2003 - V ZR 233/01 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Juli 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten zu 1 gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Mai 2001 wird, soweit sie nicht Gegenstand des Beschlusses des Senats vom 21. November 2002 ist, zurückgewiesen.
Die Kosten der Revisionsinstanz trägt die Beklagte zu 1 zu 99 v.H. allein, zu 1 v.H. gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 2.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin hat von der Beklagten, der sie ein Hausgrundstück verkauft hatte, die Herausgabe von Inventar verlangt. Widerklagend hat die Beklagte die Klägerin und deren Ehemann (Drittwiderbeklagter) aufgrund Anfechtung wegen arglistiger Täuschung über die baurechtliche Genehmigung des Anwesens auf Rückgängigmachung des Kaufs und wegen Verschuldens bei Vertragsschluß auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage, soweit sie sich gegen die Klägerin
gerichtet hat, bis auf einen Teilbetrag des Schadensersatzes stattgegeben. Die Klage gegen den Drittwiderbeklagten hat es abgewiesen. In der Berufungs- schrift der Beklagten ist die Klägerin als "Klägerin, Widerbeklagte und Berufungsbeklagte" , der Drittwiderbeklagte dagegen nur als "Widerbeklagter" bezeichnet. Im Berufungsrechtszug hat die Beklagte die gegen die Klägerin gerichtete Berufung zurückgenommen und das Rechtsmittel gegen den Drittwiderbeklagten weiterverfolgt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung verworfen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht geht unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 26. September 1961 (Senat, V ZB 24/61, NJW 1961, 2347) und vom 19. März 1969 (VIII ZR 63/67, NJW 1969, 928 = LM ZPO § 518 Abs. 2 Ziff. 1, Nr. 4) von dem Grundsatz aus, daß ein Rechtsmittel sich gegen die angefochtene Entscheidung als solche richtet (§ 519 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, § 518 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F.), diese mithin im Umfang der Beschwer des Rechtsmittelklägers angreift. Anderes gelte, wenn die Rechtsmittelschrift eine Beschränkung der Anfechtung erkennen lasse. Dies sei bei mehreren, als Rechtsmittelbeklagte in Frage kommenden, Streitgenossen der Fall, wenn in der Rechtsmittelschrift nur einzelne von ihnen als Rechtsmittelbeklagte bezeichnet seien. Allerdings genüge es mit Rücksicht auf zum Teil bestehende Gerichtsgepflogenheiten, wenn der Rechtsmittelkläger nur den gegnerischen Streitgenossen, der in dem angefochtenen Urteil als erster bezeichnet ist
("Spitzenreiter"), in die Rechtsmittelschrift aufnehme. Die Berufungsschrift der Beklagten, die die gegnerischen Streitgenossen vollständig anführe, aber nur einen von ihnen, die Klägerin, als Berufungsbeklagte bezeichne, lasse demgegenüber die Auslegung, auch der Drittwiderbeklagte sei Rechtsmittelgegner, nicht zu.

II.


Dies hält den Angriffen der Revision stand.
Sie meint, das Berufungsgericht habe der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. Juni 1983 (VI ZR 245/81, NJW 1984, 58 = LM ZPO § 518 Abs. 2 Ziff. 1, Nr. 8; vgl. auch BGH, Urt. v. 8. November 2001, VIII ZR 65/01, NJW 2002, 831 = LM ZPO § 518 Abs. 2 Ziff. 2, Nr. 18 - passim -) nicht Rechnung getragen, wonach sich "im Zweifel" die uneingeschränkt eingelegte Berufung gegen alle erfolgreichen Streitgenossen richtet, wenn diese in der Berufungsschrift aufgeführt, aber nur teilweise auch als Berufungsbeklagte bezeichnet sind (Leitsatz). Dies greift nicht durch. Allerdings gebieten die im Grundgesetz gewährleisteten Prozeßgrundrechte, daß der Zugang zu den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in einer von Sachgründen nicht gedeckten Weise durch Förmelei erschwert wird (BGH, Urt. v. 19. Februar 2002, VI ZR 394/00, NJW 2002, 1430). Mängel der Parteibezeichnung in Rechtsmittelschriften sind deshalb unbeachtlich, wenn sie in Anbetracht der jeweiligen Umstände keinen vernünftigen Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers oder des Rechtsmittelbeklagten offenlassen (Senat, Beschl. v. 19. September 2002, V ZB 31/02, BGH-Report 2002, 1112). Dies ist
auch die Auffassung des VI. Senats, die er in seiner der Entscheidung vom 21. Juni 1983 folgenden Rechtsprechung wiederholt bestätigt hat (Beschl. v. 7. November 1995, V ZB 12/95, NJW 1996, 320 = LM ZPO § 518 Abs. 2 Ziff. 2, Nr. 14; v. 15. Dezember 1998, VI ZR 316/97, NJW 1999, 1554 = LM ZPO § 518 Abs. 2 Ziff. 1, Nr. 17; Urt. v. 19. Februar 2002, aaO). Danach können lediglich theoretische Zweifel, für die tatsächliche Anhaltspunkte nicht festgestellt sind, bei der Auslegung der Berufungsschrift nicht maßgeblich sein. Der Entscheidung vom 21. Juni 1983 ist mithin, wie sich des näheren aus ihrer Begründung, aber auch im Lichte der weiteren Rechtsprechung ergibt, nicht zu entnehmen, daß eine differente Bezeichnung der gegnerischen Streitgenossen, teils unter Beifügung einer Parteirolle im Rechtsmittelverfahren, teils ohne eine solche, stets nur einen theoretischen, mithin nicht maßgeblichen Zweifel an der Person des Rechtsmittelbeklagten begründen könne. Maßgeblich für die Auslegung der Rechtsmittelschrift sind alle dem Rechtsmittelgericht innerhalb der Rechtsmittelfrist (BGH, Urt. v. 7. November 1995, aaO; Senat, Beschl. v. 19. September 2002, aaO) zugänglichen Umstände, neben der Rechtsmittelschrift selbst auch die dieser beizufügende (§ 519 Abs. 3 ZPO; § 518 Abs. 3 ZPO a.F.) Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils oder weiter vorhandene Unterlagen (BGH, Urt. v. 13. Oktober 1998, VI ZR 81/98, NJW 1999, 291 = LM ZPO § 518 Abs. 2 Ziff. 2 Nr. 15). In dem am 21. Juni 1983 entschiedenen Fall war die Einteilung in zwei Beklagtengruppen auf die jeweils verschiedene anwaltliche Vertretung der gegnerischen Streitgenossen zurückzuführen gewesen, die Gesamtzahl der Rechtsmittelgegner wurde durch die Anzahl der der Berufungsschrift beigefügten Abschriften bestimmt; zudem lag bei dem zu beurteilenden zusammenhängenden Unfallgeschehen eine Aufspaltung der Rechtsmittelbeklagten eher fern.
Im Streitfall dagegen hatte das Landgericht der gegen die Klägerin gerichteten Widerklage dem Grunde und, bis auf einen Teilbetrag von 28.000 DM (Erstattung von Grunderwerbsteuer wegen Verschuldens bei Vertragsschluß), auch der Höhe nach stattgegeben, beim Drittwiderbeklagten, der nicht Vertragspartei war, dagegen die Passivbefugnis verneint. Der Beschränkung des Rechtsmittels auf die abgewiesene Teilforderung gegen die Klägerin konnte ein eigenständiger, von einem Rechtsmittelverfahren gegen den Drittwiderbeklagten losgelöster Sinn nicht abgesprochen werden. Die Frage, welches Rechtsmittel, die Berufung allein gegen die Klägerin oder gegen diese und den Drittwiderbeklagten, auch unter Berücksichtigung der jeweiligen Erfolgschancen , das zweckmäßigere war, hatte bei der Auslegung der Rechtsmittelschrift zurückzutreten. Zu solchen Überlegungen ist vor Eingang der Rechtsmittelbegründungsschrift in der Regel keine Grundlage gegeben. Vor allem aber steht die Richtung des Rechtsmittelangriffs nicht zur Disposition des Gerichts. Diesem ist es versagt, mittels Überlegungen zur Zweckmäßigkeit und Erfolgsaussicht der Angriffsrichtung die Disposition der Parteien durch eine eigene zu ersetzen. Der Umstand, daß die Beklagte nachträglich die Berufung gegen die Klägerin zurückgenommen hat, ist mithin nicht dafür signifikant, daß das Berufungsgericht die möglichen Auslegungsquellen nicht erschöpft hätte. Abweichend von dem, der Entscheidung vom 21. Juni 1983 zugrundeliegenden Sachverhalt standen dem Berufungsgericht hier keine weiteren Auslegungsmittel zur Verfügung.
Die ernstlichen Zweifel an der Inanspruchnahme des Drittwiderbeklagten als Berufungsbeklagten, die die wenige Tage vor Ablauf der Berufungsfrist eingegangene Rechtsmittelschrift hinterließ, mußten zur Verwerfung des Rechtsmittels führen. Dies geboten einmal die Belange des Drittwiderbeklagten, der
als erstinstanzlich siegreich gebliebener Streitgenosse ein schutzwürdiges Interesse daran hatte zu wissen, ob diese Position Gegenstand eines Rechtsmittelangriffs sein würde oder bereits Bestand hatte (Senatsbeschl. v. 19. September 2002, V ZB 31/02, aaO; BGH, Beschl. v. 15. Juli 1999, IX ZB 45/99, NJW 1999, 3124 = LM ZPO § 518 Abs. 2 Ziff. 2 Nr. 17). Die aus Art. 2 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitende Forderung an die Gerichte zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation (BVerfG, Beschl. v. 9. August 1991, NJW 1991, 3140 m.w.N. zur Rspr. d. Bundesverfassungsgerichts) schließt keine Anleitung in sich, die Interessen der nachlässigen Partei zu Lasten des Gegners zu wahren. Im Zweifel ist vielmehr derjenigen Auslegung einer prozessualen Erklärung der Vorzug zu geben, die den Belangen des Zustellungsadressaten (bei der Berufung : § 521 ZPO, § 519a ZPO a.F.), dem kein Normverstoß anzulasten ist, gerecht wird. Zum anderen gebieten auch die wohlverstandenen Interessen des Rechtsmittelklägers Zurückhaltung. Würde das Gericht bei nicht behebbaren Zweifeln über die Person des Rechtsmittelgegners eine von mehreren gleichermaßen in Frage kommenden Möglichkeiten wählen, wäre es zu Recht der Rüge ausgesetzt, der sachlich ohne Erfolg gebliebene Rechtsmittelangriff sei nicht gewollt gewesen.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.
Wenzel Tropf Klein Lemke Schmidt-Räntsch

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB503/14
vom
1. April 2015
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
In Ehe- und Familienstreitsachen darf ein Rechtsmittel nicht wegen Unbestimmtheit
eines Teils des Beschwerdeangriffs insgesamt als unzulässig
angesehen werden, wenn der Begründungsschrift eindeutig zu entnehmen
ist, dass der Rechtsmittelführer seinen prozessualen Anspruch jedenfalls in einer
bestimmten Höhe weiterverfolgen will (im Anschluss an Senatsbeschluss
vom 1. April 1987 - IVb ZB 86/86 - juris und BGH Urteil vom 1. Juli 1975
- VI ZR 251/74 - NJW 1975, 2013).
BGH, Beschluss vom 1. April 2015 - XII ZB 503/14 - OLG Karlsruhe
AG Wiesloch
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. April 2015 durch den Vorsitzenden
Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Günter, Dr. NeddenBoeger
und Guhling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 2. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. August 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 9.291 €

Gründe:

I.

1
Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner, ihren Ehemann, auf Getrenntlebens - und Kindesunterhalt in Anspruch.
2
Die seit Juli 2005 verheirateten Beteiligten leben seit Februar 2012 voneinander getrennt. Der im April 2008 geborene gemeinsame Sohn lebt bei der Antragstellerin. Auf deren Antrag hat das Amtsgericht den Antragsgegner verpflichtet , monatlichen Trennungsunterhalt für Oktober 2012 bis einschließlich Februar 2013 in Höhe von 591,60 € und ab März 2013 in Höhe von 791,60 € sowie für den gemeinsamen Sohn ab Oktober 2012 nach der jeweiligen Altersstufe Unterhalt von 128 % des Kindesmindestunterhalts der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle (abzüglich hälftigem Kindergeld) zu bezahlen, und diese Zahlungsverpflichtungen für sofort wirksam erklärt.
3
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt und diese mit gesondertem Schriftsatz, der keinen ausformulierten Beschwerdeantrag enthält, begründet. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
5
1. Sie ist gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner in seinem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip), das den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 23. Januar 2013 - XII ZB 167/11 - FamRZ 2013, 1117 Rn. 4 mwN).
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
7
a) Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Beschwerde sei unzulässig , weil die Beschwerdebegründung keinen Beschwerdeantrag enthalte. Dem Schriftsatz ließen sich weder Umfang noch Ziel der Beschwerde hinreichend bestimmt entnehmen. Die Beschwerdeeinlegung sei unbeschränkt er- folgt, so dass sich die Beschwerde zunächst auch gegen die Entscheidung zum Kindesunterhalt gerichtet habe. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe insoweit eine Anfechtung erfolgen solle, lasse die Beschwerdebegründung nicht eindeutig erkennen. Zwar sei im Betreff "Beschwerdeverfahren-Trennungsunterhalt" angegeben und auf den Kindesunterhalt sei mit keinem Wort eingegangen , was dafür sprechen könne, dass der Antragsgegner die hierzu ergangene Entscheidung akzeptiere, zumal er - wenn auch unter dem Zwang drohender Zwangsvollstreckung - in der Vergangenheit sogar einen höheren Kindesunterhalt gezahlt habe. Andererseits behaupte er aber ein Nettoeinkommen, das die als Kindesunterhalt zugesprochenen Beträge nicht rechtfertige. Zudem gehe er im Rahmen der Berechnung des Trennungsunterhalts nicht von der vom Amtsgericht zuerkannten Höhe des Kindesunterhalts aus.
8
Aus den innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist eingegangenen Schriftsätzen sei auch nicht eindeutig erkennbar, in welchem Umfang die Entscheidung über den Trennungsunterhalt angefochten werden solle. Der Antragsgegner trage vor, der Anspruch sei nach Höhe und zeitlicher Bemessung unrichtig festgesetzt. Der Beschwerdebegründung lasse sich entnehmen, dass der Antragstellerin für Oktober 2012 bis Februar 2013 monatlich 8,46 € zustünden - wobei dieser Betrag nicht nachvollziehbar sei, weil die entsprechende Berechnung einen Anspruch von 0 € ergebe - und ab März 2013 monatlich 62,66 €. Der Antragsgegner berufe sich aber auch auf Verwirkung und darauf, dass das Amtsgericht sich mit dem Gesichtspunkt der zeitlichen Begrenzung des Trennungsunterhalts nicht auseinandergesetzt habe, wobei Letzteres nach seiner Meinung dazu zu führen habe, dass die Trennungsunterhaltszahlungen spätestens ab März 2014 einzustellen seien. Ob es sich dabei um einen Hauptoder einen Hilfsantrag handele, sei nicht erkennbar, was auch daran deutlich werde, dass der Antragsgegner in einem Schriftsatz nach Ablauf der Be- schwerdebegründungsfrist einen Antrag formuliert habe, der keine zeitliche Begrenzung enthalte.
9
b) Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
10
aa) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts , wonach der Beschwerdeführer gemäß § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG in Ehesachen und Familienstreitsachen zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen hat. Er muss demnach in der Beschwerdebegründung darlegen, in welchem Umfang er die erstinstanzliche Entscheidung angreifen will und wie er den Angriff begründet. Da § 117 FamFG keine speziellen Regelungen zum Inhalt der Beschwerdebegründung enthält, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen, ob ein Beschwerdeantrag hinreichend bestimmt und ausreichend begründet ist. Deshalb können für den notwendigen Inhalt der Beschwerdebegründung im Wesentlichen die Anforderungen herangezogen werden, die für eine Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO gelten, auch wenn § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG nicht auf § 520 Abs. 3 ZPO verweist (Senatsbeschlüsse vom 25. Juni 2014 - XII ZB 134/13 - FamRZ 2014, 1443 Rn. 15 und vom 23. Mai 2012 - XII ZB 375/11 - FamRZ 2012, 1205 Rn. 13 mwN).
11
Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO muss die Berufungsbegründung die Erklärung beinhalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfordert der Zweck des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO nicht zwingend einen förmlichen Sachantrag. Durch die Vorschrift soll der Berufungskläger im Interesse der Beschleunigung des Berufungsverfahrens dazu angehalten werden, sich eindeutig über Umfang und Ziel seines Rechtsmittels zu erklären und Berufungsgericht sowie Prozessgegner über Umfang und Inhalt seiner Angriffe möglichst schnell und zuverlässig ins Bild zu setzen. Daher reicht es aus, wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze des Berufungsklägers ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig ergeben, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil angefochten werden soll (Senatsbeschlüsse vom 19. November 2014 - XII ZB 522/14 - FamRZ 2015, 247 Rn. 10; vom 25. Juni 2014 - XII ZB 134/13 - FamRZ 2014, 1443 Rn. 16 und vom 23. Mai 2012 - XII ZB 375/11 - FamRZ 2012, 1205 Rn. 14 mwN).
12
Danach sind die Anforderungen, die § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG an einen bestimmten Sachantrag stellt, erfüllt, wenn die Beschwerdebegründung erkennen lässt, in welcher Weise der angegriffene Beschluss abgeändert werden soll. Eine Schlüssigkeit der gegebenen Begründung ist nicht erforderlich (Senatsbeschlüsse vom 25. Juni 2014 - XII ZB 134/13 - FamRZ 2014, 1443 Rn. 17 und vom 23. Mai 2012 - XII ZB 375/11 - FamRZ 2012, 1205 Rn. 15 mwN).
13
bb) Gemessen hieran genügt die Beschwerdebegründungsschrift des Antragsgegners den formalen Anforderungen des § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG an einen Beschwerdeantrag. Dem Schriftsatz lassen sich Umfang und Ziel der Beschwerde noch hinreichend bestimmt entnehmen.
14
(1) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist der Beschwerdebegründungsschrift eindeutig zu entnehmen, dass der Antragsgegner sich nicht gegen die vom Amtsgericht ausgesprochene Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt wendet. Dies belegt der vom Beschwerdegericht gesehene Betreff ("wegen Beschwerdeverfahren-Trennungsunterhalt") ebenso wie der Umstand, dass der 17-seitige Schriftsatz an keiner Stelle auf den Kindesunterhalt eingeht. Es wird aber auch daraus deutlich, dass der Antragsgegner in seine Berechnungen zum Getrenntlebensunterhalt einen monatlichen Kindesun- terhalt von 350 € und damit eben den - über dem titulierten Unterhalt liegenden - Betrag eingestellt hat, den er unstreitig stets bezahlt hat und den auch das Amtsgericht bei der Berechnung des Getrenntlebensunterhaltsanspruchs der Antragstellerin berücksichtigt hat. Zweifel daran, dass dieser Teil der amtsgerichtlichen Entscheidung vom Antragsgegner mit der Beschwerde nicht angegriffen werden soll, verbleiben mithin nicht.
15
(2) Aber auch hinsichtlich des Getrenntlebensunterhalts lässt die Beschwerdebegründung in für § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG ausreichender Weise erkennen, in welchem Umfang der angegriffene Beschluss abgeändert werden soll.
16
(a) Das Beschwerdegericht vertritt allerdings zutreffend die Ansicht, aus dem Schriftsatz ergebe sich nicht, ob der Antragsgegner sich nur gegen die Höhe des zugesprochenen Unterhalts wende, also den Beschluss lediglich wegen der 8,46 € bzw. 62,66 € übersteigenden Monatsbeträge angreife, oder aber hinsichtlich des Getrenntlebensunterhalts wie in erster Instanz eine vollständige Antragsabweisung begehre. Der Einwand der Rechtsbeschwerde, aus der im Fließtext enthaltenen Formulierung "zuzuerkennen sind" im Zusammenspiel mit dem konkret genannten Enddatum (28. Februar 2014) gehe das Rechtsschutzziel eindeutig hervor, geht fehl. Abgesehen davon, dass offen bleibt, ob eine Befristung nur hilfsweise geltend gemacht sein soll, enthält die Beschwerdebegründung auch Ausführungen zur Verwirkung. Diese finden sich zwar - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht anmerkt - unter "Verfahrensverlauf", schließen aber mit der Ankündigung, es werde hierzu noch in einem gesonderten Schriftsatz weiter ausgeführt. Dies lässt den Schluss als möglich erscheinen, dass der Einwand im Beschwerdeverfahren verfolgt werden soll.
17
(b) Diese Unklarheit führt jedoch nicht dazu, dass die Beschwerde mangels Antrags unzulässig ist.
18
(aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Rechtsmittel nicht wegen Unbestimmtheit eines Teils des Beschwerdeangriffs insgesamt als unzulässig angesehen werden, wenn der Begründungsschrift eindeutig zu entnehmen ist, dass der Rechtsmittelführer seinen prozessualen Anspruch jedenfalls in einer bestimmten Höhe weiterverfolgen will. Darauf können sich Gericht und Gegner einstellen. Dem Schutzbedürfnis vor Unklarheit über den Umfang des Rechtsmittels, dem die Vorschrift des § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG dient, ist für diesen Teil des Beschwerdeangriffs Genüge getan (vgl. Senatsbeschluss vom 1. April 1987 - IVb ZB 86/86 - juris Rn. 13 und BGH Urteil vom 1. Juli 1975 - VI ZR 251/74 - NJW 1975, 2013, 2014).
19
Die Vorschrift des § 537 Abs. 1 ZPO, nach der ein erstinstanzliches Urteil durch das Berufungsgericht auf Antrag für vorläufig vollstreckbar zu erklären ist, soweit es durch die Berufungsanträge nicht angegriffen wird, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Zwar könnte sie ein schutzwürdiges Interesse des Berufungsbeklagten daran begründen, aus den in der Berufungsbegründungsfrist eingehenden Schriftsätzen des Rechtsmittelklägers eine eindeutige Kenntnis nicht nur von einem Mindestumfang, sondern vom gesamten Ausmaß des Berufungsangriffs zu erhalten. Die Bestimmung ist aber in Ehe- und Familienstreitsachen nicht anwendbar (§ 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG) und hat dort auch keine Entsprechung.
20
Im Übrigen steht es einem Rechtsmittelführer - in Ehesachen mit der Einschränkung des § 145 Abs. 1 Satz 1 FamFG - frei, auch nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist den Beschwerdeantrag zu erweitern, soweit sich die Erweiterung auf bereits in der Rechtsmittelbegründungsschrift enthalte- ne Gründe stützt (vgl. Senatsurteil vom 12. November 1997 - XII ZR 39/97 - NJW-RR 1998, 572 und BGH Beschluss vom 27. März 2012 - VI ZB 74/11 - NJW-RR 2012, 662 Rn. 8). Selbst ein ausdrücklich eingeschränkter Beschwerdeantrag in der Beschwerdebegründung vermittelt daher für sich genommen dem Beschwerdegegner keine Gewissheit, dass der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel nicht auch auf die ursprünglich nicht angegriffenen Teile der erstinstanzlichen Entscheidung erweitert.
21
(bb) Nach diesen Maßstäben scheitert die Zulässigkeit der Beschwerde nicht daran, dass das Rechtsschutzziel unbestimmt wäre. Der Beschwerdebegründung kann eindeutig entnommen werden, dass der Antragsgegner die amtsgerichtliche Entscheidung zum Getrenntlebensunterhalt jedenfalls insoweit angreifen will, als er zur Zahlung von 8,46 € bzw. 62,66 € übersteigenden Mo- natsbeträgen verpflichtet worden ist. Die vom Beschwerdegericht - zu Recht - benannten Unklarheiten beziehen sich lediglich auf die Frage, ob der Antragsgegner darüber hinaus auch wegen Befristung und/oder Verwirkung für bestimmte Zeitabschnitte oder auch insgesamt eine vollständige Antragsabweisung begehrt. Diese Unklarheiten sind für die Frage der Zulässigkeit jedoch nicht maßgeblich.
Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Wiesloch, Entscheidung vom 30.05.2014 - 2 F 143/12 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 27.08.2014 - 2 UF 140/14 -
9
a)Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO muss die Berufungsbegründung die Erklärung enthalten, inwieweit das erstinstanzliche Urteil angefochten wird und welche Abänderungen beantragt werden. Diese Erklärung muss nicht notwendig in einem bestimmt gefassten Antrag niedergelegt werden. Die Vorschrift verlangt lediglich, dass die Begründungsschrift ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig erkennen lässt, in welchem Umfang das Urteil der ersten Instanz angefochten werden soll (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Juli 1982 - VI ZB 5/82, VersR 1982, 974 und vom 27. März 1985 - IVb ZB 20/85, FamRZ 1985, 584).

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

9
a) Die in der Beschwerdeerwiderung vertretene Auffassung der Beklagten , der Klägerin stehe als Körperschaft des öffentlichen Rechts, soweit sie ihre gesetzlich zugewiesenen und geregelten öffentlichen Aufgaben wahrnehme, kein subjektives Recht auf effektiven Rechtsschutz zu, ist unzutreffend. Die Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes folgt für bürgerlichrechtliche Streitigkeiten aus dem Rechtsstaatsprinzip und besagt, dass der in den Verfahrensordnungen durch ein Rechtsmittel eingeräumte Zugang zu den Instanzen nicht durch eine gerichtliche Auslegung und Anwendung von Prozessvorschriften in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden darf (BVerfG, NJW 2003, 281). Es handelt sich um einen grundrechtsähnlichen Verfahrensgrundsatz, der jeder Partei eines Zivilrechtsstreits garantiert wird (BVerfG, NJW-RR 2008, 446; siehe auch BVerfG, NVwZ 2015, 510 Rn. 55 zur Geltung der objektiven Verfahrensgrundsätze aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 103 Abs. 1 GG für juristische Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie an einem Rechtstreit in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben beteiligt sind). Auch wenn die Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts sich gemäß Art. 19 Abs. 3 GG grundsätzlich nicht auf die Grundrechte aus Art. 1 bis 17 GG berufen kann (dazu BVerfG, NVwZ-RR 2009, 361), hat sie als Partei in einem Zivilprozess einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, wenn sie von einem gesetzlich vorgesehenen Rechtsmittel Gebrauch macht. Zwar wird das Recht auf effektiven Rechtsschutz bei natürlichen Personen und juristischen Personen des Privatrechts herkömmlich aus dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG hergeleitet und sind juristische Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht Träger des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG. Prozessuale rechtsstaatliche Grundsätze müssen aber für alle der staatlichen Justizgewalt unterworfenen Verfahrensbeteiligten gelten, die nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen parteifähig sind und von dem Prozess unmittelbar betroffen werden. Insoweit kann nichts anderes gelten als im Rahmen des aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Willkürverbots, das im Prozessrecht als Prinzip einer rechtsstaatlichen Ordnung bei Prozessbeteiligung juristischer Personen des öffentlichen Rechts zu beachten ist, ungeachtet dessen, dass diese nicht Träger des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 1 GG sind (vgl. BVerfGE 35, 263, 271 f; 75, 192, 200 f; 76, 130, 139).
11
a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Da die Berufungsbegründung erkennen lassen soll, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält, hat dieser - zugeschnitten auf den Streitfall und aus sich heraus verständlich - diejenigen Punkte darzulegen, die er als unzutreffend beurteilt ansieht, und dazu die Gründe anzugeben, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet. Zur Darlegung der Fehlerhaftigkeit ist somit lediglich die Mitteilung der Umstände erforderlich, die das Urteil aus der Sicht des Berufungsführers in Frage stellen. Besondere formale Anforderungen werden nicht gestellt; für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Senat, Beschluss vom 28. Januar 2014 - III ZB 32/13, juris Rn. 12 m. umfangr. w.N.).
7
aa) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen zwar nicht; auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (st. Rspr., vgl. Senat, Beschlüsse vom 11. März 2014 - VI ZB 22/13, VersR 2014, 895 Rn. 8; vom 27. Januar 2015 - VI ZB 40/14, juris Rn. 7; vom 10. Februar 2015 - VI ZB 26/14, z.V.b.; BGH, Beschlüsse vom 13. September 2012 - III ZB 24/12, NJW 2012, 3581 Rn. 8; vom 23. Oktober 2012 - XI ZB 25/11, NJW 2013, 174 Rn. 10; vom 22. Mai 2014 - IX ZB 46/12, juris Rn. 7; jeweils mwN).
10
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Berufungsbegründung den Anforderungen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a. F. - nunmehr § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO - nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht (vgl. Senatsurteil vom 13. November 2001 - VI ZR 414/00 - VersR 2002, 999 ff. m. w. N.; BGH, BGHZ 143, 169, 171; Beschluss vom 10. Januar 1996 - IV ZB 29/95 - NJW-RR 1996, 572; BGH, Urteile vom 13. November 1997 - VII ZR 199/96 - NJW 1998, 1081, 1082; vom 18. Juni 1998 - IX ZR 389/97 - NJW 1998, 3126 und vom 18. Juli 2001 - IV ZR 306/00 - VersR 2001, 1304, 1305). Diese Anforderungen sind durch die Neufassung in § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO nicht verringert worden. Vielmehr dient diese Vorschrift dem Zweck, eine Klarstellung und Konzentration des Streitstoffs für die Berufungsinstanz zu erreichen. Deshalb muss der Berufungsführer mit der Berufungsbegründung klarstellen, in welchen Punkten und mit welcher Begründung er das Berufungsurteil angreift. Im Falle der uneingeschränkten Anfechtung muss die Berufungsbegründung geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen; bei einem teilbaren Streitgegenstand oder bei mehreren Streitgegenständen muss sie sich grundsätzlich auf alle Teile des Urteils erstrecken , hinsichtlich derer eine Änderung beantragt wird (BGH, Urteile vom 28. Mai 2003 - XII ZB 165/02 - VersR 2004, 1064, 1065 und vom 27. November 2003 - IX ZR 250/00 - WM 2004, 442, 443; vgl. auch Musielak/Ball ZPO 5. Aufl., § 520 Rn. 38; Zöller/Gummer/Heßler ZPO 26. Aufl., § 520 Rn. 33 und 35). Auch wenn sich der Rechtsmittelführer nicht mit allen für ihn nachteilig beurteilten Punkten in seiner Berufungsbegründung auseinandersetzen muss, genügt es nicht, um das angefochtene Urteil insgesamt in Frage zu stellen, wenn er sich nur mit einem Berufungsgrund befasst, der nicht den ganzen Streitstoff betrifft (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 1990 - IX ZB 89/89 - NJW 1990, 1184 und Urteil vom 8. Februar 2001 - IX ZR 394/99 - BGH-Report 2001, 482).
10
aa) Die Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO jeweils auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art sowie aus welchen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Es reicht nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formellen Wendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (BGH, Beschluss vom 25. November 1999 - III ZB 50/99, BGHZ 143, 169, 171). Betrifft die erstinstanzliche Entscheidung mehrere prozessuale Ansprüche , so ist für jeden Anspruch eine den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genügende Begründung der Berufung erforderlich (BGH, Urteil vom 20. Juni 1991 - IX ZR 226/90, NJW 1991, 2833, 2834; vom 26. Januar 2006 - I ZR 121/03, NJW-RR 2006, 1044 Rn. 22). Solcher im einzelnen differenzierender Beanstandungen bedarf es nur insoweit, als die Vorinstanz die erhobenen Ansprüche aus jeweils unterschiedlichen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für begründet erachtet hat; decken sich dagegen die Voraussetzungen für die verschiedenen Ansprüche, reicht es aus, wenn die Berufungsbegründung einen einheitlichen Rechtsgrund im Ganzen angreift (BGH, Urteil vom 20. Juni 1991, aaO; vom 22. Januar 1998 - I ZR 177/95, NJW 1998, 1399, 1400). Insbesondere ist es notwendig, dass sich die Berufungsbegründung mit der die angefochtene Entscheidung tragenden Begründung auseinandersetzt (BGH, Urteil vom 4. Februar 2010, aaO Rn. 18).
23
Rechtsfehlerhaft ist auch die Entscheidung des Berufungsgerichts über die von der Beklagten gegen die Zedentin als Drittwiderklage erhobene negative Feststellungsklage. Diese ist zulässig.

Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.

(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.