Bundesgerichtshof Urteil, 23. Juni 2015 - II ZR 166/14

published on 23/06/2015 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 23. Juni 2015 - II ZR 166/14
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Previous court decisions
Landgericht Berlin, 37 O 256/11, 04/10/2012
Kammergericht, 21 U 199/12, 16/04/2014

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I I ZR 1 6 6 / 1 4 Verkündet am:
23. Juni 2015
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Liegt dem Rechtsstreit ein einheitlicher Streitgegenstand zugrunde, muss der Berufungskläger
nicht zu allen für ihn nachteilig beurteilten Streitpunkten in der Berufungsbegründung
Stellung nehmen, wenn schon der allein vorgebrachte - unterstellt
erfolgreiche - Berufungsangriff gegen einen Punkt geeignet ist, der Begründung des
angefochtenen Urteils insgesamt die Tragfähigkeit zu nehmen.
BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - II ZR 166/14 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Juni 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, den
Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterin Dr. Reichart und die Richter Dr. Drescher
und Born

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts vom 16. April 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich der Berufungsanträge zu 1 und 2 und der Hilfsanträge zu 1 und 2 zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger beteiligte sich mit 50.000 DM (= 25.564,59 €) an der Grund- stücksgesellschaft B. GbR (G. Fonds 18). Die Beklagte ist Gründungsgesellschafterin des Fonds. Wegen eines Prospektmangels hinsichtlich der sog. Anschlussförderung fühlte sich der Kläger nicht ausreichend informiert. In einem Vorprozess erstritt er deswegen ein rechtskräftiges Urteil, mit dem festgestellt wurde, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten aus seiner Beteiligung an dem Fonds, insbesondere der Haftung für die von der GbR aufgenommenen Darlehen freizustellen, soweit diese die dem Kläger durch seine Fondsbeteiligung entstandenen Steuervorteile und die an ihn erfolgten Ausschüttungen abzüglich der gezahlten Einlage übersteigen, Zug um Zug gegen Übertragung des Gesellschaftsanteils , sowie dass die Beklagte für alle weiteren zukünftig dem Kläger entstehenden Schäden aus seiner Beteiligung an dem Fonds haftet.
2
In dem vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger, soweit noch von Bedeutung , in der Berufungsinstanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 1. an ihn die Einlage in Höhe von 25.564,59 € nebst Zinsen zurückzuzahlen sowie 2. ihn von vier näher bezeichneten Darlehensrückzahlungsansprüchen freizustellen, jeweils Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die Beteiligung des Klägers zu no- minal 25.500 € ("geglättete Einlage") zu übernehmen sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten aus der Beteiligung und insbesondere aus der Haftung für die Darlehen freizustellen, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung.
3
Zur Begründung der neuen Klage hat sich der Kläger nicht nur auf den angeblichen Prospektmangel der unzureichenden Aufklärung über die Risiken der Anschlussförderung berufen, sondern auch auf vermeintliche Prospektmängel hinsichtlich eines Erbbaurechts, der eingeschränkten Fungibilität des Gesellschaftsanteils , des Totalverlustrisikos und der Eigenkapitalvermittlungsprovision.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung hinsichtlich der Haupt- und Hilfsanträge, soweit sie auf die vier zusätzlich geltend gemachten Prospektmängel gestützt wird, als unzulässig verworfen. Im Übrigen hat es die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Mit der insoweit vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge zu 1 und 2 und die Hilfsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Anfechtung unter Aufhebung des Berufungsurteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Auffassung, die Berufung sei unzulässig, soweit es um die vier neu geltend gemachten Prospektmängel gehe, ausgeführt: Die Voraussetzungen einer wirksamen Berufungsbegründung im Sinne des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO seien nicht erfüllt.
Der Kläger habe sich innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nur mit dem Prospektmangel "Anschlussförderung" befasst, nicht auch mit den übrigen Mängeln, hinsichtlich derer das Landgericht jeweils mit eigenständigen Begründungen Verjährung angenommen habe. Der Schriftsatz der Streithelferin des Klägers vom 30. Januar 2014, der darauf eingehe, sei erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist bei Gericht eingegangen.
7
II. Diese Ausführungen halten revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
8
Die Berufung ist, auch soweit es um die vier neu geltend gemachten Prospektmängel geht, zulässig. Insbesondere fehlt es insoweit nicht an einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung im Sinne des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO.
9
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger in der Berufungsinstanz seine Schadensersatzansprüche wegen sämtlicher Prospektmängel hat geltend machen wollen. Zwar hätte er seine Berufung auch auf die Ansprüche bezüglich eines oder einzelner Prospektmängel beschränken können, weil es sich dabei um jeweils tatsächlich und rechtlich selbstständige und abtrennbare Teile des Gesamtstreitstoffs handelt (vgl. für die Revisionszulassung BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526). Die Annahme, eine Partei wolle erhebliches Vorbringen nicht mehr aufrechterhalten, setzt jedoch eindeutige Anhaltspunkte voraus (BGH, Urteil vom 28. Mai 1998 - VII ZR 160/97, NJW 1998, 2977, 2978). Die Revisionserwiderung zeigt solche Anhaltspunkte nicht auf, noch sind sie anderweit erkennbar.
10
2. Das Berufungsgericht ist aber zu Unrecht davon ausgegangen, dass sich die Berufungsbegründung mit den vier im Verhältnis zum Vorprozess neu geltend gemachten Prospektmängeln hätte befassen müssen, um auch insoweit zur Zulässigkeit der Berufung zu führen.
11
a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO muss die Berufungsbegründung die bestimmte Bezeichnung der im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten. Die gesetzliche Regelung bezweckt, formale und nicht auf den konkreten Streitfall bezogene Berufungsbegründungen auszuschließen, um dadurch auf die Zusammenfassung und Beschleunigung des Verfahrens im zweiten Rechtszug hinzuwirken (BGH, Urteil vom 5. Oktober 1983 - VIII ZR 224/82, ZIP 1983, 1510; Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 265/98, NJW 1999, 3126). Die Rechtsmittelbegründung muss zudem geeignet sein, das gesamte angefochtene Urteil in Frage zu stellen. Bei mehreren Streitgegenständen oder einem teilbaren Streitgegenstand muss sie sich grundsätzlich auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich deren eine Abänderung beantragt ist; andernfalls ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil unzulässig (BGH, Urteil vom 29. November 1956 - III ZR 4/56, BGHZ 22, 272, 278; Urteil vom 13. November 1997 - VII ZR 199/96, NJW 1998, 1081, 1082; Urteil vom 26. Januar 2006 - I ZR 121/03, NJW-RR 2006, 1044 Rn. 20 ff. - Schlank-Kapseln; Urteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 228/05, NJW-RR 2007, 414 Rn. 10).
12
Liegt dem Rechtsstreit dagegen ein einheitlicher Streitgegenstand zugrunde , muss der Berufungskläger nicht zu allen für ihn nachteilig beurteilten Streitpunkten in der Berufungsbegründung Stellung nehmen, wenn schon der allein vorgebrachte - unterstellt erfolgreiche - Berufungsangriff gegen einen Punkt geeignet ist, der Begründung des angefochtenen Urteils insgesamt die Tragfähigkeit zu nehmen (BGH, Beschluss vom 25. Januar 1990 - IX ZB 89/89, NJW 1990, 1184; Urteil vom 5. Oktober 1983 - VIII ZR 224/82, ZIP 1983, 1510 f.). Anders liegt es dann, wenn das Gericht seine Entscheidung auf meh- rere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen stützt. In diesem Fall muss der Berufungskläger in der Berufungsbegründung für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie nach seiner Auffassung die angegriffene Entscheidung nicht tragen; andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 228/05, NJW-RR 2007, 414 Rn. 10; Beschluss vom 15. Juni 2011 - XII ZB 572/10, NJW 2011, 2367 Rn. 10; BVerwG NJW 1980, 2268 f.; Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. § 520 Rn. 44; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 520 Rn. 40; Lemke in Prütting/Gehrlein, ZPO, 7. Aufl., § 520 Rn. 32; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 520 Rn. 37).
13
Im vorliegenden Fall beziehen sich die - hier zu unterstellenden - Ansprüche wegen mangelhafter Aufklärung des Klägers über die mit der angebotenen Kapitalanlage verbundenen Risiken und Nachteile auf einen alle Prospektfehler umfassenden einheitlichen Streitgegenstand.
14
Der Streitgegenstand im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wird durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, bestimmt. Zum Anspruchsgrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden und den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtung zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, ZIP 2015, 25 Rn. 145; Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 265/98, NJW 1999, 3126, 3127). Das gilt unabhängig davon, ob die einzelnen Tatsachen des Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht, und auch unabhängig davon, ob die Parteien die zunächst nicht vorgetragenen Tatsachen des Lebensvorgangs damals bereits kannten und hätten vortragen können (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294 Rn. 15 mwN).
15
Danach bildet der Anspruch, wegen Prospektmängeln Schadensersatz zu erhalten, einen einheitlichen, alle Prospektmängel umfassenden Streitgegenstand. Denn bei natürlicher Betrachtung sind die einzelnen Prospektmängel nicht jeweils isoliert zu beurteilen. Es ist vielmehr - jedenfalls bei der hier geltend gemachten Prospekthaftung im weiteren Sinne - der Prospekt als Ganzes in den Blick zu nehmen und zu prüfen, ob der Anleger insgesamt ordnungsgemäß über die Risiken und Nachteile der Anlage aufgeklärt worden ist (ebenso für eine Kapitalanlageberatung BGH, Urteil vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294 Rn. 14 ff.). Daraus folgen unterschiedliche materiell -rechtliche Ansprüche, je nachdem, um welchen Prospektmangel es geht. Deshalb nimmt der Bundesgerichtshof auch an, dass diese Einzelansprüche unterschiedlichen Verjährungen unterliegen können (BGH, Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118 Rn. 14 f.; Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, ZIP 2015, 25 Rn. 145; Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 189/14, juris Rn. 14; Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 303/14, WM 2015, 1322 Rn. 11). Prozessual geht es aber nur um einen einheitlichen Anspruch, mithin um einen Streitgegenstand.
16
b) Damit ist die Berufung des Klägers insgesamt zulässig.
17
Der Kläger hat eine Anlage gezeichnet. Er fühlt sich über die Nachteile und Risiken der Anlage nur unzureichend aufgeklärt. Mithin stellt sein auf diese mangelhafte Aufklärung gestütztes Klagebegehren einen einheitlichen Streitgegenstand dar. Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich der materiellrechtlichen Ansprüche des Klägers wegen der von ihm geltend gemachten fünf Prospektmängel abgewiesen. Dabei hat es die Verjährung des jeweiligen Ein- zelanspruchs nicht als selbstständig tragend für den gesamten (prozessualen) Klageanspruch, sondern nur in der Gesamtschau als zur Klageabweisung führend angesehen. Nur wenn hinsichtlich der Schadensersatzansprüche aus allen Prospektmängeln Verjährung eingetreten ist oder diese Ansprüche aus anderen Gründen nicht festgestellt werden, kann die Klage abgewiesen werden. Die Berufung des Klägers hat deshalb schon dann Erfolg, wenn sich die Begründung des Landgerichts nur hinsichtlich eines der Prospektfehler als unzutreffend erweist - die übrigen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wie Kausalität und Verschulden vorausgesetzt. Denn schon bei nur einem (erheblichen) Prospektmangel kann der Anleger vom Gründungsgesellschafter den geltend gemachten Schadensersatz verlangen.
18
III. Das angefochtene Urteil ist danach insgesamt aufzuheben.
19
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
20
1. Durch das Urteil in dem Vorprozess steht noch nicht fest, dass die in dem vorliegenden Verfahren geltend gemachten Ansprüche bezüglich des Prospektmangels der Anschlussförderung begründet sind.
21
a) Den - materiell-rechtlichen - Klageanspruch zu 1 (Rückzahlung der Einlage) hat das Berufungsgericht als verjährt angesehen. Es hat angenommen , dass sich aus dem Vorprozess keine Verjährungshemmung oder Verlängerung der Verjährungsfrist ergebe. Zu der Feststellung aus dem Vorprozess, dass die Beklagte alle weiteren zukünftig dem Kläger entstehenden Schäden aus seiner Beteiligung an dem Fonds zu ersetzen habe, hat das Landgericht ausgeführt, die Feststellung beziehe sich nur auf künftig entstehende Schäden, nicht dagegen auf den vom Kläger geltend gemachten, schon vor Klageerhebung entstandenen Schaden.
22
Die Revision meint dagegen, die Verjährung sei durch die Klage in dem Vorprozess gehemmt worden und betrage jetzt gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB 30 Jahre, weil in dem Vorprozess rechtskräftig die Pflicht zum umfassenden Schadensersatz festgestellt worden sei.
23
Damit kann die Revision keinen Erfolg haben. Einer Auslegung des Urteilstenors aus dem Vorprozess in dem Sinne, dass auch schon ursprünglich eingetretene Schäden von der Feststellung erfasst seien, steht schon der klare Wortlaut des Tenors entgegen. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6. Juni 2000 (VI ZR 172/99, NJW 2000, 3287, 3289 f.) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Darin geht es nur um die Frage, ob von einem ähnlich formulierten Urteilstenor die ab Klageeinreichung entstandenen Schäden erfasst waren oder nur die ab dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entstehenden. Hier ist der Schaden des Klägers dagegen schon vor der Klageeinreichung in dem Vorverfahren entstanden.
24
b) Hinsichtlich des - materiell-rechtlichen - Klageantrags zu 2 (Freistellung von vier Bankverbindlichkeiten des Fonds) hat das Berufungsgericht ausgeführt : Insoweit entsprächen sich der Tenor des Feststellungsurteils aus dem Vorprozess und der jetzt geltend gemachte Freistellungsanspruch. Die beiden Ansprüche unterschieden sich jedoch in Bezug auf die mit dem Beitritt verbundenen Steuervorteile und Ausschüttungen, die abzüglich der Einlage nach dem Feststellungsurteil von der Freistellung ausgenommen sein sollten, in dem jetzt geltend gemachten Freistellungsantrag dagegen nicht mehr erwähnt würden. Wegen der ausdrücklichen Beschränkung handele es sich bei dem Feststellungsurteil um ein Teilurteil, dass nur in dem Umfang, in dem der Anspruch geltend gemacht werde, die Verjährung unterbreche.
25
Auch dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
26
In dem Urteil des Vorprozesses ist eine Pflicht der Beklagten ausdrücklich nur insoweit festgestellt worden, als die Beklagte den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten aus seiner Beteiligung an dem Fonds freizustellen hat, "soweit diese die dem Kläger durch seine Fondsbeteiligung entstandenen Steuervorteile und die an ihn erfolgten Ausschüttungen abzüglich der gezahlten Einlage in Höhe von 25.564,59 € übersteigen". Nach ständiger Rechtsprechung des Bun- desgerichtshofs ist sowohl für den Umfang einer Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB als auch für den Umfang der Rechtskraft der den prozessualen Anspruch bildende Streitgegenstand maßgebend. Wird nur ein Teil eines einheitlichen Anspruchs eingeklagt, so wird die Verjährung auch nur insoweit gehemmt, und die Rechtskraft beschränkt sich auf den eingeklagten Teilbetrag (BGH, Urteil vom 11. März 2009 - IV ZR 224/07, NJW 2009, 1950 Rn. 12 mwN).
27
Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht dem Feststellungsurteil des Vorprozesses zu Recht keine die Verjährung des Freistellungsanspruchs insgesamt hemmende Wirkung beigemessen. Wer - wie der Kläger - nur die Feststellung einer eingeschränkten Pflicht begehrt, muss sich hinsichtlich der verjährungshemmenden Wirkung des Feststellungsurteils dann auch mit der nur eingeschränkten Feststellung begnügen. Aus der von der Revision herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. Mai 1988 (VII ZR 111/87, NJW-RR 1988, 1044, 1045) ergibt sich nichts anderes. Dort ging es um die Frage, ob Abzüge wegen betragsmäßig berücksichtigter SowiesoKosten abschließend waren. Dass hat der Bundesgerichtshof verneint, weil die Höhe der Sowieso-Kosten im Regelfall erst bestimmt werden kann, wenn feststeht , welche Maßnahmen zur Mängelbeseitigung erforderlich sind. Dass im vorliegenden Fall die Höhe der Steuervorteile zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in dem Vorprozess noch nicht bestimmbar gewesen wären, macht die Revision nicht geltend.
28
c) Weiter hat das Berufungsgericht ausgeführt, auch als "Minus" könne dem Klageantrag nicht in Höhe der Bankverbindlichkeiten unter Abzug der die Einlage übersteigenden Steuervorteile und Ausschüttungen stattgegeben werden. Denn insoweit fehle es trotz gerichtlichen Hinweises an substanziiertem Vortrag des Klägers zum Umfang seiner Steuervorteile und zur Verteilung des reduzierten Freistellungsbetrags auf die verschiedenen Darlehensforderungen.
29
Die Revision macht geltend, dass der Kläger im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast die Höhe seiner durch die Fondsbeteiligung entstandenen Steuervorteile mitgeteilt habe. Dazu heißt es an den angegebenen Aktenstellen, die Steuervorteile betrügen während des gesamten Zeitraums von 1995 bis 2010 insgesamt lediglich 3.185 €. Der Kläger hat dazu eine Auf- stellung seiner - behaupteten - jährlichen Steuerersparnisse als Anlage KB 2 vorgelegt. Die Beklagte beziffert die Steuerersparnisse in ihrem Schriftsatz vom 24. Januar 2014 dagegen auf insgesamt mindestens 22.974,11 € und trägt da- zu umfangreich vor.
30
Das Berufungsgericht wird sich im Rahmen der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung mit diesem Vortrag auseinanderzusetzen haben. Denn bei der Anrechnung von Steuervorteilen handelt es sich um eine Vorteilsausgleichung (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - II ZR 276/12, BGHZ 200, 51 Rn. 13 f. mwN). Deren Voraussetzungen hat der Schädiger, hier die Beklagte, zu beweisen (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2003 - V ZR 84/02, NJW-RR 2004, 79, 81). Den Kläger trifft aber eine sekundäre Darlegungslast, weil nur er über die Informationen verfügt, aus denen sich seine Steuerersparnisse errechnen lassen. Wenn der Vortrag des Klägers danach unsubstanziiert sein sollte, bleibt es bei den von der Beklagten vorgetragenen Zahlen.
31
Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht weiter zu prüfen haben, ob bei der Verteilung des "Fehlbetrags" (Steuervorteile und Ausschüttungen abzüglich der Einlage) auf die einzelnen Schulden der Rechtsgedanke der § 366 Abs. 2, § 367 BGB herangezogen werden kann (vgl. Buck-Heeb in Erman, BGB, 14. Aufl., § 366 Rn. 8).
32
2. Im Rahmen der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung wird das Berufungsgericht weiter prüfen müssen, ob das Landgericht zu Recht hinsichtlich der vier neu geltend gemachten Prospektmängeln Verjährung angenommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118 Rn. 14 f.; Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, ZIP 2015, 25 Rn. 145).
Bergmann Strohn Reichart Drescher Born
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 04.10.2012 - 37 O 256/11 -
KG, Entscheidung vom 16.04.2014 - 21 U 199/12 -
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(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 276/12 Verkündet am: 11. Februar 2014 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja
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Annotations

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(1) Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung bestimmt.

(2) Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt.

(1) Hat der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet.

(2) Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so kann der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen.