Bundesgerichtshof Urteil, 12. Apr. 2018 - III ZR 105/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:120418UIIIZR105.17.0
bei uns veröffentlicht am12.04.2018
vorgehend
Landgericht Darmstadt, 8 O 667/03, 25.05.2016
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 12 U 96/16, 23.02.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 105/17
Verkündet am:
12. April 2018
P e l l o w s k i
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Bei der gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO vom Berufungsgericht
durchzuführenden Ermessensabwägung, ob eine eigene Sachentscheidung
zu treffen oder ausnahmsweise der Rechtsstreit an das Erstgericht
zurückzuverweisen ist, ist der Umstand, dass die Sache zuvor bereits an
das Erstgericht zurückverwiesen worden war, zu berücksichtigen (Bestätigung
von BGH, Urteil vom 5. Juli 2011 - II ZR 188/09, NJW-RR 2011,
1365).

b) Eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme ist nicht schon
dann im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO "notwendig", wenn sie
im weiteren Verlauf des Verfahrens unter bestimmten Voraussetzungen
erforderlich wird. Sie muss vielmehr sicher zu erwarten sein. Daher genügt
es auch nicht, dass den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu geben
ist und danach möglicherweise eine umfangreiche oder aufwändige
Beweisaufnahme erforderlich wird (Bestätigung von BGH, Urteile vom
2. März 2017 - VII ZR 154/15, NJW-RR 2017, 531; vom 22. Januar 2016
- V ZR 196/14, NJW 2016, 2274 und vom 14. Mai 2013 - II ZR 76/12,
NJW-RR 2013, 1013).
BGH, Urteil vom 12. April 2018 - III ZR 105/17 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
ECLI:DE:BGH:2018:120418UIIIZR105.17.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. April 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann und die Richter Dr. Remmert und Reiter sowie die Richterinnen Pohl und Dr. Böttcher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 23. Februar 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Revisionsverfahren wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin nimmt als Rechtsnachfolgerin des im Prozessverlauf verstorbenen Erblassers W. G. den Beklagten aus einem Vermögensverwaltungsvertrag auf Schadensersatz in Höhe von 41.197,10 € in Anspruch.
2
Am 15. Mai 1997 schloss der Erblasser mit dem Unternehmen M. Limited (künftig: M. ), deren Gründer und Geschäftsführer der Beklagte war, einen Vermögensverwaltungsvertrag. Dort wird in § 12 als anwendbares Recht dasjenige des Commonwealth of the Bahamas gewählt (künftig: Bahamas). Der Erblasser erteilte der M. zugleich Handlungsvollmacht für das Konto 116 bei der H. GmbH (künftig: H. ). Die Vollmacht umfasste die Befugnis, das vom Erblasser eingezahlte Kontoguthaben von 160.000 DM für den Kauf oder Verkauf von Finanzterminkontrakten, die Durchführung von Leerverkäufen oder entsprechender Deckungskäufe zu verwenden. Der Erblasser eröffnete bei der H. ein weiteres Konto 115, auf das er 67.500 DM einzahlte. Aufgrund erwirtschafteter Gewinne zahlte er an M. vereinbarungsgemäß eine Gewinnbeteiligung von 37.920,58 DM. Am 27. Februar 1998 befanden sich auf dem Konto 116 noch 117.815,48 DM. Nach Kündigung der Handlungsvollmacht erhielt der Erblasser im April 1998 aus dem Konto 116 97.865,48 DM und aus dem Konto 115 49.050,00 DM ausbezahlt.
3
Der Erblasser hat behauptet, der Beklagte habe ihm vor dem Abschluss des - von diesem vorgeschlagenen - Vermögensverwaltungsvertrages versichert , dass er ein EDV-Programm entwickelt habe, mit dessen Hilfe man an der Börse mit dem Kauf von DAX-Futures lukrativ und risikolos Geld verdienen könne. Er hat weiter vorgetragen, die M. sei eine Scheinauslandsgesellschaft , die auch nach den Gesetzen der Bahamas nicht wirksam gegründet worden sei. Ihr Verwaltungssitz habe sich in Deutschland befunden. Der Beklagte sei daher passivlegitimiert. Dieser habe auf den Konten 115 und 116 Verluste von 18.440 DM und 62.134,52 DM erwirtschaftet.
4
Der Beklagte hat eingewandt, es bestehe keine vertragliche Beziehung zum Erblasser. Eine Zusicherung hinsichtlich eines Computerprogramms sei von ihm nicht abgegeben worden. Der Erblasser sei auf die mit der Anlage verbundenen Risiken umfassend hingewiesen worden und habe um diese aufgrund seiner Vorerfahrungen gewusst. Weder M. noch er, der Beklagte, hätten vom Konto 115 Kenntnis gehabt. Etwaige Ansprüche seien überdies verjährt und verwirkt.
5
Das Landgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 22. April 2005 - unter Klageabweisung im Übrigen - zur Zahlung von 20.598,55 € verurteilt. Das Berufungsgericht hat diese Entscheidung mit Urteil vom 3. Juli 2006 aufgehoben und die Sache gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen. Dieses hat mit Urteil vom 29. Januar 2008 der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Mit Urteil vom 4. März 2010 hat das Berufungsgericht das Urteil der Vorinstanz erneut gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Das Landgericht hat mit (drittem) Urteil vom 25. Mai 2016 die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil auf den (hilfsweise gestellten) Antrag des Beklagten die Entscheidung des Landgerichts - zum dritten Mal - gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO wegen wesentlicher Verfahrensmängel aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe

6
Die zulässige Revision hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es seien vertragliche und deliktische Ansprüche zu unterscheiden.
8
Vertragliche Ansprüche richteten sich nur dann gegen den Beklagten, wenn er für eine nicht bestehende Gesellschaft aufgetreten sei. Dies sei der Fall, wenn die M. als Scheinauslandsgesellschaft in Deutschland nicht rechtsfähig gewesen sei. Hiergegen könnten zwar die Angaben des vom Landgericht vernommenen Zeugen H. sprechen, der Tätigkeiten der M. und ihre Verwaltung durch den Beklagten von den Bahamas aus bestätigt habe. Für einen inländischen Verwaltungssitz der M. spreche aber, dass die in Bezug auf den Vermögensverwaltungsvertrag entfalteten Tätigkeiten sämtlich im Inland stattgefunden hätten und der Zeuge H. zu den Aktivitäten des Beklagten auf den Bahamas wenig Konkretes angegeben habe. Die insoweit gebotene Beweiswürdigung habe das Landgericht fehlerhaft unterlassen. Wenn nach einer solchen Beweiswürdigung Zweifel an einer Scheinauslandsgesellschaft verbleiben sollten, sei eine ergänzende Vernehmung der Zeugin D. dazu geboten, ob es sich bei der Geschäftsadresse der M. in N. nur um einen Briefkasten gehandelt habe.
9
Für den Fall, dass von einer Scheinauslandsgesellschaft auszugehen sei, komme eine Haftung des Beklagten analog § 11 Abs. 2 GmbHG in Betracht. Dann werde die Frage der Wirksamkeit der vertraglichen Rechtswahlvereinbarung relevant. Diese beurteile sich gemäß Art. 27 Abs. 4 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 EGBGB aF grundsätzlich nach dem Recht der Bahamas. Allerdings sei der Vermögensverwaltungsvertrag ein Vertrag zur Finanzierung einer Dienstleistung im Sinne von Art. 29 Abs. 1 EGBGB aF. Folglich unterliege er den zwingenden deutschen Verbraucherschutzvorschriften. Hierzu zählten auch die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätze betreffend Aufklärungs- und Warnpflichten gegenüber Kapitalanlegern. Die vom Landgericht fehlerhaft unterlassene Prüfung des Klagevorbringens zu einer nicht anleger- und objektgerechten Beratung werde daher nachzuholen sein. In diesem Zusammenhang seien die ergänzende Vernehmung des Zeugen H. und die Anhörung der Parteien geboten. Sei das Landgericht danach nicht von einer Pflichtverletzung des Beklagten überzeugt, werde es prüfen müssen, ob ergänzend Beweis über die Behauptung der Klägerin zu erheben sei, der Beklagte habe das EDV-Programm auch gegenüber den Zeugen Sch. und S. angepriesen.
10
Eine Gehörsverletzung des Landgerichts liege auch darin, dass es das von ihm für maßgeblich gehaltene bahamaische Recht nicht nach § 293 ZPO ermittelt und angewandt habe. Die Anwendung bahamaischen Rechts komme weiterhin für die Prüfung des Einwands der Verjährung und der Verwirkung eventueller schuldrechtlicher Ansprüche in Betracht.
11
Ein etwaiger Schaden, den das Landgericht ebenfalls nicht geprüft habe, könne in Bezug auf das Konto 116 nicht allein durch eine Gegenüberstellung des eingezahlten Betrags und des verbliebenen Guthabens ermittelt werden. Hierzu sei weiterer Vortrag erforderlich. Auch die Frage, ob der angebliche Schaden durch das vom Erblasser selbst verwaltete Konto 115 dem Beklagten zuzurechnen sei, sei vom Landgericht bislang keiner Klärung zugeführt worden. Zudem sei das Vorbringen der Klägerin zu dem behaupteten Zinsschaden unschlüssig.
12
Hinsichtlich eventueller deliktischer Ansprüche sei der Sachverhalt ebenfalls in hohem Maße aufklärungsbedürftig. Eine Entscheidung zu der Frage, ob dem Beklagten in Zusammenhang mit dem Abschluss des Vermögensverwaltungsvertrags eine Täuschungshandlung und/oder eine unzureichende Aufklärung vorzuwerfen sei, könne erst nach der noch ausstehenden Beweisaufnahme getroffen werden. Insoweit stelle sich die Frage des Rechtsstatuts nicht, da als Tatortrecht deutsches Recht maßgebend sei.
13
Damit sei eine umfangreiche weitere Beweisaufnahme im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO erforderlich. Diese sei bei Auslandsberührung regelmäßig anzunehmen. Das Interesse der Parteien an einer schnelleren Erledigung des Rechtsstreits sei gegenüber dem Verlust einer Tatsacheninstanz nicht als überwiegend anzusehen. Erweise sich eine Aufklärungspflichtverletzung, seien weitere Beweiserhebungen erforderlich, für deren Überprüfung den Parteien keine Instanz genommen werden solle.

II.


14
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen einer Zurückverweisung der Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Verfahrens gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO bejaht.
15
1. Nach dieser Vorschrift darf das Berufungsgericht die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszugs nur zurückverweisen, soweit das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet, auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist und eine Partei die Zurückverweisung beantragt.

16
a) Mit der Neufassung des § 538 ZPO durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27. Juli 2002 (BGBl. I 1887, 1898) sollte eine Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz im Interesse der Verfahrensbeschleunigung noch stärker als bisher die Ausnahme von einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts bilden. Daher wurden die Ausnahmen von dem Grundsatz der eigenen Sachentscheidung gegenüber dem vorherigen Recht erheblich eingeschränkt (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses , BT-Drucks. 14/4722, S. 102; Senat, Urteil vom 6. April 2006 - III ZR 256/04, WM 2006, 1052 Rn. 8; BGH, Teilurteil vom 15. Februar 2017 - VIII ZR 284/15, juris Rn. 21). Es sollte dem Interesse der Parteien an einer zügigen Erledigung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz durch eine abschließende Sachentscheidung angemessen Geltung verschafft und zugleich die erste Instanz durch die Reduzierung der Zurückverweisungen entlastet werden (BTDrucks. 14/4722, S. 103). Die zeitaufwändige Zurückverweisung von der zweiten an die erste Instanz sollte auf unverzichtbare Ausnahmefälle beschränkt werden (aaO S. 58).
17
Bei der innerhalb dieses - engen - Rahmens durchzuführenden, revisionsrechtlich nachprüfbaren Ermessensabwägung des Berufungsgerichts ist der Umstand, dass die Sache zuvor bereits an das Landgericht zurückverwiesen worden war, zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 5. Juli 2011 - II ZR 188/09, NJW-RR 2011, 1365 Rn. 7).
18
b) Eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme ist nicht schon dann im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO "notwendig", wenn sie im weiteren Verlauf des Verfahrens nur möglich ist, das heißt wenn sie zwar unter bestimmten Voraussetzungen erforderlich wird, der Eintritt dieser Vorausset- zungen aber nicht sicher ist. Eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme muss vielmehr sicher zu erwarten sein (BGH, Urteile vom 2. März 2017 - VII ZR 154/15, NJW-RR 2017, 531 Rn. 11 f und vom 22. Januar 2016 - V ZR 196/14, NJW 2016, 2274 Rn. 19). Daher genügt es auch nicht, dass im Einzelfall den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu geben ist und danach möglicherweise eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme erforderlich wird (BGH, Urteile vom 2. März 2017 aaO Rn. 11 und vom 14. Mai 2013 - II ZR 76/12, NJW-RR 2013, 1013 Rn. 11).
19
2. Diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht beanstandet, nicht Rechnung getragen.
20
a) Das Berufungsurteil lässt bereits nicht erkennen, dass das Oberlandesgericht den Umstand in seine nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO anzustellende Ermessensabwägung einbezogen hat, dass das zum Zeitpunkt seines dritten Berufungsurteils bereits seit 13 Jahren anhängige Verfahren von ihm schon zweimal gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen worden war. Die zweimalige Zurückverweisung wird lediglich im Tatbestand des Berufungsurteils, nicht aber im Rahmen der Erwägungen des Berufungsgerichts zu einer (erneuten) Zurückverweisung gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO erwähnt.
21
Verweist das Berufungsgericht den Rechtsstreit wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers zurück, müssen seine Ausführungen erkennen lassen, dass es das ihm in § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO eingeräumte Ermessen, eine eigene Sachentscheidung zu treffen oder ausnahmsweise den Rechtsstreit an das Erstgericht zurückzuverweisen, pflichtgemäß ausgeübt hat (BGH, Urteil vom 5. Juli 2011 aaO mwN). Zu einer in diesem Sinne hinreichenden Darlegung der Ermessensausübung gehört die ausdrückliche Befassung mit einer zuvor schon einmal erfolgten Zurückverweisung an das Gericht erster Instanz. Denn diese ist - wie ausgeführt - bei der Abwägung gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu berücksichtigen. Besonders schwer wiegen eine - wie vorliegend - bereits zweimalig erfolgte Zurückverweisung und die hierdurch zwangsläufig eingetretene erhebliche Verfahrensverzögerung. Sie sind im Rahmen der Ermessensausübung darzulegen und umfassend zu würdigen. Dies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen.
22
b) Zu Unrecht hat es auch die Notwendigkeit einer umfangreichen Beweisaufnahme gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO angenommen.
23
aa) Sicher zu erwartenim Sinne der vorstehend (unter 1b) dargestellten Grundsätze ist bei Zugrundelegung der Ausführungen des Berufungsgerichts lediglich eine (erneute) Vernehmung des - in O. wohnhaften - Zeugen H. und eine Anhörung beider Parteien zur M. als Scheinauslandsgesellschaft und zu Äußerungen des Beklagten in Bezug auf ein - angeblich jedes Risiko ausschließendes - Computerprogramm. Die Anhörung der Parteien und die Vernehmung eines inländischen Zeugen zu derart begrenzten Beweisthemen sind indes weder aufwändig noch umfangreich im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
24
bb) Die Vernehmung der - auf den Bahamas wohnhaften - Zeugin D. und der - in Deutschland wohnhaften - Zeugen Sch. und S. sowie die weitere Ermittlung bahamaischen Rechts sind dagegen nach den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht sicher zu erwarten, sondern vom weiteren Prozessverlauf abhängig.
25
(1) Die Vernehmung der Zeugin D. ist danach nur geboten, wenn nach Würdigung der die Gründung der M. betreffenden Umstände und der erneut durchzuführenden Vernehmung des Zeugen H. Zweifel an einer Scheinauslandsgesellschaft verbleiben sollten (Seite 17 der Entscheidungsgründe ).
26
(2) Die Zeugen Sch. und S. sind nach den Ausführungen des Berufungsgerichts nur zu vernehmen, wenn nach erneuter Vernehmung des Zeugen H. und Anhörung beider Parteien keine richterliche Überzeugungsbildung (§ 286 Abs. 1 ZPO) betreffend eine Pflichtverletzung des Beklagten möglich ist (Seite 22 der Entscheidungsgründe).
27
(3) Das bahamaische Recht kommt nach Auffassung des Berufungsgerichts - trotz möglicherweise wirksamer Rechtswahlklausel zugunsten des bahamaischen Rechts - wegen der zwingenden deutschen Verbraucherschutzvorschriften weitgehend nicht zur Anwendung. Soweit das Berufungsgericht meint, das bahamaische Recht komme als maßgebliches Rechtsstatut für die Prüfung der Einrede der Verjährung und der Verwirkung in Betracht, kann eine Beweiserhebung hierzu (möglicherweise durch ein weiteres Rechtsgutachten zu ausländischem Recht) nachrangig gegenüber der Prüfung, ob der Klägerin überhaupt Ansprüche gegen den Beklagten zustehen, angestellt werden und wäre aus diesem Grund nicht"sicher" im Sinne der vorgenannten Grundsätze. Oder aber das Gericht prüft, was materiell-rechtlich ebenfalls möglich ist, die Einrede der Verjährung, ohne sich zuvor mit den Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs zu befassen. Auch in diesem Fall ist die Notwendigkeit der Beweiserhebung nicht sicher, da ungewiss und damit vorab zu klären ist, ob das Recht der Bahamas überhaupt für die Verjährung oder Verwirkung anwendbar ist.

28
(4) Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Vortrag der Klägerin zu dem vom Erblasser erlittenen Schaden und Zinsschaden bisher nicht hinreichend und insofern ergänzender Vortrag notwendig. Indes begründet - wie ausgeführt - auch der Umstand, dass den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu geben ist und danach möglicherweise eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme erforderlich wird, nicht die sichere Erwartung einer im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO umfangreichen oder aufwändigen Beweisaufnahme.
29
cc) Der Schluss des Berufungsgerichts, zu den eventuellen vertraglichen und deliktischen Ansprüchen sei eine umfangreiche weitere Beweisaufnahme im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO erforderlich, trifft nach alledem nicht zu. Eine solche Beweisaufnahme erscheint zwar möglich. Sie ist aber nicht sicher zu erwarten und rechtfertigt daher keine Zurückverweisung an das Landgericht gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Dies gilt auch, soweit das Berufungsgericht eine Auslandsberührung als Indiz für eine umfangreiche weitere Beweisaufnahme erwähnt (zu einer aufwändigen Beweisaufnahme bei einer Zeugenvernehmung im Ausland vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 102). Von einer solchen Auslandsberührung könnte allenfalls bei einer Vernehmung der Zeugin D. oder der Einholung von Rechtsgutachten zu bahamaischen Recht ausgegangen werden, die indes nicht in jedem Fall erforderlich werden und damit nicht sicher zu erwarten sind.

III.


30
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und - eigenen - Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Herrmann Remmert Reiter
Pohl Böttcher
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 25.05.2016 - 8 O 667/03 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 23.02.2017 - 12 U 96/16 -

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(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Vor der Eintragung in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft besteht die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche nicht.

(2) Ist vor der Eintragung im Namen der Gesellschaft gehandelt worden, so haften die Handelnden persönlich und solidarisch.

Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

8
1. Hat das Berufungsgericht - wie hier in Bezug auf das Prozessrechtsverhältnis zur beklagten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft - das Urteil der Vorinstanz wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, kann mit der Revision nur geltend gemacht werden, die ausgesprochene Aufhebung und Zurückverweisung verstoße gegen das Gesetz (BGH, Urteile vom 24. Februar 1983 - IX ZR 35/82 - NJW 1984, 495; vom 21. Oktober 1992 - XII ZR 125/91 - NJW-RR 1993, 442, 443; Beschluss vom 18. Februar 1997 - XI ZR 317/95 - NJW 1997, 1710; Urteil vom 19. März 2003 - IV ZR 233/01 - NJW-RR 2003, 1572). Dabei ist die Frage, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom materiell-rechtlichen Standpunkt des Erstrichters aus zu beurteilen, und zwar auch dann, wenn dieser verfehlt ist (vgl. Urteil vom 21. Oktober 1992 aaO m.w.N.). Hieran ist auch unter Geltung der durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1887) neu gefassten Vorschrift des § 538 ZPO, die in Absatz 1 die Pflicht zur eigenen Sachentscheidung durch das Berufungsgericht hervorhebt und in Absatz 2 die Ausnahmen von diesem Grundsatz gegenüber dem früheren Recht eingeschränkt hat (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 102), festzuhalten.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten zu 1 wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. Oktober 2015 aufgehoben, soweit hinsichtlich der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage entschieden worden ist.

Das Verfahren gegen die Beklagte zu 2 ist gemäß § 240 ZPO wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin erwarb am 28. Dezember 2009 von der Beklagten zu 2 zum Preis von 416.500 € brutto eine kompakt aufgebaute Suspensionsmischanlage zur Herstellung von Betonen aller Art (nebst zwei Basisrezepturen), die unmittelbar an einen in Jordanien ansässigen Endkunden der Klägerin geliefert werden sollte. Nachdem sie von der Beklagten zu 1 eine Anzahlungsbürgschaft über einen Nettobetrag von 190.000 € erhalten hatte, leistete die Klägerin an die Beklagte zu 2 zwei Kaufpreisraten in Höhe von insgesamt 333.200 € brutto. Die Anlage wurde im Oktober 2010 nach Jordanien transportiert und dort aufgebaut.

2

Bereits seit Juli/August 2010 stritten die Klägerin und die Beklagte zu 2 über diverse Mängel an der Suspensionsmischanlage, woraufhin letztere wiederholt - auch nach Verbringung der Anlage nach Jordanien - Nachbesserungsarbeiten vornahm. Mit Schreiben vom 28. und 29. Juni 2011 erklärte die Klägerin schließlich wegen der aus ihrer Sicht weitgehend erfolglosen Mängelbeseitigung den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Anlage ist stillgelegt.

3

Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens der gegen die Beklagte zu 2 gerichteten Klage auf Rückzahlung der erbrachten Kaufpreisraten (nebst Zinsen) und der gegen die Beklagte zu 1 erhobenen Klage auf Leistung der Bürgschaftssumme (nebst Zinsen) stattgegeben; die Verurteilung der Beklagten zu 2 ist allerdings Zug um Zug gegen Rückgabe der streitgegenständlichen Suspensionsmischanlage erfolgt. Auf Berufung aller Parteien - die Beklagten haben sich gegen die Verurteilung zur Zahlung gewehrt, die Klägerin gegen die Zug-um-Zug-Einschränkung - hat das Oberlandesgericht das Urteil aufgehoben und die Sache auf den hilfsweise in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag der Klägerin an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte zu 1 ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Gegen die Beklagte zu 2 ist im Verlauf des revisionsinstanzlichen Verfahrens das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision der Beklagten zu 1 hat Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

6

Auf den Antrag der Klägerin sei die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen, weil das Verfahren des ersten Rechtszuges an wesentlichen Verfahrensmängeln leide, aufgrund derer voraussichtlich eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich werde. Das Landgericht habe den Kern des Vorbringens der Klägerin zu den Mängeln der Suspensionsmischanlage gehörswidrig (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht zur Kenntnis genommen und infolgedessen die gebotene Beweiserhebung verfahrensfehlerhaft auf einen Einzelaspekt beschränkt. In seinem Beweisbeschluss, mit dem es die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet habe, habe es die zahlreichen von der Klägerin konkret vorgetragenen Mängel und Mängelsymptome der Anlage auf die allgemeine Behauptung reduziert, die Anlage sei - jedenfalls für den Betrieb unter den Bedingungen in Ländern der arabischen Welt - nicht funktionsfähig und könne eine Suspensionsproduktion von bis zu 20 m3/h und eine Betonkapazität von bis zu 60 m3/h nicht erreichen.

7

Da sich die Beklagten darauf berufen hätten, dass die Suspensionsanlage jedenfalls nach der letzten Nachbesserung mangelfrei funktioniert habe, hätte das Landgericht, wenn es den Sachvortrag der Klägerin zu der im Zeitpunkt des Rücktritts vorliegenden Vielzahl von Einzelmängeln angemessen zur Kenntnis genommen hätte, von vornherein über das Vorliegen der behaupteten Mängel und Mängelsymptome im Einzelnen Beweis erheben müssen. Weiter habe das Landgericht es verfahrensfehlerhaft unterlassen, nach Vorlage des Sachverständigengutachtens im Hinblick auf den dort erteilten Hinweis, die im Beweisbeschluss äußerst allgemein formulierte Behauptung - mangelnde Funktionsfähigkeit der Suspensionsanlage - müsse präzisiert werden, so dass die konkreten Eigenschaften beziehungsweise Funktionen der Anlage untersucht und beurteilt werden könnten, den Beweisbeschluss auf der Grundlage des hinreichend konkreten Vortrags der Klägerin nachträglich entsprechend zu ergänzen.

8

Entgegen der Annahme des Landgerichts hätte auf eine umfassende Beweiserhebung zu der behaupteten Funktionsunfähigkeit der Suspensionsmischanlage und zu den einzelnen behaupteten Mängeln und Mängelsymptomen nicht verzichtet werden dürfen, weil auf der Grundlage des erhobenen Sachverständigengutachtens das Vorliegen eines Mangels nicht hätte bejaht werden dürfen. Denn der Sachverständige sei bei seinen Ausführungen, nach denen die Anlage schon von ihrem System her nicht geeignet sei, die nach dem Vertrag vorausgesetzte Herstellung von Betonen aller Art zu gewährleisten, erkennbar von einem Leistungssoll hinsichtlich der Verarbeitungskapazität der Anlage ausgegangen, das nach dem Vertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2 bei zutreffender Auslegung überhaupt nicht geschuldet sei. Die in § 2 des Vertrags angegebene maximale Verarbeitungskapazität ("von bis zu 20 m3/h" [Suspension] bzw. 60 m3/h [Beton]") werde ausdrücklich nur in Abhängigkeit von Rezeptur und Art des Zements zugesichert. Damit sei - entgegen der Auffassung des Sachverständigen und des Landgerichts - eindeutig geregelt, dass nicht zugleich höchste Qualität und höchste Verarbeitungskapazität geschuldet seien.

9

Wegen der beschriebenen Verfahrensmängel sei eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO geboten, da andernfalls eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht notwendig würde. Bezüglich der im Streitfall entscheidenden Frage der Mangelhaftigkeit der Suspensionsmischanlage fehle infolge der weitgehend unzureichenden Beweiserhebung bisher jegliche tragfähige Entscheidungsgrundlage. Infolgedessen würde den Parteien bei einer Sachentscheidung durch das Berufungsgericht eine Tatsacheninstanz hinsichtlich der wesentlichen Fragen des Rechtsstreits genommen, so dass eine Zurückverweisung trotz des damit verbundenen zusätzlichen Kostenaufwands angebracht sei.

II.

10

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

11

Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht verstößt gegen § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts begründet es keinen zu Lasten der Klägerin wirkenden Verfahrensfehler im Sinne dieser Vorschrift, dass das Landgericht nicht Beweis zu der von der Klägerin geltend gemachten Vielzahl von konkreten Einzelmängeln und Mängelsymptomen der Suspensionsmischanlage erhoben hat, sondern einen diese zum Rücktritt berechtigenden Mangel bereits auf Grundlage des - zur Frage der allgemeinen Funktionsfähigkeit der Anlage eingeholten - schriftlichen Sachverständigengutachtens als bewiesen erachtet hat.

12

1. Die Revision ist zulässig. Insbesondere fehlt es nicht an der erforderlichen Beschwer der Beklagten zu 1 (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 11. März 2015 - XII ZB 553/14, NJW-RR 2015, 1203 Rn. 8 mwN). Denn diese ist durch die vom Berufungsgericht ausgesprochene Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht deswegen beschwert, weil ihrem Begehren auf Sachentscheidung (Antrag auf Klageabweisung) nicht stattgegeben worden ist (BGH, Urteile vom 5. Oktober 1994 - XII ZR 15/93, NJW-RR 1995, 123 unter II mwN; vom 6. November 2000 - II ZR 67/99, NJW 2001, 1500 unter II; vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08, WM 2010, 892 Rn. 11).

13

2. Die Revision der Beklagten zu 1 ist auch begründet. Sie rügt zu Recht, dass die vom Berufungsgericht auf Antrag der Klägerin ausgesprochene Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht in § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO keine Stütze findet. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht angenommen, dem Landgericht seien zu Lasten der Klägerin wesentliche Verfahrensfehler unterlaufen, und hat infolgedessen davon abgesehen, die von ihm vermisste ergänzende Beweiserhebung selbst durchzuführen und anschließend eine eigene Sachentscheidung zu treffen.

14

a) Grundsätzlich setzt nach § 538 Abs. 1 ZPO das Berufungsverfahren das erstinstanzliche Verfahren fort, so dass das Berufungsgericht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht über den gesamten Streitstoff ein neues eigenes Urteil zu fällen und die hierfür erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen hat (BGH, Urteil vom 20. Juli 2011 - IV ZR 291/10, VersR 2011, 1392 Rn. 20 mwN). Eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO kommt als Ausnahme zu den beschriebenen Verpflichtungen eines Berufungsgerichts nur dann in Betracht, wenn das erstinstanzliche Verfahren an einem so wesentlichen Mangel leidet, dass es keine Grundlage für eine instanzbeendende Entscheidung sein kann (BGH, Urteile vom 6. November 2000 - II ZR 67/99, aaO unter II 1; vom 26. September 2002 - VII ZR 422/00, NJW-RR 2003, 131 unter II 2 a [jeweils zu § 539 ZPO aF]; vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08, aaO Rn. 11; vom 20. Juli 2011 - IV ZR 291/10, aaO Rn. 21; vom 26. Oktober 2011 - VIII ZR 222/10, NJW 2012, 304 Rn. 12; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 325/11, NJW 2013, 2601 Rn. 7).

15

b) Hiervon ist im Streitfall entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht auszugehen. Zu Unrecht hat dieses angenommen, die vom Landgericht unterlassene und von ihm vermisste Beweiserhebung zu den von der Klägerin behaupteten konkreten Einzelmängeln der Suspensionsmischanlage sei als wesentlicher Verfahrensfehler im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu werten, weil dieses Versäumnis darauf beruhe, dass das Landgericht den Kern des Vorbringens der Klägerin zu den Mängeln der Anlage unter Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht zur Kenntnis genommen habe. Das Berufungsgericht hat hierbei verkannt, dass das Absehen einer Beweisaufnahme zu den von der Klägerin geltend gemachten Einzelmängeln lediglich die Folge des vom Landgericht eingenommenen materiell-rechtlichen Standpunkts ist und somit einen Verfahrensfehler im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht zu begründen vermag.

16

aa) Das Berufungsgericht hat zwar im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei angenommen, dass es einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO darstellen kann, wenn das erstinstanzliche Gericht den Anspruch einer Partei auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es den Kern ihres Vorbringens verkennt und daher eine entscheidungserhebliche Frage verfehlt oder einen wesentlichen Teil des Klagvortrags übergangen hat (BGH, Urteile vom 3. November 1992 - VI ZR 362/91, NJW 1993, 538 unter II 2 a mwN; vom 19. März 1998 - VII ZR 116/97, NJW 1998, 2053 unter II 1 [insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 138, 176]; vom 6. November 2000 - II ZR 67/99, NJW 2001, 1500 unter II 1 [jeweils zu § 539 ZPO aF]; vom 26. Oktober 2011 - VIII ZR 222/10, aaO; vom 22. Januar 2016 - V ZR 196/14, NJW 2016, 2274 Rn. 12 [jeweils zu § 538 ZPO]). Insbesondere verletzt die Nichtberücksichtigung eines erheblichen oder als erheblich angesehenen Beweisangebots Art. 103 Abs. 1 GG, sofern sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (st. Rspr.; siehe etwa BVerfGE 50, 32, 36; 65, 305, 307; 69, 141, 144; BVerfG, WM 2009, 671, 672; BVerfG, Beschluss vom 14. März 2013 - 1 BvR 1457/12, juris Rn. 10; BGH, Beschlüsse vom 16. Juni 2016 - V ZR 232/15, juris Rn. 5; vom 23. August 2016 - VIII ZR 178/15, WuM 2016, 628 Rn. 10; jeweils mwN).

17

bb) Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass die Frage, ob ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO vorliegt, nicht auf der Grundlage des von ihm selbst eingenommenen materiell-rechtlichen Standpunkts beantwortet werden darf.

18

(1) Vielmehr ist die Frage, ob ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne dieser Vorschrift gegeben ist, allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen, auch wenn dieser unrichtig sein sollte oder das Berufungsgericht ihn als verfehlt erachtet (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 3. November 1992 - VI ZR 362/91, aaO; vom 5. Oktober 1994 - XII ZR 15/93, aaO unter II 1; vom 10. Dezember 1996 - VI ZR 314/95, NJW 1997, 1447 unter II 2 b mwN; vom 19. März 1998 - VII ZR 116/97, aaO; vom 6. November 2000 - II ZR 67/99, aaO [jeweils zu § 539 ZPO aF]; vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08, aaO; vom 26. Oktober 2011 - VIII ZR 222/10, aaO; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 325/11, aaO mwN; vom 22. Januar 2016 - V ZR 196/14, aaO mwN [jeweils zu § 538 ZPO]). Dies gilt auch, soweit eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in Frage steht (vgl. BGH, Urteile vom 3. November 1992 - VI ZR 362/91, aaO; vom 19. März 1998 - VII ZR 116/97, aaO; vom 6. November 2000 - II ZR 67/99, aaO; vom 26. Oktober 2011 - VIII ZR 222/10, aaO; vom 22. Januar 2016 - V ZR 196/14, aaO). Denn Art. 103 Abs. 1 GG schützt weder davor, dass das Gericht das Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lässt, etwa weil es nach Ansicht des erkennenden Gerichts für die zu treffende Entscheidung unerheblich ist (st. Rspr.; vgl. BVerfGE 69, 145, 148 f.; 70, 288, 294; 96, 205, 216; jeweils mwN; BVerfG, Beschlüsse vom 25. November 2009 - 1 BvR 2464/09, juris Rn. 4; vom 27. Mai 2016 - 1 BvR 1890/15, juris Rn. 14), noch davor, dass es die Rechtsansicht eines Beteiligten nicht teilt (st. Rspr.; vgl. BVerfGE 64, 1, 12; 87, 1, 33; BVerfG, Beschlüsse vom 25. November 2009 - 1 BvR 2464/09, aaO; vom 27. Mai 2016 - 1 BvR 1890/15, aaO).

19

(2) Von einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und damit einem Verfahrensmangel im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO kann daher nicht gesprochen werden, wenn das erstinstanzliche Gericht die sachlich-rechtliche Relevanz eines Parteivorbringens verkennt und ihm deshalb keine Bedeutung beimisst (BGH, Urteile vom 6. November 2000 - II ZR 67/99, aaO; vom 3. November 1992 - VI ZR 362/91, aaO; vom 19. März 1998 - VII ZR 116/97, aaO [jeweils zu § 539 ZPO aF]). Soweit die Revisionserwiderung demgegenüber unter Bezugnahme auf eine vereinzelt gebliebene Literaturstimme (MünchKommZPO/Rimmelspacher, 5. Aufl., § 538 Rn. 29; ders., ZZP 106 [1993], 246, 253) und unter Berufung auf den Normzweck des § 538 Abs. 2 ZPO das Vorliegen eines Verfahrensmangels vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus beurteilen möchte, verkennt sie den Regelungszweck des § 538 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Anders als die Revisionserwiderung meint, setzt die Vorschrift des § 538 ZPO - ebenso wie die Vorgängerregelung des § 539 ZPO aF - nicht voraus, dass die Parteien Gelegenheit hatten, im ersten Rechtszug auf alle (objektiv) entscheidungserheblichen Streitpunkte einzugehen.

20

(a) Der Bundesgerichtshof hat bereits frühzeitig unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts ausgesprochen, dass für die Beurteilung, ob dem Erstgericht ein wesentlicher Verfahrensfehler im Sinne des § 539 ZPO aF, also der Vorgängerregelung des § 538 Abs. 2 Satz 1 ZPO, unterlaufen ist, allein dessen materiell-rechtliche Sicht maßgeblich ist (BGH, Urteil vom 9. Juli 1955 - VI ZR 116/54, BGHZ 18, 107, 109 f.). Ausschlaggebend hierfür war die Erwägung, dass der Vorwurf eines wesentlichen Verfahrensverstoßes dem erstinstanzlichen Richter nur gemacht werden kann, wenn er von seiner sachlich-rechtlichen Auffassung aus eine Verfahrensnorm unrichtig angewandt hat (BGH, Urteil vom 9. Juli 1955 - VI ZR 116/54, aaO S. 110). Stellte man dagegen auf die materiell-rechtliche Sichtweise des Berufungsgerichts ab, hätte dies zur Folge, dass bereits unterschiedliche sachlich-rechtliche Auffassungen der beiden Gerichte zu einer Zurückverweisung der Sache an das Gericht erster Instanz führen könnten. Eine solche Ausdehnung der - ohnehin nur als Ausnahme vorgesehenen - Zurückverweisungsmöglichkeit wäre dem Sinn und Zweck des auf reine Verfahrensmängel zugeschnittenen § 539 ZPO aF zuwidergelaufen (BGH, Urteil vom 9. Juli 1955 - VI ZR 116/54, aaO S. 109 f.).

21

(b) An dem beschriebenen Regelungszweck hat sich durch die Schaffung des § 538 ZPO nichts geändert. Der Gesetzgeber hat sich bei der Zivilprozessreform zwar für eine Stärkung der ersten Instanz entschieden, gleichzeitig hat er aber auch dem Gesichtspunkt der Prozessbeschleunigung große Bedeutung beigemessen (BT-Drucks. 14/4722, S. 61). Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung sollte eine Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz vielmehr noch stärker als bisher die Ausnahme von einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts bilden (BT-Drucks. aaO). Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber in § 538 Abs. 1 ZPO den schon im früheren Recht verankerten Grundsatz beibehalten, dass das Berufungsgericht die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden hat, und hat gleichzeitig die Ausnahmen hierzu gegenüber dem vorherigen Recht "erheblich eingeschränkt" (BT-Drucks. 14/47722, S. 102; vgl. auch BGH, Urteile vom 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03, BauR 2005, 590 unter II 3 b; vom 20. Juli 2011 - IV ZR 291/10, aaO Rn. 20).

22

Mit diesem gesetzgeberischen Anliegen wäre es nicht zu vereinbaren, eine in das Ermessen des Berufungsgerichts gestellte Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz immer schon dann zuzulassen, wenn aus der materiell-rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts ein wesentlicher Verfahrensfehler vorläge. Daher hat der Bundesgerichtshof die insoweit bereits zu § 539 ZPO aF entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze in ständiger Rechtsprechung auf § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO übertragen.

23

(3) Gemessen an diesen Grundsätzen ist ein dem Landgericht zu Lasten der Klägerin unterlaufener Verfahrensfehler im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht ersichtlich.

24

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat das Landgericht durch die Nichtbeachtung des zusätzlich zu der behaupteten Funktionsuntauglichkeit der Anlage erfolgten Vortrags der Klägerin zu zahlreichen konkreten Einzelmängeln - und den hierauf gründenden Verzicht auf eine Beweiserhebung hierüber - den Kern des Vorbringens der Klägerin nicht gehörswidrig (Art. 103 Abs. 1 GG) und damit verfahrensfehlerhaft im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO übergangen. Vielmehr kam es aus der materiell-rechtlichen Sicht des Landgerichts auf dieses zusätzliche Vorbringen nicht an, weil danach der Klage schon aufgrund des sonstigen Vorbringens der Klägerin und der insoweit durchgeführten Beweisaufnahme stattzugeben war. Das Landgericht hat den zwischen der Beklagten zu 2 und der Klägerin geschlossenen Vertrag in Übereinstimmung mit der Sichtweise des Sachverständigen dahin ausgelegt, dass die im Vertrag beschriebene Verarbeitungskapazität (Suspensionsproduktion von bis zu 20 m3/h und Betonkapazität von bis zu 60 m3/h) auch bei hoher Betonqualität geschuldet sei, weil der Vertrag eine Anlage zur Herstellung von "allen Arten von Beton" zum Gegenstand habe.

25

Da die Anlage nach den Feststellungen des Sachverständigen bereits diese allgemeinen Anforderungen nicht erfüllte, hat das Landgericht einen die Klägerin zum Rücktritt berechtigenden Mangel bejaht und der Klage stattgegeben. Vor diesem Hintergrund war der Vortrag der Klägerin zu zahlreichen Einzelmängeln der Anlage nach dem - allein maßgeblichen - materiell-rechtlichen Standpunkt des Landgerichts nicht (mehr) erheblich, weswegen es folgerichtig von einer ergänzenden Beweisaufnahme abgesehen und dem Rückabwicklungsbegehren der Klägerin, wenn auch mit einer Zug-um-Zug-Einschränkung, entsprochen hat. Anders als die Revisionserwiderung meint, hat das Landgericht nicht das Beweisergebnis fehlerhaft gewürdigt, sondern die dem Vertrag im Wege der Auslegung entnommene (dazu nachfolgend unter c) Leistungsverpflichtung der Beklagten zu 2 aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen nicht als erreicht angesehen. Die von der Revisionserwiderung insoweit zitierte Senatsentscheidung (Urteil vom 15. März 2000 - VIII ZR 31/99, NJW 2000, 2024 unter II 1) betrifft eine im vorliegenden Fall nicht gegebene Sachverhaltsgestaltung, bei der die Erhebung eines Zeugenbeweises unter Verstoß gegen § 355 Abs. 1 Satz 2, § 375 Abs. 1 ZPO auf den Einzelrichter übertragen und das Urteil dann von der Kammer gefällt worden war.

26

c) Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Falls das Berufungsgericht - was seinen Ausführungen nicht zweifelsfrei zu entnehmen ist - die von ihm als fehlerhaft beanstandete Auslegung des zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2 geschlossenen Vertrags durch das Landgericht zusätzlich als wesentlichen Verfahrensfehler zu Lasten der Beklagten zu 1 (oder gar der Klägerin, für die das vom Landgericht gewonnene Auslegungsergebnis aber günstig war) gewertet haben sollte, hätte auch dieser Umstand das Berufungsgericht nicht zu der ausgesprochenen Zurückverweisung der Sache an das Landgericht berechtigt. Denn insoweit steht ebenfalls eine materiell-rechtliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Sachentscheidung, nicht dagegen ein Verfahrensfehler in Frage.

27

aa) Der Umstand, dass das Berufungsgericht den Bestimmungen des streitgegenständlichen Kaufvertrages im Wege der Auslegung einen anderen Inhalt als das Landgericht beigemessen hat, stellt keinen Verfahrensmangel im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO dar. Denn die Auslegung vertraglicher Vereinbarungen ist Teil der Anwendung sachlichen Rechts (BGH, Urteile vom 3. November 1992 - VI ZR 362/91, NJW 1993, 538 unter II 2 b mwN; vom 19. März 1998 - VII ZR 116/97, aaO unter II 2 b). Dies gilt auch, wenn das Landgericht - was ihm das Berufungsgericht hier zum Vorwurf macht -vertragliche Regelungen inhaltlich nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt oder jedenfalls in ihrer rechtlichen Bedeutung und Tragweite nicht richtig eingeschätzt haben sollte (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 1992 - VI ZR 362/91, aaO). Ein solcher Verstoß gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze wäre nicht als Verfahrensfehler, sondern als materiell-rechtlicher Auslegungsfehler einzustufen (BGH, Urteil vom 3. November 1992 - VI ZR 362/91, aaO; vgl. auch BFH, Beschluss vom 13. März 1995 - XI B 160/94, juris Rn. 6).

28

bb) Nur ausnahmsweise kann eine Vertragsauslegung auch auf Verfahrensfehlern beruhen - etwa dann, wenn das Gericht Vertragsbestimmungen nicht lediglich inhaltlich unzutreffend gewürdigt oder ihnen nicht den gebotenen Stellenwert zuerkannt, sondern erkennbar vertragliche Regelungen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder sprachlich falsch verstanden hat (BGH, Urteile vom 3. November 1992 - VI ZR 362/91, aaO; vom 19. März 1998 - VII ZR 116/97, aaO unter II 1). Entsprechendes gilt, wenn das Gericht unter Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG allein auf den Wortlaut einer Vereinbarung abstellt (BGH, Beschluss vom 30. April 2014 - XII ZR 124/12, juris Rn. 17).

29

cc) Eine derartige Fallgestaltung liegt aber hier nicht vor. Das Landgericht hat die - den Vertragsgegenstand und die geschuldete Leistung betreffenden - Bestimmungen des Kaufvertrages und damit den wesentlichen Auslegungsstoff zur Kenntnis genommen. Soweit die Revisionserwiderung rügt, das Landgericht habe von einer eigenen Auslegung abgesehen und stattdessen seiner Entscheidung lediglich die Deutung des Sachverständigen zugrunde gelegt, trifft dies nicht zu. Das Landgericht hat sich zwar der - letztlich von der Fassung des landgerichtlichen Beweisbeschlusses beeinflussten - Sichtweise des Sachverständigen angeschlossen, dabei aber unter Bescheidung der hiergegen von den Beklagten vorgebrachten Einwände eine eigene Auslegung der vertraglichen Bestimmungen über das Leistungssoll vorgenommen. Es hat - anders als später das Berufungsgericht - maßgebliches Gewicht auf die Regelung in § 1 des Vertrags gelegt, wonach eine Anlage zur Herstellung von "allen Arten von Betonen" geliefert werden sollte. Weiter hat es im Tatbestand seines Urteils die Regelung in § 2 des Kaufvertrags aufgeführt, wonach "die Kapazität der Anlage in Abhängigkeit von Rezeptur und Art des Zements ausgelegt [ist] für eine Suspensionsproduktion von bis zu 20 m3/h bzw. für eine Betonkapazität von bis zu 60 m3/h". Die genannten Bestimmungen im Kaufvertrag hat es letztlich dahin ausgelegt, dass die in § 2 des Kaufvertrags beschriebene Abhängigkeit der Maximalwerte der Suspensionsproduktion und der Betonkapazität von der Rezeptur und der Art des Zements wegen der in § 1 des Kaufvertrags zugesicherten Eignung zur Herstellung von Betonen aller Art nicht zu Einschränkungen im Arbeitsvolumen und in der Betonqualität führen dürfe.

30

Damit unterscheidet sich seine Auslegung zwar - wesentlich - von der des Berufungsgerichts, nach welcher nicht zugleich höchste Qualität und höchste Verarbeitungskapazität geschuldet sind. Dies ändert aber nichts daran, dass das Landgericht die maßgeblichen Bestimmungen im Kaufvertrag eigenständig gewürdigt hat, und vermag nach den vorgenannten Grundsätzen einen Verfahrensmangel nicht zu begründen.

III.

31

Nach alledem hat das angefochtene Urteil keinen Bestand, soweit hinsichtlich der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage entschieden worden ist. Bezüglich der Beklagten zu 2 ist das Verfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen, weswegen derzeit nur hinsichtlich des Prozessverhältnisses zwischen der Beklagten zu 1 und der Klägerin zu befinden ist. Insoweit war das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und (eigenen) Entscheidung zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Dr. Milger      

        

Dr. Achilles      

        

Dr. Fetzer

        

Dr. Bünger      

        

Dr. Bußmann      

        

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2. Unabhängig davon hat das Berufungsgericht die bei der Anwendung des § 538 Abs. 2 ZPO notwendige Ermessensausübung nicht dargelegt, was ebenfalls zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führt. Verweist das Berufungsgericht den Rechtsstreit wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers zurück, müssen seine Ausführungen erkennen lassen, dass es das ihm in § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO eingeräumte Ermessen, eine eigene Sachentscheidung zu treffen oder ausnahmsweise den Rechtsstreit an das Erstgericht zurückzuverweisen , pflichtgemäß ausgeübt hat (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. März 2005 - VII ZR 220/03, NJW-RR 2005, 928; Urteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08, ZIP 2010, 776 Rn. 16). Das Berufungsgericht hat weder in Erwägung gezogen, dass eine Zurückverweisung der Sache in aller Regel zu einer Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits führt, was den schützenswerten Interessen der Parteien entgegenstehen kann, noch hat es nachprüfbar dargelegt, dass eine aus seiner Sicht durchzuführende Beweisaufnahme so aufwändig und umfangreich ist, dass eine Zurückverweisung an das Landgericht ausnahmsweise gerechtfertigt erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08, ZIP 2010, 776 Rn. 16; Urteil vom 22. September 2006 - V ZR 239/05, NJW-RR 2006, 1677 Rn. 14). Gerade der Umstand, dass die Sache bereits einmal an das Landgericht zurückverwiesen worden war, hätte im Rahmen der erforderlichen Abwägung berücksichtigt werden müssen. Das Berufungsgericht ist demgegenüber erkennbar von einem Automatismus ausgegangen.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

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voraus, dass aufgrund eines wesentlichen Verfahrensmangels in erster Instanz eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Nach Wortlaut und Sinn der Vorschrift, den Aufwand mehrfacher Bearbeitung klein zu halten und Verfahrensverzögerungen durch Hin- und Herschieben von Fällen in den Instanzen zu vermeiden, genügt es hierfür nicht, dass den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu geben ist und danach möglicherweise eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme erforderlich wird (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - II ZR 76/12, NJW-RR 2013, 1013 Rn. 9 und 11; Urteil vom 22. Januar 2016 - V ZR 196/14, NJW 2016, 2274 Rn. 19). 2. Diesen Maßstäben wird die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht
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(1) Nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO darf die Zurückverweisung wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers nur erfolgen, wenn auf Grund des Fehlers eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme „notwendig ist“. Dazu genügte schon nach dem Wortsinn dieser Formulierung nicht, dass die Beweisaufnahme im weiteren Verlauf des Verfahrens nur möglich (BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - II ZR 76/12, WM 2013, 1210 Rn. 11) oder dass ihre Notwendigkeit nicht abzuschätzen ist (BGH, Versäumnisurteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08, WM 2010, 892 Rn. 16). Im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO notwendig ist eine Beweisaufnahme aber auch nicht, wenn sie zwar unter bestimmten Voraussetzungen erforderlich wird, der Eintritt dieser Voraussetzungen aber nicht sicher ist. Die Zurückverweisung an das Erstgericht soll nach der Konzeption des Gesetzgebers ein Ausnahmefall bleiben; sie ist deshalb auf Fälle zu beschränken, in denen die Durchführung des Verfahrens in der Berufungsinstanz voraussichtlich zu größeren Nachteilen führt als die Zurückverwei- sung der Sache an das erstinstanzliche Gericht (Senat, Urteil vom 22. September 2006 - V ZR 239/05, BGH-Report 2006, 1492 Rn. 14; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03, MDR 2005, 645). Das ist nur der Fall, wenn die umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme durch oder infolge der Korrektur des wesentlichen Verfahrensfehlers sicher zu erwarten ist.
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Aber selbst wenn man eine durch den Hilfsantrag erforderlich gewordene Beweisaufnahme für ausreichend erachten würde, wäre die Voraussetzung des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht erfüllt. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt , dass insoweit eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig wird, sondern lediglich eine umfangreiche bzw. aufwändige Verfahrensfortführung einschließlich einer wahrscheinlichen Beweisaufnahme für erforderlich erachtet. Von einer umfangreichen bzw. aufwändigen Verfahrensfortführung ist es ausgegangen, weil es hinsichtlich des Hilfsvorbringens des Klägers noch erheblichen Vortrags der Parteien zu den ihnen jeweils günstigen Tatsachen bedürfe. Das Berufungsgericht hat danach eine Beweisaufnahme lediglich für wahrscheinlich oder möglich gehalten, wenn der Kläger und die Beklagten weiteren Vortrag gehalten haben. Nach Wortlaut und Sinn von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO, den Aufwand mehrfacher Bearbeitung klein zu halten und Verfahrensverzögerungen durch Hin- und Herschieben von Fällen in den Instanzen zu vermeiden, genügt es nicht, dass die Parteien ihren Vortrag noch näher substantiieren müssen.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
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wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
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wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.