Bundesgerichtshof Urteil, 02. März 2017 - VII ZR 154/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. März 2017 durch die Richter Dr. Kartzke, Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack und Sacher
für Recht erkannt:
Tatbestand:
Die Parteien streiten über den der Klägerin für Erdarbeiten zustehenden- 1
- Werklohn.
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- über die Erbringung von Erdarbeiten bei dem Bauvorhaben "Neubau Kaffeerösterei D./I.", wobei nachrangig unter anderem die Geltung der VOB/B in der neuesten Fassung vereinbart wurde. Die Klägerin führte diese Arbeiten durch und die Beklagte nahm sie im August 2010 ab. Die Beklagte leistete Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt ca. 506.000 €.
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- Die Klägerin hat von der Beklagten die Zahlung restlichen Werklohns in Höhe von 155.778,84 € nebst Zinsen sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten verlangt. Die Beklagte hat dem entgegengehalten, die Klä- gerin sei bereits überzahlt, und hat widerklagend von der Klägerin Rückzahlung von 207.661,74 € nebst Zinsen gefordert. Das Landgericht hat die Beklagte nach Beweisaufnahme zur Zahlung von 100.126,77 € nebst Zinsen und zur Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten verurteilt; die weitergehende Klage und die Widerklage hat es abgewiesen.
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- Mit ihrer Berufung hat die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgt und ihren Widerklageantrag in Höhe von 192.542,73 € nebst Zinsen aufrechterhalten. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten und den Hilfsantrag der Klägerin unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung das Urteil des Landgerichts einschließlich des Verfahrens aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision, mit der sie ihre in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Anträge weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurück-- 5
- verweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
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- Das Berufungsgericht hat, soweit für die Revision von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
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- Das Urteil des Landgerichts sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen , weil das Landgericht eine Überraschungsentscheidung getroffen, Vortrag der Beklagten teilweise nicht berücksichtigt und teilweise zu Unrecht als präklu- diert angesehen und zudem seine Hinweispflicht bezüglich der von ihm zugrunde gelegten Anforderungen an die Substantiierung des Beklagtenvortrags verletzt habe.
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- Der Rechtsstreit sei nicht entscheidungsreif. Zwar sei die Klage - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht schlüssig, so dass an sich die Voraussetzungen für eine endgültige Klageabweisung gegeben seien. Die Klägerin sei bislang aber nicht auf die fehlende Schlüssigkeit hingewiesen worden , so dass ihr noch Gelegenheit gegeben werden müsse, die Klageforderung schlüssig darzustellen. Auch die Widerklage sei nicht entscheidungsreif. Zwar sei der Vortrag der Beklagten schlüssig. Jedoch sei die Klägerin im Rahmen der von ihr erhobenen Einwendungen bislang ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen , ohne dass ihr ein Hinweis und die Möglichkeit zu ergänzendem Vortrag gegeben worden sei.
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- In Ausübung des ihm zustehenden Ermessens habe sich das Berufungsgericht für eine Zurückverweisung gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO entschieden. Dabei sei berücksichtigt worden, dass aufgrund der wesentlichen Mängel des erstinstanzlichen Urteils eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme mit der Vernehmung zahlreicher Zeugen und Einholung von Sachverständigengutachten notwendig sei. Die Vernehmung von Zeugen und gegebenenfalls die Einholung eines Sachverständigengutachtens würden erforderlich , wenn es der Klägerin gelinge, zur Klage und Widerklage schlüssig vorzutragen.
II.
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- Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Zurückverweisung der Sache an das Landgericht findet in § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO keine Grundlage.
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- voraus, dass aufgrund eines wesentlichen Verfahrensmangels in erster Instanz eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Nach Wortlaut und Sinn der Vorschrift, den Aufwand mehrfacher Bearbeitung klein zu halten und Verfahrensverzögerungen durch Hin- und Herschieben von Fällen in den Instanzen zu vermeiden, genügt es hierfür nicht, dass den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu geben ist und danach möglicherweise eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme erforderlich wird (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - II ZR 76/12, NJW-RR 2013, 1013 Rn. 9 und 11; Urteil vom 22. Januar 2016 - V ZR 196/14, NJW 2016, 2274 Rn. 19). 2. Diesen Maßstäben wird die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht
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- gerecht. Dem Berufungsurteil kann die für eine Zurückverweisung gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO erforderliche Feststellung, dass eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig wird, nicht entnommen werden. Das Berufungsgericht hat vielmehr den Vortrag der Klägerin - anders alsdas Landgericht - als nicht schlüssig bewertet und nach einem entsprechenden gerichtlichen Hinweis zunächst ergänzenden Vortrag der Klägerin zu Klage und Widerklage für erforderlich gehalten. Es ist daher lediglich von einer gegebenenfalls umfangreichen und aufwändigen Verfahrensfortführung einschließlich einer wahrscheinlichen Beweisaufnahme ausgegangen. Eine Beweisaufnahme ist danach - was im Berufungsurteil auch ausdrücklich ausgeführt wird - erst dann notwendig, wenn es der Klägerin gelingt, zu Klage und Widerklage schlüssig beziehungsweise erheblich vorzutragen.
III.
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- Das angefochtene Urteil kann nach alledem nicht bestehen bleiben. Es ist aufzuheben. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neu- en Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
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- Sollte die Summe der von der Klägerin schlüssig vorgetragenen Positionen hinter dem von ihr geltend gemachten Schlussrechnungsbetrag zurückbleiben , ließe sich daraus nicht schließen, dass der Vortrag der Klägerin insgesamt unschlüssig wäre. Vielmehr ist die Klage bereits dann teilweise schlüssig, wenn die Summe der Einzelpositionen, zu denen schlüssig vorgetragen wurde, die Summe der Abschlagszahlungen übersteigt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 1997 - VII ZR 69/96, BauR 1997, 468, juris Rn. 7).
Vorinstanzen:
LG Traunstein, Entscheidung vom 27.06.2014 - 8 O 2074/11 -
OLG München, Entscheidung vom 24.06.2015 - 13 U 2533/14 Bau -
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(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.
(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,
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soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, - 2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist, - 3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist, - 4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist, - 5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist, - 6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder - 7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.