Bundesgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2013 - III ZR 102/12

bei uns veröffentlicht am12.12.2013
vorgehend
Landgericht Bonn, 1 O 459/00, 30.01.2004
Oberlandesgericht Köln, 7 U 29/04, 15.03.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 102/12
Verkündet am:
12. Dezember 2013
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom12. Dezember 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters und Reiter

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 15. März 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin - ein Branchenverband genossenschaftlich organisierter dänischer Schlachthofgesellschaften und Schweinezüchter - begehrt aus von ihren Mitgliedern abgeleitetem Recht von der beklagten Bundesrepublik Deutschland Schadensersatz wegen der Verletzung europäischen Gemeinschaftsrechts. Sie wirft der Beklagten vor, von Anfang 1993 bis 1999 für Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen aus Dänemark faktisch ein Importverbot verhängt zu haben, durch das ihren Mitgliedern in der genannten Zeit ein Schaden von 288.134.810 DM entstanden sei, von dem sie mit ihrer Klage 280.000.000 DM (= 143.161.726,73 €) geltend macht.

2
In Dänemark wurden seit Anfang der 1990-Jahre nicht kastrierte männliche Schweine als Schlachttiere gezüchtet. Deren Fleisch kann beim Erhitzen einen strengen Geruch oder Geschmack aufweisen, wobei diese Gefahr mit zunehmendem Alter und Gewicht der Schweine zum Schlachtzeitpunkt zunimmt. Um geruchsbelastetes Fleisch feststellen und aussortieren zu können, wurde in Dänemark beim Schlachtvorgang das Skatol, ein im Darm gebildetes Abbauprodukt, gemessen. Nach Auffassung der Beklagten geht die Geruchsbelastung jedoch auf das Hormon Androstenon zurück, dessen Bildung durch eine frühe Kastration ausgeschaltet werden könne, während die Prüfung des Skatolgehalts zu keinen zuverlässigen Ergebnissen führe.
3
Durch die Richtlinie 89/622/EWG des Rates vom 11. Dezember 1989 zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt (ABl. EG Nr. L 395 S. 13; im Folgenden: Veterinärkontrollrichtlinie) wurde das vorherige System der Grenzkontrollen zugunsten einer durch den Versandmitgliedstaat durchzuführenden veterinärrechtlichen Kontrolle abgelöst; der zuständigen Behörde an den Bestimmungsorten sollte nur eine nicht diskriminierende veterinärrechtliche Kontrolle im Stichprobenverfahren vorbehalten bleiben. In Art. 8 dieser Richtlinie ist ein Verfahren zur Regelung des Falls vorgesehen, dass die Übereinstimmung des Fleisches mit den geltenden gesundheitlichen Vorschriften von den zuständigen Behörden des Bestimmungs- und des Ursprungslands unterschiedlich beurteilt wird. Nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. o der Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 über die gesundheitlichen Bedingungen für die Gewinnung und das Inverkehrbringen von frischem Fleisch (ABl. EG Nr. 121 S. 2012; im Folgenden: Frischfleischrichtlinie), die durch die bis zum 1. Januar 1993 umzusetzende Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl. EG Nr. L 268 S. 69) geändert und neu gefasst worden ist, sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass der amtliche Tierarzt Fleisch, das einen starken Geschlechtsgeruch aufweist, für genussuntauglich erklärt. Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Nr. iii tragen die Mitgliedstaaten Sorge dafür, dass Fleisch - unbeschadet der in Art. 5 Abs. 1 Buchst. o vorgesehenen Fälle - von nicht kastrierten männlichen Schweinen mit einem Tierkörpergewicht von mehr als 80 kg ein besonderes Kennzeichen trägt und einer Hitzebehandlung unterzogen wird, außer wenn der Betrieb durch eine von den zuständigen Behörden anerkannte Methode sicherstellen kann, dass Schlachtkörper mit einem starken Geschlechtsgeruch festgestellt werden können.
4
Die Beklagte teilte den obersten Veterinärbehörden der Mitgliedstaaten durch den Bundesminister für Gesundheit mit Schreiben vom 18. und 26. Januar 1993, die nachrichtlich an die obersten Landesveterinärbehörden und die obersten Lebensmittelüberwachungsbehörden gerichtet waren, mit, die Regelung in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 64/433/EWG werde in der Weise in deutsches Recht umgesetzt, dass unabhängig von der Gewichtsgrenze ein Wert von 0,5 µg/g Androstenon festgesetzt werde, bei dessen Überschreitung das Fleisch einen starken Geschlechtsgeruch aufweise, nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. o untauglich zum Genuss für Menschen sei und nicht als frisches Fleisch nach Deutschland verbracht werden dürfe. Weiter heißt es in den Schreiben, alle Sendungen von Schweinefleisch aus anderen Mitgliedstaaten würden gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/622/EWG am Bestimmungsort , unabhängig von ihrer Genusstauglichkeitskennzeichnung, auf die Einhaltung des Grenzwertes überprüft. Dementsprechend wurden in der Folgezeit zahlreiche Lieferungen von Schweinefleisch aus Dänemark von den zuständigen deutschen Behörden geprüft und bei Überschreitung des Androstenongrenzwertes beanstandet und zurückgewiesen.

5
Auf eine von der Kommission erhobene Vertragsverletzungsklage stellte der Gerichtshof der Europäischen Union durch Urteil vom 12. November 1998 (C-102/96, Slg. 1998, I-6890) einen Verstoß der Beklagten gegen die genannten Richtlinienbestimmungen fest. Die Vorschrift des § 17 der Fleischhygieneverordnung wurde sodann mit Wirkung zum 1. April 1999 an das Gemeinschaftsrecht angepasst.
6
Die Klägerin stützt den geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf die Behauptung, die dänischen Schweinezüchter und Schlachthofgesellschaften hätten im Hinblick auf das gemeinschaftswidrige Verhalten der Beklagten die Produktion nicht kastrierter männlicher Schweine zunächst vermindert und im Oktober 1993 nahezu vollständig eingestellt. Um den Export von Schweinefleisch nach Deutschland nicht zu gefährden, seien männliche Schweine in dem notwendigen Umfang kastriert aufgezogen worden. In der Zeit zwischen 1993 und 1999 seien etwa 39 Millionen Schweine für die Vermarktung in Deutschland geschlachtet worden, auf deren Kastration bei Beachtung des Gemeinschaftsrechts hätte verzichtet werden können. Bei der Vermarktung einer entsprechenden Menge unkastrierter männlicher Schweine hätten sich für sie Kosteneinsparungen von aus dänischen Kronen umgerechnet 288.134.810 DM ergeben. Hiervon entfielen 60.369.135,33 DM auf Ansprüche einzelner Züchter. Der übrige Betrag setze sich aus Forderungen von drei Schlachthofbetrieben zusammen.
7
Das Landgericht hat die Klage im Hinblick auf die Beantragung eines Mahnbescheids am 6. Dezember 1999 für die Zeit ab 7. Dezember 1996 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und sie insoweit als verjährt abgewiesen, als es um Ersatzansprüche für Schäden geht, die bis zum 6. Dezember 1996 entstanden sind. Das Berufungsgericht hat in seinem ersten Verfahren die Klage insgesamt dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
8
In dem daraufhin von der Beklagten angestrengten ersten Revisionsverfahren hat der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Union verschiedene Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die sich darauf bezogen, inwieweit sich die betroffenen Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch bei der Verletzung harmonisierender Richtlinien auf Rechte beziehen können, die ihnen das Primärrecht verleiht, und inwieweit Grundsätze des Gemeinschaftsrechts auf die prinzipiell dem nationalen Recht überlassene Regelung der näheren Ausgestaltung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs, insbesondere in Bezug auf seine Verjährung und auf den Vorrang des Primärrechtsschutzes , einwirken (Beschluss vom 12. Oktober 2006 - III ZR 144/05, NVwZ 2007, 362). Der Gerichtshof hat diese Fragen mit Urteil vom 24. März 2009 (C-445/06, Slg. 2009, I-02168 = EuZW 2009, 334) beantwortet.
9
Mit seinem Urteil vom 4. Juni 2009 (III ZR 144/05, BGHZ 181, 199) hat der Senat das erste Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Er hat einen qualifizierten Verstoß der Beklagten gegen die Interessen der die dänischen Schweinezüchter und -fleischproduzenten schützendes Gemeinschaftsrecht bejaht und ausgeführt, § 839 Abs. 3 BGB stehe dem Schadensersatzanspruch nicht entgegen, sowie - auf der Grundlage des damaligen Sach- und Streitstands - die Verjährung des Anspruchs verneint. Er hat jedoch ausreichende Feststellungen des Berufungsgerichts zu der nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erforderlichen unmittelbaren Kausalität zwischen dem Gemeinschaftsrechtsverstoß und dem geltend gemachten Schaden vermisst.
10
In dem zweiten Berufungsverfahren hat die Klägerin, die zuvor behauptet hatte, ihr lägen schriftliche Abtretungserklärungen der mit ihr verbundenen Schweinezüchter vor, mit Schriftsatz vom 16. September 2010 ihren Vortrag dahingehend korrigiert, dass solche Erklärungen nicht abgegeben worden seien. Die genossenschaftlich organisierten Schlachthöfe, die ihre Ansprüche wiederum an die Klägerin abgetreten hätten, würden die Forderungen der Züchter jedoch im Wege der Prozessstandschaft geltend machen. Alternativ ergebe sich aus den Statuten der Klägerin und der Schlachthofgesellschaften sowie aus deren Beschlüssen die Abtretung der Ansprüche der Züchter.
11
Das Berufungsgericht hat die Klage mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe


12
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


13
Zur Begründung seiner Entscheidung (Urteil vom 15. März 2012 - 7 U 29/04, juris) hat das Berufungsgericht ausgeführt, es sei bereits zweifelhaft, ob die Klägerin hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Ansprüche der Züchter aktivlegitimiert sei. Es sei nicht ersichtlich, dass die diesbezüglichen Abtretungserklärungen der Schlachthofgesellschaften an die Klägerin im Einver- ständnis mit den Züchtern erfolgt seien. Eine Ermächtigung zur Geltendmachung der Forderungen im Wege der Prozessstandschaft sei entgegen der Auffassung der Klägerin den von ihr herangezogenen Statuten der Schlachthofgesellschaften nicht zu entnehmen.
14
Dies könne jedoch letztlich dahinstehen, da die Klägerin jedenfalls einen unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen dem qualifizierten Verstoß gegen drittschützende Gemeinschaftsnormen und dem geltend gemachten Schaden nicht dargelegt habe, so dass die Klage sowohl hinsichtlich der auf die Züchter als auch in Bezug auf die auf die Schlachthofgesellschaften entfallenden Schadensanteile unbegründet sei.
15
Den von der Klägerin vorgelegten Protokollen der Sitzungen der Preisfestsetzungs - und Preisfindungskommission, des Aufsichtsrats und des "Bestyrelsen" genannten Gremiums sei in der Gesamtschau ein solcher Ursachenzusammenhang nicht zu entnehmen. Aus diesen Niederschriften ergebe sich nicht, dass die Maßnahmen der Beklagten für die Aufgabe des Projekts ausschlaggebend waren, statt der Kastration die kostengünstigere Skatolgehaltsmessung zur Feststellung einer Geruchsbelastung des Fleisches männlicher Schweine durchzuführen (Male-Pig-Projekt). Dies habe keinen Ausdruck in den Protokollen gefunden. Vielmehr deuteten einzelne Passagen darauf hin, dass fachliche Notwendigkeiten maßgeblich gewesen seien.
16
Schließlich sei in die Gesamtschau auch das Verhalten der Klägerin nach 1999 einzubeziehen. Nachdem der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft in dem von der Klägerin mit beförderten Verfahren mit Urteil vom 12. November 1998 einen Verstoß der Beklagten gegen die Richtlinienbestimmungen festgestellt habe, sei § 17 der Fleischhygieneverordnung mit Wirkung zum 1. April 1999 dem Gemeinschaftsrecht angepasst worden. Gleichwohl habe die Klägerin ihr Projekt nicht wieder aufgegriffen.

II.


17
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
18
1. Die Würdigung des Berufungsgerichts zur fehlenden unmittelbaren Kausalität des Gemeinschaftsrechtsverstoßes für den geltend gemachten Schaden beruht, wie die Revision mit Recht rügt, auf einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG und § 286 ZPO.
19
a) Die Revision macht geltend, soweit das Berufungsgericht es - was es allerdings in seiner Entscheidung nicht zum Ausdruck gebracht habe - für möglich gehalten habe, dass in Deutschland die Marktakzeptanz des Fleisches nicht kastrierter männlicher Schweine gefehlt habe, habe es sich mit entscheidungserheblichem , beweisbewehrtem Sachvortrag der Klägerin nicht auseinander gesetzt. Diese Rüge ist begründet.
20
Das Berufungsgericht hat zwar nicht ausdrücklich benannt, welche anderen Umstände als den Gemeinschaftsrechtsverstoß der Beklagten es als mögliche Ursachen für die Aufgabe des Male-Pig-Projekts durch die dänischen Schlachtbetriebe und Schweinezüchter in Betracht gezogen hat. Aus der Bezugnahme der angefochtenen Entscheidung auf die Gründe des ersten Berufungsurteils und dem darin wiedergegebenen Vorbringen der Beklagten ergibt sich jedoch, dass es seinen Erwägungen deren Behauptung zugrunde gelegt hat, die Rückkehr zur Aufzucht kastrierter Schweine sei allein aus wirtschaftli- chen Gründen erfolgt, da sich Fleisch nicht kastrierter Eber in Deutschland nicht habe vermarkten lassen. Diesem Vorbringen ist die Klägerin jedoch, worauf die Revision zu Recht hinweist, mit der Behauptung entgegen getreten, in andere Länder als Deutschland seien jährlich ca. 40.000 Tonnen Fleisch nicht kastrierter , nach den Bedingungen des Male-Pig-Projekts aufgezogener männlicher Schweine abgesetzt worden, ohne dass es zu Beanstandungen durch Handel oder Verbraucher gekommen sei (Schriftsatz vom 4. November 2009, Seite 1808 der Gerichtsakte [GA] Rn. 49). Auch nach Deutschland sei noch 1992 die gleiche Menge solchermaßen produzierten Fleisches exportiert worden, ebenfalls ohne dass Beschwerden wegen Geschlechtsgeruchs erhoben worden seien (Schriftsätze vom 11. Januar 2005, GA 1555 Rn. 18 und vom 4. November 2009, GA 1808 Rn. 50, siehe auch Schriftsatz vom 20. Juni 2002, GA 598 Rn. 34 und vom 24. November 2009, GA 1868 f Rn. 36 ff). Weiterhin hat die Klägerin in diesem Zusammenhang vorgetragen, die deutsche Fleischwirtschaft habe 1991 ihre Skepsis gegenüber dem Male-Pig-Projektaufgegeben, und die wichtigsten Marktteilnehmer hätten die Beklagte 1992 aufgefordert, die geänderte Frischfleischrichtlinie möglichst rasch umzusetzen (Schriftsatz vom 25. Januar 2010, GA 1940 Rn. 21 unter Bezugnahme auf Schriftsatz vom 11. Januar 2005, GA 1566 Rn. 56, wo wiederum auf S. 10 Abs. 1 der Anlage K 132 hingewiesen wird; Schriftsatz vom 20. Oktober 2010, GA 2257 f Rn. 40).
21
Mit diesem Vorbringen hat sich das Berufungsgericht bei seiner Würdigung der Gesamtumstände zu Unrecht nicht befasst. Die Behauptungen der Klägerin sind entscheidungserheblich. Treffen diese zu, stellen sie gewichtige Indizien dafür dar, dass sich auch die deutschen Marktteilnehmer entgegen dem Vortrag der Beklagten am Fleisch unkastrierter männlicher Schweine, bei denen der Geschlechtsgeruch (lediglich) mit der Skatolmessmethode geprüft wurde, nicht gestört hätten. Ist dies der Fall, kann die erforderliche Kausalität zwischen dem Gemeinschaftsrechtsverstoß der Beklagten und dem geltend gemachten Schaden gegeben sein, sofern die Einstellung des Male-Pig-Projekts durch die dänischen Schweinefleischproduzenten auch subjektiv durch die Zurückweisungspraxis der deutschen Veterinärbehörden motiviert wurde (siehe hierzu sogleich).
22
Die Klägerin hat für ihr Vorbringen tauglichen Beweis angetreten. Den erfolgreichen Export von jährlich rund 40.000 Tonnen Fleisch, das nach dem Male-Pig-Methode produziert wurde, in andere Staaten und 1992 auch nach Deutschland hat die Klägerin durch die Benennung der Zeugin Margrethe Jensen unter Beweis gestellt (Schriftsatz vom 4. November 2009, GA 1807, 1808 Rn. 49, 50). Zu letztem Punkt hat die Klägerin überdies Beweis durch das Angebot der Vernehmung von Ole Verner und Oivind Hoen als Zeugen angetreten (Schriftsatz vom 10. Januar 2005, GA 1555 f, Rn. 20). Ihre Behauptung, die führenden Fleischvermarkter in Deutschland hätten ihre Skepsis gegenüber dem Male-Pig-Projekt 1992 überwunden, hat sie durch Vorlage des Protokolls einer Ausschusssitzung des Bundesmarktverbands für Vieh und Fleisch vom 30. November 1992 (vgl. Schriftsätze vom 25. Januar 2010, GA 1940 Rn. 20 und vom 20. Oktober 2010, GA 2257 f Rn. 40, Anlage K 132) unter Beweis gestellt. Es ist nicht auszuschließen, dass die von der Klägerin angeführte Passage aus der Niederschrift - gegebenenfalls zusammen mit den übrigen Beweismitteln - geeignet ist, dem Tatrichter die Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung der Klägerin zu verschaffen, auch wenn dort unter anderem festgehalten ist, dass ein Konsens über die Vermarktung von Eberfleisch nicht erzielt werden konnte.
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b) Die Revision rügt weiter mit Recht, das Berufungsgericht habe sich unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG bei seiner Würdigung zur unmittelba- ren Kausalität darauf beschränkt, fünf Protokolle von Gremien der Klägerin heranzuziehen , jedoch andere Niederschriften außer Betracht gelassen, aus denen sich ergebe, dass das Male-Pig-Projekt aufgrund des Gemeinschaftsrechtsverstoßes der Beklagten eingestellt worden sei. Die Revision bezieht sich insoweit auf das von der Klägerin vorgelegte Protokoll der Sitzung des "Bestyrelsen" vom 4. Februar 1993 (Schriftsatz vom 12. April 2010, GA 2023 Rn. 114 unter Hinweis auf Anlage K 186), die Mitteilung der Schlachthofgesellschaften an die Züchter vom 15. Februar 1993 (Schriftsatz vom 18. Oktober 2000, GA 126 f Rn. 313), die Mitteilung einer Schlachthofgesellschaft an ihre Genossenschaftsmitglieder auf B. vom 11. März 1993 (Schriftsätze vom 18. Oktober 2000, GA 127 Rn. 314 und vom 12. April 2010, GA 2038 Rn. 160 jeweils unter Hinweis auf Anlage K 46), die Pressemitteilung der Klägerin vom 7. Oktober 1993 (Anlagen K 154 und 215), das Schreiben des Vorsitzenden der Klägerin an die Europäische Kommission vom 7. Oktober 1993 (Schriftsatz vom 18. Oktober 2000, GA 139 f Rn. 344 unter Bezugnahme auf Anlage K 55), die Information einer weiteren Schlachthofgesellschaft an ihre Mitglieder vom 14. Oktober 1993 (Schriftsatz vom 12. April 2010, GA 2053 Rn. 209 unter Hinweis auf Anlage K 218), den internen Bericht über das Treffen des Vorstandsvorsitzenden der Klägerin mit dem EU-Budgetkommissar S. (auch mit dem Agrarkommissar C. ) am 25. Juli 1994 (Schriftsatz vom 12. April 2010, GA 2064 f Rn. 245 f unter Hinweis auf Anlage K 232) und das Schreiben eines Schlachthofbetriebs vom 6. Februar 1995 an das dänische Landwirtschafts- und Fischereiministerium (Schriftsatz vom 12. April 2010, GA 2069 Rn. 260 unter Hinweis auf Anlage K 239). Sämtliche Schreiben lassen - in jeweils unterschiedlichem Maß - bei einer Gesamtschau den Schluss möglich erscheinen, dass sich die betroffenen Schlachtbetriebe und Züchter ausschließlich aufgrund des Verhaltens der Behörden der Beklagten veranlasst sahen, von der kostengünstigeren Produktion von Schweinefleisch im Rahmen des Male-Pig-Projekts abzusehen, nicht aber infolge der aus ihrer Sicht fehlenden Markttauglichkeit solchermaßen hergestellten Fleischs. Ein derartiger Rückschluss ist zwar nicht zwingend. Jedoch ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht , wenn es die von der Revision angeführten Schreiben in seine Würdigung einbezogen hätte, zu einer abweichenden Beurteilung der Kausalitätsfrage gekommen wäre.
24
Die subjektive Einschätzung der Klägerin und der ihr angeschlossenen Schweinefleischproduzenten, dass das Male-Pig-Projekt allein aufgrund der von der Beklagten faktisch verfügten Handelsbeschränkungen abzubrechen war, ist für die Beurteilung der Kausalitätsfrage entscheidungserheblich. Zwar reicht es für den Schadensersatzanspruch nicht, wenn die der Klägerin angeschlossenen Produzenten lediglich subjektiv der Ansicht waren, sie könnten mit dem im Rahmen dieses Projekts hergestellten Fleisch auf dem deutschen Markt bestehen. Eine Schadensersatzforderung wäre auch in diesem Fall ausgeschlossen, wenn diese Erwartung objektiv unberechtigt war, wie die Beklagte geltend macht. Jedoch würde unabhängig von der objektiven Marktlage ein Schadensersatzanspruch auch ausscheiden, wenn, wovon das Berufungsgericht - nach allerdings aus den vorstehenden Gründen unvollständiger Würdigung des Streitstoffs - ausgegangen ist, die dänischen Produzenten das Male-Pig-Projekt eingestellt hätten, weil sie (nur subjektiv) zu der Auffassung gelangt waren, dieses Verfahren werde keine Marktakzeptanz in Deutschland finden.
25
c) Ebenfalls - jedenfalls im Grundsatz - zu Recht macht die Revision geltend , das Berufungsgericht habe zur Frage der Motivation für die Einstellung des Male-Pig-Projekts angebotenen Zeugenbeweis übergangen. Die Klägerin zeigt hierzu auf Seiten 21 ff der von ihr zur Begründung der Revision in Bezug genommenen Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde jedenfalls teilwei- se schlüssigen Vortrag aus ihren Schriftsätzen in der Tatsacheninstanz zu den Beweggründen und dazu angetretenen Zeugenbeweis auf. Es mag zwar sein, dass das Berufungsgericht insoweit nicht jedes einzelne der von der Klägerin angeführten Details hätte ausdrücklich bescheiden und hierzu Beweis erheben müssen. Jedoch hätte sich das Berufungsgericht mit den verschiedenen Behauptungen wenigstens teilweise auseinandersetzen und abwägen müssen, zu welchem Vorbringen eine Beweisaufnahme notwendig war. Hieran fehlt es.
26
d) Im Ergebnis begründet ist ferner die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe seine Würdigung nicht auf den Umstand stützen dürfen, dass die der Klägerin angeschlossenen Produzenten auch nach Herstellung einer gemeinschaftsrechtskonformen Rechtslage im Jahr 1999 ihr Male-Pig-Projekt nicht wieder aufgenommen hätten. Es liegt zwar innerhalb des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums, wenn das Berufungsgericht diesen Umstand als ein Indiz dafür wertet, dass die Einstellung des Male-Pig-Projekts nicht durch das gemeinschaftsrechtswidrige Verhalten der Beklagten motiviert war. Mit Recht rügt die Revision jedoch, dass die Vorinstanz auch insoweit nicht die vorerwähnten Schreiben in ihre Gesamtwürdigung einbezogen und von der Erhebung der zu diesem Thema angebotenen Zeugenbeweise abgesehen hat.
27
e) Die Zurückverweisung der Sache gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit sich mit der von ihm nicht beschiedenen, nach Ansicht der Revision jedoch "schlagenden" Argumentation der Klägerin zu befassen, es wäre einerseits unverständlich, dass diese alle zu Gebote stehenden Anstrengungen unternommen habe, um die deutschen Stellen zu einer Beachtung des EG-Rechts zu bewegen, und sich andererseits schon aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen zur Einstellung des Male-Pig-Projekts entschlossen hätte.
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Diesem Verhalten könnte im Zusammenwirken mit anderen Anhaltspunkten zwar eine gewisse Aussagekraft für die Richtigkeit des Vortrags der Klägerin zur Vermarktbarkeit des Fleisches unkastrierter Eber in Deutschland zukommen. Ein hinreichendes Indiz hierfür ist dem allerdings nicht zu entnehmen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Anstrengungen der Klägerin, die maßgeblichen Stellen der Beklagten zu einer gemeinschaftskonformen Gestaltung der nationalen Rechtslage zu veranlassen, zumindest auch durch das mit der Feststellung eines Gemeinschaftsrechtsverstoßes naheliegende Potential, Schadensersatzansprüche geltend zu machen, motiviert wurden, selbst wenn man sich intern bewusst war, dass das Male-Pig-Projekt ohnehin nicht "marktfähig" war. Ein zwingender Schluss auf die zu beweisende Haupttatsache lässt sich aus dem als übergangen gerügten Vorbringen damit nicht ziehen.
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f) Weiterhin wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben, sich mit den von der Revision erhobenen Rügen gegen seine Würdigung der von ihm herangezogenen Protokolle verschiedener Sitzungen von Kommissionen und des "Bestyrelsen" der Klägerin vom 21. Dezember 1992, 20. Januar 1993, 8. Februar 1993, 11. August 1993 und vom 7. Oktober 1993 auseinanderzusetzen, aus denen die Vorinstanz abgeleitet hat, der unmittelbare Kausalzusammenhang zwischen dem Gemeinschaftsrechtsverstoß und dem geltend gemachten Schaden sei nicht erkennbar. Der Senat hat im vorliegenden Verfahrensstadium keine Veranlassung, sich hiermit zu befassen, zumal es sich bei den Beanstandungen im Wesentlichen um revisionsrechtlich unmaßgebliche Angriffe auf die dem Tatrichter vorbehaltenen Sachverhaltswertungen handelt.
30
g) Dafür, dass zugunsten der Klägerin die Voraussetzungen eines Anscheinsbeweises (siehe hierzu z.B. BGH, Urteil vom 26. März 2013 - VI ZR 109/12, NJW 2013, 2901 Rn. 27) für die inmitten stehende Kausalitätsfrage er- füllt sein könnten, gibt es entgegen der Ansicht der Revision keinen Anhaltspunkt. Dies gilt erst Recht für eine Beweislastumkehr. Es verbleibt insoweit bei den Beweiserleichterungen des § 287 ZPO.
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2. Der Senat hat schließlich aus den nachfolgenden Gründen auch keine Veranlassung, über die Revisionsrügen zu entscheiden, die gegen die - die angefochtene Entscheidung ohnehin nicht tragenden - Ausführungen des Berufungsgerichts zur Prozessstandschaft der Klägerin für die einzelnen Züchter gerichtet sind, deren Anteil am geltend gemachten Gesamtschaden von 288.134.710,00 DM (= 147.320.937,91 €) mit 60.369.135,33 DM (= 30.866.248,77 €) beziffert ist.
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Für das weitere Verfahren ist allerdings auf Folgendes hinzuweisenund insbesondere anzumerken, dass die Klage, soweit sie auf eine Prozessstandschaft gestützt ist, im Ergebnis selbst dann ohne Erfolg bleiben müsste, wenn deren Voraussetzungen erfüllt sein sollten.
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a) Von der Wirksamkeit der Prozessstandschaft hängt nicht nur die materiellrechtliche Aktivlegitimation ab, sondern bereits die Zulässigkeit der Klage, soweit die Ansprüche der Züchter betroffen sind. Feststellungen zur Zulässigkeit der Klage dürfen jedoch entgegen der Behandlung durch das Berufungsgericht grundsätzlich nicht mit der Erwägung unterbleiben, die Klage sei ohnehin unbegründet (z.B.: BGH, Urteile vom 25. Januar 2012 - XII ZR 139/09, NJW 2012, 1209 Rn. 44; vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98, NJW 2000, 3718, 3719 f und vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98, NJW 2000, 738 f dieses speziell zur Prozessstandschaft).
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aa) Die hier in Betracht zu ziehende gewillkürte Prozessstandschaft setzt neben dem schutzwürdigen Interesse des Klägers eine wirksame Ermächtigung durch den Forderungsinhaber zur Geltendmachung des Anspruchs voraus (ständige Rspr., z.B.. BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 - VII ZR 34/93, BGHZ 125, 196, 199 mwN). Auch in Fällen, die, wie hier, Auslandsberührung haben, beurteilt sich die Zulässigkeit der Prozessstandschaft zwar grundsätzlich nach dem deutschen Prozessrecht als lex fori (BGH aaO). Die Erteilung und der Bestand der Prozessführungsermächtigung richten sich allerdings nach dem materiellen Recht (BGH, Urteil vom 10. November 1999 aaO S. 739; Musielak/ Weth, ZPO, 10. Aufl., § 51 Rn. 26; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., vor § 50 Rn. 45). Da eine Auslandsberührung vorliegt, bestimmt sich das anzuwendende Sachrecht nach dem Internationalen Privatrecht. Gemäß dem im Zeitpunkt der Klageerhebung noch maßgeblichen Art. 33 Abs. 1 EGBGB (jetzt inhaltsgleich Art. 14 Abs. 1 der Verordnung [EG], Nr. 593/2008, des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht [Rom I] ABl. Nr. L 177 S. 6, ber. 2009 Nr. L 309 S. 87) ist bei einer Abtretung für die Verpflichtungen zwischen dem bisherigen und dem neuen Gläubiger das Recht maßgebend, dem der Vertrag zwischen ihnen unterliegt. Diese Regelung ist auch auf die Erteilung einer Einziehungsermächtigung anwendbar, da diese unbeschadet ihrer dogmatischen Einordnung im internen deutschen Recht international-privatrechtlich als Abtretung zu qualifizieren ist (BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 aaO S. 204; Palandt/Thorn, BGB, 73. Aufl., Rom I Art. 14 Rn. 2). Die Einziehungsermächtigung soll sich aus den Statuten der in der Klägerin zusammengeschlossenen Schlachtbetriebe beziehungsweise aus ihrem eigenen Statut ergeben. Dies und die weitere Frage , ob die Klägerin im Fall einer wirksamen Ermächtigung Zahlung an sich selbst verlangen kann, richten sich nach dem dänischen Recht. Ausländisches Recht ist nach § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln (BGH, Urteil vom 15. Juli 2008 - VI ZR 105/07, BGHZ 177, 237 Rn. 7 mwN), wovon das Berufungsgericht bislang abgesehen hat.
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Der Senat braucht dies nicht nachzuholen. Zwar sind die Prozessvoraussetzungen und damit unter anderem die Wirksamkeit einer Prozessstandschaft auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (z.B. Senatsurteil vom 19. März 1987 - III ZR 2/86, BGHZ 100, 217, 219; BGH, Urteile vom 7. Juli 2008 - II ZR 26/07, WM 2008, 1615 Rn. 12; vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98, NJW 2000, 738 jeweils mwN und vom 24. Februar 1994 aaO S. 200, 202). Allerdings kann das Revisionsgericht hiervon absehen, wenn dies unzweckmäßig ist (vgl. BGH, Urteile vom 24. Februar 1994 aaO und vom 10. Oktober 1985 - IX ZR 73/85, NJW-RR 1986, 157, 158). Dies ist hier der Fall. Der Rechtsstreit ist ohnehin an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit nicht die Forderungen der einzelnen Züchter betroffen sind. Eine Teilabweisung der Klage, soweit sie wegen Fehlens der Prozessführungsbefugnis der Klägerin unzulässig ist, ist nicht möglich. Die Klägerin hat lediglich eine Teilklage erhoben, ohne bislang klarzustellen, welchen Anteil der einzelnen Schadensersatzansprüche sie geltend macht beziehungsweise in welcher Reihenfolge die einzelnen Forderungen geprüft werden sollen (vgl. hierzu z.B. Senatsurteil vom 3. Dezember 1953 - III ZR 66/52, BGHZ 11, 192, 194; BGH, Urteil vom 27. November 1996 - VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441). Dem Senat ist damit eine Abgrenzung der Forderungen der Züchter von den Ansprüchen der Schlachthofgesellschaften nicht möglich.
36
bb) Sollten die Voraussetzungen dafür, dass die Klägerin die Ansprüche der einzelnen Züchter im Wege der Prozessstandschaft verfolgen kann, erfüllt sein, wären die Forderungen allerdings verjährt. Im Falle der gewillkürten Prozessstandschaft tritt die Verjährungshemmung erst in dem Augenblick ein, in dem diese prozessual offen gelegt wird oder offensichtlich ist (Senatsurteil vom 5. Mai 2011 - III ZR 305/09, NVwZ 2011, 1150 Rn. 35; BGH, Urteile vom 7. Juni 2001 - I ZR 49/99, NJW-RR 2002, 20, 22; vom 16. September 1999 - VII ZR 385/98, WM 2000, 77, 78; vom 3. Juli 1980 - IVa ZR 38/80, BGHZ 78, 1, 6 und vom 30. Mai 1972 - I ZR 75/71, NJW 1972, 1580, noch zur Verjährungsunterbrechung nach § 209 Abs. 1 BGB a.F.). Die Klägerin hat erst mit Schriftsatz vom 16. September 2010 (bei Gericht als Fax am selben Tag eingegangen) vorgetragen, sie mache die Ansprüche der einzelnen Schweinezüchter im Wege der Prozessstandschaft geltend. Dies war zuvor auch nicht offensichtlich, da die Klägerin bis dahin allein als Zessionarin aufgetreten war. Zu diesem Zeitpunkt war die Verjährungsfrist für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch bereits abgelaufen. Zwar war nach dem Senatsurteil vom 4. Juni 2009 (III ZR 144/05, BGHZ 181, 199 Rn. 38 ff) zunächst von der dreißigjährigen Regelverjährung nach § 195 BGB a.F. auszugehen. Jedoch gilt nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB seit dem 1. Januar 2002 die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB n.F., die gemäß Absatz 4 Satz 1 der genannten Bestimmung ab diesem Tag zu laufen begann, so dass die Verjährung bei Offenlegung der Prozessstandschaft bereits eingetreten war.
37
cc) Dementsprechend kann die Klage bezüglich der Forderungen der Züchter im Ergebnis nur Erfolg haben, wenn sich aus den Statuten der Klägerin beziehungsweise derjenigen der in ihr zusammengeschlossenen Betriebe sowie aus deren Beschlüssen eine Abtretung der Ansprüche der Züchter ergibt. Dies ist wiederum gemäß Art. 33 Abs. 1 EGBGB a.F. (nunmehr Art. 14 Abs. 1 Rom I VO) nach dänischem Recht zu beurteilen, zu dem das Berufungsgericht gegebenenfalls wird Ermittlungen anstellen müssen.
38
dd) Soweit die Klägerin meint, aus dem Europarecht in Verbindung mit dem Effektivitätsgrundsatz ergebe sich die Befugnis der Klägerin, die Ansprüche der einzelnen Schweinezüchter klageweise geltend zu machen, ist dies nicht nachvollziehbar.
Schlick Herrmann Wöstmann
Seiters Reiter

Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 30.01.2004 - 1 O 459/00 -
OLG Köln, Entscheidung vom 15.03.2012 - 7 U 29/04 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 209 Wirkung der Hemmung


Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 293 Fremdes Recht; Gewohnheitsrecht; Statuten


Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 144/05
Verkündet am:
12. Oktober 2006
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG
des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69) Art. 5 Abs. 1 Buchst. o, Art. 6
Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii; Richtlinie 89/662/EWG des Rates vom 11. Dezember 1989 (ABl.EG
1989 Nr. L 395 S. 13) Art. 5 Abs. 1, Art. 7, Art. 8; BGB §§ 839 (H), 852 Abs. 1 (a.F.)
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art. 234 EG folgende Fragen
zur Vorabentscheidung vorgelegt:

a) Verleihen die Bestimmungen des Art. 5 Abs. 1 Buchst. o und des Art. 6 Abs. 1 Buchst. b
Ziffer iii der Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung gesundheitlicher
Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleisch in der Fassung
der Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69)
in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1, Art. 7 und Art. 8 der Richtlinie 89/662/EWG des Rates vom
11. Dezember 1989 zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen
Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt (ABl.EG 1989 Nr. L 395 S. 13)
den Produzenten und Vermarktern von Schweinefleisch eine Rechtsposition, die bei Umsetzungs
- oder Anwendungsfehlern einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch
auslösen kann?

b) Können sich die Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch - unabhängig von der
Beantwortung der ersten Frage - zur Begründung eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs
bei einer gegen das europäische Gemeinschaftsrecht verstoßenden Umsetzung
und Anwendung der genannten Richtlinien auf eine Verletzung von Art. 30 EGV (=
Art. 28 EG) berufen?

c) Verlangt das Gemeinschaftsrecht, dass die Verjährung des gemeinschaftsrechtlichen
Staatshaftungsanspruchs im Hinblick auf ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226
EG unterbrochen oder ihr Lauf bis zu dessen Beendigung jedenfalls dann gehemmt wird,
wenn es an einem effektiven innerstaatlichen Rechtsbehelf fehlt, den Mitgliedstaat zur Umsetzung
einer Richtlinie zu zwingen?

d) Beginnt die Verjährungsfrist für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch,
der auf die unzureichende Umsetzung einer Richtlinie und ein damit einhergehendes (faktisches
) Importverbot gegründet ist, unabhängig von dem anwendbaren nationalen Recht erst
mit deren vollständiger Umsetzung oder kann die Verjährungsfrist in Übereinstimmung mit
dem nationalen Recht schon dann zu laufen beginnen, wenn erste Schadensfolgen bereits
eingetreten und weitere Schadensfolgen absehbar sind? Sollte die vollständige Umsetzung
den Verjährungsbeginn beeinflussen, gilt dies dann allgemein oder nur, wenn die Richtlinie
dem Einzelnen ein Recht verleiht?

e) Bestehen unter dem Gesichtspunkt, dass die Mitgliedstaaten die schadensersatzrechtlichen
Voraussetzungen für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht ungünstiger
ausgestalten dürfen als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen, und
dass die Erlangung einer Entschädigung nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig
erschwert werden darf, allgemein Bedenken gegen eine nationale Regelung, nach der die
Ersatzpflicht nicht eintritt, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den
Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden? Bestehen auch dann Bedenken
gegen diesen "Vorrang des Primärrechtsschutzes", wenn er unter dem Vorbehalt steht,
dass er dem Betroffenen zumutbar sein muss? Ist er bereits dann im Sinne des europäischen
Gemeinschaftsrechts unzumutbar, wenn das angegangene Gericht die in Rede stehenden
gemeinschaftsrechtlichen Fragen voraussichtlich nicht ohne Vorlage an den Gerichtshof
der Europäischen Gemeinschaften beantworten könnte oder wenn bereits ein Vertragsverletzungsverfahren
nach Art. 226 EG anhängig ist?
BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2006 - III ZR 144/05 -OLG Köln
LG Köln
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Oktober 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Streck, Dörr und
Dr. Herrmann

beschlossen:
I. Die Entscheidung über die Revision der Beklagten wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art. 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Verleihen die Bestimmungen des Art. 5 Abs. 1 Buchst. o und des Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii der Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleisch in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69) in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1, Art. 7 und Art. 8 der Richtlinie 89/662/EWG des Rates vom 11. Dezember 1989 zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt (ABl.EG 1989 Nr. L 395 S. 13) den Produzenten und Vermarktern von Schweinefleisch eine Rechtsposition, die bei Umsetzungs - oder Anwendungsfehlern einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch auslösen kann? 2. Können sich die Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch - unabhängig von der Beantwortung der ersten Frage - zur Begründung eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs bei einer gegen das europäische Gemeinschaftsrecht verstoßenden Umsetzung und Anwendung der genannten Richtlinien auf eine Verletzung von Art. 30 EGV (= Art. 28 EG) berufen? 3. Verlangt das Gemeinschaftsrecht, dass die Verjährung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs im Hinblick auf ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG unterbrochen oder ihr Lauf bis zu dessen Beendigung jedenfalls dann gehemmt wird, wenn es an einem effektiven innerstaatlichen Rechtsbehelf fehlt, den Mitgliedstaat zur Umsetzung einer Richtlinie zu zwingen? 4. Beginnt die Verjährungsfrist für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch, der auf die unzureichende Umsetzung einer Richtlinie und ein damit einhergehendes (faktisches) Importverbot gegründet ist, unabhängig von dem anwendbaren nationalen Recht erst mit deren vollständiger Umsetzung oder kann die Verjährungsfrist in Übereinstimmung mit dem nationalen Recht schon dann zu laufen beginnen, wenn erste Schadensfolgen bereits eingetreten und weitere Schadensfolgen absehbar sind? Sollte die vollständige Umsetzung den Verjährungsbeginn beein- flussen, gilt dies dann allgemein oder nur, wenn die Richtlinie dem Einzelnen ein Recht verleiht? 5. Bestehen unter dem Gesichtspunkt, dass die Mitgliedstaaten die schadensersatzrechtlichen Voraussetzungen für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht ungünstiger ausgestalten dürfen als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen, und dass die Erlangung einer Entschädigung nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden darf, allgemein Bedenken gegen eine nationale Regelung, nach der die Ersatzpflicht nicht eintritt, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden? Bestehen auch dann Bedenken gegen diesen "Vorrang des Primärrechtsschutzes" , wenn er unter dem Vorbehalt steht, dass er dem Betroffenen zumutbar sein muss? Ist er bereits dann im Sinne des europäischen Gemeinschaftsrechts unzumutbar, wenn das angegangene Gericht die in Rede stehenden gemeinschaftsrechtlichen Fragen voraussichtlich nicht ohne Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften beantworten könnte oder wenn bereits ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG anhängig ist?

Gründe:


I.


1
Die Klägerin - ein Branchenverband genossenschaftlich organisierter dänischer Schlachthofgesellschaften und Schweinezüchter - begehrt aus abgetretenem Recht ihrer Mitglieder von der beklagten Bundesrepublik Deutschland Schadensersatz wegen der Verletzung europäischen Gemeinschaftsrechts. Gegenstand des Verfahrens ist der von der Klägerin erhobene Vorwurf, die Beklagte habe von Anfang 1993 bis 1999 entgegen dem geltenden Gemeinschaftsrecht faktisch ein Importverbot verhängt, das sich auf Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen aus Dänemark bezogen habe. Hierdurch sei den Schweinezüchtern und Schlachthofgesellschaften in der genannten Zeit ein Schaden von mindestens 280.000.000 DM entstanden.
2
Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde. In Dänemark wurde Anfang der neunziger Jahre das "Male-Pig-Projekt" zur Aufzucht nicht kastrierter männlicher Schweine ins Leben gerufen. Diese - nach der Behauptung der Klägerin wirtschaftlich vorteilhaftere - Aufzucht birgt die Gefahr, dass das Fleisch beim Erhitzen einen strengen Geruch bzw. Geschmack, den sogenannten Geschlechtsgeruch, aufweisen kann, wobei diese Gefahr mit zunehmendem Alter und Gewicht der Schweine zum Schlachtzeitpunkt zunimmt. Nach Auffassung der dänischen Forschung lässt sich diese Geruchsbelastung bereits beim Schlachtvorgang durch Prüfung des Skatolgehalts, eines im Darm gebildeten Abbauprodukts, feststellen. Dementsprechend wurden in Dänemark im Rahmen des Male-Pig-Projekts unter zentraler Steuerung durch die Klägerin und die Schlachthofgesellschaften in sämtlichen Schlachtlinien der Schlachthöfe Skatolmesseinrichtungen installiert, um geruchsbelastetes Fleisch feststellen und aussortieren zu können. Nach Auffassung der deutschen Seite geht die Geruchsbelastung auf das Hormon Androstenon zurück, dessen Bildung durch eine frühe Kastration ausgeschaltet werden könne; der Skatolgehalt sei für sich allein betrachtet kein Maß für den Geschlechtsgeruch und seine Prüfung führe daher zu keinen zuverlässigen Ergebnissen.
3
Der gemeinschaftsrechtliche Rahmen sah wie folgt aus: Durch die Richtlinie 89/622/EWG des Rates vom 11. Dezember 1989 zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt (ABl.EG 1989 Nr. L 395 S. 13) wurde das bisherige System der Grenzkontrollen zugunsten einer durch den Versandmitgliedstaat durchzuführenden veterinärrechtlichen Kontrolle abgelöst; der zuständigen Behörde an den Bestimmungsorten sollte nur eine nicht diskriminierende veterinärrechtliche Kontrolle im Stichprobenverfahren vorbehalten bleiben. In Art. 8 dieser Richtlinie ist ein Verfahren zur Regelung des Falls vorgesehen, dass die Übereinstimmung des Fleisches mit den geltenden gesundheitlichen Vorschriften von den zuständigen Behörden des Bestimmungs- und des Ursprungslands unterschiedlich beurteilt wird. In der Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 über die gesundheitlichen Bedingungen für die Gewinnung und das Inverkehrbringen von frischem Fleisch, die durch die bis zum 1. Januar 1993 umzusetzende Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69) geändert und neu gefasst worden ist, heißt es in Art. 5 Abs. 1 Buchst. o, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass der amtliche Tierarzt Fleisch, das einen starken Geschlechtsgeruch aufweist, für genussuntauglich erklärt. Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii tragen die Mitgliedstaaten Sorge dafür, dass Fleisch - unbeschadet der in Art. 5 Abs. 1 Buchst. o vorgesehenen Fälle - von nicht kastrierten männlichen Schweinen mit einem Tierkörpergewicht von mehr als 80 kg ein besonderes Kennzeichen trägt und einer Hitzebehandlung unterzogen wird, außer wenn der Betrieb durch eine nach dem Verfahren des Art. 16 anerkannte bzw. - wenn kein entsprechender Beschluss gefasst worden ist - durch eine von den zuständigen Behörden anerkannte Methode sicherstellen kann, dass Schlachtkörper mit einem starken Geschlechtsgeruch festgestellt werden können.
4
Die Beklagte teilte den obersten Veterinärbehörden der Mitgliedstaaten durch den Bundesminister für Gesundheit mit Schreiben vom 18. und 26. Januar 1993, die nachrichtlich an die obersten Landesveterinärbehörden und die obersten Lebensmittelüberwachungsbehörden gerichtet waren, mit, die Regelung in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 64/433/EWG werde in der Weise in nationales deutsches Recht umgesetzt, dass unabhängig von der Gewichtsgrenze ein Wert von 0,5 µg/g Androstenon festgesetzt werde. Bei Überschreitung dieses Wertes weise das Fleisch einen starken Geschlechtsgeruch auf und sei nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. o untauglich zum Genuss für Menschen. Als Methode zum Nachweis des Androstenons werde nur der modifizierte Immunoenzymtest nach Prof. Claus als spezifisch anerkannt. Das Fleisch männlicher , nicht kastrierter Schweine, bei dem dieser Wert überschritten werde, dürfe nicht als frisches Fleisch in die Bundesrepublik Deutschland verbracht werden. Weiter heißt es in den Schreiben, im Einvernehmen mit der EG-Kommission und dem Rat (s. Protokollerklärung zu Art. 6 Abs. 1 Buchst. b) bei Beschluss der Richtlinie 91/497/EWG werde für alle Sendungen von Schweinefleisch aus anderen Mitgliedstaaten Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/622/EWG angewandt. Schweinefleischsendungen würden am Bestimmungsort , unabhängig von ihrer Genusstauglichkeitskennzeichnung, auf die Einhaltung des Grenzwertes überprüft und bei Überschreitung des Wertes beanstandet. Dementsprechend wurden in der Folgezeit zahlreiche Lieferungen von Schweinefleisch aus Dänemark von den zuständigen deutschen Behörden geprüft und bei Überschreitung des Androstenongrenzwertes beanstandet und zurückgewiesen.
5
Nachdem die Beklagte und die Kommission keine Einigung über die Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Normen finden konnten, stellte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften auf die von der Kommission im Jahr 1996 erhobene Vertragsverletzungsklage durch Urteil vom 12. November 1998 (Rs. C-102/96, Slg. 1998, I-6890) einen Verstoß der Beklagten gegen die genannten Richtlinienbestimmungen fest.
6
Die Klägerin hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf die Behauptung gestützt, die dänischen Schweinezüchter und Schlachthofgesellschaften hätten im Hinblick auf das gemeinschaftswidrige Verhalten der Beklagten zunächst die Produktion nicht kastrierter männlicher Schweine vermindert und im Oktober 1993 nahezu vollständig eingestellt. Um den Export von Schweinefleisch nach Deutschland nicht zu gefährden, seien männliche Schweine in dem notwendigen Umfang kastriert aufgezogen worden. In der Zeit zwischen 1993 und 1999 seien etwa 39 Millionen kastriert aufgezogene Schweine für die Vermarktung in Deutschland geschlachtet worden. Bei der Vermarktung einer entsprechenden Menge unkastrierter männlicher Schweine hätten sich für sie Kosteneinsparungen von mindestens 280.000.000 DM ergeben.
7
Das Landgericht (LRE 48, 207) hat die Klage im Hinblick auf die Beantragung eines Mahnbescheids am 6. Dezember 1999 für die Zeit ab 7. Dezember 1996 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und sie insoweit als verjährt abgewiesen, als es um Ersatzansprüche für Schäden geht, die bis zum 6. Dezember 1996 entstanden sind. Das Berufungsgericht (LRE 51, 370) hat die Klage insgesamt dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

II.


8
allgemeinen Die Voraussetzungen für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften geklärt. Danach kommt eine Haftung des Mitgliedstaats in Betracht, wenn die verletzte Gemeinschaftsrechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoß und dem dem Einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 30. September 2003 - Rs. C-224/01 - Köbler - Slg. 2003, I-10290, 10305 zu Rn. 30, 31 mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Der vorliegende Fall wirft die Frage auf, inwieweit sich die betroffenen Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch bei der Verletzung harmonisierender Richtlinien gegebenenfalls auf Rechte beziehen können, die ihnen das Primärrecht verleiht. Darüber hinaus sieht der Senat einen Klärungsbedarf hinsichtlich der Einflussnahme von Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts auf die prinzipiell dem nationalen Recht überlassene Regelung der näheren Ausgestaltung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs, insbesondere in Bezug auf seine Verjährung und auf den Vorrang des Primärrechtsschutzes.
9
1. a) Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften war mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt, insbesondere was die Verlautbarung der Beklagten durch das Schreiben des Bundesministers für Gesundheit vom 26. Januar 1993 angeht, bereits in dem auf Klage der Kommission eingeleiteten Verfahren gemäß Art. 169 EGV (= Art. 226 EG) in der Rechtssache C-102/96 befasst. Er hat hierbei die für das anhängige Verfahren zu übernehmende Feststellung getroffen , dass die Beklagte mit der im Schreiben vom 26. Januar 1993 angekündigten Praxis, Schlachtkörper von nicht kastrierten männlichen Schweinen der Kennzeichnung und Hitzebehandlung bereits dann zu unterwerfen, wenn das Fleisch unabhängig vom Körpergewicht der Tiere einen Androstenongehalt von mehr 0,5 µg/g - festgestellt unter Anwendung des modifizierten Immunoenzymtests nach Prof. Claus - aufweist, und dass sie das Fleisch bei Überschreitung dieses Grenzwertes als mit einem starken Geschlechtsgeruch belastet betrachtet , der die Genussuntauglichkeit des Fleisches für den menschlichen Verzehr nach sich zieht, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. o und Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG sowie aus Art. 5 Abs. 1, Art. 7 und Art. 8 der Richtlinie 89/662/EWG verstoßen hat.
10
b) Dem ist hinzuzufügen, dass die Beklagte die Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG über mehrere Jahre nicht in das nationale Recht umgesetzt hat, so dass die für den Vollzug zuständigen innerstaatlichen Behörden der Länder ihre Kontrollen - deren Umfang im Einzelnen streitig ist - auf einer mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbaren Grundlage wahrnahmen. So sah § 17 Abs. 1 der Fleischhygieneverordnung (FlHV) in der Fassung vom 7. November 1991 (BGBl. I S. 2066) über den 1. Januar 1993 - das Datum der in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 91/497/EWG geforderten Umsetzung - hinaus vor, dass frisches Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen mit einem Schlachtgewicht über 40 kg weder eingeführt noch sonst in den Geltungsbereich der Verordnung verbracht werden durfte. Hiervon waren nach § 17 Abs. 2 FlHV nur Schlachtkörper über 40 kg aus Mitgliedstaaten ausge- nommen, die unter besonderer Kennzeichnung unmittelbar aus Schlachtbetrieben in Freibankbetriebe oder nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 FlHV zugelassene Verarbeitungsbetriebe verbracht wurden. Die Ausnahme nach § 17 Abs. 2 FlHV wurde durch Art. 82 des EWR-Ausführungsgesetzes vom 27. April 1993 (BGBl. I S. 512), gültig ab 1. Januar 1994, nur dahin erweitert, dass auch Schlachtkörper über 40 kg aus anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum mit Ausnahme von Island und Norwegen unter besonderer Kennzeichnung in Freibankbetriebe oder nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 FlHV zugelassene Verarbeitungsbetriebe verbracht werden durften.
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In § 17 Abs. 1 FlHV in der Fassung vom 15. März 1995 (BGBl. I S. 327) blieb das Einfuhrverbot von frischem Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen (unter Wegfall der Gewichtsgrenze, also grundsätzlich in einem weiteren Umfang) aufrecht erhalten. Abweichend durfte jedoch nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 FlHV das frische Fleisch aus anderen Mitgliedstaaten oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum mit Ausnahme von Island verbracht werden, wenn es mit einem geeigneten Immunoenzymtest oder einer gaschromatographischen Methode auf 5-alpha-Androstenon untersucht und die Höchstmenge von 0,5 µg/g Fett dabei nicht überschritten worden war. Diese Ausnahmeregelung entsprach im Wesentlichen der Verlautbarung der Beklagten vom 26. Januar 1993. In der seit dem 31. Dezember 1996 gültigen Fassung vom 19. Dezember 1996 (BGBl. I S. 2120; vgl. auch Bekanntmachung der Neufassung vom 21. Mai 1997, BGBl. I S. 1138) wurde die Ausnahmeregelung dahin gelockert, dass nicht mehr eine bestimmte Untersuchungsmethode , sondern lediglich ein geeigneter Test verlangt wurde, wobei es aber weiterhin auf den gleichen Grenzwert ankam. Die Änderungsverordnungen vom 6. November 1997 (BGBl. I S. 2665) und 3. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2786) beließen es bei diesem Rechtszustand. Erst durch die Ände- rungsverordnung vom 24. März 1999 (BGBl. I S. 498), gültig ab 1. April 1999, wurde das Importverbot für frisches Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen auf Tiere mit einem Gewicht des Tierkörpers von über 80 kg aus anderen Mitgliedstaaten oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beschränkt (§ 17 Abs. 1 Nr. 1d FlHV) und als Ausnahme hierzu die Einfuhr gestattet, wenn der Herkunftsschlachtbetrieb durch Anwendung einer von der zuständigen Behörde anerkannten Methode sicherstellt, dass Tierkörper mit starkem Geschlechtsgeruch festgestellt werden können (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 FlHV). Dies entsprach den Anforderungen in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii der Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG.
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c) Der Senat hält es für zweifelhaft, ob sich aus den genannten Richtlinien Rechte der Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch ergeben. Die auf Art. 43 EGV (= Art. 37 EG) gestützte Richtlinie 89/662/EWG bezweckt zur Verwirklichung des Binnenmarkts eine Verlagerung der grundsätzlich dem Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier dienenden Kontrollen im Veterinärbereich von den Binnengrenzen in den Versandmitgliedstaat. Das führt zwar - auch mit Rücksicht auf die Harmonisierung der Anforderungen - zu einer gewollten Förderung der Entfaltung von Grundfreiheiten. Über diese den Warenverkehr begünstigende Wirkung hinaus lässt sich nach Auffassung des Senats nicht feststellen, dass den Produzenten und Vermarktern von landwirtschaftlichen Erzeugnissen durch die Richtlinie Rechte verliehen würden, die darüber hinausgehen, sich nach Maßgabe innerstaatlicher Rechtsbehelfe gegen eine gemeinschaftsrechtswidrige Kontrolle zur Wehr zu setzen.
13
Auch soweit es um die ebenfalls auf Art. 43 EGV gestützte Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der allgemein auf den Gründungsvertrag gestütz- ten Richtlinie 91/497/EWG geht, steht die Einführung eines harmonisierten Systems gesundheitsbehördlicher Kontrollen im Vordergrund, das neben dem Schutz der Gesundheit unter Einbeziehung der Richtlinie 89/662/EWG auch die Gleichbehandlung der Waren gewährleistet (vgl. EuGH, Urteil vom 12. November 1998, Slg. 1998, I-6890, 6901 Rn. 26). Dass sich aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. o der Richtlinie 64/433/EWG, der genussuntaugliches Fleisch vom Markt fernhalten will, ein Recht des Produzenten oder Vermarkters ergeben könnte, erscheint dem Senat ausgeschlossen. Mittelbar kann man allerdings Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii entnehmen, dass das Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen unter den dort genannten Voraussetzungen als frisches Fleisch vertrieben werden darf und weder einer Kennzeichnung bedarf noch einer Hitzebehandlung zu unterziehen ist. Der Gesamtzusammenhang der Vorschriften, die sich auf die Ausgestaltung der Kontrollen beziehen, spricht aus der Sicht des Senats jedoch eher gegen eine Verleihung von Rechten an Erzeuger und Vermarkter landwirtschaftlicher Produkte.
14
näheren Der Klärung der angesprochenen Gesichtspunkte dient die erste Vorlagefrage.
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Auch d) wenn die genannten Richtlinien den Schweinezüchtern und Schlachthofgesellschaften keine Rechte verleihen sollten, hält es der Senat in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen für möglich, dass sie sich zur Begründung eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf die Verletzung der Warenverkehrsfreiheit (Art. 30 EGV = Art. 28 EG) berufen können. Die Revision hält zwar eine Heranziehung von Vorschriften des Primärrechts für unzulässig, wenn - wie hier - für einen bestimmten Rechtsbereich das Gemeinschaftsrecht durch Sekundärrecht harmonisiert ist. Richtig ist, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften verschiedentlich ausgesprochen hat, für die Frage, ob ein Mitgliedstaat seine Verpflichtungen aus Art. 189 Abs. 3 EGV (= Art. 249 Abs. 3 EG) erfüllt habe, komme es ausschließlich auf den Gehalt der Richtlinie an und nicht auf das Primärrecht (vgl. nur EuGH, Urteile vom 12. Oktober 1993 - Rs. C 37/92 - Vanacker und Lesage - Slg. 1993, I-4975, 4978 Rn. 9; vom 11. Juli 1996 - Rs. C 427/93 u.a. - Bristol-Myers Squibb u.a. - Slg. 1996, I-3514, 3527 Rn. 25; allgemein zur Prüfung am Maßstab des harmonisierenden Rechts Urteil vom 13. Dezember 2001 - Rs. C 324/99 - DaimlerChrysler - Slg. 2001, I-9918, 9930, 9933 Rn. 32, 44). Daraus folgt nach Auffassung des Senats indes nicht, dass man sich nicht auf eine Verletzung von Art. 30 EGV berufen dürfe, wenn das harmonisierende Recht nicht richtig umgesetzt wird. Erfüllt der Mitgliedstaat das harmonisierende und damit mögliche Grundfreiheiten näher konkretisierende und ausgestaltende Gemeinschaftsrecht , ist er seinen Verpflichtungen nachgekommen. Ihm kann dann nicht vorgeworfen werden, er habe die Grundfreiheiten nicht ausreichend beachtet. Lässt er es jedoch - wie hier - gerade an einer Umsetzung fehlen, so dass die die Grundfreiheiten fördernden harmonisierenden Schritte nicht verwirklicht werden, verletzt er zugleich die betroffene Grundfreiheit, mögen sich aus den Richtlinien auch keine Rechte Einzelner ergeben. Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, bei Fehlen einer harmonisierenden Regelung hätte sie sich mit ihren Maßnahmen im Rahmen des Art. 36 EGV (= Art. 30 EG) gehalten. Mit diesen Überlegungen wird der die Warenverkehrsfreiheit fördernde und Maßnahmen nach Art. 36 EGV begrenzende Inhalt der hier in Rede stehenden Richtlinien verkannt.
16
Soweit der Senat sieht, hält auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Kommission und des Generalanwalts (vgl. EuGH, Schlussanträge vom 3. Februar 1998 - Slg. 1998, I-6873, 6878, 6886 ff Rn. 5, 14, 16) - eine Überprüfung am Maßstab des Art. 30 EGV für zulässig (vgl. EuGH, Urteil vom 12. November 1998, aaO S. 6902 Rn. 30). Um letzte Zweifel zu beseitigen, die sich daraus ergeben, dass der Gerichtshof insoweit keine Vertragsverletzung festgestellt hat, wird die zweite Vorlagefrage gestellt. An ihrer Beantwortung besteht aus Sicht des Senats wegen ihrer weiterreichenden allgemeinen Bedeutung auch dann ein erhebliches Interesse, wenn der Gerichtshof die Verleihung von Rechten aufgrund der genannten Richtlinien annehmen sollte.
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2. Ist davon auszugehen, dass durch die Schreiben der Beklagten vom 18. und 26. Januar 1993 und die verspätete Umsetzung der Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG verliehene Rechte der Produzenten und Vermarkter verletzt worden sind, kommt dem Grunde nach eine Haftung der Beklagten aus dem gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch in Betracht. Denn der Senat hätte keine Zweifel, dass es sich insoweit um einen qualifizierten Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht handeln würde, auf dem der von der Klägerin behauptete Schaden beruht.
18
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat entschieden, die Mitgliedstaaten hätten die Folgen eines verursachten Schadens, für den sie nach dem Gemeinschaftsrecht einzustehen hätten, im Rahmen ihres nationalen Haftungsrechts zu beheben. Mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung sei es Sache der nationalen Rechtsordnung, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und das Verfahren für die Klagen auszugestalten, die den vollen Schutz der dem Einzelnen aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenen Rechte gewährleisten sollen. Dabei dürften die im Schadensersatzrecht der einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen (Grundsatz der Gleichwertigkeit ), und nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Erlangung einer Entschädi- gung praktisch unmöglich machten oder übermäßig erschwerten (Grundsatz der Effektivität; vgl. EuGH, Urteile vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und C-9/90 - Francovich - Slg. 1991, I-5403, 5415 f Rn. 42, 43; vom 5. März 1996 - Rs. C-46/93 und C-48/93 - Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1131, 1153, 1155, 1157 Rn. 67, 74, 83; vom 10. Juli 1997 – Rs. C-261/95 – Palmisani – Slg. 1997, I-4037, 4046 Rn. 27). Da es an einer unmittelbar anzuwendenden Verjährungsvorschrift im Gemeinschaftsrecht fehlt - die Regelung des Art. 46 (= Art. 43 a.F.) der Satzung der Gerichtshofs betrifft die aus außervertraglicher Haftung der Gemeinschaften hergeleiteten Ansprüche -, ist die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede nach nationalem Recht zu prüfen.
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a) Nach der zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Neuregelung des Verjährungsrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre (§ 195 BGB). Einer längeren Verjährungsfrist unterliegen Rechte an einem Grundstück (§ 196 BGB) und sonstige, in § 197 BGB aufgeführte Ansprüche , um die es vorliegend nicht geht. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Dieser regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen z.B. Amtshaftungsansprüche nach nationalem Recht wegen amtspflichtwidrigen Verhaltens eines Beamten im haftungsrechtlichen Sinn (§ 839 BGB), für die die öffentliche Hand nach Art. 34 GG zu haften hat, und Entschädigungsansprüche aus dem richterrechtlich entwickelten Institut des enteignungsgleichen Eingriffs; auch der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch verjährt nach dieser Regelung. Der Senat hat keine Bedenken, dass diese Regelung den oben (vor a) wiedergegebenen Anforderungen gerecht wird, die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Ausgestaltung der Folgen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs an das nationale Recht gerichtet hat. Dies gilt insbesondere auch für die Dauer der Verjährungsfrist , die zwar hinter der in Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs zurückzubleiben scheint, aber angesichts ihres kenntnisabhängigen Laufs dem Geschädigten eine ausreichende Zeit gibt, seine Ansprüche geltend zu machen.
20
b) Für die Frage, ob die Ansprüche der Klägerin im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt waren, ist nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 EGBGB jedoch das frühere Recht anzuwenden. Nach diesem Recht betrug die regelmäßige Verjährungsfrist 30 Jahre (§ 195 BGB a.F.). Diese Regelung war gesetzlich durch eine Reihe von Ausnahmetatbeständen zweiund vierjähriger Fristen durchbrochen. Für Amtshaftungsansprüche richtete sich die Verjährung nach § 852 Abs. 1 BGB a.F., einer verjährungsrechtlichen Sondervorschrift aus dem Recht der unerlaubten Handlungen, an der sich im Wesentlichen die Regelverjährung nach neuem Recht orientiert hat. Denn diese Ansprüche verjährten grundsätzlich in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangte. Demgegenüber verjährten Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff - von landesrechtlichen Besonderheiten abgesehen - in der regelmäßigen Frist von 30 Jahren (vgl. Senatsurteil BGHZ 117, 287, 294).
21
aa) In welcher Frist der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch verjährt, ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden worden. Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, nach der Entwicklung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hierfür besondere Regelungen vorzusehen, und hat die Frage der Rechtspraxis überlassen. Probleme sind deswegen - soweit ersichtlich - noch nicht aufgetreten. So wird es etwa als selbstverständlich angesehen, dass die Spruchkörper, die mit Amtshaftungssachen befasst sind, auch über den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch befinden.
22
bb) Die Klägerin meint, mangels einer speziellen Verjährungsregelung für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch unterliege dieser unmittelbar der Regelverjährung von 30 Jahren. Dies sei im Übrigen auch deshalb sachgerecht, weil er sich von der Amtshaftung, bei der das schuldhafte Fehlverhalten eines einzelnen Beamten im Mittelpunkt der Beurteilung stehe und die Haftung auf den Staat nur übergeleitet werde, grundlegend unterscheide und eine größere Nähe zu den Ansprüchen aus enteignungsgleichem Eingriff aufweise , bei denen es um eine Entschädigung für rechtswidrige Eingriffe in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition gehe.
23
cc) Nach Auffassung des Senats ist die Verjährungsregelung des § 852 Abs. 1 BGB a.F. auch auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anzuwenden. Das entspricht auch der überwiegenden Meinung in der Fachliteratur (vgl. Maurer, in: Festschrift für Boujong, 1996, S. 591, 606; Streinz/Leible, ZIP 1996, 1931, 1938; Huff, NJW 1996, 3190, 3191; Deckert, EuR 1997, 203, 233; Hidien, Die gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung der EU-Mitgliedstaaten, 1999, S. 71; Berg, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2000, Art. 288 EGV Rn. 94; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 288 EG-Vertrag Rn. 58; Gellermann, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 288 EGV Rn. 56; Mankowski, in: Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 2. Aufl. 2003, § 37 Rn. 131; Schulze , in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2005, Kapitel 16 Rn. 47; für eine analoge Anwendung des Art. 46 [= Art. 43 a.F]. der Sat- zung des Gerichtshofs Prieß, NVwZ 1993, 118, 124; Detterbeck, VerwArch 85 [1994], 159, 190 f; Detterbeck/Windthorst/Sproll, Staatshaftungsrecht, 2000, § 6 Rn. 79; vom Stein, in: Anwaltkommentar BGB, 2005, § 839 Rn. 37; wohl auch Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 1998, S. 520). Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, wie man das dogmatische Verhältnis beider Ansprüche zueinander betrachtet, ob etwa der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch nur gemeinschaftsrechtlich geforderte Mindestvoraussetzungen in einem einheitlichen Haftungssystem bestimmt oder ob es sich um zwei Ansprüche handelt, die in ihren Voraussetzungen und Folgen unabhängig voneinander sind (zu Unterschieden und Gemeinsamkeiten der Ansprüche in der Rechtsprechung des Senats vgl. Dörr, DVBl. 2006, 598 ff). Aus der Sicht des Senats spricht für eine Anwendung der Verjährungsregelung für Amtshaftungsansprüche zum einen das Rechtsschutzziel: der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch zielt - anders als der enteignungsgleiche Eingriff - auf einen vollständigen Schadensausgleich. Zum anderen bestehen, insbesondere wenn es - wie im Regelfall - um die Beurteilung behördlichen Verhaltens geht, weitgehende Parallelen, da es zu den Amtspflichten der nationalen Behörden gehört, das Gemeinschaftsrecht zu beachten. Ginge es daher vorliegend um die Rechtmäßigkeit von konkreten Kontrollmaßnahmen, könnten ohne weiteres die Haftungsvoraussetzungen sowohl für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch als auch den nationalen Amtshaftungsanspruch erfüllt sein. Der Senat hält es deshalb für nicht sachgerecht, in Fällen legislativen Unrechts, in denen es an der für Amtshaftungsansprüche erforderlichen Verletzung einer gegenüber einem Dritten bestehenden Amtspflicht fehlt, und deshalb lediglich eine Haftung unter den Voraussetzungen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs in Betracht kommt, eine vom Amtshaftungsrecht abweichende Verjährungsfrist anzuwenden.
24
Der Senat verkennt nicht, dass das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften es in ständiger Rechtsprechung abgelehnt hat, wegen der Verjährung im Gemeinschaftsrecht wurzelnder Ansprüche auf Rückzahlung rechtswidrig gewährter Beihilfen oder Zuschüsse im Wege der Analogie Vorschriften des nationalen Rechts oder für andere Sachverhalte einschlägige gemeinschaftsrechtliche Vorschriften heranzuziehen, weil eine Verjährungsfrist vom Gemeinschaftsgesetzgeber grundsätzlich im voraus festgelegt werden müsse, um ihre Aufgabe, die Rechtssicherheit zu gewährleisten, erfüllen zu können (vgl. EuG, Urteile vom 15. September 1998 - Rs. T-126/96 und T-127/96, Slg. 1998, II-3442, 3462 f Rn. 67, 68; vom 17. September 2003 - Rs. T-137/01, Slg. 2003, II-3106, 3140 f Rn. 122, 123). Diese Rechtsprechung , die die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Normen betrifft, kann jedoch nach Auffassung des Senats nicht auf die Verjährung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs übertragen werden, den der Gerichtshof in seinen Voraussetzungen entwickelt und für dessen Folgen er auf das nationale Recht verwiesen hat. Der Senat sieht daher - vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - keine Rechtssätze des Gemeinschaftsrechts, die die Befugnis der nationalen Gerichte beschränken könnten, im Wege der Auslegung, die die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Gleichwertigkeit und der Effektivität beachtet, zur entsprechenden Anwendung der für die Amtshaftung geltenden Verjährungsvorschriften zu gelangen.
25
c) Geht man von der dreijährigen Frist des § 852 Abs. 1 BGB a.F. für die Verjährung der Ansprüche der Klägerin aus, kommt es im Weiteren auf deren Beginn und etwaige Hemmungs- oder Unterbrechungstatbestände an.
26
aa) Grundsätzlich beginnt die Verjährungsfrist mit der Kenntnis des Geschädigten vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen. Soweit es um den hier geltend gemachten Schaden geht, der sich daraus ergeben soll, dass die Vermarktung nicht kastrierter männlicher Schweine höhere Erlöse erbracht hätte als die tatsächliche Vermarktung kastrierter Schweine, ergibt sich aus dem gesamten Vorbringen der Klägerin über das Male-Pig-Projekt und dessen alsbaldige Drosselung und nahezu vollständige Einstellung, dass die Beteiligten bereits im Jahr 1993 Kenntnis von den Schäden erlangten, die ihnen entstanden waren bzw. entstehen würden, wenn sie, um Verluste auf einem bedeutsamen Markt zu vermeiden, zur Vermarktung kastrierter Schweine zurückkehrten. Prinzipiell war ihnen auch bekannt, dass dies auf den Verlautbarungen der Beklagten beruhte, die angekündigt hatte, die Richtlinie 64/433/EWG nicht in der vorgeschriebenen Form umsetzen zu wollen. Sie hatten auch von entsprechenden Kontrollmaßnahmen der Landesbehörden Kenntnis.
27
Für den Bereich der Amtshaftung genügt es im Allgemeinen, dass der Geschädigte die tatsächlichen Umstände kennt, die eine schuldhafte Amtspflichtverletzung als nahe liegend, eine Amtshaftungsklage - sei es auch nur als Feststellungsklage - mithin als so aussichtsreich erscheinen lassen, dass dem Verletzten die Erhebung der Klage zugemutet werden kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 122, 317, 325). Dagegen setzt § 852 Abs. 1 BGB a.F. aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nicht voraus, dass der Geschädigte aus den ihm bekannten Tatsachen auch die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Allerdings kann Rechtsunkenntnis im Einzelfall bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage den Verjährungsbeginn hinausschieben (vgl. Senatsurteil BGHZ 150, 172, 186 m.w.N.).
28
So liegt es hier. Der Senat hält für das Jahr 1993, als die Klägerin Kenntnis vom eingetretenen und absehbaren Schaden erlangte, mit dem Berufungsgericht die Rechtslage, soweit es um den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch geht, noch für so unsicher und zweifelhaft, dass der Klägerin die Erhebung einer Klage nicht zumutbar war. Zwar hätten sich mit dem Export befasste Unternehmen im Wege des Primärrechtsschutzes gegen ungerechtfertigte Kontrollmaßnahmen und Zurückweisungen von Lieferungen bereits damals zur Wehr setzen können. Die Voraussetzungen, unter denen gegen im Kern legislatives Unrecht, wie es in den Verlautbarungen des Bundesministers für Gesundheit angekündigt wurde, Schadensersatz zu erlangen war, waren indes zu diesem Zeitpunkt noch nicht hinreichend geklärt. Zwar hatte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bereits in seinem Urteil vom 19. November 1991 (Rs. C-6/90 und C-9/90 - Francovich - Slg. 1991, I-5403, 5413 ff Rn. 31 bis 40) die Grundlagen und Voraussetzungen für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch näher umschrieben. Das Urteil , das den Fall einer nicht umgesetzten Richtlinie betraf, mit der Einzelnen Rechte verliehen wurden, ließ jedoch noch einige Fragen offen, die Gegenstand des Vorlagebeschlusses des Senats vom 28. Januar 1993 gewesen sind und den Klärungsbedarf auch für die hier vorliegende Fallkonstellation belegten (III ZR 127/91 - NVwZ 1993, 601; vgl. auch die Wiedergabe im Senatsurteil BGHZ 134, 30, 34). Der Senat ist daher der Auffassung, dass es der Klägerin erst im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 5. März 1996 (Rs. C-46/93 und C-48/93 - Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1131) zumutbar war, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Denn durch dieses Urteil wurde geklärt, dass auch in Fällen legislativen Unrechts eine Ersatzpflicht eintritt, die nicht auf Schäden an bestimmten individuellen Rechtsgütern beschränkt ist, den entgangenen Gewinn mit einschließt und Zeiträume erfassen kann, die vor Erlass eines Ur- teils liegen, mit dem der Gerichtshof einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht feststellt. Billigt man der Klägerin eine Frist von drei Monaten zu, um die Auswirkungen der genannten Entscheidung auf ihre Situation zu überprüfen, wäre ihr daher Mitte des Jahres 1996 die Erhebung einer Schadensersatzklage zuzumuten gewesen.
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bb) Demgegenüber teilt der Senat nicht die Auffassung des Berufungsgerichts , die Klägerin hätte, nachdem zwischenzeitlich die Klage der Kommission gegen die Beklagte beim Gerichtshof anhängig gewesen sei, den Ausgang dieses Verfahrens abwarten dürfen, ohne Auswirkungen auf die Verjährung ihres Anspruchs gewärtigen zu müssen.
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Der Beginn des Laufs der Verjährungsfrist hängt nach § 852 Abs. 1 BGB a.F. allein von der Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen ab. Dann ist er in der Regel in der Lage, eine - die Verjährung unterbrechende (oder nach neuem Recht hemmende) - hinreichend aussichtsreiche und ihm daher zumutbare Klage zu erheben (vgl. BGHZ 102, 246, 248; Senatsurteile BGHZ 122, 317, 324 f; BGHZ 138, 247, 252). Risikolos muss eine solche Klage nicht sein, um dem Geschädigten zugemutet werden zu können. Deswegen hat es auf den Lauf der Verjährungsfrist grundsätzlich keinen Einfluss, wenn bestimmte Fragen in einem Parallelverfahren – dort vielleicht schon in der Revisionsinstanz - ebenfalls zu beantworten sind und der Geschädigte den Ausgang eines solchen Verfahrens abwarten möchte. Will er unter solchen Umständen den Ablauf der Verjährung vermeiden, muss er einen Verzicht des Gegners auf die Einrede der Verjährung herbeiführen oder mit ihm ein "pactum de non petendo" schließen (vgl. etwa Senatsurteil vom 23. April 1998 - III ZR 7/97 - NJW 1998, 2274, 2276 f).
31
Unberührt hiervon bleibt freilich eine Klage des Geschädigten, mit der er sich im Wege des Primärrechtsschutzes gegen die rechtswidrigen staatlichen Maßnahmen selbst wendet. Insoweit kommt der Inanspruchnahme fachgerichtlichen Primärrechtsschutzes im Sinn des § 839 Abs. 3 BGB verjährungsunterbrechende Wirkung analog § 209 Abs. 1, § 211 BGB a.F. auch für den Amtshaftungsprozess zu (vgl. Senatsurteile BGHZ 95, 238, 242; BGHZ 122, 317, 323 f). Dem Vertragsverletzungsverfahren kann indes eine solche Bedeutung nicht beigemessen werden. Auch wenn die Kommission vielfach - wie hier - auf die Beschwerde eines von einem Gemeinschaftsrechtsverstoß Betroffenen hin tätig wird, bleibt es ihrem Ermessen überlassen, ob sie nach der Einleitung der in Art. 226 EG vorgesehenen Schritte Klage vor dem Gerichtshof erhebt. Auch wenn das Rechtsschutzinteresse für ein Vertragsverletzungsverfahren, dessen Streitgegenstand durch die mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission bestimmt wird, nicht dadurch wegfällt, dass der Mitgliedstaat nach Ablauf der gemäß Art. 226 Abs. 2 EG gesetzten Frist den gerügten Mangel behebt, sondern fortbesteht, weil die Grundlage für eine Haftung des Mitgliedstaates geschaffen werden kann (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 30. Mai 1991 - Rs. C-361/88 - Slg. 1991, I-2596, 2605 Rn. 31), handelt es sich doch um ein objektives Verfahren, das der Einflussnahme möglicher Betroffener entzogen ist und anders als eine vom Betroffenen im Primärrechtsschutz erhobene Klage dem Schädiger nicht vermittelt, mit welchen Schadensersatzansprüchen er nach Abschluss dieses Verfahrens noch zu rechnen hat. Wollte man, wie dies von der Klägerin vertreten wird, einem Vertragsverletzungsverfahren grundsätzlich verjährungsunterbrechende Bedeutung beimessen oder jedenfalls in Fällen, in denen nach nationalem Recht zumutbare Rechtsmittel des Primärrechtsschutzes nicht zur Verfügung stehen, würde dies auf eine Sonderbehandlung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs hinauslaufen, die für vergleichbare Verfahren nach nationalem Recht ohne Parallele wäre und den aus der Sicht des Senats wünschenswerten Gleichlauf der Folgen bei Verstößen gegen das nationale Recht und das Gemeinschaftsrecht stören würde. Nach dem Verständnis des Senats werden ähnliche Fragen auch im Anwendungsbereich des Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs entsprechend gesehen. Denn das Gericht erster Instanz hat in einem Fall außervertraglicher Haftung (Art. 288 Abs. 2 EG) wegen Ungültigkeit einer Norm entschieden, weder den Schwierigkeiten, die mit einer solchen Klage verbunden seien, noch dem Zeitpunkt der Feststellung der Ungültigkeit der Verordnung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften komme für die Klagefrist Bedeutung zu. Vielmehr sei es Sache eines jeden Geschädigten, von den Organen der Gemeinschaft Ersatz zu verlangen oder innerhalb der Frist Klage zu erheben (vgl. EuG, Urteil vom 16. April 1997, Rs. T-20/94 - Hartmann - Slg. 1997, II-598, 628 f Rn. 115 f, 118).
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Da der Senat jedoch nicht auszuschließen vermag, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften es zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts für erforderlich hält, dass der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch nicht verjähren darf, solange ein Vertragsverletzungsverfahren anhängig ist, bittet er um nähere Klärung im Sinne der dritten Vorlagefrage.
33
d) Bestehen gegen die Anwendbarkeit des § 852 Abs. 1 BGB a.F. und die Auffassung des Senats, das Vertragsverletzungsverfahren habe auf die Verjährung keinen Einfluss, keine gemeinschaftsrechtlichen Bedenken, kommt in Betracht, dass die an die Klägerin abgetretenen Ansprüche der drei Schlachthofgesellschaften und der mehr als 15.000 Schweinezüchter ganz oder teilweise verjährt sind. Denn im Zeitpunkt der Zustellung des am 6. Dezember 1999 beantragten Mahnbescheids, die der Erhebung der Klage nach § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. gleichsteht, waren seit Mitte 1996, als der Klägerin die Erhebung einer Schadensersatzklage zumutbar war, mehr als drei Jahre verstrichen.
34
aa) Wie bereits ausgeführt, knüpft der Lauf der Verjährungsfrist an die Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen an. Dabei genügt es für die Kenntnis des Schadens, dass dem Geschädigten das Vorliegen eines Schadens und das Schadensgeschehen in seinen Grundzügen bekannt sind. Deshalb stellt sich der gesamte aus einer unerlaubten Handlung entstehende Schaden hinsichtlich der Erlangung der Kenntnis als eine Einheit dar und nicht als Summe einzelner selbständiger Schadensfolgen (vgl. BGHZ 67, 372, 373; BGH, Urteil vom 20. Juni 1991 - IX ZR 226/90 - NJW 1991, 2833, 2835). Die Kenntnis eines bereits entstandenen Schadens umfasst daher auch die Kenntnis der weiteren nachteiligen Folgen, die im Zeitpunkt der Erlangung der Kenntnis noch nicht eingetreten, aber bei verständiger Würdigung voraussehbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1991 aaO). Aufgrund dieses Grundsatzes der "Schadenseinheit", der auch in das seit dem 1. Januar 2002 geltende Verjährungsrecht übernommen wurde (vgl. BT-Drucks. 14/7052 S. 180 zur Fassung des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB: Anspruch "entstanden" statt "fällig"), spielt es für die Verjährung grundsätzlich keine Rolle, dass sich der hier geltend gemachte Schaden mit jedem der 39 Millionen kastriert aufgezogenen Schweine in der Zeit von 1993 bis 1999 nach und nach verwirklicht und in dem gesamten Zeitraum auf den eingeklagten Betrag summiert haben soll. Insoweit bestehen Unterschiede zum Lauf der Frist des Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs, die ab Eintritt des den Ansprüchen zugrunde liegenden Ereignisses und nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht eher läuft, als die Voraussetzungen der Ersatzpflicht erfüllt sind und sich insbesondere der zu ersetzende Schaden konkretisiert hat (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Januar 1982 - Rs. C-256/80 u.a. - Birra Wührer SpA u.a. - Slg. 1982, 85, 106 Rn. 8, 10; EuG, Urteil vom 16. April 1997 - Rs. T-20/94 - Hartmann - Slg. 1997, II-598, 626 Rn. 107), so dass bei fortlaufenden Schädigungen, etwa aufgrund einer rechtswidrigen Verordnung, die Verjährungsfrist für jeden kontinuierlich eingetretenen, täglich neu entstandenen Schaden gesondert zu berechnen ist (EuG, Urteil vom 16. April 1997 aaO S. 631 Rn. 132; vom 25. November 1998 - Rs. T-222/97 - Steffens - Slg. 1998, II-4177, 4186 Rn. 34).
35
Vor dem Hintergrund der nationalen Rechtslage vertritt die Beklagte den Standpunkt, die Ansprüche seien insgesamt verjährt, da nach dem Vortrag der Klägerin alle Schadensfolgen auf ihre Verlautbarungen im Januar 1993 und auf die Beanstandungen von dänischem Schweinefleisch im weiteren Verlauf dieses Jahres zurückzuführen seien. Dabei handelt es sich zwar um mehrfache Handlungen, die jede für sich - auch in Bezug auf jeden Zedenten - verjährungsrechtlich gesondert zu betrachten wären. Geht man jedoch davon aus, dass alle Zedenten bereits durch die der Beklagten vorgeworfenen Handlungen betroffen waren, hätte in der Tat prozessual kein Hindernis bestanden, im Jahr 1996 den bereits eingetretenen Schaden einzuklagen und bezüglich des absehbaren künftigen Schadens die Ersatzpflicht der Beklagten feststellen zu lassen.
36
bb) Das Landgericht hat demgegenüber angenommen, ungeachtet des Grundsatzes der Schadenseinheit sei hier zu berücksichtigen, dass der geltend gemachte Schaden nicht allein auf eine abgeschlossene Handlung im Jahr 1993 zurückzuführen sei, sondern auch auf das weitere Verhalten der Beklagten , die es über mehrere Jahre schuldhaft unterlassen habe, den gemeinschaftswidrigen Zustand, den sie mit den Verlautbarungen im Januar 1993 und der Nichtumsetzung der Richtlinie 64/433/EWG geschaffen habe, wieder zu beseitigen.

37
Daran ist richtig, dass mehrere unerlaubte Handlungen, auch soweit sie sich in gleichartiger Weise wiederholen, zu einer gesonderten verjährungsrechtlichen Betrachtung führen, weil jede Verletzungshandlung eine neue Schädigung und einen neuen Schadensersatzanspruch erzeugt (vgl. BGHZ 71, 86, 94; Senatsurteile BGHZ 97, 97, 110; BGHZ 98, 77, 83; vom 20. Februar 2003 - III ZR 224/01 - NJW 2003, 1308, 1313). Dabei bewirkt der Umstand, dass die wiederholten schadenstiftenden Handlungen möglicherweise Ausfluss eines einheitlichen Entschlusses sind, nicht, dass die Verjährung erst mit der letzten unerlaubten Handlung für alle beginnt. Denn strafrechtliche Begriffe, wie der der natürlichen Handlungseinheit oder der fortgesetzten Handlung, sind für die Verjährung deliktischer Ansprüche nicht maßgebend (vgl. BGHZ 71, 86, 94; Senatsurteil vom 20. Februar 2003 aaO).
38
Geht man daher davon aus, dass auch die weitere Unterlassung der Umsetzung der Richtlinie 64/433/EWG, zu der die Beklagte gemeinschaftsrechtlich verpflichtet war (Art. 249 Abs. 3 EG), einer Handlung gleichzustellen ist und der Verzicht der dänischen Schlachthofgesellschaften und Schweinezüchter auf die Vermarktung unkastrierter männlicher Schweine unmittelbar im Sinn des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf diesen Unterlassungen beruht, wurden auch in der Folgezeit bis 1999 Schadensersatzansprüche begründet, die einer eigenen Verjährung unterliegen konnten. Danach wäre die Auffassung des Landgerichts, bei Annahme einer dreijährigen Verjährungsfrist seien alle Ansprüche verjährt, die bis zum 6. Dezember 1996 entstanden seien, nicht zu beanstanden. Das stünde auch - im praktischen Ergebnis - mit der Auslegung und Anwendung des Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs im Einklang.
39
cc) Das Berufungsgericht sieht in dem Verhalten der Beklagten eine bis zur Herstellung einer gemeinschaftsrechtskonformen innerstaatlichen Rechtslage andauernde Dauerhandlung, für deren Folgen die Verjährung erst mit dem Ende der Verletzungshandlung beginne.
40
Im Ausgangspunkt wird in Rechtsprechung und Literatur angenommen, dass bei einer (einheitlichen) Dauerhandlung die Verjährung erst mit deren Beendigung beginnt (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1973 - I ZR 136/71 - NJW 1973, 2285; RG JW 1932, 938, 939; OLG Frankfurt, VersR 1989, 260, 261 bei einer auf falscher Anschuldigung beruhenden Inhaftierung; Stein, in: MünchKomm -BGB, 3. Aufl. 1997, § 852 Rn. 23; Grothe, in: MünchKomm-BGB, 4. Aufl. 2001, § 198 Rn. 4; Staudinger/Peters, BGB, Neubearb. 2004, § 199 Rn. 21; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. 2006, § 199 Rn. 21), wobei insoweit darauf abgestellt wird, dass der deliktische Eingriff bis zur Beendigung der Handlung fortdauere. Die Abgrenzung zu einer wiederholten Handlung, deren Verjährung sich nach den zu bb) genannten Maßstäben richtet, ist jedoch praktisch kaum möglich (in diesem Sinn auch Grothe, in: MünchKomm-BGB, aaO und Bd. 1a, 4. Aufl. 2003, § 199 Rn. 13; Staudinger/Peters aaO). Weil eine Dauerhandlung sich häufig aus sie unterstützenden Einzelakten zusammensetzt, aus denen jeweils Ansprüche hergeleitet werden können, hat sie in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine eher theoretische Bedeutung erlangt: Im Allgemeinen ist in den zugrunde liegenden Fällen ein wiederholtes, selbständige verjährungsrechtliche Folgen auslösendes Verhalten angenommen und eine Dauerhandlung abgelehnt (vgl. BGH, Urteile vom 26. Januar 1984 - I ZR 195/81 - NJW 1985, 1023, 1024; vom 14. Januar 1999 - I ZR 203/96 - GRUR 1999, 751, 754; in der Sache BGH, Urteil vom 18. Februar 1972 - I ZR 82/70 - GRUR 1972, 558, 560 ging es um einen Beseitigungsanspruch ; vgl. auch RGZ 106, 283, 286; RGZ 134, 335, 340 f) oder deren Vorlie- gen offen gelassen worden (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 2002 - VIII ZR 139/01 - NJW-RR 2002, 1256, 1257).
41
Diese Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen auch in der vorliegenden Sache. Es ist eine Frage des Blickwinkels, ob man in der Fortdauer einer Rechtslage, die seit Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie 64/433/EWG nicht mehr mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stand, eine - in einer Unterlassung bestehende - Dauerhandlung sieht oder ob man die verschiedenen Versuche einer Änderung der Fleischhygieneverordnung (s. oben 1 b), die allerdings über mehrere Jahre unzureichend blieben, als selbständige Handlungen bewertet, die zu einer Wiederholung oder Fortdauer weiterer gleichartiger Schäden führten.
42
Für die Auslegung des nationalen Rechts geht der Senat wie das Landgericht von mehrfachen, wiederholten Handlungen aus. Hierfür spricht nicht nur eine natürliche Betrachtungsweise, sondern auch der Umstand, dass die gedankliche Konstruktion einer Dauerhandlung mit der Nichtumsetzung der Richtlinie nur ein - wenngleich wichtiges - Element des Geschehens herausgreift, zu dem auch die - im Einzelnen streitige - Kontrollpraxis der Landesbehörden im Vollzug der Rechtslage nach der Fleischhygieneverordnung gehört. Ein Bedürfnis für eine andere Betrachtungsweise ist nicht geboten. Vielmehr sprechen Sinn und Zweck der dem materiellen Recht zugeordneten Regeln über die Verjährung , die durch den Gedanken des Schuldnerschutzes sowie des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit gekennzeichnet sind, gegen ein Hinausschieben des Verjährungsbeginns, weil die Voraussetzungen, gegen den Ersatzpflichtigen klageweise vorzugehen, schon zu einem früheren Zeitpunkt gegeben sind.
43
Ob das Gemeinschaftsrecht eine andere Beurteilung erfordert, ist dem Senat nicht gewiss. Die Klägerin vertritt diese Auffassung unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Juli 1991 (Rs. C-208/90 - Emmott - Slg. 1991, I-4292). In dieser Rechtssache hat der Gerichtshof entschieden, ein Mitgliedstaat könne sich bis zum Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Umsetzung einer Richtlinie nicht auf die Verspätung einer Klage berufen, die ein Einzelner zum Schutz der ihm durch die Bestimmungen dieser Richtlinie verliehenen Rechte gegen ihn erhoben habe; die Klagefrist des nationalen Rechts könne erst zu diesem Zeitpunkt beginnen (vgl. EuGH aaO S. 4299 Rn. 21 bis 23). Ob die Grundsätze dieser Entscheidung auf die Verjährung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs zu übertragen sind, erscheint dem Senat nicht selbstverständlich. Zum einen würde dies generell wohl schon voraussetzen, dass die hier in Rede stehenden Richtlinien den Produzenten und Vermarktern von Schweinefleisch Rechte verleihen (s. oben 1 c und die erste Vorlagefrage). Zum anderen betrifft das Urteil in der Rechtssache Emmott unmittelbar die Gewährung der durch die Richtlinie verliehenen Rechte. Dass für die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichtumsetzung der Richtlinie dasselbe gelten müsste, hält der Senat nicht für zwingend , zumal die Voraussetzungen für einen gemeinschaftsrechtlichen Schadensersatzanspruch durch das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Brasserie du Pêcheur allgemein geklärt waren und die Vertragsverletzung der Beklagten durch das Urteil vom 12. November 1998 (Rs. C-102/96 - Slg. 1998, I-6890) feststand. Zur Durchsetzung der sekundärrechtlichen Ansprüche der Klägerin bedurfte es - anders als für die Wahrnehmung verliehener Rechte - einer Umsetzung der Richtlinie also nicht.
44
Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ein Hinausschieben des Verjährungsbeginns bis zur Umsetzung der Richtlinie 64/433/EWG gebieten. Die Klägerin hat zwar auf die Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano vom 7. September 2004 in der Rechtssache C-226/03 P (Slg. 2004, I-11423) hingewiesen, in denen dieser im Zusammenhang mit verschiedenen unzutreffenden Angaben im Rahmen einer Zuschussgewährung ausgeführt habe, der Grundsatz, dass die Verjährungsfrist Rechtssicherheit gewährleiste, schütze diejenigen, die gegen eine Verpflichtung aus dem Gemeinschaftsrecht verstoßen hätten, nur dann, wenn der Verstoß beendet werde, nicht aber, wenn sie sich in einer Position fortdauernder Rechtswidrigkeit befänden (vgl. aaO S. 11435 Rn. 51 bis 53). Dem hat sich der Gerichtshof in seinem Urteil vom 2. Dezember 2004 (Slg. 2004, I-11440, 11458 Rn. 17 f) angeschlossen. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die Klägerin sich auf diese Rechtsausführungen deshalb nicht unmittelbar beziehen kann, weil es in der angeführten Sache um die Auslegung und Anwendung einer Gemeinschaftsverordnung ging, nach deren ausdrücklicher Bestimmung der Beginn der Verjährungsfrist sowohl bei andauernden als auch bei wiederholten Unregelmäßigkeiten auf den Tag hinausgeschoben wird, an dem die Unregelmäßigkeit beendet wird (vgl. Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung [EG, Euratom] Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften - ABl.EG Nr. L 312 S. 1). Hier geht es indes um eine prinzipiell den nationalen Gerichten vorbehaltene Auslegung nationaler Verjährungsvorschriften, die auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anzuwenden sind.
45
Aus der Sicht des Senats spricht gegen eine Übernahme der Grundsätze aus dem Urteil in der Rechtssache Emmott auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch, dass auch der Gerichtshof in späteren Urteilen hervorgehoben hat, die Entscheidung in der Rechtssache Emmott sei durch die besonderen Umstände dieses Falls gerechtfertigt gewesen, weil der Klägerin durch den Ablauf der Klagefrist jede Möglichkeit genommen worden sei, ihren auf die Richtlinie gestützten Anspruch auf Gleichbehandlung geltend zu machen (vgl. EuGH, Urteile vom 27. Oktober 1993 - Rs. C-338/91 - Stehenhorst -Neerings - Slg. 1993, I-5497, 5503 Rn. 19; vom 6. Dezember 1994 - Rs. C-410/92 - Johnson - Slg. 1994, I-5501, 5510 Rn. 25 f; vom 17. Juli 1997 - Rs. C-114/95 und C-115/95 - Texaco und Olieselskabet Danmark - Slg. 1997, I-4267, 4287 Rn. 47, 48; vom 2. Dezember 1997 - Rs. C-188/95 - Fantask - Slg. 1997, I-6820, 6839 Rn. 51). So hat es der Gerichtshof in der Rechtssache Fantask ausdrücklich gebilligt, dass sich die dänische Regierung, die auf Erstattung richtlinienwidriger Abgaben in Anspruch genommen wurde, auf die vom Zeitpunkt der Fälligkeit an laufende fünfjährige nationale Verjährungsfrist berief (Urteil Fantask aaO S. 6839 Rn. 52). Auch in der Rechtssache Texaco hat er entschieden, dass das Gemeinschaftsrecht es nicht verbietet, dass die nationale Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Erstattung gemeinschaftswidriger Abgaben zu einem früheren Zeitpunkt als dem der Abschaffung dieser Abgaben beginnt (Urteil Texaco aaO S. 4287 Rn. 49).
46
Da der Senat nicht mit hinreichender Sicherheit einzuschätzen vermag, ob der Gerichtshof ein Hinausschieben des Beginns der Verjährungsfrist bis zur Umsetzung der Richtlinie für geboten hält, bittet er um Beantwortung der vierten Vorlagefrage. An ihrer Beantwortung besteht, da sie sich in allen Fällen von Umsetzungsfehlern bei Richtlinien stellen kann, ein allgemeines Interesse.
47
3. Die Parteien streiten schließlich noch darüber, ob Ansprüche der Klägerin nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen sind. Nach dieser Bestimmung tritt die Ersatzpflicht bei einer Amtspflichtverletzung nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

48
Die Beklagte meint in diesem Zusammenhang, es komme nicht allein auf das Verhalten der Klägerin bzw. der dänischen Schweinezüchter und Schlachthofgesellschaften an, sondern auch auf das der mit dem Import und Export befassten Unternehmen wie der mit der Klägerin verbundenen Firma E. -F. , die jeweils gegen Beanstandungen Rechtsschutz hätten in Anspruch nehmen können. Demgegenüber ist die Klägerin unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofs vom 8. März 2001 (Rs. C-397/98 und C-410/98 - Metallgesellschaft - Slg. 2001, I-1760, 1792 Rn. 106) der Auffassung, § 839 Abs. 3 BGB sei im Hinblick auf den Effektivitätsgrundsatz überhaupt nicht auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anwendbar. Allenfalls könne beachtlich sein, ob der Anspruch durch ein Mitverschulden gemindert wäre.
49
Der Senat ist der Auffassung, dass der Effektivitätsgrundsatz bei sachgerechter Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht beeinträchtigt wird. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 5. März 1996 (Rs. C-46/93 und C-48/93 - Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1131, 1157 Rn. 84) entschieden, das nationale Gericht dürfe bei der Bestimmung des ersatzfähigen Schadens prüfen, ob sich der Geschädigte in angemessener Form um die Verhinderung des Schadenseintritts oder um die Begrenzung des Schadensumfangs bemüht und ob er insbesondere rechtzeitig von allen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch gemacht habe. Dabei hat er auch den Fall eines vollständigen Anspruchsverlusts erwogen (aaO Rn. 85). Deswegen hält der Senat § 839 Abs. 3 BGB auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch grundsätzlich für anwendbar (vgl. BGHZ 156, 294, 297 f m.w.N.). Er hält dies auch für geboten, weil eine andere Handhabung in Fällen eines gemeinschaftswidrigen Verwaltungsvollzugs, der Amtshaftungsansprüche und den ge- meinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch auslösen kann, das nationale Recht ohne hinreichenden Grund unterlaufen würde. Dies könnte auch die Gefahr auslösen, Fragen der Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu stark in den Schadensersatzprozess zu verlagern, und damit den Einfluss des Gemeinschaftsrechts insgesamt schwächen. Nach dem Verständnis des Senats hat der Gerichtshof seine Rechtsprechung im Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-397/98 und C-410/98 nicht geändert, sondern - im Kern - ausgesprochen, dass der Geschädigte nur auf eine zumutbare Rechtsschutzmöglichkeit verwiesen werden darf, an der es in dem ihm zur Entscheidung stehenden Fall im nationalen Recht fehlte. In der vorliegenden Sache neigt der Senat ebenfalls dazu, dass der Klägerin nicht vorgehalten werden kann, die Exportunternehmen hätten sich nicht gegen etwaige Einfuhrbeschränkungen zur Wehr gesetzt.
50
Gleichwohl möchte der Senat dem Gerichtshof mit der fünften Vorlagefrage Gelegenheit geben, seine Position im Hinblick auf die wiedergegebene Rechtsprechung zu verdeutlichen. Nach Auffassung des Senats ist es von besonderer Bedeutung, sich im Rahmen einer bestehenden und zumutbaren Möglichkeit des Primärrechtsschutzes auf die Wirkungen des Gemeinschaftsrechts zu berufen, ohne dass die Zumutbarkeit schon deshalb zu verneinen wäre , weil der nationale Richter, was nicht von vornherein zu übersehen ist, die gemeinschaftsrechtlichen Fragen nicht ohne Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften beantworten kann oder weil bereits ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG anhängig ist. Im Übrigen ist dem Senat aus seiner Rechtspraxis bekannt, dass die nationalen Gerichte gerade in Fällen der fehlenden Umsetzung von Richtlinien vielfach in der Lage sind, auch ohne Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Verletzung des Gemeinschaftsrechts festzustellen und Rechtsschutz zu gewähren.
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 30.01.2004 - 1 O 459/00 -
OLG Köln, Entscheidung vom 02.06.2005 - 7 U 29/04 -
38
b) Im Ergebnis ist jedoch Verjährung nicht eingetreten, weil unter Beachtung von Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts von der Regelverjährung von 30 Jahren nach § 195 BGB a.F. auszugehen ist.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

27
a) Die Frage, ob der Anscheinsbeweis eingreift, unterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (Senatsurteil vom 16. März 2010 - VI ZR 64/09, aaO Rn. 16 mwN). Der Anscheinsbeweis setzt einen typischen Geschehensablauf voraus, also einen bestimmten Tatbestand, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist (vgl. Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04, BGHZ 163, 209, 212; vom 16. März 2010 - VI ZR 64/09, aaO Rn. 16 mwN und vom 4. Dezember 2012 - VI ZR 378/11, WM 1023, 306 Rn. 23). Allein eine Risikoerhöhung reicht dafür nicht aus (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2010 - VI ZR 72/09, aaO). Im Wege des Anscheinsbeweises kann gegebenenfalls von dem eingetretenen Erfolg auf die Ursache geschlossen werden (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 2010 - VI ZR 33/09, VersR 2010, 392 Rn. 8 mwN). Der Beweis des ersten Anscheins wird durch feststehende (erwiesene oder unstreitige) Tatsachen entkräftet , nach welchen die Möglichkeit eines anderen als des typischen Geschehensablaufs ernsthaft in Betracht kommt (vgl. Senatsurteile vom 4. April 2006 - VI ZR 151/05, VersR 2006, 931 Rn. 18 und vom 16. März 2010 - VI ZR 64/09, aaO Rn. 17, jeweils mwN).

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

44
Es ist grundsätzlich rechtsfehlerhaft, die Frage der Zulässigkeit einer Klage nicht zu beantworten und diese wegen feststehender Unbegründetheit abzuweisen. Schon wegen der Auswirkung auf die Rechtskraft ergibt sich insoweit ein absoluter Vorrang der Zulässigkeits- vor der Begründetheitsprüfung (BGH Urteil vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98 - NJW 2000, 3718, 3719 f.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 319/98 Verkündet am:
19. Juni 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein

a) Die Frage, ob eine Klage, die auf mehrere prozessuale Ansprüche gestützt
wird, zulässig ist, darf das Gericht nicht mit der Begründung offenlassen
, die Klage sei jedenfalls unbegründet.

b) Zur Substantiierungspflicht des Klägers bei einem aus mehreren Einzelpositionen
zusammengesetzten Anspruch.
BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 3. September 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche aus einem "Coproduktionsvertrag" über einen Film geltend.
Am 10. September 1987 schloß die Klägerin mit der C. T. , der Exportabteilung des ehemaligen tschechoslowakischen Fernsehens, einen Co-
produktionsvertrag. Gegenstand dieses Vertrages war die Herstellung einer Fernsehserie mit dem Titel "Pierrot le Grand". Gemäß Nr. 1 des Vertrages war ursprünglich die Herstellung einer Fernsehserie, bestehend aus vier Teilen zu je 60 Minuten, über das Leben des Jean Garpard Depureau, welcher als Erfinder der modernen Pantomime gilt, vorgesehen. Dieser im Coproduktionsvertrag festgeschriebene zeitliche Umfang der TV-Serie wurde durch Vereinbarung vom 8. September 1988 um eine weitere Folge, also auf insgesamt fünf Folgen á 60. Minuten, erweitert. Nach der im Vertrag vorgesehenen Aufgabenverteilung sollte die Klägerin die zur Herstellung und anschließenden umfassenden kommerziellen Auswertung notwendigen Urheberrechte, Nutzungs- und Verwertungsrechte der deutschen Filmschaffenden erwerben und sie in die Coproduktion einbringen. Außerdem übernahm die Klägerin die Verpflichtung, die Rechte an der literarischen Vorlage und am Drehbuch zu erwerben, um damit die Verfilmung des literarischen Stoffes zu ermöglichen. Der Vertragspartner der Klägerin übernahm gemäß Nr. 1.3 des Coproduktionsvertrages die Verpflichtung , die Dreharbeiten zur TV-Serie vor Ort in der ehemaligen Tschechoslowakei durchzuführen und die Roh- und Feinschnittfassung der Fernsehproduktion zu erstellen. Die Parteien einigten sich auf die Zahlung eines Coproduktionsbeitrages durch die Klägerin in Höhe von 750.000,-- DM, zahlbar in insgesamt sieben Raten.
Im Zeitpunkt des Drehbeginns (28. November 1988) hatte die Klägerin die bis dahin bereits zur Zahlung fälligen ersten Raten von insgesamt 300.000,-- DM noch nicht bezahlt. In der Beilage A zum Coproduktionsvertrag war als letzter Drehtag der 7. Juli 1989 vorgesehen. Zum 1. März 1990 sollte das Negativ der Klägerin zur Verfügung gestellt werden. Beide Termine wurden nicht eingehalten. Zwischen den Parteien entstand ein Streit darüber, ob an-
stelle der ursprünglich vereinbarten 5 mal 60-minütigen Fassung eine TV-Serie für das Deutsche Fernsehen, bestehend aus drei Episoden á 90 Minuten, von der Beklagten zu erstellen sei. Auf ein Schreiben der T. v om 28. Februar 1991, in welchem diese erklärte, daß die sechsteilige Version abgenommen und mit dem Negativschnitt begonnen worden sei, wies die Klägerin mit Telefax vom 4. März 1991 T. an, nicht mit dem Negativschnitt zu beginnen, bevor die damals bestehenden Auseinandersetzungen über die Frage der Anzahl der geschuldeten Folgen abgeschlossen seien. Unter dem 6. März 1991 bestätigte T. den Inhalt dieses Schreibens und bat um weitere Weisungen bezüglich der Durchführung des Negativschnitts, die jedoch nie erfolgten. Im Laufe des Jahres 1992 erstellte die Beklagte eine 6 mal 60-minütige Version, welche endgültig auf eine TV-Serie zu fünf Episoden á 60 Minuten geschnitten wurde. Diese von der Klägerin abgelehnte Fassung strahlte das tschechische Fernsehen im Weihnachtsprogramm 1992 aus.
Mit Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 23. Oktober 1991 kündigte die Klägerin den Coproduktionsvertrag fristlos. Zur Begründung verwies die Klägerin auf eine nicht fristgerechte Herstellung der Spielfilm-Serie.
Die Klägerin macht im Wege der Teilklage einen Schadensersatz in Höhe von 100.000,-- DM wegen der ihr entstandenen Aufwendungen für Produktionskosten geltend. Des weiteren verlangt sie Schadensersatz in Höhe eines Teilbetrages von gleichfalls 100.000,-- DM wegen fehlgeschlagener Verwertung der Produktion und die Herausgabe des Negativmaterials der Filmproduktion. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, soweit es um die Herausgabe des Filmnegativmaterials geht; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht
hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf das Rechtsmittel des Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageziele weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

A.


Gerichtsstand ist nach Nr. 9.6 des Coproduktionsvertrages für beide Vertragsparteien M. ; es kommt deutsches Recht zur Anwendung.

B.


1. Die Ausführungen des Landgerichts zur Rechtsnachfolge des Beklagten in die Rechtsstellung des früheren tschechoslowakischen Fernsehens sind nicht zu beanstanden.
2. Die Instanzgerichte werten den Coproduktionsvertrag zutreffend als Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Schließen sich Partner zusammen, um einen Film oder Fernsehfolgen herzustellen und zu vertreiben, so stellt dies den gemeinsamen Zweck im Sinne des § 705 BGB dar. Ist nichts anderes vereinbart, handelt es sich deshalb um die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. Hartlieb, HdB. des Film-, Fernsehund Videorechts 3. Aufl. 1991 S. 251 f.; MüKo/Ulmer, BGB 3. Aufl. Vor § 705 Rdn. 98).

Ist die Kündigung der Gesellschaft wirksam, so ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgelöst und - als Innengesellschaft - gleichzeitig beendet. Deshalb ist an sich eine Schlußabrechnung zu erstellen. Die Parteien gehen jedoch offenbar davon aus, daß die streitigen gegenseitigen Ansprüche die einzigen abzurechnenden Vermögenspositionen darstellen.

C.


Das Berufungsgericht vertritt die Auffassung, der Zahlungsanspruch in Höhe von 200.000,-- DM sei nicht schlüssig dargelegt und schon deshalb als unbegründet abzuweisen; es sei nicht ersichtlich, wie sich dieser Teilbetrag zusammensetze. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision sind begründet.
I. Die von der Klägerin erhobene Teilklage ist zulässig.
1. Eine Teilklage, die mehrere prozessual selbständige Ansprüche zum Gegenstand hat, genügt dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nur, wenn der Kläger die Reihenfolge angibt, in der das Gericht diese Ansprüche prüfen soll. Sonst könnte es zu unüberwindlichen Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Streitgegenstandes und damit der materiellen Rechtskraft kommen (BGHZ 124, 164, 166 f.; BGH, Urt. v. 8. Dezember 1989 - V ZR 174/88, NJW 1990, 2068 f.; v. 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346; Sen.Urt. v. 10. November 1986 - II ZR 140/85, BGHR ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2 - Bestimmtheit 4).
2. Diesen Anforderungen wird die vorliegende Teilklage gerecht.

a) Die Klägerin hat im Berufungsverfahren ihren Antrag nur noch auf Zahlung eines Schadensersatzbetrages von 100.000,-- DM wegen der ihr entstandenen Aufwendungen und weiterer 100.000,-- DM wegen entgangenen Gewinns gerichtet. Einen darüber hinausgehenden Schadensersatzbetrag wegen Nichtherausgabe des Materials, den das Oberlandesgericht auch diskutiert , hat die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht mehr gefordert. Sie hatte zwar ursprünglich beantragt, im Falle der nicht rechtzeitigen Herausgabe des Filmmaterials die Beklagte schon im vorliegenden Rechtsstreit zu Schadensersatz in Höhe von 50.000,-- DM zu verurteilen, hat diesen Antrag aber in der Berufungsbegründung vom 20. April 1998 nicht aufrecht erhalten. Die Beklagte hat dem nicht widersprochen. Das Berufungsgericht hätte diesen Antrag daher bei der Frage der Schlüssigkeit der Klage von vornherein nicht berücksichtigen dürfen.

b) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur fehlenden Schlüssigkeit der Einzelposten beziehen sich nur auf den Sachverhaltskomplex "Aufwendungen". Die Klägerin macht 100.000,-- DM aus einer Gesamtsumme von 2.464.867,-- DM geltend, die sich aus mehreren Einzelpositionen zusammensetzt. Insoweit handelt es sich um einen einheitlichen Schaden mit unselbständigen Rechnungsposten, nicht aber um verschiedene prozessuale Ansprüche. Hier bedarf es grundsätzlich keiner Erklärung über die Reihenfolge der Prüfung (Lüke in: MüKo-ZPO § 253 Rdn. 106 f.).
Die Klägerin hat diese Rechnungspositionen im einzelnen individualisiert. Sie enthalten unter Nr. 9 Rechtsanwalts- und Beratungskosten. Unter
diese lassen sich auch die in der Berufungsschrift erwähnten 5.000,-- DM an Rechtsanwaltskosten zur Streitbeilegung subsumieren. Ein selbständiger Streitgegenstand ist damit entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht verbunden.

c) Daneben wird als selbständiger weiterer Schadensposten ein Teilbetrag von wiederum 100.000,-- DM als entgangener Gewinn aus einer Gesamtsumme von 1,25 Mio. US-$ geltend gemacht. Hierbei handelt es sich um einen selbständigen Streitgegenstand. Dieser Anspruch ist aber, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, schlüssig und in zulässiger Weise dargelegt.
Somit ergibt sich bei sachgerechter Auslegung und Würdigung der Anträge der Klägerin, daß sie insgesamt Schadensersatz in Höhe von 200.000,-- DM verlangt.
3. Überdies hätte das Berufungsgericht aufgrund seiner Annahme, die Teilklage sei nicht hinreichend individualisiert, auf keinen Fall die Klage als unbegründet abweisen dürfen, sondern durch Abweisung als unzulässig klarstellen müssen, daß eine rechtskräftige Entscheidung über die Begründetheit der nach seiner Meinung vorliegenden Mehrheit von Ansprüchen nicht getroffen werden könne.
II. Es ist rechtlich auch nicht möglich, die Frage der Zulässigkeit einer Klage nicht zu beantworten und diese wegen feststehender Unbegründetheit abzuweisen. Dies gilt grundsätzlich auch im Berufungsverfahren. Mag auch in Ausnahmesituationen die Zulässigkeit eines Rechtsmittels, das offensichtlich unbegründet ist, offengelassen werden können, so gilt dies jedenfalls nicht für
die Frage, ob die Klage als solche bereits unzulässig war oder nicht. Schon wegen der Auswirkungen auf die Rechtskraft ergibt sich insoweit ein absoluter Vorrang der Zulässigkeits- vor der Begründetheitsprüfung (Lüke in: MüKo-ZPO, Vor § 253 Rdn. 3). Deshalb ist nur vorsorglich auf folgendes hinzuweisen:
1. Die Revision bemängelt, das Berufungsgericht habe den in erster Instanz vernommenen Zeugen B. erneut hören und die von der Klägerin im Berufungsverfahren zusätzlich benannten Zeugen vernehmen müssen. Dieser Angriff hat teilweise Erfolg.

a) Eine erneute Vernehmung des Zeugen B. war allerdings nicht geboten. § 398 Abs. 1 ZPO stellt die erneute Vernehmung eines bereits gehörten Zeugen in das Ermessen des Gerichts. Eine Ermessensüberschreitung liegt nur dann vor, wenn das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit eines erstinstanzlichen Zeugen anders beurteilen will als das Erstgericht, wenn es der Aussage eine andere Tragweite, ein anderes Gewicht oder eine vom Wortsinn abweichende Auslegung geben will oder wenn es die protokollierten Angaben des Zeugen für zu vage und präzisierungsbedürftig hält (BGH, Urt. v. 30. September 1992 - VIII ZR 196/91; v. 15. Oktober 1992 - III ZR 57/91, BGHR ZPO § 398 Abs. 1 - Ermessen 14, 15 je m.w.N.). Diese Grenzen des Ermessens hat das Berufungsgericht beachtet. Es weicht in keinem Punkt von der Beurteilung des Erstgerichts ab.

b) Dagegen hätte das Berufungsgericht die neu benannten Zeugen P. und K. vernehmen müssen.
Der Tatrichter darf von der Erhebung zulässiger und rechtzeitig angetretener Beweise nur absehen, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache bereits erwiesen oder zugunsten des Antragstellers zu unterstellen ist. Dabei ist größte Zurückhaltung geboten (BGH, Urt. v. 19. Mai 1998 - XI ZR 216/97, BGHR ZPO § 286 Abs. 1 - Beweisantrag, Ablehnung 18 m.w.N.). Dies hat das Berufungsgericht nicht beachtet.
Die Klägerin hat in ihrem Berufungsschriftsatz für ihre Behauptung, die Parteien hätten sich später auf die Anfertigung einer 3 mal 90-minütigen deutschen Fassung bis zum 31. Dezember 1990 geeinigt, zunächst den Verantwortlichen der C. T. , den Zeugen B. , benannt. Zusätzlich hat sie zum Beweis dafür, daß auf der Sitzung des Zentraldirektoriums des tschechoslowakischen Fernsehens am 25. Juli 1990 die Herstellung einer solchen Fassung autorisiert und diese Entscheidung der Klägerin mitgeteilt wurde, woraufhin man sich entsprechend geeinigt habe, die Vernehmung der Zeugen K. und P. , jeweils mit ladungsfähiger Anschrift, mehrfach beantragt.
Das Berufungsgericht stellt darauf ab, daß die Klägerin trotz eines entsprechenden Hinweises der Beklagten nicht dargelegt habe, warum diese Zeugen etwas bekunden könnten. Das macht die Zeugen jedoch nicht zu ungeeigneten Beweismitteln. Vielmehr ist der Beweisantrag so zu verstehen, daß die Zeugen bei den entscheidenden Besprechungen anwesend waren.
Der von dem Berufungsgericht herangezogene Gesichtspunkt, die neuen Zeugen seien erst vier Jahre später in den Prozeß eingeführt worden, erweist sich als irrelevant. Ein Fall des § 528 ZPO ist nicht gegeben; es fehlt
schon an einer Zurückweisung der Beweismittel. Im übrigen ist zu berücksichtigen , daß viele der Beteiligten inzwischen ihre Position bei der Beklagten verlassen haben und nur schwer greifbar sind.
2. Das Berufungsgericht führt aus, der Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns sei schon deshalb unbegründet, weil die Klägerin der Firma N. gegenüber auch eine 5 mal 60-minütige Fassung habe absetzen können. Eine solche habe die Beklagte aber erstellt, den Schnitt derselben habe die Klägerin selbst am 4. März 1991 per Telefax gestoppt. Dies ist unzutreffend.
Ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 28. Februar 1991, auf welches sich das Telefax der Klägerin bezog, hatte die Beklagte lediglich mitgeteilt , eine sechsteilige Version sei abgenommen und mit deren Negativschnitt werde begonnen. Selbst wenn man unterstellen wollte, die Parteien hätten sich nicht auf eine 3 mal 90-minütige Fassung geeinigt, wäre eine solche Version jedoch ebensowenig vertragsgemäß gewesen. Nach dem ursprünglichen Vertrag hätte nämlich dann eine 5 mal 60-minütige Version erstellt werden müssen. Die Darlegungen des Berufungsgerichts verstoßen daher gegen den eindeutigen Inhalt der vorgelegten Urkunden und auch gegen den Tatbestand des Urteils, in dem festgehalten wird, daß ursprünglich die Erstellung einer 5 mal 60-minütigen Version geschuldet war. Daß die Beklagte nach der Kündigung durch die Klägerin später eine fünfteilige tschechische Version erstellte, ändert nichts daran, daß sie der Klägerin eine nicht vertragsgemäße Leistung angeboten hatte.
3. Bei der gebotenen erneuten Prüfung ist zu beachten, daß neben dem entgangenen Gewinn "frustrierte" Aufwendungen grundsätzlich nicht als Schaden geltend gemacht werden können, weil ein Gewinn nur unter der Voraussetzung hätte erzielt werden können, daß die nach dem Vertrag von dem Geschädigten geschuldeten Aufwendungen erbracht worden sind.
4. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Herausgabeanspruch greift die Revision ebenfalls erfolgreich an.

a) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu einem neben § 985 BGB bestehenden vertraglichen Herausgabeanspruch stützen sich maßgeblich darauf , daß jedenfalls die fünfte Rate des Produktionskostenbeitrages unabhängig von der vertragsmäßigen Erstellung der Filmserie bei Rohschnittabnahme zu zahlen gewesen sei und deshalb der Beklagten jedenfalls ein Zurückbehaltungsrecht zustehe. Es erscheint schon zweifelhaft, ob der handschriftliche Vermerk auf dem Schuldanerkenntnis vom 9. Mai 1990, der dem vorformulierten Text später hinzugesetzt wurde und insoweit vorrangig ist, nicht entgegen dem Berufungsgericht so zu verstehen ist, daß der gesamte Produktionskostenbeitrag erst bei Ablieferung des Materials zu zahlen sei. Jedenfalls hat das Berufungsgericht verkannt, daß der Rohschnitt lediglich vorgelegt, nicht aber abgenommen wurde. Voraussetzung einer Pflicht zur Zahlung der fünften Rate war jedoch ausweislich des klaren Wortlauts der getroffenen Vereinbarung eine Abnahme (Nr. 4.2.1 des Vertrages), also eine Billigung des Rohschnitts als im wesentlichen vertragsgemäß. Dies hat die Klägerin aber bestritten.

b) Das Berufungsgericht hat zudem ausgeführt, durch die Verarbeitung des von der Klägerin gelieferten Negativmaterials sei die Beklagte Eigentüme-
rin desselben geworden, eine danach erfolgte Eigentumsübertragung auf die Klägerin sei nicht erfolgt. Diese Darlegungen des Berufungsgerichts sind bereits deshalb fehlerhaft, weil man Nr. 5.1 des Vertrages im Sinne einer Verarbeitungsklausel (Staudinger/Wiegand, BGB 13. Aufl. § 950 Rdn. 19, 23) so ausle-
gen kann und muß, daß die Klägerin gerade nach der Verarbeitung des Negativs Eigentümerin sein sollte. Ein "Originalnegativ", von dem die Klausel ausdrücklich spricht, war nämlich erst nach der Verarbeitung vorhanden.

Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke

Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.

7
1. Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht seine Pflicht nach § 293 ZPO verletzt hat, zur Vorbereitung seiner Entscheidung das einschlägige niederländische Recht von Amts wegen zu ermitteln (vgl. BGH, BGHZ 118, 151, 162 ff.; Urteil vom 25. Januar 2005 - XI ZR 78/04 - NJW-RR 2005, 1071, 1072; Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., § 293 Rn. 14 ff.).
35
Die (a) verjährungsunterbrechende Wirkung der gewillkürten Prozessstandschaft tritt erst in dem Augenblick ein, in dem diese prozessual offen gelegt wird oder offensichtlich ist (BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - I ZR 49/99, NJW-RR 2002, 20, 22 mwN). Beides ist vorliegend für den erstinstanzlichen Rechtszug zu verneinen. Der Kläger, der sich im Bauantragsformular als Bauherr und Eigentümer bezeichnet hatte, hat sich eindeutig und unmissverständlich auf sein Alleineigentum berufen. Nur dadurch ist zu erklären, dass das Landgericht im Tatbestand seines Urteils (wie übrigens auch das Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 21. Mai 2007) - fälschlicherweise - festgestellt hat, dass der Kläger als damaliger (gemeint: bis zur Eigentumsübertragung auf den Sohn) Eigentümer die Erteilung eines Bauvorbescheids beantragt habe. Mithin war nicht offensichtlich, dass der Kläger als gewillkürter Prozessstandschafter Entschädigungsansprüche seiner Ehefrau geltend machte bzw. ma- http://www.juris.de/jportal/portal/t/3tp2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE031302301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3tp2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE031302301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 14 - chen wollte. Die Offenlegung ist erst im Berufungsverfahren im Jahre 2008 erfolgt und damit zu spät.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 49/99 Verkündet am:
7. Juni 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
BGB §§ 133 B, 157 Ga
Zur Frage, ob einer Führungsklausel in einem Transportversicherungsvertrag
die Ermächtigung zu entnehmen ist, die mehreren Mitversicherern zustehenden
Ansprüche im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft einzuklagen.
BGH, Urt. v. 7. Juni 2001 - I ZR 49/99 - OLG Frankfurt a.M.
LG Hanau
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 22. Dezember 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist gemeinsam mit anderen Versicherungsgesellschaften Transportversicherer der S. AG (im folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die W.-Spedition GmbH & Co. KG im Jahre 1995 mit der Beförderung von neun Packstücken mit Fernsprechund Telefaxgeräten von Bocholt nach Stockstadt. Die W.-KG transportierte die Sendung zur Beklagten und beauftragte diese mit dem Weitertransport zur Empfängerin. Mit der Durchführung des Transports betraute die Beklagte den Frachtführer Ad. .
Durch die Art und Weise, wie die Beklagte das Gut auf ihrer Laderampe zum Weitertransport bereitstellte, kam es dazu, daß der Frachtführer nur sechs der neun Packstücke auflud. Die zurückgebliebenen drei Packstücke gingen auf ungeklärte Weise verloren. Nachdem die Empfängerin die Annahme einer Palette wegen Durchnässung der Verpackung verweigert hatte, wurde dieser Teil der Sendung zur Versicherungsnehmerin zurückgeschickt. Dort wurde festgestellt, daß zwei Telefaxgeräte fehlten.
Die Klägerin hat behauptet, der Versicherungsnehmerin sei durch den teilweisen Verlust des Gutes ein Schaden in Höhe von 63.246,02 DM entstanden , den sie - unstreitig - beglichen habe. Sie hat die Auffassung vertreten, nach der mit Schriftsatz vom 31. August 1998 als Anlage K 17 vorgelegten Führungsklausel der Transportversicherungspolice sei sie berechtigt, die mit
der Zahlung der Versicherungssumme gemäû § 67 VVG auf die Versicherer übergegangenen deliktischen Ansprüche der Versicherungsnehmerin allein einzuklagen und Zahlung an sich zu verlangen. Die Klausel hat folgenden Wortlaut:
§ 1 Führungsklausel Versicherer sind die in der Anlage bezeichneten Gesellschaften. Führende Gesellschaft ist die 'A. ' Versicherungs-Aktiengesellschaft Hamburg [mit der jetzigen Klägerin durch Vertrag vom 14. März 2000 gemäû § 2 Umwandlungsgesetz verschmolzen]. Die Vollmacht der führenden Gesellschaft erstreckt sich auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, welche die Abwicklung des Vertragsverhältnisses mit sich bringen sowie auf alle Rechtsstreitigkeiten , die auf das Vertragsverhältnis Bezug haben; die mitbeteiligten Gesellschaften erkennen von vornherein alle Schadensregulierungen sowie sonstige Maûnahmen und Vereinbarungen, welche die führende Gesellschaft trifft, als für sich verbindlich an und entsagen ausdrücklich jeglichem Einspruch gegen diese. Soweit die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren auf vertragliche Ansprüche aus abgetretenem Recht der W.-KG stützt, hat sie sich auf ein Schreiben der W.-Holding GmbH vom 13. September 1995 berufen. Darin wird die Beklagte als Schadensstifter bezeichnet und zugleich werden "sämtliche Ansprüche" an die Klägerin abgetreten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 63.246,02 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten , auch wenn die Führungsklausel in der von der Klägerin vorgelegten Fassung zum Zeitpunkt des Schadenseintritts gegolten habe, was sie allerdings nicht wisse, sei die Klägerin nicht ohne weiteres befugt, den gesamten angeblich nach § 67 Abs. 1 VVG übergegangenen Anspruch allein geltend zu machen. Ferner hat sie in Abrede gestellt, daû der Verlust des Gutes aufgrund von Organisationsmängeln in ihrem Unternehmen eingetreten sei und bestritten , daû ein Schaden in der behaupteten Höhe entstanden sei. Auûerdem hat sich die Beklagte auf Verjährung berufen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Aktivlegitimation der Klägerin verneint. Dazu hat es ausgeführt:
Mit der Zahlung der Versicherungssumme sei ein der Versicherungsnehmerin gegebenenfalls zustehender Anspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1 BGB nicht in vollem Umfang auf die Klägerin übergegangen, da sie nicht alleiniger Versicherer gewesen sei. Eine Berechtigung der Klägerin, die auf die übrigen Mitversicherer übergegangenen Ansprüche im eigenen Namen einzu-
klagen, ergebe sich auch nicht aus § 1 des vorgelegten Versicherungsvertrages. Die darin getroffenen Regelungen enthielten keine Ermächtigung der Klägerin seitens der Mitversicherer, deren Rechte im eigenen Namen geltend zu machen, sondern lediglich eine Bevollmächtigung der Klägerin. Dementsprechend hätte die Klägerin im Namen aller Mitversicherer klagen müssen. Zudem habe die Klägerin nicht vorgetragen, worin ihr eigenes schutzwürdiges Interesse bestehe, die auf die Mitversicherer übergegangenen Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen. Bei dieser Sachlage könne unterstellt werden, daû der im Auszug vorgelegte Text des Versicherungsvertrages im Zeitpunkt des Schadenseintritts gegolten habe.
Der Klägerin könne auch nicht der auf sie entfallende Anteil an einem eventuellen Schadensersatzanspruch zugesprochen werden, weil sie die Höhe ihrer Versicherungsbeteiligung nicht dargelegt habe.
Aus abgetretenem Recht der W.-KG stünden der Klägerin ebenfalls keine Ansprüche zu, da die Abtretung nicht durch die Auftraggeberin der Beklagten , sondern durch eine W.-Holding GmbH erfolgt sei. Aus der Abtretungserklärung ergebe sich nicht, daû die zentrale Versicherungsabteilung der W.Holding GmbH die entsprechende Erklärung für die jeweils als eigenständige Unternehmen geführten W.-Speditionen abgegeben habe.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin sei nicht befugt, einen eventuell nach § 67 Abs. 1 VVG übergegangenen Schadensersatzanspruch der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1 BGB
in voller Höhe im eigenen Namen geltend zu machen, weil sie - unstreitig - nicht alleiniger Transportversicherer der S. AG sei, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, daû die Klägerin aufgrund der Regulierung des durch den streitgegenständlichen Verlust eingetretenen Schadens nicht gemäû § 67 Abs. 1 VVG alleinige Inhaberin eines der Versicherungsnehmerin möglicherweise zustehenden Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1 BGB geworden ist. In der Berufungsinstanz ist unstreitig geworden, daû das in Rede stehende Schadensrisiko im Wege der Mitversicherung bei mehreren Versicherungsgesellschaften abgedeckt ist. In einem derartigen Fall wird der Schadensersatzanspruch entsprechend der Risikobeteiligung der Versicherer gequotelt mit der Folge, daû jeder Versicherer grundsätzlich nur die auf ihn entfallende Quote im eigenen Namen geltend machen kann. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn ein führender Versicherer vorhanden ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.3.1954 - VI ZR 114/52, VersR 1954, 249; Bruck/Möller/Sieg, VVG, 8. Aufl., § 58 Anm. 75; Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 67 Rdn. 26; Römer/Langheid, VVG, § 67 Rdn. 27).
Gleichwohl kann dem Berufungsgericht nicht darin beigetreten werden, daû der Klägerin die Prozeûführungsbefugnis zur Geltendmachung des eventuell auf sämtliche Mitversicherer übergegangenen deliktischen Schadensersatzanspruchs in voller Höhe fehlt. Es hat bei seiner Beurteilung verkannt, daû die Klägerin nach den Grundsätzen der gewillkürten Prozeûstandschaft berechtigt ist, die den Mitversicherern zustehenden Ansprüche im eigenen Namen einzuklagen.

b) Die gewillkürte Prozeûstandschaft setzt voraus, daû der Kläger durch den Rechtsinhaber ermächtigt ist, das dem Dritten zustehende Recht im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen und daû der Kläger ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung hat (st. Rspr.; vgl. BGHZ 125, 196, 199; BGH, Urt. v. 19.1.1989 - I ZR 217/86, GRUR 1990, 361 = NJWRR 1989, 690 - Kronenthaler; Urt. v. 9.10.1997 - I ZR 122/95, GRUR 1998, 417, 418 = NJW 1998, 1148 - Verbandsklage in Prozeûstandschaft; Urt. v. 15.10.1998 - I ZR 111/96, TranspR 1999, 102, 105 = VersR 1999, 646). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erfüllt.
aa) Eine Ermächtigung der Klägerin zur Geltendmachung des fremden Rechts ergibt sich mit der erforderlichen Deutlichkeit aus dem Regelungsgehalt der Führungsklausel in § 1 des Versicherungsvertrags.
Das Berufungsgericht hat zwar keine Feststellungen dazu getroffen, ob § 1 des von der Klägerin im Auszug vorgelegten Versicherungsvertrags im Zeitpunkt des Schadenseintritts noch Vertragsgegenstand war. Es hat dies jedoch zugunsten der Klägerin unterstellt, so daû davon auch bei der revisionsrechtlichen Beurteilung auszugehen ist.
Die Auslegung einer Willenserklärung obliegt allerdings grundsätzlich dem Tatrichter. Die tatrichterliche Auslegung ist für das Revisionsgericht indessen nicht bindend, wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln , Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind. Zu den allgemein anerkannten Auslegungsregeln gehört der Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. BGHZ 131, 136, 138; 137, 69, 72; BGH, Urt. v. 8.6.1994 - VIII ZR 103/93, NJW 1994, 2228; Urt. v. 3.4.2000
- II ZR 194/98, NJW 2000, 2099). Dem hat das Berufungsgericht nicht hinreichend Rechnung getragen.
Das Berufungsgericht hat bei seiner Auslegung des § 1 des Versicherungsvertrags maûgeblich auf dessen Wortlaut abgestellt. Es hat eine Ermächtigung der Klägerin seitens der Mitversicherer, deren (vermeintliche) Rechte im eigenen Namen geltend zu machen, verneint, weil in § 1 Abs. 2 des Versicherungsvertrags nicht von einer Ermächtigung, sondern vielmehr von einer Vollmacht die Rede sei. Letztere berechtige nur zum Handeln in fremdem Namen (§§ 164 f. BGB). Dementsprechend hätte die Klägerin im Namen aller Mitversicherer klagen müssen. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht hat bei seiner buchstabengetreuen Auslegung der Klausel, die zwar den Begriff der Vollmacht verwendet, nicht genügend berücksichtigt , daû die Rechtsinstitute der Bevollmächtigung nach § 164 BGB und der Ermächtigung nach § 185 BGB sich insoweit überschneiden, als sie es Dritten ermöglichen, durch rechtsgeschäftliches Handeln auf den Rechtskreis eines anderen einzuwirken (vgl. Staudinger/Schilken, BGB [1995], Vorbem. zu §§ 164 ff. Rdn. 64; MünchKommBGB/Schramm, 4. Aufl., Vor § 164 Rdn. 39). Daher werden vor allem im Geschäftsverkehr die verwandten Begriffe nicht immer begrifflich streng unterschieden.
Die Revision beanstandet aber vor allem mit Recht, daû das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung den allgemein anerkannten Sinn und Zweck einer Führungsklausel rechtsfehlerhaft unberücksichtigt gelassen hat.
Dieser besteht - worauf die Revision zutreffend hinweist - darin, die auf der Beteiligung mehrerer Versicherer beruhenden Schwierigkeiten bei der Handhabung des Versicherungsvertrags für alle Beteiligten zu vereinfachen (vgl. Römer/Langheid aaO § 58 Rdn. 6; Prölss/Martin aaO Vor § 58 Rdn. 3). Er liegt ersichtlich auch der im Streitfall zu beurteilenden Klausel zugrunde, nach deren Wortlaut die Klägerin mit einer umfassenden Wahrnehmung aller aus dem Vertragsverhältnis erwachsenden Aufgaben betraut ist. Die Geschäftsführungsbefugnis der Klägerin erstreckt sich nicht nur im Sinne einer passiven Vollmacht auf die Entgegennahme von Willenserklärungen, sondern nach § 1 Abs. 2, 1. Halbs. des Versicherungsvertrags auf "alle Geschäfte und Rechtshandlungen , welche die Abwicklung des Vertragsverhältnisses mit sich bringt, sowie auf alle Rechtsstreitigkeiten, die auf das Vertragsverhältnis Bezug haben".
Das Bestreben nach einer vereinfachten Vertragsabwicklung würde nur unvollkommen erreicht, wenn die Klägerin - was eine wortgetreue Auslegung des Begriffs der Vollmacht in der Führungsklausel allerdings nahelegen könnte - die der Versicherungsgemeinschaft zustehenden Regreûansprüche prozessual nur durch ein Handeln im Namen aller Mitversicherer durchsetzen könnte. Wären die prozessualen Befugnisse der Klägerin auf ein Handeln in Stellvertretung der Mitversicherer beschränkt, müûte sie diese bei der Angabe der Parteibezeichnung offenlegen. Bei der Formulierung des Klageantrags müûte sie zudem dem Umstand Rechnung tragen, daû die Mitversicherer jeweils nur im Verhältnis ihrer jeweiligen Haftungsquoten anteilig Anspruchsinhaber geworden sind. Das ist von der Versicherungsgemeinschaft ersichtlich nicht gewollt. Die mitbeteiligten Gesellschaften haben sich bereit erklärt, von vornherein alle Schadensregulierungen sowie sonstigen Maûnahmen und Vereinbarungen , die die führende Gesellschaft trifft, als für sie verbindlich anzuer-
kennen (vgl. § 1 Abs. 2, 2. Halbs. des Versicherungsvertrags). Im Falle eines Handelns in Stellvertretung für die Mitversicherer wäre eine solche Vertragserklärung überflüssig gewesen, da sich die Verbindlichkeit des Vertreterhandelns für den Vertretenen nach dem Wesen der Stellvertretung bereits unmittelbar aus § 164 Abs. 1 BGB ergibt. Die Erklärung zielt mithin ersichtlich auf den Anwendungsbereich des § 185 BGB ab, der die Wirksamkeit des rechtsgeschäftlichen Handelns eines Nichtberechtigten von der Einwilligung des Rechtsinhabers abhängig macht. Funktional entspricht die in Rede stehende Vertragsklausel einer gebräuchlichen (vgl. Römer/Langheid aaO § 58 Rdn. 6), an Nr. 19.2 SVS/RVS (in der Fassung vom 1. Januar 1995) angelehnten Prozeûführungsklausel , wonach ein von dem führenden Versicherer erstrittenes Urteil von den Mitversicherern als auch für sie verbindlich anerkannt wird.
Der Annahme einer Ermächtigung steht nicht entgegen, daû eine in Prozeûstandschaft erhobene Klage schützenswerte Interessen des Regreûschuldners nachteilig berühren könnte. Denn der Prozeûgegner ist vor der Gefahr, wegen desselben Streitgegenstands sowohl von dem Rechtsinhaber als auch von dessen gewillkürtem Prozeûstandschafter mit einem Prozeû überzogen zu werden, durch den Einwand der Rechtshängigkeit und - nach rechtskräftigem Abschluû des einen Prozesses - durch den Einwand der Rechtskraft geschützt (vgl. BGHZ 123, 132, 135 f.; BGH, Urt. v. 2.10.1987 - V ZR 182/86, NJW-RR 1988, 126 f.).
bb) Das erforderliche schutzwürdige eigene Interesse an der Prozeûführung folgt im Streitfall daraus, daû die von den Mitversicherern mit der umfassenden Schadensabwicklung beauftragte Klägerin im Umfang ihrer eigenen Haftungsquote wirtschaftlich vom Ausgang des Rechtsstreits profitiert. Das reicht zur Annahme eines eigenen schutzwürdigen Interesses an der Geltend-
machung eines fremden Rechts im Wege der gewillkürten Prozeûstandschaft aus (vgl. BGHZ 119, 237, 242 - Universitätsemblem; BGH, Urt. v. 13.10.1994 - I ZR 99/92, GRUR 1995, 54, 57 = NJW-RR 1995, 358 - Nicoline).
2. Die Abweisung der Klage erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO). Beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand kann entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht davon ausgegangen werden , daû der deliktische Schadensersatzanspruch gemäû § 852 BGB verjährt ist.
Nach § 209 Abs. 1 BGB wird die Verjährung durch Klageerhebung seitens des Berechtigten unterbrochen. Die verjährungsunterbrechende Wirkung tritt im Falle der gewillkürten Prozeûstandschaft erst in dem Augenblick ein, in dem diese prozessual offengelegt wird oder offensichtlich ist (vgl. BGHZ 78, 1, 6; 94, 117, 122; BGH, Urt. v. 16.9.1999 - VII ZR 385/98, WM 2000, 77, 78; MünchKommBGB/Grothe aaO § 209 Rdn. 14; Erman/Hefermehl, BGB, 10. Aufl., § 209 Rdn. 10).
Die Klägerin hat erstmals in ihrem Schriftsatz vom 31. August 1998 offengelegt , daû sie nicht alleiniger Transportversicherer der S. AG ist. Sie hat diesem Schriftsatz einen Auszug aus dem maûgeblichen Versicherungsvertrag beigefügt (§§ 1 und 2), aus dem sich mit der gebotenen Klarheit ergibt, daû die Klägerin nicht alleiniger Transportversicherer der S. AG ist. Denn in § 1 Abs. 1 des vorgelegten Vertragsauszugs heiût es "Versicherer sind die in der Anlage bezeichneten Gesellschaften. Führende Gesellschaft ist die ©A. © Versicherungs-Aktiengesellschaft Hamburg" (jetzige Klägerin). Hierauf wird im Schriftsatz der Klägerin vom 25. September 1998 lediglich nochmals Bezug genommen. Neues Vorbringen zur Prozeûführungsbefugnis der Klägerin findet
sich in diesem Schriftsatz nicht. Vor dem Eingang des Schriftsatzes vom 31. August 1998 bei Gericht war die gewillkürte Prozeûstandschaft für die Prozeûbeteiligten noch nicht erkennbar, weil die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt durchweg behauptet hatte, sie sei alleiniger Transportversicherer der S. AG.
Ob der aus übergegangenem Recht geltend gemachte deliktische Anspruch am 31. August 1998 bereits verjährt war, läût sich nicht abschlieûend beurteilen, weil das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen dazu getroffen hat, wann die dreijährige Verjährungsfrist gemäû § 852 Abs. 1 BGB zu laufen begonnen hat.
3. Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der Klägerin stünden keine vertraglichen Ansprüche aus abgetretenem Recht der W.-KG gegen die Beklagte zu, weil die Abtretung "sämtlicher Ansprüche" durch die W.-Holding GmbH erfolgt sei. Mit Recht rügt die Revision, daû das Berufungsgericht verkannt hat, daû die W.-Holding GmbH ersichtlich im Namen der Auftraggeberin der Beklagten, der W.-KG, gehandelt hat.

a) Nach § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB wirkt eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht abgibt, auch dann für und gegen den Vertretenen, wenn sie der Vertreter zwar nicht ausdrücklich in dessen Namen abgibt, die Umstände jedoch ergeben, daû sie im Namen des Vertretenen erfolgen soll. Bei der Bestimmung des Erklärungsgehalts kommt es darauf an, wie sich die Erklärung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte für einen objektiven Betrachter in der Lage des Erklärungsempfängers darstellt. Von wesentlicher Bedeutung sind dabei vor allem die Interessenlage der beteiligten
Personen, der dem Rechtsverhältnis zugrundeliegende Lebenssachverhalt und der Geschäftsbereich, zu dem der Erklärungsgegenstand gehört (vgl. BGH, Urt. v. 17.11.1975 - II ZR 120/74, WM 1976, 15, 16; Urt. v. 17.12.1987 - VII ZR 299/86, NJW-RR 1988, 475, 476). Diese anerkannten Auslegungsgrundsätze hat das Berufungsgericht nicht genügend beachtet.

b) Aus dem Schreiben vom 13. September 1995 ergibt sich, daû die W.Holding GmbH sämtliche Ansprüche, die aus dem streitgegenständlichen Transport gegen die Beklagte entstanden sind, abtreten wollte. Diese Angabe muûte die Klägerin als Erklärungsempfängerin vernünftigerweise so verstehen, daû es sich dabei um die vertraglichen Ansprüche der im Betreff genannten "W. Spedition B. " - also der W.-Spedition GmbH & Co. KG - handelte. Denn eigene Ansprüche der W.-Holding GmbH kamen aus Sicht der Klägerin nicht ernsthaft in Betracht. Sie lagen vor allem deshalb fern, weil sich die Funktion einer Holding-Gesellschaft im Regelfall darauf beschränkt, Beteiligungen an anderen Unternehmungen zu halten und gegebenenfalls Leitungsfunktionen im Unternehmensverbund zu übernehmen (vgl. OLG München NJW 1998, 1406). Mithin handelte die W.-Holding GmbH mit der im Schreiben vom 13. September 1995 abgegebenen Abtretungserklärung erkennbar im Rechtskreis der W.-KG. Da die Klägerin davon ausgehen durfte, daû die W.-Holding GmbH den Rechtserfolg der von ihr vorgenommenen Abtretung auch herbeiführen wollte, lag es aus der Sicht der Klägerin nahe, daû die W.-Holding GmbH die Abtretung als Vertreterin der W.-KG erklären wollte. Für diese Annahme spricht auch der weitere Umstand, daû die W.-Holding GmbH ausweislich der im Briefkopf genannten Bezeichnung "Zentrale Versicherungsabteilung" erkennbar arbeitsteilige Funktionen im Firmenverbund der selbständigen Unternehmen wahrgenommen hat. Die W.-Holding GmbH müûte allerdings mit Vertretungsmacht gehandelt haben oder die W.-KG müûte die Abtretung nachträglich
wirksam genehmigt haben (§ 185 Abs. 2 BGB). Hierzu hat das Berufungsgericht noch keine Feststellungen getroffen.

c) Ebenso fehlt es zur Frage, ob ein vertraglicher Anspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht der W.-KG verjährt ist, bislang an tatrichterlichen Feststellungen.
III. Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Büscher

Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

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b) Im Ergebnis ist jedoch Verjährung nicht eingetreten, weil unter Beachtung von Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts von der Regelverjährung von 30 Jahren nach § 195 BGB a.F. auszugehen ist.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.