Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 90/19
(alt: 5 StR 358/16)
vom
9. Oktober 2019
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:091019U5STR90.19.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Oktober 2019, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander als Vorsitzender, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt B. als Verteidiger,
Rechtsanwältin Sc. als Vertreterin der Neben- und Adhäsionsklägerin,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 22. August 2018 wird verworfen. Jedoch wird der Strafausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen II.1 und II.2 der Urteilsgründe jeweils zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 65 € verurteilt ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die insoweit im Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die der Neben- und Adhäsionsklägerin in der Revisionsinstanz entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Vergewaltigung in fünf Fällen, wegen gefährlicher Körperverletzung in fünf Fällen und wegen Körperverletzung in 13 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Durch Beschluss vom 8. Dezember 2016 hat der Senat das Urteil mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
2
Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in vier Fällen sowie wegen Körperverletzung in sieben Fällen unter Strafaussetzung zur Bewährung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt nur den aus dem Urteilstenor ersichtlichen geringen Teilerfolg.
3
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen lernten sich der Angeklagte und die Nebenklägerin im August 2007 kennen und gingen eine Beziehung miteinander ein. Bereits nach einigen Monaten wurde der Angeklagte wiederholt gewalttätig. Im Tatzeitraum vom 18. August 2009 bis 27. August 2013 kam es in der gemeinsamen Wohnung zu mindestens elf körperlichen Übergriffen, bei denen der Angeklagte die Nebenklägerin durch Schläge oder Tritte misshandelte und dabei teilweise einen Besenstiel oder einen Baseballschläger verwendete.
4
2. Mit einer Verfahrensrüge bemängelt die Revision, dass in der neuen Hauptverhandlung entgegen § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO der Anklagesatz nicht verlesen worden sei. Die Beanstandung dringt nicht durch.
5
a) An der Rügeberechtigung des Angeklagten ändert der Umstand nichts, dass der Verteidiger nach eigenem Bekunden den Rechtsfehler in der Hauptverhandlung erkannt hat und dort „mit Bedacht“ im Hinblick auf ein mögli- ches Revisionsverfahren untätig geblieben ist (vgl. zum Ausschluss einer Rügepräklusion beim Unterlassen zwingend vorzunehmender Verfahrenshandlungen KK-StPO/Schneider, 8. Aufl., § 238 Rn. 30 mwN; Mosbacher NStZ 2011, 606,

609).


6
b) Der geltend gemachte Verfahrensfehler liegt zwar vor. Ausweislich des Protokolls über die Hauptverhandlung ist der Anklagesatz nicht verlesen worden. Die Verlesung gehört dabei zu den wesentlichen Förmlichkeiten im Sinne des § 273 Abs. 1 StPO, deren Einhaltung gemäß § 274 StPO nur durch das Protokoll bewiesen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 11. September 1990 – 1 StR 504/90, BGHR StPO § 274 Beweiskraft 6).
7
Der Zweck der Verlesung des Anklagesatzes geht dahin, die Richter – insbesondere die Schöffen –, denen der Inhalt der Anklage noch nicht bekannt ist, sowie die Öffentlichkeit darüber zu unterrichten, auf welchen geschichtlichen Vorgang sich das Verfahren bezieht, und ihnen zu ermöglichen, während der ganzen Verhandlung ihr Augenmerk auf die Umstände zu richten, auf die es in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ankommt. Den Prozessbeteiligten soll Gewissheit darüber vermittelt werden, auf welche Tat sie ihr Angriffs- und Verteidigungsvorbringen einzurichten haben (vgl. BGH, Urteile vom 13. Dezember 1994 – 1 StR 641/94, BGHR StPO § 243 Abs. 3 Anklagesatz 2; vom 28. April 2006 – 2 StR 174/05, NStZ 2006, 649). Auf die Verlesung kann nicht verzichtet werden; sie hat grundsätzlich vor Eintritt in die Beweisaufnahme zu erfolgen (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2018 – 4 StR 424/18, NStZ 2019, 293). Das Verlesungsgebot gilt uneingeschränkt auch nach Zurückverweisung der Sache durch ein Rechtsmittelgericht, wobei Einschränkungen durch eine eingetretene Teilrechtskraft oder vorgenommene Beschränkungen oder Erweiterungen des Verfahrensgegenstandes nach § 154a Abs. 2 und 3 StPO zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2018 – 1 StR 481/17, NStZ 2018, 614 mwN).
8
c) Auf dem Verfahrensfehler beruht das Urteil aber nicht (§ 337 StPO).
9
Bei rechtsfehlerhafter Nichtverlesung des Anklagesatzes ist ein Beruhen regelmäßig dann auszuschließen, wenn die Prozessbeteiligten über den Gegenstand in anderer Weise unterrichtet wurden (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2006 – 2 StR 174/05, NStZ 2006, 649; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 243 Rn. 38). Dies kann auch durch Verlesung des im ersten Durchgang ergangenen Urteils geschehen. Voraussetzung hierfür ist, dass das verlesene Urteil alles enthält, was der Anklagesatz dem Angeklagten zur Last legt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 1970 – 4 StR 141/70, MDR 1970, 777; OGHSt 3, 70).
10
Das ist vorliegend der Fall. Wie aus dem Hauptverhandlungsprotokoll hervorgeht, hat der Vorsitzende nach der Aufnahme der Personalien des Angeklagten über den Verfahrensgang berichtet und dabei den Tenor und die Feststellungen des aufgehobenen Urteils vollständig verlesen. Die 23 Tatvorwürfe der Anklage finden sich inhaltsgleich mit identischer Nummerierung und lediglich geringen sprachlichen Änderungen im verlesenen Urteil wieder. Eine Beeinträchtigung der Interessen der Verfahrensbeteiligten und der Öffentlichkeit kann bei diesem Vorgehen daher ausgeschlossen werden.
11
3. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge führt zu den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Änderungen in Bezug auf die für die Taten II.1 und II.2 verhängten Strafen. Ansonsten enthält das Urteil keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
12
a) Gegen die Beweiswürdigung ist – auch eingedenk des insoweit beschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs – rechtlich nichts zu erinnern.
13
aa) Das Landgericht sieht die Taten II.1 bis 11 der Urteilsgründe als erwiesen an. Soweit dem Angeklagten weitere Körperverletzungen, aber auch Vergewaltigungen gegenüber der Nebenklägerin zur Last gelegt wurden, hat es ihn freigesprochen, weil es sich insoweit aufgrund der Angaben der Nebenklägerin die für eine Verurteilung erforderliche Überzeugung nicht zu verschaffen vermochte.
14
Ein Rechtsfehler ist hierin nicht zu erkennen. Dem Tatgericht ist es nicht verwehrt, Aussagen eines Zeugen teilweise zu folgen und teilweise nicht. Bei Fallkonstellationen, in denen das Gericht der Aussage des einzigen Belastungszeugen nur teilweise folgt und es in anderen Teilen Zweifel an dessen Darstellung hat oder diese sogar für widerlegt hält, müssen die Urteilsgründe allerdings in nachvollziehbarer Weise erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2012 – 5 StR 544/12, NStZ-RR 2013, 119 mwN). Die danach geforderte Gesamtwürdigung ist dem Urteil zu entnehmen.
15
(1) Das Landgericht hat aufgrund der Aussagen des Vaters der Nebenklägerin und ihrer Schwester sowie ihrer Freundin H. zunächst die Überzeugung von zahlreichen tätlichen Übergriffen des Angeklagten auf die Nebenklägerin gewonnen. Diese hatten über einen längeren Zeitraum hinweg blaue Flecken am Körper der Nebenklägerin beobachtet. Ihrer Schwester und ihrer Freundin hatte die Nebenklägerin bereits während des Tatzeitraums anvertraut, dass sie vom Angeklagten geschlagen werde, ohne allerdings Details zu benennen. Zudem hatte der Angeklagte nach den Feststellungen gegenüber dem Vater der Nebenklägerin sogar eingeräumt, diese geschlagen zu haben. Davon ausgehend unterliegt es keinen rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht auf der Grundlage der Angaben der Nebenklägerin, die überwiegend in Bildaufnahmen und hierzu getroffenen Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen Bestätigung gefunden hatten, die Taten II.1 bis 11 als nachgewiesen erachtet hat.
16
(2) Entgegen dem Vorbringen der Revision trifft es nicht zu, dass das Landgericht eine Verurteilung willkürlich in den Fällen vorgenommen hat, in denen Verletzungen der Nebenklägerin durch Lichtbilder dokumentiert sind. Das gilt schon deswegen, weil auch in Bezug auf die freigesprochenen Anklagevorwürfe teilweise Fotoaufnahmen vorlagen (Taten VI.2, VI.5, VI.8). Die Urteilsgründe lassen auch ausreichend erkennen, dass sich das Landgericht in den Freispruchsfällen nicht aufgrund mangelnder Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin an der Verurteilung gehindert sah. Vielmehr konnte es die auf den Bildern erkennbaren Verletzungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit den einzelnen Tatvorwürfen zuordnen, weil die Nebenklägerin aufgrund der Vielzahl der Übergriffe und der mittlerweile vergangenen Zeit keine konkrete Erinnerung mehr daran hatte (UA S. 12).
17
bb) Die Strafkammer durfte die Fotoaufnahmen beweiswürdigend heranziehen , ohne hierdurch gegen § 358 Abs. 1 StPO zu verstoßen. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2016 insoweit lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die Aufnahmen nicht geeignet seien, die sonstigen Mängel in der Beweiswürdigung des aufgehobenen Urteils aufzuwiegen. Dass Bildaufnahmen von Verletzungen des Opfers für den Tatnachweis von Gewaltdelikten indizielle Bedeutung zukommen kann, liegt auf der Hand und ist damit nicht in Frage gestellt.
18
Wie die weiteren Ausführungen des Senats belegen, betraf der Rechtsfehler in diesem Zusammenhang zudem den Umstand, dass die Bilder nicht die Einlassung des Angeklagten zu widerlegen vermochten, die Nebenklägerin sei ihrerseits „übergriffig“ geworden. Der Angeklagte hat diese Einlassung vorlie- gend zwar wiederholt. Da sich hieraus jedoch keine Anhaltspunkte dafür ergaben , dass solche Übergriffe im Zusammenhang mit den Tatvorwürfen standen, musste sich das Landgericht nicht gehalten sehen, dieser Behauptung weiter nachzugehen.
19
cc) Auch die weiteren Angriffe auf die Beweiswürdigung greifen nicht durch. Soweit die Revision beanstandet, hinsichtlich der Lichtbilder zu Tat II.7 und II.8 sei unklar, ob es sich überhaupt um den Körper der Nebenklägerin handele, findet dies in den Feststellungen keine Stütze. Denn dort wird insbesondere ein Brillenhämatom am linken Auge der Nebenklägerin beschrieben. Dass die Nebenklägerin nach eigenen Angaben leicht blaue Flecken bekommt, hat das Landgericht erkennbar ebenso in den Blick genommen wie deren Behauptung gegenüber ihrem Vater, das Hämatom in Fall II.1 sei durch einen Stoß entstanden. Das Urteil ergibt, dass sich das Landgericht mit den – ihm plausibel erscheinenden – Gründen für die seinerzeitige Falschbehauptung der Nebenklägerin gegenüber ihrem Vater befasst hat. Indem die Revision die teils fehlende Erinnerung der Nebenklägerin zu Tatzeit und Anlass der körperlichen Auseinandersetzungen als Anzeichen gegen den Wahrheitsgehalt der Aussage heranzieht, setzt sie in unzulässiger Weise ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Landgerichts.
20
dd) Schließlich hat sich das Landgericht auch mit der Möglichkeit eines Motivs der Nebenklägerin für eine Falschaussage anlässlich der Trennung befasst. Die Wertung, eine Gesamtschau der gegen den Angeklagten sprechenden Indizien in Verbindung mit den Aussagen mehrerer Zeugen zu zahlreichen tätlichen Übergriffen des Angeklagten über einen langen Zeitraum hinweg sprächen gegen eine bloße Erfindung der Nebenklägerin, ist revisionsgerichtlich hinzunehmen.
21
b) Der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
22
aa) Das Landgericht hat in den Fällen II.1 und II.2 minder schwere Fälle nach § 224 Abs. 1, Halbsatz 2 StGB angenommen und jeweils kurze Freiheitsstrafen (§ 47 Abs. 1 StGB) von vier Monaten verhängt. Zur Begründung hat es angeführt, die Verhängung von Freiheitsstrafen sei unerlässlich, um auf den Angeklagten einzuwirken und ihn anzuhalten, seine in diesen Taten zutage getretene Gewaltbereitschaft zu überdenken. Diese – grundsätzlich zulässige – Erwägung tritt jedoch in durch das Landgericht nicht aufgelöste Spannung zu den Ausführungen bei der Strafrahmenwahl, wonach die in Rede stehenden Taten sehr lange zurücklägen und der Angeklagte weder vor noch nach den verfahrensgegenständlichen Taten strafrechtlich in Erscheinung getreten sei.
23
bb) Der Senat schließt aus, dass noch Feststellungen getroffen werden können, die die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen rechtfertigen könnten. Um eine weitere Verzögerung des Verfahrens zu vermeiden, setzt er für die genannten Taten in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO jeweils eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen fest, was den durch das Landgericht rechtsfehlerfrei ausgeurteilten Freiheitsstrafen von jeweils vier Monaten entspricht (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 2, § 43 Satz 2 StGB). Die Tagessatzhöhe von 65 € hat das Landgericht bei der Bemessung der Geldstrafen für die Taten II.3 bis 6 und II.9 bis 11 zutreffend festgesetzt. Die Gesamtfreiheitsstrafe wird von der Änderung nicht tangiert.
Sander Schneider König
Mosbacher Köhler

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Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte

Strafprozeßordnung - StPO | § 154a Beschränkung der Verfolgung


(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, 1. für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder2. neben einer Strafe oder Maß

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Strafprozeßordnung - StPO | § 243 Gang der Hauptverhandlung


(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind. (

Strafprozeßordnung - StPO | § 273 Beurkundung der Hauptverhandlung


(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesu

Strafgesetzbuch - StGB | § 47 Kurze Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen


(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rech

Strafprozeßordnung - StPO | § 274 Beweiskraft des Protokolls


Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

Strafgesetzbuch - StGB | § 43 Ersatzfreiheitsstrafe


An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt Freiheitsstrafe. Einem Tagessatz entspricht ein Tag Freiheitsstrafe. Das Mindestmaß der Ersatzfreiheitsstrafe ist ein Tag.

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(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.

(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.

Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 424/18
vom
6. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung
ECLI:DE:BGH:2018:061218B4STR424.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts , zu Ziffer 2. auf dessen Antrag, und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 6. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 17. April 2018 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen. 2. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hatte die Angeklagten im ersten Rechtsgang mit Urteil vom 21. September 2016 wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen (K. C. ) bzw. gefährlicher Körperverletzung (Ka. C. ) zu Freiheitsstrafen verurteilt. Mit Beschluss vom 13. April 2017 (4 StR 35/17) hob der Senat dieses Urteil mit den Feststellungen auf. Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten K. C. wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten sowie den Angeklagten Ka. C. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Ferner hat es Kompensationsentscheidungen getroffen.
2
Die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg und führen zur Aufhebung der Strafaussprüche. Im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Die formgerecht ausgeführte Verfahrensrüge einer Verletzung des § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO hat keinen Erfolg. Insoweit bemerkt der Senat:
4
a) Gemäß § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO ist nach der Vernehmung des Angeklagten zu seinen persönlichen Verhältnissen der Anklagesatz durch den Staatsanwalt zu verlesen. Die Verlesung des Anklagesatzes ist wesentliches Verfahrenserfordernis und elementarer Teil der Hauptverhandlung, deren Unterlassung im Allgemeinen schon deshalb die Revision begründet (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2006 – 1 StR 466/05, NJW 2006, 3582, 3586). Darüber hinaus dient die Verlesung dem Zweck, den Angeklagten, die ehrenamtlichen Richter und die Öffentlichkeit über die Einzelheiten des Tatvorwurfs zu unterrichten (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2018 – 1 StR 481/17, juris Rn. 4). Dem Angeklagten soll durch die Verlesung der Anklage der Tatvorwurf in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht aktuell vor Augen geführt werden, damit klar wird, wogegen er sich verteidigen kann (vgl. LR-StPO/Becker, 26. Aufl., § 243 Rn. 39). Auf die Verlesung kann nicht verzichtet werden; sie hat grundsätzlich vor Eintritt in die Beweisaufnahme zu erfolgen (LR-StPO/Becker, aaO).
5
Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt auch für eine Hauptverhandlung nach Zurückverweisung der Sache durch das Revisionsgericht (vgl.
LR-StPO/Becker, aaO, § 243 Rn. 51). Einschränkungen können sich in dieser besonderen prozessualen Konstellation gegebenenfalls infolge eingetretener Teilrechtskraft oder aufgrund sonstiger Beschränkungen oder Erweiterungen des Verfahrensgegenstandes nach § 154a Abs. 2 und 3 StPO ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2018, aaO). Nur bei Zurückverweisung der Sache allein im Strafausspruch sind statt des Anklagesatzes das in Teilrechtskraft erwachsene Urteil sowie die Revisionsentscheidung zu verlesen.
6
b) Gemessen hieran entsprach die vom Vorsitzenden gewählte Vorgehensweise , im Rahmen des Berichts über den bisherigen Verfahrensgang zunächst die Feststellungen aus dem im ersten Rechtsgang ergangenen Urteil vom 21. September 2016 sowie die Revisionsentscheidung des Senats und erst hieran anschließend – anstelle des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft – den Anklagesatz zu verlesen, angesichts der gewählten Reihenfolge sowie des Umstands, dass nicht der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, sondern der Vorsitzende den Anklagesatz verlesen hat, nicht den gesetzlichen Vorgaben.
7
Der Senat vermag jedoch auszuschließen, dass das angegriffene Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Die gewählte Verfahrensweise beeinträchtigte die der Verlesung des Anklagesatzes zugedachte Funktion, die Angeklagten vor Eintritt in die Beweisaufnahme in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht vollständig über den Tatvorwurf zu informieren, um ihnen eine sachgerechte Verteidigung zu ermöglichen, nicht. Auch die Schöffen und die Öffentlichkeit wurden ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert.
8
Soweit die Revisionen darauf hinweisen, dass ein Beruhen des Urteils auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler nicht auszuschließen sei, weil die Schöffen durch die Verlesung des aufgehobenen Urteils und die hierin liegende Vermittlung von Aktenkenntnis zum Nachteil der Angeklagten beeinflusst worden sein könnten, wäre dies keine Folge eines Verfahrensverstoßes gegen § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO. Dass der Vorsitzende (auch) das im ersten Rechtsgang ergangene Urteil sowie die darauf bezogene Entscheidung des Senats verlesen hat, begegnet unabhängig davon für sich genommen auch keinen rechtlichen Bedenken (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1976 – 1 StR 9/76, GA 1976, 368).
9
2. Hingegen halten die Strafaussprüche rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Strafzumessungserwägungen sind lückenhaft.
10
Das Landgericht hat nicht erkennbar bedacht, dass zwischen den verfahrensgegenständlichen Taten und dem Urteil ein langer zeitlicher Abstand von rund fünf Jahren liegt. Ein erheblicher zeitlicher Abstand zwischen Tat und Urteil ist neben dem strafmildernd wirkenden Gesichtspunkt überdurchschnittlich langer Verfahrensdauer und dem rechtsfehlerfrei festgestellten Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 MRK ein bestimmender Strafmilderungsgrund (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 – 3 StR 561/98, NStZ 1999, 181, 182) und gemäß § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO in den Urteilsgründen zu erörtern (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2016 – 2 StR 344/14, juris Rn. 49; Beschlüsse vom 29. September 2015 – 2 StR 128/15, NStZ-RR 2016, 7; vom 27. Mai 2008 – 3 StR 157/08, juris Rn. 7).
11
Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass sich der aufgezeigte Rechtsfehler auf die Höhe der Einzelstrafen und die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe ausgewirkt hat. Da es sich um einen reinen Wertungsfehler handelt, können die Feststellungen bestehen bleiben (vgl. KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 353 Rn. 23). Ergänzende Feststellungen sind möglich, sofern sie den bislang getroffenen Feststellungen nicht widersprechen.
12
Die Kompensationsentscheidung bleibt von der Aufhebung unberührt. Das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht wird erforderlichenfalls zu prüfen haben, ob die Kompensation zu erhöhen ist.
13
3. Der Senat hat das Verfahren gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts Dortmund verwiesen.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Feilcke Bartel

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 481/17
vom
24. April 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
ECLI:DE:BGH:2018:240418U1STR481.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. April 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Prof. Dr. Jäger, Bellay und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kempten vom 30. Mai 2017 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Einbeziehung mehrerer Einzelfreiheitsstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt, nachdem die in dieser Sache am 18. Januar 2016 ergangene erste Entscheidung des Landgerichts durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. September 2016 auf eine Verfahrensrüge des Angeklagten teilweise aufgehoben und das Verfahren zurückverwiesen wurde. Gegen das neu ergangene Urteil wendet sich der Angeklagte wiederum mit einer auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.

I.

2
Die Revision rügt mit der Verfahrensrüge, dass in der vom 3. bis zum 30. Mai 2017 andauernden, neu durchgeführten Hauptverhandlung der die vorliegende Tat betreffende Anklagesatz aus der Anklageschrift vom 20. August 2015 nicht verlesen wurde.

II.

3
Auf die zulässig erhobene Verfahrensrüge war die Entscheidung des Landgerichts Kempten aufzuheben, sodass es auf die weitere Verfahrensrüge sowie auf die Sachrüge nicht ankommt.
4
1. Gemäß § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO ist nach der Vernehmung des Angeklagten zu seinen persönlichen Verhältnissen der Anklagesatz zu verlesen. Dies erfüllt unter anderem den Zweck, den Angeklagten und die übrigen Verfahrensbeteiligten , insbesondere die Schöffen, aber auch die Öffentlichkeit über weitere Einzelheiten des Vorwurfs zu unterrichten (BGH, Urteil vom 28. April 2006 – 2 StR 174/05, NStZ 2006, 649, 650) und ihnen zu ermöglichen, ihr Augenmerk auf die Umstände zu richten, auf die es in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ankommt (Gorf in BeckOK/StPO, 29. Ed., § 243 StPO Rn. 17). Auf die Verlesung kann daher auch nicht verzichtet werden (LRBecker , StPO, 26. Aufl., § 243 Rn. 39). Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt auch nach Zurückverweisung der Sache durch ein Rechtsmittelgericht, wobei nur insoweit Einschränkungen durch eine eingetretene Teilrechtskraft oder vorgenommene Beschränkungen oder Erweiterungen des Verfahrensgegenstandes nach § 154a Abs. 2 und 3 StPO zu berücksichtigen sind (LRBecker , StPO, 26. Aufl., § 243 Rn. 51; Gorf in BeckOK/StPO, 29. Ed., § 243 StPO Rn. 25). Nur bei Zurückverweisung der Sache allein im Strafausspruch sind statt des Anklagesatzes insoweit das Ausgangsurteil und die zurückverweisende Revisionsentscheidung zu verlesen.
5
Vorliegend betraf die Aufhebung der Entscheidung vom 18. Januar 2016 auch den Schuldspruch, weshalb der entsprechende Teil des Anklagesatzes zu verlesen war. Die Verlesung des Anklagesatzes gehört zu den wesentlichen Förmlichkeiten im Sinne des § 273 Abs. 1 StPO, deren Einhaltung gemäß § 274 StPO nur durch das Protokoll bewiesen werden kann (BGH, Urteil vom 13. Dezember 1994 – 1 StR 641/94, NStZ 1995, 200, 201). Nachdem das Sitzungsprotokoll hierzu schweigt, muss der Senat davon ausgehen, dass der Anklagesatz in der neuen Hauptverhandlung nicht verlesen wurde.
6
2. Die Verlesung des Anklagesatzes ist ein so wesentliches Verfahrenserfordernis , dass die Unterlassung im Allgemeinen die Revision begründet (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1999 – 1 StR 494/99, NStZ 2000, 214). Allenfalls in einfach gelagerten Fällen, in denen der Zweck der Verlesung des Anklagesatzes durch die Unterlassung nicht beeinträchtigt worden ist, kann ein Beruhen des Urteils auf der Nichtverlesung des Anklagesatzes unter Umständen ausgeschlossen werden (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1999 – 1 StR 494/99, aaO). Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 9. Oktober 2017 ausführlich dargelegt hat, liegt der vorliegenden Strafsache schon angesichts des Umfangs der Tatschilderung in der angefochtenen Entscheidung kein einfach gelagerter Sachverhalt zu Grunde, was auch durch die umfangreiche Beweiswürdigung bestätigt wird. Auch wenn Teile des Revisionsbeschlusses und des angefochtenen Urteils in der Hauptverhandlung zur Verlesung kamen, reichte dies zur Information der Prozessbeteiligten, welche den Akteninhalt nicht kannten, erst recht nicht zur Information der Öffentlichkeit aus. Der Senat vermag daher nicht auszuschließen, dass die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensverstoß beruht. Raum Graf Jäger Bellay Fischer

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

5 StR 544/12

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 12. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Dezember
2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Schaal,
Richter Dölp,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Nebenklägervertreter,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 25. Juni 2012 wird mit den Feststellungen aufgehoben
a) auf die Revision des Angeklagten, soweit er verurteilt worden ist,
b) auf die Revision des Nebenklägers, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und von weiteren acht Anklagevorwürfen freigesprochen. Es hat ihm das Verbot erteilt, für fünf Jahre „den Beruf des psychologischen Psychotherapeuten in Bezug auf Kinder und Jugendliche“ auszuüben. Die Revisionen des Angeklagten und des Nebenklägers haben jeweils mit der Sachrüge Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der als Psychologe tätige Angeklagte an zwei nicht genau bestimmbaren Tagen zwischen dem 1. Juni 2005 und November 2006 im Rahmen der im Wohnzimmer seiner Wohnung durchgeführten Therapiesitzungen an dem 1997 geborenen Nebenkläger den Analverkehr vollzogen. Die zugelassene Anklage warf dem Angeklagten acht weitere gleichgelagerte Taten zulasten des Nebenklägers im genannten Zeitraum vor. Obwohl das Landgericht davon überzeugt war, dass es anlässlich der Therapiesitzungen zu weiteren Missbrauchsfällen gekommen sei, hat es den Angeklagten hinsichtlich dieser Taten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, weil diese nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung nicht in der in der Anklageschrift beschriebenen Art und Weise und auch nicht im Wohnzimmer, sondern an anderen Tatorten, wie etwa dem Schlafzimmer, den Praxisräumen oder im Schwimmbad stattgefunden hätten (UA S. 22 f.).
3
2. Die Beweiswürdigung, aufgrund derer das Landgericht sowohl zu einer Verurteilung des Angeklagten als auch überwiegend zu Teilfreisprüchen gelangt ist, hält insgesamt sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
a) Der Angeklagte hat die Tatvorwürfe bestritten. Das Landgericht stützt seine Überzeugung vom Tatgeschehen im Wesentlichen auf die Angaben des Nebenklägers, welche es durch vom Angeklagten verfasste E-Mails und die Angaben weiterer Zeugen gestützt sieht. Der Nebenkläger habe in der Hauptverhandlung nur die Vorfälle geschildert, die ihm erinnerlich gewesen seien, wobei er deutlich gemacht habe, dass es sehr häufig in Therapiesitzungen zu sexuellen Übergriffen des Angeklagten gekommen sei, die mit dem Einführen des erigierten Glieds in seinen Anus endeten; eine zeitliche, örtliche und quantitative Einordnung sei ihm jedoch schwer gefallen. Konkret habe er zwei Fälle des Analverkehrs auf dem Boden des Wohnzimmers in der Wohnung des Angeklagten geschildert. Darüber hinaus habe er abweichend von seinen Angaben im Ermittlungsverfahren einen Vorfall mit einem Sex-Spielzeug, eine Situation im Schwimmbad und Taten an weiteren Örtlichkeiten , namentlich in der Badewanne, im Schlafzimmer und in den Praxisräumen des Angeklagten geschildert. Das Landgericht hielt die Angaben für glaubhaft und „hinreichend“ konstant, „ohne dass innere Widersprüche aufgefallen wären“ (UA S. 7).
5
b) Die Verurteilung des Angeklagten hat keinen Bestand. Die Beweiswürdigung entspricht nicht den Anforderungen, die in der vorliegenden Beweiskonstellation zu erfüllen sind. Hier ist die Aussage des einzigen Belastungszeugen einer besonderen Glaubhaftigkeitsprüfung zu unterziehen; daher müssen die Urteilsgründe in nachvollziehbarer Weise erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 5. November 1997 – 3 StR 558/97, BGHR StGB § 176 Abs. 1 Beweiswürdigung 3). Dies gilt insbesondere, wenn der einzige Belastungszeuge in der Hauptverhandlung seine Vorwürfe ganz oder teilweise nicht mehr aufrechterhält oder der anfänglichen Schilderung weiterer Taten nicht gefolgt wird (vgl. BGH, Urteile vom 29. Juli 1998 – 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 159 mwN, und vom 10. Oktober 2012 – 5 StR 316/12).
6
Die Urteilsgründe enthalten keine geschlossene Darstellung der Aussage des Nebenklägers mit den zugehörigen Details, die eine „hinreichende Konsistenz“ (UA S. 7) überprüfbar und die angenommene Glaubhaftigkeit seiner Angaben einer revisionsgerichtlichen Kontrolle zugänglich machen. Sie legen vielmehr Abweichungen von der Erstaussage bei der Polizei dar, weil der Nebenkläger „neue Situationen, Tatörtlichkeiten und Vorgehensweisen des sexuellen Missbrauchs durch den Angeklagten geschildert hat, über die er bisher nicht berichtet hatte“ (UA S. 7). Gleiches gilt für die Überprüfung des angeführten „Detailreichtums“ (UA S. 12).Den Urteilsgründen ist hierzu nichts Näheres zu entnehmen. Ob deshalb das Aussageverhalten noch als detailreich und konstant sowie die Schilderungen des Nebenklägers in der Hauptverhandlung entsprechend der tatgerichtlichen Würdigung nicht als „Widersprüche“, sondern als „Weiterungen“ (UA S. 7) seiner Aussage zu ver- stehen sind, lässt sich anhand der inhaltlich viel zu knappen, weitgehend nur wertenden Ausführungen nicht zuverlässig überprüfen. Dies gilt vor allem deshalb, weil das Landgericht nach den Angaben des Nebenklägers nunmehr nicht mehr von zehn, sondern nur noch von zwei Fällen des Analverkehrs im Wohnzimmer des Angeklagten ausgegangen ist und sich im Übrigen aufgrund neu hervorgetretener Tatmodalitäten zu einer Verurteilung außer Stande sah.
7
c) Die Beweiswürdigung trägt auch die Teilfreisprüche nicht. Das Landgericht war zwar „davon überzeugt“ (UA S. 22), dass es im Tatzeitraum zu weiteren schweren Missbrauchsfällen des Nebenklägers durch den Angeklagten gekommen sei, sah sich jedoch aufgrund der abweichenden Aussage des Nebenklägers an einer Verurteilung gehindert.
8
Angesichts der unvollständigen Darstellung der Aussagen des Nebenklägers im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung ist dem Senat eine revisionsgerichtliche Überprüfung auch dahingehend verwehrt, ob – insbesondere angesichts der zum Teil eher geringfügig erscheinenden Abweichungen (Schlafzimmer statt Wohnzimmer) – das Landgericht dem Gebot der erschöpfenden Beweiswürdigung (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2012 – 5 StR 3/12, NStZ-RR 2012, 150, 151) ausreichend nachgekommen ist und danach selbst Mindestfeststellungen zu den weiteren angeklagten Taten (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2004 – 5 StR 563/03, NStZ 2005, 113, und Beschlüsse vom 25. März 1994 – 3 StR 18/94, BGHR StGB § 176 Abs. 1 Mindestfeststellungen 4, sowie vom 27. März 1996 – 3 StR 518/95, BGHSt 42, 107, 109 f.) nicht hat treffen können.
9
3. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer tatgerichtlicher Würdigung. In Anbetracht des jugendlichen Alters des Hauptbelastungszeugen und der erst im Jahr 2010 offenbarten, mindestens sechs Jahre zurückliegenden Tatvorwürfe wird das neue Tatgericht ungeachtet belastender Beweismittel die Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens nachhaltig zu erwägen haben.
Basdorf Schaal Dölp König Bellay

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.

(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.

(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.

An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt Freiheitsstrafe. Einem Tagessatz entspricht ein Tag Freiheitsstrafe. Das Mindestmaß der Ersatzfreiheitsstrafe ist ein Tag.