Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juli 2019 - 5 StR 637/18

bei uns veröffentlicht am17.07.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 637/18
vom
17. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchten schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:170719U5STR637.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Juli 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Dr. Berger, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler als beisitzende Richter,
Staatsanwalt als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt B. , Rechtsanwalt Be. als Verteidiger des Angeklagten F. ,
Rechtsanwalt A. als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Amtsrätin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 20. Juni 2018
a) betreffend den Angeklagten T. im Schuldspruch dahin geändert , dass dieser Angeklagte wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchtem besonders schwerem Raub und mit vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt ist,
b) hinsichtlich beider Angeklagten im Strafausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die in Bezug auf den Angeklagten T. weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen. 2. Die Revisionen der Angeklagten werden verworfen. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten T. wegen versuchten besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung und mit Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten F. hat es wegen Beihilfe zum versuchten schweren Raub in Tateinheit mit Diebstahl und Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt. Gegen ihre Verurteilung wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Beanstandung sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten und in Bezug auf den Angeklagten F. nachträglich auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft zielen auf eine Verurteilung des Angeklagten T. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung statt wegen Diebstahls sowie hinsichtlich beider Angeklagter auf eine Aufhebung der Strafaussprüche. Während die Rechtsmittel der Angeklagten unbegründet sind, haben die vom Generalbundesanwalt weitgehend vertretenen Revisionen der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge im Wesentlichen Erfolg.

I.


2
1. Das Landgericht hat festgestellt:
3
In den Abendstunden des 20. Dezember 2017 fuhren die Angeklagten und ein Mittäter in einem vom Angeklagten F. gelenkten Kleintransporter am Reihenhaus der Familie Th. vor. Der Angeklagte T. und der Mittäter waren von einem Hintermann darüber informiert worden, dass sich im Haus ein Tresor mit 300.000 bis 600.000 € Bargeld befinde. Diesen bzw. dessen Inhalt wollten sie sich durch einen Raubüberfall verschaffen, wobei sie gegebenenfalls einen „Kuhfuß“ zum Herausbrechen des Tresors einsetzen wollten. Die Opfer sollten mit Kabelbindern gefesselt werden, um etwaige Gegenwehr auszuschließen. Außerdem hatte der Mittäter, wie der Angeklagte T. wusste, ein Elektroimpulsgerät für einen Einsatz gegen die Opfer dabei. Dass das Gerät bei der Tat verwendet würde, hielt der Angeklagte T. für möglich.
4
Dem Angeklagten F. war die Rolle als Fahrer zugewiesen, wofür er mit 500 € entlohnt werden sollte. Er wusste nur, dass im Haus „ordentlich etwas zu holen“ sei und dass bei der Tat Kabelbinder sowie der „Kuhfuß“ eingesetzt würden. Es war ihm hingegen nicht bekannt, dass Raubobjekt ein Tresor bzw. dessen Inhalt sein sollte und dass der Mittäter das Elektroimpulsgerät mitführte.
5
Auf das Klingeln des Angeklagten T. fragte Th. , wer dort sei. T. antwortete mit „Paket“, woraufhin Frau Th. die Tür öffnete. T. bewegte sich mit seinem Körper ruckartig gegen die Tür, wodurch diese aufschlug und die Geschädigte traf, die darauf zu Boden stürzte. Der eine Kopfmaskierung tragende sowie mit Klebeband und Elektroimpulsgerät ausgestattete Mittäter folgte sieben Sekunden später. Frau Th. realisierte, dass es sich um einen Überfall handelte. Sie stand auf und händigte T. mindestens 50 € aus ihrer Geldbörse in der Hoffnung aus, dass er sich damit zufriedengeben werde. T. nahm das Geld, um es für sich zu verwenden. Dann stieß er Frau Th. wieder zu Boden, fesselte sie mit Kabelbindern und Klebeband an Armen und Beinen und steckte ihr ein Tuch in den Mund, um ein Schreien zu verhindern.
6
Im Obergeschoss hatte die 18-jährige Tochter der Geschädigten mitbekommen , dass ein Überfall stattfand. Sie schloss sich in ihrem Zimmer ein und benachrichtigte die Polizei. Versuche des T. und seines Mittäters, die Zimmertür zu öffnen, schlugen fehl. Deswegen traten sie die Tür ein. Der Mittäter versetzte der jungen Frau einen Elektrostoß aus dem Impulsgerät, den diese als „leichten Stoß“, aber nicht als schmerzhaft empfand. Anschließend fesselte er sie mit einem Klebeband an den Händen und verklebte ihren Mund.
7
T. demontierte Teile der sich im Keller befindlichen Videoüberwachungsanlage. Einen Tresor fanden die Täter nicht. Daher verließen sie das Wohnhaus. Die mittlerweile eingetroffene Polizei nahm die Angeklagten fest. Hingegen konnte der Mittäter entkommen.
8
Frau Th. erlitt durch die vom Angeklagten T. verübten Gewalthandlungen einen Bruch des zweiten Halswirbels, Schürfwunden und Prellungen. Wegen der Verletzung der Halswirbelsäule bestand konkrete Lebensgefahr. Frau Th. wurde am 29. Dezember 2017 aus der stationären Krankenhausbehandlung entlassen und kann ihren Hals noch nicht wieder richtig bewegen. Infolge des Überfalls leidet sie unter Angstzuständen.
9
2. Hinsichtlich des Angeklagten T. hat das Landgericht das Zubodenstoßen im ersten Handlungsabschnitt als vorsätzliche Körperverletzung gemäß § 223 StGB und die angestrebte Entwendung des Tresors nebst Inhalt unter Einsatz des Elektroimpulsgeräts als mittäterschaftlich begangenen besonders schweren Raubversuch (§ 250 Abs. 2 Nr. 1, § 249 Abs. 1, §§ 22, 23 StGB) ausgeurteilt. In Bezug auf die von Frau Th. hingegebenen 50 € hat es die Auffassung vertreten, dass der Angeklagte T. keine vollendete schwere räuberische Erpressung nach § 255 StGB, sondern nur einen Diebstahl (§ 242 Abs. 1 StGB) begangen habe. Nach dem Tatplan habe keine „umfassende Wegnah- meabsicht“ bestanden. Vielmehr hätten die Täter beabsichtigt, „einen Safe mit mindestens 300.000 € oder aber einen solchen Betrag aus einem solchen Safe wegzunehmen“. Hingegen sei es nicht Bestandteil des Tatplans gewesen, an- derweitige Vermögensgegenstände an sich zu bringen. Das Aufschleudern der Tür habe lediglich die Voraussetzungen für eine Fesselung des Opfers und der anschließenden Wegnahme des Safes oder dessen Inhalts schaffen sollen. Damit fehle es an einer für die Annahme einer räuberischen Erpressung notwendigen zielgerichteten Anwendung von Nötigungsmitteln zum Zweck der Erreichung einer vom Opfer vorzunehmenden vermögensschädigenden Handlung , hier in Form der Weggabe von Geld.
10
Den Angeklagten F. hat die Strafkammer der Beihilfe zu der vorgenannten Tat schuldig gesprochen. Jedoch habe sich der Gehilfenvorsatz zwar auf die Verwendung von Kabelbindern, nicht aber auf den Einsatz des Elektroimpulsgeräts erstreckt. Deswegen liege insoweit lediglich eine Beihilfe zum schweren Raubversuch nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, § 249 Abs. 1, §§ 22, 23 StGB vor.
II. Revisionen der Staatsanwaltschaft
11
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft führen hinsichtlich des Angeklagten T. zu der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Schuldspruchänderung und in Bezug auf beide Angeklagten zu einer Aufhebung des jeweiligen Strafausspruchs.
12
1. Die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte T. habe sich im ersten Handlungsabschnitt nur wegen Diebstahls der von Th. hingege- benen 50 € strafbar gemacht, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
13
a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat die Strafkammer freilich zugrunde gelegt, dass der Raubtatbestand und der Tatbestand der räuberischen Erpressung einen finalen Zusammenhang zwischen Gewalt bzw. qualifizierter Drohung und Wegnahme bzw. Hingabe der Sache voraussetzt. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn der Täter den Raub-/Erpressungsvorsatz erst nach Abschluss dieser Handlung fasst (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 24. April 2018 – 5 StR 606/17 Rn. 10 mwN). Richtig ist auch, dass die Tat unter Umständen nicht vollendet wird, wenn der Täter einen bestimmten Gegenstand erbeuten will und es im weiteren Verlauf zur Wegnahme oder Herausgabe einer ganz anderen Sache kommt (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom29. April 1999 – 4 StR 44/99, NStZ 1999, 510 [Fernsehgerät statt Schuldeneintreibung]; vom 18. Januar 2000 – 4 StR 633/99 [Mobiltelefon statt Zigaretten], vom 22. April 1997 – 4 StR 105/97, NStZ-RR 1997, 298 [Geld statt Schusswaffe]; zusammenfassend LK-StGB/Vogel, 12. Aufl., § 249 Rn. 43, 45).
14
b) Der zu beurteilende Fall liegt jedoch anders. Der Raubvorsatz des Angeklagten sowie seines Mittäters bestand von Anfang an und bezog sich auf Geld. Es stellt daher eine lediglich unerhebliche Abweichung vom Tatplan dar und hält sich innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung und aus Tätersicht Voraussehbaren (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2016 – 5 StR 98/16, BGHSt 61, 197, 200), dass der Angeklagte T. letztlich nur 50 € mitnahm. Die Bejahung einer vollendeten Tat auch bei Zugrundelegung eines auf den Inhalt eines Tresors gerichteten Raubmotivs unterläge beispielsweise auch dann keinem Zweifel, wenn der Täter Geldwerte statt in einem Safe in einer Schatulle oder einem anderen Versteck findet und entwendet. Genauso wenig spielt es eine ausschlaggebende Rolle, wenn er eine geringere Geldsumme als erstrebt erlangt bzw. früher oder später als geplant zum Ziel gelangt.
15
Danach hat der Angeklagte eine vollendete schwere räuberische Erpressung nach §§ 255, 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB begangen (vgl. zur Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung z.B. BGH, Beschluss vom 24. April 2018 – 5 StR 606/17 Rn. 13; MüKo-StGB/Sander, 3. Aufl., § 253 Rn. 3). Be- reits die erste Gewaltausübung (Aufstoßen der Tür) war von einem auf die Erlangung von Geldmitteln gerichteten Zueignungswillen des Angeklagten getragen. Dass die Geschädigte schon unter dem Eindruck dieser Handlung sowie zur Vermeidung weiterer Gewaltanwendung 50 € preisgab, vermag an dem damit gegebenen Finalzusammenhang nichts zu ändern. Nicht ersichtlich ist auch, dass der Angeklagte an der vergleichsweise niedrigen Geldsumme kein Interesse gehabt haben könnte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 20. Februar 1990 – 3 StR 500/89, BGHR StGB § 249 Abs. 1 Zueignungsabsicht 5). Die Feststellungen ergeben vielmehr das Gegenteil (UA S. 9).
16
c) Hingegen ist die Ablehnung des Qualifikationstatbestandes nach § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a StGB – anders als die Beschwerdeführerin meint – aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts frei von Rechtsfehlern. Die insoweit durch das Landgericht getroffenen Feststellungen (vgl. UA S. 29) ergeben die Voraussetzungen dieses Qualifikationstatbestandes nicht.
17
d) Der Senat hat den Schuldspruch auf der Grundlage der rechtsfehlerfreien Feststellungen entsprechend § 354 Abs. 1 StPO korrigiert. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil der Vorwurf bereits in der Anklageschrift enthalten gewesen ist.
18
2. Die Änderung des Schuldspruchs entzieht dem Strafausspruch gegen den Angeklagten T. die Grundlage. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Bewertung dieser Handlung als vollendete schwere räuberische Erpressung eine höhere Strafe verhängt hätte.
19
Die Strafzumessungserwägungen halten aus einem weiteren Grund rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die psychischen Folgen der Tat für die Geschädigte (Albträume, ständige Angst, namentlich bei Dunkelheit und außerhalb ihres Hauses) nicht straferschwerend gewichtet, weil sie „zwar beklagenswert“ seien, sich aber „noch im Rahmen der typischen Folge eines besonders schweren Raubes“ hielten und deshalb „von der hohen Strafdrohung für ein solches Delikt erfasst“ seien (UA S. 32). Damit legt esei- nen Erfahrungssatz zugrunde, der in dieser Weise nicht existiert. Es ist keines- wegs „typische Folge“ von (auch schweren) Raubtaten, dass das Opfer auf- grund der Gewalteinwirkung fortan in ständiger Angst lebt und an Albträumen leidet. Derartige Konsequenzen sind deshalb, sofern sie vorhersehbar sind, als verschuldete Auswirkungen der Tat im Sinne von § 46 Abs. 2 StGB zum Nachteil des Täters zu gewichten (vgl. etwa BGH, Urteil vom 26. Mai 1993 – 3 StR 119/93, BGHR StGB § 46 Abs. 3 Raub 5).
20
3. Die aufgezeigten Rechtsfehler erstrecken sich auf den Strafausspruch gegen den Angeklagten F. . Das Landgericht hat bei der Strafrahmenwahl zugunsten dieses Angeklagten gewertet, dass die Raubtat nur in das Versuchsstadium gelangt ist (UA S. 35). Der Senat besorgt ferner, dass sich die Strafkammer auch hier von den rechtsfehlerhaften Erwägungen betreffend die durch die Haupttat verursachten Folgen für die Geschädigte Th. hat leiten lassen.
21
Der Generalbundesanwalt weist dabei mit Recht darauf hin, dass es dem neu entscheidenden Tatgericht trotz des unveränderten Schuldspruchs nicht verwehrt ist, wegen des Vorliegens einer vollendeten schweren räuberischen Erpressung, zu der der Angeklagte Beihilfe geleistet hat, eine höhere Strafe zu verhängen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 1985 – 2 StR 127/85, NJW 1986, 332, 333; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 331 Rn. 9 mwN). Es darf lediglich die Obergrenze des Strafrahmens aus dem vom Erstgericht angewendeten Strafgesetz nicht überschritten werden (vgl. BGH aaO; KK-StPO/Paul, 8. Aufl., § 331 Rn. 2a; siehe auch Meyer-Goßner/Schmitt, aaO).
22
4. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da bloße Wertungsfehler inmitten stehen.
III. Revisionen der Angeklagten
23
Den Revisionen der Angeklagten bleibt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts angeführten Gründen ohne Erfolg. Durch die vom Landgericht vorgenommene Bewertung der Hinnahme der 50 € als Diebstahl sind sie jedenfalls nicht beschwert.
24
Eine Schuldspruchänderung in Richtung auf Beihilfe zur (vollendeten) räuberischen Erpressung, mithin zu dessen Nachteil, ist auf die insoweit alleinige Revision des Angeklagten F. mangels Beschwer nicht geboten (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 354 Rn. 17 mwN).
Mutzbauer König Berger
Mosbacher Köhler

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(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

10
Nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungs- handlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung fasst (BGH, Urteile vom 22. September 1983 – 4 StR 376/83, BGHSt 32, 88, 92; vom 20. April 1995 – 4 StR 27/95, BGHSt 41, 123, 124; Beschluss vom 24. Februar 2009 – 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 633/99
vom
18. Januar 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 18. Januar 2000
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 7. Mai 1999 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall II 1 der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
b) in den Aussprüchen über die im Fall II 2 verhängte Einzelstrafe und über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten "des gemeinschaftlich begangenen Raubes sowie der gemeinschaftlich begangenen schweren räuberischen Erpressung" schuldig gesprochen und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch im Fall II 1 der Urteilsgründe wegen (vollendeten) Raubes hat keinen Bestand.
Nach den Feststellungen wollten der Angeklagte und N. dem Lehrling L. unter Anwendung von Gewalt Zigaretten wegnehmen. Sie versetzten L. mehrere Faustschläge. Als dieser zu Boden gefallen war, durchsuchte ihn N. , "fand jedoch keine Zigaretten. Bei dem voraufgegangenen Gerangel war L. s ein Handy aus der Jackentasche gefallen, welches N. aufhob und wenig später, als beide den Tatort verließen , an den Angeklagten weitergab".
Diese Feststellungen vermögen die Verurteilung wegen vollendeten Raubes nicht zu rechtfertigen. Soweit das Landgericht hierzu im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausgeführt hat, die Gewalt sei "als Mittel zur Wegnahme der Zigaretten" eingesetzt worden, hat es außer acht gelassen, daß bei dem Tatopfer keine Zigaretten gefunden wurden. Das Landgericht ist zudem im Rahmen der Beweiswürdigung davon ausgegangen, daß der Angeklagte und N. das Handy nicht unter Gewaltanwendung weggenommen haben. "Zweifelsfrei" sei jedoch, daß der Angeklagte "aufgrund der gesamten Umstände genau erkannte, daß das Handy, welches ihm N. beim Weglaufen zeigte, von L. stammte und er somit bewußt ein durch eine Unterschlagung in den Besitz von N. gelangtes Handy einsteckte, um es zu ihrer beider Nutzen zu verkaufen.” Nach diesen widersprüchlichen Ausführungen kommt lediglich ei-
ne Verurteilung wegen versuchten Raubes, allerdings - was das Landgericht übersehen hat – in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB), sowie wegen Hehlerei (an dem von N. unterschlagenen Handy) in Betracht. Da nicht auszuschließen ist, daß weitergehende Feststellungen getroffen werden können, die die Annahme eines vollendeten Raubes zu tragen vermögen, scheidet eine Schuldspruchänderung durch den Senat aus.
2. Der mit der Aufhebung der Verurteilung im Fall II 1 der Urteilsgründe verbundene Wegfall der wegen dieser Tat verhängten Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich.
Der neue Tatrichter wird sich im Falle einer erneuten Verurteilung im Fall II 1 der Urteilsgründe, da der Angeklagte bei der Begehung dieser Tat noch Heranwachsender (§§ 1, 105 JGG) war, mit der - vom Landgericht nicht erörterten - Frage auseinanderzusetzen haben, ob auf die Taten gemäß § 32 JGG einheitlich Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht anzuwenden ist (vgl. Eisenberg JGG 8. Aufl. § 32 Rdn. 10 ff. m.w.N.). Deshalb kann auch die im Fall II 2 verhängte Einzelfreiheitsstrafe nicht bestehen bleiben.
3. Sofern der neue Tatrichter wiederum zur Anwendung des allgemeinen Strafrechts gelangt, wird zu prüfen sein, ob die Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 13. November 1998, die nach den Feststellungen zum Zeitpunkt der Verkündung des angefochtenen Urteils noch nicht erledigt war, gemäß § 55 StGB einzubeziehen oder ob nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB zu verfahren ist. Dies gilt auch dann, wenn die Geldstrafe inzwi-
schen erledigt sein sollte (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 1; BGH, Beschluß vom 13. April 1999 - 4 StR 119/99 jew. m.N.).
Meyer-Goßner Maatz Kuckein Athing Ernemann
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BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Für die raubspezifische Einheit von qualifizierter Nötigung und Wegnahme ist
maßgeblich, ob es zu einer – vom Täter erkannten – nötigungsbedingten
Schwächung des Gewahrsamsinhabers in seiner Verteidigungsfähigkeit oder -
bereitschaft gekommen ist.
BGH, Urteil vom 22. Juni 2016 5 StR 98/16
LG Dresden
ECLI:DE:BGH:2016:220616U5STR98.16.0
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 98/16
vom 22. Juni 2016 in der Strafsache gegen

wegen besonders schweren Raubes u.a.

ECLI:DE:BGH:2016:220616U5STR98.16.0
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Juni 2016, an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander als Vorsitzender,
Richter Dölp, Richter Prof. Dr. König, Richter Dr. Berger, Richter Bellay als beisitzende Richter,
Staatsanwältin als Gruppenleiterin als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin als Verteidigerin,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 30. Oktober 2015 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Dagegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts besuchte der zur Tatzeit 58 Jahre alte Angeklagte morgens seine Mutter in deren Wohnung. Spätestens nach Beendigung eines gemeinsamen Kaffeetrinkens gegen 8:40 Uhr fasste er den Entschluss, ihr Bargeld, Schmuck und das Auto zu entwenden. Einen Widerstand seiner Mutter gegen die Wegnahme der Gegenstände wollte er von vornherein gewaltsam verhindern. Er bat sie unter einem Vorwand, die Augen zu schließen. Als sie der Aufforderung nachkam, versetzte er ihr mit einem stumpfen Gegenstand einen wuchtigen Schlag gegen den Kopf. Hierdurch erlitt sie eine Impressionsfraktur des Schädels mit kleineren Knochenbruchstücken, Lufteinschlüssen und mehreren Blutungen. Allerdings verlor sie nicht das Bewusstsein , sondern war lediglich benommen und kurzzeitig in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit beeinträchtigt.
3
Der Angeklagte bemerkte, dass seine Mutter zwar die blutende Wunde an ihrem Kopf wahrgenommen, aber nicht realisiert hatte, dass er die Verletzung durch seinen Schlag verursacht hatte. Er verständigte den Rettungsdienst und erkannte die Möglichkeit, seinen Tatplan modifiziert doch noch zu verwirklichen. Er wollte nunmehr den Krankenhausaufenthalt seiner Mutter zur Vollendung der Tat nutzen. Um wieder in die Wohnung gelangen zu können, steckte er ihren Wohnungstürschlüssel ein, als die Rettungskräfte die von ihm begleitete Geschädigte gegen 9:40 Uhr ins Krankenhaus transportierten.
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In Fortführung seines Vorhabens begab er sich alsbald nach der gegen 10:00 Uhr erfolgten stationären Aufnahme der Geschädigten zurück in die Wohnung. Dort entwendete er mindestens 4.500 Euro Bargeld sowie Goldschmuck. Außerdem nahm er den Schlüssel zum Auto seiner Mutter an sich, mit dem er wegfuhr.
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2. Die Strafkammer hat den Tatbestand eines vollendeten besonders schweren Raubes als erfüllt angesehen. Der erforderliche zeitlich-räumliche Zusammenhang zwischen der Gewaltanwendung und der Wegnahme sei durch den dazwischen liegenden Zeitraum, insbesondere durch die Mitfahrt des An- geklagten ins Krankenhaus, nicht in Frage gestellt. Dabei sei zu berücksichtigen , dass die Gewaltwirkung zum Zeitpunkt der Wegnahme wegen der erforderlichen intensivmedizinischen Versorgung der Geschädigten im Krankenhaus noch angedauert habe.
6
Der Irrtum des Angeklagten über den objektiven Kausalverlauf sei nicht als erheblich zu werten. Zwar habe die Geschädigte entgegen seiner ursprünglichen Vorstellung nach der Gewaltanwendung nicht das Bewusstsein verloren, sodass er eine Bewusstlosigkeit nicht unmittelbar zur Wegnahme habe ausnutzen können. Letztlich habe er dieses Ziel aber dennoch zeitnah als Folge seiner Gewaltanwendung erreicht.

II.


7
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet. Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts erweist sich entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts auch die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeten (besonders) schweren Raubes im Ergebnis als rechtsfehlerfrei.
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1. Notwendige Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Raubes ist nach ständiger Rechtsprechung zunächst eine subjektiv-finale Verknüpfung zwischen dem Einsatz des qualifizierten Nötigungsmittels und der Wegnahme. Gewalt oder Drohung müssen aus Sicht des Täters das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. Nach seiner Vorstellung soll mit dem Nötigungsmittel körperlicher Widerstand überwunden oder aufgrund der Zwangswirkung unterlassen und es ihm hierdurch ermöglicht werden, den Gewahrsam zu brechen (BGH, Urteile vom 19. April 1963 – 4 StR 92/63, BGHSt 18, 329, 331, und vom 6. Oktober 1992 – 1 StR 554/92, BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 5).
9
Hier handelte der Angeklagte während seiner Gewaltanwendung mit Wegnahmevorsatz und Zueignungsabsicht. Er wollte gegen das Opfer Gewalt ausüben, um anschließend ungehindert Wertgegenstände aus der Wohnung entwenden zu können. Die zum Zeitpunkt des Gewalteinsatzes bestehende subjektiv-finale Verknüpfung von Nötigungshandlung und Wegnahme ist durch die Fehlvorstellung des Angeklagten von der Wirkungsweise seiner Gewalthandlung , die zum Eintritt der Bewusstlosigkeit der Geschädigten führen sollte (UA S. 25), auch nicht aufgehoben worden. Aufgrund der von ihm verübten Gewalt und der hierdurch bewirkten schweren Verletzungen, die eine Krankenhausbehandlung erforderten, war die Geschädigte nicht mehr in der Lage, sich dem Gewahrsamsbruch zu widersetzen. Diesen führte der Angeklagte bei ununterbrochen fortbestehendem Wegnahmevorsatz nachfolgend durch. Die Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Finalverlauf ist deshalb unerheblich. Sie hat sich noch innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren gehalten und rechtfertigt keine andere Bewertung der Tat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 StR 398/15, Rn. 21 ff., zum Abdruck in BGHSt vorgesehen).
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2. Über die finale Verknüpfung von Nötigungshandlung und Wegnahme hinaus müssen beide den Raubtatbestand konstituierenden Elemente in einem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang stehen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 1983 – 4 StR 640/83, bei Holtz, MDR 1984, 276, mit Anm. Seier, JA 1984, 441, 442; Beschluss vom 13. Oktober 2005 – 5 StR 366/05, NStZ 2006, 38). Für diesen Zusammenhang ist allerdings nicht erforderlich, dass der Ort der Nötigungshandlung und der Ort des Gewahrsamsbruchs iden- tisch sind (vgl. BGH, aaO). Auch lassen sich verbindliche Werte zu einem zeitlichen Höchstmaß zwischen Einsatz des Nötigungsmittels und Wegnahme nicht benennen (vgl. MüKo-StGB/Sander, 2. Aufl., § 249 Rn. 27). Vielmehr entscheiden die Umstände des Einzelfalls. Maßgeblich für die raubspezifische Einheit von qualifizierter Nötigung und Wegnahme ist vielmehr, ob es zu einer – vom Täter erkannten – nötigungsbedingten Schwächung des Gewahrsamsinhabers in seiner Verteidigungsfähigkeit oder -bereitschaft gekommen ist (vgl. auch BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 StR 398/15, Rn. 27, wo allerdings der vermögensrechtliche Begriff der Dispositionsfreiheit verwendet wird; siehe auch Albrecht, Die Struktur des Raubtatbestandes, 2011, S. 134, 141, 147). Das in § 252 StGB enthaltene Erfordernis „auf frischer Tat“ steht dieser Auslegung schon im Hinblick auf die andersartige Struktur dieses Tatbestands nicht entgegen.
11
Mit der nötigungsbedingten Beseitigung der Fähigkeit der Geschädigten, die in ihrer Gewahrsamssphäre befindlichen Wertsachen zu verteidigen, hat nach den Urteilsfeststellungen ein raubspezifischer Zusammenhang zwischen der Gewalthandlung des Angeklagten und seiner nachfolgenden Wegnahme der Tatobjekte vorgelegen. Die Geschädigte war aufgrund ihrer schweren Verletzungen nach der deswegen erforderlichen Verbringung ins Krankenhaus ähnlich wie bei einer Bewusstlosigkeit schon nicht mehr in der Lage, einen gegen den Gewahrsamsbruch des Angeklagten gerichteten Abwehrwillen zu bilden. Diesen von ihm im Wege der Modifizierung des Tatplans nachvollzogenen Umstand nutzte der Angeklagte auch „alsbald“ nach der Aufnahme der Ge- schädigten im Krankenhaus aus (UA S. 8). Mit der Einlieferung ins Krankenhaus erlangte er nach seiner Vorstellung erst den ungehinderten Zugriff auf die Wertsachen in der Wohnung seiner Mutter. Dabei betrug nach den zu den Zeitpunkten der Gewalthandlung und der Krankenhauseinlieferung sowie zur Dauer des Transports der Geschädigten von ihrer Wohnung zum Krankenhaus getroffenen Feststellungen (UA S. 7 f.) – entgegen der hierzu in der rechtlichen Würdigung des Landgerichts enthaltenen missverständlichen Formulierung (UA S. 25) – die zeitliche Differenz zwischen der Gewaltanwendung und den Wegnahmehandlungen jedenfalls nicht mehr als zwei Stunden. Deshalb bilden beide Tatbestandselemente noch die das typische Tatbild eines Raubes begründende Einheit.
Sander Dölp König
Berger Bellay
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Nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungs- handlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung fasst (BGH, Urteile vom 22. September 1983 – 4 StR 376/83, BGHSt 32, 88, 92; vom 20. April 1995 – 4 StR 27/95, BGHSt 41, 123, 124; Beschluss vom 24. Februar 2009 – 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325).

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.