Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2018 - 5 StR 229/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. Oktober 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander, Dr. Berger, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshofs als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwältin A. , Rechtsanwalt M. als Verteidiger,
Rechtsanwalt F. als Vertreter der Nebenklägerin,
Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
- Von Rechts wegen -
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Rau1 bes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung, mit vorsätzlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Das auf die Verletzung materiellen und formellen Rechts
gestützte Rechtsmittel des Angeklagten führt lediglich zu den tenorierten Änderungen.
I.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts entschlossen sich der An2 geklagte und die gesondert Verfolgten Sc. und Sh. Anfang November 2016, die 77-jährige Nebenklägerin auszurauben, wobei die Beute zu gleichen Teilen untereinander aufgeteilt werden sollte. In Umsetzung des Tatplans verschaffte sich der Angeklagte am Morgen des 4. November 2016 unter einem Vorwand Zutritt zu deren Haus, schlug sie nieder und hielt ihr ein Messer an den Hals, um ihren Widerstand zu überwinden. Nachdem er die Nebenklägerin mit Klebeband gefesselt und geknebelt hatte, ließ er die beiden Mittäter herein. Anschließend nötigten der Angeklagte und seine beiden Tatgenossen die Geschädigte dazu, ihnen den Tresor im ersten Stock des Hauses und den dazugehörigen Schlüssel zu zeigen. Aus dem Tresor nahmen sie 30.000 US-Dollar, 8.000 Euro, mehrere Schmuckstücke, drei Goldmünzen und eine Gaspistole. Darüber hinaus entwendeten sie Schmuckstücke und Armbanduhren aus dem Schlafzimmer, fünf EC-Karten aus der Handtasche der Nebenklägerin sowie eine Perlenkette und ein Perlenarmband, welche die Nebenklägerin angelegt hatte. Um unentdeckt flüchten zu können, schloss der Angeklagte die weiterhin gefesselte und geknebelte Nebenklägerin im Badezimmer ein. Anschließend verließen er und die beiden Mittäter den Tatort und teilten das Bargeld sowie die Goldmünzen untereinander auf. Die Schmuckstücke vergruben sie, weil sie befürchteten, über deren Verkauf entdeckt zu werden. Der Schmuck konnte nicht mehr aufgefunden werden.
II.
1. Die Verfahrensrüge ist unbegründet.
- 3
- Der Beschwerdeführer beanstandet, dass das Landgericht seine aus4 weislich des Sitzungsprotokolls abgegebene Äußerung „zur Sache“ in den Ur- teilsgründen nicht gewürdigt und damit § 261 StPO verletzt habe.
stellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. September 2016 – 5 StR 125/16; Beschluss vom 2. Februar 2017 – 4 StR 406/16, NStZ-RR 2017, 185).
2. Die Sachrüge ist hinsichtlich des auf einer rechtsfehlerfreien Beweis6 würdigung beruhenden Schuldspruchs wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung unbegründet. Hingegen kann – worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hingewiesen hat – die tateinheitliche Verurteilung wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung nicht bestehen bleiben, weil das erzwungene Verhalten der Nebenklägerin, nämlich die Preisgabe des Aufbewahrungsortes des Tresorschlüssels , lediglich die Möglichkeit zur anschließenden Wegnahme von Bargeld und Wertgegenständen aus dem Tresor eröffnete (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Juli 2013 – 4 StR 186/13; vom 13. Oktober 2005 – 5 StR 366/05, NStZ 2006, 38). Der Senat kann ausschließen, dass der (auch) im Übrigen nicht zu beanstandende Strafausspruch darauf beruht (§ 337 Abs. 1 StPO), weil das Landgericht das in Wegfall geratene Delikt bei der Strafzumessung nicht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat.
Die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach
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- § 64 StGB begegnet keinen rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht jedenfalls den erforderlichen Symptomcharakter der Tat (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 12. Januar 2017 – 1 StR 604/16, StV 2017, 672, 673) zutreffend verneint hat.
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- ordnet der Senat ergänzend zu der vom Landgericht – trotz unzutreffend herangezogenem Zeitpunkt der Wertbestimmung (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2018 – 4 StR 569/17, Rn. 24 ff. zu § 73a Satz 1 StGB aF) – im Ergebnis rechtsfehlerfrei getroffenen Anordnung einer Einziehung des Wertes des Tater- trages von 36.568,70 Euro die gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten an (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2018 – 5 StR 645/17 mwN). Im Übrigen (Schmuckstücke, Armbanduhren, Gaspistole) sieht der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO von einer Wertersatzeinziehung ab (vgl. zur Zulässigkeit eines Teilabsehens BGH, Beschluss vom 2. August 2018 – 1 StR 311/18).
Mosbacher Köhler
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Annotations
(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn
- 1.
das Erlangte nur einen geringen Wert hat, - 2.
die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder - 3.
das Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, einen unangemessenen Aufwand erfordern oder die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde.
(2) Das Gericht kann die Wiedereinbeziehung in jeder Lage des Verfahrens anordnen. Einem darauf gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft hat es zu entsprechen. § 265 gilt entsprechend.
(3) Im vorbereitenden Verfahren kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren auf die anderen Rechtsfolgen beschränken. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.
(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.
(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.
(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.
(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.
(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.
(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn
- 1.
das Erlangte nur einen geringen Wert hat, - 2.
die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder - 3.
das Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, einen unangemessenen Aufwand erfordern oder die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde.
(2) Das Gericht kann die Wiedereinbeziehung in jeder Lage des Verfahrens anordnen. Einem darauf gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft hat es zu entsprechen. § 265 gilt entsprechend.
(3) Im vorbereitenden Verfahren kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren auf die anderen Rechtsfolgen beschränken. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.