Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Juli 2013 - 4 StR 186/13

bei uns veröffentlicht am03.07.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 186/13
vom
3. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. Juli 2013 einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 5. Februar 2013 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Jedoch wird der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des besonders schweren Raubes schuldig ist. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.
Zu der Schuldspruchänderung bemerkt der Senat: Für die Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das äußere Erscheinungsbild des vermögensschädigenden Verhaltens des Verletzten maßgebend (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2009 – 3 StR 372/09, NStZ-RR 2010, 46, 48; Beschlüsse vom 19. Januar 1999 – 4 StR 663/98, BGHR StGB § 255 Konkurrenzen 4; vom 27. April 1993 – 4 StR 149/93, BGHR StGB § 255 Konkurrenzen 3). Da nach den Feststellungen die Mittäter des Angeklagten, nachdem die Spielhallenaufsicht unter Zwang die Registrierkasse durch Eingabe des PIN-Codes geöffnet hatte, das in der Kasse befindliche Geld an sich nahmen und in einer Tasche verstauten, hat sich der Angeklagte mittäterschaftlich nicht der räuberischen Erpressung, sondern des Raubes schuldig gemacht. Dass die Aufsicht der Spielhalle zur Preisgabe des PIN-Codes genötigt wurde, rechtfertigt entgegen der Ansicht des Landgerichts keine andere rechtliche Bewertung, weil das erzwungene Verhalten der Genötigten zu keiner Gewahrsamsübertragung führte, sondern lediglich die Möglichkeit zur anschließenden Wegnahme eröffnete (vgl. BGH, Beschluss vom 18. August 2011 – 3 StR 251/11; Urteile vom 22. Oktober 2009 – 3 StR 372/09 aaO; vom 15. Dezember 1983 – 4 StR 640/83, bei Holtz, MDR 1984, 276; vgl. auch Beschluss vom 13. Oktober 2005 – 5 StR 366/05, NStZ 2006, 38).
Die von der Strafkammer zutreffend bejahte Verwirklichung des Qualifikationstatbestandes des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist in der Urteilsformel durch die Bezeichnung als besonders schwerer Raub zum Ausdruck zu bringen (st. Rspr.; vgl.BGH, Beschluss vom 3. September 2009 – 3 StR 297/09, NStZ 2010, 101 mwN). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend; § 265 StPO steht nicht entgegen.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak Bender Reiter

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 372/09
vom
22. Oktober 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Raubes u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
22. Oktober 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Mayer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten J. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 3. April 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Auf die Revision des Angeklagten J. wird das vorbezeichnete Urteil, auch soweit es den Schuldspruch des Angeklagten K. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 4. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel und die den Nebenklägern dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen "gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Raub und mit versuchter räuberischer Erpressung sowie wegen Freiheitsberaubung" zu Gesamtstrafen von fünf Jahren und sechs Monaten (J. ) sowie von fünf Jahren und neun Monaten (K. ) verurteilt. Hiergegen richten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten J. in vollem Umfang, die des Angeklagten K. nur beschränkt auf den Strafausspruch. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, gemäß § 301 StPO auch zugunsten der Angeklagten. Dementsprechend haben auch die Revisionen der Angeklagten Erfolg.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts erlangten die Angeklagten in Polen Kenntnis davon, dass der Nebenkläger in seinem Haus Vermögenswerte (Bargeld und Uhren) verwahrte, und beschlossen, ihn zu berauben. Ausgerüstet mit Sturmhauben zur Maskierung und mit Fesselungsmaterial fuhren sie nach E. , wo sie morgens an der Tür zum Haus des Nebenklägers läuteten. Als dieser ahnungslos öffnete, versetzte ihm der Angeklagte K. sofort einen Faustschlag ins Gesicht und brachte ihn mit weiteren Schlägen innerhalb des Hauses zu Boden. Gemeinsam banden die Angeklagten dem auf dem Bauch liegenden Opfer die Hände mit Klebeband auf dem Rücken zusammen. Während der Angeklagte J. damit begann, das Haus zu durchsuchen, kniete der Angeklagte K. auf dem am Boden liegenden und gefesselten Opfer, drückte dessen Kopf nach unten und verlangte Geld, indem er schrie "Money! Money!" Der Nebenkläger war bereit, den Angeklagten den Weg zu dem im Haus befindlichen Tresor zu zeigen. Daraufhin ließen es die Angeklagten zu, dass er aufstand, mit ihnen in den Keller ging und ihnen dort die Zahlenkombination des Tresors mitteilte. Der Angeklagte J. öffnete daraufhin den Safe, der Mitangeklagte K. entnahm daraus Bargeld in Höhe von ca. 24.000 € sowie zwei Uhren im Wert von ca. 15.000 €. In diesem Augenblick betrat die Nebenklägerin, die Lebensgefährtin des Nebenklägers , das Haus. Der Angeklagte J. packte sie, brachte sie gewaltsam auf den Boden, fesselte sie an Armen sowie Beinen mit Klebeband, verklebte ihr den Mund und warf eine Jacke über ihren Kopf, um sie an Beobachtungen zu hindern. Der Angeklagte K. brachte den Nebenkläger zurück ins Erdgeschoss, legte ihn bäuchlings auf den Boden, fesselte nun auch ihm die Füße und verband sie so mit den Händen, dass die Unterschenkel nach oben ragten und die Fußsohlen nach oben zeigten. Er warf auch ihm eine Jacke über den Kopf. Sodann durchwühlten die Angeklagten das Haus auf der Suche nach weiterer Beute. Zwischendurch kamen sie immer wieder zu den beiden Opfern zurück und verlangten die Herausgabe von weiterem Geld und weiteren Uhren. Als sie die am Boden liegenden Opfer mit Alkohol und Reinigungsmitteln überschütteten , befürchteten diese, sie sollten jetzt in Brand gesteckt werden, und erlitten Todesangst. Der Angeklagte J. fand nunmehr im Schlafzimmer einen Gasrevolver sowie einen Marderwarner. Der Angeklagte K. hielt diesen Revolver dem Nebenkläger vor das Gesicht. Zur Überzeugung der Kammer verlangte er dabei allerdings nicht erneut nach Wertsachen, sondern wollte damit nur den Nebenkläger zwingen, ihm zu erklären, worum es sich bei dem Marderwarner handelte. Nachdem sie die Erklärung des Nebenklägers nicht verstanden, zerstörten sie schließlich das Gerät. Bei der weiteren Durchsuchung des Hauses fanden sie eine 40 cm große Stablampe, mit der der Angeklagte K. dem Nebenkläger mehrfach auf die Fußsohlen schlug, um ihm die Preisgabe weiterer Verstecke von Wertsachen abzupressen. Als dieser zu erklären versuchte, er habe kein weiteres Geld, setzten sie die Durchsuchung der Wohnung fort. Sie gaben ihre Suche auf, nachdem sie außer einer dritten Uhr, einem Mobiltelefon und einem Beutel mit Kleingeld nichts weiteres mehr gefunden hatten, und verließen das Haus.
3
II. Die Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Revision hat mit der Sachbeschwerde Erfolg, so dass es auf die Verfahrensbeanstandungen nicht ankommt.

4
1. Die Feststellungen belegen einen schweren Raub nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB. Die Angeklagten haben ihre Opfer mit Klebeband an Armen und Beinen gefesselt und damit ein Mittel bei sich geführt (und über das vom Tatbestand Geforderte hinausgehend auch gebraucht), um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt zu verhindern (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 244 Rdn. 25 m. w. N.).
5
2. Das Landgericht hat es - ebenso wie die Staatsanwaltschaft bei der Anklageerhebung - unterlassen, den Sachverhalt unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des erpresserischen Menschenraubs (§ 239 a StGB) zu würdigen.
6
a) Bereits die Feststellungen zum ersten Teil des Tatgeschehens legen die Erfüllung dieses Tatbestands in der Variante des Sich-Bemächtigens mit Erpressungsabsicht (§ 239 a Abs. 1 1. Halbs. StGB) nahe. Ein SichBemächtigen im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn der Täter die physische Herrschaft über einen anderen erlangt, wobei weder eine Ortsveränderung erforderlich ist, noch der Tatbestand der Freiheitsberaubung erfüllt sein muss. Allerdings ist bei einem - auch bei zwei Mittätern gegebenen - "Zwei-PersonenVerhältnis" (Täter-Opfer) weitere Voraussetzung, dass die Bemächtigungssituation im Hinblick auf die erstrebte Erpressungshandlung eine eigenständige Bedeutung hat; sie erfordert daher eine gewisse Stabilisierung der Beherrschungslage , die der Täter zur Erpressung ausnutzen will (vgl. BGHSt 40, 350 ff., 359; BGH StV 1996, 266; BGH NStZ 2006, 448 m. w. N.).
7
Nach den Feststellungen kann dies hier der Fall gewesen sein. Die Angeklagten überfielen den Nebenkläger, brachten ihn zu Boden und fesselten ihn dort. Der Nebenkläger erklärte sich aus Angst um sein Wohl danach sofort be- reit, den Angeklagten den Zugriff auf seine im Tresor befindlichen Wertgegenstände zu ermöglichen. Bei diesem Ablauf liegt es nahe, dass die Angeklagten bereits eine stabile Bemächtigungslage geschaffen hatten, der die vom Tatbestand geforderte eigenständige Bedeutung zukommt, und sie dies auch erreichen wollten, die Tat also in der Absicht begingen, die Sorge des Nebenklägers um sein Wohl zu einer Erpressung (oder zu einem Raub, vgl. BGH NStZ 2003, 604) auszunutzen. Damit hätte die Fesselung nicht nur als Mittel zur Begehung eines Raubes gedient (vgl. BGH StraFo 2008, 163).
8
b) Sollten sich die Angeklagten des Nebenklägers nicht bereits in Erpressungsabsicht bemächtigt haben, so liegt es nach den Feststellungen zum weiteren Tatablauf nahe, dass sie die stabilisierte Bemächtigungslage zumindest zu einer Erpressung ausnutzten (§ 239 a Abs. 1 2. Halbs. StGB). Denn auch als der Nebenkläger nach Öffnen des Tresors gefesselt am Boden lag, verlangten die Angeklagten unter Einsatz der Taschenlampe als Schlagwerkzeug weiterhin von ihm, dass er ihnen die Aufbewahrungsorte weiterer Vermögensgegenstände nennt. Damit setzten sie zu weiteren Erpressungen an (vgl. Fischer aaO § 239 a Rdn. 12, 14 m. w. N.).
9
Hinzu kommt, dass sich die Angeklagten im Verlauf des Tatgeschehens auch der Nebenklägerin bemächtigt hatten. Beide Opfer lagen an Händen und Füßen gefesselt nebeneinander auf dem Boden, als die Angeklagten erneut Geld forderten. Es drängt sich daher auf, dass die Angeklagten diese, nunmehr auch auf die Nebenklägerin ausgedehnte Bemächtigungssituation dazu ausnutzten (§ 239 a Abs. 1 2. Halbs. StGB), um die Sorge des Nebenklägers um das Wohl seiner Lebensgefährtin zusätzlich als Nötigungsmittel für eine Erpressung einzusetzen. Allein dies genügte für die Vollendung des Tatbestandes.
10
3. Die bisherigen Feststellungen reichen nicht aus, um dem Senat eine eigene Entscheidung zum Schuldspruch zu ermöglichen. Ob sich die Angeklagten tateinheitlich zu dem schweren Raub auch des erpresserischen Menschenraubs schuldig gemacht haben, bedarf deshalb der tatrichterlichen Prüfung.
11
4. Die Revision der Staatsanwaltschaft zeigt zugleich (§ 301 StPO) Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
12
a) Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten hätten die Körperverletzung auch mittels eines hinterlistigen Überfalls (§ 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB) begangen, wird von den Feststellungen nicht getragen. Das Merkmal der Hinterlist setzt voraus, dass der Täter planmäßig seine Verletzungsabsicht verbirgt. Dem Urteil kann nur entnommen werden, dass die Angeklagten das Überraschungsmoment ausnutzten, als der Nebenkläger ahnungslos auf ihr Klingeln die Haustüre öffnete. Dies reicht indes zur Erfüllung des Qualifikationstatbestandes nicht aus (vgl. Fischer aaO § 224 Rdn. 10 m. w. N.).
13
b) Die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses zwischen den Taten zum Nachteil der beiden Nebenkläger hält rechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand. Es kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden, dass die Handlungen zum Nachteil der Nebenklägerin Teil der Nötigung des Nebenklägers gewesen sind und deshalb die Taten in ihren Ausführungsakten teilweise zusammenfallen. Durch die Annahme von Tatmehrheit sind die Angeklagten beschwert.
14
c) Zuletzt begegnet auch die Gesamtstrafenbildung rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat wegen der Raubtat Einzelstrafen von vier Jahren und neun Monaten (J. ) bzw. fünf Jahren (K. ) und wegen der Freiheitsberaubung jeweils eine Einzelstrafe von einem Jahr verhängt. Zur Gesamtstrafenbildung hat es lediglich ausgeführt, zwischen den Taten habe "ein enger sachlicher Zusammenhang" bestanden. Diese Begründung vermag eine Schärfung der Einsatzstrafe jeweils um drei Viertel der weiteren Einzelstrafe nicht zu rechtfertigen.
15
III. Die Revision des Angeklagten J. führt auf die allgemeine Sachbeschwerde ebenfalls zur Aufhebung des Urteils. Die Einzelbeanstandungen der Revision haben allerdings - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat - keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das gilt auch für die erst in der Revisionshauptverhandlung von der Verteidigung beanstandete Wendung in der Strafzumessung. Mit der Würdigung, die Tatausführung wäre "ohne den Angeklagten zumindest erheblich erschwert gewesen", hat der Tatrichter erkennbar nur die vorangegangene Wendung, der Mitangeklagte sei "die deutlich treibende Kraft" gewesen, relativiert.
16
Das Urteil muss indes wegen der fehlerhaften Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses (oben II. 4. b) aufgehoben werden. Der Senat ist, da auf die Revision der Staatsanwaltschaft das Urteil in Gänze aufgehoben wird, daran gehindert, den Schuldspruch lediglich in dem den Angeklagten beschwerenden Umfang zu ändern und die Gesamtstrafe als Einzelstrafe zu bestätigen.
17
Gemäß § 357 StPO ist die Aufhebung des Schuldspruchs auf den Angeklagten K. zu erstrecken, der mit seiner Revision nur den Strafausspruch angegriffen hat.
18
IV. Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten K. hat ebenfalls Erfolg. Zwar haben die erhobenen Einzelbeanstandungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben; insoweit nimmt der Senat auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts Bezug. Die allgemeine Sachrüge führt aber wegen der gemäß § 357 StPO veranlassten Aufhebung des Schuldspruchs und wegen des Fehlers bei der Gesamtstrafenbildung (oben II. 4. c) zur Aufhebung des Strafausspruchs. Auch hier ist der Senat daran gehindert, in der Sache selbst zu entscheiden.
19
Zu der sachlichrechtlichen Beanstandung, das Landgericht habe sich an der im Wege einer Verständigung für den Fall eines Geständnisses zugesicherten Strafobergrenze von sechs Jahren und sechs Monaten rechtsfehlerhaft auch dann noch orientiert, als die bei der Absprache zugrunde gelegte Qualifikation des § 250 Abs. 2 StGB in der Beweisaufnahme nicht habe festgestellt werden können und damit die "Geschäftsgrundlage" der "quasivertraglichen Vereinbarung" weggefallen gewesen sei, bemerkt der Senat ergänzend: Aus dem Urteil ergibt sich, dass die Angeklagten nicht geständig waren. Sie haben nicht nur die ihnen vorgeworfenen objektiven Tatmodalitäten teilweise bestritten , sondern zugleich behauptet, sie wollten mit ihrer Tat nur Geldforderungen beitreiben, die ihren polnischen Hintermännern aufgrund betrügerischer Machenschaften des Nebenklägers zugestanden hätten. Dass sich das Landgericht , wie es im Rahmen der Strafzumessungsgründe im Urteil ausgeführt hat, gleichwohl an die Absprache gebunden gesehen hat, beschwert den Angeklagten nicht. Im Übrigen verwundert es, dass die Verteidigung an einer Verständigung mitgewirkt hat, deren Gegenstand eine geständige Einlassung des Angeklagten war, obwohl dieser - wie das Geschehen in der Hauptverhandlung gezeigt hat - ein solches Geständnis nicht abgeben wollte oder konnte.
20
V. Für das weitere Verfahren sieht der Senat Anlass zu folgenden Hinweisen :
21
1. Wegen der Verständlichkeit der Urteilsformel (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 260 Rdn. 20) empfiehlt es sich, bei der rechtlichen Bezeichnung einer Tat, durch die mehrere Straftatbestände erfüllt sind, mit dem schwersten, den Strafrahmen bestimmende Delikt zu beginnen, zumal wenn es sich dabei wie hier um ein Verbrechen handelt.
22
2. Die Delikte des Raubes und der räuberischen Erpressung sind nach ihrem äußeren Erscheinungsbild voneinander abzugrenzen. Nach den bisherigen Feststellungen haben die Angeklagten den Nebenkläger zwar dazu gezwungen , die notwendigen Hinweise für die Öffnung des Tresors zu geben, aus dem sie sodann Geld und Uhren entnommen haben. Insgesamt stellt sich ihr Vorgehen als eine gewaltsame Wegnahme von Sachen, also als vollendeter (schwerer) Raub dar (vgl. hierzu BGH NStZ 2006, 38). Dass sie im Verlauf der Tat auch noch versucht haben, den Nebenkläger zur Preisgabe weiterer Wertgegenstände zu nötigen, führt nicht dazu, dass sie auch wegen "tateinheitlich begangener versuchter räuberischer Erpressung" zu verurteilen sind.
23
3. Die Beanstandung der Staatsanwaltschaft, das Landgericht habe fehlerhaft die Verhängung von Sicherungsverwahrung nicht erörtert, befremdet den Senat, nachdem die Beschwerdeführerin weder in der Anklage einen Hinweis auf die Maßregel aufgenommen noch im Verfahren auf entsprechende Hinweise gedrängt noch im Schlussvortrag auf deren Anordnung angetragen hatte. Becker Pfister von Lienen RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Hubert Becker

Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 251/11
vom
18. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 18. August 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18. März 2011
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des schweren Raubes schuldig ist,
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "schwerer räuberischer Erpressung" zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und be- anstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch wegen schwerer räuberischer Erpressung hat keinen Bestand. Der Generalbundesanwalt hat hierzu dargelegt: "Die sachlich-rechtliche Überprüfung führt zur Änderung des Schuldspruches dahingehend, dass der Angeklagte des schweren Raubes schuldig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfolgt die Abgrenzung zwischen Raub und räuberischer Erpressung nach dem äußeren Erscheinungsbild der Tat, nämlich danach, ob der Täter eine fremde bewegliche Sache wegnimmt oder das Opfer sie ihm übergibt (BGHSt 14, 386, 390; 25, 225, 228; 41, 123, 124; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 255 Rn. 3 mwN). Vorliegend hat der Angeklagte nach den Feststellungen sowohl das Geld als auch den Schmuck selber weggenommen (UA S. 10). Daran ändert auch nichts, dass die Zeugin W. den Öffnungsmechanismus der Kasse betätigte, bevor der Angeklagte in die Kasse griff (UA S. 10), weil der Einsatz des Nötigungsmittels ausweislich der Urteilsgründe nicht zu einer Gewahrsamsübertragung durch den Genötigten führte, sondern der Angeklagte hierdurch lediglich die Möglichkeit zum Gewahrsamsbruch erlangte (BGH NStZ 2006, 38; Fischer aaO). Die Schuldspruchänderung lässt den Strafausspruch unberührt, da schwerer Raub und schwere räuberische Erpressung denselben Strafrahmen aufweisen und die Schuldspruchänderung vorliegend den Unrechtsgehalt der Tat unberührt lässt."
3
Dem schließt sich der Senat an. § 265 StPO steht der Abänderung des Schuldspruchs schon deshalb nicht entgegen, weil sich der Angeklagte dem Eröffnungsbeschluss entsprechend gegen den Vorwurf des schweren Raubes zu verteidigen hatte und das Landgericht erst im Urteil zu einer abweichenden Bewertung gelangt ist.
4
2. Keinen Bestand hat das Urteil auch, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist. Insoweit hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt: "Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht jedoch die Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB nicht geprüft, obwohl sich dies nach den Fallumständen aufdrängte. Ausweislich der Urteilsfeststellungen konsumierte der Angeklagte zum Tatzeitpunkt in erheblichem Maße … Kokain (UA S. 8); darüber hinaus wollte ermit der aus dem Überfall erlangten Beute auch seinen Drogenkonsum finanzieren (UA S. 9). Danach war es nicht fernliegend, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vorliegen können. Das Urteil unterliegt daher mit den zugehörigen Feststellungen insoweit der Aufhebung. Der Senat wird jedoch ausschließen können, dass der Strafausspruch hiervon berührt ist."
5
Ergänzend hierzu bemerkt der Senat:
6
Der Umstand, dass die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt den Angeklagten nicht beschwert, hindert das Revisionsgericht nicht, auf eine zulässig erhobene - und die Nichtanwendung des § 64 StGB nicht ausdrücklich vom Angriff ausnehmende (BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362) - Revision des Angeklagten das Urteil insoweit aufzuheben, wenn eine Prüfung der Maßregel unterblieben ist, obwohl die tatrichterlichen Feststellungen dazu gedrängt haben (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2009 - 3 StR 458/08, BGHR StGB § 64 Ablehnung 11 mwN). Die Nachholung der Unterbringungsanordnung ist nicht deshalb ausgeschlossen , weil allein der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO). Über die Maßregelanordnung ist daher unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a Satz 2 StPO) neu zu entscheiden.
Schäfer Pfister von Lienen
Mayer Menges
5 StR 366/05

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. Oktober 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen erpresserischen Menschenraubes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Oktober 2005

beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 2. Mai 2005 werden nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Angeklagten statt wegen versuchter räuberischer Erpressung wegen versuchten schweren Raubes verurteilt sind.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e Das Landgericht hat die AngeklagtenB und K wegen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit versuchter räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundsanwalts unbegründet. Jedoch ist entsprechend seines Antrags der Schuldspruch abzuändern.
Nach den Feststellungen glaubten die Angeklagten und die drei Nichtrevidenten, der Geschädigte sei Mittäter eines Diebstahls und wisse, wo das dabei erbeutete Geld – 45.000 Euro in registrierten Scheinen – versteckt sei. Sie lockten den Geschädigten in eine Gartenlaube, fesselten ihn an einen Stuhl und zwangen ihn mit Schlägen und unter Todesdrohungen, die Lage des angeblichen Geldverstecks „unter den Wurzeln einer Eiche“ preiszugeben. Zwei der Täter fuhren mehrmals zwischen der Laube und der be- zeichneten Stelle hin und her, weil sie das Geldversteck nicht finden konnten und den Verdacht hegten, der Geschädigte habe ihnen den falschen Ort benannt. Nach weiteren Gewaltanwendungen und Bedrohungen beschrieb der Geschädigte das angebliche Versteck noch genauer, so dass die Täter hofften , die Beute anhand der ergänzten Angaben doch noch zu finden.
Die Tat stellt sich entgegen der Auffassung des Landgerichts als versuchter schwerer Raub nach §§ 249, 250 Abs. 1 Nr. 1b, 22, 23 StGB dar. Der Tatrichter hat bei der Annahme einer versuchten räuberischen Erpressung übersehen, dass die Angeklagten den Geschädigten allein deshalb gefesselt , geschlagen und bedroht haben, um die spätere Wegnahme des Geldes zu ermöglichen. Durch die erzwungene Preisgabe des Verstecks konnte für sich genommen noch kein Vermögensnachteil bewirkt werden. Auch der zwischen Gewaltanwendung und Wegnahme erforderliche örtliche und zeitliche Zusammenhang ist gegeben, da ein Teil der Täter den Geschädigten bewachte, während zwei andere mehrfach zwischen dem Ort der Bewachung und dem Ort des vermuteten Verstecks hin- und herfuhren. Dementsprechend wird auch bei erzwungener Bekanntgabe der Zahlenkombination eines Tresorschlosses, die den Täter in die Lage versetzen soll, die Beute später selbst wegzunehmen, die Bemächtigungslage nicht zu einer Erpressung ausgenutzt (vgl. BGH bei Holtz MDR 1984, 276; Herdegen in LK 11. Aufl. § 253 Rdn. 11; Träger/Schluckebier in LK § 239a Rdn. 15; Günther in SK-StGB 5. Aufl. (Stand April 1998) § 249 Rdn. 32; Sander in MK-StGB 2003 § 249 Rdn. 27).
Die Schuldspruchänderung lässt die tateinheitliche Verurteilung wegen erpresserischen Menschenraubs unberührt (vgl. Träger/Schluckebier aaO).
Harms Häger Gerhardt Raum Schaal

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 297/09
vom
3. September 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren räuberischen Diebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 3. September 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 11. Februar 2009 werden verworfen; jedoch wird das Urteil
a) im Schuldspruch dahin berichtigt, dass die Angeklagten des besonders schweren räuberischen Diebstahls schuldig sind;
b) im Strafausspruch hinsichtlich des Angeklagten A. dahin ergänzt, dass auch das Urteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 25. September 2008 (Az.: 82 Ls 10 Js 1227/08 - 27/08) in die Verurteilung einbezogen wird.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten des "schweren" räuberischen Diebstahls schuldig gesprochen. Es hat gegen den Angeklagten A. unter Einbeziehung der Urteile des Amtsgerichts Wuppertal vom 2. Dezember 2005, 9. März 2006 und 26. April 2007 eine Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt sowie gegen den Angeklagten D. unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer Vorverurteilung auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren erkannt. Die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten sind mit folgenden Maßgaben unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO:
2
Da die Angeklagten - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - die Voraussetzungen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht haben, hat der Senat den Schuldspruch dahin gefasst, dass sie des besonders schweren räuberischen Diebstahls schuldig sind; denn die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat verlangt eine Kennzeichnung der Qualifikation in der Urteilsformel, bei welcher der gegenüber § 250 Abs. 1 StGB erhöhte Unrechtsgehalt zum Ausdruck kommt (vgl. BGH, Beschl. vom 7. März 2006 - 3 StR 52/06; BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4; Schoreit in KK 6. Aufl. § 260 Rdn. 30).
3
Die Einbeziehung des gegen den Angeklagten A. ergangenen Urteils des Amtsgerichts Wuppertal vom 25. September 2008 in die Verurteilung dieses Angeklagten ist in der Entscheidungsformel ausweislich der Urteilsgründe infolge eines offensichtlichen Versehens unterblieben. Der Senat hat den Urteilstenor deshalb in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ergänzt.
Sost-Scheible Pfister Hubert
Schäfer Mayer

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.