Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 662/18
vom
19. Februar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:190219B5STR662.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 19. Februar 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 sowie analog § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten Z. wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 23. August 2018 – auch betreffend den Angeklagten N. – dahin geändert, dass
a) die Angeklagten des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig sind,
b) hinsichtlich des Angeklagten Z. die in Frankreich erlittene Freiheitsentziehung im Maßstab 1:1 auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Das auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel des Angeklagten Z. führt – auch hinsichtlich des Angeklagten N. (§ 357 StPO) – zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und der Ergänzung des Rechtsfolgenausspruchs. Im Übrigen ist die Revision aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts entschlossen sich der Angeklagte Z. , der mittlerweile verstorbene Y. , der gesondert Verfolgte E. und der nicht revidierende Mitangeklagte N. , den Nebenkläger in seinem Firmengebäude unter Verwendung eines Messers und einer geladenen Pistole zu überfallen, um das im Tresor verwahrte Bargeld zu erbeuten. Vom Tatplan war sowohl die Aushändigung des Geldes durch den Nebenkläger als auch die eigenhändige Wegnahme umfasst.
3
In Umsetzung des Vorhabens stürmten Z. und E. mit gezogenen Waffen auf den im Eingangsbereich seines Firmengebäudes mit der Tagesabrechnung beschäftigten Nebenkläger zu. Der Angeklagte hielt dem Nebenkläger das Messer an den Hals, während E. die Pistole auf dessen Kopf richtete. Nachdem der Angeklagte die auf dem Tresen liegenden Tageseinnahmen von 600 Euro eingesteckt hatte, zerrten sie den Nebenkläger in den Tresorraum und forderten ihn auf, den Tresor zu öffnen, um an die darin ver- wahrten rund 15.000 Euro „heranzukommen“. Da der Nebenkläger dem Ansin- nen trotz der fortwährenden Drohungen nicht nachkam, schoss E. ihm aus ein bis zwei Metern Entfernung in den rechten Oberschenkel. Anschließend durchsuchten sie den infolgedessen zu Boden gegangenen Geschädigten nach dem Tresorschlüssel. Bevor sie diesen finden konnten, traf ein Warenausfahrer des Nebenklägers auf dem Firmengelände ein. Z. und E. erkannten nun, dass das Vorhaben gescheitert war, und flüchteten.
4
2. Das Landgericht hat das Geschehen bezogen auf die entwendeten 600 Euro als besonders schweren Raub und bezogen auf die rund 15.000 Euro im Tresor als eine – in Tateinheit dazu stehende – versuchte besonders schwere räuberische Erpressung bewertet. Letzteres hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
5
Das Handeln des Angeklagten Z. und des gesondert Verfolgten E. war nach dem äußeren Erscheinungsbild nicht auf die Herausgabe des im Tresor verwahrten Bargeldes durch den Nebenkläger, sondern auf dessen Wegnahme gerichtet (Durchsuchung des Opfers nach dem Tresorschlüssel). Damit ist der zweite Teilakt des einheitlichen Überfallgeschehens als Versuch eines besonders schweren Raubes (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB) zu bewerten (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2018 – 5 StR 229/18 mwN). Treffen aber Versuch und Vollendung ein und desselben Delikts wie hier zusammen, tritt der Versuch zurück (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2005 – 5 StR 22/05, NStZ-RR 2005, 201, 202).
6
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.


II.


7
1. Die Strafaussprüche werden durch die Änderung des Schuldspruchs nicht berührt, da (auch) die Verwirklichung eines zurücktretenden Tatbestands bei der Strafzumessung erschwerend berücksichtigt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2011 – 4 StR 308/11) und der „hohe Wert der ange- strebten Beute“ bei zutreffender rechtlicher Bewertung mit dem gleichen Ge- wicht als bestimmender Strafzumessungsgesichtspunkt zu berücksichtigen gewesen wäre (§ 46 Abs. 2 StGB).
8
2. Das Landgericht hat entgegen § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB im Urteil keine Bestimmung über den Maßstab getroffen, nach dem die in Frankreich aus Anlass der abgeurteilten Tat erlittene Freiheitsentziehung auf die erkannte Freiheitsstrafe anzurechnen ist. Der Senat kann in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO den Anrechnungsmaßstab selbst bestimmen, da nur eine Anrechnung im Verhältnis von 1:1 in Betracht kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Ju-ni 2012 – 4 StR 58/12, NStZ-RR 2012, 271).

III.


9
Angesichts des nur geringfügigen Erfolgs seiner Revision ist es nicht unbillig , dass der Beschwerdeführer die Kosten des Rechtsmittels und seine sowie die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen in vollem Umfang zu tragen hat (§ 473 Abs. 4 StPO).
Mutzbauer Sander Schneider
Berger Köhler

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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 229/18
vom
24. Oktober 2018
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:241018U5STR229.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. Oktober 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander, Dr. Berger, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshofs als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwältin A. , Rechtsanwalt M. als Verteidiger,
Rechtsanwalt F. als Vertreter der Nebenklägerin,
Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 9. Januar 2018 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung schuldig ist und gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes des Tatertrages in Höhe von 36.568,70 Euro als Gesamtschuldner angeordnet ist; im Übrigen wird von der Einziehungsentscheidung gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO abgesehen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Rau1 bes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung, mit vorsätzlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Das auf die Verletzung materiellen und formellen Rechts
gestützte Rechtsmittel des Angeklagten führt lediglich zu den tenorierten Änderungen.

I.


1. Nach den Feststellungen des Landgerichts entschlossen sich der An2 geklagte und die gesondert Verfolgten Sc. und Sh. Anfang November 2016, die 77-jährige Nebenklägerin auszurauben, wobei die Beute zu gleichen Teilen untereinander aufgeteilt werden sollte. In Umsetzung des Tatplans verschaffte sich der Angeklagte am Morgen des 4. November 2016 unter einem Vorwand Zutritt zu deren Haus, schlug sie nieder und hielt ihr ein Messer an den Hals, um ihren Widerstand zu überwinden. Nachdem er die Nebenklägerin mit Klebeband gefesselt und geknebelt hatte, ließ er die beiden Mittäter herein. Anschließend nötigten der Angeklagte und seine beiden Tatgenossen die Geschädigte dazu, ihnen den Tresor im ersten Stock des Hauses und den dazugehörigen Schlüssel zu zeigen. Aus dem Tresor nahmen sie 30.000 US-Dollar, 8.000 Euro, mehrere Schmuckstücke, drei Goldmünzen und eine Gaspistole. Darüber hinaus entwendeten sie Schmuckstücke und Armbanduhren aus dem Schlafzimmer, fünf EC-Karten aus der Handtasche der Nebenklägerin sowie eine Perlenkette und ein Perlenarmband, welche die Nebenklägerin angelegt hatte. Um unentdeckt flüchten zu können, schloss der Angeklagte die weiterhin gefesselte und geknebelte Nebenklägerin im Badezimmer ein. Anschließend verließen er und die beiden Mittäter den Tatort und teilten das Bargeld sowie die Goldmünzen untereinander auf. Die Schmuckstücke vergruben sie, weil sie befürchteten, über deren Verkauf entdeckt zu werden. Der Schmuck konnte nicht mehr aufgefunden werden.

II.


1. Die Verfahrensrüge ist unbegründet.
3
Der Beschwerdeführer beanstandet, dass das Landgericht seine aus4 weislich des Sitzungsprotokolls abgegebene Äußerung „zur Sache“ in den Ur- teilsgründen nicht gewürdigt und damit § 261 StPO verletzt habe.
Die zulässig erhobene Ausschöpfungsrüge (§ 261 StPO) ist unbegrün5 det. Das Landgericht hat – was auch die Revision nicht verkennt – die Feststellungen zum Werdegang des Angeklagten (UA S. 2 ff.) auf dessen Angaben in der Hauptverhandlung gestützt (UA S. 10). Damit hat es Äußerungen zur Sache im Sinne des § 243 Abs. 5 Satz 2 StPO verwertet. Denn über die bloße Identitätsfeststellung hinausgehende Angaben eines Angeklagten zu seinem Werdegang , seinem Vorleben oder seinen wirtschaftlichen Verhältnissen sowie zu sonstigen Umständen, die für die Beurteilung der Tat und den Rechtsfolgenausspruch von Bedeutung sein können, gehören zu der von der Aussagefreiheit erfassten Vernehmung zur Sache im Sinne des § 243 Abs. 5 Satz 2 StPO und nicht – wie dies der Wortlaut des § 243 Abs. 2 Satz 2 StPO auf den ersten Blick nahezulegen scheint – zur Vernehmung des Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 1984 – 4 StR 742/83, StV 1984, 190, 192; OLG Köln, Urteil vom 20. September 1988 – Ss 346-351/88, NStZ 1989, 44; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 243 Rn. 12; KK-Schneider, StPO, 7. Aufl., § 243 Rn. 19; LR-Becker, StPO, 26. Aufl., § 243 Rn. 35, 69; MüKo-StPO/Arnoldi, § 243 Rn. 21). Wie in den Urteilsgründen ausgeführt, hat er sich lediglich „im Übrigen“ nicht zur Sache eingelassen (UA S. 19). Ob der Angeklagte sich im Rahmen seiner Sacheinlassung über andere, erörterungsbedürftige Umstände als zu seinem Werdegang geäußert hat, kann ohne eine – unzulässige – Rekonstruktion der Hauptverhandlung nicht festge-
stellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. September 2016 – 5 StR 125/16; Beschluss vom 2. Februar 2017 – 4 StR 406/16, NStZ-RR 2017, 185).
2. Die Sachrüge ist hinsichtlich des auf einer rechtsfehlerfreien Beweis6 würdigung beruhenden Schuldspruchs wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung unbegründet. Hingegen kann – worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hingewiesen hat – die tateinheitliche Verurteilung wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung nicht bestehen bleiben, weil das erzwungene Verhalten der Nebenklägerin, nämlich die Preisgabe des Aufbewahrungsortes des Tresorschlüssels , lediglich die Möglichkeit zur anschließenden Wegnahme von Bargeld und Wertgegenständen aus dem Tresor eröffnete (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Juli 2013 – 4 StR 186/13; vom 13. Oktober 2005 – 5 StR 366/05, NStZ 2006, 38). Der Senat kann ausschließen, dass der (auch) im Übrigen nicht zu beanstandende Strafausspruch darauf beruht (§ 337 Abs. 1 StPO), weil das Landgericht das in Wegfall geratene Delikt bei der Strafzumessung nicht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat.
Die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach
7
§ 64 StGB begegnet keinen rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht jedenfalls den erforderlichen Symptomcharakter der Tat (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 12. Januar 2017 – 1 StR 604/16, StV 2017, 672, 673) zutreffend verneint hat.
Im Hinblick auf die Entwendung der Goldmünzen und des Bargeldes
8
ordnet der Senat ergänzend zu der vom Landgericht – trotz unzutreffend herangezogenem Zeitpunkt der Wertbestimmung (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2018 – 4 StR 569/17, Rn. 24 ff. zu § 73a Satz 1 StGB aF) – im Ergebnis rechtsfehlerfrei getroffenen Anordnung einer Einziehung des Wertes des Tater- trages von 36.568,70 Euro die gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten an (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2018 – 5 StR 645/17 mwN). Im Übrigen (Schmuckstücke, Armbanduhren, Gaspistole) sieht der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO von einer Wertersatzeinziehung ab (vgl. zur Zulässigkeit eines Teilabsehens BGH, Beschluss vom 2. August 2018 – 1 StR 311/18).
Mutzbauer Sander Berger
Mosbacher Köhler
5 StR 22/05

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 6. April 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Grund der Hauptverhandlung
vom 5. und 6. April 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt D ,
Rechtsanwalt G
als Verteidiger,
Rechtsanwalt W ,
Rechtsanwalt K
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 6. April 2005 für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft und die Revision der Nebenklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 29. Juni 2004 werden verworfen.
2. Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen. Die Nebenklägerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels. Die im Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und die Nebenklägerin je zur Hälfte.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Die Staatsanwaltschaft, deren Revision vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, und die Nebenklägerin erstreben mit ihren Rechtsmitteln eine Verurteilung wegen Mordes. Die Revisionen bleiben erfolglos.
1. Das Landgericht hat im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen : Der 46 Jahre alte Angeklagte, ein ehemaliger Offizier der sowjetischen Armee, nahm bei dem aus Armenien stammenden Autohändler M gelegentlich hoch verzinsliche Darlehen für sein KfzHandelsunternehmen auf. M verlangte im Oktober 2003 mehrfach die umgehende Rückzahlung eines seit März 2003 geschuldeten Betrages von 3.000 €. Der Angeklagte war zur vollständigen Rückzahlung aber nicht in der Lage. Am Abend des 21. Oktober 2003 suchte der Angeklagte den Autoverkaufsplatz seines Gläubigers auf. In seiner Jackentasche führte er eine mit acht Patronen geladene und einem Schalldämpfer versehene Pistole mit sich. Damit wollte er M notfalls einschüchtern und einen weiteren Zahlungsaufschub durchsetzen. Der Angeklagte bot die Zahlung von 1.000 € an und stellte die Begleichung der Restschuld nach erwarteten eigenen Zahlungseingängen für die nächste Zeit in Aussicht. Damit war M nicht einverstanden. Er verlangte die vollständige Begleichung der Schulden noch am selben Tag und drohte, die Kinder des Angeklagten könnten zu Invaliden werden. Er forderte den Angeklagten auf, über die Gesundheit seiner Familie nachzudenken; er werde noch heute seine Leute mobilisieren. Dagegen verwahrte sich der Angeklagte unter anderem mit den Worten: „Wenn du oder jemand anderes mir oder meiner Familie etwas antun sollten, wirst du dafür büßen!“ Er holte gleichzeitig – aus Sorge um seine Familie – die Pistole aus der Jacke und richtete sie auf seinen Widersacher, um diesen einzuschüchtern. Als M die Waffe sah, versuchte er sofort, sie dem Angeklagten mit einem Fußtritt aus der Hand zu schlagen. Der Angeklagte kam diesem aber zuvor und schoß zweimal auf seinen Gläubiger. Der Schalldämpfer fiel zu Boden. M brüllte den Angeklagten an, daß dieser „ein toter Mann“ sei. Daraufhin schoß der Angeklagte sechsmal auf sein Opfer, um ihn zu töten. M verstarb trotz einer mehrstündigen Notoperation am folgenden Tag aufgrund nicht mehr beherrschbarer Blutungen.
Das Schwurgericht hat nicht ausschließen können, daß der Angeklagte mit den beiden ersten Schüssen seinen Gegner nur verletzen wollte und diese Geschosse den rechten Oberschenkel und den rechten Fuß des Opfers trafen.
2. Den Revisionen bleibt der Erfolg versagt.

a) Die von der Nebenklägerin erhobenen Aufklärungsrügen sind nicht zulässig (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 6). Sie lassen schon die Beweismittel letztlich offen und benennen keine bestimmt zu erwartenden Beweisergebnisse.

b) Die Sachrügen zeigen keinen Rechtsfehler auf.
aa) Ein Darlegungsfehler ergibt sich nicht daraus, daß das Landgericht die Einlassung des Angeklagten nicht gesondert dargestellt hat (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 2 Einlassung 1). Die Einlassung des Angeklagten erschließt sich aus den Darlegungen zu den einzelnen Beweiserwägungen. Die Bewertung der Angaben des Angeklagten kann anhand des Zusammenhangs der Urteilsgründe zureichend geprüft werden.
bb) Die den Feststellungen des Landgerichts zugrunde liegende Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Das Schwurgericht hat das Tatgeschehen zwar im wesentlichen aufgrund der Einlassung des Angeklagten festgestellt. Solches wäre aber nur rechtsfehlerhaft, wenn das Landgericht die entlastenden Angaben ohne weiteres als unwiderlegt hingenommen hätte (vgl. BGH NJW 2003, 2179 m.w.N.). So ist es hier aber nicht. Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten mit zahlreichen anderen Beweisergebnissen – insbesondere dem Gutachten des Obduzenten und Zeugenaussagen zur Geschäftspraxis des Opfers – in Beziehung gesetzt und erwogen. Zu einer eigenen abweichenden Gesamtwürdigung der belastenden Indizien ist der Senat nicht befugt (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2; BGHSt 36, 1, 14). Soweit die Revisionen mit urteilsfremden Erwägungen die Beweiswürdigung angreifen, bleibt dies erfolglos (vgl. BGHSt 35, 238, 241).
Damit fehlt den weitergehenden Angriffen der Revisionen, das Landgericht habe es unterlassen, eine Tötung in Verdeckungsabsicht zu prüfen, schon die tatsächliche Grundlage. Der Angeklagte hat die letzten sechs Schüsse – ohne Schalldämpfer – in Tötungsabsicht abgegeben, um der vom Opfer gegen den Angeklagten und seine Familie ausgesprochenen „Bedrohung den Boden zu entziehen“. Der Angeklagte tötete demnach, um sich und seine Familie vor befürchteten Angriffen des M zu schützen. Dies steht der Annahme eines Handelns zur Verschleierung der dem Opfer beigefügten Verletzungen oder zur Vermeidung außerstrafrechtlicher Konsequenzen (vgl. BGHSt 41, 8) entgegen. Eine solche Betrachtung verstieße auch gegen den Zweifelssatz, weil sich ein für den Angeklagten günstiger Umstand zu einer belastenden Folge – der Annahme des Mordmerkmals – wenden würde (vgl. BGH StV 2001, 553).
cc) Das Landgericht hat auch die Arglosigkeit des Opfers fehlerfrei verneint. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es beim heimtückisch begangenen Mord hinsichtlich der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers auf den Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs an (BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 16 m.w.N.). Allerdings kann das Opfer auch dann arglos sein, wenn der Täter ihm zwar offen feindselig entgegentritt , die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff aber so kurz ist, daß keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff irgendwie zu begegnen (BGH aaO m.w.N.). So liegt es hier aber nicht. Der Angeklagte zog seine Pistole nach einem Streit, um seinen Gegner einzuschüchtern. Auf die Gegenwehr des M gab der Angeklagte zwei Schüsse ab, die das Opfer verletzten. Erst nach dessen weiterer Drohung faßte der Angeklagte den Tötungsvorsatz und erschoß M . Die tödlichen Schüsse erfolgten unter diesen Umständen in einer durch die Abwehr, die Verletzung und die Drohung des Opfers geänderten Situation. Bei dieser Sachlage kann nicht davon gesprochen werden, es sei von Beginn an keine Zeit zu irgendwie gearteten Gegenmaßnahmen geblieben (vgl. BGHR aaO; BGH NStZ-RR 1999, 234).
dd) Soweit der Angeklagte nicht auch wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist, begegnet dies keinen Bedenken. Das Landgericht hat unter Anwendung des Zweifelssatzes angenommen, daß der Angeklagte die beiden ersten Schüsse noch nicht mit Tötungsvorsatz abgegeben hat. In einer solchen Fallgestaltung ist der Zweifelssatz, der zur Verneinung eines versuchten Totschlags führte, bei der Beurteilung der Konkurrenzen nochmals heranzuziehen (vgl. BGHSt 47, 243 m.w.N.). Danach würden die Verbrechen des versuchten und vollendeten Totschlags zum Nachteil des gleichen Opfers in Tateinheit stehen. Dabei tritt der Versuch als materiell subsidiär zurück (vgl. BGH GA 19, 56, 26, 28; Lackner/Kühl, StGB 25. Aufl. vor § 52 Rdn. 26).
3. Soweit die Verteidigung in der Revisionshauptverhandlung im Blick auf § 301 StPO die Strafzumessung als gegen § 46 Abs. 3 StGB verstoßend angegriffen hat, greift dies nicht durch. Die Abgabe von insgesamt acht Pistolenschüssen auf das unbewaffnete Opfer durfte als intensive Tatausführung strafschärfend gewertet werden.
4. Wegen der Kostenentscheidung verweist der Senat auf BGHSt 11,

189.


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(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 308/11
vom
23. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 23. August 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 25. November 2010 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Verurteilung wegen tateinheitlich zum Totschlag begangener vorsätzlicher Körperverletzung entfällt. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt und die Tatwaffe eingezogen. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
Die Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung kann nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat angenommen, dass der Angeklagte die Straftatbestände des Totschlags und der vorsätzlichen Körperverletzung tateinheitlich verwirklicht hat. Es ist zu Gunsten des Angeklagten von natürlicher Hand- lungseinheit ausgegangen. Auch in diesem Fall tritt das Körperverletzungsdelikt aus Gründen der Gesetzeskonkurrenz hinter das vorsätzliche Tötungsdelikt zurück (vgl. BGH, Urteile vom 14. September 1993 – 1 StR 435/93, BGHR StGB § 223b Konkurrenzen 2, und vom 19. August 2004 – 5 StR 218/04, NStZ 2005, 93, 94). Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend abgeändert.
3
Der Strafausspruch wird durch die Änderung des Schuldspruchs nicht berührt, da die Verwirklichung des zurücktretenden Tatbestands bei der Strafzumessung erschwerend berücksichtigt werden kann (BGH, Urteile vom 24. April 1951 – 1 StR 101/51, BGHSt 1, 152, 155, vom 14. Januar 1964 – 1 StR 246/63, BGHSt 19, 188, 189, und vom 20. Juli 1995 – 4 StR 112/95, NStZ-RR 1996, 20, 21; Beschluss vom 18. Dezember 2002 – 2 StR 477/02). Das Landgericht hat daher zu Recht „die Vielzahl und die Schwere der durch den Angeklagten mittels mehrfacher Faustschläge hervorgerufenen Verletzungen im Kopfbereich zu seinen Ungunsten“ berücksichtigt. Mit diesen Ausführungen hat das Schwurgericht den zusätzlichen Unrechtsgehalt der Körperverletzung rechtsfehlerfrei umrissen und damit zugleich seine Bemerkung, der Angeklagte habe gleichzeitig zwei Straftatbestände verwirklicht, näher erläutert. Unabhängig davon trifft die zuletzt genannte Feststellung auch auf ein in Gesetzeskonkurrenz im Schuldspruch zurücktretendes Delikt zu. Der Senat schließt daher aus, dass das Landgericht eine geringere Strafe verhängt hätte, wenn es erkannt hätte, dass die vorsätzliche Körperverletzung hier vom Straftatbestand des Totschlags verdrängt wird.
Mutzbauer Roggenbuck Cierniak
Franke Quentin

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.

(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.

(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.

(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 58/12
vom
5. Juni 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. Juni 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 18. Oktober 2011 im Ausspruch über den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 6.590,00 € mit den Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen; jedoch wird die Urteilsformel dahin ergänzt, dass der Anrechnungsmaßstab für die in der Schweiz erlittene Auslieferungs- und Abschiebehaft 1 : 1 beträgt.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sechs Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 6.590,00 € angeordnet. Die Revision, mit der der Angeklag- te die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Die Verfahrensrügen haben aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 19. März 2012 keinen Erfolg.

II.


3
1. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuld- und Strafausspruch einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler nicht ergeben.
4
2. Das Landgericht hat indes entgegen § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB im Urteil keine Bestimmung über den Maßstab getroffen, nach dem die in der Schweiz aus Anlass der abgeurteilten Taten erlittene Freiheitsentziehung auf die erkannte Freiheitsstrafe anzurechnen ist. Dabei kann dahinstehen, ob diese Freiheitsentziehung in Form von Auslieferungs- oder zusätzlich auch noch in Form von Abschiebehaft erfolgt ist (vgl. einerseits Urteilsabdruck UA 3, andererseits UA 4). In beiden Fällen hat die unterbliebene Anrechnung zu erfolgen, wenn, was hier der Fall ist, die Freiheitsentziehung "aus Anlass der Tat" erfolgte (BGH, Beschluss vom 10. April 1997 - 5 StR 674/96, NStZ 1997, 385; MünchKommStGB/Franke, § 51 Rn. 21). In entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO kann der Senat im vorliegenden Fall den Anrechnungsmaßstab selbst bestimmen, da nur eine Anrechnung im Verhältnis von 1 : 1 in Be- tracht kommt (BGH, Beschluss vom 15. April 2008 - 1 StR 166/08, Beschluss vom 5. August 2010 - 2 StR 254/10).
5
3. Die Anordnung des Verfalls eines Geldbetrages in Höhe von 6.590,00 € hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Insoweit hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 19. März 2012 Folgendes ausgeführt : "Zwar ist den Urteilsgründen zu entnehmen, dass die Kammer die Verfallsentscheidung zutreffend auf die Vorschriften der §§ 73, 73a StGB (Verfall von Wertersatz) gestützt hat (UA S. 27, 29). Allerdings wird die Höhe des erkannten Betrages von den Feststellungen nicht getragen. Das Landgericht hat insoweit - gestützt auf die Angaben des Zeugen S. zu den veräußerten Drogen, den Preisen und den vereinnahmten Geldbeträgen - das vom Angeklagten aus den Taten Erlangte gemäß § 73b StGB geschätzt (UA S. 27 ff.), was grundsätzlich zulässig ist, wenn die notwendigen Einzelheiten soweit geklärt sind, dass eine hinreichend sichere Schätzgrundlage gegeben ist (BGH NStZ-RR 2001, 327). Jedoch erweist sich das Urteil insoweit als widersprüchlich, als die Kammer von monatlichen Einnahmen des Angeklagten in Höhe von 1.300 € bei den Taten II. 2. bis 6. ausgegangen ist. Nach den Feststellungen hat der Zeuge S. zwar an den Angeklagten weitergegebene Einnahmen in dieser Höhe bekundet (UA S. 11). Dies steht jedoch im Widerspruch zu seinen weiteren Angaben, er habe 5 Gramm Heroin für 50 € veräußern sollen und auch Mengen von 0,5 Gramm für 8 € veräußert (UA S. 10). Diese Angaben zunächst zugrunde gelegt, konnte der Zeuge aus dem Verkauf des Heroins in den Fällen II. 2. bis 6. monatlich lediglich 800 € vereinnahmen. Der von dem Zeugen angegebene Betrag von 1.300 € erschließt sich hingegen mit Blick auf die Preise für die Einzelmengen nicht und das Urteil verhält sich auch nicht zu dieser Diskrepanz. Daran ändert sich auch unter Berücksichtigung der weiteren Einnahmen aus der Veräußerung des Haschischs und Teilen des Kokains im Fall II. 2. nichts. Hinzu kommt, dass die Kammer zwar die bei dem Zeugen S. erfolgte Sicherstellung am 15. Dezember 2009 berücksichtigt und für die Tat II. 7. keine Einnahmen in Ansatz gebracht hat. Allerdings hat sie im Rahmen der Wertersatzverfallsentscheidung außer Acht gelassen, dass bereits am 21. Oktober 2009 ebenfalls Betäubungsmittel und am 15. Dezember 2009 über die letzte Lieferung hinausgehende Betäubungsmittel sichergestellt worden sind (UA S. 8), für die Einnahmen folglich nicht erzielt werden konnten. Der neue Tatrichter wird daher über den Verfall von Wertersatz neu zu befinden haben."
6
Dem schließt sich der Senat an.
Mutzbauer Schmitt Franke
Bender Quentin

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.