Bundesgerichtshof Urteil, 27. Apr. 2006 - 4 StR 572/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten Wilfried A. wegen schweren Raubes bzw. schwerer räuberischer Erpressung in 12 Fällen, versuchter schwerer räuberischer Erpressung und Verabredung zur schweren räuberischen Erpressung - zum Teil in Tateinheit mit Waffendelikten - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren, den Angeklagten Lothar A. wegen schweren Raubes bzw. schwerer räuberischer Erpressung in 12 Fällen und Verabredung zur schweren räuberischen Erpressung - teilweise in Tateinheit mit unerlaubtem Waffenführen - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren und den Angeklagten R. wegen schweren Raubes bzw. schwerer räuberischer Erpressung in neun Fällen und Verabredung zur schweren räuberischen Erpressung - ebenfalls zum Teil in Tateinheit mit unerlaubtem Waffenführen - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen. Sie beanstanden insbesondere die Strafzumessung des Landgerichts. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
- 2
- 1. Nach den Feststellungen begingen die erheblich und einschlägig vorbestraften Angeklagten in der Zeit von Ende 1988 bis zum 15. Januar 2004 gemeinschaftlich neun Raubüberfälle auf Bankinstitute, drei weitere Überfälle verübten nur die Angeklagten Wilfried und Lothar A. gemeinsam - wobei der Angeklagte Wilfried A. wegen einer dieser Taten bereits im Jahre 1989 mit zehn Jahren Freiheitsstrafe bestraft worden war -, zwei Banküberfälle beging der Angeklagte Wilfried A. allein, dabei blieb es in einem Fall beim Versuch. Den letzten Überfall planten die drei Angeklagten für den 4. November 2004. An diesem Tag wurden sie festgenommen. Die Banküberfälle wurden jeweils mit geladenen scharfen Schusswaffen durchgeführt. Die Beute betrug insgesamt fast eine Million Euro.
- 3
- Nach ihrer Festnahme wurden bei den Angeklagten vier halbautomatische Selbstladepistolen, eine Maschinenpistole, Munition, drei scharfe Handgranaten und insgesamt ca. 417.800 € sichergestellt.
- 4
- 2. Die Feststellungen des Landgerichts tragen die Schuldsprüche. Auch die Strafaussprüche halten sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
- 5
- a) Die zum Teil fehlerhafte Anwendung neuen Rechts statt des TatzeitRechts durch das Landgericht bei § 250 StGB und den Waffendelikten (Fälle II 1, 2, 4a bis 4h der Urteilsgründe) beschwert die Angeklagten nicht, weil das Tatzeit-Recht bei der gebotenen konkreten Betrachtung (vgl. BGHSt 45, 92 f.; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 2 Rdn. 10 ff.) nicht milder war als das geltende Recht (§ 2 Abs. 1, 3 StGB).
- 6
- b) Im Übrigen bedarf der näheren Erörterung nur die von den Beschwerdeführern und vom Generalbundesanwalt aufgeworfene Frage, ob die Ablehnung minder schwerer Fälle durch das Landgericht insbesondere wegen des fortgeschrittenen Alters der Angeklagten (der Angeklagte R. ist 75, der Angeklagte Wilfried A. 74, der Angeklagte Lothar A. fast 65 Jahre alt) rechtsfehlerhaft war. Wegen der weiteren sachlich-rechtlichen Angriffe der Beschwerdeführer gegen die Strafzumessung - namentlich der gerügten Verstöße gegen § 46 Abs. 3 StGB -, die insgesamt unbegründet sind, nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 23. Januar 2006 Bezug.
- 7
- aa) Das Landgericht hat minder schwere Fälle des schweren Raubes, der schweren räuberischen Erpressung, der versuchten schweren räuberischen Erpressung, des unerlaubten Führens von Schusswaffen, des ungenehmigten Ausübens der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen und der Verabredung zur schweren räuberischen Erpressung "schon angesichts der Vielzahl und der Gefährlichkeit der Taten, des harten und kompromisslosen Vorgehens der Angeklagten sowie der Auswirkungen der Taten auf die betroffenen Bankangestellten und Kunden" abgelehnt. Im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne hat es u. a. weiter ausgeführt:
- 8
- Zu Lasten der Angeklagten sei zu berücksichtigen: - die Vielzahl der Taten - die Vielzahl der - auch einschlägigen - Vorstrafen (der Angeklagte Wilfried A. hat bereits mehr als 36 Jahre in Strafhaft verbracht, der Angeklagte R. mehr als 15 Jahre und der Angeklagte Lothar A. etwa 8 Jahre) - die bei den Taten aufgewendete kriminelle Energie und die jeweils über den Normalfall eines Banküberfalls hinausgehenden Folgen für die Tatopfer - das durch den Einsatz scharfer geladener Schusswaffen über den Normalfall eines Banküberfalls hinausgehende Gefährdungspotential - der lange Tatzeitraum und die jeweils hohe Beuteerwartung und - die Verwirklichung von zum Teil mehreren Straftatbeständen.
- 9
- Zugunsten der Angeklagten wirke sich aus: - dass sie - zum Teil schon frühzeitig - geständig waren, - dass das erbeutete Geld zum großen Teil sichergestellt werden konnte, - dass die Angeklagten sich bei von den Überfällen betroffenen Bankangestellten entschuldigt und - dass sie sich zivilrechtlich dem Inventarversicherer betroffener Sparkassen gegenüber verpflichtet haben, Schadenswiedergutmachung zu leisten.
- 10
- Gewichtigster Milderungsgrund sei allerdings das Alter und die damit verbundene erhöhte Haftempfindlichkeit der Angeklagten; dies gelte für alle Angeklagten, wenn auch beim Angeklagten Lothar A. (dem "Jüngsten" der Angeklagten) in geringerem Ausmaß. Unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Strafmilderung bei einer reduzierten Lebenserwartung seien sowohl die Einzelstrafen als auch die Gesamtstrafen derart zu mildern, dass den Angeklagten die Hoffnung bleibe, ihre Entlassung aus dem Strafvollzug noch erleben zu können. Hierbei sei allerdings zu bedenken , dass es keinen übermäßigen "Altersrabatt" geben dürfe, da sonst das "Signal" gegeben werden könnte, im Alter Straftaten zu begehen, weil im Falle der Ergreifung nur eine geringe Strafe drohe.
- 11
- Unter Berücksichtigung der genannten Strafzumessungserwägungen hat das Landgericht für die abgeurteilten Taten - jeweils gesondert begründete - Einzelfreiheitsstrafen zwischen drei Jahren und sechs Monaten und acht Jahren und sechs Monaten verhängt. Bei der Bildung der Gesamtstrafen hat es das hohe Alter der Angeklagten nochmals ausdrücklich mildernd gewertet. Die Un- terbringung in der Sicherungsverwahrung (§ 66 Abs. 2 StGB) hat es insbesondere auch im Hinblick auf das fortgeschrittene Alter der Angeklagten nicht angeordnet , weil nicht zu besorgen sei, dass die Angeklagten nach der Haftentlassung für die Allgemeinheit (noch) gefährlich seien.
- 12
- bb) Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts halten rechtlicher Nachprüfung stand. Insbesondere unterliegt es keinen rechtlichen Bedenken , dass das Landgericht die Voraussetzungen für das Vorliegen minder schwerer Fälle verneint hat. Auch für die Strafrahmenwahl gilt, dass die Strafzumessung grundsätzlich Sache des Tatrichters ist, weil er am ehesten in der Lage ist, sich aufgrund der Hauptverhandlung einen umfassenden Eindruck von Tat und Täter zu verschaffen und die für die Strafrahmenwahl wesentlichen Umstände zu gewichten. Das Revisionsgericht kann daher auch insoweit - ebenso wie bei der Strafhöhenbemessung - nur eingreifen, wenn die durch den Tatrichter vorgenommene Bewertung Rechtsfehler aufweist, etwa weil die maßgeblichen Erwägungen rechtlich anerkannten Strafzumessungsgrundsätzen zuwiderlaufen, sie in sich widersprüchlich oder sie in dem Sinne lückenhaft sind, dass nahe liegende, sich aufdrängende Gesichtspunkte nicht bedacht wurden (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall, Gesamtwürdigung 7, 8; Tröndle/Fischer aaO § 46 Rdn. 108 ff.). Solche Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.
- 13
- Das Landgericht hat alle für die Strafzumessung bestimmenden Umstände gesehen und in dem Sinne, dass die Strafen gerechter Schuldausgleich sein müssen (vgl. BGHSt 24, 132, 134; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 25, 27, 29), rechtsfehlerfrei gewichtet. Insbesondere hat es sich, anders als vom Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang beanstandete Entscheidungen (vgl. etwa BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 20), ausführlich mit dem fortgeschrittenen Alter der Angeklagten und der Wirkung der Strafen auf ihr zukünftiges Leben auseinandergesetzt und auf Strafen erkannt, die den Angeklagten noch die Hoffnung lassen, ihre Entlassung aus dem Strafvollzug erleben zu können. Einen Rechtssatz des Inhalts, dass jeder Straftäter schon nach dem Maß der verhängten Strafe die Gewissheit haben muss, im Anschluss an die Strafverbüßung in die Freiheit entlassen zu werden, gibt es nicht. Insbesondere kann sich aus dem hohen Lebensalter eines Angeklagten, etwa unter Berücksichtigung statistischer Erkenntnisse zur Lebenserwartung, keine Strafobergrenze ergeben. Allerdings muss ihm unter Vollstreckungsgesichtspunkten grundsätzlich eine Chance verbleiben, wieder der Freiheit teilhaftig zu werden (vgl. BVerfGE 45, 187, 228 f., 239, 242, 245; 64, 261, 270 ff., 281; 72, 105, 113 ff.; 86, 288, 312; BVerfG NStZ 1996, 53, 54 f.). Das hat das Landgericht bedacht und - im Erkenntnisverfahren - die Rechtsfolgen, auch durch das Absehen von der Anordnung der Sicherungsverwahrung, entsprechend bemessen.
- 14
- Die Besorgnis der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts, das Landgericht könne die bei der Strafzumessung in engerem Sinne erörterten strafmildernden Gesichtspunkte - insbesondere das fortgeschrittene Alter der Angeklagten - bei der Strafrahmenwahl nicht in Betracht gezogen haben, teilt der Senat nicht. Das Landgericht hat zunächst - wozu es gehalten war (st. Rspr.; vgl. nur BGH NStZ 1983, 407) - entschieden, von welchem Strafrahmen es ausgeht, danach - allgemein - die zu Lasten und zu Gunsten der Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte erwogen und schließlich die Strafzumessung für jeden Angeklagten und die einzelnen Taten vorgenommen.
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(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, - c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
- 2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.
(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder - 3.
eine andere Person - a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.
(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.
(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.
(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.
(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.
(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- 1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die - a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, - b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder - c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und - 4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.