Bundesgerichtshof Urteil, 11. Feb. 2010 - 4 StR 433/09

bei uns veröffentlicht am11.02.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 433/09
vom
11. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Februar
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte in Person,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 20. Januar 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Beihilfe zum Kreditbetrug in Tateinheit mit Bankrott sowie vom Vorwurf der verspäteten Insolvenzantragstellung freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision.
2
Das – vom Generalbundesanwalt vertretene – Rechtsmittel hat schon mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die Verfahrensbeschwerde der Staatsanwaltschaft nicht ankommt.

I.


3
1. Die zugelassene Anklage hat dem Angeklagten als Beihilfe zum Kreditbetrug in Tateinheit mit Bankrott zur Last gelegt, an der Verdeckung der tatsächlichen Vermögensverhältnisse der B.
GmbH B. (im folgenden: BIV B. ), deren Geschäftsführer er im Tatzeitpunkt war, durch Mitunterzeichnung eines Vertrages vom 24. Mai 2000 über den fingierten Verkauf von Aktien der P. AG von der BIV B. an die Si. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH zum Preis von 5,6 Mio. DM mitgewirkt zu haben. Das fiktive Aktiengeschäft sei im testierten Jahresabschluss der BIV B. für das Geschäftsjahr 1999 und damit auch in der Konzernbilanz der S. -Gruppe, die verschiedenen Kreditinstituten im Zusammenhang mit der Gewährung bzw. Verlängerung von Firmenkrediten im Zeitraum von Juni bis Oktober 2000 vorgelegt worden seien, enthalten gewesen. Durch eine weitere Straftat habe sich der Angeklagte der Insolvenzverschleppung schuldig gemacht, indem er trotz der bereits im Mai 2000 bestehenden tatsächlichen Überschuldung der BIV B. erst am 28. März 2001 Insolvenzantrag gestellt habe.
4
2. Die Strafkammer hat den Angeklagten hinsichtlich des Vorwurfs der Beihilfe zum Kreditbetrug aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Im Hinblick auf die vorgeworfenen Insolvenzdelikte hat sie das Tatbestandsmerkmal der Überschuldung verneint und zudem in Bezug auf den Straftatbestand des Bankrotts ein Aufstellen der Bilanz im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) StGB als von dem Angeklagten nicht verwirklicht erachtet.

II.


5
Das Urteil hat schon deshalb keinen Bestand, weil es nicht den Anforderungen an ein freisprechendes Urteil nach § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO genügt. Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen muss der Tatrichter zunächst in einer geschlossenen Darstellung diejenigen Tatsachen feststellen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen Feststellungen nicht getroffen werden können (st. Rspr.; vgl. BGH NJW 1980, 2423; NStZ 1985, 184; BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 4, 10; Senat, Urt. vom 20. März 2008 - 4 StR 5/08). Diese gebotene, in sich geschlossene Darstellung der festgestellten Tatsachen enthält das angefochtene Urteil – wie der Generalbundesanwalt bereits in seiner Antragsschrift vom 28. September 2009 ausgeführt hat – nicht.
6
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten vom Vorwurf der Beihilfe zum Kreditbetrug freigesprochen hat, kann dem Urteil schon nicht entnommen werden, in welchen konkreten Umständen die Wirtschaftsstrafkammer überhaupt die Haupttat sieht, zu der der Angeklagte Hilfe geleistet haben soll. Mit Blick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 265 b StGB fehlen insbesondere Feststellungen dazu, wann und von wem gegenüber welchen Banken für welche Kredite unrichtige oder unvollständige Bilanzen und/oder sonstige für die Kreditgewährung bzw. -belassung bedeutsame Unterlagen des Konzerns vorgelegt worden sind. Ebenso hätte es wegen der dem Angeklagten angelasteten Beteiligung an dem Kreditbetrug der Feststellung bedurft, ob Gegenstand der Kreditverhandlungen mit den Banken auch Bilanzen und Unterlagen der BIV B. waren, deren Geschäftsführer der Angeklagte war. Schließlich bleibt auch offen, welche konkrete Unterstützungshandlung des Angeklagten gegenüber dem Haupttäter in Betracht kommt. Das Landgericht konnte die fehlenden Feststellungen auch nicht dadurch ersetzen, dass es in großem Umfang (UA 18 bis 43) Teile aus den schriftlichen Gründen des Urteils gegen den gesondert verfolgten Bö. , der zur Tatzeit Wirtschaftsprüfer der BIV B. war, in das angefochtene Urteil übernahm.
7
Schließlich liegt ein durchgreifender Mangel des Urteils auch darin, dass es jegliche Feststellungen zur Person des Angeklagten vermissen lässt. Na- mentlich zu seinem beruflichen Werdegang und seiner sonstigen Qualifikation waren Feststellungen geboten, um beurteilen zu können, ob die Kammer zu Recht angenommen hat, dass der Angeklagte dem bestimmenden Einfluss des Wirtschaftsprüfers Bö. unterlag. Das gilt unbeschadet dessen, dass aus der beruflichen Qualifikation und Stellung des Angeklagten allein noch nicht ohne weiteres auf die Wahrnehmung seiner ihm obliegenden Aufgaben geschlossen werden darf (vgl. BGH, Beschl. vom 9. November 2009 – 5 StR 136/09).
8
Im Übrigen hat die Strafkammer den angeklagten Sachverhalt nur unvollständig gewürdigt, weil sie den Begriff der von der gegen den Angeklagten erhobenen Anklage erfassten Tat im Sinne des § 264 StPO verkannt hat.
9
Nach der Anklage wird die Beihilfehandlung des Angeklagten darin gesehen , dass er an der Verdeckung der tatsächlichen Vermögensverhältnisse innerhalb der S. -Gruppe, die durch das fingierte Aktiengeschäft bewirkt wurde, mitgewirkt habe. Da es zulässig ist, zur Konkretisierung des Anklagesatzes auf das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen zurückzugreifen (BGH, Urt. vom 28. Oktober 2009 – 1 StR 205/09 Rdn. 95; BGHR StPO § 264 Abs. 1 Ausschöpfung 4), werden aber vorliegend von der Anklage auch die zur Verschleierung der tatsächlichen Vermögensverhältnisse notwendigen Nachbuchungen erfasst. Entgegen der Auffassung des Landgerichts schließt dies die vom Angeklagten am 2. November 2000 veranlasste Einbuchung des fingierten Aktiengeschäfts ein.
10
Eine strafbare Beihilfe durch die im November 2000 erfolgten Buchungen würde auch nicht scheitern, wenn diese erst nach Vorlage des Jahresabschlusses bei möglichen Kreditgebern erfolgt wären. Denn Beihilfe ist nach der ständigen Rechtsprechung auch noch nach Vollendung der Haupttat bis zu deren Beendigung möglich (vgl. Fischer StGB 57. Aufl. § 27 Rdn. 6 m.w.N.). Die Teilnahme am Kreditbetrug ist bis zum Erbringen der letzten Leistung möglich (Fischer aaO § 265b Rdn. 40, § 264 Rdn. 38 f.). Wann die Leistung als erbracht anzusehen ist, hängt von der Art des beantragten Kredits ab (Lenckner/Perron in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 265b Rdn. 49). Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass noch für den 26. März 2001 ein Besprechungstermin mit den Banken anberaumt war. Erst nachdem im Hinblick auf das Ergebnis der Prüfung durch die Unternehmensberatung der Bankentermin abgesagt worden sei, hätten die Banken "dicht" gemacht (UA 16). Aufgrund dieser Ausführungen und vor dem Hintergrund, dass es sich auch um Prolongationskredite gehandelt haben kann, erscheint es jedenfalls möglich, dass die Banken auch noch nach dem 2. November 2000 aufgrund der vorgelegten Konzernbilanz Kredit gewährt haben.
11
2. Der Freispruch vom Vorwurf des tateinheitlich begangenen Bankrotts (§ 283 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) StGB) begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
12
Das Landgericht hat den Angeklagten insoweit aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, weil es für die Strafbarkeit am Vorliegen einer Überschuldung der BIV B. (§ 283 Abs. 1 StGB) zum 31. Dezember 1999 im Sinne des hier nach § 2 Abs. 3 StGB anwendbaren § 19 Abs. 2 InsO (in der ab dem 18. Oktober 2008 geltenden Fassung) gefehlt habe (UA 87). Dabei ist es der Auffassung des Sachverständigen gefolgt, dass zwar das Vermögen der BIV B. bereits ab dem 31. Dezember 1999 die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht mehr gedeckt habe, aber auch unter Berücksichtigung der Konzernstruktur und deren Auswirkungen auf die BIV B. von einer positiven Fortbestehensprognose auszugehen sei.

13
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Wirtschaftsstrafkammer dabei die Anforderungen an eine positive Fortbestehensprognose beachtet hat. Jedenfalls hätte es für die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte sei als Geschäftsführer der BIV B. bis zum Zeitpunkt kurz vor Stellung des Insolvenzantrags nicht verpflichtet gewesen, aufgrund der Mithaftung für Kredite anderer Konzerngesellschaften Rückstellungen zu bilden, näherer Feststellungen zu Art und Umfang der Mithaftung der BIV B. bedurft. Ob und gegebenenfalls welche Mitverpflichtungen bestanden, teilt das Urteil nicht mit. Die Beschwerdeführerin rügt in diesem Zusammenhang auch zu Recht, dass anhand der Urteilsgründe der vom Tatrichter ersichtlich als entscheidend bewertete Zusammenhang zwischen der Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme aus Mitverpflichtungen und der „Ordentlichkeit“ bzw. „Seriosität“ der in der Baugruppe tätigen Geschäftsführer (UA 94) nicht nachvollziehbar dargestellt ist.
14
Zudem fehlen jegliche Feststellungen zur Zahlungsfähigkeit der BIV B. . Deren hätte es aber schon deshalb bedurft, weil § 283 Abs. 1 StGB eine Strafbarkeit wegen Bankrotts außer bei Überschuldung auch bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit vorsieht.
15
Schließlich scheitert eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 283 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) StGB entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht allein schon daran, dass der Angeklagte die durch den gesondert verfolgten Bö. erstellte und in dem Jahresabschluss enthaltene Bilanz nicht unterschrieben hat (vgl. Beukelmann in Beck´scher Online-Kommentar zum StGB § 283 Rdn. 70 [Stand: 1. Oktober 2009]; Tiedemann in LK-StGB 12. Aufl. § 283 Rdn. 150).
16
3. Die insoweit knappen Urteilsgründe (UA 96) erlauben dem Revisionsgericht auch nicht die Prüfung, ob das Landgericht den Angeklagten zu Recht vom Vorwurf der verspäteten Insolvenzantragstellung (§ 15a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 InsO) freigesprochen hat. Der Tatbestand des § 15a Abs. 1 InsO, der mit Wirkung vom 1. November 2008 an die Stelle des inhaltsgleichen § 84 GmbHG getreten ist, knüpft ebenso wie § 283 Abs. 1 StGB an die im angefochtenen Urteil – wie ausgeführt – nur unzureichend geprüften Tatbestandsmerkmale der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit an.
17
Die aufgezeigten Mängel führen nach alledem zur Aufhebung des Urteils insgesamt.
Tepperwien Maatz Athing Ernemann Mutzbauer

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(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. (2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. (3) Wird das Gesetz, das

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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit 1. Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Ins

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(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahl

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(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund. (2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den n

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(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 5/08
vom
20. März 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Verdachts des sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. März
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Prof. Dr. Kuckein,
Richterinnen am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 7. September 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten von dem Anklagevorwurf, "in der Zeit von Anfang April 2005 bis zum 1. Dezember 2005 in elf Fällen sexuelle Handlungen an der am 7. Mai 1991 geborenen Selina F., die ihm zur Erziehung und zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut war, vorgenommen zu haben" , wobei es "auch zum vaginalen Geschlechtsverkehr gekommen" sei, aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Nebenklägerin mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen war der Angeklagte seit dem erfolgreichen Abschluss des Sozialpädagogik-Studiums im April 1999 Erzieher im -Kinderheim in P. . Ab Sommer 2005 wurde er mit der Funktion eines sog. Bezugserziehers für die seinerzeit 14jährige Nebenklägerin Selina F. betraut, die sich bereits seit ihrem 7. Lebensjahr in Kinderheimen befand und wegen ihrer Unbeherrschtheit ein "nicht einfa- ches" Kind war. Selina F. reagierte auf die Übernahme der Funktion ihres Bezugserziehers durch den sehr beliebten Angeklagten mit Freude. Der Angeklagte seinerseits empfand diese Aufgabe als echte Herausforderung und investierte in die Betreuung von Selina F. derart auffällig viel Zeit, dass sich seine Kollegen veranlasst sahen, ihm gegenüber mehr professionelle Distanz zu seinem Schützling anzumahnen. Des Weiteren teilt das Urteil in tatsächlicher Hinsicht im Wesentlichen lediglich die Entstehung der von der Nebenklägerin gegenüber dem Angeklagten erhobenen Anschuldigung, sie "vergewaltigt" zu haben, mit. Zum Tatvorwurf selbst beschränkt sich das Landgericht vielmehr auf die pauschale Mitteilung, der Angeklagte habe von Anfang an abgestritten, die ihm zur Last gelegten Taten begangen zu haben. Objektive Beweise lägen nicht vor. Er werde allein durch die Aussage Selinas belastet, die angegeben habe, der Angeklagte habe ca. 15-mal den vaginalen Geschlechtsverkehr mit ihr ausgeführt, immer in ihrem Hochbett, immer während seines Nachtdienstes - meist am Wochenende ; in drei bis vier Fällen habe sie ihn manuell befriedigt. Sodann erörtert das Urteil einige Widersprüche in den Aussagen der Nebenklägerin, die die Jugendschutzkammer als derart gravierend erachtet, dass demgegenüber das Gutachten der Sachverständigen Dr. U. nicht zu überzeugen vermöge, die zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die Aussage Selinas mit hoher Wahrscheinlichkeit nur durch die Annahme eines realen Erlebnishintergrundes zu erklären sei.
3
2. Das angefochtene Urteil wird bereits den formellen Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an ein freisprechendes Urteil zu stellen sind, nicht gerecht und unterliegt schon deshalb der Aufhebung.
4
Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen muss der Tatrichter zunächst in einer geschlossenen Darstellung diejenigen Tatsachen feststellen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen - zusätzlichen Feststellungen nicht getroffen werden können (st. Rspr.; vgl. BGH NJW 1980, 2423; NStZ 1985, 184; BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 4, 10; BGH, Urteil vom 26. November 2003 - 2 StR 293/03).
5
Diese gebotene Darstellung der festgestellten Tatsachen enthält das angefochtene Urteil nicht. Schon der Tatvorwurf lässt sich dem Urteil nicht hinreichend deutlich entnehmen, zumal es keinerlei zusammenfassende Darstellung der Bekundungen der Nebenklägerin und der Einlassung des Angeklagten enthält. Diese war hier umso mehr erforderlich, als Selina bei ihrer ersten Offenbarung behauptet hatte, von dem Angeklagten "vergewaltigt" worden zu sein, während in ihrer jetzigen Aussage ersichtlich von einer Vergewaltigung nicht mehr die Rede ist. Auch bleibt unklar, worauf die - zudem in der Anklage und der jetzigen Aussage der Nebenklägerin unterschiedliche - Anzahl der dem Angeklagten angelasteten sexuellen Übergriffe beruht. Schließlich fällt auch auf, dass die Anklage von einem Tatzeitraum von April 2005 ausgeht, während nach den Feststellungen der Angeklagte erst seit dem Sommer 2005 Bezugserzieher der Nebenklägerin wurde.
6
Der Pflicht zur gebotenen geschlossenen Darstellung sowohl der Opferaussage als auch der Einlassung des Angeklagten zu den Tatvorwürfen konnte sich der Tatrichter auch nicht dadurch entziehen, dass er einige Argumente gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage der Nebenklägerin angeführt hat. Denn die Widersprüche stellen nur einen Ausschnitt aus der gebotenen, aber fehlenden Gesamtwürdigung dar. In diesem Zusammenhang hätte es insbesondere auch einer eingehenderen Auseinandersetzung mit dem Sachverständigengutachten bedurft. Die knappen Ausführungen im angefochtenen Urteil dazu genügen nicht. Vielmehr muss der Tatrichter, der in einer schwierigen Frage den Rat ei- nes Sachverständigen in Anspruch genommen hat und der diese Frage in Widerspruch zu dem Gutachten lösen will, die Darlegungen des Sachverständigen im Einzelnen wiedergeben, insbesondere dessen Stellungnahme zu den Gesichtspunkten , auf welche das Gericht seine abweichende Auffassung stützt (st. Rspr.; BGHR StPO § 261 Sachverständiger 5 und 9 m.w.N.).
7
Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer tatrichterlicher Verhandlung und Entscheidung.
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Sost-Scheible
5 StR 136/09

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 9. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Subventionsbetruges
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. November 2009

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 23. Oktober 2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben und der Angeklagte freigesprochen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen. Der Angeklagte ist für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen zu entschädigen. Die Feststellungen zu deren Art und Umfang trifft das Landgericht.

G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Subventionsbetrugs zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat mit der Sachrüge Erfolg und führt zu seinem Freispruch.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts befasste sich der Angeklagte , ein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, mit der Entwicklung von Softwarekonzepten, die nutzerangepasst einen umfassenden Überblick über die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens ermöglichen sollten. In Umsetzung seiner Entwicklungskonzepte hatte der Angeklagte zunächst die J. S. P. GmbH & Co. KG (JSP) gegründet , deren alleiniger Kommanditist er war; er hielt zugleich sämtliche Anteile der Komplementär GmbH. Da dem Angeklagten das nötige Eigenkapital fehlte , bemühte er sich um Subventionsleistungen, um die Software nach seinen Vorgaben erstellen zu lassen. Die beantragte Subvention wurde ihm zunächst von mehreren Landesinvestitionsbanken, u. a. der B. I. versagt. Der Angeklagte trat dann in Verhandlungen mit der I. L. B. (ILB). Nach seinem Geschäftskonzept sollte die JSP die Fördermittel erhalten, um die Software von einem später beauftragten Softwarehersteller beziehen zu können. Der Softwarehersteller sollte wiederum seinerseits von dem Angeklagten die von ihm entwickelten betrieblichen Vorgaben ankaufen, wobei der Angeklagte den Ankauf zur Hälfte kreditieren wollte. Der Angeklagte, der bei der ILB bereits im September 1997 einen Förderantrag gestellt hatte, reduzierte nach den Feststellungen des Landgerichts auf Anraten der ILB die von ihm beantragte Förderleistung. In seinem (überarbeiteten) Antrag vom 25. Februar 1998 gab der Angeklagte in der Rubrik „Anschaffungskosten immaterieller Wirtschaftsgüter“ Kosten in Höhe von 18,5 Mio. DM an. In der Anlage 1 zu dem Antrag erklärte er unter der Rubrik „Immaterielle Wirtschaftsgüter“, diese würden aktiviert und nicht von verbundenen oder sonst wirtschaftlich, rechtlich oder personell verflochtene Unternehmen angeschafft. In den Rubriken „Eigenleistungen zur Aktivierung vorgesehen“ oder „nicht aktivierbar“ gab er nichts an.
3
Der Angeklagte wusste nach den Feststellungen des Landgerichts, dass die eingesetzten 18,5 Mio. DM Anschaffungskosten auch seinen Aufwand für die von ihm entwickelten betriebswirtschaftlichen Vorgaben enthielten. Dies hatte er nicht verdeutlicht, obwohl – wie ihm gleichfalls bekannt war – immaterielle Eigenleistungen nicht aktivierbar und nicht förderungsfähig waren. Um dennoch seine Entwicklungskosten im Rahmen der Förderleistungen ansetzen zu können, ist der Angeklagte den Weg über die S. C. gegangen, die seinen Entwicklungsaufwand in Höhe von ca. 2,7 Mio. DM in den der JSP berechneten Preis einbezog. Am 4. Oktober 1999 erteilte die ILB – nach weiteren Informationen durch den Angeklagten und umfangreichen Verhandlungen – den Zuwendungsbescheid der 48,9 % der angegebenen Investitionen von 18,5 Mio. DM als Förderleistung vorsah. In der Folgezeit kam es zwischen Ende 1999 und Anfang 2002 nur zu einer Auszahlung in Höhe von knapp 1,9 Mio. €, bevor im Blick auf das hiesige Strafverfahren weitere Leistungen eingestellt wurden.
4
Das Landgericht sieht in der Erklärung im Förderantrag vom 25. Februar 1998 eine unrichtige Angabe über eine investitionserhebliche Tatsache gemäß § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB, weil er die von ihm erstellten betrieblichen Vorgaben nicht offen gelegt habe. Bei den betriebswirtschaftlichen Vorgaben für die Entwicklungsmodule handele es sich um immaterielle Wirtschaftsgüter , die nicht förderungsfähig seien. Der Zwischenerwerb über die S. C. stelle ein unbeachtliches Umgehungsgeschäft dar. Letztlich habe die JSP, die wirtschaftlich betrachtet allein dem Angeklagten gehöre, den gesamten Betrag, also einschließlich der betriebswirtschaftlichen Vorgaben, ansetzen sollen. Für die Einschaltung der S. C. gebe es keinen sinnvollen wirtschaftlichen Grund. Dies habe der Angeklagte als Wirtschaftsprüfer gewusst. Eine Strafbarkeit sei auch nicht im Sinne des § 264 Abs. 5 StGB ausgeschlossen, weil sich der Angeklagte nicht um eine Verhinderung der Auszahlung der Subvention bemüht habe.

II.


5
Die Revision des Angeklagten ist begründet und führt zu seinem Freispruch.
6
1. Der Senat kann dabei offenlassen, ob der Angeklagte in seinem Förderantrag unrichtige Tatsachenangaben gemacht hat. Unrichtig im Sinne des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB sind die vom Täter zu den subventionserheblichen Tatsachen gemachten Angaben, wenn sie nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen (BGHR StGB § 264 Abs. 1 Nr. 1 subventionserhebliche Tatsache 1). Nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmende Tatsachen sind aber auch diejenigen, die ein unvollständiges Gesamtbild vermitteln (BGH NStZ 2006, 625, 627 Tz. 8). Ein solches unvollständiges Gesamtbild läge hier vor, wenn der Angeklagte die von ihm gelieferten betriebswirtschaftlichen Vorgaben nicht genannt und wertmäßig beziffert hätte, obwohl er hierzu verpflichtet gewesen wäre, weil der „Verkauf“ der betriebswirtschaftlichen Vorgaben ein unwirksames Geschäft im Sinne des § 4 SubvG darstellte. Die Annahme eines solchen Schein- bzw. Umgehungsgeschäfts setzt – ebenso wie bei den vergleichbaren Vorschriften der § 41 Abs. 2, § 42 AO – voraus, dass der gewählten Gestaltungsform kein eigenständiger Sinngehalt zukommt und sie allein um der Herbeiführung der Subvention willen vorgenommen wird. Hierfür mag zwar sprechen, dass der Angeklagte die betriebswirtschaftlichen Vorgaben zunächst an die S. C. verkauft und diese dann die entwickelten Softwaremodule an die vom Angeklagten allein beherrschte JSP weiterveräußern sollte, wobei die JSP nach den Feststellungen des Landgerichts die einzige Auftraggeberin der S. C. war. Andererseits veräußerte die S. C. hierbei ein fertiges Produkt, in dem sich die persönliche Leistung des Angeklagten nur zu einem geringen Teil (15 %) niederschlug. Damit stellte das veräußerte Produkt eine eigene und selbständige Wertschöpfung dar, die weit über die vom Angeklagten erbrachten betriebswirtschaftlichen Vorgaben hinausging und ohne die die betriebswirtschaftlichen Vorgaben des Angeklagten wertlos gewesen wären. Es mag zwar sein, dass derselbe wirtschaftliche Erfolg auch dadurch hätte erreicht werden können, dass die betriebswirtschaftlichen Vorgaben in die JSP eingebracht und dann durch eine entsprechende (werkvertragliche) Beauftragung in Software-Module umgesetzt worden wären. Fraglich ist jedoch, ob aus subventionsrechtlichen Gründen allein diese Gestaltungsform hätte gewählt werden dürfen.
7
2. Letztlich bedarf diese Frage im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Das Landgericht hat nämlich in seiner Beweiswürdigung die subjektive Tatseite bei dem Angeklagten nur lückenhaft gewürdigt. Es folgert allein aus seiner beruflichen Stellung als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, dass ihm der Scheincharakter des Verkaufs der betrieblichen Vorgaben bekannt sein musste. Bei der Prüfung des Täuschungsvorsatzes im Sinne des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB lässt allerdings das Landgericht das nachträgliche Geschehen unberücksichtigt, das begründete Zweifel an einem dolosen Handeln des Angeklagten hätte aufkommen lassen können.
8
Nach den Urteilsfeststellungen teilte der Angeklagte nämlich am 3. Juni 1999 – und damit weit vor der Bewilligungsentscheidung – der ILB die beabsichtigte Vertragskonstruktion mit und machte dabei auch ausdrücklich kenntlich, dass ein Teil hiervon auf die von ihm persönlich gelieferten betriebswirtschaftlichen Vorgaben entfalle. Wenige Tage später wurde zudem eine detaillierte Aufwandsschätzung mit einer Aufteilung des Gesamtaufwands vorgelegt. Weiterhin erhielt die ILB vom Angeklagten Entwürfe über die Vertragsbeziehungen mit der S. C. . Hätte der Angeklagte – wie das Landgericht meint – in Täuschungsabsicht gehandelt, dann hätte er nicht ohne weiteres die Rahmendaten offenbart, aus denen für die ILB der gesamte Sachverhalt deutlich wurde. Da sich eine Täuschungshandlung im Sinne des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur auf Tatsachen beziehen kann, wäre es zumindest erklärungsbedürftig gewesen, warum der Angeklagte diese Angaben gegenüber dem Subventionsgeber mitgeteilt und damit seinen vom Landgericht angenommenen Täuschungsabsichten eigentlich zuwider gehandelt hat.
9
Vor dem Hintergrund der vom Landgericht mitgeteilten Einlassung des Angeklagten, er habe immer vollständige Angaben gemacht und alles aufgedeckt , aber den vollen Verkaufspreis für aktivierungsfähig gehalten, hätte das Landgericht die subjektive Tatseite näher untersuchen müssen, zumal der Angeklagte die wesentlichen Umstände vor der Subventionsgewährung tatsächlich aufgedeckt hat. Es reichte dabei nicht aus, allein auf seine berufliche Qualifikation und seine sich hieraus ergebende Kenntnis von der bilanziellen Behandlung immaterieller Vermögenswerte abzuheben. Die Täuschungshandlung bestand nämlich nicht darin, dass der Angeklagte über die Aktivierungsfähigkeit des gesamten Kaufpreises täuschte. Abgesehen davon, dass eine solche rechtliche Bewertung nicht Bestandteil einer Täuschungs- handlung im Sinne des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB sein kann, hätte eine Täuschung über einzelne tatsächliche Umstände nur in Betracht gezogen werden können, wenn der Angeklagte die Pflicht zu ihrer Offenbarung kannte und sie dennoch verschwiegen hat. Insoweit sind die Urteilsgründe – was die Revision zu Recht beanstandet – jedenfalls undeutlich. So führt das Landgericht aus, dass es nicht darauf ankomme, ob der Angeklagte angenommen habe, dass die in der Rubrik „Anschaffungskosten immaterieller Wirtschaftsgüter“ angegebenen Softwaremodule als förderungsfähige Wirtschaftsgüter einzuordnen gewesen seien. Dies lässt allerdings außer Acht, dass der Angeklagte sich nur dann in keinem nach § 16 StGB relevanten Irrtum befunden hat, wenn er die rechtlichen Folgen der Unwirksamkeit seiner Vertragskonstruktion erkannt hätte (vgl. BGHR StGB § 16 Abs. 1 Umstand 2). Denn nur dann hätte er subventionserhebliche Tatsachen verschwiegen, indem er die von ihm erstellten betrieblichen Vorgaben nicht betragsmäßig angesetzt hat. Dies verstand sich aber – jedenfalls ohne nähere Erläuterung – nicht von selbst, zumal da der Angeklagte die sich im Übrigen erst im weiteren Verlauf näher konkretisierenden Umstände dem Subventionsgeber von sich aus tatsächlich mitgeteilt hat.
10
3. Der Senat sieht von einer Zurückverweisung der Sache ab. In Anbetracht der lange zurückliegenden Tatzeit sind sichere Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht mehr zu erwarten. Gleiches gilt weitergehend auch im Hinblick auf den Leichtfertigkeitstatbestand nach § 264 Abs. 4 StGB.
11
Hinzu kommt, dass der Angeklagte zumindest nach § 264 Abs. 5 Satz 1 StGB Straflosigkeit erlangt haben könnte. Danach wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, dass aufgrund der Tat die Subvention gewährt wird. Da der Subventionsbetrug gemäß § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB bereits vollendet ist, wenn die unrichtigen Angaben dem Subventionsgeber gegenüber gemacht worden sind (BGHR StGB § 264 Abs. 1 Nr. 1 vorteilhaft 1), bezieht sich Absatz 5 auf solche Verhinderungshandlungen, die nach Vollendung der Tat vorgenommen wurden. Da der Subventionsbetrug als Gefährdungsdelikt einen vorverlegten Vollendungszeitpunkt hat, ist die Vorschrift des Absatzes 5 als tätige Reue ausgestaltet und gleicht so die fehlende Möglichkeit eines strafbefreienden Rücktritts aus (Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 264 Rdn. 66 f.).
12
Allerdings benennt Absatz 5 als die für die tätige Reue maßgebliche Handlung die Verhinderung der Gewährung der Subvention. Im vorliegenden Fall ist zwar die Subvention jedenfalls teilweise gewährt worden, weil es in Teilbeträgen zur Auszahlung von Subventionsleistungen gekommen ist. Zu diesem Zeitpunkt bestand aber bei dem Subventionsgeber keinerlei Unkenntnis über subventionserhebliche Umstände mehr, weil sämtliche Tatsachen von dem Angeklagten zu diesem Zeitpunkt bereits mitgeteilt waren. Diese Fallkonstellation erfüllt gleichzeitig die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1, da derjenige, der verhindert, dass die Subventionsvergabe auf einer falschen Tatsachengrundlage erfolgt, alles getan hat, um keinen rechtswidrigen Erfolg eintreten zu lassen. Ist es deshalb noch nicht zur Entscheidung über die Bewilligung gekommen, reicht es jedenfalls aus, wenn der Täter die unrichtigen oder unvollständigen Angaben korrigiert bzw. ergänzt. Wenn es dennoch auf der Grundlage dieser (dann berichtigten) Angaben zur Bewilligung der Subvention kommt, bleibt der Täter straflos, weil der Kausalzusammenhang zwischen unvollständigen Angaben und der Bewilligung der Subvention entfallen ist. Da die Bewilligung der Subvention dann aufgrund einer anderen (nunmehr zutreffenden) Tatsachengrundlage erfolgte, bestand für die Verhinderung einer Gewährung kein Anlass mehr (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 264 Rdn. 41; Wohlers in MünchKomm StGB § 264 Rdn. 119).
13
Hinsichtlich der Prüfung des zusätzlichen Tatbestandsmerkmals der Freiwilligkeit nach § 264 Abs. 5 Satz 1 StGB bedarf es ebenfalls keiner Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Auch insoweit lässt sich aufgrund des erheblichen Zeitablaufs ausschließen, dass bezüglich dieses Merkmals hinreichend tragfähige Umstände ermittelt werden können, die der Annahme einer freiwilligen tätigen Reue entgegenstehen könnten.

III.


14
Dem freigesprochenen Angeklagten ist durch den Senat mit seiner verfahrensabschließenden Entscheidung für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen , hier insbesondere die für den Senat ersichtliche Durchsuchung, ein Entschädigungsanspruch nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) zuzuerkennen. Insbesondere sind keine Ausschluss- oder Versagungsgründe (§§ 5, 6 StrEG) ersichtlich. Eine eigene Entscheidung ist dem Senat anhand der vorliegenden Akten und ohne besondere Anhörung der Beteiligten indes nicht möglich. Das Landgericht wird namentlich die Art und den Umfang möglicher entschädigungspflichtiger Maßnahmen aufzuklären haben (vgl. BGHR StrEG § 8 Zuständigkeit 1; BGH StraFo 2008, 266).
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(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 205/09
vom
28. Oktober 2009
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_______________________
Zur Frage, inwieweit zur Beurteilung der Umgrenzungsfunktion
der Anklage auf das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen
zur Prüfung der Frage zurückgegriffen werden kann, gegen
welchen von mehreren Angeklagten sich ein bestimmter
Vorwurf richtet.
BGH, Urt. vom 28. Oktober 2009 - 1 StR 205/09 - LG Münster
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
28. Oktober 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Sander,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt
und Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten J. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 12. März 2008 wird
a) das vorbezeichnete Urteil, soweit es den Angeklagten J. betrifft, im Fall B.II.3 der Urteilsgründe aufgehoben und das Verfahren insofern eingestellt; im Umfang der Einstellung hat die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten J. zu tragen ,
b) das genannte Urteil im Übrigen, soweit die Angeklagten S. , K. und J. freigesprochen wurden, mit den Feststellungen aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die verbleibenden Kosten dieser Rechtsmittel - an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die den Angeklagten J. betreffende weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten (betreffend den Angeklagten S. in den Fällen B.I., B.II.2 und 3 der Urteilsgründe, bei dem Angeklagten K. in den Fällen B.II.1 bis 3 der Urteilsgründe und bezüglich des Angeklagten J. in den Fällen B.II.1 und 3 der Urteilsgründe) von den Vorwürfen der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung und entwürdigender Behandlung freigesprochen. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügt und die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, führen betreffend den Angeklagten J. zur Einstellung des Verfahrens im Fall B.II.3 der Urteilsgründe, weil es insofern an den Verfahrensvoraussetzungen der Erhebung einer ordnungsgemäßen Anklage und damit auch an der ordnungsgemäßen Zulassung der Anklage fehlt. Im Übrigen war das Urteil in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang aufzuheben. Soweit die Beschwerdeführerin betreffend den Angeklagten J. zudem im Fall B.II.2 der Urteilsgründe einen Verstoß gegen die gerichtliche Kognitionspflicht beanstandet, bleibt das Rechtsmittel hingegen ohne Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
1. Die Angeklagten - bis auf den Mitangeklagten Sc. allesamt Unteroffiziere verschiedenen Ranges - waren im Jahr 2004 in Coesfeld in der 7. Kompanie des 7. Instandsetzungsbataillons der Bundeswehr tätig und bildeten dort Rekruten in der Grundausbildung aus. Bei dieser Kompanie, die in der Freiherr-vom-Stein-Kaserne stationiert war und die vom Mitangeklagten Haupt- mann Sc. geführt wurde, handelt es sich um eine reine Ausbildungskompanie , der jeweils zu Quartalsbeginn neue Rekruten zur dreimonatigen Allgemeinen Grundausbildung zugewiesen wurden.
4
Zur Tatzeit - im zweiten und dritten Quartal 2004 - war der Angeklagte S. im Rang eines Oberfeldwebels als Gruppenführer eingesetzt. Der Angeklagte K. war im zweiten Quartal 2004 zum Hauptfeldwebel befördert und als Gruppenführer im zweiten Zug sowie im dritten Quartal 2004 als stellvertretender Zugführer im ersten Zug eingesetzt worden. Der Angeklagte J. war im Juni/Juli 2004 zur 7. Kompanie nach Coesfeld versetzt worden und seitdem im Rang eines Stabsunteroffiziers als Gruppenführer tätig.
5
2. Im zweiten und dritten Quartal 2004 galt für die Ausbildung der Rekruten die „Anweisung für die Truppenausbildung Nummer 1“ (AnTrA1), Stand Juni 2001. Sie regelte Ziele und Inhalte der Allgemeinen Grundausbildung und sah für die dreimonatige Allgemeine Grundausbildung der Rekruten eine Ausbildung „Geiselnahme/Verhalten in Geiselhaft“ nicht vor. Am 8. Juli 2004 wurde nach längeren Überlegungen im Bundesministerium der Verteidigung eine geänderte AnTrA1 herausgegeben, die zum 1. Oktober 2004 in Kraft trat. Diese enthielt einen neuen Teil „Basisausbildung EAKK“ (Einsatzvorbereitende Ausbildung für Krisenbewältigung und Konfliktverhütung) mit dem Ziel, bereits in der Grundausbildung die für einen Auslandseinsatz im Rahmen der Konfliktverhütung und Krisenbewältigung erforderlichen Grundkenntnisse und Grundfertigkeiten zu erlernen. Dieser neue Ausbildungsteil sah eine zweistündige, vom Kompaniechef selbst durchzuführende, ausschließlich theoretische Unterrichtseinheit über Geiselhaft, Entführung und Gefangenschaft bei Einsätzen sowie über die Konfrontation mit Verwundung und Tod und deren Bewältigung vor. Eine praktische Übung in einem solchen Zusammenhang und zu diesem Thema ist nicht vorge- sehen. Diese geänderte AnTrA1 war bereits seit dem 19. Juli 2004 im Intranet der Bundeswehr abrufbar.
6
Schon zuvor fanden im Vereinte-Nationen-Ausbildungszentrum in Hammelburg Lehrgänge statt, in denen Zugführer von Ausbildungskompanien für die Ausbildung nach der neuen AnTrA1 geschult wurden, um als Multiplikatoren für die übrigen Ausbilder zu fungieren. Den Ausbildern wurden hier die neuen Inhalte der geänderten AnTrA1 auszugsweise vermittelt. Es wurde ihnen aufgezeigt , wie die neuen Ausbildungsinhalte in den Einheiten praktisch umgesetzt werden konnten. Eine Ausbildung zum Thema „Geiselnahme/Verhalten in Geiselhaft“ erfolgte nicht. Die Mitangeklagten D. und H. hatten an einem solchen Lehrgang bereits teilgenommen.
7
Die Übung „Geiselnahme/Verhalten in Gefangenschaft“ ist ein Abschnitt der „Einsatzbezogenen Zusatzausbildung“, die von der Bundeswehr nur für diejenigen Soldaten auf Zeit, freiwillig länger Dienende oder Berufssoldaten vorgesehen ist, die ihre Ausbildung bereits abgeschlossen und den Befehl bekommen haben, an einem Auslandseinsatz teilzunehmen. Diese Übung wurde von der Bundeswehr nur an drei Standorten im Bundesgebiet durchgeführt, wozu die Freiherr-vom-Stein-Kaserne aber nicht gehörte. Sie wurde zudem zuvor im Unterricht mit allen Teilnehmern besprochen und von Psychologen begleitet. Die Übung selbst lief dergestalt ab, dass die auszubildenden Soldaten eine Busfahrt unternahmen, während derer sie überfallen wurden. Ihnen wurden die Augen verbunden und sie wurden aufgefordert, ihre Hände in den Nacken, auf die Knie oder die Sitzbank vor ihnen zu legen. Anschließend wurden sie an einen Ort verbracht, an dem eine „Befragung“ stattfand. Hierbei wurden die Soldaten , deren Augen nach wie vor verbunden waren, physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt, um bei ihnen Stress zu erzeugen. Sie wurden lautstark befragt und mussten körperliche Übungen wie Liegestütze oder Kniebeugen machen. Zudem wurde ihnen gedroht, Kameraden zu schlagen oder zu erschießen, wenn sie nicht die gewünschten Antworten gaben. Zur möglichst realistischen Untermalung wurden die entsprechenden Geräusche (Schläge und Schüsse) simuliert. Während der Übung hatten die Soldaten - wie ihnen beim vorhergehenden Unterricht gesagt worden war - jederzeit die Möglichkeit, durch ein Handzeichen aus der Übung auszusteigen. Die Mitangeklagten D. und H. hatten eine solche „Einsatzbezogene Zusatzausbildung“ bereits absolviert.
8
3. Nachdem in der Vergangenheit auch außerhalb der drei festgelegten Standorte eine Ausbildung „Geiselnahme/Geiselhaft“ durchgeführt worden war, die nicht derjenigen in den drei Ausbildungszentren entsprach und die bei einigen Teilnehmern zu Anzeichen einer Traumatisierung geführt hatte, wies das Heeresführerkommando der Bundeswehr in einem als „VS - nur für den Dienstgebrauch“ gekennzeichneten Schreiben vom 26. Februar 2004 darauf hin, dass diese Ausbildung ausschließlich im Rahmen der „Einsatzbezogenen Zusatzausbildung“ in den drei Ausbildungs- beziehungsweise Gefechtsübungszentren durchgeführt werden dürfe, da sie dort unter Anleitung des dafür speziell geschulten Personals erfolgen könne. Empfänger dieses Schreibens war auch die 7. Ausbildungskompanie in Coesfeld. Außerdem war in dem „Befehl 38/10“ vom 12. April 2004 die Ausbildung über das Thema „Verhalten in Geiselhaft“ ausschließlich dem Vereinte-Nationen-Ausbildungszentrum zugewiesen worden. Dass die Angeklagten dieses Schreiben oder den Befehl kannten, vermochte die Kammer nicht festzustellen.
9
4. Anfang April 2004 (Fall B.I. der Urteilsgründe) begannen in der Freiherr -vom-Stein-Kaserne etwa 80 Rekruten, von denen zirka die Hälfte Wehr- dienstleistende waren, ihre dreimonatige Grundausbildung. Es wurden zwei Ausbildungszüge gebildet, deren Zugführer die Mitangeklagten Hauptfeldwebel D. und H. waren.
10
a) Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Verlauf des zweiten Quartals 2004 kamen die beiden Zugführer auf die Idee, in der Allgemeinen Grundausbildung in Coesfeld eine Geiselnahmeübung durchzuführen. Ihnen war - ebenso wie dem Mitangeklagten Hauptmann Sc. - bekannt, dass eine Änderung der AnTrA1 bevorstand und auch eine Übung „Geiselhaft“ in die Allgemeine Grundausbildung eingeführt werden sollte. Nach Ansicht der Kammer ließ sich jedoch nicht feststellen, ob sie auch wussten, dass diese Übung lediglich theoretisch und nur durch den Kompaniechef ausgebildet werden sollte.
11
Vor dem 8. Juni 2004 fand auf Anordnung der beiden Zugführer eine Ausbilderbesprechung statt, an der auch der Angeklagte S. teilnahm. Dabei wurde der grobe Ablauf der Geiselnahmeübung erörtert. Die beiden Zugführer D. und H. beabsichtigten, die Rekruten nach der dienstplanmäßigen Nachtschießübung am 8. Juni 2004 gruppenweise auf einen nächtlichen Orientierungsmarsch zu schicken, bei dem zum Schluss die „Geiselnahme“ mit anschließendem „Verhör“ erfolgen sollte. Weder der Orientierungsmarsch noch die Geiselnahmeübung standen auf dem für die Rekruten einsehbaren Dienstplan und waren diesen somit nicht bekannt. Auch auf den Dienstplänen, die von den Zugführern erstellt und dem Mitangeklagten Sc. zur Unterzeichnung und anschließenden Weiterleitung an das Bataillon vorgelegt worden waren, war eine Geiselnahme nicht erwähnt.
12
Die beiden Zugführer D. und H. teilten neben fünf weiteren Ausbildern den Angeklagten S. für das „Überfallkommando“ ein. Dieses sollte die Rekruten nach Bewältigung des Nachtmarsches in den frühen Morgenstunden des 9. Juni 2004 überfallen, entwaffnen, fesseln und ihnen die Augen verbinden. Für die Fesselung waren dabei Kabelbinder vorgesehen, weil den bei der Besprechung Anwesenden bei dem Gebrauch von „Panzerklebeband“ die Verletzungsgefahr zu hoch erschien. Anschließend sollten die Rekruten mit einem Pritschenwagen zum Standortübungsplatz gefahren werden, um in einer dortigen Sandgrube „verhört“ zu werden. Für dieses „Verhör“ teilten die beiden Zugführer den früheren Mitangeklagten He. ein. Diesem sagte der Mitangeklagte D. , das „Verhör“ solle „etwa so wie in Hammelburg“, im Vereinte-Nationen-Ausbildungszentrum, ablaufen, wo der frühere Mitangeklagte He. eine Geiselnahmeübung absolviert hatte. Außerdem wurde vereinbart, den Rekruten vor dem Überfall das Codewort „Tiffy“ mitzuteilen, mit dem die Rekruten jederzeit aus der Übung aussteigen könnten. Dieser Begriff wurde in der Grundausbildung als Synonym für „Schwächling“ oder „Weichei“ verwendet, um Kameraden zu verhöhnen.
13
Das Landgericht sah sich nicht in der Lage aufzuklären, ob bei dieser Ausbilderbesprechung noch weitere Einzelheiten der Geiselnahmeübung erörtert wurden. Die beiden Mitangeklagten D. und H. teilten den Anwesenden mit, die geplante Geiselnahmeübung sei vom Kompaniechef „abgesegnet worden“. Tatsächlich hatte der Mitangeklagte Hauptmann Sc. eine solche Übung auch genehmigt, obwohl er Bedenken hatte, weil er wusste, dass diese in der geltenden AnTrA1 nicht vorgesehen war.
14
b) Gegen Ende der Nachtschießübung am 8. Juni 2004 erklärten die beiden Zugführer D. und H. den angetretenen Rekruten, im Raum Coesfeld seien Terroristen gesichtet worden, das Gebiet müsse bestreift und sämtliche Auffälligkeiten müssten dokumentiert werden. Die Rekruten, die ihr gesamtes Marschgepäck und ihr Gewehr bei sich hatten, machten sich gruppenweise auf den Weg. Dabei marschierten die einzelnen Gruppen zeitlich versetzt ohne ihren planmäßigen Gruppenführer los. Die Rolle des Gruppenführers musste jeweils ein Rekrut übernehmen. Es gab keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass etwas Besonderes passieren könnte. Entgegen der ursprünglichen Planung in der Ausbilderbesprechung wurde den Rekruten ein Kennwort, mit dem die Übung hätte beendet werden können, nicht mitgeteilt. Lediglich manchen Rekruten war während ihres späteren „Verhörs“ gesagt worden, sie müssten nur das Wort „Tiffy“ sagen, um aus der Übung auszusteigen.
15
c) Die sechs Beteiligten des „Überfallkommandos“ hatten einen Hinterhalt im Gelände eingerichtet. Sie trugen Bundeswehrkleidung, hatten aber teilweise ihre Dienstgradabzeichen und Namensschilder entfernt. Ihre Gesichter waren vermummt, um nicht auf den ersten Blick erkannt zu werden. Sie hatten Gewehre mit geladenen Manöverpatronengeräten dabei, teilweise auch ungeladene Pistolen und mehrere Übungsgranaten. Es waren auch Kabelbinder zum vorgesehenen Überfallort gebracht worden. Diese sollten laut Anweisung der Zugführer D. und H. den Rekruten möglichst über der Kleidung angelegt und nicht ganz eng zugezogen werden, damit sie nicht in die Haut schnitten.
16
Die erste Gruppe traf verspätet erst in den Morgenstunden des 9. Juni 2004 ein. Das „Überfallkommando“, das zeitweise von den Mitangeklagten D. und H. verstärkt wurde, die dann zum Teil beim Überfallen und Überwältigen der Rekruten mithalfen, lenkte die Rekruten zuerst ab und griff sie dann schreiend und schießend an. Die Rekruten waren im Allgemeinen zu überrascht und - nach rund 24 Stunden Dienst und dem mehrstündigen Orientierungsmarsch - zumeist auch zu erschöpft, um noch größere Gegenwehr zu leisten. Sie gingen durchweg davon aus, dass es sich bei den maskierten Angreifern um Bundeswehrangehörige handelte. In aller Regel kamen die Rekruten der Aufforderung, sich zu ergeben und sich auf den Boden zu legen, letztlich freiwillig nach. Bei manchen Rekruten halfen die Angreifer mit körperlichem Druck nach. Allerdings leisteten andere Rekruten auch Widerstand. So wurde der Zeuge L. von einem der Angreifer zu Boden gerissen, wo er auf dem Bauch zum Liegen kam. Damit er nicht wieder aufstehen konnte, drückte einer der Ausbilder ein Knie auf seinen Hals. Anschließend wurden L. s Hände mit den Kabelbindern auf den Rücken gefesselt und zusätzlich mit der Splitterschutzweste oder dem Koppeltragegestell verbunden, wodurch seine Arme nach oben gezogen wurden und er schmerzhaften Druck auf seinen Schultern verspürte. Als er sich gegen die Fesselung wehrte, nahm einer der Angreifer das Knie des Zeugen L. in einen Haltegriff, so dass dessen Bein verdreht wurde und er Schmerzen erlitt. Auch mit dem Zeugen R. gab es bei der Entwaffnung eine „kleine Rangelei“, bei der er aber nicht verletzt wurde. Der Zeuge Kl. wurde bei dem Überfall von hinten in einen Würgegriff genommen und zu Boden gebracht.
17
Alle Rekruten mussten sich nach ihrer Entwaffnung hinknien oder auf den Bauch legen. Ihnen wurden die Hände mit Kabelbindern auf den Rücken gefesselt, wobei größtenteils darauf geachtet wurde, dass sie nicht zu stramm anlagen. Bei den meisten Soldaten hinterließen die Kabelbinder keine Spuren. Sechs Rekruten trugen jedoch Druckstellen an den Handgelenken davon; zwei - darunter der Zeuge F. , der vom Angeklagten S. gefesselt worden war - erlitten Kratzer beziehungsweise kleine Schnittwunden an den Armen. Bei einem Rekruten saßen die Kabelbinder so stramm, dass sie Schmerzen verur- sachten und es später Schwierigkeiten bereitete, ihn davon zu befreien. Bei dem Versuch eines Ausbilders, sie mit einem Taschenmesser zu durchtrennen, trug der Rekrut eine leichte Schnittverletzung davon.
18
Die Augen der Rekruten wurden mit einem Dreiecktuch verbunden; möglicherweise wurde einzelnen auch ein Wäschesack über den Kopf gezogen. Teilweise wurden sie bereits jetzt befragt. Als der Zeuge B. , der mit gefesselten Händen und verbundenen Augen auf dem Boden lag, hierbei „patzige“ Antworten gab, stellte einer der Ausbilder seinen Stiefel unter dessen Hoden und hob den Stiefel etwa zwei Sekunden an. Dies war für den Zeugen B. schmerzhaft.
19
d) Nachdem sämtliche Rekruten einer Gruppe wie geschildert außer Gefecht gesetzt worden waren, was zwischen fünf und zehn Minuten dauerte, wurden sie von den Ausbildern auf die Ladefläche eines Pritschenwagens „verladen“. Dabei wurde ein Rekrut „in den Lkw hineingezogen oder unsanft hineingeschoben“. Ein anderer kam nach dem Einladen auf einem Kameraden zu liegen und wieder ein anderer wurde auf den Lkw geschubst, wobei er sich das Knie schmerzhaft anstieß. Während der langsamen Fahrt zur etwa zwei Kilometer entfernten Sandgrube war einer der Angreifer - bei einer Fahrt auch der Angeklagte S. - auf dem Lkw dabei, um für Ruhe zu sorgen und zu verhindern , dass die Rekruten miteinander redeten. Kam ein Rekrut einer Anweisung nicht nach, so erhielt er einen leichten Schlag - zumeist auf den Helm. Dies war - mit Ausnahme der Schläge, die der Zeuge L. bezog - nicht schmerzhaft. Jedoch bekam ein Rekrut während der Fahrt aufgrund der beengten Platzverhältnisse einen schmerzhaften Krampf in den Beinen.
20
e) Nach etwa fünf bis zehn Minuten Fahrt an der Sandgrube angekommen , wurden die Rekruten einzeln von der Ladefläche geholt, wobei darauf geachtet wurde, dass sie sich nicht verletzten. Fünf Rekruten fielen beim „Abladen“ allerdings auf den Sandboden. Der Ausbilder fuhr mit dem Pritschenwagen zurück zum Überfallort, um auf die nächste Gruppe zu warten.
21
Die Rekruten mussten sich in einem von dem früheren Mitangeklagten He. und den ihm zur Unterstützung zugeteilten drei Hilfsausbildern mit Stacheldraht abgetrennten Bereich zunächst hinknien. Einige wurden angewiesen, sich mit ihrem Kopf an eine steile Sandwand anzulehnen. Es begann dann das vom früheren Mitangeklagten He. geleitete „Verhör“. Dabei befragte er die Rekruten zuerst ganz allgemein in gebrochenem Englisch. Die Reaktionen waren unterschiedlich. Die Rekruten waren auf eine solche Übung nicht vorbereitet worden, so dass sie nicht wussten, wie sie sich richtig zu verhalten hatten. Die schweigenden Rekruten und diejenigen, die unpassende Antworten gaben, unterzog der frühere Mitangeklagte He. unterschiedlichen „Behandlungen“, die er sich ausgedacht hatte.
22
So mussten sich einige Rekruten - mit nach wie vor auf dem Rücken gefesselten Händen - in einer Entfernung von etwa einem Meter einem Kameraden gegenüber hinknien. Beiden wurde dann der Oberkörper so weit nach vorne gezogen, bis sie sich mit ihren Helmen gegenseitig stützten. Dies führte dazu , dass beide in den Sand fielen, sobald einer von ihnen die Position nicht mehr halten konnte. Teilweise mussten sich die gefesselten Rekruten an einen Baum stellen und sich mit dem behelmten Kopf daran anlehnen. Ihnen wurden die Füße ebenfalls so weit zurückgezogen, bis sie ihre Stellung nur mit Mühe halten konnten. Wäre ein Rekrut abgerutscht, wäre er ohne die Möglichkeit des Abfangens umgefallen. Andere Rekruten wurden von den Kabelbindern befreit und mussten mit verbundenen Augen Liegestütze oder Kniebeugen machen. Den Zeugen B. fasste der frühere Mitangeklagte He. dabei am Kragen und drückte ihn nach unten, wodurch die Ausführung der Liegestütze erheblich erschwert wurde und der Zeuge mit dem Kopf auf den Sandboden aufschlug. Wieder andere mussten allein oder zu zweit mit verbundenen Augen einen Baumstamm vor dem Körper oder über dem Kopf halten.
23
Für den Fall, dass Rekruten Aufgaben nicht erfüllten oder Fragen des früheren Mitangeklagten He. nicht beantworteten, gab es simulierte Erschießungen dergestalt, dass zunächst die Erschießung des Rekruten oder eines Kameraden angedroht und schließlich ein Feuerstoß aus dem Maschinengewehr abgegeben wurde.
24
Aus einer mitgebrachten Kübelspritze wurden zahlreiche Rekruten mit Wasser bespritzt. Dem Zeugen L. wurde, während er von oben herab nass gespritzt wurde, gesagt, es werde auf ihn und seine Gruppe uriniert. Einigen Rekruten wurde Sand unter die Kleidung geworfen und wieder andere wurden mit beidem - Sand und Wasser - „traktiert“. Da der nasse Sand an der Kleidung haftete und auf der Haut rieb, führte dies bei zwei Rekruten dazu, dass sie sich beim anschließenden Marsch in die Kaserne die Oberschenkel wund liefen beziehungsweise sich ihre bereits vorhandenen wunden Stellen verschlimmerten.
25
Einem anderen Teil der Rekruten pumpten der frühere Mitangeklagte He. und ein Hilfsausbilder mit der Kübelspritze Wasser auch in den Mund, wobei ein anderer den Rekruten festhielt. Der Zeuge L. wurde im Laufe seiner Befragung auf den Rücken gelegt, was die Schmerzen in seinen Schultern verschlimmerte; dabei wurde er festgehalten. Zusätzlich wurde sein Mund gewaltsam geöffnet, indem der frühere Mitangeklagte He. oder in dessen Beisein ein Hilfsausbilder mit der Hand Druck auf den Unterkiefer ausübte. In den geöffneten Mund wurde sodann mehrmals Wasser hineingepumpt, so dass der Zeuge L. keine Luft mehr bekam. Schließlich wurde ihm der Reißverschluss seiner Hose geöffnet, der Schlauch hineingesteckt und Wasser in die Hose gepumpt. Der frühere Mitangeklagte He. verhöhnte ihn anschließend als „Bettnässer“. Als der Zeuge L. daraufhin seinerseits He. beleidigte, bekam er, nachdem er gefragt worden war, ob er sterben wolle, einen metallischen Gegenstand an den Kopf gehalten und hörte einen Maschinengewehrverschluss einrasten. Dadurch geriet er in Panik, weil er dachte, ein echtes Maschinengewehr werde ihm an den Kopf gehalten, und er wusste, welche Verletzungen auch Platzpatronen in solchen Waffen verursachen können, wenn sie in unmittelbarer Nähe eines Menschen abgefeuert werden. Es fielen sodann tatsächlich auch mehrere Schüsse, wobei sich das Maschinengewehr aber in einiger Entfernung befand.
26
Der Zeuge Fä. musste sich während seines Verhörs mit auf dem Rücken gefesselten Händen und verbundenen Augen mit dem Kopf an einen Baum anlehnen. Die Ausbilder zogen ihm die Beine so weit zurück, bis es für ihn anstrengend wurde, die Position zu halten. Dann wurde auch ihm mit der Kübelspritze Wasser in die Hose gepumpt, während er weiter befragt wurde. Als der Zeuge Fä. eine „patzige“ Antwort gab, wurde er auf den Rücken gelegt und es wurde ihm Wasser in die Nase gepumpt. Anschließend hielt ihm der frühere Mitangeklagte He. die Nase zu und drückte ihm den Mund auf, während ihm ein Hilfsausbilder Wasser hinein pumpte. Dabei verschluckte sich Fä. . Diese Vernehmung des Zeugen Fä. wurde vom Mitangeklagten D. , der sich zu diesem Zeitpunkt - ebenso wie der Mitangeklagte H. - in der Sandgrube aufhielt, fotografiert.

27
Auch weiteren Rekruten wurde, während sie mit auf dem Rücken gefesselten Händen und verbundenen Augen auf dem Boden knieten oder lagen, Wasser in den Mund gepumpt. Teilweise wurde ihnen dabei der Mund gewaltsam geöffnet oder die Nase zugehalten, damit sie den Mund öffneten. Einige Rekruten konnten dadurch nicht mehr richtig atmen. Einem dieser Rekruten wurde zudem ebenfalls Wasser in die Hose gepumpt.
28
f) Das „Verhör“ einer Gruppe dauerte zwischen 20 und 30 Minuten. Danach wurden die Rekruten, soweit noch nicht geschehen, von Kabelbindern und Augenbinden befreit. Der Zeuge L. konnte, weil seine Schultern aufgrund der Fesselung derart stark schmerzten, nicht allein aufstehen, sondern musste von zwei Hilfsausbildern unterstützt werden. Im Anschluss an die Übung fand eine Nachbesprechung statt.
29
Die Kammer sah sich nicht in der Lage festzustellen, ob der Angeklagte S. wusste, was der frühere Mitangeklagte He. und die diesem zugewiesenen Hilfsausbilder in der Sandgrube im Einzelnen taten.
30
5. Anfang des dritten Quartals 2004 begannen etwa 150 Rekruten ihre Allgemeine Grundausbildung in der Freiherr-vom-Stein-Kaserne in Coesfeld, die auf drei Ausbildungszüge verteilt wurden. Zugführer waren unter anderem die beiden Mitangeklagten D. und H. . Nach deren Planung sollten auch in diesem Quartal wieder Geiselnahmeübungen stattfinden - dieses Mal jedoch für jeden Zug gesondert.
31
a) Zunächst sollte der dritte, vom Mitangeklagten H. geführte Zug die Übung absolvieren (Fall B.II.1 der Urteilsgründe).

32
aa) An einem nicht mehr genau feststellbaren Tag vor dem 24. August 2004 fand deshalb wiederum eine von den Mitangeklagten D. und H. anberaumte Ausbilderbesprechung statt, an der auch die Angeklagten K. und J. teilnahmen. Dabei wurde der grobe Ablauf der Geiselnahmeübung für den dritten Zug erörtert. Die beiden Zugführer D. und H. beabsichtigten, die Rekruten nach der dienstplanmäßigen Schießübung des dritten Zuges am 24. August 2004, die sich bis in den späten Abend hinziehen sollte, wieder auf einen zuvor nicht angekündigten nächtlichen Orientierungsmarsch zu schicken. Gegen dessen Ende sollten sie überfallen, entwaffnet und gefesselt und anschließend mit einem Pritschenwagen zum „Verhör“ gebracht werden, das dieses Mal im Keller des Kasernenblocks 6, in dem der dritte Zug untergebracht war, stattfinden sollte. Vorgesehen war weiterhin, einen Raum mit Sportmatten auszulegen, in den zunächst alle Rekruten verbracht werden sollten. Von dort sollten die Rekruten dann einzeln in einen anderen Raum zum „Verhör“ gebracht und wieder mit einer Kübelspritze nass gemacht werden. Anschließend sollten alle Soldaten in einem weiteren Raum gesammelt werden. Damit sie währenddessen nicht frören, sollten sie mit bereitgelegten Decken zugedeckt werden, bevor sie schließlich freigelassen würden.
33
Trotz dieser Feststellungen vermochte das Landgericht aber nicht festzustellen , ob der Angeklagte K. , der für das „Verhör“ im Keller eingeteilt war, und der Angeklagte J. , der neben weiteren Ausbildern für den Zugriff vorgesehen war, jeweils damit rechneten, dass die Rekruten während des „Verhörs“ längere Zeit mit gefesselten Händen und mit verbundenen Augen auf dem Boden würden knien müssen. Dies gilt ebenso für den Umstand, dass die vorbereitete Kübelspritze dazu Verwendung finden könnte, die Rekruten mit Was- ser zu durchnässen und ihnen damit gewaltsam Wasser in den Mund zu pumpen. Außerdem sah sich die Kammer auch nicht in der Lage aufzuklären, ob bei dieser Ausbilderbesprechung noch weitere Einzelheiten der Geiselnahmeübung erörtert wurden. Allerdings wurde nach den Feststellungen zu der Station „Verhör“ zumindest gesagt, die dafür eingeteilten Ausbilder sollten sich „an den Sachen aus der Sandgrube orientieren“.
34
Auch hier enthielten weder der für die Rekruten einsehbare, noch der vom Kompaniechef, dem Mitangeklagten Sc. , unterzeichnete und an das Bataillon gesandte Dienstplan Informationen über die geplante Geiselnahme mit Verhör.
35
Nach dieser Ausbilderbesprechung sprachen sich die für das „Verhör“ eingeteilten Ausbilder - darunter auch der Angeklagte K. - ab, wie der Kellerraum für die geplante Befragung der Rekruten herzurichten sei.
36
bb) Nachdem die Rekruten des dritten Zuges am 24. August 2004 die dienstplanmäßige Schießübung absolviert hatten, kehrten sie gegen Mitternacht in die Kaserne zurück. Von dem Mitangeklagten H. wurde ihnen mitgeteilt , im Raum Coesfeld habe es terroristische Anschläge gegeben und die Bahnstrecke müsse gesichert werden. Die geplante Geiselnahme erwähnte er nicht. Allerdings erklärte er den Rekruten, dass sie die Übung jederzeit durch Nennung des Wortes „Tiffy“ beenden könnten. Auch einige Rekruten des dritten Quartals verstanden dieses Wort als Synonym für „Weichei“; für die meisten hatte es hingegen keine spezielle Bedeutung. Die Rekruten wurden auf vier Gruppen aufgeteilt und marschierten zeitlich versetzt, begleitet von ihrem jeweiligen Gruppenführer, los.
37
cc) Währenddessen bereitete sich das „Überfallkommando“, das dieses Mal aus zehn und zwölf Ausbildern bestand, wie bereits bei der Übung im Juni 2004 auf den Zugriff vor. Vor Ort wurden die daran Beteiligten - unter anderem der Angeklagte J. - von den Zugführern D. , dem die Leitung dieser Station oblag, und H. eingewiesen. Die Rekruten sollten nach dem Überfall , der so verlaufen sollte wie bereits im Juni 2004, wiederum entwaffnet und gefesselt werden. Außerdem sollte ihnen jeweils ein Wäschebeutel oder Stiefelsack über den Kopf gezogen werden. Beim Anlegen der Kabelbinder sollte darauf geachtet werden, dass sie nicht in die Haut schnitten.
38
In den frühen Morgenstunden des 25. August 2004 waren die Rekruten, nach einem etwa 20 Kilometer langen Marsch auf dem Rückweg zur Kaserne. Als sie an den Überfallort gelangten, verwirrten die Ausbilder die Rekruten durch den lauten Knall eines gezündeten Bodensprengsimulators und kamen laut schreiend aus ihrer Deckung. Auch hier waren die Rekruten aufgrund des langen Marsches und nach fast 24 Stunden Dienst zu erschöpft und auch zu überrascht, um noch größeren Widerstand zu leisten. Nach einem Schusswechsel leisteten die Rekruten der Aufforderung, die Waffe abzulegen und sich hinzulegen, Folge. Einige Rekruten wurden von den Ausbildern zu Boden gedrückt oder gerissen. Als sich der Zeuge P. verteidigen wollte, rammte ihm einer der Ausbilder die Schulterstütze eines Gewehres in den Rücken.
39
Nachdem die Rekruten entwaffnet worden waren, wurden ihnen die Hände mit Kabelbindern auf den Rücken gefesselt. Bei acht Rekruten saßen sie jedoch so eng, dass diese Druckspuren auf der Haut davontrugen. Drei Soldaten erlitten durch die Fesselung Schürfwunden und bei dem Zeugen P. , dem zusätzlich - ebenso wie dem Zeugen M. - auch die Füße gefesselt worden waren, schnitten die Kabelbinder in die Haut ein, so dass anschließend Abdrü- cke auf der Haut zu sehen waren. Allen Rekruten wurde zudem ein Wäschebeutel beziehungsweise Stiefelsack über den Kopf gezogen, oder ihnen wurden die Augen mit einem Dreiecktuch verbunden. Zugleich wurden die Rekruten befragt. Dabei erhielt einer, weil er eine Frage nicht beantwortete, von einem der Ausbilder einen Schlag gegen seinen Helm, einem anderen wurden leichte Tritte versetzt, und neben dem Kopf des Zeugen La. wurde eine Pistole durchgeladen und ihm an die Schläfe gehalten.
40
dd) Anschließend wurden die Rekruten auf die Ladefläche eines herangefahrenen Pritschenwagens gesetzt und hinein geschoben. Die Zeugen P. und M. , die an Händen und Füßen gefesselt waren, wurden zum Fahrzeug getragen und auf die Ladefläche gelegt. Auf der folgenden Fahrt zur Kaserne fuhr zumindest einer der Ausbilder auf der Ladefläche mit, um die Rekruten zu befragen und um für Ruhe zu sorgen. Als der Zeuge P. , der mit seinem Bauch auf dem Knie eines Kameraden lag und deshalb schlecht Luft bekam, versuchte, sich aufzurichten, wurde er von einem der Ausbilder niedergedrückt und geschlagen, wodurch er Schmerzen erlitt. Ein anderer Rekrut wurde mit der Schulterstütze eines Gewehrs angestoßen, was „nicht übertrieben weh tat, aber auch nicht angenehm“ war. Wieder einem anderen wurde, als er eine Frage falsch beantwortet hatte, der Mündungsfeuerdämpfer eines Gewehres in seine Oberschenkelregion gedrückt, was Schmerzen verursachte.
41
ee) Im Keller des Kasernenblocks 6 hatten sich zwischenzeitlich die für das Verhör eingeteilten Ausbilder - darunter auch der Angeklagte K. - eingefunden und warteten auf die Ankunft der ersten Gruppe. Als diese um 6.30 Uhr immer noch nicht in der Kaserne war, meldete sich der Angeklagte K. , der ab 7.00 Uhr den zweiten Zug unterrichten sollte, ab und ging auf seine Stube.

42
ff) Nach kurzer Fahrt in der Kaserne angekommen, fuhr der Pritschenwagen mit den Rekruten rückwärts an eine auf dem Boden ausgelegte, etwa 30 bis 40 cm dicke Hochsprungmatte heran. Zum „Abladen“ wurden die Rekruten bis an die Ladekante des Fahrzeugs gezogen und wurden dann entweder zum Springen aufgefordert oder hinunter gestoßen. Dadurch sollte bei den Rekruten, die nichts sehen konnten, Angst erzeugt werden.
43
Sodann wurden die Rekruten in den Keller des Kasernenblocks 6 gebracht. Dabei wurden sie wegen ihrer verbundenen Augen in der Regel von einem Ausbilder begleitet. Der Zeuge Lan. , dessen Schnürsenkel möglicherweise zusammengebunden waren, fiel dabei auf der Kellertreppe hin und stieß sich das Knie, was ihm wehtat. Zudem ließ ihn der Ausbilder, der ihn in den Keller führte, gegen eine Wand laufen.
44
gg) Die Rekruten sollten sich zunächst in einem Waschraum hinknien und wurden weiterhin auf Englisch befragt. Wenn sie keine Antworten gaben, wurden sie verschiedenen Behandlungen unterzogen. Teilweise wurde ihnen Wasser mit der Kübelspritze oder mit einem Eimer auf die Kleidung gespritzt, so dass diese durchnässt war.
45
Dann wurden die Rekruten nacheinander in den als „Verhörraum“ vorgesehenen Partyraum gebracht und weiter „verhört“. Als der Zeuge P. als einziger noch im Waschraum war und versuchte die Tür zuzuschlagen, um sich zu befreien, stieß ihn ein Ausbilder in eine Ecke, wo er mit dem Kopf gegen die Wand prallte. Anschließend wurde der Zeuge P. in dem „Verhörraum“ auf einen Stuhl gesetzt und weiter befragt. Als er nach wie vor nicht antwortete, wurde er mit einem harten, länglichen Gegenstand fest auf Arme, Beine und Rü- cken geschlagen. Dies bereitete ihm Schmerzen. Nachfolgend wurde er in einem anderen Raum weiterhin befragt, während seine Kleidung mit Wasser durchnässt wurde. Schließlich wurde er in den Kellerflur hinausgebracht, wo er sich hinknien musste. Dort blies ihm einer der Ausbilder Rauch unter das Dreiecktuch und es wurde ihm ein heißer Gegenstand an seinen Nacken gedrückt. Auch einem weiteren Rekruten wurde, als er im Kellerflur knien musste und befragt wurde, Rauch ins Gesicht geblasen.
46
Dem Zeugen La. wurde während der Befragung mit einer Lampe ins Gesicht gestrahlt. Danach musste er sich in einem anderen Raum hinknien und mit dem Kopf auf einem Waschbecken abstützen. Nachdem er in dieser Stellung einige Zeit ausgeharrt hatte, wurde seine Feldbluse aufgeknöpft und er wurde mit Wasser übergossen, während er weiter befragt wurde. Der Zeuge Bä. musste sich hinknien und seinen Kopf an eine Wand anlehnen. In dieser Haltung wurde er dann befragt. Gab er keine Antworten, bekam er einen Schlag auf den Helm. Zwei andere Rekruten wurden herum und gegen die gepolsterten Wände geschubst, wodurch einer stolperte und sich schmerzhaft das Knie stieß.
47
Sechs Rekruten - darunter auch der Zeuge Lan. - wurde wiederum mit der Kübelspritze Wasser in den Mund gepumpt. Teilweise wurde ihnen dabei die Nase zugehalten, so dass sie zeitweise keine Luft mehr bekamen. Der Zeuge Lan. , dem bei diesem Geschehen Wasser auch in die Nase gelaufen war und dem daher das Atmen schwer fiel, musste anschließend aufstehen und allein die deutsche Nationalhymne singen. Danach wurde er auf dem Kellerflur weiter befragt. Da er nach wie vor keine Antworten gab, wurde sein Oberkörper nach vorne gebeugt. In dieser Haltung wurde er mehrmals - jedes Mal, wenn er nicht antwortete - mit seinem behelmten Kopf gegen die Kellerwand gestoßen.
Er erlitt dadurch zwar keine Schmerzen, empfand es jedoch als „unangenehm“. Weil der Zeuge Lan. die ihm gestellten Fragen immer noch nicht beantwortete , sagte einer der Ausbilder, dass man jetzt „Ernst“ mache. Dem Zeugen Lan. wurde daraufhin der Helm abgenommen und er wurde nochmals mit dem Kopf gegen die Wand geschubst. Entgegen seinen Befürchtungen prallte der Zeuge jedoch lediglich gegen ein Stück Schaumstoff, das einer der Ausbilder zum Abfangen des Stoßes an die Wand gehalten hatte.
48
Einem anderen Rekruten wurde während seiner Befragung eine „wirklich nicht gut“ riechende Creme unter die Nase gerieben, während wieder anderen der Mund gewaltsam geöffnet wurde und ihnen sodann Ketchup und/oder Senf beziehungsweise Soßenreste eingeflößt wurden.
49
hh) Nach etwa 30 bis 45 Minuten war die Übung für eine Gruppe beendet. Die Rekruten wurden in der Regel von den Kabelbindern befreit und konnten auf ihre Stube gehen. Bei dem Zeugen P. saßen die Kabelbinder allerdings so eng, dass sie zunächst nicht gelöst werden konnten und erst von einem Kameraden mit einem Messer durchtrennt werden mussten.
50
Auch die übrigen Gruppen des dritten Zuges wurden im Laufe der Nacht überfallen, gefangen genommen und in dem Keller „verhört“. Zu einem späteren Zeitpunkt erklärte der Mitangeklagte H. den Rekruten des dritten Zuges, wie sie sich bei einer Geiselnahme richtig zu verhalten hätten.
51
b) Für den zweiten Zug fand in diesem Quartal die Geiselnahmeübung in der Nacht vom 31. August auf den 1. September 2004 statt (Fall B.II.2 der Urteilsgründe

).


52
aa) Auf einer zuvor stattfindenden Ausbilderbesprechung, deren Leitung dem früheren Mitangeklagten Z. oblag, der stellvertretender Zugführer dieses Zuges war, wurde das Vorgehen zumindest wieder in groben Zügen erörtert. Die Rekruten sollten im Anschluss an die für den 31. August 2004 vorgesehene Schießübung, die sich bis in den späten Abend ziehen sollte, erneut auf einen zuvor nicht angekündigten nächtlichen Orientierungsmarsch geschickt werden, bei dem sie kurz vor Ende überfallen, gefangen genommen und mit einem Fahrzeug zum „Verhör“ gebracht werden sollten, das auch dieses Mal im Keller des Kasernenblocks 6 stattfinden sollte. Der frühere Mitangeklagte Z. teilte bei dieser Besprechung für den „Zugriff“ neben anderen die Angeklagten S. und K. ein. Für das „Verhör“ sah er neben einigen Hilfsausbildern den Angeklagten J. vor (ihn betreffend ist das Geschehen nach Ansicht des Landgerichts nicht Gegenstand der gegen ihn erhobenen Anklage).
53
Das Landgericht sah sich erneut nicht in der Lage aufzuklären, ob bei dieser Ausbilderbesprechung noch weitere Einzelheiten der Geiselnahmeübung erörtert wurden.
54
Auch hier enthielten weder der für die Rekruten einsehbare, noch der vom Kompaniechef, dem Mitangeklagten Sc. , unterzeichnete und an das Bataillon gesandte Dienstplan Informationen über die geplante Geiselnahme mit Verhör.
55
bb) Die Rekruten des zweiten Zuges wurden am 31. August 2004 - wie auch in den vorangegangenen Fällen - im Anschluss an ihre Schießübung auf den nächtlichen Orientierungsmarsch geschickt. Der frühere Mitangeklagte Z. wies sie in die Lage ein. Auch er erklärte den Rekruten, sie könnten die Übung durch Nennung des Wortes „Tiffy“ jederzeit beenden. „Möglicherweise“ äußerte er dabei ironisch, dieses Wort sei als Codewort international anerkannt und stehe auch in der Genfer Konvention. Jedenfalls einer der Rekruten ging deshalb davon aus, dass das Wort zwar benutzt werden könne, dies aber nur auf Kosten des Stolzes oder der Ehre der Rekruten. Die bevorstehende Geiselnahme erwähnte der frühere Mitangeklagte Z. nicht. Einige Rekruten hatten zwischenzeitlich aber von der vorangegangenen Geiselnahmeübung des dritten Zuges erfahren und ahnten, dass ihnen Gleiches widerfahren könnte.
56
cc) Die Rekruten des zweiten Zuges wurden auf „vermutlich“ drei Gruppen aufgeteilt und marschierten zeitlich versetzt begleitet von ihrem jeweiligen Gruppenführer los. Wie bei den Übungen vorher kamen die Rekruten nach einem etwa 20 Kilometer langen, mehrstündigen Marsch, dieses Mal allerdings noch im Dunkeln, am Überfallort an. Die Ausbilder verwirrten die Rekruten durch das Zünden eines Bodensprengsimulators und von Gefechtsfeldbeleuchtung , die zudem auch blendete. Sie kamen aus ihrer Deckung und forderten die Rekruten auf, ihre Waffen ab und sich auf den Boden zu legen. Nach einem Schusswechsel wurden diejenigen Rekruten, die dieser Aufforderung nicht freiwillig Folge leisteten, mit körperlicher Gewalt zu Boden gedrückt oder geworfen. Einem Rekruten wurde zudem mehrfach mit einem Pistolengriff auf den Hinterkopf geschlagen, weil er sich der Festnahme widersetzte und fliehen wollte.
57
Den Rekruten wurden wiederum die Hände mit Kabelbindern auf den Rücken gefesselt. Bei drei Soldaten saßen sie so eng, dass sie Schmerzen bereiteten. Drei andere Rekruten trugen durch diese Fesselung Druckspuren auf der Haut und ein weiterer darüber hinaus Hautabschürfungen davon. Allen Rekruten wurde zudem ein Wäschebeutel oder Stiefelsack über den Kopf gezogen , und sie mussten sich hinknien. In dieser Situation wurden die Rekruten befragt , wobei einem von ihnen eine Pistole an den Kopf gehalten wurde. Ein an- derer wurde zu der Äußerung „I am a donkeyfucker“ aufgefordert. Auch dem Zeugen Be. wurde, während er bei seiner Befragung mit auf dem Rücken gefesselten Händen und einem über den Kopf gezogenen Wäschebeutel auf dem Boden kniete, eine - wie ihm bewusst war - ungeladene Pistole an den Kopf gehalten. Als er sich wegen eines schmerzhaften Krampfes in seinen Beinen hinlegte , bekam er von einem der Ausbilder einen Tritt in den Rücken und musste sich wieder hinknien.
58
Dem Zeugen De. war es gelungen, sich aus den Kabelbindern zu befreien und den Wäschesack vom Kopf abzustreifen. Als er jedoch in den Wald hineinlief, wurde er sogleich von mehreren Ausbildern verfolgt, die ihn einholten und zu Boden warfen. Dadurch war der Zeuge De. „nervlich offenbar überfordert“. Er bekam plötzlich Angst und begann am ganzen Körper zu zittern. Daraufhin brach der Mitangeklagte D. für diesen Zeugen die Übung ab, beruhigte ihn und ließ ihn zurück zur Kaserne bringen.
59
Der Zeuge Hi. hatte, nachdem seine Hände gefesselt worden waren und ihm ein Stiefelbeutel über den Kopf gezogen worden war, mit einem metallischen Gegenstand einen Schlag auf seinen Kopf und zudem einen Tritt in den Rücken bekommen, wodurch er kurz Zeit schlecht Luft bekam. Deshalb sagte er das Wort „Tiffy“, woraufhin er freigelassen wurde. Auch fünf weitere Rekruten hatten das Codewort genannt, so dass die Übung für sie ebenfalls beendet war und sie zurück zur Kaserne gebracht wurden. Darunter befanden sich auch der Zeuge Kü. , der bei dem Überfall auf sein Knie gestürzt war und Schmerzen hatte, sowie der Zeuge Dz. . Dieser hatte, als er mit gefesselten Händen und einem Stiefelbeutel über dem Kopf auf dem Waldboden lag, vom Angeklagte K. einen leichten Tritt mit dem Stiefel gegen den Kopf bekom- men. Dies war aber nicht absichtlich geschehen; vielmehr war der Angeklagte K. , als er einen Schritt rückwärts machte, versehentlich dagegen gestoßen.
60
dd) Die übrigen Rekruten wurden anschließend auf die Ladefläche eines Pritschenwagens gelegt und zur Kaserne gebracht. Beim „Abladen“ der Rekruten war dieses Mal keine Matte ausgelegt. Die Rekruten wurden bis zur Ladekante des Fahrzeugs gezogen und sodann von einem Ausbilder auf die Füße gestellt. Anschließend wurden sie in den Keller des Kasernenblocks 6 und zwar zunächst wieder in den Waschraum gebracht, wo sie sich hinknien oder setzen sollten. Teilweise wurden die Rekruten weiter befragt. Manchen wurde die Kleidung mit Wasser aus der Kübelspritze oder aus einem Eimer durchnässt - so auch dem Zeugen Bl. . Zudem wurde über diesem ein gefüllter Wassereimer ausgeleert und ihm anschließend der Eimer über den Kopf gestülpt, während er weiter befragt wurde. Dadurch fühlte sich der Zeuge Bl. gedemütigt. Außerdem füllte sich durch das Wasser auch der über den Kopf gezogene und zugebundene Wäschebeutel immer weiter mit Wasser, so dass der Zeuge Bl. zeitweise Probleme mit dem Atmen hatte. Anderen Rekruten wurden die Feldbluse aufgeknöpft und hochgeschoben sowie die Feldhose bis zu den Knöcheln hinuntergezogen, bevor ihnen Wasser auf die entblößten Körperteile gegossen wurde. Ein Rekrut wurde unter eine Dusche gelegt und nass gemacht. Durch den nassen Wäschesack bekam er zunehmend schlechter Luft, so dass er das Codewort nannte und die Übung für ihn abgebrochen wurde.
61
ee) Die Rekruten wurden dann entweder in den „Verhörraum“ gebracht und dort weiter verhört oder in einen Duschraum, wo der Angeklagte J. - was nach Ansicht des Landgerichts allerdings ihn betreffend nicht Gegenstand der Anklage ist - eine Personenüberprüfung durchführte. Dazu öffnete dieser Feldbluse und -hose sowie Stiefel der Rekruten und überprüfte sie auf Waffen.
Ihm war zuvor von einem nicht näher bekannten Ausbilder gesagt worden, er solle die Rekruten „ruhig etwas ruppiger anfassen“, um ihnen zu zeigen, dass das kein Spaß sei.
62
Teilweise wurde den Rekruten während der Befragung ein Gegenstand oder eine Pistole an den Kopf gehalten. Vier Rekruten wurden der Bauch oder die Beine entblößt und mit einer Bürste darüber gestrichen. Dies empfand der Zeuge Po. als „kratzig“. Dem Zeugen Bl. , dessen Haut anschließend gerötet war, tat es weh.
63
Der Zeuge Po. wurde schließlich in den Verhörraum gebracht, wo sich zu diesem Zeitpunkt ein Prüfgerät für Feldfernsprecher befand. Dieses Gerät besitzt eine Kurbel, durch deren Drehung Induktionsstrom erzeugt werden kann. Damit wurden dem Zeugen Po. mehrere Stromstöße an Bauch und Beinen versetzt, indem zwei angeschlossene Drähte an den entsprechenden Körperstellen angelegt wurden. Die Stromstöße dauerten jeweils einige Sekunden und verursachten ein Kribbeln, das deutlich unter der Schmerzgrenze blieb, da die Ausbilder, als sie merkten, dass es wehzutun begann, mit dem Kurbeln aufhörten. Auch ein weiterer Rekrut erhielt, nachdem er mit Wasser aus Eimern durchnässt worden war, während seines „Verhörs“ mit dem FeldfernsprecherPrüfgerät mindestens vier Stromschläge am Bauch und über seine Erkennungsmarke. Dies empfand er als unangenehm, aber nicht als schmerzhaft.
64
Der Zeuge Be. wurde während seiner Befragung zunächst auf den Boden gelegt und mit Wasser aus einer Kübelspritze durchnässt. Da er nicht die verlangten Antworten gab, wurde er sodann in einem anderen Raum auf einen Stuhl gesetzt, dann die beiden Kabelenden des FeldfernsprecherPrüfgerätes an einen seiner Handballen gehalten und die Kurbel des Gerätes betätigt. Währenddessen wurden ihm immer die gleichen Fragen gestellt, die er aber weiterhin nicht beantwortete. Daraufhin wurde die Kurbel schneller gedreht , so dass stärkerer Strom floss. Der Zeuge ballte seine Hand zur Faust, um die Stromschläge besser aushalten zu können. Auch einem weiteren Rekruten wurden, während er „verhört“ wurde, Stromstöße versetzt, indem die Kabelenden des Prüfgeräts an seine nassen und unbekleideten Oberschenkel angelegt wurden. Die Stromstöße waren anfangs relativ milde, wurden aber immer stärker, bis sie die Schmerzgrenze des Soldaten erreicht hatten und dieser zu zittern begann.
65
ff) Die Kammer vermochte nicht festzustellen, ob die Angeklagten S. und K. , die in dieser Nacht an der Station „Zugriff“ im Gelände tätig waren , mitbekommen oder im nachhinein davon erfahren haben, auf welche Art und Weise die Rekruten bei dieser Übung im Keller „verhört“ wurden.
66
c) In der Nacht vom 1. auf den 2. September 2004 fand schließlich für den ersten Zug in diesem Quartal die Geiselnahmeübung statt (Fall B.II.3 der Urteilsgründe).
67
aa) Zuvor fand erneut eine Ausbilderbesprechung statt, die der Mitangeklagte D. als Zugführer leitete. Dieser teilte bei dieser Besprechung unter anderem für den „Überfall“ neben anderen die Angeklagten S. und J. ein. Die Vorgehensweise bei der Geiselnahmeübung sollte unverändert bleiben. Lediglich das Verhör sollte dieses Mal im Keller des Kasernengebäudes 14 stattfinden, in dem der erste Zug untergebracht war.
68
Wiederum sah sich das Landgericht nicht in der Lage aufzuklären, ob bei dieser Ausbilderbesprechung noch weitere Einzelheiten der Geiselnahmeübung erörtert wurden. Jedenfalls sollte im Keller aber wieder eine Kübelspritze bereitstehen , um damit die Rekruten nass zu machen.
69
Auch dieses Mal enthielten weder der für die Rekruten einsehbare, noch der vom Kompaniechef, dem Mitangeklagten Sc. , unterzeichnete und an das Bataillon gesandte Dienstplan Informationen über die geplante Geiselnahme mit Verhör.
70
bb) Der Angeklagte J. bereitete den Keller für das Verhör vor. Er stellte einen Tisch und Stühle auf, legte Matratzen auf dem Boden aus, auf die die Soldaten gelegt werden konnten, und ließ zumindest eine Kübelspritze mit Wasser füllen und bereitstellen.
71
cc) Die Rekruten des ersten Zuges absolvierten am 1. September 2004 - wie auch in den vorangegangenen Fällen - zunächst ihre Schießübung. Nachdem diese gegen Mitternacht beendet war, teilte ihnen der Mitangeklagte D. mit, dass sie nun auf einen Nachtorientierungsmarsch gehen müssten, wobei das Gebiet zur Verhinderung terroristischer Angriffe bestreift werden müsse. Zudem erklärte er ihnen, sie könnten die Übung durch Nennung des Wortes „Tiffy“ jederzeit beenden. Auch einige Rekruten dieses Zuges verstanden dieses Wort als Synonym für „Weichei“ oder „Schwächling“; für die meisten hatte es hingegen keine besondere Bedeutung.
72
Im Unterschied zu den vorhergehenden Übungen vermuteten dieses Mal zahlreiche Rekruten, dass sie überfallen werden würden, da sie teilweise Gerüchte oder Andeutungen aus den anderen Zügen über eine bevorstehende Geiselnahme gehört hatten. Der genaue Ablauf war jedoch keinem der Rekruten bekannt.

73
dd) Auch die Rekruten des ersten Zuges machten sich in Gruppen ohne ihren planmäßigen Gruppenführer im Abstand von etwa 20 Minuten auf den Weg. Die Rolle des Gruppenführers musste jeweils ein Rekrut übernehmen. Der Angeklagte K. fuhr gemeinsam mit den Mitangeklagten D. und H. los, um den Marsch zu überwachen. Gegen 23.30 Uhr informierten sie den Mitangeklagten Ja. telefonisch darüber, dass sich die erste Gruppe nun auf dem Weg zum Überfallort befinde und sich die Ausbilder bereit machen sollten. Der Angeklagte K. erwartete gemeinsam mit den Mitangeklagten D. und H. die für den „Überfall“ eingeteilten Ausbilder bereits am Ort des geplanten Zugriffs.
74
Die erste Gruppe kam nach einem etwa 20 Kilometer langen Marsch gegen 3.00 Uhr am Überfallort an. Anders als in den vorangegangenen Fällen gingen die Rekruten dieses Mal äußerst behutsam vor, weil sie den Überfall erahnten. Dennoch entdeckten sie die Angreifer nicht. Trotz ihrer Vorahnung waren die Rekruten infolge des Zündens eines Bodensprengsimulators und von Gefechtsfeldbeleuchtung durch die Ausbilder im ersten Moment überrascht. Sie gingen aber in Deckung und versuchten, sich zu verteidigen. Nach einem kurzen Schusswechsel hatten ihnen die Ausbilder aber die Gewehre abgenommen. Die Rekruten sollten sich sodann hinknien oder auf den Boden legen. Einige von ihnen leisteten aber auch nach der Entwaffnung Widerstand und ließen sich nicht mehr so bereitwillig fesseln wie in den vorangegangenen Fällen.
75
Einem der Rekruten, der bereits auf dem Boden lag, wurde von einem Ausbilder, „vermutlich“ von dem Angeklagten S. , ein Stiefelbeutel über den Kopf gezogen. Ihm wurden die Arme mit leichter körperlicher Gewalt nach hinten gedreht und mit den dafür vorgesehenen Kabelbindern auf dem Rücken gefesselt. Ein anderer war bei dem Überfall von einem der Ausbilder umgerissen worden und wurde ebenfalls mit Kabelbindern gefesselt. Nachdem er die zu feste Fesselung reklamiert hatte, bekam er lockerer sitzende Kabelbinder angelegt. Zwischen einem Rekruten und einem Ausbilder gab es ein „kleines Handgemenge“ , während dessen der Rekrut schließlich zu Boden gebracht, entwaffnet und gefesselt wurde. Während seiner anschließenden Befragung wurde sein Gesicht teilweise in seinen am Boden liegenden Helm gedrückt. Außerdem verspürte er Druck an seinem Hinterkopf, der vermutlich von einem auf seinen Hinterkopf gestellten Stiefel herrührte. Der Zeuge Bla. wurde bei dem Überfall zu Boden gerissen, mit Kabelbindern gefesselt, und ihm wurde ein Stiefelbeutel über den Kopf gezogen. Damit er sich nicht weiter rührte, stellte einer der Ausbilder einen Stiefel in seinen Nacken; einen anderen Schuh spürte der Zeuge Bla. an seinen Genitalien. Bewegte sich der Zeuge, wurde dort gedrückt, um ihn ruhig zu stellen.
76
Nachdem es einem weiteren Rekruten zweimal gelungen war, die angelegten Kabelbinder zu zerreißen, setzte sich der Mitangeklagte Bu. auf den am Boden liegenden Soldaten, damit dieser sich nicht mehr so stark wehrte. Dennoch versuchte dieser weiterhin, sich zu befreien und streifte sich mehrfach den übergezogenen Stiefelbeutel ab. Daraufhin beendete der Mitangeklagte D. die Übung für ihn. Auch der Zeuge O. wehrte sich, so dass auch er eine Rangelei mit einem Ausbilder hatte. Er wurde schließlich von zwei Angreifern überwältigt und mit Kabelbindern gefesselt; anschließend wurde ihm eine Kapuze über den Kopf gezogen und zugebunden. Auch er zerriss mehrere Kabelbinder , bekam aber jeweils neue angelegt, bis er sich letztlich nicht mehr wehrte.
77
Wieder ein anderer Soldat wurde bei dem Überfall von einem Ausbilder zu Boden gedrückt. Die Kabelbinder, mit denen ihm die Hände auf dem Rücken gefesselt worden waren, saßen sehr stramm, so dass er Rötungen und Hautabschürfungen davontrug. Einer der Ausbilder forderte ihn auf, das Codewort „Tiffy“ zu sagen. Dem kam der Zeuge schließlich nach, woraufhin die Übung für ihn beendet wurde. Auch ein weiterer Rekrut wurde gepackt, zu Boden gedrückt und mit zu stramm sitzenden Kabelbindern gefesselt. Als er dies monierte, wurde ebenfalls verlangt, er solle zunächst das Codewort nennen. Als er dieses sagte, wurde er sofort befreit. Allerdings konnten die sehr eng sitzenden Kabelbinder nicht ohne weiteres durchtrennt werden. Bei dem Versuch sie mit einem Messer zu durchschneiden, erlitt dieser Rekrut leichte Schnittverletzungen an den Handgelenken. Schließlich beendete auch noch ein weiterer Rekrut durch Nennung des Codeworts die Übung, nachdem er Platzangst bekommen hatte, als ihm der Stiefelbeutel über den Kopf gezogen worden war.
78
Dem Zeugen Ly. wurde während seiner Befragung eine Pistole an den Kopf gehalten. Weil er nicht antwortete, wurde er zudem mit Tritten in den Rücken „malträtiert“, wodurch er zwei bis drei Tage anhaltende Rückenschmerzen erlitt. Dem Zeugen Deu. wurde bei seiner Entwaffnung ebenfalls eine Pistole vor den Kopf gehalten. Er wurde zu Boden gestoßen und, als er gefesselt auf dem Boden lag, trat jemand auf seinen Rücken. Zudem stellte ein Ausbilder für kurze Zeit einen Fuß auf seinen Helm, so dass er sich nicht mehr bewegen konnte. Der Zeuge Ku. wurde während der Befragung dadurch am Boden fixiert, dass sich einer der Ausbilder auf seinen Rücken stellte, was schmerzhaft war. Außerdem erhielt er von Zeit zu Zeit einen leichten Tritt gegen seine Stiefel. Auch zwei weitere Rekruten bekamen jeweils einen - in einem Fall kräftigen, schmerzhaften - Tritt in den Rücken, dies sogar, obwohl einer der beiden der Aufforderung, sich auf den Boden zu legen und die Waffe abzugeben, sofort nachgekommen war.
79
ee) Nachdem alle Rekruten der ersten - und später auch der zweiten - Gruppe überwältigt, entwaffnet und gefesselt worden waren, wurden sie - zum Teil „recht unsanft“ - auf die Ladefläche eines Pritschenwagens „verladen“ und zur Kaserne gebracht. Während der Fahrt befand sich zumindest ein Ausbilder auf der Ladefläche, um für Ruhe zu sorgen. Dennoch verhielten sich die Rekruten nicht ruhig, sondern versuchten teilweise, die Stiefelbeutel von ihren Köpfen abzustreifen. Deshalb gab einer der Ausbilder einen Schuss ab.
80
Der Mitangeklagte D. hatte zwischenzeitlich den Mitangeklagten Ja. darüber unterrichtet, dass die erste Gruppe bald in der Kaserne eintreffen werde. Der Mitangeklagte Ja. traf sich daraufhin mit den weiteren drei für das „Verhör“ eingeteilten Ausbildern im Keller und besprach mit ihnen das weitere Vorgehen. Die Rekruten sollten nach dem „Abladen“ zunächst in den Waschraum des Kellers gebracht und dort auf den ausgelegten Matten abgelegt werden. Dann sollten sie einzeln zum „Verhör“ gebracht werden, dessen Leitung dem Mitangeklagten Ja. und dem früheren Mitangeklagten Z. oblag. Zuletzt sollten die Rekruten in einem Materialraum auf Matten abgelegt werden, um dort zu warten, bis das „Verhör“ für sämtliche aus der Gruppe beendet ist.
81
Die vier Ausbilder sahen, dass in dem Verhörraum ein FeldfernsprecherPrüfgerät war. Spätestens jetzt vereinbarten sie, dieses bei dem „Verhör“ einzusetzen und den Rekruten damit Stromschläge zu verabreichen.
82
ff) Während der Fahrt zur Kaserne gelang es drei Rekruten, sich von den Kabelbindern zu befreien. Als das Fahrzeug an der Kaserne angekommen war, wurden zwei von ihnen von den dort bereitstehenden Ausbildern erneut gefesselt - dieses Mal jedoch mit einer deutlich stabileren und reißfesten Kunststoffschnur beziehungsweise mit Klebeband. Der Zeuge O. , der ebenfalls erneut gefesselt werden sollte, setzte sich derart heftig zur Wehr, dass er schließlich aus der Übung genommen wurde.
83
Die übrigen Rekruten wurden von der Ladekante des Fahrzeugs gezogen , wobei sie auf den Füßen aufkamen. Anschließend wurden sie in den Waschraum des Kellers des Kasernenblocks geführt oder an beiden Armen hinunter getragen. Dort mussten sie sich hinknien oder auf die ausgelegten Schaumstoffmatten legen und wurden weiter befragt.
84
gg) Der Zeuge W. hatte wegen der zu fest sitzenden Kabelbinder das Gefühl in seinen Händen verloren und beschwerte sich darüber, so dass er davon befreit und nunmehr mit Klebeband gefesselt wurde. Danach wurde er in einen anderen Raum gebracht, wo ihm mit einer Kübelspritze Wasser in den Kragen gepumpt wurde, wodurch seine Kleidung vollständig durchnässt wurde. Sodann wurden seine Feldbluse geöffnet und seine Feldhose bis zu den Knöcheln hinuntergezogen, bevor ihm mit dem Feldfernsprecher-Prüfgerät zwei bis drei Stromstöße am Bauch versetzt wurden. Anschließend wurde er in einen weiteren Raum gebracht, wo er auf den Boden gelegt wurde und warten sollte. Nach einiger Zeit nannte der Zeuge W. , der die ihm zuteil gewordene Behandlung als entwürdigend empfand, der fror und keine Lust mehr hatte, auf dem Boden zu liegen, das Codewort.
85
Der Zeuge Ly. wurde zunächst mit Wasser aus einer Kübelspritze durchnässt, so dass er auskühlte und fror. Anschließend wurde er auf den Rücken gelegt, und es wurde ihm mit dem Schlauch der Kübelspritze Wasser in den Mund gepumpt, bis er zu husten begann. In dem „Verhörraum“ wurde er weiter befragt und erhielt Stromschläge in seinen Nacken, die ihm wehtaten, so dass auch er schließlich das Codewort zur Beendigung der Übung nannte. Auch die Kleidung eines weiteren Rekruten wurde durchnässt und ihm wurde Wasser in den Mund gepumpt. Zudem erhielt dieser Schläge mit der Faust und der flachen Hand sowie Tritte auf seinen Nacken und den Hinterkopf, so dass auch er letztlich die Übung beendete.
86
Der Zeuge Ku. wurde ebenfalls mit Wasser aus der Kübelspritze durchnässt und auch ihm wurde Wasser in den Mund gepumpt. Außerdem stellte sich einer der Ausbilder, nachdem der Zeuge auf den Bauch gelegt worden war und während er befragt wurde, auf seinen Rücken, was Schmerzen verursachte. Desgleichen wurde der Zeuge Deu. durchnässt und ihm Wasser in den gewaltsam aufgedrückten Mund gepumpt, so dass er sich verschluckte. Zusätzlich wurde ihm ein Gegenstand, der sich wie eine Pistole anfühlte, in den Mund gesteckt, ihm wurde seine Hose heruntergezogen und er wurde anschließend mit kaltem Wasser übergossen. Weil er die Fragen nach wie vor nicht beantwortete, wurden ihm zudem zwei bis drei Stromstöße am Arm versetzt , die zunehmend stärker wurden und unangenehm waren. Schließlich wurde er nochmals mit einem Schwall kalten Wassers übergossen. Im Anschluss musste er sich auf den Kellerflur neben zwei Kameraden knien und mit seinem Kopf an die Wand anlehnen. Der Mitangeklagte Ja. versetzte ihnen - und auch weiteren - Rekruten nun mehrfach der Reihe nach Schläge auf den Kopf, woraufhin die Rekruten nacheinander jeweils eine Silbe des Wortes „Budweiser“ nennen mussten.

87
Letzteres musste auch der Zeuge Wa. über sich ergehen lassen, nachdem er zuvor während der Befragung ebenfalls mit Wasser bespritzt worden war. Außerdem war ihm befohlen worden, ein Lied mit dem Titel „Crazy monkey“ zu singen, während ihm mit der Kübelspritze Wasser in den Mund gepumpt worden war, so dass er sich verschlucke. Anschließend wurden auch ihm mehrere Stromstöße versetzt - vier bis fünf am Oberschenkel und weitere vier bis fünf an seinem entblößten Bauch, wodurch sich sein Bein und seine Bauchmuskulatur verkrampften. Als der Zeuge die Fragen weiterhin nicht beantwortete , sondern die Ausbilder als „asozial“ bezeichnete und nach ihnen trat, wurde ihm seine Feldhose bis zu den Knöcheln hinuntergezogen, um seine Bewegungsfreiheit einzuschränken. Weil seine Boxershorts verrutscht waren, war sein Glied zu sehen. In dieser Situation wurde der Zeuge Wa. fotografiert.
88
Der Zeuge Bla. erlitt Tritte auf seine Beine, so dass er mehrere Tage auf der Krankenstation verbringen musste. Zudem schmerzten und bluteten seine Handgelenke aufgrund der zu streng sitzenden Kabelbinder. Diese wurden ihm zwar schließlich von einem Ausbilder abgenommen, als er sich jedoch gegen eine erneute Fesselung wehrte und erklärte, dass es ja wohl bald reiche, wurde er gepackt, in das Treppenhaus hinaus geschubst und als „Heulsuse“ bezeichnet.
89
hh) Die Kammer vermochte nicht festzustellen, ob die Angeklagten S. und K. wussten, wie das „Verhör“ der Rekruten im Einzelnen ablaufen sollte. Der Angeklagte J. , der am Überfall beteiligt war, rechnete damit, dass die Kleidung der Rekruten während des „Verhörs“ durchnässt wird.
90
ii) Die Übung wurde schließlich von dem Mitangeklagten D. abgebrochen. Bereits nach dem Überfall auf die erste Gruppe des ersten Zuges hatten der Angeklagte K. und die Mitangeklagten D. und H. beratschlagt , ob die Übung wegen des großen Widerstandes der Rekruten nicht abgebrochen werden sollte. Sie entschieden, erst noch abzuwarten und zunächst das „Überfallkommando“ mit zwei Mann zu verstärken. Nachdem aber auch die zweite Gruppe heftigen Widerstand geleistet hatte und nur mit Mühe hatte überwältigt werden können, kamen sie schließlich überein, die folgenden Gruppen nicht mehr zu überfallen und die Übung insgesamt vorzeitig zu beenden.

II.


91
Das Urteil des Landgerichts ist, soweit es den Angeklagten J. betrifft , im Fall B.II.3 der Urteilsgründe aufzuheben und das Verfahren insoweit einzustellen (vgl. dazu BGHSt 46, 130, 135 f.), da diese abgeurteilte Tat in Bezug auf diesen Angeklagten nicht Gegenstand der zugelassenen Anklage ist. Eine diese Tat wirksam einbeziehende Nachtragsanklage (§ 266 StPO) ist nicht erhoben worden. Demnach mangelt es insofern - was von Amts wegen zu prüfen ist - an den Verfahrensvoraussetzungen der Erhebung einer ordnungsgemäßen Anklage und demnach an der ordnungsgemäßen Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung.
92
1. Die Anklageschrift hat die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat sowie Zeit und Ort ihrer Begehung so genau zu bezeichnen, dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs klargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist; sie muss sich von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen desselben Täters unterscheiden lassen (Umgrenzungsfunktion - st. Rspr., vgl.
nur BGHSt 40, 44, 45; BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 24 jew. m.w.N.). Es darf nicht unklar bleiben, über welchen Sachverhalt das Gericht nach dem Willen der Staatsanwaltschaft urteilen soll. Die begangene, konkrete Tat muss vielmehr durch bestimmte Tatumstände so genau gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welche Handlungen dem Angeklagten zur Last gelegt werden. Fehlt es hieran, so ist die Anklage unwirksam (vgl. BGHSt 40, 44, 45; BGH NStZ 1995, 245 jew. m.w.N.). Darüber hinaus hat die Anklage auch die Aufgabe, den Angeklagten und die übrigen Verfahrensbeteiligten über weitere Einzelheiten des Vorwurfs zu unterrichten, um ihnen Gelegenheit zu geben, ihr Prozessverhalten auf den mit der Anklage erhobenen Vorwurf einzustellen. Mängel der Anklage in dieser Hinsicht führen nicht zu ihrer Unwirksamkeit. Insoweit können Fehler auch noch in der Hauptverhandlung durch Hinweise entsprechend § 265 StPO geheilt werden (Informationsfunktion - vgl. BGHSt 40, 44, 45; BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 24 jew. m.w.N.).
93
2. Diesen Anforderungen wird die mit Beschluss des OLG Hamm vom 25. Juli 2006 unter anderem gegen den Angeklagten J. unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage (nachdem das Landgericht mit Beschluss vom 22. Dezember 2005 insoweit die Eröffnung des Hauptverfahrens insgesamt abgelehnt und auch Bedenken im Hinblick auf die Umgrenzungsfunktion der Anklage geäußert hatte) nicht gerecht. Die von der Kammer im Urteil abgeurteilte rechtlich selbständige Tat im Fall B.II.3 der Urteilsgründe ist betreffend den Angeklagten J. weder im Anklagesatz noch im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen hinreichend konkret beschrieben.
94
a) Die Anklageschrift vom 1. Juni 2005 richtete sich insgesamt gegen 18 Angeklagte und legte diesen unterschiedliche Beteiligungen an insgesamt vier rechtlich selbständigen Taten zur Last. Der im Anklagesatz gegen den Ange- klagten J. erhobene Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung und mit entwürdigender Behandlung begangen durch „zwei selbständige Handlungen“ erschöpft sich, bezogen auf diesen Angeklagten , allein in der Darstellung des konkreten Lebenssachverhalts im Fall B.II.1 der Urteilsgründe („zweiter Vorfall“ der Anklage - EA Bd. IX Bl. 1282 f.). Im Fall B.II.3 der Urteilsgründe („vierter Vorfall“ der Anklage - EA Bd. IX Bl. 1283 f.) richtet sich die Anklage indes ausschließlich gegen die (früheren) Mitangeklagten D. , H. , Sc. , Bu. , K. , Mö. , S. , Z. und Ja. . Eine Tatbeteiligung des Angeklagten J. wird insoweit im Anklagesatz nicht geschildert.
95
b) Zwar dürfen bei der Prüfung, ob die Anklage die gebotene Umgrenzung leistet, die Ausführungen im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen zur Ergänzung und Auslegung des Anklagesatzes herangezogen werden (BGHSt 46, 130, 134; BGH NStZ 2001, 656, 657; BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 24; Schneider in KK 6. Aufl. § 200 Rdn. 30; BeckOK-StPO/Ritscher § 200 Rdn. 19 jew. m.w.N.). Voraussetzung hierfür ist jedoch stets, dass sich aus dem Anklagesatz zumindest Grundlagen einer Tatbeteiligung ergeben. Fehlende Angaben können dann aus dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen entnommen werden, wenn sie dort eindeutig benannt sind und daraus deutlich wird, dass sich der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft hierauf erstreckt (vgl. Stuckenberg in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 200 Rdn. 81 m.w.N.).
96
Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Im Anklagesatz wird die Person des Angeklagten J. im Zusammenhang mit dem Fall B.II.3 der Urteilsgründe überhaupt nicht erwähnt. Im wesentlichen Ermittlungsergebnis wird demgegenüber im Rahmen der Wiedergabe der Zeugenaussagen und der Angaben des Angeklagten J. in seiner disziplinarischen Vernehmung nicht nur dessen behauptetes Tätigwerden im Fall B.II.3 der Urteilsgründe geschildert (vgl. EA Bd. IX Bl. 1378, 1383, 1410), sondern darüber hinaus auch im Fall B.II.2 der Urteilsgründe („dritter Vorfall“ der Anklage - vgl. EA Bd. IX Bl. 1404 - der nach Ansicht der Kammer nicht Gegenstand der gegen den Angeklagten J. erhobenen Anklage ist, siehe dazu unten Ziffer V.). Zudem sind die diesbezüglichen Ausführungen auch widersprüchlich: Während die Einlassung des Angeklagten J. dahingehend dargestellt wird, dass er seine Beteiligung an den Übungen im Fall B.II.1 („zweiter Vorfall“ der Anklage) und B.II.2 der Urteilsgründe („dritter Vorfall“ der Anklage - vgl. EA Bd. IX Bl. 1404) eingeräumt habe (EA Bd. IX Bl. 1403 f.), lautet die abschließende Feststellung: „Der Angeklagte J. war, wie sich aus seiner Einlassung ergibt, im zweiten Fall als Mitglied des 'Überfallkommandos' und im vierten Fall bei den 'Vernehmungen' im Keller beteiligt“.
97
Demnach ergibt sich auch aus einer Gesamtschau des Anklagesatzes und des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen nicht hinreichend konkret, ob die Staatsanwaltschaft gegen den Angeklagten J. über die Tat im Fall B.II.1 der Urteilsgründe hinaus nun eine Beteiligung im Fall B.II.2 oder im Fall B.II.3 der Urteilsgründe zur Anklage bringen wollte. Damit ist die zweite dem Angeklagten J. vorgeworfene Tat nicht hinreichend beschrieben. Die Umgrenzungs- und Informationsfunktion der Anklage ist nicht gewahrt. Dieser Mangel der Anklage konnte auch nicht im Eröffnungsbeschluss des OLG Hamm vom 25. Juli 2006 behoben werden.
98
c) Das Verfahren ist daher insoweit einzustellen. Dies steht einer neuen, den verfahrensrechtlichen Anforderungen gerecht werdenden Anklage jedoch nicht entgegen.

III.


99
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft, mit denen sie eine Verurteilung der Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung und entwürdigender Behandlung - betreffend die Angeklagten S. und K. in drei Fällen und in Bezug auf den Angeklagten J. in einem Fall - erstrebt, haben Erfolg.
100
1. Schon der Ausgangspunkt der Kammer, wonach sie bei der rechtlichen Würdigung des Verhaltens der Angeklagten in den Fällen, in denen diese „nur am Überfall“ (vgl. beispielsweise UA S. 147, 150) auf die Rekruten teilgenommen haben (betreffend den Angeklagten S. in den Fällen B.I., B.II.2 und 3 der Urteilsgründe, den Angeklagten K. im Fall B.II.2 der Urteilsgründe und den Angeklagten J. im Fall B.II.1 der Urteilsgründe), ausschließlich auf deren Tätigwerden beim Zugriff abgestellt hat, die nachfolgenden Geschehnisse bei den jeweiligen „Verhören“ indes unberücksichtigt gelassen und sich insofern mit der Frage der mittäterschaftlichen Zurechnung nicht auseinandergesetzt hat, ist rechtsfehlerhaft.
101
a) Ob ein Tatbeteiligter eine Tat als Mittäter begeht, ist nach den gesamten Umständen des konkreten Falles in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte hierfür sind der Grad des eigenen Tatinteresses, der Umfang der Tatbeteiligung sowie die Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille hierzu, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (st. Rspr. - vgl. nur BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 13 m.w.N.). Zwar haftet jeder Mittäter für das Handeln der anderen nur im Rahmen seines - zumindest bedingten - Vorsatzes; er ist also für den Erfolg nur insoweit verantwortlich, als sein Wille reicht, so dass ihm ein Exzess der anderen nicht zur Last fällt. Jedoch werden Handlungen eines anderen Tatbeteiligten, mit denen nach den Umständen des Einzelfalles gerechnet werden muss, vom Willen des Mittäters umfasst, auch wenn er diese sich nicht besonders vorgestellt hat. Ebenso ist er für jede Ausführungsart einer von ihm gebilligten Straftat verantwortlich , wenn ihm die Handlungsweise seiner Tatgenossen gleichgültig ist (vgl. BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 32 m.w.N.). Dabei kann bei einem mehraktigen Geschehen Täter auch derjenige sein, welcher nicht sämtliche Akte selbst erfüllt. Es genügt, wenn er auf der Grundlage gemeinsamen Wollens einen die Tatbestandsverwirklichung fördernden Beitrag leistet (vgl. BGHR StGB § 25 Abs. 2 Willensübereinstimmung 3). Diese Maßstäbe hat die Strafkammer ihrer rechtlichen Beurteilung nicht zu Grunde gelegt.
102
b) Nach den Feststellungen des Landgerichts wussten die Angeklagten aufgrund der jeweils vorangegangenen Ausbilderbesprechungen, dass die unter anderem von ihnen ausgeführten Überfälle der Ermöglichung der nachfolgenden Befragungen dienten, die im Fall B.I. der Urteilsgründe „etwa so wie in Hammelburg … ablaufen“ (UA S. 23) und sich im Fall B.II.1 der Urteilsgründe „an den Sachen in der Sandgrube orientieren“ (UA S. 45) sollten. Die Urteilsausführungen belegen zudem, dass sämtlichen Beteiligten - insbesondere aufgrund ihrer eigenen Ausbildung bei der Bundeswehr, ihrer Tätigkeit als Ausbilder sowie den damit einhergehenden Lehrgängen und wie das Fehlen einer Nachfrage zeigt - bewusst war, dass die Verhöre - wie auch bei den Geiselnahmeübungen im Rahmen der „Einsatzbezogenen Zusatzausbildung“ - jeweils unter psychischen und physischen Belastungen erfolgen sollten, um bei den Rekruten Stress zu erzeugen. Auch wenn - was das Landgericht jeweils nicht zu klären vermochte - weitere Einzelheiten dazu von den Beteiligten nicht erörtert wurden und die Angeklagten nach den Feststellungen nicht wussten, was bei den Befragungen letztlich jeweils im Einzelnen geschah, liegt es aufgrund der sonstigen Feststellungen nahe, dass es zu erheblichen Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit der Rekruten (dazu näher unten Ziffer III.4.b) kommen würde. Jedenfalls legen die gemeinsamen Erörterungen der Geiselnahmeübungen ohne weitere Nachfrage zu den Einzelheiten im Zusammenhang mit der nachfolgenden aktiven Beteiligung der Angeklagten an den jeweiligen Übungen nahe, dass ihnen die genaue Vorgehensweise bei den „Verhören“ zumindest gleichgültig war.
103
c) Betreffend den Angeklagten K. kommt hinzu, dass er im Fall B.II.1 der Urteilsgründe und damit vor Fall B.II.2 der Urteilsgründe, bei dem er dem „Überfallkommando“ zugeteilt war (und auch vor Fall B.II.3 der Urteilsgründe, in dem er Marschüberwachung fuhr, dazu unten Ziffer III.2.c), für das „Verhör“ der Rekruten im Keller des Kasernengebäudes eingeteilt war. Bei der dieser Geiselnahmeübung vorausgehenden Ausbilderbesprechung wurde darauf hingewiesen , dass sich die für das „Verhör“ eingeteilten Ausbilder - und damit auch der Angeklagte K. - „an den Sachen aus der Sandgrube orientieren“ sollten. Im Anschluss sprach sich der Angeklagte K. mit den weiteren für das „Verhör“ eingeteilten Ausbildern ab, wie der Kellerraum für die geplante Befragung der Rekruten herzurichten sei. Der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe legt darüber hinaus nahe, dass als Ergebnis dieser Unterredung der Angeklagte K. den „Verhörraum“ - allein oder gemeinsam mit den weiteren Ausbildern - entsprechend vorbereitet hat oder dies hat machen lassen. Hätte der Angeklagte K. zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis davon gehabt, was bei der vorhergehenden Befragung in der Sandgrube geschehen ist, so hätte dies alles nicht erfolgen können. Erst recht hatte er dann aber bei den nachfolgenden Geiselnahmeübungen in den Fällen B.II.2 und 3 der Urteilsgründe eine Vorstellung über den Ablauf der „Verhöre“.
104
d) Absprachegemäß haben die Angeklagten, soweit sie an den „Überfällen“ beteiligt waren, die „Verhöre“ und auch die damit einhergehenden erheblichen Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit der Rekruten dadurch ermöglicht, dass sie diese überfallen, entwaffnet und gefesselt haben, bevor diese zur Sandgrube oder in den Keller der Kasernengebäude verbracht wurden. Dabei hatten sie bezüglich der konkreten Ausgestaltung dieses Teils der Übung freie Hand. Die Beiträge des „Überfallkommandos“ und derjenigen, die das „Verhör“ durchführten, ergänzten sich - dem Tatplan entsprechend - arbeitsteilig. Die Feststellungen drängen zu der Annahme, dass die Angeklagten bei ihrem eigenen Handeln bei den Überfällen - insbesondere aufgrund der im Rahmen der Ausbildung ansonsten unüblichen nicht nur kurzzeitigen Fesselung mit Kabelbindern und der teils gewaltsamen Überwältigungen - die erhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens der Rekruten zumindest billigend in Kauf genommen haben. Die in diesem Zusammenhang festgestellte körperliche Misshandlung der Rekruten wäre dann von ihrem Willen umfasst. Die Vorgehensweise bei den Überfällen und die damit zusammenhängenden Beeinträchtigungen für die Rekruten unterschieden sich nicht wesentlich von denjenigen der Geschehnisse bei den späteren Befragungen. Allein die Steigerung der Intensität einzelner Handlungen bei den Verhören - wie etwa das Pumpen von Wasser in Mund und Nase bis zur Atemnot oder dem Versetzen von Stromstößen - bewirkt nicht, dass die Geiselnahmeübung insgesamt eine andere, von diesen Angeklagten nicht mehr vorgestellte Qualität der Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit gehabt hätte. Aufgetretene Exzesse sind lediglich im Rahmen des Schuldumfangs der einzelnen Beteiligten zu berücksichtigen.
105
e) Der vom Landgericht vorgenommenen Differenzierung zwischen dem Überfall einerseits und dem Verhör andererseits kann daher nicht gefolgt werden. Das Überwältigen der Rekruten ermöglichte erst das anschließende „Verhör“ und bildete einen unverzichtbaren Bestandteil der insgesamt unzulässigen (dazu unten Ziffer III.4.c) Geiselnahmeübung. Die an den Übungen beteiligten Angeklagten müssen sich deshalb die Geschehnisse der gesamten jeweiligen Übung zurechnen lassen, soweit sie von dem gemeinsam gefassten Tatplan gedeckt sind und es sich nicht um einzelne Exzesse handelte. Jedenfalls die von den Rekruten in der Sandgrube beziehungsweise im Kasernenkeller auszuführenden Zwangshaltungen, Kniebeugen, Liegestütze, das Haltenmüssen von Baumstämmen und die Scheinerschießungen stimmen nach den Urteilsfeststellungen nach Art und Intensität der Beeinträchtigung mit den Vorgehensweisen bei den zulässigen Geiselnahmeübungen, die unter anderem in Hammelburg durchgeführt werden, überein, so dass diese vom gemeinsamen Tatplan gedeckt und somit den Angeklagten zurechenbar waren.
106
2. Unzutreffend ist auch die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte K. sei in den Fällen B.II.1 und 3 der Urteilsgründe mangels eines eigenen Tatbeitrages freizusprechen. Denn der Angeklagte K. leistete auch in diesen beiden Fällen jeweils einen notwendigen, wesentlichen Beitrag zur Durchführung der Geiselnahmeübung entsprechend dem zuvor gefassten gemeinsamen Tatplan der Beteiligten.
107
a) Mittäterschaft kann selbst durch die bloße Beteiligung an Vorbereitungshandlungen begründet werden, sofern der Betreffende auf der Grundlage gemeinsamen Wollens einen die Tatbestandsverwirklichung fördernden Beitrag leistet, welcher sich nach seiner Willensrichtung nicht als bloße Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der Tätigkeit aller darstellt, und der dement- sprechend die Handlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt (BGHSt 16, 12,14; 28, 346, 347 f.; BGH, Urt. vom 30. Oktober 1986 - 4 StR 499/86 [insofern nicht abgedruckt in BGHSt 34, 209]). Ob das der Fall ist, ist in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder der Wille zur Tatherrschaft sein, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich vom Willen des Betreffenden abhängen (BGH, Urt. vom 30. Oktober 1986 - 4 StR 499/86 [insofern nicht abgedruckt in BGHSt 34, 209] m.w.N.).
108
b) Der Angeklagte K. , der bei der Ausbilderbesprechung für die Geiselnahmeübung am 24./25. August 2004 (Fall B.II.1 der Urteilsgründe) für die Station „Verhör“ eingeteilt worden war, sprach sich mit den übrigen für das „Verhör“ vorgesehenen Ausbildern ab und legte mit diesen - ohne hierfür nähere Vorgaben bekommen zu haben - eigenständig fest, wie der Raum für diese Station auszustatten war. Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe liegt zudem nahe, dass als Ergebnis dieser Unterredung der Angeklagte K. den „Verhörraum“ - allein oder gemeinsam mit den weiteren Ausbildern - auch entsprechend vorbereitet hat oder dies hat machen lassen. Diese absprachegemäße Beteiligung an den Vorbereitungshandlungen begründet vorliegend eine Mittäterschaft des Angeklagten K. , da er auf der Grundlage des gemeinsamen Tatplans einen die Tatbestandsverwirklichung fördernden Beitrag leistete, der sich als Teil der Tätigkeit aller darstellt, und der dementsprechend die Handlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt. Unerheblich ist dabei, dass der Angeklagte K. letztlich an der Erbringung weiterer, ursprünglich vorgesehener Tatbeiträge im Rahmen der Durchführung der Befragungen aus zeitlichen Gründen nicht mehr mitwirken konnte.

109
c) Bei der Geiselnahmeübung am 1./2. September 2004 (Fall B.II.3 der Urteilsgründe) ging das Tätigwerden des Angeklagten K. weit über bloße Vorbereitungshandlungen hinaus. Vielmehr kontrollierte, überwachte und bestimmte der Angeklagte K. den organisatorischen Ablauf dieser Übung in wesentlichen Teilen mit, indem er nach den Feststellungen gemeinsam mit den Mitangeklagten D. und H. Marschüberwachung fuhr und zusammen mit diesen entschied, ob die Übung wegen des großen Widerstandes der Rekruten abgebrochen werden sollte. Zweifelsohne liegt darin ein eigener Tatbeitrag des Angeklagten K. zu der gemeinsam geplanten Geiselnahmeübung, der die Annahme von Mittäterschaft rechtfertigt.
110
3. Nicht frei von Rechtsfehlern sind auch die Ausführungen der Kammer, wonach sie im Hinblick auf das Geschehen bei den Überfällen jeweils „nach dem Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten nur von dem ausgehen“ könne, „was den Rekruten im Regelfall passiert“ sei „und woran der [jeweilige] Angeklagte … auch nach seiner eigenen Einlassung beteiligt“ war (UA S. 144). Insofern sind die Grundsätze der mittäterschaftlichen Begehungsweise ebenfalls unzulänglich angewendet.
111
Wie bereits dargelegt, haftet jeder Mittäter im Rahmen seines - zumindest bedingten - Vorsatzes für das Handeln der anderen. Dabei werden Handlungen eines anderen Tatbeteiligten, mit denen nach den Umständen des Einzelfalles gerechnet werden muss, vom Willen des Mittäters umfasst, auch wenn er sie sich nicht besonders vorgestellt hat. So verhält es sich hier. Vereinbarungsgemäß „überfielen“, entwaffneten und fesselten die Angeklagten, soweit sie dem „Überfallkommando“ zugeteilt waren (Angeklagter S. : Fälle B.I., B.II.2 und 3 der Urteilsgründe; Angeklagter K. : Fall B.II.2 der Urteilsgründe; Angeklagter J. : Fall B.II.1 der Urteilsgründe) jeweils mit weiteren Ausbildern die unvorbereiteten Rekruten. Bei einem - schon aufgrund der nicht vorhersehbaren Reaktionen der Soldaten - derart unkontrollierbaren Geschehen liegt es gleichfalls nahe, dass die Beteiligten - entgegen der Auffassung des Landgerichts, das insofern von „Ausnahmen“ ausgeht (UA S. 144) - selbstverständlich damit rechneten, dass sich Soldaten zur Wehr setzen könnten und es daher zu tätlichen, auch schmerzhaften, Auseinandersetzungen - wie etwa mit den Zeugen L. , Be. , De. , Kü. , Dz. , Bla. und Ku. - kommen könnte. In diesem Fall hätten die Angeklagten nach den Feststellungen insofern jedenfalls mit bedingtem Vorsatz gehandelt und müssten sich damit diese Geschehnisse zurechnen lassen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass sie selbst an der konkreten Auseinandersetzung mit den einzelnen betroffenen Rekruten nicht beteiligt waren.
112
4. Die Beteiligung der Angeklagten an den jeweiligen Geiselnahmeübungen stellt entgegen der Ansicht des Landgerichts eine körperliche Misshandlung im Sinne des § 30 Abs. 1 WStG, § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB dar. Der Begriff der Misshandlung des § 30 WStG setzt ebenso wie der Tatbestand des § 223 Abs. 1 StGB eine üble und unangemessene Einwirkung auf den Körper des Verletzten voraus, die dessen körperliches Wohlbefinden mehr als bloß unerheblich beeinträchtigt (BGHSt 14, 269, 271; Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 - 1 StR 158/08 - Rdn. 36 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]). Die Beurteilung der Erheblichkeit bestimmt sich dabei nach der Sicht eines objektiven Betrachters - nicht nach dem subjektiven Empfinden des Betroffenen - und richtet sich insbesondere nach Dauer und Intensität der störenden Beeinträchtigung (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 - 1 StR 158/08 - Rdn. 36 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]; vgl. auch Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 223 Rdn. 4a m.w.N.).

113
a) An diesen Maßstäben gemessen stellen - wovon auch die Kammer im Ansatz zutreffend ausgeht (vgl. UA S. 144) - bereits das Überfallen und Überwältigen der Rekruten, ihre Fesselung mit Kabelbindern - erst recht die Fesselung an Händen und Füßen - über einen erheblichen Zeitraum, das Verbinden ihrer Augen, ihr „Verladen“ auf die Ladefläche eines Lkws und der anschließende unzulässige Transport, bei dem die nach wie vor gefesselten Soldaten mit verbundenen Augen teils übereinander lagen und in keiner Weise während der Fahrt gesichert waren, jeweils für sich genommen eine erhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens dar. Erst Recht gilt dies für die hierbei teilweise verabreichten Schläge. Dies gilt umso mehr, als die Rekruten nach rund 24 Stunden Dienst und dem mehrstündigen Orientierungsmarsch mit ihrem gesamten Marschgepäck und ihrem Gewehr zumeist ohnehin erschöpft waren.
114
b) Zudem beeinträchtigte die Geiselnahmeübung in ihrer Gesamtheit - sprich die Überfälle und die sich anschließenden „Verhöre“ der Rekruten -, worauf maßgeblich abzustellen ist (vgl. oben Ziffer III.1.e), das körperliche Wohlbefinden der Rekruten mehr als bloß unerheblich. Die Rekruten wurden dieser „Behandlung“ über einen Zeitraum von jedenfalls 30 Minuten unterzogen. Zum Teil waren sie während der gesamten Zeit mit den Kabelbindern gefesselt. Teilweise mussten sie zusätzlich über erhebliche Zeiträume in anstrengenden Zwangspositionen (etwa mit weit vorgebeugtem Oberkörper einem Kameraden gegenüber kniend) verharren (vgl. zur körperlichen Misshandlung durch Zwangshaltungen bereits RMG 3, 119, 121) oder kräftezehrende Übungen (Liegestütze, Kniebeugen, Halten von Baumstämmen) absolvieren, obwohl sie - wie dargestellt - aufgrund der vorangegangenen körperlichen Anstrengungen überwiegend am Ende ihrer körperlichen Möglichkeiten waren und damit die auferlegten Aufgaben und die übrige Behandlung als bloße Quälerei empfinden mussten.
115
c) Die Geiselnahmeübung ist auch eine üble und unangemessene Einwirkung auf den Körper der betroffenen Rekruten, da sie offensichtlich den geltenden Dienstvorschriften zuwiderlief und es an einem rechtmäßigen Befehl fehlte.
116
aa) Ob eine üble, unangemessene, sozialwidrige Behandlung gegeben ist, entscheidet sich nach dem Wesen des militärischen Dienstes, der seiner Natur nach hohe körperliche Anforderungen an den Soldaten stellt. Mutet ein Vorgesetzter im Rahmen seiner allgemeinen Befugnisse und zu Zwecken der Ausbildung einem Soldaten besondere Anstrengungen zu und verstößt er dabei nicht offensichtlich gegen gesetzliche Bestimmungen, rechtmäßige Dienstvorschriften und Befehle, so fehlt es an einer Misshandlung (BGHSt 14, 269, 271; Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 - 1 StR 158/08 - Rdn. 40 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]).
117
Nach Art. 1 Abs. 1 GG ist die Würde des Menschen unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Dies gilt auch für die Gewährleistung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Diese Gebote bilden die Grundlage der Wehrverfassung der Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 10 Abs. 4 SG) und bedürfen im militärischen Bereich besonderer Beachtung. Nach der eindeutigen Regelung des § 6 Satz 1 SG hat der Soldat die gleichen staatsbürgerlichen Rechte wie jeder andere Staatsbürger. Gemäß § 6 Satz 2 SG werden die grundrechtlichen Garantien lediglich im Rahmen der Erfordernisse des militärischen Dienstes durch seine gesetzlich begründeten Pflichten beschränkt. Die körperliche Integ- rität der Untergebenen innerhalb der Bundeswehr genießt einen hohen Stellenwert. Es gilt der Grundsatz, dass ein Vorgesetzter seine Untergebenen niemals anfassen darf, außer es steht zur unmittelbaren Durchsetzung eines rechtmäßigen Befehls kein anderes Mittel zur Verfügung (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 - 1 StR 158/08 - Rdn. 41 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]; vgl. auch BVerwG NVwZ-RR 1999, 321, 322 m.w.N.).
118
bb) Vorliegend stellt die Durchführung der Geiselnahmeübungen jeweils einen klaren Verstoß gegen die geltenden Vorschriften der Bundeswehr und die Grundrechte der betroffenen Rekruten dar. Eine praktische Übung „Geiselnahme /Verhalten in Gefangenschaft“ ist und war auch zur Tatzeit nach den geltenden Ausbildungsregeln der Bundeswehr für die dreimonatige Grundausbildung der Rekruten nicht vorgesehen und damit mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage nicht zulässig. Eine derartige Übung kam ausschließlich im Rahmen der „Einsatzbezogenen Zusatzausbildung“ für diejenigen Soldaten in Betracht, die als Soldaten auf Zeit, als freiwillig länger Dienende oder als Berufssoldaten , die ihre Ausbildung bereits abgeschlossen hatten, vor einem Auslandseinsatz standen. Aber selbst diese Spezialübung darf ausschließlich an drei besonderen Bundeswehrstandorten durchgeführt werden. Vorschriftsgemäß hat dem praktischen Teil zudem eine Unterrichtseinheit mit psychologischer Betreuung vorauszugehen. Eine tätliche Konfrontation mit den Soldaten oder gar eine Fesselung ist nicht vorgesehen. Außerdem können die Soldaten die Übung, auf die sie vorbereitet worden sind, durch ein Handzeichen jederzeit beenden.
119
Obgleich unzulässig, wurden vorliegend aber nicht einmal diese Standards für die Durchführung derartiger Spezialübungen beachtet. Eine vorbereitende Unterrichtseinheit fand nicht statt. Die ohnehin zumeist erschöpften Re- kruten wurden nach rund 24-stündigem Dienst und einem kräftezehrenden nächtlichen Orientierungsmarsch außergewöhnlichen, bei solchen Spezialübungen nicht zulässigen zusätzlichen physischen Belastungen (etwa in Form des gewaltsamen Überwältigens mit tätlichen Auseinandersetzungen, der Fesselung oder des ungesicherten Transports auf einem Transporter), aber auch psychischen Belastungen ausgesetzt und damit in ihrem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verletzt. Dies verstieß evident gegen gesetzliche Bestimmungen , Dienstvorschriften und Befehle, § 10 Abs. 4 SG.
120
5. Rechtsfehlerhaft ist aber auch die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten hätten sich in einem den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum gemäß § 16 Abs. 1 StGB befunden, weil sie von der Rechtmäßigkeit der Übung ausgegangen seien. Denn der Irrtum eines Untergebenen in der Bundeswehr, sein Verhalten sei durch gesetzliche Bestimmungen, Dienstvorschriften oder einen rechtmäßigen Befehl gerechtfertigt, unterfällt dem besonderen Schuldausschließungsgrund des § 5 Abs. 1 WStG (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 - 1 StR 158/08 - Rdn. 44 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]).
121
a) § 11 Abs. 2 Satz 1 SG verbietet den Gehorsam gegenüber einem Befehl , wenn der Untergebene dadurch eine Straftat begeht. Ein solcher strafrechtswidriger Befehl ist unverbindlich (vgl. BGHSt 19, 231, 232; Dau in Erbs/Kohlhaas 176. Lfg. § 5 WStG Rdn. 2). Ein Befehl, dem die Verbindlichkeit fehlt, kommt lediglich als Entschuldigungsgrund in Betracht. Der Untergebene, der eine strafrechtswidrige Weisung ausführt, handelt tatbestandsmäßig und rechtswidrig, selbst wenn er an die Rechtmäßigkeit und Verbindlichkeit der Anordnung glaubt (vgl. Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts - AT 5. Aufl. § 46 I.2 m.w.N.). Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 SG und § 5 Abs. 1 WStG trifft einen Untergebenen, der auf Befehl eine rechtswidrige Tat begeht, die den Tat- bestand eines Strafgesetzes verwirklicht, eine Schuld aber nur dann, wenn er erkennt, dass es sich um eine rechtswidrige Tat handelt, oder dies nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 - 1 StR 158/08 - Rdn. 45 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.] m.w.N.).
122
b) Erkennen verlangt hierbei positive Kenntnis, sicheres Wissen (vgl. BGHSt 22, 223, 225 zu § 47 MStGB). Erkennt der Untergebene die Strafrechtswidrigkeit des Befehls nicht, beurteilt er sie unzutreffend oder hat er insoweit Zweifel, so handelt er nur dann schuldhaft, wenn die Strafrechtswidrigkeit nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist. § 17 StGB ist im Rahmen des § 5 WStG angesichts der ausdrücklichen Regelung der militärischen Befehlsverhältnisse nicht anwendbar (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 - 1 StR 158/08 - Rdn. 46 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]; BGHSt 5, 239, 244; 22, 223, 225 [zu § 47 MStGB]).
123
Der Begriff „offensichtlich“ ist objektiv zu verstehen. Er umfasst das, was jedermann ohne weiteres Nachdenken erkennt, was jenseits aller Zweifel liegt (vgl. BGHR WStG § 5 Abs. 1 Schuld 2). Abzustellen ist damit auf die Erkenntnisfähigkeit eines gewissenhaften, pflichtbewussten Durchschnittssoldaten. Beurteilungsgrundlage für diesen sind allerdings die dem Täter subjektiv bekannten Umstände - und zwar nicht nur die allgemeinen Tatumstände, sondern alle für die Beurteilung des Sachverhalts bedeutsamen Umstände - wie etwa die Kenntnis von vorangegangenen Ereignissen, von Befehlen, Belehrungen, Dienstvorschriften und dergleichen (Schölz/Lingens, Wehrstrafgesetz 4. Aufl. § 5 Rdn. 13; Dau in Erbs/Kohlhaas 176. Lfg. § 5 WStG Rdn. 10). Auch wenn einem Untergebenen regelmäßig keine Sachverhaltsprüfungspflicht obliegt (vgl. BGHR WStG § 5 Abs. 1 Schuld 2) und er grundsätzlich zu unverzüglichem Ge- horsam verpflichtet ist, so muss er dennoch Gegenvorstellung erheben oder den Gehorsam verweigern, wenn er aufgrund der ihm bekannten Umstände der Überzeugung ist oder er ohne den berechtigten Vorwurf der Rechtsblindheit die Überzeugung haben müsste, dass der Befehl strafrechtswidrig ist (vgl. Stauf in Nomos - Erläuterungen zum Deutschen Bundesrecht § 5 WStG; BGHSt 19, 231, 233; zum Ganzen bereits Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 - 1 StR 158/08 - Rdn. 47 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]).
124
c) Dies hat das Landgericht nicht in ausreichendem Maße bedacht. Sollte sich das nun zur Entscheidung berufene Tatgericht aufgrund der neu durchzuführenden Beweisaufnahme die Überzeugung davon verschaffen können, dass die Angeklagten - entsprechend der ihnen selbst erteilten Ausbildung - die zum jeweiligen Tatzeitpunkt geltende AnTrA1 und/oder das Schreiben des Heeresführerkommandos vom 26. Februar 2004 beziehungsweise den „Befehl 38/10“ vom 12. April 2004 gekannt oder aufgrund anderer Umstände um die Unzulässigkeit einer Übung „Geiselnahme/Verhalten in Gefangenschaft“ in der „Allgemeinen Grundausbildung“ gewusst haben, wofür die Diskussion über die Frage der Genehmigung durch den Kompaniechef spricht, so sind sie - unabhängig von ihren persönlichen Beiträgen - insgesamt für ihre Beteiligungen an den jeweiligen Übungen strafrechtlich verantwortlich.
125
Im Übrigen legen bereits die bisherigen Feststellungen - insbesondere die Diskussion unter den Ausbildern über eine Änderung der AnTrA1 in Bezug auf eine künftige Zulässigkeit von Geiselnahmeübungen in der Grundausbildung - den Schluss nahe, dass die Strafrechtswidrigkeit der Übung und der diesbezüglichen „Genehmigung“ des Kompaniechefs für die Beteiligten jedenfalls offensichtlich im Sinne des § 5 Abs. 1 WStG war. Dies gilt umso mehr, als Art und Weise der Durchführung der Übung von den bei der „Einsatzbezogenen Zusatzausbildung“ geltenden Standards abwichen, was die Beteiligten aufgrund bis dahin üblichen Rekrutenausbildungen sowie ihrer eigenen Ausbildung wussten. Für diesen Fall hätten die Angeklagten den strafrechtswidrigen, unverbindlichen Befehl nicht ausführen dürfen.
126
6. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung einer etwaigen Fehlvorstellung hält die Beweiswürdigung des Landgerichts hinsichtlich der subjektiven Tatseite sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Zum einen legt die Strafkammer entlastende Einlassungen der Angeklagten, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine Beweise gibt, den Urteilsfeststellungen ohne weiteres als unwiderlegbar zugrunde. Zum anderen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts insofern lückenhaft und widersprüchlich.
127
a) Die Feststellung der Strafkammer, die Angeklagten seien jeweils von einem im Rahmen der militärischen Ausbildung sozial adäquaten Tun und von keiner vorschrifts- oder befehlswidrigen Ausbildung ausgegangen, beruht auf deren Einlassungen, die die Kammer, ohne dass es dafür tatsächliche, objektive Anhaltspunkte gegeben hätte, als unwiderlegt angesehen hat. Da an die Bewertung der Einlassung eines Angeklagten aber die gleichen Anforderungen zu stellen sind wie an die Beurteilung von Beweismitteln, darf der Tatrichter diese seiner Entscheidung nur dann zu Grunde legen, wenn er in seine Überzeugungsbildung auch die Beweisergebnisse einbezogen hat, die gegen die Richtigkeit der Einlassung sprechen können (vgl. BGH NJW 2006, 522, 527 - insofern nicht abgedruckt in BGHSt 50, 331 ff.; Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 - 1 StR 158/08 - Rdn. 51 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]). Dies hat die Kammer nicht getan.
128
b) Sie hat zwar die zu Gunsten der Angeklagten sprechenden Umstände - wie die Anordnung der Übung durch die Zugführer sowie deren Mitteilung über die Genehmigung durch den Kompaniechef, den Mitangeklagten Sc. - berücksichtigt. Belastende Indizien, die jedenfalls in ihrer Gesamtheit Zweifel an einem Irrtum aufkommen lassen und darauf hindeuten, dass den Angeklagten - ebenso wie den übrigen Beteiligten an dieser Übung - der Verstoß gegen die geltenden, ihnen bekannten Ausbildungsvorschriften der Bundeswehr bewusst und ihnen daher die Rechtmäßigkeit ihres Handelns zumindest gleichgültig war, hat sie aber nicht erkennbar in die Beweiswürdigung eingestellt.
129
aa) So setzt sich die Strafkammer nicht ausreichend mit dem nahe liegenden Gesichtspunkt auseinander, dass sämtliche Angeklagte selbst die Ausbildung bei der Bundeswehr durchlaufen haben und sie daher wissen mussten, dass eine praktische Übung „Geiselnahme/Verhalten in Gefangenschaft“ nicht Bestandteil der „Allgemeinen Grundausbildung“ war und es dazu deshalb auch keine Ausbildungsvorschriften für die Grundausbildung von Soldaten gab. Gänzlich unerörtert bleibt die Tatsache, dass die Angeklagten als Ausbilder eine zusätzliche, weitergehende Ausbildung erhalten hatten und ihnen in diesem Zusammenhang die Ausbildungsziele und die Bestandteile der „Allgemeinen Grundausbildung“ von Rekruten bekannt gemacht sein mussten.
130
bb) Das Landgericht geht außerdem nicht auf die sich aufdrängende Frage nach dem Grund für die Mitteilung der beiden Zugführer D. und H. bei der Ausbilderbesprechung über die „Absegnung“ der Übung durch den Kompaniechef ein. Dies könnte dafür sprechen, dass die Rechtmäßigkeit des Vorhabens Gegenstand der Diskussion war; wenn es hierfür eine allgemein gültige Dienstanweisung gegeben hätte, wäre diese Frage kaum aufgetaucht, sondern einfach hierauf verwiesen worden.

131
cc) Unerwähnt lässt die Kammer zudem Folgendes: Nach den Urteilsfeststellungen war es „in der Bundeswehr vorgekommen, dass auch außerhalb (der) drei benannten Ausbildungszentren eine Ausbildung „Geiselnahme /Geiselhaft“ durchgeführt worden war, die nicht der Ausbildung in den Ausbildungszentren der Bundeswehr entsprach und die bei einigen Teilnehmern zu Anzeichen einer Traumatisierung geführt hatte“. Deshalb war in einem entsprechenden Schreiben des Heeresführerkommandos sowie in dem „Befehl 38/10“ auf die Unzulässigkeit derartiger Übungen in der „Allgemeinen Grundausbildung“ und außerhalb der vorgesehenen Ausbildungszentren hingewiesen worden (UA S. 19/20). Angesichts dessen erscheint es auch im Hinblick auf die Gespräche der Ausbilder über eine künftige Änderung der AnTrA1 eher abwegig , dass gerade darüber innerhalb der Kompanie der Angeklagten nicht gesprochen wurde beziehungsweise dies unerwähnt blieb.
132
dd) Letztlich gibt die Kammer auch nicht zu erkennen, worauf sie ihre Auffassung stützt, dass nicht festzustellen war, dass die Angeklagten das Schreiben des Heeresführungskommandos vom 26. Februar 2004 beziehungsweise den „Befehl 38/10“ vom 12. April 2004 kannten. Soweit das Tatgericht lediglich darauf verweist, dass selbst der Mitangeklagte Hauptmann Sc. erklärt habe, dass ihm - obwohl Kompaniechef - beide Schreiben nicht bekannt gewesen seien, genügt dies nicht. Die Kammer hat sich mit der Glaubhaftigkeit dieser Einlassung nicht auseinandergesetzt, obwohl sich die Frage aufdrängen musste, ob dieser Mitangeklagte nicht ein gewisses Eigeninteresse verfolgt. Unberücksichtigt gelassen wird auch die in Behörden und staatlichen Einrichtungen übliche Bekanntmachung derart wichtiger Anweisungen - regelmäßig durch unterschriftliche Bestätigung der einzelnen Empfänger oder Protokollierung der Bekanntgabe unter Mitteilung der hierbei anwesenden Soldaten.
Gerade deshalb erscheint es eher fern liegend und mit einem ordnungsgemäßen Verwaltungsablauf unvereinbar, dass beide Schriftstücke in dieser Ausbildungseinheit praktisch nicht zur Kenntnis gelangt sein sollen.
133
ee) Im Hinblick auf die Geiselnahmeübungen in den Fällen B.II.1 bis 3 der Urteilsgründe findet außerdem keine Erwähnung, dass nach Durchführung der ersten Übung, an der der Angeklagte S. ebenfalls beteiligt war, eine - nicht näher geschilderte - Nachbesprechung stattgefunden hatte und das Geschehen fotografisch dokumentiert worden war. Hier wäre zu erwarten gewesen , dass diejenigen Beteiligten, deren Vorstellung vom Übungsablauf die tatsächliche Durchführung widersprach, Verwunderung oder Ablehnung im Hinblick auf die erfolgte Behandlung der Rekruten äußerten und sich von diesem Geschehen distanzierten. Jedenfalls liegt es aufgrund dieser Nachbesprechung nahe, dass jedenfalls der Angeklagte S. zumindest bei seiner Teilnahme an den weiteren Übungen sehr wohl wusste, was mit den Rekruten im Einzelnen geschehen wird. Dann musste sich ihm auch mindestens aufdrängen, dass sich jedenfalls einzelne Vorgänge (etwa die Behandlung des Zeugen L. ) nicht im Rahmen einer zulässigen Übung zu Ausbildungszwecken bewegten. Nachdem die weiteren Übungen - wie den Angeklagten bekannt war - vergleichbar ablaufen sollten und sich insbesondere das „Verhör“ jeweils an dem vorhergehenden Geschehen orientieren sollte, spricht wenig dafür, dass die Angeklagten - insbesondere gilt dies für den Angeklagten S. - jedenfalls zu diesem Zeitpunkt noch von einer insgesamt zulässigen Übung ausgehen konnten.
134
Dies alles hat das Landgericht erkennbar nicht in seine Beweiswürdigung eingestellt.
135
c) Zudem weist die Beweiswürdigung Widersprüche auf.
136
aa) Das Landgericht führt aus, auch der Umstand, dass eine solche Übung bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht durchgeführt worden sei, habe den Angeklagten keinen Grund für weitere Nachfragen bieten müssen. Denn „seinerzeit … war in den Kreisen der Ausbilder bereits davon die Rede, dass die AnTrA1 den geänderten Verhältnissen … angepasst werden sollte, so dass in der Allgemeinen Grundausbildung geänderte Ausbildungsinhalte zu erwarten“ gewesen seien (UA S. 145). Die Kammer geht damit davon aus, dass die Ausbilder und damit auch die Angeklagten über eine erst in der Zukunft erfolgende Änderung der Ausbildungsregeln diskutiert haben. Dann drängt es sich aber gerade auf, dass die Beteiligten - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die AnTrA1 nach den Urteilsfeststellungen im Intranet der Bundeswehr abrufbar und damit für sie ohne weiteres zugänglich war und zudem bereits entsprechende Schulungen für die Ausbilder stattfanden, an denen die Mitangeklagten D. und H. auch schon teilgenommen hatten - sehr wohl wussten, dass zum jeweiligen Tatzeitpunkt eine Änderung eben gerade noch nicht erfolgt und die praktische Geiselnahmeübung daher nach wie vor nicht zulässig war. Denn wenn einerseits über eine erst zukünftige Änderung der Ausbildungsregeln diskutiert wurde, konnte schwerlich angenommen werden, die damals geltenden Regeln seien bereits außer Kraft gewesen. Wieso demnach eine vermutete - wie auch immer geartete - bevorstehende Veränderung der Rechtslage einen Grund dafür bieten sollte, Nachfragen im Hinblick auf die Zulässigkeit der Übung bereits im Vorfeld zu unterlassen, erschließt sich nicht.
137
bb) Widersprüchlich sind zudem die Feststellungen der Kammer zu Fall B.II.1 der Urteilsgründe, wonach einerseits die Angeklagten K. und J. an der der Geiselnahmeübung vorausgehenden Ausbilderbesprechung teilge- nommen hatten, auf der unter anderem besprochen worden war, dass die Rekruten beim „Verhör“ wieder mit einer Kübelspritze nass gemacht und anschließend , damit sie aufgrund ihrer durchnässten Kleidung nicht frieren, zugedeckt werden sollten. Andererseits „vermochte die Kammer hingegen nicht mit einer für eine Verurteilung … ausreichenden Sicherheit festzustellen“, dass die Angeklagten K. und J. unter anderem damit rechneten, dass die Rekruten jedenfalls wieder mit Wasser aus der Kübelspritze durchnässt werden würden (UA S. 45 f.). Wie die Kammer aufgrund der insofern eindeutigen Feststellungen zum Inhalt der Besprechung zu dieser damit unvereinbaren Annahme kommt, ist nicht nachvollziehbar.
138
d) Unter diesen Umständen war das Tatgericht nicht gehalten, auch entlastende Einlassungen der Angeklagten, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine Beweise gibt, den Urteilsfeststellungen ohne weiteres als unwiderlegbar zugrunde zu legen. Der Tatrichter hat nach ständiger Rechtsprechung vielmehr auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses zu entscheiden, ob derartige Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen (vgl. BGHSt 34, 29, 34; BGH NJW 2007, 2274; Senat, Urt. vom 1. Juli 2008 - 1 StR 654/07; Urt. vom 14. Januar 2009 - 1 StR 158/08 - Rdn. 59 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]). Die vom Landgericht als unwiderlegbar hingenommene Einlassung, die Angeklagten seien von keiner vorschrifts- oder befehlswidrigen Ausbildung ausgegangen, stellt sich unter Berücksichtigung der zuvor dargelegten Gesichtspunkte als eine eher denktheoretische Möglichkeit dar, die beweiskräftiger Anknüpfungspunkte entbehrt. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten eines Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden Anhaltspunkte erbracht sind (vgl. nur BVerfG, Beschl. vom 8. November 2006 - 2 BvR 1378/06; BGH NStZ-RR 2003, 371; NStZ 2004, 35, 36; NJW 2007, 2274; Senat , Urt. vom 1. Juli 2008 - 1 StR 654/07).
139
7. Schließlich hält die Auffassung des Landgerichts, der Überfall, das Verbinden der Augen, die Fesselung und das Verladen der Rekruten auf einen Transporter stellten keine entwürdigende Behandlung nach § 31 Abs. 1 WStG dar, sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
140
a) Entwürdigende Behandlung ist jedes Verhalten eines Vorgesetzten gegenüber einem Untergebenen, das dessen Stellung als freie Persönlichkeit nicht unerheblich in Frage stellt, das die Achtung nicht unerheblich beeinträchtigt , auf die der Untergebene allgemein als Mensch in der sozialen Gesellschaft und im besonderen als Soldat innerhalb der soldatischen Gemeinschaft Anspruch hat. Der Untergebene darf keiner Behandlung ausgesetzt werden, die ihn zum bloßen Objekt degradiert und seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 - 1 StR 158/08 - Rdn. 61 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]; BayObLG NJW 1970, 769, 770; Schölz/Lingens, Wehrstrafgesetz 4. Aufl. § 31 Rdn. 3; Stauf in Nomos - Erläuterungen zum Deutschen Bundesrecht § 31 WStG jew. m.w.N.). Ob eine entwürdigende Behandlung vorliegt, beurteilt sich, wenn die Handlung nicht bereits wegen ihres absolut entwürdigenden Charakters unter § 31 Abs. 1 WStG fällt, aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Tatumstände (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 - 1 StR 158/08 - Rdn. 61 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]; BayObLG NJW 1970, 769, 770; vgl. auch Dau in Erbs/Kohlhaas 176. Lfg. § 31 WStG Rdn. 3; Schölz/Lingens, Wehrstrafgesetz 4. Aufl. § 31 Rdn. 4).
141
b) Daran gemessen unterfallen jedenfalls die einzelnen Geiselnahmeübungen jeweils in ihrer Gesamtheit dem Tatbestand des § 31 Abs. 1 WStG. Insbesondere die Fesselung der Rekruten (vgl. dazu Schölz/Lingens, Wehrstrafgesetz 4. Aufl. § 31 Rdn. 5), das Verbinden ihrer Augen, das Verladen der Rekruten „wie Ware“ auf die Ladefläche eines Pritschenwagens, die auf den Helm verabreichten Schläge, um für Ruhe zu sorgen, das Hinknienlassen sowie die schikanösen Zwangshaltungen und Ausdauerübungen, die den nach fast 24-stündigem Dienst und einem anstrengenden Nachtmarsch ohnehin zumeist erschöpften Rekruten befohlen wurden, schließlich die angedrohten (teils mit angesetzter Waffe) und vorgetäuschten Erschießungen (vgl. dazu Dau in Erbs/Kohlhaas 176. Lfg. § 31 WStG Rdn. 4 m.w.N.) stellen entwürdigende Behandlungen dar, welche zumindest bei einem Soldaten auch zu einer nahezu panischen Angst führten. Dies alles erniedrigte die Rekruten zum bloßen Objekt.

IV.


142
Die Sache bedarf daher die Angeklagten betreffend (in Bezug auf den Angeklagten J. aufgrund der teilweisen Verfahrenseinstellung nur mehr im Fall B.II.1 der Urteilsgründe) der erneuten Verhandlung und Entscheidung. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen können aufrechterhalten bleiben. Ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen sind zulässig.
143
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Kostenausspruch des angefochtenen Urteils, soweit es die Angeklagten betrifft, ist durch die insoweit erfolgte teilweise Urteilsaufhebung gegenstandslos (BGH StV 2006, 687, 688).

V.


144
Soweit die Staatsanwaltschaft in Bezug auf den Angeklagten J. zudem rügt, die Kammer habe die ebenfalls angeklagte Tat im Fall B.II.2 der Urteilsgründe nicht abgeurteilt, bleibt der Revision der Erfolg versagt. Das Landgericht hat seiner umfassenden Kognitionspflicht genügt. Eine Beteiligung des Angeklagten J. im Fall B.II.2 der Urteilsgründe war nicht Gegenstand des Verfahrens.
145
1. Die zugelassene Anklage legt den (früheren) Mitangeklagten D. , H. , Sc. , Bu. , K. , Ja. , Mö. , S. und Z. im Fall B.II.2 der Urteilsgründe („dritter Vorfall“ der Anklage - vgl. EA Bd. IX Bl. 1283) jeweils ein Vergehen der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung und entwürdigender Behandlung zur Last. Eine Beteiligung des Angeklagten J. an dieser Tat ist im Anklagesatz nicht erwähnt. Lediglich im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen wird eine Einlassung des Angeklagten J. dazu dargestellt, in der er seine Beteiligung an dieser Übung und an derjenigen im Fall B.II.1 der Urteilsgründe („zweiter Vorfall“ der Anklage) einräumt (EA Bd. IX Bl. 1403 f.). Im Widerspruch dazu heißt es in der Anklage insofern abschließend: „Der Angeklagte J. war, wie sich aus seiner Einlassung ergibt, im zweiten Fall als Mitglied des 'Überfallkommandos' und im vierten Fall bei den 'Vernehmungen' im Keller beteiligt“. Eine die Tat im Fall B.II.2 der Urteilsgründe wirksam einbeziehende Nachtragsanklage (§ 266 StPO) ist nicht erhoben worden.
146
Die Kammer hat diesbezüglich zwar festgestellt, dass der Angeklagte J. auch an der Geiselnahmeübung im Fall B.II.2 der Urteilsgründe teilge- nommen hatte, erachtete dies jedoch nicht als Gegenstand der gegen ihn erhobenen Anklage (UA S. 56, 151).
147
2. Soweit die Staatsanwaltschaft nunmehr - entgegen der Anklageschrift, in der dem Angeklagten J. ausdrücklich nur zwei Taten zur Last gelegt werden - auch dessen Verurteilung wegen Beteiligung an der (dritten) Tat im Fall B.II.2 der Urteilsgründe, erstrebt, handelt es sich um eine andere als die wirksam angeklagte Tat.
148
a) Gegenstand der Urteilsfindung ist nach § 264 Abs. 1 StPO „die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt“. Dieser verfahrensrechtliche Tatbegriff umfasst den von der zugelassenen Anklage betroffenen geschichtlichen Vorgang, innerhalb dessen der Angeklagte einen Straftatbestand verwirklicht haben soll (st. Rspr., vgl. nur BGHSt 29, 341, 342; 34, 215, 216; BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 33 jew. m.w.N.). Den Rahmen der Untersuchung bildet daher zunächst das tatsächliche Geschehen, wie es die Anklage beschreibt (BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 33 m.w.N.). Vorliegend schildert der Anklagesatz keine Vorgänge, aus denen sich eine Strafbarkeit des Angeklagten J. im Fall B.II.2 der Urteilsgründe ergeben könnte. Vielmehr wird ausschließlich seine Beteiligung im Fall B.II.1 wiedergegeben. Die uneinheitlichen und teils widersprüchlichen Schilderungen im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen vermögen eine wirksame Anklageerhebung auch insofern nicht herbeizuführen (vgl. oben Ziffer II.2).
149
b) Unerheblich ist insofern - entgegen der Auffassung der Revision -, dass das Tatgeschehen dieses Vorfalls im Anklagesatz enthalten ist, soweit die Anklage diesbezüglich andere Personen als Täter beschuldigt. Zur Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO gehört zwar nicht nur der in der Anklage umschriebene Geschehensablauf, sondern das gesamte Verhalten des Täters, soweit es nach natürlicher Auffassung einen einheitlichen Lebensvorgang darstellt (st. Rspr., vgl. BGHSt 32, 215, 216; BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 33 jew. m.w.N.). Die Einbeziehung weiterer, von der Anklage nicht beschriebener Vorgänge in den Tatbegriff kommt allerdings nur in Betracht, falls auch der in der Anklage nicht erwähnte, mit dem geschilderten Geschehen eine Einheit ergebende Vorgang das Verhalten desselben Angeklagten betrifft. Denn Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO kann stets nur das dem einzelnen Angeklagten zur Last gelegte Vorkommnis sein (BGHSt 32, 215, 216 f.). Demgemäß kann vorliegend das Geschehen im Fall B.II.2 der Urteilsgründe, das einen von der Tat B.II.1 der Urteilsgründe trennbaren, sich damit nicht überschneidenden Vorgang darstellt und das mit der Anklage den (früheren) Mitangeklagten des Angeklagten J. zur Last gelegt wird, nicht als Teil der Tat gelten, die den Gegenstand des gegen den Angeklagten J. erhobenen Tatvorwurfs bildet.

VI.


150
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
151
1. Selbst wenn das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht zu der Feststellung gelangen sollte, die betroffenen Rekruten hätten ausdrücklich oder konkludent in die gegenständliche unzulässige Geiselnahmeübung eingewilligt , so hätte dies keine rechtfertigende Wirkung. §§ 30, 31 WStG schützen nicht allein das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit beziehungsweise der Würde des Untergebenen, sondern auch die Disziplin und Ordnung in der Bundeswehr. Die ehr- und körperverletzende Behandlung durch Vorgesetzte stellt einen Verstoß gegen die in Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG normierte Verpflichtung aller staatlichen Gewalt zum Schutze der Menschenwürde und der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten körperlichen Unversehrtheit dar. Von dieser Verpflichtung kann der für den Staat handelnde Amtsträger oder Bedienstete durch das subjektive Einverständnis des Individualgrundrechtsträgers nicht freigestellt werden (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 - 1 StR 158/08 - Rdn. 66 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]; vgl. auch BVerwG NJW 2001, 2343, 2344; Dau in Erbs/Kohlhaas 176. Lfg. § 30 WStG Rdn. 10 m.w.N.).
152
2. § 30 WStG kann mit § 224 StGB in Tateinheit (§ 52 StGB) stehen. § 30 WStG geht nur § 223 StGB vor, enthält aber keine alle Körperverletzungsdelikte ausschließende Sonderregelung. Dies folgt schon daraus, dass das allgemeine Strafrecht gerade in den schwereren Fällen der Untergebenenmisshandlung nicht durch das WStG gemildert werden darf (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 - 1 StR 158/08 - Rdn. 67 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]; vgl. auch BGH NJW 1970, 1332 zu § 226 StGB aF; Schölz/Lingens, Wehrstrafgesetz 4. Aufl. § 30 Rdn. 28; Dau in Erbs/Kohlhaas 176. Lfg. § 30 WStG Rdn. 18; Arndt, Grundriß des Wehrstrafrechts 2. Aufl. S. 218).
153
3. Sollte das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht zu der Auffassung gelangen, eine Strafbarkeit gemäß § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 WStG liege nicht vor, so wird es aufgrund der Fesselung der Rekruten für teilweise mehr als 30 Minuten - erst recht aufgrund der Fesselung an Händen und Füßen -, deren Verbringens mit verbundenen Augen auf die Ladefläche des Pritschenwagens und deren begleiteten Abtransports den Straftatbestand der Freiheitsberaubung gemäß § 239 Abs. 1 StGB, zumindest aber den Tatbestand der Nötigung nach § 240 Abs. 1 StGB in den Blick zu nehmen haben. Nack Wahl Elf Graf Sander

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund.

(2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(3) Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer es als Geschäftsführer unterläßt, den Gesellschaftern einen Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals anzuzeigen.

(2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.