Bundesgerichtshof Urteil, 01. Sept. 2005 - 4 StR 290/05
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen mit der Maßgabe, daß die in Italien in dieser Sache erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1 : 1 auf die hier verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wird.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die dadurch den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen der gefährlichen Körperverletzung zu neun Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Hiergegen wenden sich der Angeklagte und - zu seinen Ungunsten - die Staatsanwaltschaft mit ihren jeweils auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen.
Während der Angeklagte das Urteil ohne nähere Ausführungen zur Sachrüge allgemein zur Überprüfung durch das Revisionsgericht stellt, beanstandet die Staatsanwaltschaft mit ihrem Rechtsmittel, dass das Landgericht den Angeklagten nicht wegen versuchten Mordes verurteilt hat. Das - vom Generalbundesanwalt vertretene - Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg; dagegen ist das Rechtsmittel des Angeklagten unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Opfer der dem Angeklagten angelasteten Tat sind seine Ehefrau Manuela K. sowie deren Vater, Rainer L. . Nach den Feststellungen des Landgerichts lernten sich der aus Albanien stammende Angeklagte und seine spätere, seinerzeit 17-jährige Ehefrau 1992 kennen. Sie heirateten Ende Mai 1994, nachdem bereits knapp zwei Monate zuvor die gemeinsame Tochter geboren worden war. Schon sehr bald belastete der Angeklagte die Beziehung durch sein dominantes, bei Widerspruch seiner Ehefrau auch aggressiv wütendes Verhalten. Als sie sich deshalb erstmals im November 1996 für kurze Zeit von ihm trennte und zu ihren Eltern zog, drohte der Angeklagte, sie mit Gewalt zurückzuholen , versprach aber auch, sein Verhalten zu ändern. Seine cholerischen Ausbrüche setzten sich dennoch fort, so dass sich seine Ehefrau im Sommer 2001 endgültig von ihm trennte. Auslöser war eine Auseinandersetzung am 17. September 2001, in deren Verlauf der Angeklagte seiner Ehefrau plötzlich und unerwartet zweimal mit der Faust in das Gesicht schlug. Noch am selben Tage verließ sie mit der Tochter die eheliche Wohnung und bezog kurze Zeit darauf in einem anderen Ort eine eigene Wohnung. Der Angeklagte war nicht bereit, die Trennung zu akzeptieren. Auch drohte er seiner Ehefrau an, ihr und ihren
Eltern etwas anzutun und sich der gemeinsamen Tochter zu bemächtigen und diese nach Albanien zu verbringen, sofern sie nicht zu ihm zurückkehren und die von ihr wegen des Vorfalls vom 17. September 2001 erstattete Strafanzeige zurücknehmen würde. Dazu war sie jedoch nicht bereit. Vielmehr sagte sie trotz der von ihm ausgesprochenen Todesdrohungen am 13. März 2002 in dem Strafverfahren wegen jenes Vorfalls beim Amtsgericht Leipzig gegen ihn aus, worauf der Angeklagte an diesem Tage wegen Körperverletzung zu einer nicht zur Bewährung ausgesetzten fünfmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde.
Am Morgen des nächsten Tages, dem 14. März 2002, fuhr der Angeklagte , dem bekannt war, wann seine Ehefrau das Haus verlassen würde, auf den Parkplatz hinter dem Haus, in dem sie wohnte, und wartete dort zwischen Fahrzeugen auf sie. Als sie mit ihrem Vater, der sie zu ihrem Schutz begleitete, den Parkplatz erreichte, trat der Angeklagte plötzlich hinter seinem Fahrzeug hervor und sprach sie mit den Worten an: "Manu, was hast Du dir dabei gedacht !", wobei er ihre ihn belastende Aussage vom Vortag beim Amtsgericht Leipzig meinte. Zugleich zog er ein Messer hervor, stürzte sich auf seine Ehefrau und stach ihr "in der Absicht, sich an seiner Ehefrau für deren Aussage und die Trennung von seiner Tochter zu rächen“, mit Wucht in die linke Seite, in den Oberbauch und in den Rücken. Ihr gelang es aber, den Angeklagten abzuschütteln und zu hilfsbereiten Passanten zu flüchten. Darauf wandte sich der Angeklagte nunmehr ausschließlich dem Vater seiner Ehefrau zu in der Absicht, auch ihn zu töten, nachdem er ihn bereits zuvor verletzt hatte, als dieser versuchte, ihm das Messer zu entwinden. Er versetzte dem Vater drei Stiche in den Unterleib, ließ dann aber von ihm ab und verließ den Tatort. Beide Opfer wurden durch die Stiche lebensgefährlich verletzt und hätten ohne die
sofort eingeleiteten ärztlichen Rettungsbemühungen höchstwahrscheinlich nicht überlebt.
Das Landgericht hat hinsichtlich der zum Nachteil des Vaters der Ehefrau des Angeklagten begangenen Tat einen strafbefreienden Rücktritt vom unbeendeten Versuch des Totschlags "nicht ausschließen" können und den Angeklagten deshalb nur der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB) für schuldig befunden. Soweit sich die Tat gegen die Ehefrau des Angeklagten richtete, hat das Schwurgericht einen fehlgeschlagenen Versuch des Totschlags (in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung) angenommen, indes das Vorliegen der Mordmerkmale der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe verneint. Zu letzterem Merkmal hat das Schwurgericht ausgeführt, zwar seien "die Tatmotive des Angeklagten ... grundsätzlich geeignet, die Annahme eines niedrigen Beweggrundes zu rechtfertigen. ... Vorliegend (sei aber ) der konkrete Tatanlass von Gewicht. ... Sah sich der Angeklagte aufgrund des von seiner Ehefrau betriebenen Scheidungsverfahrens einer Trennung von seiner Tochter ausgesetzt, wurde dieser Zustand durch seine Verurteilung und einen dadurch bedingten zukünftigen Haftantritt weiter vertieft. Hatte der Angeklagte bis dahin noch versucht, Manuela K. zur Wiederaufnahme ihrer ehelichen Beziehung zu bewegen, so mußte er mit deren belastender Aussage erkennen , dass jede weiteren Versuche fruchtlos bleiben müssen".
II. Revision des Angeklagten
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der allein erhobenen Sachrüge hat weder zum Schuld- noch zum Strafausspruch einen den Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben.
III. Revision der Staatsanwaltschaft
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Zu Recht greift die Beschwerdeführerin die Erwägungen, mit denen das Schwurgericht das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe verneint hat, als rechtsfehlerhaft an. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Tötungsbeweggrund niedrig, wenn er nach allgemeiner sittlicher Würdigung auf tiefster Stufe steht und deshalb besonders verachtenswert ist. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich aufgrund einer Gesamtwürdigung, welche die Umstände der Tat, die Lebensverhältnisse des Täters und seine Persönlichkeit einschließt (BGHSt 35, 116, 127; 47, 128, 130 m.w.N.). Das hat das Landgericht an sich auch nicht verkannt. Seine Würdigung, mit der es im Ergebnis das Vorliegen niedriger Beweggründe verneint hat, hält jedoch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil sie den konkreten Umständen der Tat nicht hinreichend Rechnung trägt.
Das Schwurgericht hat sich rechtsfehlerfrei die Überzeugung verschafft, dass der Angeklagte sich an seiner Ehefrau für deren ihn belastende Aussage im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Leipzig und die Trennung von seiner Tochter rächen wollte. Zu Recht hat das Schwurgericht diesen Beweggrund grundsätzlich als niedrig im Sinne des Mordtatbestandes gewertet. Weshalb dieser Wertung dann aber im Ergebnis der "konkrete Tatanlass" entgegenstehen soll, ist nicht nachvollziehbar dargelegt. Richtig ist allerdings, dass Gefühlsregungen wie Rache nach der Rechtsprechung nur dann als niedrige Beweggründe in Betracht kommen, wenn sie ihrerseits auf niedrigen Beweggründen beruhen (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 36 m.w.N.). Auch beruht nicht jede Tötung, die geschieht, weil sich der Intimpartner vom Täter abwenden will oder - wie hier - abgewandt hat, schon deshalb zwangs-
läufig auf niedrigen Beweggründen; vielmehr können in einem solchen Fall tatauslösend und tatbestimmend auch Gefühle der Enttäuschung und inneren Ausweglosigkeit sein, die einer Wertung als niedrig entgegenstehen (BGHR aaO niedrige Beweggründe 18, 32), und zwar auch dann, wenn der Täter den Grund für die Trennung selbst herbeigeführt hat (BGH StV 2000, 20 f.; Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2000 - 4 StR 499/00). Solche Umstände, die der Wertung als "niedrig" entgegenstehen könnten, hat das Schwurgericht aber gerade nicht festgestellt.
Soweit das Landgericht darauf verweist, der Angeklagte habe "bis dahin noch versucht, (seine Ehefrau) zur Wiederaufnahme ihrer ehelichen Beziehung zu bewegen" (UA 39), erfasst dies die Beweggründe für die Tat nur unzureichend , weil es dem Angeklagten dabei nach den Feststellungen nicht etwa darum ging, seine Ehe zu retten. Vielmehr beabsichtigte der Angeklagte die Tötung seiner Ehefrau in erster Linie wegen ihrer ihn belastenden Aussage vom Vortage. Wer aber einen anderen aus Rache deshalb tötet oder zu töten beabsichtigt, weil dieser ihn als Zeuge wahrheitsgemäß belastet, handelt nicht weniger verwerflich als derjenige, der durch die Tötung seine eigene Straftat verdecken will und deshalb ein mordqualifizierendes Merkmal verwirklicht (vgl. BGH, Urt. vom 30. März 2004 - 4 StR 42/04, insoweit in NStZ 2004, 510 nicht abgedruckt). Dies gilt zumal dann, wenn - wie hier - das Opfer des Tötungsdelikts , das gegen den Täter ausgesagt hat, bereits Opfer der Tat war, die dem Täter in dem früheren Strafverfahren zur Last gelegt wurde.
Auch der Umstand, dass sich der Angeklagte einer Trennung von seiner Tochter ausgesetzt sah, relativiert nicht die Verwerflichkeit der Beweggründe seines Handelns. Nach den Feststellungen spricht nichts dafür, dass der Angeklagte etwa das Wohl seiner Tochter im Auge hatte. Vielmehr zeigt die zuvor
klagte etwa das Wohl seiner Tochter im Auge hatte. Vielmehr zeigt die zuvor wiederholt ausgesprochene Drohung, die Tochter nach Albanien zu entführen, dass der Angeklagte das Kind lediglich als Druckmittel gegen seine Ehefrau einsetzte.
Schließlich bieten die getroffenen Feststellungen auch keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, der Angeklagte habe seine Tatantriebe nicht gedanklich beherrschen oder gefühlsmäßig steuern können (vgl. BGHR aaO niedrigere Beweggründe 26). Vielmehr hat der Angeklagte die Tat, die sich als "Bestrafungsaktion" (vgl. BGHR aaO niedrigere Beweggründe 39) darstellt, planmäßig vorbereitet und verwirklicht.
IV.
Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Urteils im Ganzen. Zwar betrifft der Rechtsfehler unmittelbar nur den Schuldspruch wegen versuchten Totschlags. Da aber das Schwurgericht die Tat, obwohl sie sich gegen zwei Personen richtete, unter den hier gegebenen Umständen rechtsfehlerfrei als eine Tat im Rechtssinne bewertet hat (vgl. BGH NStZ 1993, 234; BGH, Beschlüsse vom 16. September 2004 - 3 StR 316/04, vom 13. Oktober 2004 - 3 StR 371/04 und vom 19. Oktober 2004 - 3 StR 221/04; Urteil vom 16. August 2005 – 4 StR 168/05), scheidet eine auf die Tat zum Nachteil der Ehefrau beschränkte Teilaufhebung des angefochtenen Urteils aus (BGHR StPO § 353 Aufhebung 1). Über die Sache ist deshalb insgesamt neu zu verhandeln und zu entscheiden.
Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:
Der neue Tatrichter wird in Bezug auf das Tötungsdelikt zum Nachteil der Ehefrau auch die Voraussetzungen des Mordmerkmals der Heimtücke einer näheren Prüfung, als sie das angefochtene Urteil ausweist, zu unterziehen haben. Dass die Ehefrau allgemein mit einem tätlichen Angriff des Angeklagten rechnete, schließt ihre Arglosigkeit in der – worauf es ankommt – konkreten Tatsituation bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs noch nicht aus (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 23. August 2000 – 3 StR 234/00 –, vom 3. September 2002 – 5 StR 139/02 – und vom 20. Januar 2005 – 4 StR 491/04). Zudem kann das Opfer auch dann (noch) arglos sein, wenn der Täter ihm zwar mit bereits gefasstem Tötungsvorsatz offen feindselig entgegentritt, die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff aber so kurz ist, dass keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff irgendwie zu begegnen (vgl. BGH NStZ 1999, 506; BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 3, 15). Hierzu wird der neue Tatrichter nähere Feststellungen zu treffen haben.
Soweit die Tat sich gegen den Vater der Ehefrau richtete, bedarf insbesondere die Frage der Voraussetzungen für den vom Schwurgericht ohne nähere Begründung für möglich erachteten strafbefreienden Rücktritt vom Versuch des Tötungsdelikts (§ 24 Abs. 1 StGB) der näheren Prüfung. Die Annah-
me eines unbeendeten Versuchs liegt angesichts der Wucht der von dem Angeklagten geführten Stiche in den Unterleib und der Schwere der Verletzungen des Opfers nicht eben nahe (vgl. BGHSt 40, 304).
Tepperwien Maatz Athing
Richterin am Bundesgerichtshof Solin-Stojanovi? ist wegen Urlaubs gehindert zu unterschreiben.
Tepperwien Sost-Scheible
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision , mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt zur Ä nderung des Schuldspruchs und Aufhebung des Strafausspruchs; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.1. Die Verfahrensbeschwerden, mit denen sich die Revision insbesondere gegen die Verneinung einer die Tat rechtfertigenden Notwehrlage und die Annahme uneingeschränkter Schuldfähigkeit durch das Landgericht wendet, greifen nicht durch. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 27. November 2000, die durch das Vorbringen im Schriftsatz der Verteidigung vom 18. Dezember 2000 nicht entkräftet werden. 2. Dagegen hat die Revision zum Schuldspruch mit der Sachrüge Erfolg. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand; die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe aus niedrigen Beweggründen im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB gehandelt, begegnet - wie die Revision zu Recht geltend macht - schon in objektiver Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Beweggründe zu einem Tötungsverbrechen sind "niedrig", wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und in deutlich weiterreichendem Maße als bei einem Totschlag als verwerflich und deshalb als besonders verachtenswert erscheinen; die Beurteilung dieser Frage hat auf Grund einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren zu erfolgen (st. Rspr.; vgl. BGHSt 35, 116, 127; BGH StV 1996, 211, 212). Das Landgericht begründet die Annahme , der Angeklagte habe Patrick E. aus "niedrigen Beweggründen" getötet, wie folgt: "Er hat ihn ... getötet, weil er sich an E. dafür rächen wollte, daß dieser ihm die langjährige Freundin ausgespannt hatte. Er fühlte sich durch E. hintergangen, weil dieser mit ihm befreundet gewesen ist und er ihm finanziell geholfen hatte. Der Angeklagte wußte, daß eine Wiederauf-
nahme seiner Beziehung zu .... Katja P. nicht mehr möglich war. Bei der Tötung des Patrick E. ging es ihm in erster Linie um seine eigenen egoistischen Belange; er wollte den Patrick E. bestrafen. Nachdem er bereits einen im Ergebnis tödlichen Schuß auf Patrick E. abgegeben hatte, verfolgte er diesen und gab auf den verzweifelt um sein Leben kämpfenden Patrick E. einen zweiten tödlichen Schuß von hinten in den Rücken ab. Wer unter solchen Umständen einem Menschen das Lebensrecht abspricht, handelt zutiefst verwerflich." Diese Erwägungen rechtfertigen die Wertung der Beweggründe für die Tötung als "niedrig" im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB nicht. Gefühlsregungen wie Rache, aber auch Wut, Haß und Eifersucht, kommen nach der Rechtsprechung nur dann als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie ihrerseits auf niedrigen Beweggründen beruhen (Lackner/Kühl StGB 23. Aufl. § 211 Rdn. 5 a m. Nachw.). Das ist am ehesten der Fall, wenn diese Gefühlsregungen jeglichen nachvollziehbaren Grundes entbehren (BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 8, 16, 22; BGH, Urt. vom 3. Februar 1993 - 2 StR 389/92). So verhält es sich hier jedoch nicht: Nicht jede Tötung, die geschieht, weil sich der Intimpartner vom Täter abwenden will oder abgewandt hat, beruht deshalb zwangsläufig schon auf niedrigen Beweggründen. Vielmehr können in einem solchen Fall tatauslösend und tatbestimmend auch Gefühle der Enttäuschung und "ungerechter" Behandlung sein, die einer Wertung als "niedrig" entgegenstehen (BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 18, 32 m.w.N.). Davon geht die Rechtsprechung auch dann aus, wenn der Täter den Grund für die Trennung selbst herbeigeführt hat (BGH StV 2000, 20 f). Um so mehr gilt dies, wenn - wie hier - die Trennung von dem Partner ausgegangen ist, die der Täter - wie das Land-
gericht in bezug auf den Angeklagten ausdrücklich feststellt - nicht "verkraftet" (UA 4). Zwar kommt auch in solch einem Fall die Bewertung der Beweggründe als "niedrig" in Betracht, wenn der Täter den Partner oder den "Nebenbuhler" aus krasser, übersteigerter Eifersucht tötet, weil er sie einander nicht gönnt (vgl. BGHSt 22, 12, 13; Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 211 Rdn. 5 a m.w.N.). Davon kann hier aber schon deshalb keine Rede sein, weil der Angeklagte nach der Trennung von Katja P. eine neue Beziehung eingegangen war. Bei der Bewertung des den Angeklagten beherrschenden Motivbündels (vgl. BGH NJW 1981, 1382; BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 20) kam deshalb dem Umstand entscheidende Bedeutung zu, daß der Angeklagte sich von dem Tatopfer "verraten" (UA 4) fühlte. Dieses Gefühl der Kränkung erhielt sein besonderes Gewicht zudem dadurch, daß es sein Freund gewesen war, der ihn in dieser Weise "hintergangen" hatte (UA 10). Wenn der Angeklagte hiernach "sauer" auf Patrick E. war, weil dieser seine Beziehung zu Katja P. "auseinandergebracht hatte" (UA 9), so fehlt es ungeachtet der Verwerflichkeit, die jeder vorsätzlichen und rechtswidrigen Tötung eines anderen innewohnt, nicht an jeglichem menschlichen Verständnis für die den Angeklagten zur Tat bestimmenden Motive, wie dies deren Qualifikation als "niedrig" im Sinne des Mordtatbestandes voraussetzen würde. Hinzukommt, daß das Landgericht im Zusammenhang mit den für die Beurteilung bedeutsamen persönlichen Beziehungen zwischen Täter und Opfer (vgl. Eser NStZ 1983, 433, 435 m.N.) hier auch die im Vorfeld der Tat gegenseitig ausgesprochenen Morddrohungen im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung nicht unberücksichtigt lassen durfte. Daß der Angeklagte dem Tatopfer "das Lebensrecht abgesprochen" hat, ist Gegenstand jeden vorsätzlichen Tötungsdelikts und rechtfertigt deshalb die Einstufung der Beweggründe als "niedrig" für sich nicht. Nichts anderes ergibt sich hier daraus, daß der Angeklagte nach dem ersten Schuß Patrick E. noch
verfolgte und ihm einen weiteren tödlichen Schuß versetzte; denn dies belegt hier lediglich seinen - wie das Landgericht zutreffend annimmt - "unbedingten Tötungswillen" (UA 10). 3. Der Senat schließt aus, daß sich auf Grund neuer Hauptverhandlung noch weitere Feststellungen treffen lassen, die ein Handeln aus "niedrigen Beweggründen" ergeben könnten. Anhaltspunkte für weitere mordqualifizierende Merkmale bestehen nicht; solche werden auch in der zugelassenen Anklage nicht angenommen. Der Senat ändert deshalb den Schuldspruch von sich aus dahin, daß der Angeklagte des Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB) schuldig ist. Die Schuldspruchänderung macht die Aufhebung des Strafausspruchs erforderlich. Dagegen sind die der Festsetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe zugrundeliegenden Feststellungen – namentlich diejenigen zur vollen Schuldfähigkeit des Angeklagten, die das Landgericht rechtsfehlerfrei bejaht hat – von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen; sie können deshalb bestehen bleiben. Dies schließt ergänzende Feststellungen durch den neuen Tatrichter, die dazu nicht in Widerspruch stehen, nicht aus. Meyer-Goßner Maatz Athing
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Ausspruch über die im Fall II. B 1. (Überfall "M. ") verhängte Einzelstrafe,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe sowie
c) im Ausspruch über die besondere Schuldschwere aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes, versuchten Totschlags und gemeinschaftlicher versuchter schwerer räuberischer Erpressung unter Einbeziehung der Strafen aus zwei früheren Verurteilungen zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Ferner hat es die besondere Schwere der Schuld festgestellt und den Angeklagten verurteilt, an die Neben-
klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlußformel ersichtlichen Teilerfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 25. Februar 2004. Das Vorbringen in der Gegenerklärung des Verteidigers Rechtsanwalt Prof. Dr. Mü. vom 16. März 2004 führt zu keinem anderen Ergebnis.
Anlaß zu ergänzenden Bemerkungen sieht der Senat lediglich insoweit, als die Revision eine Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung (§ 338 Nr. 6 StPO) im Hinblick darauf rügt, daß am 19. Verhandlungstag an der Saaltür der Zettel angebracht war: "Kein Zutritt während laufender Verhandlung - Zutritt nur während der Pausen".
Es kann dahingestellt bleiben, ob, wie der Generalbundesanwalt meint, dieser Rüge schon deshalb der Erfolg zu versagen ist, weil die Revision nicht vorgetragen hat, daß sich durch den Hinweis an der Eingangstür zum Sitzungssaal tatsächlich jemand von der Teilnahme an der Sitzung hat abhalten lassen (vgl. BGH NJW 1980, 249 f.; Kuckein in KK 5. Aufl. StPO § 344 Rdn. 49 m.N.). Denn die Rüge ist jedenfalls deshalb nicht zulässig ausgeführt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil es an dem vollständigen Vortrag des prozessualen Geschehens fehlt, das dieser sitzungspolizeilichen Maßnahme des Gerichts vorausging und zu ihr Anlaß gab. Wie dem Revisionsvorbringen entnommen
werden kann und durch die dienstliche Erklärung der Vorsitzenden Richterin bestätigt wird, war die Anbringung des Hinweises an der Eingangstür zum Sitzungssaal am 19. Verhandlungstag die Reaktion auf Störungen des Sitzungsverlaufs nicht nur durch das Verhalten der Besucher im Sitzungssaal, sondern auch durch deren ständiges Verlassen und Wiederbetreten des Saales. Dieses Verhalten führte aber nicht nur - was die Revision insoweit vorträgt - zu Abmahnungen an die anwesenden Zuhörer an den beiden vorangehenden Verhandlungstagen (25. und 26. Juli 2002). Vielmehr weist das Protokoll jedenfalls auch schon für den 16. Verhandlungstag (22. Juli 2002) aus, daß die Vorsitzende die Zuschauer darauf hingewiesen hat, daß während der laufenden Hauptverhandlung "nicht ständig rein- und rausgegangen werden kann, da das die Hauptverhandlung stört" (Protokollband II Bl. 19). Hierauf kam es für die Beurteilung, ob die vom Gericht getroffene Maßnahme den Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt hat, an. Allerdings hätte der Senat Bedenken, allgemein zur Sicherung eines ungestörten Verlaufs der Hauptverhandlung den Zutritt zur Verhandlung nur während der Sitzungspausen zuzulassen. Denn der Öffentlichkeitsgrundsatz verlangt, daß grundsätzlich jedermann jederzeit den Zutritt zu öffentlichen Gerichtsverhandlungen haben muß (vgl. grundlegend BGHSt 22, 297). Der Öffentlichkeitsgrundsatz gilt indes nicht uneingeschränkt. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß eine ungestörte Verhandlung ebenso wichtig wie die Kontrolle des Verfahrensgangs durch die Allgemeinheit sein kann (BGHSt aaO S. 301; BGHSt 21, 72, 73; 27, 13, 15). So hat der Bundesgerichtshof etwa in der Anordnung des Vorsitzenden , die Tür zum Sitzungssaal während der Urteilsbegründung möglichst geschlossen zu halten, um Störungen in dem beengten Sitzungssaal zu vermeiden , keinen Verstoß gegen die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens gesehen (BGHSt 24, 72). Für die Abwägung, welchem Gesichtspunkt im
Einzelfall Vorrang gebührt, kommt es, wenn es um die Abwehr von eingetretenen oder zu erwartenden Störungen geht, jeweils auf deren Ausmaß an. Dazu gehörte hier auch, daß sich die Besucher dieser Hauptverhandlung ersichtlich länger - als es die Revision vorträgt - von der Abmahnung störenden Verhaltens unbeeindruckt zeigten, bevor dann schließlich am 19. Hauptverhandlungstag der Hinweis an der Eingangstür des Sitzungssaals angebracht wurde. Erst das volle Ausmaß der dieser Maßnahme vorangehenden Störung läßt die Beurteilung zu, ob ausnahmsweise die vorübergehende Gestattung des Zutritts nur während der Verhandlungspausen noch als sachgerechte Einschränkung des Grundsatzes der Öffentlichkeit hinzunehmen war.
2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Auch die Verurteilung wegen zum Nachteil des Sch. begangenen Mordes hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand. Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht das Vorliegen des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe angenommen. Deshalb gefährdet es den Bestand des Urteils insoweit nicht, daß das Landgericht zu Unrecht auch das Vorliegen der weiteren Mordmerkmale der Heimtücke und der Verdeckungsabsicht angenommen hat:
Nach ständiger Rechtsprechung handelt heimtückisch, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewußt zur Tötung ausnutzt (Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 211 Rdn. 16 m.N.). Dabei kommt es für die Annahme von Arglosigkeit auf den Beginn der mit Tötungsvorsatz begangenen Handlung an (BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 2, 6, 8, 13, 16, 21, 27). Wie das Landgericht selbst annimmt, war das Tatopfer aber (späte-
stens) beim Aussteigen aus dem Pkw nicht mehr arglos (UA 55). Das Landge- richt kommt gleichwohl zur Annahme der Heimtücke mit der Erwägung, "daß der Angeklagte, als er Sch. zum Einsteigen in den Pkw veranlaßte, ihn quasi in eine 'Falle' lockte und ihn ... wehrlos machte" (UA 55). Insoweit ergeben die Feststellungen indes nicht, daß der Angeklagte - worauf es ankam - zu diesem Zeitpunkt bereits den Tötungsentschluß gefaßt hatte. Vielmehr wollte der Angeklagte danach am Tatort "die Abstrafung ... fortsetzen" (UA 18). Dies aber läßt - zumal mit Blick auf die Schläge, die der Angeklagte dem Geschädigten unmittelbar zuvor versetzt hatte - den Schluß zu, daß der Angeklagte dem Geschädigten im Park zunächst - wie auch der Zeuge B. annahm - "nur" noch eine "Abreibung verpassen" wollte (UA 19).
Soweit die Jugendkammer desweiteren das Mordmerkmal der Verdekkungsabsicht angenommen und gemeint hat, der Angeklagte habe "in der Absicht (gehandelt), einen Zeugen, der ihn bezüglich der Tat 'M. ' belastete , auszuschalten" (UA 55), stellt dies eine bloße, durch keine Tatsachen gestützte Vermutung dar. Auch wenn der Angeklagte davon ausgegangen war, daß Sch. seinen, des Angeklagten, Namen bei der Polizei im Zusammenhang mit den Ermittlungen wegen des Überfalls auf die Gaststätte "M. " genannt und ihn der Beteiligung an der Tat bezichtigt habe, folgt daraus noch nicht, daß der Angeklagte die Tötung des Sch. in der Absicht beging, seine Überführung hinsichtlich der Beteiligung an dem Raubüberfall durch Beseitigung eines Belastungszeugen zu erschweren. Die Erkenntnisse der Strafverfolgungsbehörden über den gegen ihn geäußerten Verdacht der Tatbeteiligung konnte der Angeklagte durch die Tötung des Sch. nicht rückgängig machen (vgl. zur Beseitigung eines Belastungszeugen nach Anklageerhebung BGHR StGB § 211 Abs. 2 Verdeckung 6). Da-
für, daß der Angeklagte damit rechnete, Sch. werde ihn weiter belasten, geben die Feststellungen nichts her. Vielmehr war das - ersichtlich beherrschende - Motiv des Angeklagten, sich mit der Tötung an Sch., "der es gewagt hatte, ihn zu 'verpfeifen', zu rächen" und zugleich "anderen gegenüber ein Exempel zu statuieren, um ein für allemal klarzustellen, daß man ungestraft nicht gegen ihn bei der Polizei vorgehen könne" (UA 55/56). Hierin hat das Landgericht zu Recht niedrige Beweggründe im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB gesehen; eine Verdeckungsabsicht läßt dies indes nicht erkennen.
3. Die Revision hat zum Rechtsfolgenausspruch teilweise Erfolg.
Der Strafausspruch weist einen durchgreifenden Rechtsfehler auf, soweit es die wegen des Überfalls auf die Gaststätte "M. " verhängte Einzelstrafe von drei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe anlangt. Das Landgericht hat das Vorliegen eines minder schweren Falles des § 250 Abs. 3 StGB verneint und die Einzelstrafe dem nach § 23 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 250 Abs. 1 StGB entnommen. "Eine weitere Strafrahmenverschiebung wegen der nicht ausschließbar herabgesetzten Schuldfähigkeit infolge Alkohols nahm die Kammer nicht vor, weil lediglich zu Gunsten des Angeklagten nicht ausschließbar eine solche angenommen wurde , nach Aussage der Zeugin W. der Angeklagte jedoch keinen alkoholisierten Eindruck hinterließ und keine Ausfallerscheinungen zeigte" (UA 67). Diese Erwägung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. In tatsächlicher Hinsicht steht sie in Widerspruch zu der eigenen Würdigung der Jugendkammer, mit der sie die Voraussetzungen des § 21 StGB angenommen hat. Im übrigen ist es rechtsfehlerhaft, der erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit deswegen ein geringeres Gewicht beizumessen, weil sie nicht erwiesen, sondern
nach dem Zweifelssatz lediglich unterstellt wurde (st. Rspr.; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 4, 17; Tröndle/Fischer aaO § 21 Rdn. 18 m.w.N.).
Bei dieser Sachlage kann der Senat dahingestellt sein lassen, ob die weiteren Strafzumessungserwägungen, der Angeklagte habe "nur zur Befriedigung eigener Bedürfnisse" und "völlig unverhältnismäßig" gehandelt, auch entspreche die Tat "der allgemeinen egoistischen Einstellung des Angeklagten" (UA 66), durchgreifenden Bedenken unter dem Gesichtspunkt des § 46 Abs. 3 StGB begegnen.
4. Die Aufhebung der im Fall II. B 1. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe hat hier die Aufhebung der lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe zur Folge. Damit entfällt zugleich der Ausspruch über die besondere Schuldschwere. Denn § 57 b StGB knüpft, wenn auf lebenslange Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe erkannt wird, die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld (§ 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB) an eine zusammenfassende Würdigung aller einzelnen Straftaten. Dazu verhält sich das angefochtene Urteil nicht. Im übrigen kann der Ausspruch über die besondere Schuldschwere hier aber auch deshalb nicht bestehen bleiben, weil - wie oben zu 2. ausgeführt - die vom Landgericht angenommenen Mordmerkmale der Heimtücke und der Verdeckungsabsicht entfallen, die Jugendkammer bei ihrer Schuldschwerebeurteilung aber ausdrücklich auch auf die Verwirklichung von drei Mordmerkmalen abgestellt hat. Soweit im übrigen das Landgericht insoweit zudem gemeint hat, "die Zweck-Mittel-Relation (sei) sichtlich nicht gegeben, so daß auch insoweit eine über das Normalmaß hinausgehende Schuld des Angeklagten" vorgelegen habe (UA 69), hat es lediglich Umstände berücksichtigt, die bereits für die Annahme der niedrigen Beweggründe maßgeblich sind. Darin liegt ein
Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB, der auch bei der Schuldschwerebeurteilung Beachtung verlangt (BGHSt 42, 226).
5. Die aufgezeigten Rechtsfehler lassen die getroffenen Feststellungen unberührt; diese können deshalb bestehen bleiben. Dies schließt ergänzende Feststellungen durch den neuen Tatrichter, die mit den getroffenen Feststellungen nicht in Widerspruch stehen, nicht aus.
Tepperwien Maatz Kuckein
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift vom 24. September 2004 ausgeführt: "Der Schuldspruch ist fehlerhaft, da er nicht dem Umstand Rechnung trägt, dass sich die Tat des Angeklagten gegen zwei Menschen richtete. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte seine ehemalige Lebensgefährtin , die Geschädigte B. , in deren Wohnung aufsuchte. Es kam zum Streit zwischen dem Angeklagten, der Geschädigten B. und deren in der Wohnunganwesenden Bekannten D. R. , in dessen Verlauf er beide Frauen schlug und die Geschädigte B. darüber hinaus würgte und mit einem Messer bedrohte. Nach den Urteilsfeststellungen fasste der Angeklagte sodann den Entschluß, beide Geschädigten zu töten, um zu verhindern, dass diese ihn wegen Körperverletzung anzeigten. Zu diesem Zweck stach er zunächst auf die GeschädigteR. ein und brachte ihr vier Stichwunden bei. Als die Geschädigte B. zu fliehen versuchte, setzte der Angeklagte ihr nach, wollte aber später zu der nach seiner Vorstellung noch nicht lebensgefährlich verletzten, aber hilflos am Boden liegenden Geschädigten R. zurückkehren, um diese endgültig zu töten. Im Hausflur des Mehrfamilienhauses versetzte der Angeklagte der Geschädigten B. in Tötungsabsicht einen Messerstich. Anschließend konnte er von einem Nachbarn überwältigt werden. Die Handlungen zum Nachteil der beiden Geschädigten sind so eng verflochten , dass der Senat trotz der betroffenen höchstpersönlichen Rechtsgüter natürliche Handlungseinheit annehmen und damit den Schuldspruch wie beantragt ändern kann. Eine Schuldspruchänderung durch das Revisionsgericht ist auch dann möglich, wenn sie sich - wie hier - zum Nachteil des Angeklagten auswirkt (herrschende Meinung, vgl. BGHR StGB § 64 Ablehnung 2 m.w.N.).
§ 265 StPO ist durch die beantragte Änderung des Schuld spruchs nicht verletzt , da nicht ersichtlich ist, wie der Angeklagte sich anders hätte verteidigen können." Dem schließt sich der Senat an. Winkler Miebach von Lienen Becker Hubert
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge (TatopferE. - jeweils lebenslange Freiheitsstrafe) und wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchtem schweren Raub (Tatopfer O. - sieben Jahre Freiheitsstrafe Angeklagter K. ; vier Jahre Freiheitsstrafe Angeklagter S. ) zu lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Hiergegen wenden sich ihre auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel führen jeweils zur Änderung des Schuld- und des Strafausspruchs. Im übrige n sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift ausgeführt: "a) Nach den Urteilsfeststellungen hatten die Angeklagten S. und K. einen Überfall auf das Tatopfer E. geplant, um bei diesem Bargeld zu erbeuten. Der Angeklagte K. sollte die im Haus des E. wohnende Nebenklägerin O. überwältigen und fesseln, um dann gemeinsam auf das Tatopfer E. zu warten und dieses zusammenzuschlagen , damit das vermutete Geld herausgegeben werde. In Ausführung dieses Plans beschränkte sich allerdings der Angeklagte K. nicht auf die Überwältigung der Nebenklägerin, sondern schlug mit der mitgeführten Waffe mehrfach auf deren Kopf ein und schlug und trat sie, wobei er erfolglos nach Geld fragte. Nachdem der Angeklagte K. auch den Angeklagten S. ins Haus gelassen hatte, setzte er die Misshandlungen der Nebenklägerin fort. Anschließend warteten beide Angeklagte auf die Rückkunft des Tatopfers E. das , sie unter schwersten Misshandlungen über einen Zeitraum von mindestens sieben Stunden zur Herausgabe von Bargeld aufforderten. Nachdem E. tödliche Verletzungen beigebracht worden waren, verließen die Angeklagten schließlich unter Mitnahme von Wein- und Sektflaschen das Haus. Zwischenzeitlich wurde auch die Nebenklägerin, nachdem sie ins Schlafzimmer verbracht worden war, erneut geschlagen und nach Geld befragt.
b) Bei dieser Sachlage hält die Auffassung des Landgerichts, die Tat zum Nachteildes E. und die Tat zum Nachteil der Zeugin O. stünden wegen der zeitlichen Zäsur und der Höchstpersönlichkeit der Rechtsgüter der Opfer in Tatmehrheit, rechtlicher Prüfung nicht stand.
Die Gewaltanwendung als tatbestandliche Voraussetzung des Raubes gegenüber den beiden Opfern diente demselben Zweck, nämlich diese zur Herausgabe von im Haus vermuteten Geld oder zur Preisgabe des Aufbewahrungsortes zu veranlassen. Die Gewaltanwendung gegenüber der Nebenklägerin O. war nach der eingetretenen Pause vor der Rückkehr des Tatopfers E. nicht beendet, sondern setzte sich danach fort, weil die Misshandlungen des E. nicht zur Herausgabe von Bargeld oder der Preisgabe eines eventuellen Aufbewahrungsortes geführt hatten. Sowohl nach dem Tatplan als auch nach der konkreten Durchführung der Tat stellten sich die Einwirkungen auf die Nebenklägerin und auf den getöteten E. als tatbestandsmäßige Ausführungshandlungen des Raubes dar, was zur Annahme von Tateinheit führt. Hierdurch werden die gefährliche Körperverletzung zum Nachteil der Nebenklägerin und der Mord zum Nachteil des E. durch das Raubgeschehen zur Tateinheit (§ 52 StGB) verbunden. Der versuchte Raub geht in dem vollendeten Raub mit Todesfolge auf. …
3. Die Änderung des Schuldspruchs führt bei beiden Angekl agten zum Wegfall der Einzelstrafe zum Tatkomplex zum Nachteil der Nebenklägerin. Dies hat zur Folge, dass die (jeweils) als Gesamtstrafe verhängte lebenslange Freiheitsstrafe als Einzelstrafe erhalten bleibt." Dem folgt der Senat. Winkler Miebach von Lienen Becker Hubert
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Staatskasse hat die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dadurch dem Angeklagten B Z entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Der Angeklagte B Z hat die Kosten seiner Revision und die insoweit den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz in drei Fällen zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Dieses Urteil greift die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten, vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision nur insoweit an, als das Landgericht eine besondere Schuldschwere im Sinne von § 57a Abs. 1 Nr. 2 StGB verneint hat. Der Angeklagte wendet sich mit seiner Revision gegen das Urteil insgesamt. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
I.
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen betrat der An- geklagte am 1. Januar 2001 nach 1.00 Uhr die Wohnung seiner Schwägerin N Z , um diese sowie deren Bruder I K und Cousin G K zu töten. Bereits beim Eintreten in das Wohnzimmer gab der Angeklagte aus seiner Pistole in Tötungsabsicht binnen weniger Sekunden in unmittelbarer Folge vier Schüsse auf diese drei Personen ab, wobei zwei Schüsse seine Schwägerin verletzten und ein Schuß deren Bruder traf, während der vierte Schuß deren Cousin verfehlte. Als dieser sich ihm entgegenwarf und an der Abgabe weiterer Schüsse hinderte, kam dem Angeklagten sein 16 Jahre alter Neffe – der Mitangeklagte M Z , der seine Verurteilung wegen Totschlags in zwei Fällen zu acht Jahren Jugendstrafe nicht angefochten hat – zu Hilfe und brachte das Opfer zu Boden. Nunmehr tötete der Angeklagte den Cousin mit fünf Schüssen. Die inzwischen in den Flur der Wohnung gelaufene Schwägerin verfolgte der Angeklagte dann, schoß auf sie, stach mit dem Messer auf sie ein, brachte sie in das Schlafzimmer und tötete sie dort mit zahlreichen weiteren Messerstichen. Daraufhin suchte der Angeklagte in der Wohnung nach dem Bruder, der sich auf dem Balkon versteckt hatte und dort hilflos verharrte. Der Angeklagte fand ihn, zerrte ihn vom Balkon und fügte ihm gemeinsam mit seinem Neffen über 30 Stich- und Schnittverletzungen zu, an denen er rasch verstarb.
II.
Die Revision des Angeklagten hat mit der allein erhobenen Sachrüge keinen Erfolg.
1. Die Urteilsfeststellungen beruhen auf einer tragfähigen, ausreichend begründeten Beweiswürdigung.
2. Der Schuldspruch hält sachlichrechtlicher Nachprüfung stand.
a) Daß der Angeklagte vorsätzlich drei Menschen getötet hat, hat der Tatrichter rechtsfehlerfrei festgestellt. Auch die Annahme, daß das Mordmerkmal der Heimtücke nach § 211 Abs. 2 StGB vorgelegen habe, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Anwendung des Mordmerkmals steht nicht entgegen, daß es in der Vergangenheit zu verbalen Auseinandersetzungen gekommen war, in deren Verlauf der Angeklagte seine Schwägerin unter anderem bei einem Telefonanruf mit den Worten „Ich töte Dich“ bedroht hatte. Erforderlich für die Beseitigung der Arglosigkeit ist auch bei einem vorhergehenden Streit, daß das Opfer im Tatzeitpunkt mit einem tätlichen Angriff rechnet (BGHSt 32, 382, 384; 33, 363, 365; BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 7, 13 und 27). Eine solche Erwartung hat der Tatrichter rechtsfehlerfrei mit der Erwägung ausgeschlossen, daß der Angeklagte in den Stunden vor der Tat seine Schwägerin dreimal angerufen und dabei erklärt hatte, er wolle in dieser Neujahrsnacht noch zu Besuch kommen, mit ihrem Bruder und ihrem Cousin Karten spielen, reden und Tee trinken, da er allein sei, seine Familie sei bei seinen Eltern. Zudem hatte er sich bereit erklärt , die beiden Männer anschließend mit seinem Auto nach Hause zu fahren , so daß sie nicht mit der U-Bahn fahren müßten. Dieses Versprechen hatte die beiden Männer schließlich zum Bleiben veranlaßt.
Weiterhin steht der Anwendung des § 211 StGB weder entgegen, daß I K und G K nach Abgabe der ersten beiden Schüsse auf die N Z mit einem Angriff auf sich rechnen mußten, noch daß G K sich nach Abgabe je eines weiteren Schusses auf ihn und auf I K dem Angeklagten entgegengeworfen hatte und ihn vorübergehend an der Abgabe weiterer Schüsse hindern konnte. Das Opfer kann auch dann arglos und wehrlos sein, wenn der Täter ihm zwar offen feindselig entgegentritt , das Opfer aber die drohende Gefahr erst im letzten Augenblick erkennt, so daß ihm keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff zu begegnen. Die Gefährlichkeit heimtückischen Handelns liegt darin, daß der Täter sein Opfer in hilf-
loser Lage überrascht und dadurch hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu entgehen oder doch wenigstens zu erschweren (BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 3, 15, 16). Maßgebend für die Beurteilung ist die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs. Abwehrversuche, die das durch einen überraschenden Angriff in seinen Verteidigungsmöglichkeiten behinderte Opfer im letzten Moment unternommen hat, stehen der Heimtükke daher nicht entgegen (BGH NJW 1996, 471; NStZ 1999, 506 m. w. N.). Die ersten vier Schüsse wurden auf die drei Opfer binnen weniger Sekunden in unmittelbarer Folge abgegeben. Bei der sich anschließenden Tötung der drei Personen handelte es sich um ein Geschehen, innerhalb dessen sich in wenigen Augenblicken die verschiedenen Teilakte aneinanderreihten. Die Getöteten hatten keine Chance des Entrinnens, nachdem sie einmal in die Gewalt des Angeklagten geraten waren.
b) Auch die Ausführungen zu dem Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe genügen den rechtlichen Anforderungen. Beweggründe sind niedrig, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind, wobei eine Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren zu erfolgen hat (st. Rspr.; vgl. BGHSt 35, 116, 127; BGH StV 1996, 211, 212). Das Landgericht sieht die niedrigen Beweggründe zum einen darin, daß der Angeklagte seine Schwägerin getötet hat, um das Bekanntwerden ihrer durch ihn verursachten Schwangerschaft und eine damit mögliche Bedrohung seiner persönlichen Lebensumstände und Ehrhaftigkeit zu verhindern. Zum anderen nimmt der Tatrichter als Motiv gegenüber allen drei Opfern an, der Angeklagte sei wütend und verärgert gewesen über das von ihnen ausgegebene Geld seines Schwagers, das er für sich beanspruchte.
Das Landgericht hat nachvollziehbar dargelegt, warum die Motive des Angeklagten solche niedrigen Beweggründe darstellen und warum angesichts der getroffenen Feststellungen die Voraussetzungen zur subjektiven
Seite vorgelegen haben. Das die Tötung seiner Schwägerin prägende Motiv steht nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe, weil der Angeklagte die Beendigung des Lebens eines Menschen als Mittel zur Verdekkung eigenen Fehlverhaltens eingesetzt hat (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 35, 37, 39). Wut und Haß, weil die drei Tatopfer die Durchsetzung seiner finanziellen Interessen teilweise verhindert hatten, beruhten ebenfalls auf niedrigen Beweggründen (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 8, 16). Dem Angeklagten war durch seinen Rechtsanwalt mitgeteilt worden, daß er keinen Anspruch auf das von seiner Schwägerin ererbte Geld besaß. Die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten war nicht aufgehoben und nicht einmal als schon erheblich eingeschränkt zu bewerten, wenngleich die Tat, die eine wesentliche Ursache in einer vom Angeklagten namentlich aufgrund seiner Herkunft aus einem fremden Kulturkreis erheblich konfliktbeladen gewerteten persönlichen Krisensituation gehabt hatte, von einer nicht unerheblichen affektiven Spannung begleitet war.
c) Auch die tatrichterliche Wertung der Tötungshandlungen als drei rechtlich selbständige Morde unterliegt keinen durchgreifenden Bedenken.
Der Senat kann noch hinnehmen, daß der Tatrichter von der an sich näherliegenden Annahme von Tateinheit, die im Ergebnis an der Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe und an der Beurteilung der wesentlichen Grundlage für die besondere Schuldschwere – vorsätzliche Tötung von drei Menschen unter Verwirklichung von jeweils zwei Mordmerkmalen – nichts ändern könnte, abgesehen hat.
3. Schließlich ist die Strafzumessung rechtsfehlerfrei. Die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe war rechtlich geboten. Außergewöhnliche Umstände , die die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe als unverhältnismäßig erscheinen lassen und zu einer Anwendung des Strafrahmens des § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB führen können (vgl. BGHSt 30, 105, 119 ff.), liegen nicht
vor. Es handelt sich nicht um eine durch eine notstandsnahe, ausweglos er- scheinende Situation motivierte, in großer Verzweiflung begangene Tat. Vielmehr hat der Angeklagte ungeachtet der festgestellten Konfliktsituation letztlich doch aus niedrigen Beweggründen gehandelt.
III.
Die von der Staatsanwaltschaft angegriffene Ablehnung der Feststellung besonders schwerer Schuld im Sinne des § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB hält rechtlicher Nachprüfung noch stand.
Die Entscheidung der Frage, ob die besondere Schwere der Schuld zu bejahen ist, hat der Tatrichter unter Abwägung der im Einzelfall für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände zu treffen (vgl. BGHSt 40, 360, 370; 41, 57, 62; 42, 226, 227). Dem Revisionsgericht ist bei der Nachprüfung der tatrichterlichen Wertung eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt. Es hat nur zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen hat; es ist aber gehindert, seine eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen (BGH NStZ 1998, 352, 353).
Das Landgericht hat bei der Prüfung der besonderen Schuldschwere eine zusammenschauende Würdigung des Mordgeschehens und der Täterpersönlichkeit vorgenommen. Dabei hat der Tatrichter namentlich bedacht, daß der Angeklagte drei Menschen unter Verwirklichung zweier Mordmerkmale getötet hat, was regelmäßig für die Feststellung besonderer Schuldschwere ausreichen wird. Das Landgericht hat seine abweichende Entscheidung jedoch maßgeblich auf die psychische Situation des Angeklagten gestützt. Dieser fühlte sich beim Fassen des Tatentschlusses und bei der Ausführung der Taten psychisch stark eingeengt. Diesen Zustand durfte der Tatrichter als maßgebliches Kriterium für die Ablehnung besonders schwerer Schuld werten, auch wenn er noch nicht die Qualität eines krankheitswerti-
gen Affektes, der die Anwendung des § 21 StGB gerechtfertigt hätte, erreicht hatte und bei der Besonderheit der Tatursachen auch noch nicht einmal das Vorliegen niedriger Beweggründe aus subjektiven Gründen in Frage stellen konnte.
Allerdings hat der Tatrichter einen nicht unbedeutenden Punkt – nämlich die Einbeziehung des zur Tatzeit 16 Jahre alten Neffen des Angeklagten, der ihn über alles geliebt und verehrt hat, in die Mordtaten – nicht ausdrücklich im Rahmen seiner Gesamtabwägung mitabgehandelt. Die Verstrickung eines Jugendlichen in ein schwerstes Kapitalverbrechen kann fraglos ein für die Schuldschwereentscheidung maßgeblicher Gesichtspunkt sein. Gleichwohl schließt der Senat angesichts des sonst insgesamt außerordentlich sorgfältigen, das Leid der Opfer und den schweren Unrechtsgehalt des Gesamttatgeschehens wie die Konflikte der Täter mit sachverständiger Hilfe ausgewogen bewertenden tatrichterlichen Urteils aus, daß dieser Umstand, auch wenn er nicht ausdrücklich erörtert wurde, außer Betracht geblieben ist.
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(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.
(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.