Bundesgerichtshof Urteil, 10. Mai 2017 - 2 StR 427/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Mai 2017, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl, Dr. Eschelbach, Zeng, Dr. Grube,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung, Staatsanwalt bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger,
Rechtsanwalt in der Verhandlung als Vertreter des Nebenklägers M. S. ,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des sexuellen Missbrauchs von Kindern in acht Fällen und des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 13 Fällen schuldig ist,
b) in den Fällen II. 5-9 der Urteilsgründe - insoweit zu Gunsten des Angeklagten - im Strafausspruch aufgehoben,
c) im Gesamtstrafenausspruch - insoweit auch zu Lasten des Angeklagten - aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen sowie wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft beanstandet - insoweit gemäß § 301 StPO zu Gunsten des Angeklagten - den Schuldspruch in den Fällen II. 5-9 der Urteilsgründe sowie die Verhängung einer zu niedrigen Gesamtfreiheitsstrafe. Das Rechtsmittel führt zu einer teilweisen Änderung des Schuldspruchs und der Aufhebung der insoweit zugrunde liegenden Einzelstrafaussprüche sowie des Gesamtstrafenausspruchs.
I.
- 2
- Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
- 3
- 1. Der strafrechtlich nicht vorbelastete Angeklagte lebte seit 1990 mit seiner Ehefrau zusammen, die fünf Kinder mit in die Ehe gebracht hatte, darunter die beiden am 9. Januar 1986 geborenen Zwillinge Ma. und M. . Die Erziehung seiner Stiefsöhne war durch Gewalttätigkeiten und drakonische Strafen geprägt. Zudem war er ab dem Jahre 1996 gegenüber den Zwillingen und dem ein Jahr jüngeren Stiefsohn F. sexuell übergriffig.
- 4
- Im Jahr 1997 erlitt der Angeklagte bei einem schweren Verkehrsunfall eine Fraktur des ersten Lendenwirbelkörpers und ein inkomplettes Querschnittssyndrom mit Blasen- und Mastdarmlähmung. Seitdem muss er ständig eine Windel tragen, eine Erektion ist ihm nicht mehr möglich.
- 5
- Im Einzelnen hat das Landgericht folgende Übergriffe auf die Zwillingsbrüder festgestellt: - im Zeitraum 8. Januar 1996 bis zum 28. Mai 1997 (Unfall des Angeklagten ) manipulierte der Angeklagte am entblößten Penis des Kindes M. (Fall II. 4) - im Zeitraum 1996 bis zum 31. März 1998 manipulierte der Angeklagte in fünf Fällen am Penis des Kindes M. , nahm diesen in den Mund oder führte einen Finger in den After des Geschädigten ein (Fälle II. 5 bis 9) - im Zeitraum vom 2. September 1997 bis zum 31. Dezember 1999 fasste der Angeklagte dem Geschädigten Ma. in zwei Fällen an das bedeckte Geschlechtsteil und massierte es mehrere Minuten (Fälle II. 1 und 2) - im Jahre 1999 rieb der Angeklagte den Penis des Kindes Ma. und nahm diesen in den Mund (Fall II. 3) - ebenfalls im Jahre 1999 manipulierte der Angeklagte mindestens einmal im Monat am unbedeckten Penis des Geschädigten M. , nahm diesen in den Mund oder führte einen Finger in den After des Kindes ein (Fälle II. 10 bis 21).
- 6
- 2. Die Fälle II. 1, 2 und 4 - begangen im Zeitraum 8. Januar 1996 bis zum 31. Dezember 1999 - hat die Strafkammer als sexuellen Missbrauch von Kindern gemäß § 176 Abs. 1 StGB in der bis 2004 gültigen Fassung abgeurteilt, insoweit minder schwere Fälle angenommen, und jeweils Freiheitsstrafen von sechs Monaten verhängt.
- 7
- Die Fälle II. 3 und 10-21 - begangen im Jahr 1999 - hat die Strafkammer als schweren sexuellen Missbrauch von Kindern gemäß § 176a Abs. 1 StGB in der vom 1. Januar 1999 bis zum 31. März 2004 gültigen Fassung abgeurteilt, insoweit minder schwere Fälle nach § 176a Abs. 3 StGB aF angenommen, und Freiheitsstrafen von jeweils einem Jahr verhängt.
- 8
- Für die Fälle II. 5-9 - begangen im Zeitraum 1996 bis zum 31. März 1998 - hat das Landgericht ebenfalls Einzelfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern im minder schweren Fall gemäß § 176a Abs. 1, 3 StGB aF verhängt.
II.
- 9
- Das Rechtsmittel ist wirksam auf die Fälle II. 5-9 der Urteilsgründe und den Gesamtstrafenausspruch beschränkt.
- 10
- Die Beschwerdeführerin hat zwar einen unbeschränkten Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils gestellt. Jedoch hält sie das Urteil nur deshalb für rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht in den Fällen II. 5-9 eine falsche Rechtsnorm angewandt und eine zu niedrige Gesamtfreiheitsstrafe verhängt habe.
- 11
- Widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung , ist unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV das Angriffsziel durch Auslegung zu ermitteln (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 11. Juni 2014 - 2 StR 90/14, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 9 und zuletzt vom 26. April 2017 - 2 StR 47/17). Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung hat die Beschwerdeführerin deutlich zu erkennen gegeben, dass sie sich allein gegen die Verurteilung in den Fällen II. 5-9 sowie den Gesamt- strafenausspruch wendet und mit ihrem Rechtsmittel nicht das Urteil im Übrigen angreifen will.
III.
- 12
- 1. Die Verurteilung in den Fällen II. 5-9 ist rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht eine falsche Rechtsnorm angewandt hat. Der Qualifikationstatbestand des § 176a StGB ist - was das Landgericht ausweislich der Urteilsgründe im Nachhinein selbst erkannt hat - erst aufgrund des 6. StrRG vom 26. Januar 1998 (BGBl. I, S. 164) mit Wirkung zum 1. April 1998 in Kraft getreten. Die Missbrauchshandlungen in den Fällen II. 5-9 sind demnach als "einfacher" sexueller Missbrauch abzuurteilen. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert.
- 13
- 2. Die Schuldspruchänderung bedingt auch - zu Gunsten des Angeklagten - die Aufhebung der in den Fällen II. 5-9 verhängten Einzelfreiheitsstrafen. § 176 Abs. 1 2. Halbsatz StGB sah für minder schwere Fälle Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor, § 176a Abs. 3 StGB in der Fassung bis zum 31. März 2004 hingegen Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Da sich die Strafkammer bei den verhängten Strafen jeweils an der Untergrenze des zur Verfügung stehenden Strafrahmens orientiert hat, kann der Senat nicht ausschließen, dass die Anwendung des milderen Rechts in den Fällen II. 5-9 auch zu niedrigeren Einzelfreiheitsstrafen geführt hätte; dies gilt auch gerade vor dem Hintergrund, dass das Landgericht für die von der Begehungsweise identischen Taten in den Fällen II. 3 sowie 10-21 unter Anwendung des verschärften Rechts Einzelfreiheitsstrafen von ebenfalls einem Jahr verhängt hat.
- 14
- Soweit die Strafkammer, die ihren Fehler noch vor Abfassung des Urteils erkannt hat, ihren - schriftlichen - Strafzumessungserwägungen nunmehr den Strafrahmen des § 176 Abs. 1 2. Halbsatz StGB aF zugrunde legt, ist dies unbehelflich. Die schriftlichen Urteilsgründe müssen die Gründe des Gerichts dokumentieren , die in der Bewertung unter Beteiligung der Schöffen gewonnen worden sind. Sie dienen dazu, dem Revisionsgericht die Nachprüfung der getroffenen Entscheidung zu ermöglichen. Deshalb ist es unzulässig, zur Absicherung der Entscheidung andere Gründe einzufügen, wie etwa bei Abfassung des Urteils gewonnene neue Erkenntnisse.
- 15
- 3. Der Wegfall der Einzelstrafaussprüche in den Fällen II. 5-9 führt zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs, der im Übrigen auch zu Gunsten des Angeklagten Rechtsfehler aufweist. Die Bildung der Gesamtstrafe ist ein eigenständiger und gemäß § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO im Urteil zu begründender Strafzumessungsakt. Dabei sind an die Begründung der Gesamtstrafenhöhe umso höhere Anforderungen zu stellen, je mehr sich die Strafe der oberen oder unteren Grenze des Zulässigen nähert. Diesen Anforderungen wird die lediglich formelhafte vierzeilige Begründung des Landgerichts nicht gerecht. Neben den bereits für die Einzelstrafen maßgeblichen Kriterien hat die Strafkammer lediglich den engen zeitlichen, sachlichen und situativen Zusammenhang der gleichartigen Taten berücksichtigt. Die Ausführungen des Landgerichts lassen allerdings nicht erkennen, dass es gesamtstrafenspezifische Umstände, wie etwa den Missbrauch von zwei Kindern über einen Zeitraum von vier Jahren, die daraus resultierenden psychischen Beeinträchtigungen und den Missbrauch über die Schutzaltersgrenze hinaus in seine Abwägung einbezogen hat.
- 16
- Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die aufgezeigten Rechtsfehler betreffen die festgestellten Strafzumessungstatsachen nicht; diese können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Er- gänzende Feststellungen, die den bisherigen nicht widersprechen, sind möglich. Der neu entscheidende Tatrichter wird auch zu erwägen haben, ob angesichts des langen Zeitraums zwischen Erlass und Zustellung des erstinstanzlichen Urteils eine Kompensationsentscheidung veranlasst ist. Appl Krehl Eschelbach Zeng Grube
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Annotations
Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder - 3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.
(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.
(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder - 3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.
(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.
(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.