Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 395/11
vom
2. Mai 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Sitzung vom 2. Mai
2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach und
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Bundesanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Trier vom 25. Februar 2011 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes und versuchter Anstiftung zum Mord zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, der die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel ist unbegründet.

I.

2
1. Das Landgericht hat festgestellt:
3
a) Die Vorgeschichte der abgeurteilten Taten gestaltete sich wie folgt: Das Tatopfer K. hatte ein Gehöft in dem abgelegenen Dorf R. betrieben, das Eigentum daran aber verloren und nur ein lebenslanges Wohnrecht zurückbehalten. Das Anwesen hatte früher seinen Eltern gehört, ab dem Jahre 1964 hatte es K. in unrentabler Weise bewirtschaftet, bis es zwangsversteigert werden musste. Später kaufte er es zwar zurück, konnte aber den Kaufpreis nicht aufbringen. Deshalb verkaufte er es an B.
weiter, die dort ein Pflegeheim errichten wollte. K. behielt ein lebenslanges Wohnrecht an einem Zimmer als beschränkt persönliche Dienstbarkeit. In seinem Zimmer hatte er weder fließendes Wasser noch Strom zur Verfügung und lebte in Unrat. Mit B. und allen späteren Mitbewohnern kam es fortlaufend zu Streitigkeiten, weil sich K. nicht mit dem Verlust des Eigentums abfinden konnte. B. wollte deshalb das Anwesen weiterverkaufen , was zunächst scheiterte. Schließlich kauften der Angeklagte und seine Ehefrau C. im Jahre 1987 das Anwesen in der Erwartung, dass es mit K. Ärger geben werde. Sie wollten aber für ihre fünf Schäferhunde und zahlreiche Katzen genügend Platz haben und der Natur nahe sein. K. lehnte ein Angebot von C. S. , ihm sein Wohnrecht abzukaufen , ab.
4
Am 8. Januar 1988 kehrte K. nach der Arbeit und im Anschluss an einen Besuch bei seiner Bekannten J. spät nach Hause zurück und machte sich am Tor der Zufahrt zu schaffen, als der Angeklagte, der auf sein Erscheinen gewartet hatte, in Militärbekleidung mit geladener Selbstladepistole im Hosenbund erschien. Nach kurzem Wortwechsel zog der Angeklagte die Pistole und schoss zweimal mit Tötungsvorsatz auf K. , der aber nur leicht verletzt wurde und in der Dunkelheit fliehen konnte. Der Angeklagte wurde deshalb wegen versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe verurteilt; seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wurde angeordnet. Der Angeklagte konnte aus der Untersuchungshaft fliehen und hielt sich bis zum Eintritt der Vollstreckungsverjährung verborgen. Seine Ehefrau folgte ihm. Während der Flucht wurde ein Abwesenheitspfleger für den Angeklagten bestellt. Seine Mutter vermittelte eine Vermietung des Anwesens an S. F. und deren Lebensgefährten E. W. . Im Zeitraum zwischen November 2001 und April 2002 kehrten der Angeklagte und seine Ehefrau in das Anwesen zurück und bezogen von den Mietern und dem Wohn- rechtsinhaber ungenutzte Räume. Anfangs kam es nicht zu Streitigkeiten mit K. , danach begannen auch wiederum wechselseitige Strafanzeigen.
5
b) Einige Wochen vor dem Auszug der Mieter F. und W. im Juni 2002 aus dem Haus unterbreitete der Angeklagte dem Mieter E. W. das Angebot, ihm 10.000 Euro zu zahlen, wenn er K. töten würde. E. W. lehnte das Ansinnen empört ab, berichtete seiner Lebensgefährtin davon und auch diese wies das Angebot zurück, als der Angeklagte am nächsten Morgen nachfragte. Danach kam es zu Schikanen des Angeklagten gegenüber den Mietern, die schließlich auszogen, ohne eine Strafanzeige zu erstatten.
6
c) Im Sommer 2007 drohte der Angeklagte mit einer Schaufel in der Hand K. mit den Worten, er werde ihm "das Hirn aus dem Kopf schlagen". Später folgten weitere Drohungen. Am 4. September 2007 kam K. gegen 22.30 Uhr nach Hause und stellte sein Auto vor der Einfahrt ab, weil der Angeklagte diese blockiert hatte. Danach wurde K. nicht mehr gesehen. Am 5. September 2007 hatte er einen Arzttermin und war anschließend mit J. verabredet, er erschien aber nicht mehr und ist verschollen.
7
Die Schwurgerichtskammer ist davon überzeugt, dass der Angeklagte K. in der Nacht vom 4. zum 5. September oder am Morgen des 5. September 2007 getötet hat. Anschließend fuhr er nach Überzeugung des Gerichts dessen Auto in das 45 km entfernte C. in Luxemburg und stellte es dort in einer Parkbucht ab. Am Abend des 5. September 2007 wurde das Auto an seinem Abstellort in C. zufällig beschädigt. Die Suche nach dem Halter blieb erfolglos. Nachdem das Auto alsbald nach Verschwinden von K. entdeckt worden war und die Polizei deshalb das Anwesen in R. aufsuchte, verschwanden der Angeklagte und seine Ehefrau am 7. September 2007 plötzlich unter Zurücklassen von Wäsche auf der Leine und unversorgten Haustieren. Nach zwei Wochen kehrten sie zurück und behaupteten , sie seien in Frankreich und Belgien in Urlaub gewesen, wo sie im Auto übernachtet hätten. Die aufwändige weitere Suche der Ermittlungsbehörden nach K. blieb erfolglos.
8
2. Das Landgericht ist im Rahmen seiner Beweiswürdigung davon ausgegangen , dass K. getötet wurde. Er war nach den Feststellungen gesundheitlich kaum beeinträchtigt und nicht depressiv. Für die Annahme eines Todes infolge von Krankheit besteht kein Anlass und für Selbstmord fehlt ein Grund; die Vereinbarung der Termine am 5. September 2007 sprechen nach Auffassung des Tatgerichts dagegen, die Verschollenheit des K. deutet auf ein Tötungsverbrechen hin, zu dessen Realisierung der Angeklagte wiederholt angesetzt und das er angedroht hatte.
9
Von dem Angebot des Angeklagten an E. W. , ihm für die Tötung von K. Geld zu zahlen, hat sich das Landgericht durch Zeugenbeweis überzeugt. Die Annahme, dass K. danach vorsätzlich getötet wurde, hat das Landgericht auf die Umstände seines Verschwindens gestützt. Zu C. , wo sein Fahrzeug gefunden wurde, habe er keine Beziehung gehabt. Das zufällig bald entdeckte Abstellen seines Autos hat das Landgericht als Ablenkungsmanöver bewertet. Es hat sich ferner davon überzeugt, dass der Angeklagte und seine Ehefrau unabhängig davon jedenfalls in C. gesehen worden sind. Der Angeklagte hatte nach Ansicht des Schwurgerichts zudem ein Motiv für die Tötung des unerwünschten Mitbewohners. Die der vollendeten Tötung vorangegangenen Vortaten runden nach seiner Auffassung das Bild ab. Für eine Tatbegehung durch eine andere Person fehle jeder Hinweis. Auch das plötzliche Verschwinden des Angeklagten und seiner Ehefrau am 7. September 2007 sei ein ergänzender Hinweis auf die Täterschaft des Angeklagten. Seine Ehefrau hat das Tatgericht als Täterin ausgeschlossen, unter anderem deshalb, weil sie mit K. ausgekommen war, als der Angeklagte sich wegen des bereits abgeurteilten Tötungsversuchs zunächst in Untersuchungshaft befunden hatte.
10
Der Angeklagte leidet nach den Feststellungen der Schwurgerichtskammer an einer schizotypen Persönlichkeitsstörung. Das begründet nach ihrer Ansicht jedoch kein Eingangsmerkmal im Sinne der §§ 20, 21 StGB.
11
3. Rechtlich hat das Landgericht die Tötung von K. als Mord aus niedrigen Beweggründen bewertet. Vorangegangen war nach seiner Wertung ein fehlgeschlagener Versuch der Anstiftung zum Habgiermord.

II.

12
Der Besetzungseinwand des Angeklagten geht fehl. Der Senat verweist dazu auf seine Urteile vom 11. Januar 2012 - 2 StR 482/11 und 8. Februar 2012 - 2 StR 346/11.

III.

13
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet. Die Verfahrensrügen greifen aus den vom Generalbundesanwalt genannten Gründen nicht durch. Auch die Sachbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
14
1. Von dem Versuch der Anstiftung des Mieters E. W. hat sich das Gericht rechtsfehlerfrei überzeugt. Rechtlich ist gegen die Bewertung dieser Tat als fehlgeschlagener Versuch der Anstiftung zum Mord nichts einzuwenden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Mord und Totschlag selbständige Tatbestände. Danach begründen die Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 StGB die Strafbarkeit, so dass auf Teilnehmer nur § 28 Abs. 1 StGB anwendbar ist und eine Anwendung von § 28 Abs. 2 StGB ausscheidet. Deshalb kommt es für den Schuldspruch nicht darauf an, wie sich der Tatbeitrag des Teilnehmers in seiner Person darstellt; er ist akzessorisch nach der Haupttat zu verurteilen (vgl. Senat, Urteil vom 12. Januar 2005 - 2 StR 229/04, BGHSt 50, 1, 5). Sollte der Haupttäter aus der Sicht des Angeklagten bei dessen Anstiftungsversuch (§ 30 StGB) gegen Entgelt töten, so hätte bei diesem Habgier vorgelegen. Daher ist der Beteiligungsversuch als versuchte Anstiftung zum Habgiermord zu bewerten.
15
2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeten Mordes an K. aus niedrigen Beweggründen, nämlich um ihn als missliebigen Mitbewohner zu beseitigen, ist ebenfalls ohne Rechtsfehler erfolgt. Ihr steht nicht entgegen, dass Tatsachenfeststellungen zum eigentlichen Tatgeschehen nicht getroffen werden konnten.
16
a) Die Tatsache, dass der verschollene K. tot ist, wurde im angefochtenen Urteil rechtsfehlerfrei anhand der Gesamtumstände des plötzlichen Verschwindens mit Hilfe von Indizien festgestellt. Der Annahme eines Tötungsverbrechens steht die Tatsache, dass der Ablauf beim eigentlichen Tatgeschehen unbekannt geblieben ist, nicht entgegen, weil für eine vorsätzliche Tötung jede Art der bewussten und gewollten Verursachung des Todes eines anderen Menschen ausreicht.
17
b) Das Tatgericht war auch rechtlich nicht daran gehindert, in einem Ausschlussverfahren, das alle konkret in Frage kommenden Alternativen zurückweist , Rückschlüsse auf die vorsätzliche Verursachung des Todes des Opfers durch den Angeklagten zu ziehen.
18
Dieses methodische Vorgehen ist allerdings nur dann eine tragfähige Grundlage für die Verurteilung wegen eines Tötungsverbrechens und für die Feststellung der Täterschaft des Angeklagten, wenn alle relevanten Alternativen mit einer den Mindestanforderungen an die tatrichterliche Überzeugungsbildung genügenden Weise abgelehnt werden, wobei ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit genügt, das vernünftige und nicht bloß auf denktheoretische Möglichkeiten gegründete Zweifel nicht zulässt (vgl. Senat, Urteil vom 2. August 1995 - 2 StR 221/94, BGHSt 41, 206, 214; Urteil vom 6. November 1998 - 2 StR 636/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16). Die zur richterlichen Überzeugung erforderliche persönliche Gewissheit setzt zudem ausreichende objektive Grundlagen voraus. Deshalb müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer nachvollziehbaren Tatsachengrundlage beruht und dass sich die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung nicht als bloße Vermutung erweist, die nicht mehr als einen Verdacht zu begründen vermag (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1980 - 3 StR 204/80, NStZ 1981, 33; Beschluss vom 26. September 1994 - 5 StR 453/94, StV 1995, 453 f.). Fehlen für die Täterschaft anderer Personen als des Angeklagten hier auch unmittelbar tatbezogene Indizien, so darf selbst eine fernliegende Tatbegehung durch einen Dritten nicht ohne Weiteres außer Betracht gelassen werden. Vielmehr muss auch die Möglichkeit der Täterschaft eines Dritten anhand von Tatsachen ausgeschlossen werden, um den Angeklagten belasten zu können (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 1999 - 1 StR 171/98, NJW 1999, 1562, 1563 f.).
19
Das Landgericht hat alle nach Feststellung des Todes des Verschollenen im konkreten Einzelfall in Betracht kommende Alternativen einer Selbsttötung, eines krankheitsbedingten natürlichen Todes oder der schuldhaften Verursachung des Todes von K. durch eine dritte Person erwogen und diese jeweils mit rechtsfehlerfreien Erwägungen verworfen.
20
Dabei ist insbesondere von Bedeutung, dass der Angeklagte ebenso wie das Tatopfer zur Tatzeit zurückgezogen lebten und kaum soziale Kontakte hatten , ferner dass sie abgeschieden wohnten und bei dieser Sachlage konkrete Hinweise auf die Beteiligung eines Dritten am Verschwinden von K. und an der Verursachung seines Todes fehlen. Nur der Angeklagte hatte wiederholt ein Interesse an der Beseitigung der Person von K. gezeigt und zur Tötung im Jahre 1987 sowie zum Versuch der Anstiftung des Mieters E. W. zum Mord an K. im Jahre 2002 angesetzt. Nachdem die Mieter aus dem Anwesen ausgezogen waren, stand - außer der Ehefrau des Angeklagten - keine weitere Person zur Verfügung, die als Täter entweder aus eigenem Antrieb oder aufgrund einer Anstiftungshandlung des Angeklagten in Frage gekommen wäre (zu den Anforderungen an die Beweiswürdigung hinsichtlich der Alternative eines anderen Auftragsgebers beim Anstiftungsversuch BGH, Urteil vom 4. Dezember 2003 - 5 StR 250/03, NStZ-RR 2004, 116, 117). Die Ehefrau des Angeklagten wurde vom Landgericht mit rechtsfehlerfreier Begründung als Täterin des Tötungsverbrechens im Jahre 2007 ausgeschlossen. Die Möglichkeit, dass eine dritte Person K. getötet und die Leiche beseitigt hat, erweist sich nach allem als eine nur theoretisch denkbare Alternative , welche der tatrichterlichen Überzeugungsbildung von der Täterschaft des Angeklagten bei der vorsätzlichen Tötung von Rechts wegen nicht entgegen steht.
21
c) Die Feststellung eines Mordmerkmals ist rechtsfehlerfrei erfolgt.
22
Allerdings setzt dies voraus, dass bei sämtlichen Sachverhaltsvarianten, welche der Tatrichter nach Ausschöpfung aller Beweismittel unter Ausschluss anderweitiger Geschehensabläufe für möglich erachtet, ein Mordmerkmal erfüllt ist (vgl. Senat, Urteil vom 16. Dezember 1998 - 2 StR 340/98, NStZ-RR 1999, 106, 107). Niedrige Beweggründe standen latent hinter dem Gesamtgesche- hen, insbesondere den der vollendeten Tötung vorangegangenen Taten, die auch auf eine Tötung von K. ausgerichtet waren. Das Streben des Angeklagten war über Jahrzehnte hinweg darauf gerichtet, den lästigen Mitbewohner los zu werden. Bei dieser Sachlage ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landgericht dieses - bei theoretisch möglichem Vorliegen vertypter niedriger Beweggründe subsidiäre - Motiv als bestimmenden Handlungsantrieb zur eigentlichen Tatbegehung zu Grunde gelegt hat. Dabei handelt es sich um eine Mindestfeststellung unter Ausschluss aller derjenigen Alternativen, welche hinter dem Anforderungsprofil eines Mordes zurückbleiben würden. Nur denkbare weitere Mordmerkmale, die hinzukommen könnten, wie Heimtücke bei der Art der Tatausführung, die aber nicht feststellbar sind, würden diese Verurteilung ebenfalls nicht ausschließen.
23
3. Das Vorliegen eines erheblich verminderten Hemmungsvermögens bei der Tatbegehung (§ 21 StGB) hat das Landgericht rechtsfehlerfrei verneint. Irgendwelche Einflüsse durch Alkohol- oder Drogenkonsum lagen nicht nahe, weil der Angeklagte, soweit es den Urteilsfeststellungen zu entnehmen ist, generell nicht zu solchem Konsum neigte. Die vom Landgericht allgemein festgestellte schizotype Persönlichkeitsstörung genügt nicht zur Annahme des Vorliegens eines Eingangsmerkmals im Sinne der §§ 20, 21 StGB. Ein Anhaltspunkt dafür, dass dies zur Tatzeit in stärkerem Maße dennoch der Fall gewesen sein könnte, ist nicht erkennbar. Bei dieser Sachlage ist es rechtlich nicht zu beanstanden , dass das Landgericht von dem Grundsatz ausgegangen ist, dass gesunde Erwachsene in vollem Umfang schuldfähig sind.
Ernemann Appl Krehl Eschelbach Ott

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Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


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Strafgesetzbuch - StGB | § 30 Versuch der Beteiligung


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Strafgesetzbuch - StGB | § 28 Besondere persönliche Merkmale


(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. (2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Mer

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 482/11
vom
11. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Januar
2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
Dr. Appl,
Prof. Dr. Schmitt,
Prof. Dr. Krehl,
Bundesanwältin und
Richter am Landgericht
- in der VerhandlungRichter
am Landgericht
- bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 24. Juni 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der schweren räuberischen Erpressung freigesprochen. Die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

2
1. Die Staatsanwaltschaft hat dem Angeklagten mit Anklageschrift vom 21. April 2011 Folgendes zur Last gelegt:
3
Der Angeklagte habe sich am 19. März 2011 gegen 11.00 Uhr zu dem Lebensmittelgeschäft W. in G. /W. begeben. Er sei nicht mas- kiert gewesen, habe sich aber eine Kapuze übergezogen. In seiner Hand habe er eine schwarze Pistole gehalten. Diese habe er auf die Zeugin Wi. gerichtet und von ihr mit den Worten "Überfall und Geld her und Kasse auf" Bargeld in der Stückelung von 10, 20 und 50 Euro verlangt. Die Zeugin habe ihm 1.220 Euro in bar ausgehändigt und das Geld in einen von ihm bereit gehaltenen schwarzen Stoffbeutel gefüllt.
4
2. Die Strafkammer hat festgestellt:
5
Der Angeklagte fuhr am 19. März 2011 etwa um 11.00 Uhr mit einem von ihm angemieteten PKW Ford Mondeo mit ortsfremdem Kennzeichen auf der Hauptstraße durch G. in Richtung des Nachbarortes. Unmittelbar nachdem er eine Unterführung der BAB A 3 passiert hatte, bog er nach links in einen Feldweg ab. In engem zeitlichem Zusammenhang mit dieser Fahrt des Angeklagten - kurz vor 11.00 Uhr - geschah in G. auf der Hauptstraße die ihm zur Last gelegte Tat.
6
Die Verkäuferin des Lebensmittelgeschäftes, die Zeugin Wi. , konnte den Angeklagten bei einer Wahllichtbildvorlage zwar nicht identifizieren, meinte jedoch, nach dem Gesicht und der Mundpartie komme der Angeklagte "am ehesten" als Täter in Betracht. Bei einer Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten am 29. März 2011 wurden eine Gaspistole, die abwechselnd mit Gas- und Knallpatronen geladen war, ein dunkles Kapuzenshirt, eine dunkle Stofftasche sowie weiße Turnschuhe sichergestellt. Die Gegenstände entsprechen deutlich der Beschreibung, die die Zeugin Wi. von der Kleidung des Täters, seiner Pistole und der zum Abtransport der Beute verwendeten Stofftasche gegeben hatte.

7
3. Das Landgericht hat sich von der Täterschaft des Angeklagten nicht zu überzeugen vermocht. Zwar seien die verschiedenen Einlassungen des Angeklagten , er sei zur Tatzeit nicht in G. gewesen und habe sich bereits auf dem Heimweg nach Hamburg befunden, durch die Angaben der Zeugin S. widerlegt. Auch belasteten ihn die in seiner Wohnung aufgefundenen Gegenstände erheblich. Dennoch verblieben durchgreifende Zweifel an seiner Täterschaft. Die von der Zeugin Wi. abgegebene Täterbeschreibung treffe in wesentlichen Punkten nicht auf den Angeklagten zu. Darüber hinaus habe der Zeuge K. ausgesagt, er habe zur Tatzeit vor dem Lebensmittelgeschäft einen dunklen Kombi der Marke BMW gesehen, der ihm deshalb aufgefallen sei, weil an dem Fahrzeugheck sowohl das amtliche Kennzeichen als auch die Kennzeichenhalterung gefehlt habe. Diese Beobachtung deute darauf hin, dass ein anderer Täter das durch Entfernen des Kennzeichens präparierte Fahrzeug für den Überfall auf den Lebensmittelmarkt als Fluchtfahrzeug benutzt habe.

II.


8
1. Der Senat ist mit Vorsitzendem Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann sowie den Richtern am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer, Dr. Appl, Prof. Dr. Schmitt und Prof. Dr. Krehl vorschriftsmäßig besetzt. Das Recht des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ist gewahrt.
9
Das Präsidium des Bundesgerichtshofs hat in Wahrnehmung der ihm nach § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG obliegenden Aufgabe (siehe Meyer-Goßner 54. Aufl. § 21f GVG Rn. 3) dem Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann - zusätzlich zum Vorsitz im 4. Strafsenat - den Vorsitz im 2. Strafsenat zugewiesen und bestimmt, dass im Kollisionsfall die Tätigkeit im 2. Strafsenat vorgeht. Es hat bei dieser Regelung in willkürfreier Auslegung des § 21 Abs. 2 Satz 1 GVG und unter Berücksichtigung der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 2006, 154; BSG NJW 2007, 2717; BVerwG NJW 1986, 1366) angenommen, dass nach Ausscheiden der früheren Vorsitzenden des 2. Strafsenats aus dem Dienst am 31. Januar 2010 und anschließender Vakanz im Vorsitz jedenfalls mit Beginn des Geschäftsjahres 2012 keine vorübergehende Verhinderung des Vorsitzenden im Sinne dieser Vorschrift mehr gegeben ist, die eine weitere Vertretung im Vorsitz des 2. Strafsenates zuließe. Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann nimmt die ihm zugewiesene Aufgabe als Vorsitzender des 2. Strafsenates des Bundesgerichtshofs in dem vom Gesetz vorausgesetzten und in der Sache gebotenen Umfang wahr. Nach dem Geschäftsverteilungsplan des 2. Strafsenats steht er allen Spruchgruppen als Vorsitzender vor.
10
Dass die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer, Dr. Appl, Prof. Dr. Schmitt und Prof. Dr. Krehl im vorliegenden Fall zur Entscheidung berufen sind, ergibt sich aus der senatsinternen Geschäftsverteilung vom 28. Dezember 2011, welche die Sache der Spruchgruppe 1 in dieser personellen Besetzung zuweist.
11
2. Der Freispruch hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
12
a) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an dessen Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Ein Urteil kann indes keinen Bestand haben, wenn die Beweiswürdigung Rechtsfehler aufweist. Das ist etwa der Fall, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht berücksichtigt oder nahe liegende Schlussfolgerungen nicht erörtert werden, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; BGH NJW 2008, 2792; NStZ 2010, 407; NStZ-RR 2010, 182). Der Tatrichter ist gehalten, die Gründe für den Freispruch so vollständig und genau zu erörtern, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, an Hand der Urteilsgründe zu prüfen, ob der Freispruch auf rechtsfehlerfreien Erwägungen beruht. Insbesondere muss er sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinandersetzen, wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen (BGH NJW 2008, 2792; Meyer-Goßner StPO, 54. Aufl., § 267 Rn. 33 mwN).
13
b) Daran gemessen begegnet die Beweiswürdigung des Landgerichts durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
14
Das angefochtene Urteil ist lückenhaft, soweit es sich mit den in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Gegenständen befasst. Die Urteilsgründe teilen hierzu lediglich mit, dass Pistole, Bekleidung und Stofftasche „deutlich“ der Beschreibung des Tatopfers von der Tatwaffe, der Täterkleidung sowie der zum Abtransport des Geldes verwendeten Stofftasche entsprachen. Zwar belaste das den Angeklagten erheblich, es sei aber auch zu bedenken, dass es sich - mit Ausnahme der Gaspistole - um weit verbreitete Gegenstände handele, die zudem keine individuellen Merkmale aufwiesen.
15
Diese Ausführungen reichen nicht aus, um dem Revisionsgericht die Überprüfung zu ermöglichen, ob der Freispruch auf rechtsfehlerfreien Erwägungen zum Beweiswert der in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Gegenstände beruht. Insbesondere lassen sie nicht erkennen, ob das Landgericht dabei alle für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkte in seine Überlegungen einbezogen hat. Die Strafkammer versäumt es, die in der Wohnung sichergestellten Gegenstände näher zu beschreiben. Außerdem teilt sie nicht mit, welche konkreten Angaben die Zeugen Wi. und M. zu den Gegenständen gemacht haben, die bei der Tat verwendet wurden. Insoweit vermag der Senat nicht zu überprüfen, ob und inwieweit eine Übereinstimmung besteht, insbesondere wie das Landgericht zu der Wertung gelangt, die sichergestellten Gegenstände entsprächen "deutlich" der Beschreibung des Tatopfers. Dabei bleibt - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - offen, ob die Gegenstände der Beschreibung der Zeugin Wi. aufgrund charakteristischer Merkmale so ähneln, dass ein anderer Schluss als Identität fernliegend wäre.
16
Darüber hinaus fehlen Ausführungen in den Urteilsgründen zum Fundort von Gaspistole, Kapuzenshirt und Stofftasche in der Wohnung des Angeklagten. Auch aus der Auffindesituation der Gegenstände hätten sich aber möglich- erweise Schlüsse dahingehend ziehen lassen, ob sie bei dem Überfall verwendet wurden. Wurden sie etwa zusammen verwahrt, konnte dies auch unabhängig von der Frage, ob und inwieweit sie als Einzelstücke individuelle Besonderheiten aufwiesen, in hohem Maße dafür sprechen, dass sie wenige Tage zuvor auch gemeinsam benutzt wurden.

Ernemann Fischer Appl Schmitt Krehl

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 346/11
vom
11. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Januar 2012

beschlossen:
1. Es wird festgestellt, dass der Senat nicht ordnungsgemäß besetzt ist. 2. Die Hauptverhandlung wird ausgesetzt.

Gründe:


1
Der Senat ist nicht ordnungsgemäß besetzt. Der Geschäftsverteilungsplan , mit dem Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann ab 1. Januar 2012 dem 2. Strafsenat als Vorsitzender zugewiesen ist, steht mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht in Einklang. Das hat der Senat, auch ohne dass eine ausdrückliche Besetzungsrüge vorliegt, von Amts wegen zu prüfen. Dies führt zur Aussetzung der Hauptverhandlung.

I.

2
Die Stelle des Vorsitzenden des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs ist seit dem ruhestandsbedingten Ausscheiden der vormaligen Vorsitzenden zum 31. Januar 2011 unbesetzt; der Geschäftsverteilungsplan weist seit diesem Zeitpunkt den Vorsitz mit "N.N." aus. Die Funktion des Vorsitzenden im Senat, dem im Hinblick auf eine voraussichtlich längere Vakanz zum 1. Februar 2011 als Ersatz für die ausgeschiedene Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berger zugeteilt worden ist, hat vom 1. Februar bis 31. Dezember 2011 der stellvertretende Vorsitzende, Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer, wahrgenommen.
3
Die Stelle des Vorsitzenden des 2. Strafsenats ist weiterhin vakant. Der stellvertretende Vorsitzende dieses Senats, der sich neben anderen um diese Stelle beworben hat, hat die ihm erteilte Anlassbeurteilung angefochten und gegen die beabsichtigte Ernennung eines anderen Bewerbers Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Mit Beschluss vom 24. Oktober 2011 hat daraufhin das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Stelle zu besetzen, bevor Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu beurteilt worden ist. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
4
Am 11. Januar 2012 ist dem Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer eine neue Beurteilung ausgehändigt worden. Das Besetzungsverfahren , dessen weitere Dauer derzeit nicht absehbar ist, kann daher seinen Fortgang nehmen.
5
Das Präsidium des Bundesgerichtshofs hat am 15. Dezember 2011 mehrere Mitglieder des 2. Strafsenats zu einer geplanten Änderung des Geschäftsverteilungsplans für das Geschäftsjahr 2012 angehört und sodann diese Änderung beschlossen. Danach ist mit Wirkung vom 1. Januar 2012 dem Vorsitzenden des 4. Strafsenats, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann, der zum 30. Juni 2012 in den Ruhestand treten wird, auch der Vorsitz des 2. Strafsenats übertragen worden; zugleich bestimmt der Geschäftsverteilungsplan , dass die Tätigkeit im 2. Senat Vorrang gegenüber derjenigen im 4. Strafsenat hat. Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Schmitt, der bisher allein Mitglied des 2. Strafsenats war, wurde mit jeweils 50% seiner Arbeitskraft dem 2. und 4. Strafsenat zugewiesen.
6
Grund für diese Änderung des Geschäftsverteilungsplans war, dass das Präsidium des Bundesgerichtshofs eine weitere Wahrnehmung der Aufgaben des Senatsvorsitzenden durch den Stellvertreter im 2. Strafsenat nicht mehr für zulässig hielt, weil es sich nach Ablauf von elf Monaten der Vakanz nicht mehr um eine vorübergehende Verhinderung im Sinne des § 21f Abs. 2 GVG handele.

II.

7
Der Geschäftsverteilungsplan, mit dem Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann ab 1. Januar 2012 zugleich dem 2. und dem 4. Strafsenat als Vorsitzender zugewiesen ist, steht nicht mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG in Einklang.
8
1. Jeder Spruchkörper hat bei auftretenden Bedenken die Ordnungsmäßigkeit seiner Besetzung - von Amts wegen - zu prüfen und darüber in eigener Verantwortung zu entscheiden (vgl. BVerfGE 95, 322, 330). Dies gilt unabhängig vom Vorliegen eines Besetzungseinwands von Verfahrensbeteiligten. Dem steht auch nicht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach ein Geschäftsverteilungsplan solange als verbindlich anzusehen ist, bis seine Rechtswidrigkeit (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren) festgestellt oder er anderweitig aufgehoben ist (vgl. BVerwGE 50, 11 ff.). Diese bezieht sich allein auf die Rechtslage bei der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung eines Geschäftsverteilungsplans durch Richter, die sich durch die Geschäftsverteilung in eigenen Rechten verletzt sehen. Es entbindet deshalb die Fachgerichte im Rahmen der ihnen obliegenden Pflicht zur Justizgewährung nicht davon, die Rechtmäßigkeit ihrer Besetzung jeweils eigenständig zu prüfen und darüber zu entscheiden (vgl. BVerwG NJW 1980, 900). Denn ein gesetzwidrig besetztes Gericht ist nicht zur Sachentscheidung berufen (vgl. etwa auch § 338 Nr. 1 StPO).
9
Zu beachten ist freilich, dass die Überprüfung von Geschäftsverteilungsplänen im Hinblick auf deren Rechtsnatur Grenzen unterliegt. Geschäftsverteilungspläne werden vom Präsidium eines Gerichts in Wahrnehmung der ihm nach § 21e GVG übertragenen Aufgabe in richterlicher Unabhängigkeit beschlossen (vgl. BGHZ 46, 147, 148 f). Die Verteilung der richterlichen Aufgaben liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Präsidiums, dem dabei ein weiter Einschätzungs - und Prognosespielraum eingeräumt ist. Dieser ist nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte erst überschritten, wenn für die Entscheidungen kein sachlicher Grund ersichtlich ist und die Verteilung der Geschäfte maßgeblich durch sachfremde Erwägungen geprägt, also die Grenze zur objektiven Willkür überschritten ist (vgl. BVerwG NJW 1982, 2274; s. auch BVerfG NJW 2008, 909). Dies führt naturgemäß dazu, dass der Geschäftsverteilungsplan insoweit nur einer beschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, die sich nicht darauf zu erstrecken hat, ob sich die getroffene Regelung als die zweckmäßigste darstellt oder sich bessere Alternativen angeboten hätten.
10
Davon unberührt bleibt aber die Prüfung, ob im Rahmen des Geschäftsverteilungsplans der Grundsatz des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG mit seinen Gewährleistungen hinreichende Beachtung gefunden hat (vgl. BVerfGE 95, 322, 330).
11
2. Schon angesichts des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs stellt der Senat die Ausgangsüberlegung des Präsidiums, der Vorsitz im 2. Strafsenat könne nach elf Monaten der Vakanz nicht länger von dem geschäftsplanmäßigen Vertreter wahrgenommen werden, nicht in Frage. Die Ansicht, es liege angesichts der Dauer des Besetzungsverfahrens eine nicht nur vorübergehende Verhinderung des Vorsitzenden vor, die eine Vertretung durch den Stellvertreter gemäß § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG nicht mehr erlaube, ist nach Ansicht des Senats zwar nicht zwingend, aber jedenfalls vertretbar und ersichtlich frei von Willkür (vgl. hierzu BGH NJW 2006, 154; BFHE 190, 47; BVerwG NJW 2001, 3493; BSG NJW 2007, 2717).
12
Soweit der Senat anderer Auffassung ist und im Falle einer Vakanz bei Durchführung eines gesetzlich geregelten Konkurrentenstreitverfahrens, an dessen Ende - anders etwa als bei unabsehbarer Erkrankung, die auch mit dauernder Dienstunfähigkeit enden kann - in jedem Fall eine Besetzung der ausgeschriebenen Stelle erfolgt, in der Regel eine nur vorübergehende Verhinderung des Vorsitzenden annehmen will, steht dies zu der Entscheidung des Präsidiums und zu den genannten Entscheidungen anderer Bundesgerichte nicht in Widerspruch. Die zitierte Rechtsprechung hat eine solche Fallkonstellation nicht zum Gegenstand, ist einzelfallbezogen ergangen und wollte ausdrücklich starre Fristen und allgemein geltende Regeln für die Auslegung des Begriffs der "vorübergehenden" Verhinderung im Sinne von § 21f Abs. 2 GVG nicht aufstellen. Zudem besteht in der zugrundeliegenden Konstellation, in der Gerichte zur Klärung von im Zusammenhang mit der eingeleiteten Stellenbesetzung entstandenen Rechtsfragen aufgerufen sind, nicht die Gefahr, die Exekutive könne durch unvertretbares oder sachlich nicht begründetes Zuwarten mit der Stellenbesetzung Einfluss auf die konkrete Besetzung des Gerichts nehmen (vgl. BVerfGE 18, 423, 426; BayVerfGH NJW 1986, 1326).
13
Gegenstand der Prüfung durch den Senat ist daher nicht etwa die Frage, ob das Präsidium überhaupt hätte tätig werden können oder müssen, sondern allein, ob die aufgrund der vom Präsidium vertretbar angenommenen Pflicht zum Tätigwerden konkret getroffene Entscheidung, den 2. und den 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit demselben Richter als Vorsitzenden zu besetzen , mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG in Einklang steht.
14
3. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistet das Recht auf den gesetzlichen Richter. Ziel der Verfassungsgarantie ist es, der Gefahr einer möglichen Einflussnahme auf den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung vorzubeugen, die durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter eröffnet sein könnte (BVerfGE 95, 322, 327). Damit sollen die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtssuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden. Deshalb verpflichtet Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zunächst den Gesetzgeber dazu, eine klare und abstrakt-generelle Zuständigkeitsordnung zu schaffen, die für jeden denkbaren Streitfall im Voraus den Richter bezeichnet, der für die Entscheidung zuständig ist. Normen, die gerichtliche Zuständigkeiten bestimmen, sind so zu fassen, dass aus ihnen der im Einzelfall zuständige Richter möglichst eindeutig erkennbar wird. Das Gebot der normativen Vorausbestimmung wendet sich aber auch an die Judikative, die neben den Organen von Legislative und Exekutive ebenfalls Adressat der Garantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist (BVerfGE 82, 286, 298). Daher sind sowohl das Präsidium eines Gerichts beim Beschluss der Geschäftsverteilungspläne als auch die gerichtlichen Spruchkörper in ihren Mitwirkungsregelungen von Verfassungs wegen gehalten, hinreichend bestimmte Regelungen zur Zuständigkeit des einzelnen Richters zu schaffen.
15
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darüber hinaus einen materiellen Gewährleistungsgehalt. Die Verfassungsnorm garantiert, dass der Rechtssuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist und die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet (BVerfGE 82, 286, 298; 89, 28, 36). Der Normgeber einer Zuständigkeits- oder Besetzungsregelung hat deshalb Vorsorge dafür zu treffen, dass die Richterbank im Einzelfall mit Richtern besetzt ist, die dem zur Entscheidung anstehenden Streitfall mit der erforderlichen professionellen Distanz gegenüberstehen und ihr Amt in inhaltlicher Unabhängigkeit sachgerecht ausüben können.
16
Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist somit nicht nur als formale Bestimmung zu verstehen, die schon erfüllt ist, wenn die Richterzuständigkeit abstrakt-generell für alle anhängig werdenden Verfahren geregelt ist. "Ungesetzlich" ist auch derjenige Richter, der in seiner Person nicht den materiellen Anforderungen des Grundgesetzes entspricht (vgl. BVerfGE 82, 286, 298).
17
a) Der vom Präsidium des Bundesgerichtshofs mit Wirkung ab 1. Januar 2012 beschlossene Geschäftsverteilungsplan, durch den dem Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann der Vorsitz in zwei Strafsenaten zugleich übertragen worden ist, scheint auf den ersten Blick dem Gebot der normativen Vorausbestimmung zu genügen. Zwar fehlt - anders als bei Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Schmitt, der beiden Senaten jeweils mit der Hälfte seiner Arbeitskraft zugewiesen ist - eine ausdrückliche Bestimmung darüber , wie die Arbeitskraft des Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann auf die Senate zu verteilen ist. Bei Auslegung der getroffenen Regelungen für den 2. und 4. Strafsenat ergibt sich aber, dass ihm - ohne dass es insoweit auf die Frage der Verteilung seiner Arbeitskraft ankäme - jeweils allein und eigenverantwortlich, somit in vollem Umfang, die Wahrnehmung des Vorsitzes in beiden Senaten obliegt. Damit erfährt die Zuweisung des Vorsitzenden im Ausgangspunkt eine hinreichend bestimmte Regelung, die auch in der Vergangenheit - etwa bei zusätzlicher Übertragung eines Vorsitzes in einem Spezialsenat - verfassungsrechtlich unbeanstandet geblieben ist.
18
Zu berücksichtigen ist hier freilich die Besonderheit, dass dem Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann der Vorsitz in zwei voll ausgelasteten Strafsenaten des Bundesgerichtshofs übertragen worden ist, die für sich, wie bisher unbezweifelt geblieben ist, jeweils die volle Arbeitskraft eines Vorsitzenden Richters beanspruchen. Daher könnten Zweifel aufkommen, wie der im Geschäftsverteilungsplan vorgesehene, allerdings nicht näher erläuterte Vorrang des Vorsitzes im 2. Strafsenat zu verstehen ist und ob er dem Gebot der normativen Vorausbestimmung hinsichtlich gleichzeitiger Anforderungen durch den 2. und 4. Strafsenat entspricht. Denn es liegt auf der Hand, dass es im Geschäftsablauf zweier Strafsenate - bezogen auf den Vorsitz - ständig zu Kollisionen hinsichtlich unterschiedlicher zu erfüllender Aufgaben kommen kann. Dies gilt unabhängig davon, dass beide Senate in ihren Mitwirkungsgrundsätzen jeweils alternierende Beratungswochen vorgesehen haben. Gleichwohl können Organisations- und Verwaltungsangelegenheiten, Beratungs - und Verhandlungstermine des einen Senats zeitgleich mit Aufgaben im anderen Senat zusammentreffen. Ob jede Form einer dienstlichen Beanspruchung im 2. Strafsenat, etwa auch die Auslastung mit Verwaltungsangelegenheiten , es rechtfertigt, die Wahrnehmung des Vorsitzes im 4. Strafsenat zurückzustellen , lässt sich der Vorrangregelung nicht eindeutig entnehmen; diese könnte auch auf Terminskollisionen hinsichtlich aller oder einzelner richterlicher Aufgaben beschränkt sein.
19
Insoweit spricht Einiges dafür, dass im Geschäftsverteilungsplan ein vermeidbarer Spielraum verbleibt, weil er offen lässt, in welchen Fällen mögli- cher dienstlicher Verhinderung im 2. Strafsenat die richterliche Tätigkeit im 4. Strafsenat zurücktreten darf. Der Senat braucht dies nicht zu entscheiden, da nach seiner Ansicht die Übertragung eines Doppelvorsitzes jedenfalls mit der materiell-rechtlichen Gewährleistung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht in Einklang zu bringen ist.
20
b) Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG stellt - wie oben dargelegt - materielle Anforderungen an den gesetzlichen Richter, die auch das Präsidium bei der Aufstellung seiner Geschäftsverteilungspläne zu beachten hat. Nur der neutrale, unparteiliche und unabhängige Richter ist "gesetzlicher Richter" im Sinne der Verfassungsnorm. Herausragende Bedeutung kommt dabei der durch Art. 97 GG geschützten Unabhängigkeit des Richters zu, die ihrerseits nicht nur zu den grundlegenden verfassungsgestaltenden Strukturprinzipien des Grundgesetzes zählt, sondern vor allem auch notwendige Voraussetzung für die Verwirklichung des Justizgewährungsanspruchs ist (vgl. Papier NJW 1990, 8, 9). Grundrechtlich garantierter effektiver Rechtsschutz ist (unter anderem) nur durch sachlich und persönlich unabhängige Richter möglich. Aus diesem Grund sind sie prinzipiell unabsetzbar und unversetzbar (BVerfGE 14, 156, 193; 17, 252, 259).
21
Darin aber erschöpft sich die Gewährleistung der richterlichen Unabhängigkeit nicht; sie fordert auch Minimalbedingungen für die freie Ausübung der richterlichen Tätigkeit. So wenig ein Richter durch Maßnahmen der Geschäftsverteilung aus seinem Amt verdrängt werden darf (vgl. BVerfGE 17, 252, 259; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 28. November 2007 - 2 BvR 1431/07 - NJW 2008, 909), indem ihm durch den Geschäftsverteilungsplan praktisch kaum noch Aufgaben zugewiesen werden, so wenig darf er mit unerfüllbaren Aufgaben beauftragt werden, indem ihm ein Pensum auferlegt wird, das sich in sachgerechter Weise nicht mehr erledigen lässt (vgl. BGH, Urt. vom 3. Dezember 2009 - RiZ(R) 1/09 - juris). Eine sichere oder auch nur in Kauf genommene dauerhafte Überlastung eines Richters beeinträchtigt ohne Weiteres die gleichmäßige Verwirklichung des Justizgewährungsanspruchs der Rechtssuchenden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. November 2005 - 1 A 494/05 - juris) und stellt damit die Unabhängigkeit des Richters bei der Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben in Frage (vgl. BVerwGE 78, 211 ff.).
22
Maßgeblich für die Beurteilung, ob das übertragene Pensum sich (noch) sachgerecht erledigen lässt, ist ein abstrakt-genereller Maßstab. Es ist nicht auf die individuelle Belastbarkeit des einzelnen Richters abzustellen (vgl. BGH, Urt. vom 3. Dezember 2009 - RiZ(R) 1/09 - juris), erst Recht nicht darauf, ob ein Richter bereit und subjektiv willens ist, ein beliebiges, gegebenenfalls weit überdurchschnittliches Pensum zu leisten. Vielmehr ist zu fragen, ob es sich um ein Arbeitspensum handelt, das sich allgemein - nach der Lebenserfahrung, den für Fälle der betreffenden Art üblichen Maßstäben und den Anforderungen, welche an Richter in der entsprechenden Funktion nach allgemeiner Erfahrung gestellt werden können - auf Dauer erledigen lässt, oder ob es diese Grenze überschreitet.
23
Von wesentlicher Bedeutung ist dabei, dass ein Richter - obgleich er keiner festen Arbeitszeitregelung unterliegt - nicht zur zeitlich unbegrenzten Erfüllung dienstlicher Angelegenheiten verpflichtet ist. Seine Arbeitsleistung orientiert sich unter Beachtung dienstlicher Notwendigkeiten, die vorübergehend einen höheren Arbeitseinsatz erfordern können, an der für Beamte geltenden Regelarbeitszeit und an dem von Richtern in vergleichbarer Position in dieser Zeit geleisteten Arbeitspensum (BVerwGE 78, 211 ff.). Nur im Rahmen dieser Verpflichtung ist er zur Wahrnehmung dienstlicher Belange verpflichtet; nur in diesem Rahmen kann auch der Rechtssuchende davon ausgehen, dass der Rich- ter seinen Teil zur Erfüllung des grundrechtlich garantierten Justizgewährungsanspruchs beiträgt.
24
c) Legt man diesen Maßstab zugrunde, stellt sich die Frage, ob die Übertragung eines Doppelvorsitzes in zwei Strafsenaten des Bundesgerichtshofs ein Arbeitspensum beinhaltet, das sich nach abstrakt-genereller Betrachtung sachgerecht von einem Vorsitzenden so bewerkstelligen lässt, dass der Justizgewährungsanspruch rechtsuchender Beschwerdeführer dadurch nicht beeinträchtigt wird. Der Senat verneint dies.
25
aa) Für diese Einschätzung ist es nicht entscheidend, wie an anderen Bundesgerichten verfahren wird. Sowohl die Arbeitsweise wie auch die tatsächliche Belastungssituation an den verschiedenen Bundesgerichten mit jeweils unterschiedlichen Verfahrensordnungen weichen so stark voneinander ab, dass aus der Handhabung dort (zwingende) Rückschlüsse auf die Belastungssituation in den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs nicht gezogen werden können. So können sich sowohl aus der von einem Senat zu bearbeitenden Anzahl von Verfahren als auch aus der konkreten Bearbeitungsweise erhebliche Unterschiede ergeben. Die Arbeit der Strafsenate des Bundesgerichtshofs ist dadurch geprägt, dass der weitaus größte Teil der Verfahren - mehr als 90% - im Beschlussverfahren nach § 349 Abs. 1 bis 4 StPO erledigt werden. In diesen Verfahren werden die Sachen nicht vorvotiert, sondern vom Berichterstatter in der Beratung vorgetragen. Dies stellt an die Leitungs- und Überwachungsfunktion des Vorsitzenden hohe Anforderungen, die nicht dadurch umgangen oder gemindert werden können, dass durch Bestellung eines "Zweitberichterstatters" das so genannte "Vier-Augen-Prinzip" ohne Beteiligung des Vorsitzenden gewahrt wird.
26
Eine sachgerechte Ausübung der Leitungsfunktion durch den Vorsitzenden - als regelmäßig besonders erfahrenen, qualifizierten und leistungsstarken Richter - setzt voraus, dass dieser die im Senat zu entscheidenden Fälle kennt, die inmitten stehenden Rechtsprobleme wahrnimmt und überdenkt, mögliche Lösungen ins Auge fasst und die Beratung ggf. entsprechend lenkt (zum normativ begründeten richtungsweisenden Einfluss des Vorsitzenden auf die Rechtsprechung, die sich auch auf seine Vorbereitung auszuwirken hat; vgl. BGH NJW 2009, 931; s. auch BVerfG NJW 2004, 3482). Dies ist ohne vertiefte Fallkenntnis nicht möglich; entsprechende Kenntnisse können dem Vorsitzenden auch nicht zuverlässig durch bloßen mündlichen Vortrag eines anderen Richters in einem Maß vermittelt werden, das eine inhaltliche "Leitung" der Beratung ermöglicht.
27
Kern der Tätigkeit der Strafsenate des Bundesgerichtshofs ist die rechtliche Überprüfung schriftlicher, oft umfangreicher Urteilsgründe anhand ebenfalls schriftlicher - teilweise sehr umfangreicher, komplexer und differenzierter, oft auch wenig strukturierter und problematisch abgefasster - Revisionsschriftsätze. Diese Aufgabe kann sachgerecht nur erfüllt werden, wenn die in den sog. "Senatsheften" - die mitunter viele hundert Seiten umfassen können - enthaltenen Revisionsunterlagen sorgfältig durchgearbeitet werden. So verlangt beispielsweise oft schon die Auslegung von - umfangreichen - Revisionsrügen und das Erkennen von darin enthaltenen Rechtsproblemen eine vertiefte Kenntnis der Problematik oder lang zurück reichender Rechtsprechungs-Entwicklung. All dies kann dem Vorsitzenden nicht durch den Vortrag eines - unter Umständen weniger erfahrenen - Berichterstatters vermittelt werden.
28
bb) Unerheblich für die hier zu entscheidende Konstellation ist auch, dass an Landgerichten, auch an Oberlandesgerichten, ein Doppel- oder sogar Mehrfachvorsitz durchaus vorkommt (vgl. etwa BGHSt 8, 17; OLG Koblenz MDR 1966, 1023; Hans. OLG Hamburg StV 2003, 11; VGH Kassel, ESVGH 48, 241; s. auch die einen Sonderfall betreffende Entscheidung BGH NJW 1967, 1566, 1567 = BGHZ 47, 289 in Widerspruch zu BGHZ 37, 210 und ohne Hinweis auf eine tatsächliche Belastung des Vorsitzenden).
29
Grundlage dafür ist, dass an diesen Gerichten häufig Spruchkörper gebildet sind oder von Gesetzes wegen zu bilden sind, denen in der gerichtlichen Praxis nur eine geringe Geschäftsaufgabe zufällt. Das kann im Bereich der Strafrechtspflege etwa Auffangkammern oder Strafkammern für besondere Geschäftsaufgaben nach §§ 74 Abs. 2, 74a, 74b, 74c GVG betreffen. In solchen Spruchkörpern kann ein Vorsitzender Richter den Vorsitz je nach konkretem Zuschnitt mit einem so geringen Teil seiner gesamten Arbeitskraft ausfüllen, dass er daneben noch einen anderen Vorsitz wahrnehmen kann.
30
Dies ist in den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs nicht der Fall. Diese sind sämtlich voll ausgelastet. Der 4. Strafsenat hatte im Jahr 2011 682 Neueingänge , der 2. Strafsenat 623, zusätzlich 325 Beschwerden und Gerichtsstandsbestimmungen. Der 4. Strafsenat ist für das Geschäftsjahr 2012 für die OLG-Bezirke Rostock und Saarbrücken entlastet worden; dies wird zu einer Reduzierung der Geschäftslast um ca. 120 Revisionen führen.
31
cc) Für die Beurteilung des Senats ist auch die individuelle Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann nicht entscheidungserheblich. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Beurteilung des Leistungsverhaltens von Richtern, ergibt sich aber auch aus Folgendem:
32
Abgesehen davon, dass sich eine formelle Dokumentation seiner Leistungsbereitschaft weder im Geschäftsverteilungsplan noch in den Mitwirkungsgrundsätzen der betroffenen Senate noch an anderer Stelle findet, sind schon im Vorfeld der Änderung der Geschäftsverteilung zum 1. Januar 2012, aber auch danach Gestaltungsmöglichkeiten erörtert worden, die zu einer Reduzierung der Arbeitslast des Vorsitzenden führen können. Umfang und Ausmaß dessen, was der Vorsitzende über seine rechtliche Verpflichtung hinaus zu leisten bereit und imstande ist, können aber auf diese Weise insbesondere aus Sicht des rechtssuchenden Bürgers im Voraus weder bestimmt noch auch nur erkannt werden. Der Umfang überobligatorischer Arbeitsleistung bis an die Grenze des Möglichen kann jederzeit - aus beliebigen Gründen - eingeschränkt oder verändert werden, ohne dass ihre Erfüllung von dem Vorsitzenden rechtlich verlangt werden oder er auch nur zu einer verbindlichen Auskunft angehalten werden könnte.
33
dd) Die Übertragung eines Doppelvorsitzes bei zwei Strafsenaten des Bundesgerichtshofs stellt ein Arbeitspensum dar, das dem Vorsitzenden - unabhängig von seiner konkreten Person - nicht mehr die verantwortungsvolle Ausübung der richterlichen Tätigkeit in beiden Senaten ermöglicht (vgl. zum gleichzeitigen Vorsitz in mehreren Strafkammern beim Landgericht BGHSt 2, 71, 73, wo der BGH aber - wie bei BGHSt 8, 17, 18 - nicht auf die damit verbundene Belastung des Vorsitzenden und den Einfluss auf dessen Unabhängigkeit , sondern auf dessen fehlenden richtungsgebenden Einfluss zur Leitung der Spruchkörper abstellt). Das gilt auch unter Berücksichtigung von denkbaren , rechtlich zulässigen Entlastungen. Dies führt zu einer die Unabhängigkeit beeinträchtigenden Überbelastung und dazu, dass der überbelastete Vorsitzende Richter nicht mehr der "gesetzliche Richter" im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist. Mit der Übertragung eines weiteren Vorsitzendenamts wird dem Richter - ungeachtet der konkreten Belastung im einzelnen Senat - ein über dem bisherigen Maß voller Belastung liegendes Arbeitspensum auferlegt, das sich nicht nur gegenüber früherer Belastung, sondern auch im Verhältnis zu anderen Vorsitzenden von Strafsenaten beim Bundesgerichtshof im Januar 2012 einer doppelten Belastung annähern dürfte. Es ist bislang nicht in Frage gestellt worden, dass bereits die Leitung eines Strafsenats beim Bundesgerichtshof die Arbeitskraft eines Vorsitzenden im Wesentlichen ausschöpft.
34
Es liegt demnach auf der Hand, dass der gleichzeitige Vorsitz in zwei voll belasteten Strafsenaten nicht ohne gravierende, den Justizgewährungsanspruch substanziell einschränkende Qualitätseinbußen ausgeübt werden kann. Dies gilt auch, soweit man davon ausginge, dass Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann durch die Vorrangregelung zu Gunsten des 2. Strafsenats im Ergebnis eine bis zu 25% reichende Entlastung der Aufgaben im 4. Strafsenat (vgl. BGHZ 37, 210, 216; zur möglichen Vertretung auch BGHSt 28, 290, 293) erfahren könnte (insoweit allerdings fraglich; vgl. dazu Hans. OLG Hamburg StV 2003, 11, wonach dann, wenn dem Vorsitzenden eines Spruchkörpers zusätzliche Aufgaben - insbesondere der Vorsitz in einem weiteren Spruchkörper - übertragen werden, die er in Folge ohnehin bestehender Arbeitsbelastung voraussehbar nicht erbringen kann, in Bezug auf die zusätzlichen Aufgaben ein Fall der Verhinderung nach § 21f Abs. 2 GVG nicht vorliegen soll). Auch ein Arbeitspensum, das "nur" 175% desjenigen eines durchschnittlichen Vorsitzenden Richters ausmacht, ist ohne eine exorbitante Steigerung der Arbeitsleistung nicht zu bewältigen. Ein solches Maß an Arbeitsaufwand schuldet der Richter, wenn überhaupt, allenfalls bei ganz besonderer , nicht vorhersehbarer dienstlicher Notwendigkeit, und dies auch nur "vorübergehend". Keinesfalls ist er aber verpflichtet, planmäßig und für einen längeren Zeitraum, der hier angesichts der Unabsehbarkeit des Besetzungsverfahrens bis zu sechs Monaten (bis zur Pensionierung des Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann) dauern kann, gleichzeitig nahezu zwei volle Stellen als Vorsitzender auszufüllen.
35
ee) Ein anderes Ergebnis könnte sich ergeben, wenn es - rechtlich zulässig im Hinblick auf Aufgaben und Funktion eines Vorsitzenden Richters - Möglichkeiten gäbe, ihn ohne Beeinträchtigung des Justizgewährungsanspruchs von gewissen Aufgaben freizustellen, um ihm so Freiräume für den gleichzeitigen Vorsitz in zwei Senaten des Bundesgerichtshofs zu schaffen. Bereits im Vorfeld der Änderung der Geschäftsverteilung zum 1. Januar 2012, insbesondere auch im Rahmen der Anhörung durch das Präsidium am 15. Dezember 2011, sind mögliche organisatorische Maßnahmen erörtert worden, die zu einer Reduzierung der Arbeitslast des Vorsitzenden führen und es ihm so überhaupt erst ermöglichen könnten, den Vorsitz in zwei Strafsenaten zugleich zu führen (weil Einigkeit bestand, dass eine Verdopplung der Arbeitsleistung durch Leitung von zwei Senaten mit insgesamt mehr als 1.300 Revisionssachen im Jahr nicht möglich ist, wenn nach "normalen" Regeln gearbeitet werde). Der Senat sieht solche Möglichkeiten nicht. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus einem teilweisen Verzicht auf das Studium des Revisionsheftes (vgl. schon oben).
36
Nach § 21f Abs. 1 GVG führt der Vorsitzende Richter in den Senatsspruchkörpern den Vorsitz, er nimmt prinzipiell an allen Verfahren teil. Der Vorsitzende leitet die Beratung, er stellt die Fragen und sammelt die Stimmen (§ 194 Abs. 1 GVG). Er übernimmt in der Regel keine eigenen Berichterstattungen und beschränkt sich regelmäßig - ohne besondere Gestaltung in einzelnen Verfahren - darauf, durch die Leitung von Beratung und Hauptverhandlung die Einheitlichkeit der Rechtsprechung des Senats sicherzustellen.
37
Die Begleitung und Kontrolle des Berichterstatters durch den Vorsitzenden erweist sich als notwendig, um einen grundrechtlich garantierten effektiven Rechtsschutz durch den erforderlichen substanziellen Zugriff auf die inmitten stehenden Rechtsfragen sicherzustellen. Würde man hierauf verzichten, so wäre das Amt eines Senatsvorsitzenden insgesamt überflüssig, da es auf eine "Lenkung der Rechtsprechung" durch einen besonders qualifizierten Richter nicht mehr ankäme.
38
Daher hat sich in langjähriger Praxis des Bundesgerichtshofs ein bisher auch nicht in Frage gestelltes Verständnis herausgebildet, wonach es selbstverständliche Pflicht eines Strafsenatsvorsitzenden ist, selbst jedes Senatsheft zu lesen und sich aufgrund dessen eine (der Auffassung des Berichterstatters gegenüberzustellende und in die Rechtsprechung des Senats einzuordnende) Ansicht von den in dem jeweiligen Verfahren anfallenden Rechtsfragen zu bilden. Eine Delegation dieser Aufgabe, etwa an den stellvertretenden Vorsitzenden oder an einen Zweitberichterstatter, verträgt sich mit einem solchen Verständnis nicht; die Lektüre etwa der Zuschriften des Generalbundesanwalts kann zwar einen allgemeinen Überblick über die inmitten stehenden Rechtsfragen verschaffen, keinesfalls aber die eigene Kenntnis des Senatshefts ersetzen.
39
Zudem wäre eine Selbststeuerung der Arbeitslast durch den Vorsitzenden Richter auch kein legitimer Grund für ein daran orientiertes Verständnis von Zuständigkeits- oder Mitwirkungsregeln (vgl. BVerfGE 54, 277, 295). Die Effektivität der Kontrolle und damit des gerichtlichen Rechtsschutzes in Strafsachen mit ihrer hohen Eingriffsintensität hängt mangels Kenntnis der Revisionsunterlagen der übrigen Mitglieder des Senats in Beschlussberatungen stark von der Maßstabslenkung und Erörterungsleitung durch den Vorsitzenden ab. Die Kenntnis des in den Akten zugrunde liegenden Streitstoffs ist und bleibt ange- sichts der derzeitigen Handhabung grundsätzlich vom Justizgewährungsanspruch geforderte und damit rechtstaatlich unabdingbare Voraussetzung für die Leitung und Führung eines Strafsenats beim Bundesgerichtshofs (vgl. auch VGH Kassel ESVGH 48, 241 zur Wahrnehmung eines Vorsitzes bei einem Verwaltungsgerichtshof, bei dem - nicht zuletzt im Interesse einer sachgerechten und verantwortungsvollen Ausübung der Leitungsfunktion - von einem Vorsitzenden die Übernahme von Berichterstattertätigkeiten erwartet wird).
40
d) Dieses Ergebnis wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die vom Präsidium des Bundesgerichtshofs beschlossene Einrichtung eines Doppelvorsitzes in der vorliegenden Form als einzig denkbare Lösung des oben unter Ziff. II. 2 dargestellten Problems in Betracht käme. Dies ist nämlich nicht der Fall. Vielmehr sind Alternativen denkbar, die bei entsprechender Ausgestaltung nicht Gefahr laufen, mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG voraussichtlich in Konflikt zu geraten. Dies könnte etwa eine vorübergehende Verkleinerung der Geschäftsaufgabe des 2. und/oder 4. Strafsenats auf ein Maß sein, welches einen Doppelvorsitz ermöglicht. Denkbar wäre auch eine Zuweisung des Vorsitzenden des 4. Strafsenats allein an den 2. Strafsenat - unter Inkaufnahme einer vorübergehenden Vakanz im 4. Strafsenat -; schließlich, auf der Grundlage der Senatsmeinung zu § 21f Abs. 2 GVG, auch eine weitere Fortführung der Vertretung.

III.

41
Die Feststellung der Unvereinbarkeit der Geschäftsverteilungsregelung mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, die nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zwingt, hat der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen. Sie führt zur Aussetzung der Revisionshauptverhandlung, um dem Präsidium Gelegenheit zu geben, eine mit der Verfassung in Einklang stehende Regelung herbeizuführen.

Ernemann Fischer Krehl Eschelbach Ott

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

Nachschlagewerk: ja
BGHR: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Für die Anstiftung zum Heimtückemord genügt bedingter Vorsatz des Anstifters,
der auch gegeben sein kann, wenn der Anstifter aus Gleichgültigkeit mit jeder eintretenden
Möglichkeit der Tatausführung einverstanden ist.
2. Ist bei dem Täter einer bezahlten Auftragstötung das Handeln aus Habgier neben
anderen Motiven nicht bewußtseinsdominant, kommen auch sonstige niedrige
Beweggründe als Mordmerkmal in Betracht.
3. Fehlt beim Anstifter der Vorsatz hinsichtlich des tatsächlich vorliegenden Mordmerkmals
der Heimtücke, stellt sich der Anstifter jedoch vor, der Täter werde aus
Habgier handeln, so ist tateinheitlich zur Anstiftung zum Totschlag eine versuchte
Anstiftung zum Mord gegeben.
BGH, Urteil vom 12. Januar 2005 - 2 StR 229/04 - LG Kassel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 229/04
vom
12. Januar 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zum Totschlag
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Januar
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. h.c. Detter,
Dr. Bode,
Rothfuß,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 10. November 2003 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es den Angeklagten H. betrifft. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Anstiftung zum Totschlag zu der Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die vom Generalbundesanwalt im Ergebnis vertreten wird, die Verletzung materiellen Rechts. Sie erstrebt eine Verurteilung des Angeklagten wegen Anstiftung zum Mord und hält bei ihm das Merkmal der Habgier für gegeben. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Die Verurteilung des Angeklagten "nur" wegen Anstiftung zum Totschlag und nicht wegen Anstiftung zum Mord hält der sachlich-rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Begründung, mit der das Landgericht dem Angeklagten die Mordmerkmale Heimtücke, Habgier und sonstige niedrige Beweggründe nicht zugerechnet hat, ist rechtsfehlerhaft (II 2 bis 4).
Zudem hat das Landgericht verkannt, daß sich der Angeklagte auch dann, wenn für ihn selbst die Habgier nicht tatbestimmend war, tateinheitlich zur Anstiftung zum Totschlag auch wegen versuchter Anstiftung zum Mord aus Habgier schuldig gemacht haben kann, wenn er sich bei der Anstiftung vorstellte, der Täter werde aus Habgier handeln (II 5).

I.

1. Das Landgericht hat im wesentlichen festgestellt:
a) Die Ehe des Angeklagten war 2001 in eine entscheide nde Krise geraten. Die Eheleute wollten sich trennen. Die damals 7-jährige Tochter N. lebte bei der Ehefrau, dem späteren Tatopfer. Nach Ablauf des Trennungsjahres beantragte die Ehefrau die Scheidung. Danach kam es zum Streit über ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich. Der Angeklagte erteilte unzutreffende Auskünfte und verschwieg erhebliches Vermögen, weil er seine Ehefrau hieran nicht beteiligen wollte. Zudem reduzierte er seine Unterhaltszahlungen. Die vom Familiengericht beauftragte Sachverständige kam in ihrem Gutachten zu dem Ergebnis, daß es dem Kindeswohl eher entspreche, wenn die Tochter bei der Mutter bleibe. Der Angeklagte erhielt daher ein Umgangsrecht, während das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei der Ehefrau blieb.
b) Der Angeklagte war hiermit unzufrieden. Er wollte daher die mit der Scheidung verbundenen für ihn nachteiligen Folgen dadurch vermeiden, daß er seine Ehefrau töten ließ. Er sprach deshalb im März 2002 den Verlobten seiner Nichte, den Mitangeklagten Z. sinngemäß darauf an, ob er jemanden wisse, "der sich mit Mord auskenne". Er wollte Z. veranlassen, eine zur Tatausführung geeignete Person zu suchen. Erklärend fügte er hinzu, er wolle nicht, daß man ihm seine jüngste Tochter N. wegnehme. Z. kannte zwar nieman-
den, der ihm für die Tat geeignet erschien, er wollte aber die Gelegenheit nutzen , sich in der Familie seiner Verlobten Anerkennung zu erwerben und sich daher umhören. Der Angeklagte übergab Z. im April 2002 500 Euro als "Anschubfinanzierung" und machte deutlich, daß er keine Rückzahlung erwarte, wenn die Suche erfolgreich sei. Eine Frist für die Tatbegehung setzte der Angeklagte nicht, er machte auch keine Vorgaben, wie die Tat auszuführen sei. Später drängte er Z., die Tat müsse bis zum 20. Juni 2002 begangen sein, weil sie nach der Scheidung keinen Sinn mehr mache. In der Folge fragte der Angeklagte wiederholt nach, ob Z. schon Erfolg gehabt habe. Als Tätigkeitsnachweis für den Angeklagten fertigte Z. Fotos vom Wohnhaus des Tatopfers und der Umgebung. Die Anschrift und die Beschreibung hierzu hatte er von dem Angeklagten.
c) Schließlich fragte Z. den späteren Täter, den 21-jä hrigen R. B., mit dem er eng befreundet war, ob er jemanden kenne, der sich nebenbei etwas Geld verdienen wolle. B. verneinte, war aber selbst an einem Nebenverdienst interessiert. Z. lehnte das zunächst ab, weil B. an einer Störung der Feinmotorik leidet und er ihn daher nicht für tatgeeignet hielt. Letztlich entschloß er sich aber doch, B. zu dieser Tat zu bestimmen. Er ließ ihn wissen, daß es um die Tötung einer Frau gehe, die aus dem Weg geräumt werden müsse, weil sie von ihrem Mann Geld fordere und beim Umgangsrecht mit dem gemeinsamen Kind Schwierigkeiten bereite. Der Ehemann habe versprochen, für die Tötung Geld zu zahlen. Z. gab B. zusätzliche Hinweise zur Tatausführung.
d) B. ging auf Z.'s Vorschlag ein und wollte sich das Ge ld verdienen. Wesentlicher Beweggrund für seine Tatbereitschaft war aber, Z. zu Hilfe zu kommen und so sein Ansehen bei Z. zu stärken. Der Angeklagte wollte die Tat
beschleunigen. Deshalb ließ er Z. zu einem Treffen in seine Wohnung in der Nähe von Kassel kommen, befragte ihn, ob er endlich erfolgreich gewesen sei und zeigte sein Mißfallen über die bisherige Verzögerung. Wegen der Zusage B.'s erklärte Z., er habe eine Person gefunden, nannte aber B.'s Namen nicht. Z. meinte, der Angeklagte müsse 10.000 bis 15.000 Euro investieren. Der Angeklagte wollte aber nur 1.000 bis 1.500 Euro zahlen und übergab Z. 1.000 Euro. Am nächsten Tag erkundigte sich der Angeklagte telefonisch nach dem Stand der Vorbereitungen. Z. versicherte, alles laufe nach Plan. Am 5. Juni 2002 traf Z. nochmals mit B. zusammen und besprach Einzelheiten der Tatausführung. Zur Deckung der Reisekosten ließ er B. von einem Bekannten geliehene 100 Euro aushändigen.
e) B. fuhr zum Wohnort der Ehefrau des Angeklagten be i Kassel, wo er am 6. Juni 2002 morgens eintraf. Auf sein Klingeln öffnete Frau H., das Tatopfer , arglos die Haustür und fragte B., was er wünsche. B. stach sofort mit einem Messer auf Frau H. ein und versetzte ihr mit Tötungsabsicht zwölf Stiche in Brust und Hals. Einer der Stiche durchtrennte die Halsschlagader und führte zum Tod. B. floh vom Tatort und fuhr nach Hause. Telefonisch bestätigte er Z. die Tatausführung. Z. übergab B. alsbald die Belohnung von 1.000 Euro. B. zahlte mit dem Geld Drogenschulden und kaufte Lebensmittel sowie ein Mofa.
f) Der Haupttäter B. wurde nach Abtrennung seines Ver fahrens rechtskräftig wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, weil er Frau H. heimtückisch getötet hat. In dem angefochtenen Urteil gegen den Angeklagten H. hält das Landgericht in bezug auf B. weitere tat- oder täterbezogene Mordmerkmale nicht für gegeben. B. habe nicht aus Habgier getötet. Die Aussicht auf eine Entlohnung sei für B.'s Tatentschluß zwar zumindest mitbestimmend gewesen.
Bei der Tat seien jedoch weitere Antriebe vorhanden gewesen, die ihr das Gesamtgepräge einer aus Habgier begangenen Tötung nähmen.
g) Z. wurde durch dasselbe Urteil wie der Angeklagte H . rechtskräftig wegen Anstiftung zum Totschlag zu der Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Landgericht ging davon aus, daß der Anstiftervorsatz bei Z. die Heimtücke bei der Tatbegehung nicht umfaßt habe.
h) Auch bei dem Angeklagten H. hat sich der Anstif tervorsatz nach Ansicht der Schwurgerichtskammer nicht auf das Mordmerkmal der Heimtücke erstreckt. Der Angeklagte habe keine detaillierten Vorgaben für die Tatausführung gemacht. Ihm sei es - nach der Schilderung des Mitangeklagten Z. - schlichtweg egal gewesen, wie die Tat durchgeführt werde. Der Angeklagte habe sich darum nicht gekümmert und deshalb auch keine Vorstellung von den Tatumständen gehabt, die die Heimtücke ausgemacht hätten. Bei der Prüfung eines besonders schweren Falls im Sinne von § 212 Abs. 2 StGB führt das Landgericht ferner aus, in der Person des Angeklagten sei weder das Merkmal der Habgier verwirklicht, noch liege sonst ein niedriger Beweggrund vor. Daß der Angeklagte sich wegen der Belohnung vorgestellt habe, der ihm unbekannte Haupttäter werde die Tat allein des Geldes wegen, mithin aus Habgier, begehen , führe nicht dazu, daß der Angeklagte wegen Anstiftung zum Mord zu verurteilen sei. B. habe weder aus Habgier getötet, noch ein sonstiges täterbezogenes Mordmerkmal verwirklicht.

II.

Die Ansicht des Landgerichts, der Angeklagte habe sich led iglich der Anstiftung zum Totschlag, nicht aber der Anstiftung zum Mord schuldig gemacht , begegnet durchgreifenden Bedenken.
1. Das Landgericht geht zwar zutreffend davon aus, daß M ord und Totschlag zwei selbständige Tatbestände sind (st. Rspr. seit BGHSt 1, 368; vgl. hierzu Jähnke LK 11. Aufl. § 211 Rdn. 62 ff.; Eser in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 211 Rdn. 46 ff.; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 211 Rdn. 40 ff.). Danach begründen die Mordmerkmale des § 211 StGB die Strafbarkeit, so daß auf den Teilnehmer nur die Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB anwendbar ist und eine Anwendung von § 28 Abs. 2 StGB von vornherein ausscheidet. Deshalb kommt es für den Schuldspruch nicht darauf an, wie sich der Tatbeitrag des Teilnehmers in seiner Person darstellt; er ist vielmehr akzessorisch nach der Haupttat zu verurteilen (vgl. BGH NJW 1982, 2738; ebenso NStZ 1996, 384, von Otto und Engländer aber dahin mißverstanden, daß es ausreiche, wenn sowohl beim Täter als auch beim Teilnehmer ein niedriger Beweggrund vorliege, ohne daß der Vorsatz des Teilnehmers das Bestehen eines Mordmerkmals beim Täter umfassen müsse). Die rechtliche Bewertung der Handlung des Teilnehmers ist dagegen nur für die Strafzumessung erheblich. Ist die Haupttat durch ein vom Täter verwirklichtes täterbezogenes Merkmal (Merkmale der ersten und dritten Gruppe) zum Mord geworden, hat aber der Teilnehmer dieses Merkmal nicht aufzuweisen, kommt es zu einer Strafrahmenmilderung für den Teilnehmer (§§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB). Hat der Teilnehmer das täterbezogene Merkmal ebenfalls verwirklicht, trifft ihn die Strafe für Mord, die gegebenenfalls nach § 27 StGB zu mildern ist. Dies hat die Rechtsprechung ausgedehnt auf die Fälle , in denen der Täter und Teilnehmer nicht dasselbe, sondern verschiedene Mordmerkmale verwirklicht haben, sofern diese gleichartig sind (vgl. BGHSt 23, 39; zust. Jakobs NJW 1970, 1089; Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil 5. Aufl. S. 660; krit. u.a. Arzt JZ 1973, 681; zu "gekreuzten Mordmerkmalen" bei Täter und Teilnehmer vgl. auch Eser aaO Rdn. 54; Tröndle/Fischer
aaO Rdn. 43; Engländer JA 2004, 410; Arzt/Weber, Strafrecht Besonderer Teil § 2 Rdn. 41; Küper JZ 1991, 865 f.). Hat allein der Teilnehmer ein Mordmerkmal verwirklicht, ist er lediglich wegen Teilnahme am Totschlag zu bestrafen; das Mordmerkmal ist dann bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Soweit ein tatbezogenes Merkmal der zweiten Gruppe vorliegt, bleibt es dagegen bei der streng akzessorischen Bestrafung des Teilnehmers, für eine Akzessorietätslockerung nach § 28 Abs. 1 oder 2 StGB ist hier kein Raum (vgl. Jähnke, Eser und Tröndle/Fischer jeweils aaO). Der Anstifter wird daher nach §§ 211, 26 StGB bestraft, wenn der Täter ein tatbezogenes Merkmal verwirklicht und der Vorsatz des Anstifters sich hierauf erstreckt. Fehlt ihm dieser Vorsatz , kommt nur Teilnahme am Totschlag in Betracht. 2. Die Begründung, mit der das Landgericht bei dem A ngeklagten einen Anstiftervorsatz in bezug auf das tatbezogene Merkmal der Heimtücke (vgl. BGHSt 23, 103, 105; 25, 287, 289; 35, 347, 351) verneint hat, ist jedoch lückenhaft und läßt besorgen, daß das Landgericht insoweit einen unzutreffenden Maßstab zugrundegelegt hat. Nach den vom Schwurgericht nicht angezweifelten Angaben des Mitangeklagten Z. hatte der Angeklagte keine detaillierten Vorgaben zur Tatausführung gemacht. Ihm sei es schlichtweg egal gewesen , wie die Tat ausgeführt werde. Er habe sich hierum nicht gekümmert. Der Angeklagte habe mithin keinerlei Detailkenntnisse von der Tatausführung und den Umständen der heimtückischen Tatbegehung durch B. haben können. Der Anstiftervorsatz des Angeklagten habe somit nicht das tatbezogene Merkmal der Heimtücke umfaßt. Bei diesen Erwägungen verkennt das Landgericht, daß für den Anstifter auch bedingter Vorsatz ausreicht (vgl. BGHSt 44, 99 = NStZ 1998, 616 m. Anm. Roxin). Der Angeklagte mußte daher die tatbezogenen Umstände, die die
in Auftrag gegebene Tötung zum Mord machten, nicht positiv kennen, es genügte vielmehr, daß er sie billigend in Kauf nahm. Bedingten Vorsatz in diesem Sinn hat ein Straftäter aber auch dann, wenn er aus Gleichgültigkeit mit jeder eintretenden Möglichkeit einverstanden ist (vgl. BGHSt 40, 304, 306 f.; BGH, Urt. vom 6. November 2002 - 2 StR 289/02). Das lag hier nahe, denn dem Angeklagten war es "egal", wie die Tat durchgeführt würde. Auch wenn es um die Tötung einer Frau ging, war es höchst unwahrscheinlich, daß die Tötung in einer offenen Konfrontation vollzogen würde. Vielmehr mußte es sich auch dem Angeklagten aufdrängen, daß der Täter in irgendeiner Weise heimtückisch vorgehen werde, wie dies bei einer Auftragstötung in aller Regel geschieht. Da der Anstiftervorsatz die fremde Haupttat nicht in allen Einzelheiten, sondern nur in ihren Hauptmerkmalen erfassen muß, besteht die naheliegende Möglichkeit, daß das Landgericht bei Berücksichtigung des zutreffenden Maßstabs einen bedingten Anstiftervorsatz des Angeklagten auch in bezug auf die heimtückische Tatbegehung bejaht hätte. Dies hätte zur Folge, daß der Angeklagte wegen Anstiftung zum Mord zu verurteilen wäre. 3. Auch die Begründung, mit der das Landgericht bei d em Haupttäter B. das täterbezogene Merkmal der Habgier verneint hat, hält der rechtlichen Prüfung nicht stand, weil sie in sich widersprüchlich und lückenhaft ist. Zunächst stellt das Landgericht fest, B. habe selbst Interesse an dem von Z. für die Tatbegehung in Aussicht gestellten Nebenverdienst gehabt und nach der Ablehnung des Z. nicht locker gelassen in seinem Bemühen, die Nebenverdienstmöglichkeit wahrzunehmen. Deshalb habe er Z. von sich aus nochmals hierauf angesprochen (UA S. 27). Später dagegen nennt das Landgericht als wesentlichen Beweggrund für die Tatbereitschaft des B., er habe Z. zu Hilfe kommen und beweisen wollen, daß auch er etwas zustande bringen könne, um so sein Ansehen bei Z. zu stärken (UA S. 29). Bei der rechtlichen Würdigung der Tat
des B. hält das Landgericht Habgier nicht für gegeben, weil bei B. an der Tatausführung weitere Antriebe mitgewirkt hätten, die der Tat das Gesamtgepräge einer aus Habgier begangenen Tötung nähmen. Habgier liege bei einem Motivbündel nur dann vor, wenn das Gewinnstreben tatbeherrschend und damit bewußtseinsdominant war. Die Vorstellung des erstrebten Gewinns habe B. aber nicht entscheidend beeinflußt. Für ihn sei weniger die Aussicht auf die Belohnung entscheidend gewesen als vielmehr der Umstand, daß er erstmals von Z. um Hilfe gebeten worden sei und daß er Z. einen Gefallen haben tun wollen, um sich seiner Freundschaft zu versichern (UA S. 222). Diese Erwägungen zur Tatmotivation des B. sind nicht miteinander zu vereinbaren, jedenfalls hätte es einer näheren Erläuterung bedurft, warum die Motivation des B. einerseits auf den Nebenverdienst fixiert war, dieser aber dann keine wesentliche Rolle mehr gespielt haben soll. Dies gilt um so mehr, als sich B. in beengten finanziellen Verhältnissen befand (UA S. 8) und die Belohnung alsbald nach der Tat zur Begleichung von Drogenschulden und für persönliche Anschaffungen ausgegeben hat (UA S. 42). 4. Das Landgericht hat des weiteren übersehen, daß die Tat des gesondert verurteilten B. auch dann, wenn die Habgier für ihn nicht bewußtseinsdominant gewesen sein sollte, sonstige niedrige Beweggründe nahelegt, die das Handeln des B. als Mord qualifizieren. Bei der Tat vom 6. Juni 2002 handelt es sich um eine "Auftragstötung", bei der sich Opfer und Täter bis zum Beginn des Tatgeschehens nicht begegnet waren und die dem Zweck diente, eine Verbindung ihres Initiators zum Tatgeschehen zu verschleiern. Wer aber in Kenntnis dieser Umstände den Auftrag zur Tötung einer ihm unbekannten Person annimmt , handelt auf sittlich niedrigster Stufe stehend und verachtenswert, wenn - wie hier - ein "nachvollziehbarer" Grund für die Tat nicht vorliegt. Die Feststellung des Landgerichts, der Haupttäter B. habe das Tatopfer getötet, um dem
von ihm vormals idealisierten Angeklagten zu Gefallen und zu Hilfe zu sein (UA S. 222) kann an diesem niedrigen Beweggrund nichts ändern. Vielmehr ist gerade die Tötung eines Menschen aus "Gefälligkeit" Ausdruck einer besonders verachtenswerten Gesinnung. Auch die Gründe, die der Anstifter Z. dem Täter B. für den Tötungsauftrag genannt hatte (Geldforderungen der Ehefrau und Schwierigkeiten beim Umgangsrecht mit dem Kind) sind nicht geeignet, die Niedrigkeit des Tatmotivs in der Person des Täters auszuräumen. Die Umstände , die die Tat des B. zu einem Mord aus niedrigen Beweggründen machen, waren dem Angeklagten als Initiator der Auftragstötung auch bekannt. Er wußte , daß die die Tat ausführende Person wenn nicht aus Gewinnstreben, dann jedenfalls ohne persönlichen Anlaß und ohne billigenswertes Motiv seine Ehefrau töten würde. Das Landgericht hätte daher das täterbezogene Merkmal der sonstigen niedrigen Beweggründe (vgl. BGHSt 22, 375, 378; 25, 287, 289; 35, 347, 351; BGH StV 1984, 69; Senatsurteil vom 13. Oktober 2004 - 2 StR 206/04) sowohl bei dem Haupttäter B. als auch beim Angeklagten näher prüfen und erörtern müssen und nicht ohne weitere Begründung ausschließen dürfen. Dem steht nicht entgegen, daß das Landgericht den früh eren Mitangeklagten B. in dem gegen ihn ergangenen Urteil wegen Heimtückemordes verurteilt hat und nicht auch Habgier oder sonstige niedrige Beweggründe festgestellt hat. Das gegen B. ergangene Urteil besitzt Rechtskraftwirkungen nur in bezug auf jenen Angeklagten und bindet bei der Beurteilung der von B. verwirklichten Mordmerkmale in bezug auf den Angeklagten H. vorliegen- im den Urteil nicht. Eine Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB kommt bei dem Angeklagten nicht in Betracht, wenn bei ihm ebenfalls ein niedriger Beweggrund vorliegt. Dabei ist es nicht erforderlich, daß die niedrigen Beweggründe beim
Täter und beim Teilnehmer in vollem Umfang übereinstimmen. Es genügt vielmehr , daß die verwirklichten täterbezogenen Mordalternativen gleichartig sind (vgl. BGHSt 23, 39, 40; Jähnke in LK 11. Aufl. § 211 Rdn. 62; Eser in Schönke /Schröder, StGB 26. Aufl. § 211 Rdn. 54; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 211 Rdn. 43 jeweils m.w.N.). Hier liegt es nahe, daß der Angeklagte ebenfalls aus niedrigen Beweggründen handelte, als er zur Tötung seiner Ehefrau anstiftete. Zur Tatmotivation des Angeklagten hat das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung u.a. ausgeführt, die Auffassung des Angeklagten, seine Ehefrau sei zur Erziehung der Tochter N. nicht in der Lage und er müsse Gegenmaßnahmen ergreifen, um das Kind nicht schlechtem Einfluß auszusetzen, entbehre einer tatsächlichen Grundlage und entspringe offensichtlich einem übersteigerten Selbstwertgefühl und langjährigen Animositäten gegenüber seiner Ehefrau. Der Angeklagte habe die Ansicht der gerichtlichen Sachverständigen , daß es dem Kindeswohl eher entspreche, wenn N. bei ihrer Mutter aufwachse, nicht akzeptieren und seine vermeintlich besseren pädagogischen Fähigkeiten mit Gewalt durchsetzen wollen, nachdem er vor dem Familiengericht kein Gehör gefunden habe. Sein Motiv, seine Ehefrau töten zu lassen, um seine eigene Lebensplanung mit seiner Tochter N. unter Negierung elementarster Bedürfnisse anderer durchzusetzen, insbesondere dem 9-jährigen Kind die Mutter zu nehmen, um das Kind für sich allein zu haben, sei als Ausdruck seines Egoismus zu werten (UA S. 239). Daß der Angeklagte möglicherweise glaubte, durch die Tat auch "zum Wohle des Kindes zu handeln", steht der Bewertung des Tatmotivs als niedrig nicht entgegen. Es ist nach den bisherigen Feststellungen schon zweifelhaft, ob es für das Handeln des Angeklagten bestimmend war. Danach drängt es sich auf, daß sowohl der Haupttäter B. als auch der Angeklagte als Anstifter gleichermaßen aus niedrigen Beweggründen gehan-
delt haben. Dies hätte zur Folge, daß der Angeklagte wegen Anstiftung zum Mord hätte schuldig gesprochen werden müssen und eine Strafrahmenverschiebung nach § 28 Abs. 1 StGB ausgeschlossen wäre. 5. Soweit das täterbezogene Merkmal der Habgier in Be tracht kommt, ist das Landgericht bei der rechtlichen Würdigung der Tat des gesondert verfolgten Haupttäters B. zwar zu dem Ergebnis gelangt, daß bei ihm Habgier als bewußtseinsdominantes Mordmerkmal nicht vorlag (UA S. 222 f.). Fehlt das täterbezogene Merkmal jedoch beim Täter und wird es lediglich vom Anstifter verwirklicht, scheidet nach den dargelegten Grundsätzen (vgl. oben II 1) eine Verurteilung wegen Anstiftung zum Mord aus. Der Angeklagte wäre dann "lediglich" der Anstiftung zum Totschlag schuldig. Das Landgericht hat aber übersehen, daß der Angeklagte zu der ausgeurteilten Anstiftung zum Totschlag tateinheitlich auch eine versuchte Anstiftung zum Mord (§§ 30, 211 StGB) begangen hätte, weil er sich - wovon auch das Landgericht ausgeht (UA S. 236) - vorstellte, daß die von ihm veranlaßte Auftragstötung allein wegen der ausgelobten Belohnung und somit aus Habgier begangen werde. Die tateinheitliche Verwirklichung dieses zweiten Straftatbestands hätte im Schuldspruch ihren Niederschlag finden müssen und sich auch bei der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten auswirken können.

III.

Die Sache bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung, weil von einem Tatrichter nochmals geprüft werden muß, ob und welche Mordmerkmale dem Angeklagten als Anstifter zuzurechnen sind. Rissing-van Saan Detter Bode
Rothfuß Roggenbuck

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

5 StR 250/03

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 4. Dezember 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zum Mord u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 2. und 4. Dezember 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt S ,
Richterin am Landgericht K
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt J ,
Rechtsanwalt Sc ,
Rechtsanwältin L
als Verteidiger,
Rechtsanwältin P
als Vertreterin der Nebenklägerin E ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 13. Juni 2002 wird verworfen , soweit der Angeklagte wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden ist.
Insoweit hat der Angeklagte auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
2. Auf die weitergehende Revision wird das genannte Urteil aufgehoben
a) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit der Angeklagte wegen Anstiftung zum Mord verurteilt worden ist,
b) im Gesamtstrafausspruch.
Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Schwurgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Einzelstrafe : vier Jahre Freiheitsstrafe) sowie wegen Anstiftung zum Mord zu lebenslanger Freiheitsstrafe – als Gesamtstrafe – verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit die Verurteilung wegen Anstiftung zum Mord betroffen ist. Im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

I.


Dem Urteil des Schwurgerichts liegen folgende Feststellungen zugrunde:
Der Angeklagte kannte den wegen Gewaltverbrechen massiv vorbestraften gesondert Verfolgten Z aus gemeinsam verbüßtem Strafvollzug. Als Z im Juni 1998 nach insgesamt fast achtzehnjähriger Haft entlassen wurde, unterstützte ihn der Angeklagte, der ihn bereits in den vorangegangenen fünf Jahren nach seiner eigenen Haftentlassung im Gefängnis betreut hatte. Wohnung fand Z durch Vermittlung des Angeklagten alsbald bei dessen früherer Lebensgefährtin Frau St . Bis zu seiner erneuten Verhaftung am 22. Januar 1999 lebte Z mit der kranken Frau St zusammen, die er pflegte und betreute. Z unterstützte seinerseits den Angeklagten, dem er freundschaftlich verbunden war und dem gegenüber er sich zu Dank verpflichtet fühlte, bei der Eintreibung offener Forderungen für dessen Unternehmensberatung. Der Angeklagte bezeichnete Z daher als „seinen Vollstrecker“ oder „Motivator“.
1. So setzte Z im Auftrag des Angeklagten den persischen Teppichhändler D unter Druck, von dem der Angeklagte nach einer Geschäftsbesorgung zu Unrecht die Zahlung eines Geldbetrages von über 60.000 DM verlangte. Z bedrohte D in den Abendstunden
des 13. Juli 1998 vor dessen Wohnung mit einer scharfen Schußwaffe, gab zwei Schüsse ab und schlug dem vor Schreck zu Boden gefallenen Teppichhändler mit der Waffe auf den Kopf, so daß dieser eine blutende Kopfplatzwunde erlitt, die genäht werden mußte. Eine Woche später suchte der Angeklagte D s Geschäft auf, um ihn unter Ausnutzung der durch den Überfall verursachten Einschüchterung zur Bezahlung der unberechtigten Forderung zu veranlassen; er wurde indes nicht zu D vorgelassen. Ein Vierteljahr später versuchte der Angeklagte erneut vergeblich, D in einem Schreiben, dem er als (versteckte) Drohung zwei Zeitungsartikel mit Berichten über den Anschlag beifügte, zur Zahlung zu veranlassen.
2. Zu Weihnachten 1998 trat der Angeklagte eine Indonesien-Reise an. Zuvor erteilte er Z den Auftrag, den Finanzmakler Ste zu töten. Der Angeklagte haßte Ste , den er verdächtigte, seine – des Angeklagten – Inhaftierung im Herbst 1992 durch eine Anzeige wegen Zuhälterei veranlaßt zu haben. Dem lag folgendes Vorgeschehen zugrunde: Der Angeklagte hatte die Einreise ukrainischer Prostituierter nach Deutschland organisiert. Ste freundete sich mit einer der Frauen an. Seine häufige Begleitung der Frau mißfiel dem Angeklagten. Er verlangte wiederholt – bereits vor seiner damaligen Inhaftierung und auch noch danach – vergeblich von Ste die Zahlung von 20.000 DM als Ersatz für ihm entstandene „Aufwendungen und Unkosten“.
Am Nachmittag des 11. Januar 1999 – der Angeklagte befand sich bereits auf dem Rückflug von Indonesien – überfiel Z den Finanzmakler Ste in dessen Wohnung, um ihn unter Verwendung mitgebrachter Werkzeuge, eines Hammers und eines Messers, zu töten. Z traf in der Wohnung zunächst auf Ste s Freundin, die Nebenklägerin Frau E , bedrohte sie mit einer Schußwaffe, schlug ihr damit auf den Kopf und mißhandelte sie mit einem Elektroschockgerät. Später fesselte er beide Opfer an Stühle, er verband ihnen die Augen, knebelte sie und versetzte ihnen jeweils in Tötungsabsicht mehrere Hammerschläge und Messer-
stiche. Ste starb, Frau E überlebte – von Z unbemerkt – schwerverletzt. Um den Eindruck eines Raubüberfalls zu erwecken, öffnete Z , bevor er den Tatort verließ, Schränke und Schubladen; geraubt hat er lediglich eine Uhr des Ste und etwas Schmuck.
Im Verlauf des Überfalls hatte Z , von den Opfern nach dem Anlaß gefragt, „Russenmädchen“ und eine Forderung von 20.000 DM erwähnt. Zum Schein hatte er auf weitere Täter hingewiesen, auf die Frage nach seinem Auftraggeber den Namen eines Unbeteiligten genannt und von Ste die Herausgabe von Unterlagen verlangt. Um sich Gewißheit zu verschaffen, ob der 70jährige Ste tatsächlich mit dem vorgesehenen Opfer identisch sei, hatte Z , der mit einem jüngeren Mann gerechnet hatte, ein Telefongespräch geführt; der Gesprächspartner ist nicht sicher geklärt, es war – vom Schwurgericht als wahr unterstellt – jedenfalls nicht der Angeklagte, der sich zu dem Zeitpunkt im Flugzeug befand; möglicherweise telefonierte Z mit Frau St .

II.


Die Beweiswürdigung des Schwurgerichts enthält – wenngleich das angefochtene Urteil, dem eine etwa zweijährige Hauptverhandlung vorangegangen ist, weitgehend außergewöhnlich sorgfältig begründet worden ist – einen sachlichrechtlichen Mangel, auf dem die Verurteilung des Angeklagten wegen Anstiftung zum Mord beruht. Auf die allein diesen Schuldspruch betreffenden Verfahrensrügen kommt es mithin nicht an.
1. Mit rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung hat sich das Schwurgericht vom Tathergang und von der (Allein-)Täterschaft Z s überzeugt, ferner von dem Umstand, daß Z , der den nicht auffällig wohlhabenden, tatsächlich vielmehr insolventen Ste nicht persönlich kannte, die Tat nicht auf eigene Veranlassung begangen hat. Auch die Beweiswürdigung zur Motivlage des Angeklagten ist rechtsfehlerfrei.
Soweit sich das Schwurgericht – entgegen der auf Anstiftung zum Raub mit Todesfolge lautenden Anklage – davon überzeugt hat, daß Z den Überfall mit dem Auftrag, Ste zu töten – nicht etwa nur zu berauben –, unternommen hat, ist die Beweiswürdigung nicht unbedenklich. Auf einen geplanten Raubüberfall, in dessen Verlauf sich der Haupttäter Z mehr oder weniger spontan zur Ermordung seiner Opfer entschlossen hat, deuten dessen festgestellte Äußerungen am Tatort und seine gesamte Vorgehensweise hin. Letztere ist freilich auch als Reaktion auf seine überraschende Konfrontation mit Frau E als weiterem Opfer erklärbar. Jedenfalls erscheint ein Raubauftrag als nicht minder wahrscheinlich denn eine in Auftrag gegebene Ermordung Ste s, bei deren Durchführung Z Raubabsichten weitgehend nur vortäuschte und lediglich abschließend, bezogen auf den von Ste getragenen Schmuck, mitverwirklichte. Zudem ist bedenklich, daß das Schwurgericht sich beim Ausschluß der Tatvariante eines geplanten Raubes sehr weitgehend auf die Widerlegung von Zielobjekten eines Raubauftrages (Unterlagen, Falschgeld) konzentriert hat, auf die der weitestgehend unglaubwürdige Zeuge Z in unterschiedlichen Vernehmungen hingewiesen hatte. Gleichwohl mag die tatrichterliche Überzeugung , Z habe den Überfall von Anfang an zur Verwirklichung eines Mordauftrages ausgeführt, aus Rechtsgründen noch nicht zu beanstanden sein; das Tatgericht hat sich hierfür maßgeblich darauf gestützt, daß Z die zur Tatbegehung verwendeten Mordwerkzeuge, die für einen bloßen Raubüberfall nicht dienlich waren, bei dem Überfall mit sich geführt hat.
2. Indes ist die der Verurteilung zugrundeliegende Beweiswürdigung, wie die Revision zutreffend beanstandet, jedenfalls im Rahmen der Erörterungen zu alternativen Auftraggebern lückenhaft und widersprüchlich (vgl. zum Prüfungsmaßstab Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl. § 337 Rdn. 27 bis 29 mit Rechtsprechungsnachweisen). Dies betrifft die Erwägungen, mit denen das Tatgericht eine Anstiftung des Z durch die Zeugin St ausschließt (UA S. 175-177).
Das Schwurgericht unterstellt, daß Frau St ihrerseits wütend auf das Mordopfer Ste war: Die wegen des Verdachts der Zuhälterei im Jahre 1992 erfolgte Verhaftung des damals mit ihr eng befreundeten Angeklagten sei nämlich für sie „ein schwerer Schlag“ gewesen, da sie auf seine Unterstützung und Pflege angewiesen gewesen sei; sie habe – nicht anders als der Angeklagte – Ste die Schuld an dieser Verhaftung zugeschrieben. Zwar hatte Frau St daher kein „unmittelbar eigenes Rachemotiv“. Das reichte dem Schwurgericht – das zudem Haßgefühle der Frau St gegen Ste „wegen verschmähter Liebe“ in Betracht zieht – indes nicht aus, sie als Auftraggeberin auszuschließen. „Entscheidend“ stellt das Schwurgericht vielmehr – trotz des für möglich gehaltenen gleichartigen Hintergrundes der Zuhälterei-Vorgeschichte – auf die Spontanäußerung des Haupttäters Z am Tatort über „Russenmädchen und 20.000 DM“ ab. Die hieran anknüpfende Überlegung des Gerichts, es gebe „gar keinen Bezug“ dieser Äußerung zu Frau St , die mit jenen Prostituierten „gar nichts zu tun“ gehabt habe, steht im Widerspruch zu dem vom Schwurgericht selbst unmittelbar zuvor unterstellten Anlaß ihrer gegen Ste gerichteten Wut, die auf die eben mit jenen Prostituierten zusammenhängende Verhaftung des Angeklagten zurückging. Darin liegt jedenfalls ohne nähere Erläuterung eine ungeklärt gebliebene wesentliche Lücke in der die Verurteilung des Angeklagten tragenden Beweiswürdigung. Der bloße Hinweis, daß Frau St selbst wegen jener Prostituierter keine Forderung gegen Ste erhoben habe, ist nicht geeignet, den Widerspruch aufzulösen bzw. die Lücke zu füllen. Es versteht sich nach den Urteilsfeststellungen von selbst oder liegt zumindest auf der Hand, daß Frau St von der Forderung wußte, die der Angeklagte, ihr damaliger Lebensgefährte, im Zusammenhang mit jenen Prostituierten gegen Ste erhoben hatte. Es kommt hinzu, daß jene Forderung – trotz der Überzeugung des Schwurgerichts, Z habe mit der entsprechenden Äußerung keine falsche Fährte legen wollen, sondern spontan den Hintergrund seines Tatauftrags verraten (UA S. 152) – angesichts der Überzeugung des Schwurgerichts, Z habe einen Mord-, keinen Raubauftrag ausführen sollen, in keinem unmittelbaren Zusammenhang
mit dem Tatauftrag stand; ihre Erwähnung konnte danach lediglich den Tathintergrund verdeutlichen.
3. Der Senat vermag nicht auszuschließen, daß die Verurteilung des Angeklagten auf der dargelegten sachlichrechtlich zu beanstandenden Widersprüchlichkeit und Lückenhaftigkeit der tatrichterlichen Beweiswürdigung im Zusammenhang mit den Erwägungen zu einer alternativen Auftraggeberstellung der Frau St beruht.

a) Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, daß das Schwurgericht auch ohne die rechtsfehlerhafte Würdigung in jedem Falle zum Ausschluß der Frau St als Anstifterin Z s gelangt wäre.
Jene Erwägung wird in diesem Zusammenhang im Urteil selbst als „entscheidend“ bezeichnet. Daß eine unmittelbare eigene Betroffenheit der Frau St fehlte, ist für sich allein nicht ohne weiteres für einen Ausschluß ihrer Auftraggeberstellung tragfähig – zumal im Blick auf das weitere bewußt offengelassene mögliche Motiv „verschmähter Liebe“. Die ergänzende Erwägung , es widerspreche der Lebenserfahrung, daß Frau St durch einen Mordauftrag an Z wegen der damit einhergehenden Gefahr seiner Verhaftung den Verlust ihres Lebensgefährten und Pflegers aufs Spiel gesetzt hätte, ist im Blick auf die Frau St bekannte vielfältige aktuelle Bereitschaft ihres Freundes Z zur Begehung von Gewalttaten für sich eher bedenklich. Für einen Ausschluß einer alternativen Anstiftung durch Frau St ist dieser Umstand nicht tragfähig.
Es kommt hinzu, daß für eine Verstrickung der Frau St in einen Z vorgegebenen Tatplan zusätzlich die vom Schwurgericht selbst als „sehr wahrscheinlich“ bewertete Möglichkeit spricht, daß Z das vom Tatort aus geführte Telefonat zur sicheren Identifizierung des Mordopfers mit Frau St geführt hat (UA S. 161). Das Schwurgericht hat es gleichwohl unterlassen, dieses die Person der Frau St belastende Indiz im Zu-
sammenhang mit dem Ausschluß ihrer alternativen Auftraggeberstellung überhaupt ausdrücklich abzuhandeln.
Der Senat übersieht in diesem Zusammenhang nicht die Erwägungen zu nach der Tat geäußerten Befürchtungen des Angeklagten über einen möglichen Verrat durch Frau St (UA S. 161 f.). Die hierzu gewonnenen Erkenntnisse sind indes nicht etwa derart klar und eindeutig, daß sich danach ohne weiteres eine Verstrickung von Frau St anstelle des Angeklagten in die hier abgeurteilte Tat ausschließen ließe.

b) Zudem begegnet die Beweiswürdigung zur Anstifterstellung des Angeklagten auch insoweit Bedenken, als das Schwurgericht aus seiner frühzeitigen Kenntnis über Tatdetails schließt, er könne diese Kenntnis „nur vom Täter“ (UA S. 158/159) erlangt haben, und hierin ein Indiz für seine eigene Verstrickung sieht. Nach den zum Beziehungsgeflecht zwischen den Beteiligten getroffenen Feststellungen liegt nicht fern, daß der Angeklagte alle maßgeblichen Details seinerseits innerhalb kürzester Frist vom Hörensagen von Z s Freundin Frau St , seiner eigenen früheren Lebensgefährtin , erfahren haben kann. Denkbar wäre auch ein Bericht Z s an den ihm vertrauten Angeklagten über Taten, in deren Begehung der Angeklagte zuvor nicht verstrickt war, die ihn desungeachtet betrafen und interessierten. Allein in dieser Schwäche wäre allerdings kaum ein durchgreifender Mangel der Beweiswürdigung des Schwurgerichts zu finden.

c) Die Möglichkeit einer Verstrickung von Frau St schlösse freilich nicht aus, daß daneben auch der Angeklagte an der Tatplanung beteiligt war. Noch näherliegend erscheint nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe die Möglichkeit, daß – wie schon die Anklage annahm – der Haupttäter Z tatsächlich – worauf gerade seine festgestellte Spontanäußerung am Tatort hindeutet – damit beauftragt war, Ste zu berauben, und daß sich auf der Grundlage eines derartigen anderen Tatauftrages ohne
weiteres ausreichende Indizien für eine Überführung des Angeklagten als Anstifter eines Verbrechens nach §§ 249, 250, 251 StGB finden ließen.
All diese Erwägungen bedürfen indes tatrichterlicher Überprüfung. Es liegt keine Fallgestaltung vor, bei welcher der Senat die tatrichterliche Mindestfeststellung einer bestimmten Form der Verstrickung des Angeklagten in die abgeurteilte Tat – zudem unter Ausschluß weitergehender belastender Feststellungen – anhand der bislang rechtsfehlerfrei festgestellten Anknüpfungstatsachen sicher prognostizieren und auf dieser Grundlage schon in der Revisionsinstanz auf einen abgeänderten Schuldspruch erkennen könnte. Insbesondere läßt sich auch die Möglichkeit, daß ein neues Tatgericht mit rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung zu einem so weitgehenden Schuldspruch wie bisher gelangt, für das Revisionsgericht nicht ausschließen.
Somit bedarf die Schuldfrage in dem Mordfall umfassender neuer tatrichterlicher Prüfung. Hierfür erscheint es unerläßlich, daß das neue Tatgericht – jenseits der aufrechterhaltenen Feststellungen zu dem weiteren Schuldspruch und der den zugehörigen Strafausspruch tragenden Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten – von tatsächlich bindenden Vorgaben freigestellt bleibt. Ungeachtet vieler bislang rechtsfehlerfrei getroffener Feststellungen – insbesondere zu Begehung und Ablauf der Haupttat, aber auch zu Beziehungen der Beteiligten zueinander – hat der Senat daher davon abgesehen, etwa einen Teil dieser Feststellungen aufrechtzuerhalten.

III.


Hinsichtlich der weitergehenden Verurteilung des Angeklagten bleibt seine Revision erfolglos.
1. Die (auch) hierauf bezogenen Verfahrensrügen versagen.

a) Es liegt kein absoluter Revisionsgrund vor.
(1) Zu Unrecht rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Anwe- senheitsrechts des Angeklagten in der Hauptverhandlung (§ 338 Nr. 5 StPO). Es ist nicht ersichtlich, daß das Schwurgericht dem früheren Beschuldigten und Zeugen H zu Unrecht ein nach § 55 StPO verdichtetes, umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht zugebilligt hätte (vgl. zum tatrichterlichen Beurteilungsspielraum BGHSt 43, 321, 325 f.; 47, 220, 222 f.). Da der Zeuge angekündigt hatte, hiervon bei einer Vernehmung in Anwesenheit des Angeklagten Gebrauch zu machen, durfte das Schwurgericht den Angeklagten während der Vernehmung im Interesse der Wahrheitsfindung gemäß § 247 Satz 1 StPO aus dem Sitzungszimmer entfernen. Insoweit gilt im Ergebnis nichts anderes als für die ähnlichen Fallgestaltungen bei Vernehmung eines in Anwesenheit des Angeklagten nicht aussagebereiten zeugnisverweigerungsberechtigten Zeugen (vgl. BGH NStZ 2001, 608) oder eines in Anwesenheit des Angeklagten nicht einlassungsbereiten Mitangeklagten (vgl. BGHR StPO § 247 Satz 1 Begründungserfordernis 4).
(2) Auch der Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 338 Nr. 6 StPO) ist nicht verletzt. Die Öffentlichkeit ist während eines Teiles der Vernehmung des Zeugen H gemäß § 172 Nr. 1a GVG wegen dessen zu besorgender persönlicher Gefährdung aufgrund früherer V-Mann-Tätigkeit ausgeschlossen worden. Es ist nicht ersichtlich, daß das Schwurgericht bei der Ausschlußentscheidung von seinem hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen des Ausschließungsgrundes bestehenden Beurteilungsspielraum oder von seinem ihm zustehenden Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht hätte. Entgegen dem Revisionsvorbringen ist dies nicht etwa allein durch die Länge des Zeitraumes zu belegen, der seit dem V-Mann-Einsatz des Zeugen in dem im ersten Beschluß ausdrücklich bezeichneten Fall verstrichen ist.

b) Erfolglos bleiben auch die im Zusammenhang mit Angaben des Zeugen I erhobenen Verfahrensrügen. Anderweitige Angaben dieses in
der Hauptverhandlung nach § 55 StPO berechtigt jegliche Auskunft verweigernden Zeugen waren unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt unverwertbar. Im übrigen fehlt es an ausreichendem Revisionsvorbringen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), das geeignet sein könnte, im Zusammenhang mit diesem Zeugen einen Verstoß gegen § 244 Abs. 2 oder § 261 StPO zu belegen.
2. Der Schuldspruch wegen gemeinschaftlich versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung hat Bestand.

a) Die Beweiswürdigung des Schwurgerichts, daß der Angeklagte den von dem gesondert verfolgten Z unmittelbar ausgeführten Anschlag auf den Geschädigten D veranlaßt hat, ist ausreichend begründet und unterliegt – auch soweit Angaben des Zeugen I verwertet worden sind – im Ergebnis keinen Bedenken. Es ist sicher auszuschließen, daß sich der sachlichrechtliche Beweiswürdigungsfehler, der allein den Schuldspruch wegen Anstiftung zum Mord berührt, auf diesen Schuldspruch ausgewirkt haben könnte.
Durchgreifende Bedenken bestehen auch insoweit nicht, als das Schwurgericht im Rahmen seiner Gesamtwürdigung das beim Angeklagten vorhandene Täterwissen unmittelbar nach Z s Verhaftung vor Kenntnis der Polizei indiziell heranzieht, ohne ausdrücklich zu erörtern, daß der Angeklagte seine Kenntnis zuvor von Z ohne eigene Tatinitiative oder aber von Z s Lebensgefährtin Frau St erlangt haben könnte, was die Relevanz dieses Indizes maßgeblich vermindern würde. Trotz mißverständlicher Wendungen im angefochtenen Urteil (UA S. 31, 36) vermag der Senat sicher auszuschließen, daß das Schwurgericht zu einem abweichenden Ergebnis der seine Beweiswürdigung tragenden Gesamtschau gelangt wäre, wenn es die mindere Bedeutung dieses Indizes zutreffend gesehen und bei der Beurteilung der Beweislage wesentlich allein auf die weiteren rechtsfehlerfrei herangezogenen gravierenden Indizien abgestellt hätte.

b) In vertretbarer, vom Revisionsgericht hinzunehmender Rechtsaus- legung hat das Schwurgericht Tateinheit zwischen den als final verknüpft angesehenen Teilakten der – auf Weisung des Angeklagten durch seinen „Vollstrecker“ Z vorgenommenen – Gewaltausübung unter Waffeneinsatz und der daran anschließenden Anläufe des Angeklagten zur Durchsetzung der ihm nicht zustehenden Geldforderung angenommen (vgl. BGHSt 41, 368) und den Angeklagten insgesamt als (Mit-)Täter angesehen.
3. Der dem Strafrahmen aus § 250 Abs. 2, § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB entnommene Strafausspruch von vier Jahren Freiheitsstrafe – ein minder schwerer Fall lag derart fern, daß dies nicht ausdrücklicher Erörterung bedurfte – läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Der Senat schließt aus, daß die Strafzumessung von dem weiteren Schuldspruch beeinflußt worden ist.
4. Der Angeklagte ist damit wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. An die hierfür tragenden bisherigen Urteilsfeststellungen ist das neue Tatgericht gebunden, das nach der Teilaufhebung lediglich über den weiteren Anklagevorwurf, die Tötung Ste s und versuchte Tötung der Nebenklägerin E betreffend, neu zu befinden und für den Fall erneuter Verurteilung auch wieder eine Gesamtstrafe zu bilden hat.
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Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.