Bundesgerichtshof Urteil, 15. Nov. 2012 - 2 StR 388/12

bei uns veröffentlicht am15.11.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 388/12
vom
15. November 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 10. Oktober 2012 in der Sitzung am 15. November 2012, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Dr. Berger,
Dr. Eschelbach
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 8. Februar 2012 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Fall II.18 der Urteilsgründe wird der Angeklagte freigesprochen ; die ausscheidbaren Verfahrenskosten und die dem Angeklagten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen. 3. Im Übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Verletzung von Dienstgeheimnissen" in 18 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Verletzung des Privatgeheimnisses zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt. Mit ihrer auf die Rüge einer Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision bemängelt die Staatsanwaltschaft die Beweiswürdigung des Landgerichts zur subjektiven Tatseite hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB. Sie beanstandet als rechtsfehlerhaft, dass das Landgericht in allen Fällen lediglich eine fahrlässige Verwirklichung dieses Merkmals angenommen hat.
2
Das - vom Generalbundesanwalt vertretene - Rechtsmittel hat in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg und wirkt teilweise auch zu Gunsten des Angeklagten (§ 301 StPO).

I.

3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte aufgrund seiner Funktion als Polizeibeamter des Landes Rheinland-Pfalz mittels ihm individuell zugeordneter Zugangsdaten Zugriff auf die Datenbeständeu.a. des polizeilichen Informationssystems POLIS und des zentralen Verkehrsinformationssystems des deutschen Kraftfahrtbundesamtes ZEVIS. Während POLIS eine kriminalpolizeiliche Sammlung personenbezogener Daten von bereits polizeilich in Erscheinung getretenen Personen darstellt, sind in dem Informationssystem ZEVIS u.a. personenbezogene Daten zu den Haltern der in Deutschland registrierten Kraftfahrzeuge gespeichert.
4
Im Zeitraum von Mai 2008 bis August 2009 führte der Angeklagte im Auftrag seines Bekannten D. , der Bordelle betrieb, in 18 Fällen verschiedene Abfragen in beiden Datenbanken durch. Die jeweiligen Rechercheergebnisse aus insgesamt 15 Personenüberprüfungen im Informationssystem POLIS und die Halterdaten aus insgesamt vier Kennzeichenüberprüfungen im Informationssystem ZEVIS übermittelte er anschließend an seinen Auftraggeber D. . Bei sieben der Personenüberprüfungen waren zu den abgefragten Personalien keine Einträge in der POLIS-Datenbank vorhanden, was der Angeklagte dem gesondert Verfolgten D. in Form einer Negativauskunft mitteilte. In den acht übrigen Fällen der POLIS-Abfragen offenbarte der Angeklagte seinehierdurch gewonnenen Erkenntnisse über Strafverfahren und Vorstrafen; dabei gab der Angeklagte in einem Fall zu einer von ihm abgefragten Person neben der Information über eine Vorstrafe auch einen Ausdruck von Lichtbildaufnahmen aus einer erkennungsdienstlichen Behandlung an D. weiter.
5
Dieser setzte die ihm übermittelten Informationen zielgerichtet ein, um Dritte unter Druck zu setzen und gefügig zu machen. So beteuerte er seine guten Kontakte zur Polizei und untermauerte dies glaubhaft durch die Lancierung der von dem Angeklagten erhaltenen Informationen. Auf diese Weise entstand bei zahlreichen Dritten insbesondere im Umfeld seines Bordellbetriebs der Ein- druck, dass D. jederzeit alles über sie bei der Polizei in Erfahrung bringen könne. Zahlreiche Prostituierte ließen sich wegen des Umstands, dass sie um die "guten Verbindungen" des gesondert verfolgten D. zur Polizei wussten , in ihrem (Aussage-)Verhalten beeindrucken, und ihr Vertrauen in die öffentliche Verwaltung wurde so sehr erschüttert, dass sie eine Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden, teilweise auch aus Angst und Ungewissheit bezüglich der staatlichen Informationsverarbeitung, ablehnten.
6
Der Angeklagte hingegen, der eine Gegenleistung für seine Bemühungen nicht erhielt, ging davon aus, dass D. an den Informationen deshalb interessiert sei, "um im Zusammenhang mit dem Betrieb und der Vermietung seiner Bordelle mit der Polizei keinen Ärger zu bekommen, damit der Betrieb nicht geschäftsschädigend gestört würde". Er meinte, mit seinen Auskünften dadurch zur Prävention von Straftaten beizutragen, dass er D. durch die Informationsweitergabe in die Lage versetzte, die Beschäftigung von einschlägig in Erscheinung getretenen Personen zu unterlassen. Weiterhin glaubte der Angeklagte in der Folgezeit, durch seine Informationsweitergabe den gesondert Verfolgten D. als Zuträger von Informationen aus dem Rotlichtmilieu für die Polizei gewinnen zu können.
7
2. Das Landgericht ist in subjektiver Hinsicht bezüglich des Tatbestandsmerkmals der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen davon ausgegangen , dem Angeklagten sei bei den jeweiligen Tathandlungen bewusst gewesen, dass er das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität und Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung sowie eine effektive Bewältigung polizeilicher Aufgaben gefährden könnte. Es hat aus dem Umstand, dass der Angeklagte selbst es für erforderlich gehalten hatte, D. mehrfach ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer vertraulichen Behandlung der übermittelten Informationen hinzuweisen, zwar den Schluss gezogen, dass der Angeklagte es für möglich gehalten habe, D. könne die weitergegebenen Daten Dritten offenbaren. Das Landgericht ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, der Ange- klagte habe diese Möglichkeit und eine hierdurch mögliche Gefährdung öffentlicher Interessen nicht billigend in Kauf genommen, sondern darauf vertraut, dass D. die vertraulichen Informationen für sich behalten werde. Zur Begründung hat das Landgericht angeführt, der Angeklagte sei "(jedenfalls zunächst ) auch" davon ausgegangen, dass "D. die Auskünfte aus dem System POLIS zur Überprüfung seiner Mitarbeiter haben wollte"; außerdem habe ihm D. "mehrfach versichert, die Informationen nicht an Dritte weiterzugeben".

II.

8
Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet. Ihr Rechtsmittel hat teilweise aber auch zugunsten des Angeklagten Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils auch einen Rechtsfehler zu seinem Nachteil erbracht hat (§ 301 StPO; dazu unten II.3.).
9
1. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht zunächst in den 15 Fällen (Fälle II.1, II.4 – II.14, II.16 und II.19 – II.20), in denen der Angeklagte auf Aufforderung des gesondert verfolgten D. jeweils (auch) Zugriff auf das Informationssystem POLIS nahm und ihn über seine diesbezüglichen Rechercheergebnisse unterrichtete, den objektiven Tatbestand des § 353b Abs. 1 StGB bejaht. Sowohl bei den vom Angeklagten weitergegebenen Daten aus dieser polizeilichen Datensammlung, als auch bei dem mitgeteilten Umstand, dass zu bestimmten Personalien keine Erkenntnisse vorliegen, handelt es sich um Geheimnisse im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB. Beides sind tatsächliche Gegebenheiten , deren Kenntnis wegen der beschränkten Zugriffsmöglichkeit auf das Informationssystem nicht über einen begrenzten Personenkreis hinausgeht. Dabei sind auch Negativauskünfte über fehlende Einträge in der polizeilichen Datensammlung geheimhaltungsbedürftig, da auch sie nachteilige Auswirkungen auf die polizeiliche Aufgabenerfüllung haben können etwa durch Minimierung des Kontrolldrucks, wie er im Rotlicht-Milieu durch verstärkte Kontrolltätigkeit der Polizei zur Bekämpfung des Auf- und Ausbaus organisierter krimineller Strukturen gezielt erzeugt wird (vgl. Senat, Urteil vom 23. März 2001 – 2 StR 488/00, BGHSt 46, 339, 340f., 344).
10
Ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden ist in den vorgenannten Fällen die Bewertung des Landgerichts, dass durch die unbefugte Informationsweitergabe wichtige öffentliche Interessen konkret gefährdet wurden. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob durch die Offenbarung der Daten, die nach den Feststellungen keine konkreten polizeilichen Maßnahmen berührten, schon eine unmittelbare Gefahr für wichtige öffentliche Interessen eingetreten ist; hierfür ließe sich die Wesensart der verletzten Dienstgeheimnisse anführen, deren Offenbarung kriminelle Aktivitäten begünstigt, indem sie es interessierten Personen ermöglicht, das eigene Verhalten dem Erkenntnisstand der Behörde anzupassen , oder - im Falle fehlender Erkenntnisse der Polizei - größere Freiräume für polizeilich relevante Aktivitäten zu eröffnen (vgl. Senat, aaO, BGHSt 46, 343f.; OLG Köln, Urteil vom 20. Dezember 2011 – III-1 RVs 218/11 u.a., BeckRS 2012, 06355). Jedenfalls hat das Landgericht tragfähig eine mittelbare Gefährdung, die zur Verwirklichung dieses Tatbestandsmerkmals genügen kann (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 1958 – 4 StR 151/58, BGHSt 11, 401, 404; BGH, Urteil vom 22. Juni 2000 – 5 StR 268/99, NStZ 2000, 596, 598), damit begründet, dass der gesondert verfolgte D. durch die Kundgabe der vom Angeklagten erlangten Informationen und die zielgerichtete Offenlegung seiner Verbindung zur Polizei das Vertrauen zahlreicher Bürger in die Integrität der Polizei erschüttert hat. Für eine effektive Wahrnehmung der ihr obliegenden präventiven und repressiven Aufgaben kommt der Integrität der Polizei und ihrer Beamten gerade auch in dem häufig durch zwangsweise Ausbeutung gekennzeichneten Prostitutionsmilieu besondere Bedeutung zu. Daher hat das Landgericht in der Erschütterung des Vertrauens in die Polizeiarbeit zu Recht eine konkrete Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen gesehen.
11
2. Die der Verurteilung in den vorgenannten Fällen zugrunde liegende Überzeugungsbildung des Landgerichts zur subjektiven Tatseite, der Angeklag- te habe darauf vertraut, dass D. die erlangten Informationen für sich behalten werde, beruht demgegenüber auf einem durchgreifenden Rechtsfehler. Die Beweiswürdigung, bei der sich das Landgericht insoweit maßgeblich auf die als glaubhaft erachtete Einlassung des Angeklagten gestützt hat, wonach er davon ausgegangen sei, dass D. die Daten allein zur Überprüfung seiner Mitarbeiter benötige, ist lückenhaft. Die Strafkammer hat sich dabei nicht mit der Einlassung des Angeklagten in seiner polizeilichen Vernehmung durch den Zeugen W. befasst. Diesem gegenüber hatte er eingeräumt, in den Anklagefällen 15 bis 20 (entsprechend Fälle II.15 bis II.20 der Urteilsgründe) Recherchen zu Kfz-Haltern und weiteren Personen in Kenntnis dessen vorgenommen zu haben, dass D. diese Daten habe bekommen wollen, um ein Konkurrenzproblem mit einem anderen Zuhälter wegen der Prostitutionsausübung auf einer Landstraße zu lösen. Das Landgericht hat nicht bedacht, dass bei Zugrundelegung der früheren polizeilichen Angaben des Angeklagten auch aus seiner Sicht der gesondert Verfolgte D. jedenfalls diese Daten nicht zur Überprüfung seiner Mitarbeiter benötigt haben konnte und es sich - worauf der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend hingewiesen hat - für den Angeklagten als einem nach den Feststellungen sehr erfahrenen Polizeibeamten naheliegend aufdrängte, dass D. die erlangten Informationen durch deren Präsentation zur Einschüchterung und Machtausübung nutzen würde.
12
Wegen des Zusammenhangs der Taten, für die das Landgericht zusammenfassend Feststellungen zur Vorsatzfrage getroffen und hierzu ebenso zusammenfassend Beweisüberlegungen angestellt hat, beschränkt sich der Erörterungsmangel nicht nur auf die drei Fälle II.16 und II.19 bis II.20 der Urteilsgründe , in denen der Angeklagte Daten aus dem Informationssystem POLIS seiner Einlassung im Ermittlungsverfahren zufolge an D. in Kenntnis von dessen "Konkurrenzproblem" weitergegeben hat, sondern er wirkt sich gleichermaßen auf die übrigen vorgenannten Fälle aus. Insoweit ist auch zu berücksichtigen , dass mit der lückenhaften Beweiswürdigung sich widersprechende Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite einhergehen: Während das Land- gericht zum diesbezüglichen Sachverhalt zunächst festgestellt hat, der Angeklagte sei davon ausgegangen, dass "D. an den Informationen nur deshalb interessiert sei, um mit dem Betrieb und der Vermietung seiner Bordelle keinen Ärger zu bekommen" (UA S. 11), ist den Ausführungen zur rechtlichen Würdigung die nicht weiter erläuterte Einschränkung zu entnehmen, dass der Angeklagte "(jedenfalls zunächst) auch davon aus(ging), dass der gesondert Verfolgte D. die Auskünfte aus dem System POLIS zur Überprüfung seiner Mitarbeiter haben wollte" (UA S. 22).
13
Dies führt zur Aufhebung des Urteils in sämtlichen 15 Fällen des Schuldspruchs wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses, in denen der Angeklagte unbefugt Daten aus dem Informationssystem POLIS weitergab (Fälle II.1, II.4 - II.14, II.16 und II.19 - II.20 der Urteilsgründe), einschließlich der beiden - für sich rechtsfehlerfreien - tateinheitlichen Verurteilungen des Angeklagten wegen Verletzung des Privatgeheimnisses (Fälle II.19 und II.20 der Urteilsgründe).
14
3. Das Landgericht hat auch in den drei Fällen, in denen der Angeklagte allein die ihm über das zentrale Verkehrsinformationssystem ZEVIS zugänglichen Halterdaten aus dem Zentralen Fahrzeugregister des Kraftfahrt-Bundesamtes zu den ihm von D. jeweils mitgeteilten Kennzeichen abfragte und an diesen weitergab (Fälle II.15 und II.17 – II.18 der Urteilsgründe), den Tatbestand der Verletzung des Dienstgeheimnisses gemäß § 353b Abs. 1 StGB als erfüllt angesehen. Insoweit führt die sachlichrechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils nach § 301 StPO zu dessen Aufhebung zu Gunsten des Angeklagten.
15
a) Bei den von dem Angeklagten in ZEVIS recherchierten Halterdaten handelte es sich nicht um Geheimnisse im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB. Unter Geheimnissen sind Tatsachen zu verstehen, die nur einem begrenzten Personenkreis bekannt und zudem geheimhaltungsbedürftig sind (vgl. mwN, Senat, aaO, BGHSt 46, 340f.; BGH, Urteil vom 9. Dezember 2002 – 5 StR 276/02, BGHSt 48, 126, 129; Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 353b Rn. 6). Dies trifft auf die nach § 33 Abs. 1 StVG im Zentralen Fahrzeugregister gespeicherten Halterdaten , die im Rahmen einer einfachen Registerauskunft nach § 39 Abs. 1 StVG jedermann zu den gesetzlich genannten Zwecken übermittelt werden dürfen, nicht zu.
16
Dabei kann offen bleiben, ob im Hinblick auf die gesetzlich geregelten Voraussetzungen der einfachen Registerauskunft schon faktisch keine nur einem begrenzten Personenkreis bekannten Daten vorliegen, wie dies für den Anwendungsbereich des § 203 Abs. 2 Satz 1 StGB in der Rechtsprechung angenommen worden ist, (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 2002 – 1 StR 150/02, BGHSt 48, 28, 29f.; OLG Hamburg, Beschluss vom 22. Januar 1998 – 2 Ss 105/97, NStZ 1998, 358; BayObLG, Beschluss vom 18. Januar 1999 – 5 St RR 173/98, NJW 1999, 1727; zust. Cierniak/Pohlit in MüKoStGB, 2. Aufl., § 203 Rn. 93; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 203 Rn. 10); dagegen könnte sprechen, dass diese Voraussetzungen für die meisten Halterdaten nie und ansonsten nur in seltenen Fällen und für einen beschränkten Kreis von Auskunftsberechtigten erfüllt sein werden. Es handelt sich bei den in § 39 Abs. 1 StVG genannten Daten eines Kfz-Halters wie dessen Name und Anschrift jedenfalls um keine Tatsachen , die ihrer Bedeutung nach der Geheimhaltung bedürfen und daher auch nicht der Amtsverschwiegenheit unterliegen (vgl. § 37 Abs. 2 Ziff. 2 BeamtStG). Dies folgt schon daraus, dass Zugangsvoraussetzung für den eine Halterauskunft nach § 39 Abs. 1 StVG Verlangenden lediglich die Darlegung eines berechtigten Interesses ist, das nicht einmal glaubhaft gemacht werden muss.
17
b) Soweit daher insoweit ausschließlich eine Strafbarkeit nach § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB in Betracht kommt, fehlt es, wie der Senat aufgrund der von Amts wegen gebotenen Prüfung den Strafakten entnommen hat, in den Fällen II.17 und II.18 der Urteilsgründe an den gemäß § 205 Abs. 1 StGB erforderlichen Strafanträgen; im Fall II.15 der Urteilsgründe lässt sich die Frage, ob von dem Antragsberechtigten ein Strafantrag gestellt worden ist, anhand der Strafakten nicht sicher klären.
18
Die Antragsberechtigung als Verletzter im Sinne des § 77 Abs. 1 StGB richtet sich nach dem Träger des verletzten Rechtsguts. Danach ist bei § 203 StGB Verletzter nur diejenige Person, über deren personenbezogene Daten der Täter Auskunft gegeben hat. Antragsberechtigt sind daher nur die einzelnen Kraftfahrzeughalter, deren Daten der Angeklagte unbefugt weitergab (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 2002 – 1 StR 150/02, BGHSt 48, 28, 33). Zu den von seinen Registerabfragen betroffenen Kraftfahrzeughaltern hat die Strafkammer keine Feststellungen getroffen. Während sich den Akten im Fall II.15 der Urteilsgründe nicht sicher entnehmen lässt, wer der betroffene Kraftfahrzeughalter des von dem Angeklagten abgefragten Kennzeichens war, kann der Senat im Fall II.17 der Urteilsgründe aus den Akten nicht ersehen, ob und gegebenenfalls wann der hier ermittelte Halter von einer gegen ihn gerichteten Straftat Kenntnis erlangt hat (vgl. § 77b Abs. 2 StGB). Da das insoweit derzeit bestehende Verfahrenshindernis nach Klärung der tatsächlichen Voraussetzungen noch entfallen kann, führt dies in beiden Fällen nicht zur Einstellung des Verfahrens gemäß § 260 Abs. 3 StPO, sondern zur Zurückverweisung der Sache.
19
Im Fall II.18 der Urteilsgründe hatte der von der Kennzeichen-Abfrage betroffene Kraftfahrzeughalter im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung von der Weitergabe seiner Daten durch den Angeklagten Kenntnis erhalten, ohne innerhalb der ihm mitgeteilten Antragsfrist Strafantrag zu stellen. Da insoweit ergänzende tatrichterliche Feststellungen in einer neuerlichen Hauptverhandlung , die noch zu einer anderen rechtlichen Bewertung führen könnten, auszuschließen sind, war der Angeklagte nach § 354 Abs. 1 StPO freizusprechen (vgl. zum Vorrang des Freispruchs gegenüber einer Verfahrenseinstellung nach § 260 Abs. 3 StPO in Fällen tateinheitlichen Zusammentreffens unterschiedlich schwerer Tatvorwürfe BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - 5 StR 14/04, BGHSt 50, 16, 30 mwN).
20
4. Weitere durchgreifende Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten liegen nicht vor. Zwar hielte es sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, wenn das Landgericht - was der angefochtenen Entscheidung nicht eindeutig zu entnehmen ist - die Verurteilung in den Fällen II.6, 10-13, 19 und 20 der Urteilsgründe auch auf die hier festgestellte Weitergabe von Daten aus dem Einwohnerinformationssystem EWOIS durch den Angeklagten gestützt hätte. Denn diese Daten, die im Rahmen einer einfachen Melderegisterauskunft nach § 21 Abs. 1 MRRG auf Antrag ohne weiteres jedermann erhalten kann, sind offenkundig und damit keine Geheimnisse (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2000 – 5 StR 268/99, NStZ 2000, 596, 597; Fischer, aaO, § 353b Rn. 7c). Dieser etwaige Rechtsfehler hätte sich jedoch weder auf den Schuld- noch auf den Strafausspruch ausgewirkt. Letzteres ergibt sich schon daraus, dass das Landgericht bei der Bemessung der Einzelstrafen für die Fälle der Verurteilung (allein) wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen gemäß § 353b StGB eine Differenzierung bei der Tagessatzhöhe nur danach vorgenommen hat, ob der Angeklagte aus dem polizeilichen Datenbestand von POLIS eine Negativauskunft weitergegeben oder daraus konkrete Erkenntnisse über die betroffene Person offenbart hatte.
Becker Appl Berger Eschelbach Ott

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Strafgesetzbuch - StGB | § 205 Strafantrag


(1) In den Fällen des § 201 Abs. 1 und 2 und der §§ 202, 203 und 204 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt. Dies gilt auch in den Fällen der §§ 201a, 202a, 202b und 202d, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen

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(1) Wer ein Geheimnis, das ihm als

1.
Amtsträger,
2.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,
3.
Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt oder
4.
Europäischer Amtsträger,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Hat der Täter durch die Tat fahrlässig wichtige öffentliche Interessen gefährdet, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer, abgesehen von den Fällen des Absatzes 1, unbefugt einen Gegenstand oder eine Nachricht, zu deren Geheimhaltung er

1.
auf Grund des Beschlusses eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes oder eines seiner Ausschüsse verpflichtet ist oder
2.
von einer anderen amtlichen Stelle unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Verletzung der Geheimhaltungspflicht förmlich verpflichtet worden ist,
an einen anderen gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(3a) Beihilfehandlungen einer in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 der Strafprozessordnung genannten Person sind nicht rechtswidrig, wenn sie sich auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung des Geheimnisses oder des Gegenstandes oder der Nachricht, zu deren Geheimhaltung eine besondere Verpflichtung besteht, beschränken.

(4) Die Tat wird nur mit Ermächtigung verfolgt. Die Ermächtigung wird erteilt

1.
von dem Präsidenten des Gesetzgebungsorgans
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einem oder für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1;
2.
von der obersten Bundesbehörde
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit sonst bei einer oder für eine Behörde oder bei einer anderen amtlichen Stelle des Bundes oder für eine solche Stelle bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2, wenn der Täter von einer amtlichen Stelle des Bundes verpflichtet worden ist;
3.
von der Bundesregierung in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einer Dienststelle der Europäischen Union bekannt geworden ist;
4.
von der obersten Landesbehörde in allen übrigen Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 2.
In den Fällen des Satzes 2 Nummer 3 wird die Tat nur verfolgt, wenn zudem ein Strafverlangen der Dienststelle vorliegt.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

(1) Wer ein Geheimnis, das ihm als

1.
Amtsträger,
2.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,
3.
Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt oder
4.
Europäischer Amtsträger,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Hat der Täter durch die Tat fahrlässig wichtige öffentliche Interessen gefährdet, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer, abgesehen von den Fällen des Absatzes 1, unbefugt einen Gegenstand oder eine Nachricht, zu deren Geheimhaltung er

1.
auf Grund des Beschlusses eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes oder eines seiner Ausschüsse verpflichtet ist oder
2.
von einer anderen amtlichen Stelle unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Verletzung der Geheimhaltungspflicht förmlich verpflichtet worden ist,
an einen anderen gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(3a) Beihilfehandlungen einer in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 der Strafprozessordnung genannten Person sind nicht rechtswidrig, wenn sie sich auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung des Geheimnisses oder des Gegenstandes oder der Nachricht, zu deren Geheimhaltung eine besondere Verpflichtung besteht, beschränken.

(4) Die Tat wird nur mit Ermächtigung verfolgt. Die Ermächtigung wird erteilt

1.
von dem Präsidenten des Gesetzgebungsorgans
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einem oder für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1;
2.
von der obersten Bundesbehörde
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit sonst bei einer oder für eine Behörde oder bei einer anderen amtlichen Stelle des Bundes oder für eine solche Stelle bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2, wenn der Täter von einer amtlichen Stelle des Bundes verpflichtet worden ist;
3.
von der Bundesregierung in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einer Dienststelle der Europäischen Union bekannt geworden ist;
4.
von der obersten Landesbehörde in allen übrigen Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 2.
In den Fällen des Satzes 2 Nummer 3 wird die Tat nur verfolgt, wenn zudem ein Strafverlangen der Dienststelle vorliegt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 488/00
vom
23. März 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
StGB § 353 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Die Auskunft, daß in einer polizeilichen Datensammlung keine Einträge
vorhanden sind, kann eine Verletzung des Dienstgeheimnisses sein.
BGH, Urteil vom 23. März 2001 - 2 StR 488/00 - LG Frankfurt am Main
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Grund der Verhandlung vom
21. März 2001 in der Sitzung am 23. März 2001, an der teilgenommen haben:
Vizepräsident des Bundesgerichtshofes
Dr. Jähnke
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Detter,
Dr. Bode,
Rothfuß,
Prof. Dr. Fischer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22. August 2000 wird verworfen. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.
Von Rechts wegen

Gründe:


I.


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses in sieben Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

II.


Nach den Feststellungen war der Angeklagte als Polizeioberkommissar in der Funktion eines Truppführers bei einer Zugriffseinheit der Polizei in F. tätig. Zu den Aufgaben dieser Polizeieinheit gehörte unter anderem die Bekämpfung der Straßenkriminalität im F. Bahnhofsviertel.
Im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit hatte der Angeklagte mittels seiner Personalnummer und eines ihm bekannten Codes Zugriff auf den Datenbestand des polizeilichen Informationssystems Hepolis. In dieser von der h. Polizei landesweit betriebenen, mit dem bundespolizeilichen Inpol-Datennetz und dem Zentralen Verkehrsinformationssystem Zevis verbundenen automatisierten kriminalpolizeilichen Sammlung waren personenbezogene Daten von bereits polizeilich in Erscheinung getretenen Personen gespeichert. Hierzu zählten insbesondere Ausschreibungen zur Festnahme, Festnahmedaten sowie Angaben zum ausländerrechtlichen Status. Darüber hinaus enthielt das System fallbezogene Informationen über Straftaten und Angaben zu sonstigen im Rahmen polizeilicher Ermittlungen bekannt gewordenen Umständen. Im Zeitraum von Februar bis Juli 1998 führte der Angeklagte im Auftrag seines in einem Bordell im F. Bahnhofsviertel als Wirtschafter tätigen Freundes N. - in einem Fall für eine mit dem Angeklagten befreundete Prostituierte - in insgesamt sechs Fällen Anfragen zu verschiedenen Personalien in dem Informationssystem Hepolis durch. In vier Fällen (Anklagepunkte 7, 9, 13 und 14) waren zu den abgefragten Personalien keine Einträge in der Datensammlung vorhanden , was der Angeklagte jeweils N. mitteilte. Von den beiden weiteren Abfragen ergab die eine, daß der Inhaber des Bordells, in dem N. tätig war, als Bordellbetreiber registriert war (Anklagepunkt 6), und die andere, daß gegen die abgefragte Person wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ermittelt werde (Anklagepunkt 11/12). Auch diese Informationen gab der Angeklagte an die Veranlasser der Abfragen weiter.
Am 28. Mai 1999 hatte der Angeklagte Kenntnis von einer für denselben Tag geplanten Durchsuchung des von N. bewirtschafteten Bordells. In einem Telefongespräch mit N. sprach der Angeklagte die Polizeimaßnahme an und
bejahte die von N. konspirativ in verschlüsselter Weise gestellte Frage, ob es nicht besser sei, das Bordell kurzfristig zu schließen. Aufgrund einer Warnung durch N. im Anschluß an dieses Gespräch verließen ca. 15 Prostituierte fluchtartig das Bordell, so daß die anschließende polizeiliche Durchsuchung ergebnislos verlief (Anklagepunkt 16).

III.


1. Der Schuldspruch begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat – entgegen der Auffassung der Revision – zu Recht die Weitergabe der in Hepolis gespeicherten Informationen sowie die Mitteilungen, daß zu den abgefragten Personalien im polizeilichen Datensystem keine Einträge vorhanden waren, jeweils als Verletzung des Dienstgeheimnisses gemäß § 353 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB gewertet.

a) Sowohl bei den vom Angeklagten weitergegebenen Daten aus der Datensammlung Hepolis, als auch bei dem mitgeteilten Umstand, daß zu bestimmten Personalien keine Erkenntnisse vorliegen, handelt es sich um Geheimnisse im Sinne des § 353 b Abs. 1 StGB. Beides sind tatsächliche Gegebenheiten , deren Kenntnis wegen der beschränkten Zugriffsmöglichkeit auf das Informationssystem nicht über einen begrenzten Personenkreis hinausgeht (BGH NStZ 2000, 596, 598; BGHSt 10, 108). Das als normatives Element des Geheimnisbegriffes erforderliche Geheimhaltungsbedürfnis ergibt sich aus § 75 Abs. 1 des für den Angeklagten maßgeblichen H. Beamtengesetzes. Nach dieser Vorschrift unterfallen die einem Beamten bei seiner amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Angelegenheiten grundsätzlich der beamtenrechtlichen Verschwiegenheitspflicht , sofern sie nicht ausnahmsweise offenkundige oder sol-
che Tatsachen betreffen, die ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Letzteres ist dann nicht der Fall, wenn eine Angelegenheit unter irgendeinem Gesichtspunkt aus irgendeinem Grund jetzt oder auch später Bedeutung gewinnen kann, d. h. nicht ganz unbedeutend ist (OVG Münster OVGE 16, 56, 57 f.; Schütz Beamtenrecht des Bundes und der Länder 5. Aufl. Teil C § 64 Rdn. 9; OLG Köln NJW 1988, 2489, 2490). Daß die in den Fällen Anklagepunkt 6 und 11/12 vom Angeklagten in der Datensammlung Hepolis abgerufenen und weitergegebenen Informationen demnach der beamtenrechtlichen Verschwiegenheitspflicht unterfallen, liegt auf der Hand. Dies gilt aber in gleicher Weise auch für die Tatsache, daß in dem polizeilichen Informationssystem keine oder - wie im Anklagepunkt 6 - keine weiteren Daten gespeichert sind. Die Datensammlung Hepolis dient unmittelbar der Wahrnehmung präventiver und repressiver Aufgaben der Polizei. Das Wissen darüber, daß in dem System keine polizeilichen Erkenntnisse gespeichert sind, kann im Einzelfall beispielsweise für Personen, die Straftaten planen oder bereits begangen haben oder die für eine polizeipflichtwidrige Gefahrenlage verantwortlich sind, im Hinblick auf ihr weiteres Verhalten von erheblicher Bedeutung sein. Insbesondere der Auf- und Ausbau organisierter krimineller Strukturen wie hier im “Rotlicht-Milieu” kann durch Informationen über bislang fehlende polizeiliche Erkenntnisse wesentlich gefördert werden, weil es den Beteiligten die Möglichkeit eröffnet, das Kontrollund Aufdeckungsrisiko zu minimieren. Schon diese abstrakte Möglichkeit begründet ein hinreichendes Geheimhaltungsbedürfnis. Hinzu kommt, daß das Fehlen gespeicherter Daten hinsichtlich der Amtsverschwiegenheit nicht anders beurteilt werden kann als die Tatsache einer vorhandenen Datenspeicherung. Wäre einem Beamten die Mitteilung über eine nicht existierende Speicherung im Sinne einer Negativauskunft möglich, während er sich bei vorhan-
denen Erkenntnissen auf seine Verschwiegenheitspflicht berufen müßte, könnte hieraus, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat, wegen der durch ein entweder/oder-Verhältnis gekennzeichneten logischen Verknüpfung beider Gegebenheiten Rückschlüsse auf die Existenz gespeicherter Daten gezogen werden mit der Konsequenz, daß die insoweit gebotene Geheimhaltung nicht mehr gewährleistet wäre. Die hierin liegende Ausforschungsgefahr spricht ebenfalls dafür, auch das Fehlen gespeicherter Daten als geheimhaltungsbedürftige Tatsache anzusehen (zur Ausforschungsgefahr bei Negativauskünften vgl. BVerwG NJW 1990, 2765, 2768; OVG Bremen NJW 1987, 2393, 2395; Mallmann in Simitis/Dammann/Mallmann/Walz, Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz 4. Aufl. § 19 Rdn. 85). Daß der Angeklagte seine Kenntnisse aus dem Informationssystem Hepolis dienstpflichtwidrig erlangte, stellt die sich aus § 75 Abs. 1 HBG ergebene Verschwiegenheitspflicht ebensowenig in Frage (Schütz aaO § 64 Rdn. 5) wie die tatbestandliche Voraussetzung des Bekanntwerdens des Geheimnisses als Amtsträger in § 353 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB (OLG Düsseldorf NJW 1982, 2883 f.; Träger LK 10. Aufl. § 353 b Rdn. 16).
Hinsichtlich der in der Datensammlung Hepolis gespeicherten personenbezogenen Daten (Anklagepunkte 6 und 11/12) folgt das Geheimhaltungsbedürfnis schließlich auch aus dem in § 9 Satz 1 des H. Datenschutzgesetzes geregelten Datengeheimnis, das den bei datenverarbeitenden Stellen Beschäftigten , welche Zugang zu personenbezogenen Daten haben, jegliche Verwendung dieser Daten zu anderen als den zur jeweiligen rechtmäßigen Aufgabenerfüllung gehörenden Zwecken untersagt.
Weitere Anforderungen sind an ein Geheimnis im Sinne des § 353 b Abs. 1 StGB nicht zu stellen. Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 353 b Rdn. 6) erfährt der Geheimnisbegriff insbesondere durch das Erfordernis der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen in § 353 b Abs. 1 StGB keine inhaltliche Einschränkung (BayObLG NStZ 1999, 568 f.; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 353 b Rdn. 7; Träger in LK 10. Aufl. § 353 b Rdn. 9; Kuhlen in NK-StGB 4. Lfg. § 353 b Rdn. 14). Bei dem Erfordernis der Interessengefährdung handelt es sich nach dem Wortlaut der Norm um ein selbständiges Tatbestandsmerkmal , welches die Strafbarkeit des unbefugten Offenbarens von Geheimnissen auf Fälle beschränkt, in denen ein hierdurch verursachter tatbestandlich näher umschriebener Gefährdungserfolg eintritt. Für eine Vermengung der Merkmale "Geheimnis" und "Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen" besteht kein sachliches Bedürfnis (Träger aaO). Im Hinblick auf die Vorschrift des § 353 b Abs. 1 Satz 2 StGB, die im subjektiven Tatbestand Vorsatz hinsichtlich des Vorliegens eines Geheimnisses verlangt, während für die Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen Fahrlässigkeit ausreicht, ist es vielmehr geboten, beide Tatbestandsmerkmale eigenständig auszulegen.

b) Durch das unbefugte Offenbaren der Ergebnisse der im Informationssystem Hepolis durchgeführten Abfragen wurden jeweils wichtige öffentliche Interessen konkret gefährdet.
Nach den Feststellungen des Landgerichts werden im Bahnhofsviertel von F. in erheblicher Anzahl Bordelle betrieben, in denen zum großen Teil ausländische Frauen der Prostitution nachgehen, die keine Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland besitzen. Im Umfeld der
Prostitutionsausübung ist eine kriminelle Subkultur entstanden, welche die verschiedenartigsten Erscheinungsformen der Kriminalität umfaßt. Zur Bekämpfung dieser Subkultur verfolgt die Polizei unter anderem die Strategie, durch häufige Kontrollen und wenn möglich polizeiliche Zugriffe für eine ständige Verunsicherung bei den illegal der Prostitution nachgehenden Frauen, den hiervon profitierenden Bordellbetreibern und -wirtschaftern sowie sonstigen Straftätern zu sorgen. Die durch die Mitteilungen des Angeklagten verursachte Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen hat die Strafkammer darin gesehen , daß die polizeiliche Strategie, das Milieu durch häufige Kontrollen zu verunsichern , leerläuft und der Polizei damit die Aufgabe der Kriminalitätsbekämpfung wesentlich erschwert wird, wenn Personen aus diesem Umfeld über den sich aus der Datensammlung Hepolis ergebenen Stand der polizeilichen Erkenntnisse informiert sind. Diese Bewertung des Landgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Polizei hat nach § 163 Abs. 1 StPO Straftaten zu erforschen und die zu ihrer Aufklärung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Nach Maßgabe des H. Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung obliegt den Polizeibehörden ferner die Aufgabe der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Im Rahmen der Gefahrenabwehr haben sie gemäß § 1 Abs. 4 HSOG auch zu erwartende Straftaten zu verhüten sowie für die Verfolgung künftiger Straftaten vorzusorgen. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten besitzt vor allem in Lebensbereichen, in welchen sich kriminogene Strukturen herausbilden und verfestigen, eine erhebliche Bedeutung. Zu dem Instrumentarium, das der Polizei zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben zur Verfügung steht, gehört die in den §§ 13 ff. HSOG vorgesehene Erhebung personenbezogener Daten sowie deren in den §§ 20 ff. HSOG gesetzlich geregelte
Speicherung und Verwendung. Werden Informationen über die in der polizeilichen Datensammlung gespeicherten Erkenntnisse unbefugt offenbart, ist dies geeignet, die Erfüllung der der Polizei obliegenden repressiven und präventiven Aufgaben erheblich zu beeinträchtigen. So eröffnet die Mitteilung, ausweislich einer Hepolis-Abfrage werde gegen eine Person wegen bestimmter Delikte ermittelt (Anklagepunkt 11/12), die Möglichkeit einer störenden Einflußnahme Unbefugter auf den Gang des Verfahrens (BGHSt 10, 276, 277). Aber auch die Information, daß im Datensystem der Polizei keine oder keine weiteren Einträge vorhanden sind, gefährdet die polizeiliche Aufgabenerfüllung. Haben Personen, die Straftaten begangen haben oder begehen werden oder die für eine polizeipflichtwidrige Gefahrenlage verantwortlich sind, Kenntnis darüber , daß der Polizei keine Erkenntnisse über sie vorliegen, brauchen sie nicht mit einem polizeilichen Einschreiten zu rechnen. Dieses Wissen beseitigt den durch die verstärkte Kontrolltätigkeit der Polizei zur Bekämpfung des kriminellen Milieus gezielt erzeugten Kontrolldruck mit der Folge, daß die entsprechenden polizeilichen Maßnahmen insoweit wirkungslos bleiben. Hierin liegt eine Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen.
Diese Interessenbewertung steht entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers im Einklang mit dem als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Recht auf informationelle Selbstbestimmung (grundlegend BVerfGE 65, 1). Bei auf verfassungsgemäßer gesetzlicher Grundlage erfolgender Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ist die für die Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben grundsätzlich erforderliche Geheimhaltung gespeicherter Informationen ohne weiteres mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar (vgl. BVerwGE 89, 14, 19; BayVerfGH NVwZ 1996, 166, 170). Die Geheimhal-
tung wird lediglich durch den in den Datenschutzgesetzen des Bundes und der Länder oder in bereichsspezifischen Sondervorschriften näher geregelten Auskunftsanspruch des Betroffenen beschränkt.
Die Tatsache, daß der Angeklagte die Ergebnisse der in der Datensammlung Hepolis durchgeführten Abfragen jeweils an Personen aus dem Prostitutionsmilieu des F. Bahnhofsviertels weitergab, die ihn zuvor unmittelbar zu diesen Abfragen veranlaßt hatten und demnach ein Interesse an den entsprechenden Informationen besaßen, rechtfertigt die Annahme einer konkreten Gefahr (BGHSt 20, 342, 348; BayObLG NStZ 1999, 568, 569). Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe läßt sich schließlich entnehmen, daß die Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen in Gestalt der effektiven Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben jedenfalls vom bedingten Vorsatz des Angeklagten umfaßt war.
2. Der Strafausspruch weist ebenfalls keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Soweit die Revision geltend macht, im Fall Anklagepunkt 16 sei eine Selbstbegünstigungsabsicht des Angeklagten nicht strafmildernd
berücksichtigt worden, beruft sie sich auf einen vom Landgericht nicht festgestellten urteilsfremden Umstand, der bei der revisionsrechtlichen Prüfung auf die allein erhobene Sachrüge hin keine Berücksichtigung finden kann.
Jähnke Detter Bode Rothfuß Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
5 StR 268/99
URTEIL
vom 22. Juni 2000
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 21. und 22. Juni 2000, an der teilgenommen haben:
Richterin Dr. Tepperwien
als Vorsitzende,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum
als beisitzende Richter,
Vorsitzender Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt T
als Verteidiger des Angeklagten S ,
Rechtsanwalt B ,
Rechtsanwalt L
als Verteidiger des Angeklagten R ,
Rechtsanwalt Le ,
Assessor P
als Verteidiger des Angeklagten G ,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 22. Juni 2000 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten G wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 19. November 1998 – soweit er verurteilt worden ist – aufgehoben. Die Revision der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten G wird verworfen. Der Angeklagte G wird insgesamt freigesprochen. Die Staatskasse hat seine notwendigen Auslagen zu tragen.
2. Auf die Revisionen der Angeklagten S und R wird das genannte Urteil mit den zugehörigen Feststellungen – soweit diese Angeklagten verurteilt worden sind – aufgehoben. Ausgenommen sind die Feststellungen zur Bestechung bzw. Bestechlichkeit und Untreue; diese bleiben aufrechterhalten. Insoweit werden die Revisionen der Angeklagten S und R verworfen.
3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das genannte Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben , soweit der Angeklagte R freigesprochen worden ist.
4. Im übrigen werden die Revisionen der Staatsanwaltschaft betreffend die Angeklagten S und R v erworfen. Insoweit hat die Staatskasse die diesen Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
5. Im Umfang der Aufhebung hinsichtlich der Angeklagten S undR wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten S wegen Bestechlichkeit in elf Fällen, jeweils zugleich wegen eines Verstoßes gegen das Berliner Datenschutzgesetz, in fünf Fällen zugleich wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und in einem weiteren Fall zugleich wegen Untreue zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Den Angeklagten R hat es wegen Bestechung, tateinheitlich begangen mit Anstiftung zum Verstoß gegen das Berliner Datenschutzgesetz , in sieben Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen. Der Angeklagte G wurde unter Freisprechung im übrigen wegen Anstiftung zum Verstoß gegen das Berliner Datenschutzgesetz in drei Fällen verwarnt (§ 59 StGB). Die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft – teilweise vertreten vom Generalbundesanwalt – haben in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

A.


Nach den Feststellungen des Landgerichts kam der Angeklagte R , der in Berlin eine Rechtsanwaltskanzlei betrieb, mit dem Angeklagten S , einem Polizeibeamten im Bundesgrenzschutz, durch von ihm bearbeitete Mandate in näheren Kontakt. Im Frühjahr 1997 vereinbarten sie in der Kanzlei des Angeklagten R , daß der Angeklagte S unter Aus-
schöpfung seiner dienstlichen Möglichkeiten dem Angeklagten R Wohnanschriften bzw. Aufenthaltsorte von Schuldnern oder Prozeßgegnern kurzfristig mitteilen sollte. Für entsprechende Informationen versprach R dem Angeklagten S geringfügige Geldbeträge von jeweils wenigstens 5,- DM. Der Angeklagte R wies seine Kanzleimitarbeiter wie auch den in seiner Kanzlei als freier Mitarbeiter tätigen Rechtsanwalt, den Angeklagten G , an, bei Fällen ungeklärter Wohn- und Geschäftsanschriften für diesbezügliche Ermittlungen auch den Angeklagten S z u beauftragen. In der Folgezeit kam es zwischen dem 27. August 1997 und Mai 1998 in insgesamt elf Fällen zu Ermittlungen von Wohnanschriften, Aufenthaltsorten und anderen persönlichen Verhältnissen von Schuldnern oder gegnerischen Parteien. Diese Informationen entnahm der Angeklagte S seinem Dienst-PC, der ihm einen Zugriff auf Datenbestände des Bundesgrenzschutzes ermöglichte. Teilweise erlangte er die Informationen auch durch sogenannte Zevis-PAnfragen (Zentrales Verkehrsinformationssystem), die er unter Verwendung falscher Tagebuchnummern über das Grenzschutzamt Frankfurt/Oder veranlaßte. In fünf Fällen, die das Landgericht jeweils als Vergehen der Verletzung des Dienstgeheimnisses gewertet hat, leitete er Mitteilungen über Inhaftierungen , bestehende Haftbefehle oder beglichene Steuerschulden an die Kanzlei des Angeklagten R weiter. In einem Fall stellte der Angeklagte S bei einer Mobilfunkbetreiberin unter Nennung einer Telefonnummer die Personalien des Anschlußnehmers fest, wobei er eine falsche Tagebuchnummer des Bundesgrenzschutzes verwandte mit der Folge, daß dem Bundesgrenzschutz für die Auskunft das Entgelt von 25,- DM in Rechnung gestellt wurde.
Die Anfragen veranlaßten entweder der Angeklagte R oder der Angeklagte G jeweils durch einen entsprechenden Vermerk in den Handakten , der dann von den Kanzleiangestellten umgesetzt wurde. Soweit der AngeklagteR in den Fällen 1, 2, 4 und 8 der Urteilsgründe freigesprochen wurde, ist das Landgericht davon ausgegangen, daß die Anfragen bei dem AngeklagtenS durch Kanzleibedienstete ohne einen konkreten
Auftrag R erfolgt sind. Der Angeklagte G kannte nach den Feststellungen des Landgerichts die Amtsträgereigenschaft des Angeklagten S nicht, sondern hatte lediglich Gerüchte erfahren, daß es sich um einen ehemaligen Polizeibeamten handele, der jetzt als Privatdetektiv tätig sei. Die Strafkammer ging jedoch davon aus, daß der Angeklagte G zumindest die Möglichkeit in seine Vorstellung aufgenommen hatte, daß der Angeklagte S sich die Daten ohne eine entsprechende Befugnis beschafft habe.

B.


Die Revisionen der Angeklagten führen im Fall des Angeklagten G zum Freispruch, hinsichtlich der AngeklagtenR und S haben sie teilweise Erfolg.

I.


Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht bei den Angeklagten R und S ein Vergehen nach dem Berliner Datenschutzgesetz angenommen und den Angeklagten S zudem wegen fünf tateinheitlich begangener Vergehen der Verletzung des Dienstgeheimnisses verurteilt.
1. Ein Vergehen nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Berliner Datenschutzgesetz liegt nicht vor, weil dieses Gesetz im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Das Berliner Datenschutzgesetz richtet sich nach der dortigen Vorschrift § 2 Abs. 1 nur an die Behörden des Landes Berlin. Insoweit ist das Berliner Datenschutzgesetz (BlnDSG) in Abgrenzung zum Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zu sehen, das wiederum als seinen Anwendungsbereich die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen des Bundes regelt (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 BDSG). Da der Angeklagte S dem Bundesgrenzschutz und damit einer Behörde des Bundes im Sinne des § 2 Abs. 1 BDSG (vgl. Dammann in Simitis, BDSG
4. Aufl. § 2 Rdn. 27) angehört, ist für die Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten durch ihn das Bundesdatenschutzgesetz anwendbar. Selbst wenn der Angeklagte S , der im wesentlichen auf die Datenbestände des Bundesgrenzschutzes und über das Grenzschutzamt Frankfurt /Oder auf solche des zentralen Verkehrsinformationssystems zugegriffen hat, nach den Feststellungen des Landgerichts im Fall 4 durch eine telefonische Anfrage beim Landeseinwohneramt Berlin die Daten „ergänzt“ und im Fall 9 eine Adresse auf dem Dienstweg über das Landeseinwohneramt Berlin ermittelt hat, könnte eine unbefugte Nutzung dieser Datenbestände der Berliner Landesbehörden nicht den Anwendungsbereich des Berliner Datenschutzgesetzes begründen. Maßgeblich für das anwendbare Recht ist nämlich nicht die verwaltungsrechtliche Zuordnung des Datenbestandes, sondern diejenige des handelnden Anwenders.
2. Soweit die Angeklagten im vorliegenden Fall gegen § 43 BDSG verstoßen haben könnten, liegen die nach § 43 Abs. 4 BDSG erforderlichen Strafanträge nicht vor, so daß insoweit derzeit ein Verfahrenshindernis besteht.

a) Die Strafantragsberechtigung bestimmt sich, weil das Bundesdatenschutzgesetz insoweit keine spezialgesetzliche Regelung enthält, nach der allgemeinen Norm des § 77 Abs. 1 StGB. Danach ist der Verletzte strafantragsbefugt. Wer im Sinne dieser Vorschrift Verletzter ist, richtet sich danach , wer Träger des geschützten Rechtsgutes ist (Jähnke in LK 11. Aufl. § 77 Rdn. 23). Damit hängt die Antragsberechtigung davon ab, in wessen durch den Straftatbestand geschützten Rechtskreis unmittelbar eingegriffen wurde. Das Bundesdatenschutzgesetz enthält in § 1 Abs. 1 eine ausdrückliche Bestimmung seines Schutzzweckes. Danach ist der Zweck dieses Gesetzes , den einzelnen davor zu schützen, daß er durch den Umgang mit seinen personenbezogen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird. Diesem (alleinigen) Schutzzweck des Gesetzes entspricht es, nur der jeweils berührten Person, über deren Daten verfügt wird, eine Strafantrags-
berechtigung einzuräumen. Verletzte im Sinne des § 77 Abs. 1 StGB sind mithin nur diejenigen Personen, über deren personenbezogene Daten der Angeklagte S Auskunft gegeben hat. Diese Personen haben – soweit ersichtlich – bislang keinen Strafantrag gestellt. Ob und gegebenenfalls wann sie jeweils von einer gegen sie gerichteten Straftat Kenntnis erlangt haben, (vgl. § 77b Abs. 2 StGB), kann der Senat aus den Akten nicht ersehen.

b) Der Ermächtigung zur Strafverfolgung durch den Bundesminister des Inneren nach § 353b Abs. 4 Nr. 2 lit. a StGB kann kein Strafantrag nach § 43 Abs. 4 BDSG entnommen werden. Als Oberste Bundesbehörde und Aufsichtsbehörde des Bundesgrenzschutzes repräsentiert der Bundesminister des Inneren zwar den sogenannten „Herrn der Daten“. Auch wenn – gleichsam als zwingende Folge – damit die gesetzliche Aufgabe verbunden ist, den zugunsten des einzelnen durch das Bundesdatenschutzgesetz vorgesehenen Schutz zu gewährleisten, begründet dies zwar beim Bundesgrenzschutz eine Schutzverpflichtung, aber keine eigenständige geschützte Rechtsstellung (Jähnke aaO § 77 Rdn. 28; Dammann aaO § 43 BDSG Rdn. 55; Auernhammer, BDSG, 3. Aufl. § 43 Rdn. 18). Wäre nämlich eine Strafverfolgung aufgrund einer Antragsberechtigung von dritter Seite möglich , müßte der Betroffene unter Umständen gegen seinen Willen durch die Strafverfolgung eine weitere Perpetuierung der Verletzung seines Persönlichkeitrechts hinnehmen. Der Bundesgesetzgeber hat deshalb auch – anders als das Land Berlin – davon abgesehen, dem Datenschutzbeauftragten ein Antragsrecht einzuräumen.

c) Eine Zurückverweisung der Sache zwecks Feststellung der Verfahrensvoraussetzungen ist auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Tatbestand des § 43 BDSG erkennbar nicht erfüllt wäre. Nach den bisher getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht entscheiden, ob von dem Angeklagten S übermittelte personenbezogene Daten offenkundig und damit von der Strafvorschrift des § 43 Abs. 1 BDSG nicht erfaßt waren.
Offenkundig sind solche Daten, von denen verständige Menschen regelmäßig Kenntnis haben oder über die sie sich aus zuverlässigen Quellen ohne besondere Sachkunde sicher unterrichten können (Dammann aaO Rdn. 14; Auernhammer aaO Rdn. 3). Fraglos zählen zu den ohne weiteres zu erlangenden Daten solche Informationen, die Gegenstand einer einfachen Melderegisterauskunft gemäß § 21 Abs. 1 MRRG sein können, die auf Antrag grundsätzlich jedem zu gewähren ist (vgl. ferner – sehr weitgehend – BayObLG NJW 1999, 1727 f.; OLG Hamburg NStZ 1998, 358; Dammann aaO Rdn. 14).
In keinem der vorliegenden Fälle hat das Landgericht Feststellungen dazu getroffen, ob die weitergegebenen Anschriften oder Aufenthaltsorte sich auch über eine entsprechende Anfrage bei den Meldebehörden hätten ermitteln lassen. Die auf Veranlassung des Angeklagten R v om Angeklagten S durchgeführten Ermittlungen gingen aufgrund ihrer konkreten Verwendungszwecke über die bloße Feststellung der Meldeanschriften der Betroffenen hinaus. Diese waren für die vom Angeklagten R verfolgten Ziele nicht ohne weiteres ausreichend. Ihm ging es grundsätzlich um die erfolgreiche Bewirkung von Zustellungen oder Vollstreckungsmaßnahmen. Beides setzt die Kenntnis des tatsächlichen Aufenthaltsortes voraus, der insoweit nach §§ 180 ff. ZPO und §§ 758 f. ZPO maßgebend ist, ohne daß es auf die polizeiliche An- und Abmeldung ankäme (vgl. BGH NJW 1978, 1858; Paulus in Wieczorek/Schütze, ZPO 3. Aufl. § 758 Rdn. 6 ff.). Auf die Feststellung der danach maßgeblichen Aufenthaltsorte bezogen sich die Erhebungen des Angeklagten S .
3. Hinsichtlich des Angeklagten S begegnet die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener fünf Vergehen der Verletzung des Dienstgeheimnisses gleichfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte in den genannten Fällen bezüglich einzelner Prozeßgegner oder Schuldner der
Kanzlei des Angeklagten Inhaftierungen einschließlich der Gefangenenbuchnummer und der Haftdauer bzw. bestehende Vollstreckungshaftbefehle einschließlich der zugrundeliegenden Taten mitgeteilt. In einem Fall (Fall 8) hatte er in Erfahrung gebracht, daß der dortige Schuldner Steuerschulden beglichen habe und im Datenbestand des Bundeskriminalamts erfaßt sei; auch diese Information hatte er an die Anwaltskanzlei weitergeleitet. Die in diesen Fällen mitgeteilten Daten haben – wovon das Landgericht zutreffend ausgeht – Geheimnischarakter im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB. Sie enthielten personenbezogene Umstände, die vertraulich und nicht über einen begrenzten Personenkreis hinaus bekannt waren (vgl. BGHSt 10, 108 f.; Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 353b Rdn. 7). Seine Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit ergab sich für den Angeklagten S aus der Regelung des § 61 Abs. 1 BBG.

b) Allerdings hat die Strafkammer die Prüfung unterlassen, ob durch die Übermittlungen wichtige öffentliche Interessen gefährdet wurden. Daß die Kenntnis des Angeklagten R v on den vorgenannten Umständen keine wichtigen öffentlichen Interessen gefährdete, sondern allenfalls Interessen der Betroffenen, liegt im vorliegenden Fall auf der Hand (vgl. zur Weitergabe solcher privaten Geheimnisse auch OLG Düsseldorf NJW 1982, 2883 f.; OLG Köln GA 1973, 57 f.).
Eine Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB käme allenfalls mittelbar in Betracht, wenn durch das Offenbaren der Daten das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des Bundesgrenzschutzes beeinträchtigt wäre. Eine solche mittelbare Gefährdung kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes grundsätzlich ausreichen (vgl. BGHSt 11, 401, 404 f.; kritisch hierzu Lenckner in Schönke /Schröder, StGB 25. Aufl. § 353b Rdn. 9).
Die Gefährdung der öffentlichen Interessen ist allerdings auch im Falle mittelbarer Gefährdung immer anhand der Besonderheiten des Einzelfalls zu
beurteilen. Dies ist erforderlich, um dem Merkmal der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen seinen eigenständigen Bedeutungsgehalt zu erhalten. Nähme man bei jeder Weitergabe von Dienstgeheimnissen im Falle ihrer Aufdeckung immer einen wichtige öffentliche Interessen gefährdenden Vertrauensverlust an, entfiele die Korrekturfunktion, die diesem Tatbestandsmerkmal zukommt. Dies wäre nicht mit dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers vereinbar. Wie sich schon aus der Beifügung des Adjektivs „wichtig“ ergibt, sollen nur solche Verletzungen eines Dienstgeheimnisses pönalisiert werden, durch deren Preisgabe die Aufgabenerfüllung der Behörde ernstlich beeinträchtigt ist. Da Geheimnisverletzungen von Behördenbediensteten grundsätzlich nach § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbewehrt sind, entstehen auch bei einer tatbestandseinengenden Auslegung des Merkmals der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen keine Strafbarkeitslücken.
Die hiernach gebotene Gesamtabwägung kann im vorliegenden Fall nicht zur Annahme einer Gefährdung öffentlicher Interessen führen. Im Rahmen der Prüfung eines etwaigen Vertrauensverlustes des Bundesgrenzschutzes in der Öffentlichkeit müssen Inhalt und Umfang der geheimhaltungsbedürftigen Daten, deren in Aussicht genommene Verwendung und die Person des Amtsträgers Berücksichtigung finden. Bei dem Angeklagten S handelte es sich um einen jungen Berufsanfänger in untergeordneter Stellung. Die von ihm übermittelten Informationen sollten ausschließlich dazu verwandt werden, die jeweiligen Aufenthaltsorte von Schuldnern und Prozeßgegnern zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche festzustellen und sollten keinem größeren Personenkreis zugänglich gemacht werden. Bei solcher Zweckbestimmung führt auch die Preisgabe möglicherweise kompromittierender Daten grundsätzlich noch nicht zu einer Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen.
Auch unter Berücksichtigung des von der Staatsanwaltschaft angeführten hohen Stellenwerts, der dem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf informationelle Selbstbestimmung der in staatlichen Dateien erfaßten
Personen zukommt, ist aufgrund der genannten Umstände des Einzelfalls auszuschließen, daß hier in der Öffentlichkeit ein erheblicher Verlust an Vertrauen in die Rechtstreue des Bundesgrenzschutzes eingetreten wäre, der zu einer Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen geführt hätte. Der Umstand , daß es sich um eine Mehrzahl von Fällen handelt, führt vorliegend ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis.

c) Soweit bei dem Angeklagten S anstelle einer Strafbarkeit nach § 353b StGB eine solche nach § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB in Betracht kommt, fehlt es ebenso wie hinsichtlich des § 43 BDSG am erforderlichen Strafantrag. Antragsberechtigt ist auch hier nur der Verletzte (vgl. dazu Jähnke aaO § 77 Rdn. 28; Tröndle/Fischer aaO § 205 Rdn. 4; vgl. auch BGHZ 115, 123, 125 und BGHZ 122, 115, 117 zum Schutzzweck von § 203 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 StGB; differenzierend Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 205 Rdn. 5).

II.


Die Schuldsprüche gegen den Angeklagten S wegen Bestechlichkeit und Untreue sowie gegen den Angeklagten R wegen Bestechung weisen keinen Rechtsfehler auf. Der Senat, der die Schuldsprüche allein wegen der rechtsfehlerhaften tateinheitlichen Verurteilungen nach dem Berliner Datenschutzgesetz insgesamt aufheben muß, hält daher die den Verurteilungen aus den Straftatbeständen des Strafgesetzbuch zugrunde liegenden Feststellungen aufrecht. Soweit der Angeklagte R v erfahrensrechtlich die Nichteinhaltung von Wahrunterstellungen im Zusammenhang mit seinem Bestechungsvorsatz beanstandet, hat er jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.
1. Bei dem Angeklagten S hat das Landgericht zutreffend die Voraussetzungen von Bestechlichkeit gemäß § 332 Abs. 1 StGB bejaht.

a) Jede Weitergabe der ermittelten Anschriften und Aufenthaltsorte, die den Gegenstand der zwischen den Angeklagten R und S getroffenen Absprache bildete, war eine pflichtwidrige Diensthandlung. Angaben zu Anschriften, Kfz-Halterfeststellungen wie auch Erkundigungen zu bestehenden Haftbefehlen betreffen personenbezogene Daten im Sinne der Begriffsbestimmung nach § 3 Abs. 1 BDSG, weil sie Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten Person enthalten. Ob diese Daten anderweitig ebenfalls zu ermitteln sind und mit welchem Aufwand dies geschehen kann, ist für diese Einordnung nicht relevant. Die Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten ist nach § 4 Abs. 1 BDSG nur dann zulässig, wenn eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage dies ausdrücklich zuläßt oder der Betroffene einwilligt. Die für die Tätigkeit des Angeklagten maßgeblichen Rechtsvorschriften des Gesetzes über den Bundesgrenzschutz enthalten keinen entsprechenden Erlaubnistatbestand. Vielmehr darf eine Übermittlung der Daten nach § 32 BGSG grundsätzlich nur unter den dort bezeichneten Voraussetzungen an öffentliche Stellen erfolgen. Lediglich unter den strengen Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 BGSG, die im vorliegenden Fall ersichtlich nicht erfüllt sind, können personenbezogene Daten auch an nichtöffentliche Stellen weitergegeben werden.
Entgegen der Auffassung der Verteidigung stellen die Handlungen des Angeklagten jeweils eine Diensthandlung dar. Eine solche liegt bereits dann vor, wenn die Handlung zu den dienstlichen Obliegenheiten des Amtsträgers gehört (BGHSt 31, 264, 280; vgl. auch BGH NStZ 1998, 194). Zu dem Tätigkeitskreis des Angeklagten, der als Polizeibeamter Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. a StGB ist, zählte die polizeiliche Ermittlungsarbeit, weil der Angeklagte S der Ermittlungsgruppe „Wertzeichenfälschung“ zugeordnet war. Insoweit bildete der Umgang mit dem polizeilichen Datenbestand einen wesentlichen Teil seines polizeilichen Arbeitsgebietes. Im übrigen begeht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine pflichtwidrige Diensthandlung im Sinne des § 332 StGB nicht nur derjenige,
der eine Tätigkeit vornimmt, die an sich in den Kreis seiner Amtspflichten fällt, sondern auch, wer seine amtliche Stellung dazu mißbraucht, eine durch die Dienstvorschriften verbotene Handlung vorzunehmen, die ihm gerade seine amtliche Stellung ermöglicht. Ein solcher Mißbrauch ist keine Privattätigkeit , sondern eine pflichtwidrige Amtshandlung (BGHR StGB § 332 Abs. 1 Satz 1 – Diensthandlung 1 m.w.N.; entgegen der Ansicht der Verteidigung zu weitgehend RGSt 16, 42). Schon der dem Angeklagten S nach seiner Dienststellung mögliche Zugriff auf die Datensammlungen des Bundesgrenzschutzes erfüllt deshalb im hier vorliegenden Fall seiner mißbräuchlichen Ausnutzung das Merkmal der pflichtwidrigen Diensthandlung.

b) Der Angeklagte S hat hierfür auch einen Vorteil erhalten. Vorteil im Sinne des § 332 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung jede Leistung, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche , rechtliche oder auch nur seine persönliche Lage objektiv verbessert (BGHSt 31, 264, 279; 33, 336, 339; 35, 128, 133; BGHR StGB § 332 Abs. 1 Satz 1 – Vorteil 5). Hier erlangte der Angeklagte S für jede Auskunft wenigstens 5,- DM. Die Zahlungen stellten auch jeweils echte Gegenleistungen dar. Sie waren kein bloß vermögensrechtlich neutraler Aufwendungsersatz , weil Aufwendungen allenfalls der Dienstbehörde, nicht aber dem Angeklagten S entstanden waren.
2. Die Ausführungen des Landgerichts zu der von dem Angeklagten R begangenen Bestechung gemäß § 334 StGB in sieben Fällen sind ohne sachlichrechtlichen Fehler. Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Diensthandlungen und der Vorteilsgewährung gelten die vorstehenden Ausführungen bezüglich des Angeklagten S entsprechend. Soweit der Angeklagte – teilweise mit urteilsfremdem Vorbringen – dartun will, daß er keine Kenntnis von der Inanspruchnahme dienstlicher Datensammlungen hatte, kann er hiermit im Revisionsverfahren nicht gehört werden. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten R undS nämlich übereingekommen, daß der AngeklagteS
Aufenthaltsorte und Anschriften unter Ausschöpfung seiner dienstlichen Möglichkeiten und unter Inanspruchnahme der verfügbaren EDV-Anlagen ermitteln werde. Die dem zugrunde liegende Beweiswürdigung beruht auf einer Gesamtbewertung von Indizien, die mit Wahrunterstellungen zu einzelnen Punkten nicht unvereinbar ist.

III.


Das landgerichtliche Urteil hält bezüglich des Angeklagten G rechtlicher Überprüfung nicht stand. Auf seine Revision war der Angeklagte G – dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend – freizusprechen.
Nach den Feststellungen des Landgerichts kannte der Angeklagte G die Amtsträgereigenschaft des Angeklagten R nicht. Soweit das Landgericht jedenfalls einen bedingten Vorsatz des Angeklagten G dahingehend annimmt, daß der Angeklagte S ohne entsprechende Befugnisse die Daten erlangt habe, stellt dies eine bloße Vermutung dar, auf die eine Verurteilung nicht gestützt werden kann (vgl. BGHR StPO § 261 – Überzeugungsbildung 26). Für diese Folgerung nennt das Urteil keine Tatsachengrundlage. Eine solche ist auch den Gesamtumständen nicht zu entnehmen. In den dem Angeklagten G im Urteil zur Last gelegten Fällen (1, 2 und 3) ging es lediglich um Adressenermittlungen, die dieser veranlaßt hatte. Solche sind auch auf legalem Wege durchführbar. Insoweit ist es eher fernliegend, allein aus dem Gegenstand der Auftragserteilung auf einen strafrechtlich relevanten Vorsatz zu schließen. Da hinsichtlich dieses Angeklagten keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind, war er vom Senat freizusprechen.

C.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben nur hinsichtlich des Angeklagten R teilweise Erfolg; im übrigen sind sie unbegründet.

I.


Das landgerichtliche Urteil begegnet durchgreifenden Bedenken, soweit der Angeklagte R freigesprochen wurde. Insoweit dringt die von der Staatsanwaltschaft erhobene Sachrüge durch, auf die zugleich erhobenen Aufklärungsrügen kommt es danach nicht an.
1. Das Landgericht hat den Freispruch des Angeklagten R hinsichtlich der Fälle 1, 2, 4 und 8 damit begründet, daß ein konkretes Tätigwerden des Angeklagten nicht nachgewiesen werden konnte. Damit hat es seiner umfassenden Kognitionspflicht nicht genügt. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte R freie Mitarbeiter wie auch Kanzleibedienstete angewiesen, in Fällen ungeklärter Wohn- oder Geschäftsanschriften zu deren Ermittlung den Angeklagten S z u beauftragen. Damit hätte sich das Landgericht in den Fällen, in denen eine unmittelbare Veranlassung durch den Angeklagten R nicht gegeben war, jedenfalls mit der naheliegenden Möglichkeit einer Bestechung in mittelbarer Täterschaft (§ 25 Abs. 1, 2. Alt. StGB) befassen müssen.
Die Angeklagten R und S hatten eine allgemeine Absprache über entsprechende Anschriftenermittlungen gegen Entgelt getroffen. Innerhalb seines Kanzleibetriebes hatte der Angeklagte R aufgrund einer generellen Anordnung die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß durch sein Personal der Angeklagte S dann auch beauftragt wurde. Dabei kam es ihm – zumal solche Adressenermittlungen typischerweise durch das Personal und nicht den Inhaber einer Anwaltskanzlei durchgeführt werden – maßgeblich auch darauf an, den Bereich der Adressenermittlung kostensparend und effektiv möglichst ohne Befassung seiner eigenen Person geregelt zu
wissen. Der Angeklagte R setzte damit – durch einen einzigen Organisationsakt (vgl. BGHR StGB § 52 – Handlung, dieselbe 29) – die Rahmenbedingungen für die Aktivitäten seines Kanzleipersonals und hatte mithin auch eine vom Täterwillen getragene Tatherrschaft, weshalb es offenbleiben könnte, ob sein Kanzleipersonal seinerzeit in Kenntnis der Amtsträgereigenschaft des Angeklagten S diesem Aufträge erteilt hatte (vgl. BGHSt 43, 219, 232; 40, 218, 235 f.).
2. Soweit das Landgericht in den Fällen 6 und 11 hinsichtlich des Angeklagten R ein Vergehen der Anstiftung zur Verletzung von Dienstgeheimnissen verneint hat, bleibt die Revision der Staatsanwaltschaft erfolglos, da es insoweit – wie oben ausgeführt – an einer Haupttat fehlt.
Vergehen der Anstiftung zur Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 Abs. 2 Nr. 1, § 26 StGB – für die auch hier der Strafantrag fehlen würde – kommen beim Angeklagten R gleichfalls nicht in Betracht. Es mangelt jedenfalls am erforderlichen Vorsatz. Der Angeklagte R hatte jeweils nur Interesse, mögliche Zustellungsanschriften in Erfahrung zu bringen, welche er für die Rechtsverfolgung benötigte. Auf mit den jeweiligen Anschriften einhergehende Begleitumstände kam es ihm nicht an.

II.


Die Revision der Staatsanwaltschaft – insoweit vom Generalbundesanwalt nicht vertreten – bleibt im Hinblick auf den Angeklagten G ohne Erfolg. Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob der vom Landgericht angeführte fehlende sichere Nachweis einer konkreten Beauftragung durch den AngeklagtenG einen Freispruch in den Fällen 4 und 8 der Urteilsgründe zu tragen vermag. Da der Angeklagte G nach den Feststellungen des Landgerichts kein Wissen bezüglich einer Amtsträgerschaft des Angeklagten S hatte und bei ihm damit – wie oben ausgeführt – auch kein entsprechender Vorsatz bestand, kommt es auf eventuelle Auftragserteilun-
gen nicht an. Schon deshalb dringt auch die von der Staatsanwaltschaft erhobene Aufklärungsrüge nicht durch.

III.


Die gegen den Rechtsfolgenausspruch bezüglich der Angeklagten S und R gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.
1. Der Rechtsfolgenausspruch gegen den Angeklagten S enthält keinen Rechtsfehler zu dessen Vorteil.

a) Allerdings liegen bei dem Angeklagten S die Voraussetzungen des Regelbeispiels des § 335 Abs. 2 Nr. 2 StGB vor (vgl. zu dieser Norm – teils kritisch – Tröndle/Fischer aaO § 335, Rdn. 8 f.). Da bereits dem Ausgangsfall eine Abrede fortgesetzter Begehung zugrunde lag, sieht der Senat keinen Hinderungsgrund, hier schon vom ersten Fall an die Voraussetzungen des Regelbeispiels zu bejahen.

b) Rechtsfehlerhaft ist nicht, daß das Landgericht bei dem Angeklagten S – mit Ausnahme des Falles 9 – jeweils nur die sich aus dem Strafrahmen des § 335 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB ergebende Mindeststrafe von einem Jahr verhängt hat. Im Gegenteil war es sogar rechtsfehlerhaft, daß der Tatrichter – wenngleich das Regelbeispiel des § 335 Abs. 2 Nr. 2 StGB vorlag – einen besonders schweren Fall nach § 335 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB überhaupt angenommen hat. Abgesehen davon, daß die Voraussetzungen eines tateinheitlichen Vergehens nach § 353b StGB in keinem Fall erfüllt sind, war der Tatrichter vielmehr in jedem Fall gehalten, angesichts des geringen finanziellen Gewinns des Angeklagten S und der Verwendung der von ihm gelieferten Daten für eine an sich legale Rechtsdurchsetzung, abweichend von der Regel die Strafen dem Strafrahmen des § 332 Abs. 1 StGB zu entnehmen.

c) Die dem Angeklagten S zugebilligte Strafaussetzung zur Bewährung hat das Landgericht rechtsfehlerfrei begründet. § 56 Abs. 3 StGB stand hier einer Strafaussetzung zur Bewährung offensichtlich nicht entgegen. Zwar wird häufig die berufliche Stellung eines Angeklagten, wenn sie zur Tatbegehung mißbraucht wurde, entsprechende Darlegungen erfordern (vgl. BGHR StGB § 56 Abs. 3 – Verteidigung 6). Dies besagt aber nicht, daß die Strafaussetzung zur Bewährung für verschiedene Berufsgruppen generell ausgeschlossen wäre. Angesichts der zahlreichen für den Angeklagten S s prechenden Umstände bedurfte es einer Erörterung des § 56 Abs. 3 StGB im vorliegenden Fall nicht.
2. Auch der Strafausspruch gegen den Angeklagten R weist keinen Rechtsfehler zu dessen Vorteil auf.

a) Entgegen der Auffassung der Revision der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht rechtsfehlerfrei das Vorliegen des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit nach § 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB verneint. Zwar kann auch der Bestechende selbst gewerbsmäßig handeln, wenn seine Tat auf Einnahmen aus der rechtswidrigen Diensthandlung abzielt (BGHR StGB § 335 Abs. 2 Nr. 3 – Gewerbsmäßig 1; Tröndle/Fischer aaO § 335 Rdn. 10). Die hier in Rede stehenden geringen Beträge rechtfertigen aber die Annahme der Gewerbsmäßigkeit nicht.

b) Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht beim Angeklagten R einen minder schweren Fall nach § 334 Abs. 1 Satz 2 StGB angenommen. Soweit das Landgericht angeführt hat, daß der Angeklagte R zur Durchsetzung berechtigter Ansprüche gehandelt habe und von dem bisher nicht vorbestraften Angeklagten als „Bestechungsgelder“ lediglich kleinere Beträge aufgewandt worden seien, sind diese Gesichtspunkte geeignet, einen nach dem gesamten Tatbild von den gewöhnlich vorkommenden Durchschnittsfällen abweichenden Sachverhalt zu indizieren, der die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens begründen kann. Dabei steht der Anwendung eines
minder schweren Falls aus den vorgenannten Gründen nicht entgegen, daß in der Person des Angeklagten S das Regelbeispiel des § 335 Abs. 2 Nr. 2 StGB verwirklicht ist.

D.


In der neuen Hauptverhandlung wird zu erwägen sein, inwieweit der begrenzten Bedeutung der Sache und der inzwischen eingetretenen, von den Angeklagten nicht zu vertretenden, weiteren Verfahrensverzögerung durch Verfahrensbeschränkungen nach §§ 154, 154a StPO in angemessener Weise Rechnung getragen werden kann.
Tepperwien Häger Basdorf Gerhardt Raum

(1) Wer ein Geheimnis, das ihm als

1.
Amtsträger,
2.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,
3.
Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt oder
4.
Europäischer Amtsträger,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Hat der Täter durch die Tat fahrlässig wichtige öffentliche Interessen gefährdet, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer, abgesehen von den Fällen des Absatzes 1, unbefugt einen Gegenstand oder eine Nachricht, zu deren Geheimhaltung er

1.
auf Grund des Beschlusses eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes oder eines seiner Ausschüsse verpflichtet ist oder
2.
von einer anderen amtlichen Stelle unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Verletzung der Geheimhaltungspflicht förmlich verpflichtet worden ist,
an einen anderen gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(3a) Beihilfehandlungen einer in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 der Strafprozessordnung genannten Person sind nicht rechtswidrig, wenn sie sich auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung des Geheimnisses oder des Gegenstandes oder der Nachricht, zu deren Geheimhaltung eine besondere Verpflichtung besteht, beschränken.

(4) Die Tat wird nur mit Ermächtigung verfolgt. Die Ermächtigung wird erteilt

1.
von dem Präsidenten des Gesetzgebungsorgans
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einem oder für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1;
2.
von der obersten Bundesbehörde
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit sonst bei einer oder für eine Behörde oder bei einer anderen amtlichen Stelle des Bundes oder für eine solche Stelle bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2, wenn der Täter von einer amtlichen Stelle des Bundes verpflichtet worden ist;
3.
von der Bundesregierung in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einer Dienststelle der Europäischen Union bekannt geworden ist;
4.
von der obersten Landesbehörde in allen übrigen Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 2.
In den Fällen des Satzes 2 Nummer 3 wird die Tat nur verfolgt, wenn zudem ein Strafverlangen der Dienststelle vorliegt.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

(1) Wer ein Geheimnis, das ihm als

1.
Amtsträger,
2.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,
3.
Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt oder
4.
Europäischer Amtsträger,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Hat der Täter durch die Tat fahrlässig wichtige öffentliche Interessen gefährdet, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer, abgesehen von den Fällen des Absatzes 1, unbefugt einen Gegenstand oder eine Nachricht, zu deren Geheimhaltung er

1.
auf Grund des Beschlusses eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes oder eines seiner Ausschüsse verpflichtet ist oder
2.
von einer anderen amtlichen Stelle unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Verletzung der Geheimhaltungspflicht förmlich verpflichtet worden ist,
an einen anderen gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(3a) Beihilfehandlungen einer in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 der Strafprozessordnung genannten Person sind nicht rechtswidrig, wenn sie sich auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung des Geheimnisses oder des Gegenstandes oder der Nachricht, zu deren Geheimhaltung eine besondere Verpflichtung besteht, beschränken.

(4) Die Tat wird nur mit Ermächtigung verfolgt. Die Ermächtigung wird erteilt

1.
von dem Präsidenten des Gesetzgebungsorgans
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einem oder für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1;
2.
von der obersten Bundesbehörde
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit sonst bei einer oder für eine Behörde oder bei einer anderen amtlichen Stelle des Bundes oder für eine solche Stelle bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2, wenn der Täter von einer amtlichen Stelle des Bundes verpflichtet worden ist;
3.
von der Bundesregierung in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einer Dienststelle der Europäischen Union bekannt geworden ist;
4.
von der obersten Landesbehörde in allen übrigen Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 2.
In den Fällen des Satzes 2 Nummer 3 wird die Tat nur verfolgt, wenn zudem ein Strafverlangen der Dienststelle vorliegt.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
Strafbarkeit nach § 353b Abs. 1 Satz 1 StGB liegt mangels
Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen nicht vor,
wenn ein Datenschutzbeauftragter mit der Veröffentlichung
datenschutzrechtlicher Verstöße auch auf ein gesetzmäßiges
Verhalten hinwirkt.
BGH, Urt. v. 9. Dezember 2002 - 5 StR 276/02
LG Dresden –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 9. Dezember 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Dezember
2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt D ,
Rechtsanwalt H ,
Rechtsanwalt L
als Verteidiger,
Justizangestellte T ,
Justizangestellte R
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 7. November 2001 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten von dem Vorwurf freigespro- chen, im August 2000 als Sächsischer Datenschutzbeauftragter in drei Fällen Dienstgeheimnisse verletzt zu haben. Die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft, die mit der Sachrüge die Beweiswürdigung und die rechtliche Würdigung angreift, bleibt ohne Erfolg.

I.


Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte ist seit 1992 Datenschutzbeauftragter des Freistaats Sachsen. In dieser Eigenschaft wurde er vom damaligen Oberbürgermeister der Stadt Görlitz, Le , zwischen 1998 und 2000 mehrfach von dem Verdacht unterrichtet, das Sächsische Staatsministerium der Justiz könne in einem Ermittlungsverfahren gegen den Beigeordneten für Finanzen der Stadt
Görlitz und stellvertretenden Kreisvorsitzenden der CDU, N , in unlauterer Weise auf die Staatsanwaltschaft eingewirkt haben. Das Verfahren gegen N war auf Grund einer Strafanzeige des ebenfalls der CDU angehörenden Oberbürgermeisters Le eingeleitet worden. Im Rahmen der datenschutzrechtlichen Anrufung überprüfte der Angeklagte im Juli 2000 die Akten des Ministeriums zum „Fall N “. Dabei stellte er fest, daß sich der Görlitzer Landtagsabgeordnete und dortige Kreisvorsitzende der CDU, B , am 19. August 1997 telefonisch an den Justizminister He gewandt und den Wunsch nach einer raschen Klärung der Vorwürfe – auch im Hinblick auf einen am 20. September 1997 stattfindenden Kreisparteitag der CDU – zum Ausdruck gebracht hatte. Der Justizminister hatte daraufhin die Strafrechtsabteilung seines Hauses mit der Vorlage eines Berichts über dieses Verfahren beauftragt, der ihm möglichst noch vor einer am 28. August 1997 in Görlitz stattfindenden Klausur der Landtagsfraktion der CDU zugeleitet werden sollte; zugleich hatte er darum gebeten, auf eine „beschleunigte Behandlung“ des Ermittlungsverfahrens hinzuwirken. Der für strafrechtliche Einzelsachen zuständige Referatsleiter hatte in der Folgezeit den Leitenden Oberstaatsanwalt in Görlitz telefonisch vom Anliegen des Justizministers unterrichtet. Nach Eingang des Berichtes der Staatsanwaltschaft Görlitz hatte er am 26. August 1997 über den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens gegen N und den damaligen Sachstand einen umfangreichen Vermerk verfaßt, in dem darauf hingewiesen wurde, er hätte den Leitenden Oberstaatsanwalt gebeten, „für eine rasche und sensible Behandlung der Sache Sorge zu tragen“. Dieser Vermerk war auf dem Dienstweg dem Minister vorgelegt worden. Dieser hatte am 27. August 1997 die Vorlage zur Kenntnis genommen; er hatte den Landtagsabgeordneten B am folgenden Tag unterrichtet und am 30. August 1997 die Strafrechtsabteilung gebeten, ihn weiter „auf dem Laufenden zu halten“.
Diese aus den Akten ersichtlichen Vorgänge bewertete der Angeklagte als erhebliche Verstöße gegen die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes. Nachdem er die Führung des Justizministeriums unverzüglich vor-
ab informiert hatte, kündigte er mit Schreiben vom 18. Juli 2000 eine datenschutzrechtliche Beanstandung an und gab dem Ministerium Gelegenheit zur Stellungnahme bis 24. Juli 2000. Mit Schreiben vom 25. Juli 2000 wies der Leiter der Strafrechtsabteilung die Vorwürfe des Datenschutzbeauftragten zurück; die von diesem beanstandete Vorgehensweise sei rechtmäßig gewesen. Der Angeklagte wandte sich daraufhin an den Chef der Sächsischen Staatskanzlei mit der Bitte, den Justizminister zu bewegen, Berichtsanforderungen der beanstandeten Art sowie die Informierung Dritter zu unterlassen und die in Verwaltungsvorschriften festgelegten Berichtspflichten der Staatsanwaltschaft zu ändern.
Nachdem am 16. August 2000 ein Journalist der B -Zeitung einem Mitarbeiter des Angeklagten einen Entwurf eines Zeitungsartikels über das Verhalten des Justizministers im Hinblick auf das Ermittlungsverfahren gegen N zur Kenntnis gebracht, vor einer beabsichtigten Veröffentlichung aber noch einige Tage Stillschweigen zugesagt hatte, wandte sich der Angeklagte am 21. August 2000 erneut an den Chef der Staatskanzlei und kündigte an, wegen des Drucks der Presse am Folgetag um 18.00 Uhr nach Eingang einer von ihm erwarteten Stellungnahme des Justizministers eine Pressekonferenz abzuhalten. Am Morgen des 22. August 2000 erschien indes bereits in großer Aufmachung der zuvor angekündigte bebilderte Bericht in der B -Zeitung, in dem unter anderem das Anliegen des Landtagsabgeordneten B und dessen Unterrichtung durch den Justizminister – letzteres ohne Einzelheiten, aber auf dem Hintergrund politischer Verbindungen – geschildert wurde; ferner wurden N als Beschuldigter sowie Le als Anzeigeerstatter benannt. In der auf 18.00 Uhr einberufenen Pressekonferenz verlas der Angeklagte daraufhin vor den anwesenden Pressevertretern die vom Justizminister stammenden Verfügungen (Fall 1 der Anklage). Am nächsten Tag übersandte er dem Justizministerium gegen 9.00 Uhr eine datenschutzrechtliche Beanstandung, in der er die Gesetzesverstöße nochmals im Einzelnen darstellte, die Verfügungen des Justizministers zitierte und eine abstrakte Darstellung des Berichts des Leiten-
den Oberstaatsanwalts in Görlitz vom 25. August 1997 beifügte. Gegen 10.00 Uhr übermittelte er das gesamte Beanstandungsschreiben an den Petenten Le (Fall 2 der Anklage), eine Stunde später berief er eine weitere Pressekonferenz ein. In diesem Rahmen verlas er die gesamte datenschutzrechtliche Beanstandung im Wortlaut und legte für die Journalisten Kopien zur Mitnahme aus (Fall 3 der Anklage).
Das Landgericht hat die im August 1997 aktenkundig gewordenen verwaltungsinternen Vorgänge im Sächsischen Staatsministerium der Justiz, die in diesem Zusammenhang erfolgte Unterrichtung Dritter über den Sachstand des damaligen Ermittlungsverfahrens sowie die datenschutzrechtliche Beanstandung des Datenschutzbeauftragten gegenüber dem Justizministerium vom 23. August 2000 jeweils als Dienstgeheimnisse gemäß § 353b Abs. 1 StGB angesehen. Der Angeklagte habe aber bei Offenbarung dieser Geheimnisse keine wichtigen öffentlichen Interessen im Sinne dieser Vorschrift gefährdet; zudem habe er nicht unbefugt gehandelt, sondern sei aus verfassungsrechtlichen Gründen wegen Notstands gerechtfertigt.

II.


Die gegen das freisprechende Urteil gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.
1. Ohne Erfolg rügt die Beschwerdeführerin, die Beweiswürdigung sei unvollständig und genüge nicht den Anforderungen des § 267 Abs. 5 StPO. Dem Urteil ist zu entnehmen, daß der Angeklagte den Sachverhalt so geschildert hat, wie er im Urteil festgestellt worden ist. Seine Angaben werden bestätigt durch die in der Hauptverhandlung verlesenen Schriftstücke und die Aussagen der vom Landgericht benannten Zeugen, die als Beteiligte die Darstellung des Angeklagten „objektiviert“ haben. Mehr ist bei einem Freispruch aus rechtlichen Gründen nicht geboten.
2. Der Freispruch hält auch im übrigen sachlichrechtlicher Nachprüfung stand.

a) Mit der Verlesung der vom Justizminister stammenden Verfügungen am 22. August 2000 (Fall 1 der Anklage) hat der Angeklagte nicht gegen § 353b StGB verstoßen.
Gemäß § 353b Abs. 1 Nr. 1 StGB macht sich strafbar, wer ein Geheimnis , das ihm als Amtsträger anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet.
aa) Geheimnisse im Sinne dieser Vorschrift sind Tatsachen, die nur einem begrenzten Personenkreis bekannt und zudem geheimhaltungsbedürftig sind. Darunter fallen auch personenbezogene Umstände, die vertraulich zu behandeln sind. Sie müssen dem betreffenden Amtsträger im inneren Zusammenhang mit seiner Diensttätigkeit bekanntgeworden sein (vgl. BGHSt 46, 339, 340 f.; 10, 108 f.; BGH NStZ 2000, 596, 598; Hoyer in SKStGB 41. Lfg. § 353b Rdn. 6). In diesem Sinne kann auch rechtswidriges Handeln Dritter im Einzelfall eine geheimhaltungsbedürftige Tatsache darstellen (vgl. BGHSt 20, 342, 354 ff.; Hoyer in SK aaO Rdn. 5).
Das als normatives Element des Geheimnisbegriffs erforderliche Geheimhaltungsbedürfnis (vgl. BGHSt 46, 339, 341) ergibt sich vorliegend aus § 23 Abs. 6 Satz 1 des hier maßgeblichen Sächsischen Datenschutzgesetzes (SächsDSG). Nach dieser Vorschrift unterfallen die dem Angeklagten als Sächsischem Datenschutzbeauftragten bei seiner Tätigkeit bekanntgewordenen personenbezogenen Daten der Pflicht zur Verschwiegenheit. Von ihr miterfaßt werden auch personenbezogene Daten der vom Datenschutzbeauftragten kontrollierten Amtswalter, weil insoweit das dienstliche Grundverhältnis betroffen ist, in dem der öffentliche Bedienstete seinem Dienstherrn als Grundrechtsträger gegenübertritt (vgl. Globig, DÖD 1991, 217, 218, 220).
Ausgenommen sind nach Satz 2 dieser Bestimmung Mitteilungen im dienstli- chen Verkehr oder allgemein zugängliche Daten. Solche sind – wie offenkundige Tatsachen im Sinne von § 61 Abs. 1 Satz 2 BBG, § 39 Abs. 1 Satz 2 BRRG, § 23 Abs. 5 Satz 2 BDSG (vgl. BGH, Urt. vom 8. Oktober 2002 – 1 StR 150/02 S. 7; zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) – insbesondere dann anzunehmen, wenn von ihnen verständige und erfahrene Menschen ohne weiteres Kenntnis haben und sie keiner weiteren Überprüfung oder Bestätigung bedürfen (vgl. BGH aaO S. 6, BGH NStZ 2000, 596, 597 m. w. N.; Träger in LK 10. Aufl. § 353b Rdn. 7; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 353b Rdn. 7, § 93 Rdn. 9).
Entsprechendes ergibt sich aus § 78 Abs. 1 Satz 2 SächsBG, wonach die Verschwiegenheitspflicht entfällt, wenn die fraglichen Tatsachen offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Diese für weisungsunterworfene Landesbeamte getroffene Regelung kann als allgemeiner Grundsatz auf den nach § 23 Abs. 4 Satz 1 SächsDSG unabhängigen , weisungsfreien und nur dem Gesetz unterworfenen Sächsischen Datenschutzbeauftragten, der Beamter auf Zeit ist, angewandt werden. Bedeutungslosigkeit kann allerdings nicht angenommen werden, wenn eine Angelegenheit unter irgendeinem Gesichtspunkt aus irgendeinem Grund jetzt oder auch später Bedeutung gewinnen (vgl. BGHSt 46, 339, 341 m. w. N.), insbesondere ihre Offenbarung auf ein laufendes oder zukünftiges Verfahren Einfluß haben kann (Zängl in GKÖD Bd. I BR Lfg. 5/99 § 61 Rdn. 45).
bb) Auf dieser rechtlichen Grundlage ergibt sich für die dem Angeklagten zur Last gelegten Handlungen, daß er durchaus Geheimnisse im Sinne von § 353b Abs. 1 StGB offenbarte, indem er als Sächsischer Datenschutzbeauftragter anläßlich der ersten Pressekonferenz am Abend des 22. August 2000 die innerdienstlichen Vermerke und Verfügungen des Sächsischen Justizministers vom 19. und 30. August 1997 zu den Vorgängen im Fall N verlas und damit einem größeren Personenkreis bekanntmach-
te, der von diesen Vorgängen bis zu diesem Zeitpunkt in dieser konkreten Form noch keine Kenntnis hatte.
Den Charakter als Geheimnis verloren diese Aktenbestandteile auch nicht ohne weiteres allein dadurch, daß der Angeklagte im Rahmen seiner datenschutzrechtlichen Überprüfung Verstöße des Justizministers gegen das Sächsische Datenschutzgesetz festgestellt hatte. Zwar hatte der Justizminister vor dem Hintergrund seiner parteipolitischen Motivation offensichtlich nicht in Ausübung des ihm nach § 146 GVG zustehenden externen Weisungsrechts gegenüber der Staatsanwaltschaft (vgl. Schoreit in KK 4. Aufl. § 146 GVG Rdn. 2; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. GVG § 146 Rdn. 1) gehandelt. Die Anforderung des Berichts über die Strafrechtsabteilung beim Leitenden Oberstaatsanwalt in Görlitz hinsichtlich der Einzelheiten des Verfahrens gegen N stellt das Erheben personenbezogener Daten im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 SächsDSG dar; eine zweckbestimmte Auswertung dieser Daten oder auch nur eine zielgerichtete Kenntnisnahme von ihnen ist eine Nutzung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 SächsDSG (OVG Bautzen NJW 1999, 2832, 2835) und die Unterrichtung Dritter ein Übermitteln im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 4 lit. a SächsDSG. Diese Datenverarbeitungen waren nach § 4 Abs. 1 SächsDSG unzulässig. Weder das Sächsische Datenschutzgesetz noch andere Rechtsvorschriften lassen ein solches Vorgehen zu. Auch eine Einwilligung der Betroffenen ist nicht ersichtlich. Die Verschwiegenheitspflicht schützt nicht nur die Betroffenen, sondern auch die zu kontrollierenden öffentlichen Stellen und deren Mitarbeiter (Gola/Schomerus, BDSG 7. Aufl. § 23 Rdn. 10; vgl. auch Dammann in Simitis /Dammann/Geiger/Mallmann/ Walz, BDSG 4. Aufl. § 23 Rdn. 25). Der vorliegende Fall nötigt den Senat nicht, näher zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen die Offenbarung rechtswidrigen Verhaltens die Verschwiegenheitspflicht verletzen kann.
cc) Gleichermaßen kann dahingestellt bleiben, ob der Angeklagte deshalb von der Verschwiegenheitspflicht entsprechend § 61 Abs. 4 BBG
befreit oder befugt war, die aktenkundigen verwaltungsinternen Vorgänge zu offenbaren, weil er zum Erhalt der freiheitlich-demokratischen Grundordnung handelte (vgl. BVerfGE 28, 191, 202 ff.; BGHSt 20, 342, 365, 367 f.; Träger in LK 10. Aufl. § 353b Rdn. 35; Plog/Wiedener/Lemhöfer, BBG/BeamtenVG § 61 Rdn. 7; Battis, BBG 2. Aufl. § 61 Rdn. 4 f.). Zugleich kann offenbleiben, ob damit – wie der Tatrichter meint – der Angeklagte im Sinne von § 34 StGB gerechtfertigt war. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen diesen Schluß nicht ohne weiteres.
dd) Das Landgericht hat aber im Ergebnis zutreffend eine Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen im Sinne von § 353b Abs. 1 StGB verneint (vgl. BGHSt 46, 339, 343).
Eine konkrete unmittelbare Gefährdung öffentlicher Interessen ist nicht ersichtlich. Auch die Revision stellt nicht in Abrede, daß die Offenbarung der fast drei Jahre zurückliegenden Verstöße des Justizministers gegen das Datenschutzrecht wichtige öffentliche Interessen nicht gefährden konnte. Eine Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen käme allenfalls mittelbar in Betracht, falls durch das Offenbaren der Verfügungen des Justizministers das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des Datenschutzbeauftragten beeinträchtigt wäre. Eine solche mittelbare Gefährdung kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausnahmsweise genügen (vgl. BGH NStZ 2000, 596, 598; vgl. auch Träger in LK 10. Aufl. § 353b Rdn. 26 m. w. N.; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 353b Rdn. 13a; ablehnend Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 353b Rdn. 9; Hoyer in SK-StGB 41. Lfg. § 353b Rdn. 8; Kuhlen in NK-StGB § 353b Rdn. 22 ff.; Perron JZ 2002, 50, 51 f.; Behm StV 2002, 29, 32 f.). Dazu bedarf es einer Gesamtabwägung im Einzelfall, um dem Merkmal der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen seinen eigenständigen Bedeutungsgehalt zu erhalten. Dabei müssen Inhalt und Umfang der geheimhaltungsbedürftigen Daten, deren in Aussicht genommene Verwendung und die Person des Amtsträgers Berücksichtigung finden (BGH aaO).
Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung, an der der Senat festhält, hat das Landgericht im Ergebnis rechtsfehlerfrei eine Gefährdung öffentlicher Interessen durch den Angeklagten verneint. Ein Amtsträger, der wie der Angeklagte zur Kontrolle der Gesetzestreue eines anderen Amtsträgers berufen ist, kann wichtige öffentliche Interessen nicht durch die Offenbarung eines Gesetzesverstoßes gefährden, wenn er die Öffentlichkeit – wie ersichtlich hier – auch als Verbündeten gewinnen will, um auf ein gesetzmäßiges Verhalten hinzuwirken. Damit verfolgte der Angeklagte selbst ein wichtiges öffentliches Interesse, was einen Verlust des Vertrauens hinsichtlich der Integrität des Datenschutzbeauftragten in der Öffentlichkeit ausschließt. Entgegen der Auffassung der Revision kann ein Verlust des Vertrauens in die Integrität des Justizministeriums keine wichtigen öffentlichen Interessen begründen. Die offenbarten Verfügungen des Justizministers waren offensichtlich rechtmäßig in den Besitz des Angeklagten gelangt. Damit wurden sie Bestandteil eines Verwaltungsvorgangs der vom Angeklagten geleiteten Behörde (vgl. Dammann in Simitis/Dammann/Geiger/Mallmann/Walz, BDSG 4. Aufl. § 23 Rdn. 25) und bildeten ausschließlich deren Geheimnis. Dessen Offenbarung könnte dann auch nur einen Verlust des Vertrauens hinsichtlich der Integrität dieser Behörde bewirken. Die Anerkennung einer weiteren Mittelbarkeit – hier bezogen auf das Justizministerium als Ursprungsbehörde – würde auch die Grenzen dessen, was im Gesetzgebungsverfahren als von der Rechtsprechung ausreichend klar umrissen bezeichnet wurde (vgl. BayObLG NStZ–RR 1999, 299, 300; Träger in LK 10. Aufl. § 353b StGB Rdn. 26), überschreiten und dem Erfordernis der Tatbestandsbestimmtheit zuwiderlaufen (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 353b Rdn. 13a).

b) Dieselben Grundsätze gelten auch hinsichtlich des Verlesens der datenschutzrechtlichen Beanstandung am 23. August 2000 (Fall 3 der Anklage ). Auch insoweit war die Verschwiegenheitspflicht des Angeklagten aus § 23 Abs. 6 Satz 1 SächsDSG nicht schon wegen Bedeutungslosigkeit entfallen. Jedenfalls war insoweit die Offenbarung dieser Geheimnisse aber aus
den oben dargelegten Gründen nicht geeignet, wichtige öffentliche Interessen zu gefährden.

c) Hinsichtlich der Übersendung der datenschutzrechtlichen Beanstandung an Le (Fall 2 der Anklage) bestand für den Angeklagten insoweit schon keine Verschwiegenheitspflicht mehr, weil die ihren spezifischen Zweck erfüllende Unterrichtung zu den Mitteilungen im dienstlichen Verkehr im Sinne von § 23 Abs. 6 Satz 2 SächsDSG zu rechnen ist (vgl. Dammann in Simitis/Dammann/Geiger/Mallmann/Walz, BDSG 4. Aufl. § 23 Rdn. 26). Nach Abschluß des Kontrollverfahrens mit der datenschutzrechtlichen Beanstandung erlangte Le , der den Angeklagten entsprechend § 22 SächsDSG angerufen hatte, – wie ein Petent – einen Anspruch auf Bescheidung seiner Eingabe (vgl. BayVGH NJW 1989, 2643; Dammann aaO § 21 Rdn. 18). Zwar ist eine ins einzelne gehende Begründung nicht vorgeschrieben (Dammann aaO). Stellt der Datenschutzbeauftragte aber eine Rechtsverletzung fest, muß er angeben, welches Recht er durch welchen Vorgang verletzt sieht (Dammann aaO). Erfolgt eine datenschutzrechtliche Beanstandung, ist der Anrufende auch davon zu unterrichten (Dammann aaO). Diese aus dem Wesen des Anrufungsrechts entwickelten – allgemein praktizierten – Maßstäbe haben durch die die Informationsrechte des Bürgers betonende Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Abl EG Nr. L 281/31 vom 23. November 1995) und deren Umsetzung im Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze vom 18. Mai 2001 (BGBl I 904) eine neue Qualität gefunden. Die in Art. 28 III. dritter Spiegelstrich der Richtlinie vorgesehene Anzeigebefugnis des Datenschutzbeauftragten wurde um die ausdrückliche Befugnis in § 23 Abs. 5 Satz 7 BDSG ergänzt, den Betroffenen über den Datenschutzverstoß zu informieren (vgl. BT Drucks. 14/4329, S. 1, 41). Der Angeklagte hat sich bei der Unterrichtung Le s an diese Erfordernisse gehalten und die Grenzen seiner Befugnis nicht überschritten. Zwar war die Wiedergabe der
Verfügungen des Justizministers im Wortlaut nicht geboten. Dies führte aber nicht zu einer Offenbarung weiterer Tatsachen, weil nichts mitgeteilt wurde, was nicht inhaltsgleich mit eigenen Worten hätte umschrieben werden können.
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(1) Im örtlichen und im Zentralen Fahrzeugregister werden, soweit dies zur Erfüllung der in § 32 genannten Aufgaben jeweils erforderlich ist, gespeichert

1.
nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung (§ 47 Nummer 1 und 1a) Daten über Beschaffenheit, Ausrüstung, Identifizierungsmerkmale, Zulassungsmerkmale, Prüfung und Untersuchung einschließlich der durchführenden Stelle und einer Kennung für die Feststellung des für die Durchführung der Prüfung oder Untersuchung Verantwortlichen, Kennzeichnung und Papiere des Fahrzeugs sowie über tatsächliche und rechtliche Verhältnisse in Bezug auf das Fahrzeug, insbesondere auch über die Haftpflichtversicherung, die Kraftfahrzeugbesteuerung des Fahrzeugs und die Verwertung oder Nichtentsorgung des Fahrzeugs als Abfall im Inland (Fahrzeugdaten), sowie
2.
Daten über denjenigen, dem ein Kennzeichen für das Fahrzeug zugeteilt oder ausgegeben wird (Halterdaten), und zwar
a)
bei natürlichen Personen:Familienname, Geburtsname, Vornamen, vom Halter für die Zuteilung oder die Ausgabe des Kennzeichens angegebener Ordens- oder Künstlername, Tag und Ort der Geburt, Geschlecht, Anschrift; bei Fahrzeugen mit Versicherungskennzeichen entfällt die Speicherung von Geburtsnamen, Ort der Geburt und Geschlecht des Halters,
b)
bei juristischen Personen und Behörden:Name oder Bezeichnung und Anschrift und
c)
bei Vereinigungen:benannter Vertreter mit den Angaben nach Buchstabe a oder b und gegebenenfalls Name der Vereinigung.
Im örtlichen und im Zentralen Fahrzeugregister werden zur Erfüllung der in § 32 genannten Aufgaben außerdem Daten über denjenigen gespeichert, an den ein Fahrzeug mit einem amtlichen Kennzeichen veräußert wurde (Halterdaten), und zwar
a)
bei natürlichen Personen:Familienname, Vornamen und Anschrift,
b)
bei juristischen Personen und Behörden:Name oder Bezeichnung und Anschrift und
c)
bei Vereinigungen:benannter Vertreter mit den Angaben nach Buchstabe a oder b und gegebenenfalls Name der Vereinigung.

(2) Im örtlichen und im Zentralen Fahrzeugregister werden über beruflich Selbständige, denen ein amtliches Kennzeichen für ein Fahrzeug zugeteilt wird, für die Aufgaben nach § 32 Abs. 1 Nr. 4 und 5 Berufsdaten gespeichert, und zwar

1.
bei natürlichen Personen der Beruf oder das Gewerbe (Wirtschaftszweig) und
2.
bei juristischen Personen und Vereinigungen gegebenenfalls das Gewerbe (Wirtschaftszweig).

(3) Im örtlichen und im Zentralen Fahrzeugregister darf die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage wegen Zuwiderhandlungen gegen Verkehrsvorschriften gespeichert werden.

(4) Ferner werden für Daten, die nicht übermittelt werden dürfen (§ 41), in den Fahrzeugregistern Übermittlungssperren gespeichert.

(1) Von den nach § 33 Abs. 1 gespeicherten Fahrzeugdaten und Halterdaten sind

1.
Familienname (bei juristischen Personen, Behörden oder Vereinigungen: Name oder Bezeichnung),
2.
Vornamen,
3.
Ordens- und Künstlername,
4.
Anschrift,
5.
Art, Hersteller und Typ des Fahrzeugs,
6.
Name und Anschrift des Versicherers,
7.
Nummer des Versicherungsscheins, oder, falls diese noch nicht gespeichert ist, Nummer der Versicherungsbestätigung,
8.
gegebenenfalls Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsverhältnisses,
9.
gegebenenfalls Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht,
10.
Zeitpunkt der Zuteilung oder Ausgabe des Kennzeichens für den Halter sowie
11.
Kraftfahrzeugkennzeichen
durch die Zulassungsbehörde oder durch das Kraftfahrt-Bundesamt zu übermitteln, wenn der Empfänger unter Angabe des betreffenden Kennzeichens oder der betreffenden Fahrzeug-Identifizierungsnummer darlegt, dass er die Daten zur Geltendmachung, Sicherung oder Vollstreckung oder zur Befriedigung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr oder zur Erhebung einer Privatklage wegen im Straßenverkehr begangener Verstöße benötigt (einfache Registerauskunft).

(2) Weitere Fahrzeugdaten und Halterdaten als die nach Absatz 1 zulässigen sind zu übermitteln, wenn der Empfänger unter Angabe von Fahrzeugdaten oder Personalien des Halters glaubhaft macht, dass er

1.
die Daten zur Geltendmachung, Sicherung oder Vollstreckung, zur Befriedigung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr, dem Diebstahl, dem sonstigen Abhandenkommen des Fahrzeugs oder zur Erhebung einer Privatklage wegen im Straßenverkehr begangener Verstöße benötigt und
2.
(weggefallen)
3.
die Daten auf andere Weise entweder nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erlangen könnte.

(3) Die in Absatz 1 Nr. 1 bis 5 und 11 angeführten Halterdaten und Fahrzeugdaten dürfen übermittelt werden, wenn der Empfänger unter Angabe von Fahrzeugdaten oder Personalien des Halters glaubhaft macht, dass er

1.
die Daten zur Geltendmachung, Sicherung oder Vollstreckung
a)
von nicht mit der Teilnahme am Straßenverkehr im Zusammenhang stehenden öffentlich-rechtlichen Ansprüchen oder
b)
von gemäß § 7 des Unterhaltsvorschussgesetzes, § 33 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch oder § 94 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch übergegangenen Ansprüchen
in Höhe von jeweils mindestens 500 Euro benötigt,
2.
ohne Kenntnis der Daten zur Geltendmachung, Sicherung oder Vollstreckung des Rechtsanspruchs nicht in der Lage wäre und
3.
die Daten auf andere Weise entweder nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erlangen könnte.
§ 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Die Aufzeichnungen dürfen nur zur Kontrolle der Zulässigkeit der Übermittlungen verwendet werden.

(4) Ist der Empfänger eine öffentlich-rechtliche Stelle mit Sitz im Ausland oder handelt er im Namen oder im Auftrag einer solchen Stelle, ist für den Antrag und die Auskunft nur das Kraftfahrt-Bundesamt zuständig.

(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

1.
Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
2.
Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlußprüfung,
3.
Rechtsanwalt, Kammerrechtsbeistand, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten,
3a.
Organ oder Mitglied eines Organs einer Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder einer Berufsausübungsgesellschaft von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten, einer Berufsausübungsgesellschaft von Rechtsanwälten oder europäischen niedergelassenen Rechtsanwälten oder einer Berufsausübungsgesellschaft von Patentanwälten oder niedergelassenen europäischen Patentanwälten im Zusammenhang mit der Beratung und Vertretung der Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Berufsausübungsgesellschaft im Bereich der Wirtschaftsprüfung, Buchprüfung oder Hilfeleistung in Steuersachen oder ihrer rechtsanwaltlichen oder patentanwaltlichen Tätigkeit,
4.
Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist,
5.
Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,
6.
staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder
7.
Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen, steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

1.
Amtsträger oder Europäischer Amtsträger,
2.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,
3.
Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt,
4.
Mitglied eines für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes tätigen Untersuchungsausschusses, sonstigen Ausschusses oder Rates, das nicht selbst Mitglied des Gesetzgebungsorgans ist, oder als Hilfskraft eines solchen Ausschusses oder Rates,
5.
öffentlich bestelltem Sachverständigen, der auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist, oder
6.
Person, die auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Geheimhaltungspflicht bei der Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist. Einem Geheimnis im Sinne des Satzes 1 stehen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse eines anderen gleich, die für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfaßt worden sind; Satz 1 ist jedoch nicht anzuwenden, soweit solche Einzelangaben anderen Behörden oder sonstigen Stellen für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung bekanntgegeben werden und das Gesetz dies nicht untersagt.

(2a) (weggefallen)

(3) Kein Offenbaren im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen Geheimnisse den bei ihnen berufsmäßig tätigen Gehilfen oder den bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen zugänglich machen. Die in den Absätzen 1 und 2 Genannten dürfen fremde Geheimnisse gegenüber sonstigen Personen offenbaren, die an ihrer beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit mitwirken, soweit dies für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der sonstigen mitwirkenden Personen erforderlich ist; das Gleiche gilt für sonstige mitwirkende Personen, wenn diese sich weiterer Personen bedienen, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit der in den Absätzen 1 und 2 Genannten mitwirken.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm bei der Ausübung oder bei Gelegenheit seiner Tätigkeit als mitwirkende Person oder als bei den in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen tätiger Datenschutzbeauftragter bekannt geworden ist. Ebenso wird bestraft, wer

1.
als in den Absätzen 1 und 2 genannte Person nicht dafür Sorge getragen hat, dass eine sonstige mitwirkende Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind,
2.
als im Absatz 3 genannte mitwirkende Person sich einer weiteren mitwirkenden Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, bedient und nicht dafür Sorge getragen hat, dass diese zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind, oder
3.
nach dem Tod der nach Satz 1 oder nach den Absätzen 1 oder 2 verpflichteten Person ein fremdes Geheimnis unbefugt offenbart, das er von dem Verstorbenen erfahren oder aus dessen Nachlass erlangt hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 sind auch anzuwenden, wenn der Täter das fremde Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen unbefugt offenbart.

(6) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________
Fahrzeug- und Halterdaten, die im Rahmen einer einfachen Registerauskunft nach §
39 Abs. 1 StVG übermittelt werden, sind nicht offenkundig und fallen damit unter den
BGH, Urteil vom 8. Oktober 2002 - 1 StR 150/02 - LG Augsburg

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 150/02
vom
8. Oktober 2002
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Erpressung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
8. Oktober 2002, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Nack
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Hebenstreit,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 29. November 2001, soweit es den Angeklagten P. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


I.


Das Landgericht hat den Angeklagten, einen Beamten der sächsischen Polizei, von den Vorwürfen der gemeinsam mit dem früheren Mitangeklagten G. begangenen versuchten Erpressung in 23 Fällen und der Bestechlichkeit aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
G. , ein guter Bekannter des Angeklagten, hatte den Entschluß gefaßt , potentielle Anleger von Schwarzgeldern im Ausland ausfindig zu machen und zu erpressen. Im Juni/Juli 2000 fuhr er deshalb nach J. und notierte sich die Fahrzeugkennzeichen von deutschen Staatsangehörigen, die die dortigen Banken aufsuchten. Nach seiner Rückkehr übergab G. dem
Angeklagten zum Zwecke der Halterfeststellung eine Liste mit mindestens 40 Kennzeichen. Dieser ließ von seiner Kollegin, der Zeugin T. , unter Benutzung der ihnen „im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit als Polizeibeamte zugänglichen Datensysteme“ insgesamt 37 Fahrzeughalter ermitteln und gab die Daten an G. weiter. An 23 dieser Halter richtete G. Erpresserbriefe, in denen er androhte, die deutschen Finanzbehörden von der Existenz des Auslandskontos zu unterrichten, sofern nicht eine „Sicherheitsgebühr“ in Höhe von DM 10.000,-- gezahlt werde. Die Kammer konnte sich nicht davon überzeugen, daß der Angeklagte in den Tatplan G. s eingeweiht war.
Im Hinblick auf die Kfz-Halteranfragen war dem Angeklagten nach den Feststellungen der Kammer von G. vorgespiegelt worden, es handele sich um die Kennzeichen von Pkw-Fahrern, gegen die er, G. , wegen Verkehrsverstößen Anzeige erstatten wolle. Wegen der Weitergabe der Kfz-Halterdaten durch den Angeklagten hat die Kammer einen Verstoß gegen § 202a StGB, § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB, § 44 Abs. 1 in Verbindung mit § 43 Abs. 2 Nr. 3 BDSG aF und § 32 Abs. 1 Nr. 1c SächsDSG verneint. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge. Das Rechtmittel hat Erfolg.

II.


1. Zu Unrecht hat die Strafkammer den Tatbestand des § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB als nicht erfüllt angesehen.

a) Bei den Anschriften von Fahrzeughaltern handelt es sich um nach §§ 31 ff. StVG erfaßte Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse , die für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung gespeichert sind. Solche
ihm als Amtsträger bekannt gewordene Daten hatte der Angeklagte unbefugt an G. weitergegeben (§ 203 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 StGB). Über die fehlende Befugnis, als Polizeibeamter Privatpersonen Kfz-Halterauskünfte zu erteilen, war er sich auch bewußt. Das ergibt sich schon daraus, daß er G. zunächst an das dafür gemäß § 39 Abs. 1 StVG zuständige KraftfahrtBundesamt verwiesen hatte (UA S. 7-8).
Für die Strafbarkeit nach § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB kommt es entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht darauf an, daß diese Daten unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 StVG im Rahmen einer einfachen Halterauskunft (potentiell) einem unbeschränkten Personenkreis zugänglich und daher nicht geheim sind. Schon aus der Gesetzessystematik und dem Wortlaut („Einem Geheimnis stehen gleich ...“) ergibt sich, daß § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB gerade solche Angaben erfaßt, die keine Geheimnisse darstellen, da ansonsten schon Satz 1 erfüllt und Satz 2 überflüssig wäre (vgl. Jähnke in LK, 10. Aufl., § 203 Rdn. 45; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 203 Rdn. 48; Lackner/Kühl, StGB, 24. Aufl., § 203 Rdn. 45; Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., § 203 Rdn. 9). Allerdings fallen offenkundige Tatsachen nach allgemeiner Ansicht nicht in den Schutzbereich des § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB (so schon die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) BTDrucks. 7/550 S. 243; vgl. auch Schünemann in LK, 11. Aufl., § 203 Rdn. 48).

b) Die Strafkammer hat Kfz-Halterdaten im Hinblick auf die Möglichkeit einer Halterauskunft nach § 39 Abs. 1 StVG als offenkundig angesehen und sich dabei auf Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts
(NJW 1999, 1727) und des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg (NStZ 1998, 358) gestützt.
Dem kann nicht gefolgt werden.
aa) Die oben zitierte Rechtsprechung ist auf Kritik gestoßen (vgl. die ablehnenden Besprechungen von Pätzel NJW 1999, 3246; Weichert NStZ 1999, 490 und Behm JR 2000, 274). Der Einordnung von Kfz-Halterdaten als „offenkundig“ stehe entgegen, daß - im Gegensatz zu anderen öffentlichen Registern-, die Erteilung von Auskünften gemäß § 39 Abs.1 StVG der Darlegung eines berechtigten Interesses bedürfe. Die Auslegung durch das Bayerische Oberste Landesgericht und das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg führe daher zu einer Aufweichung von gesetzlich geregelten und gegenüber anderen öffentlichen Registern gesteigerten Zugangserfordernissen.
Der Bundesgerichtshof hatte sich bisher nicht mit der Frage zu befassen , ob die in den Fahrzeugregistern gespeicherten Daten - soweit sie im Rahmen einer einfachen Halteranfrage übermittelt werden - offenkundig sind. Der 5. Strafsenat hat allerdings im Zusammenhang mit Auskünften aus dem Melderegister die Entscheidungen des BayObLG und des HansOLG Hamburg als „sehr weitgehend“ bezeichnet (BGH NStZ 2000, 596 = StV 2002, 26 m. Anm. Behm).
bb) Offenkundig im Sinne von § 203 StGB sind solche Tatsachen, von denen verständige und erfahrene Menschen ohne weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich jederzeit durch Benutzung allgemein zugänglicher, zuverlässiger Quellen unschwer überzeugen können (Regierungsentwurf
EGStGB BTDrucks. 7/550 S. 242). Für die hier vorliegende Fallgestaltung kommt es entscheidend darauf an, ob die Fahrzeugregister als „allgemein zugängliche Quellen“ einzustufen sind. Das ist zu verneinen. Allgemein zugänglich sind Zeitschriften, Bibliotheken, Adreß- und Telefonbücher etc.. Öffentliche Register gehören dann nicht zu den allgemein zugänglichen Quellen, wenn die Einsichtnahme von einem berechtigten Interesse abhängig ist (vgl. Gola /Schomerus, BDSG, 7. Aufl., 2002, § 28 Rdn. 45; Auernhammer, BDSG, 3. Aufl., 1993, § 28 Rdn. 24 m.Nachw. dort Fn. 51; Däubler/Klebe/Wedde, BDSG, 1996, § 29 Rdn. 22). Das belegt auch § 10 Abs. 5 Satz 2 BDSG in der Fassung aufgrund der Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes vom 18. Mai 2001 (BGBl. I 2001, S. 904). Danach sind solche Daten allgemein zugänglich, die jedermann, sei es ohne oder nach vorheriger Anmeldung, Zulassung oder Entrichtung eines Entgelts nutzen kann. Dabei ging der Gesetzgeber davon aus, daß Bedeutungsunterschiede zwischen den Begriffen „Offenkundigkeit“, „allgemein zugänglichen Daten“ und „Daten aus allgemein zugänglichen Quellen“ nicht bestehen. Insoweit sollte eine Vereinheitlichung des Sprachgebrauches erreicht werden (vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung BTDrucks. 14/5793 S.64). Voraussetzung für allgemeine Zugänglichkeit eines öffentlichen Registers ist das Fehlen von Einschränkungen der Benutzbarkeit desselben (vgl. Ambs in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: Dezember 2001, BDSG, § 10 Rdn. 5). Mit dem Sprachgebrauch wäre es nicht vereinbar, solche öffentlichen Register als „allgemein zugänglich“ einzuordnen, auf die der Informationsbedürftige - von Öffnungszeiten, Gebühren, Anmeldung usw. abgesehen - nicht uneingeschränkt zugreifen kann. Eine solche Einschränkung liegt aber vor, wenn - wie im Falle der Fahrzeugregister - die Benutzung von der Darlegung eines besonderen Interesses abhängt. Bei den Fahrzeugregistern kommt
hinzu, daß es - die Darlegung der Anforderungen des § 39 Abs.1 StVG durch den Informationsbedürftigen vorausgesetzt - diesem nicht in seiner Gesamtheit zur Verfügung steht, sondern nur einzelne Informationen hieraus mitgeteilt werden. Im übrigen unterliegt die Übermittlung von Daten aus dem Fahrzeugregister weitergehenden Beschränkungen bis hin zur Übermittlungssperre. Die darin zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers spricht ebenfalls dagegen, die Fahrzeugregister als allgemein zugängliche Quellen anzusehen.
Dem steht auch die Erwägung nicht entgegen, daß unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 StVG im Rahmen einer einfachen Registeranfrage praktisch jedermann Auskunft über die dort gespeicherten Daten erhält und die Gefahr des Mißbrauches besteht, wenn ein berechtigtes Interesse, das im Gegensatz zu § 39 Abs. 2 StVG nicht glaubhaft gemacht werden muß, nur vorgetäuscht wird. Der Fahrzeughalter, der die Speicherung seiner Daten nach § 33 Abs. 1 StVG hinzunehmen hat, darf erwarten, daß die zuständigen Behörden Halteranfragen gemäß § 39 Abs. 1 StVG dahin überprüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Auskunft dargetan sind. Soweit faktisch die Möglichkeit des Mißbrauches besteht, kann dies nicht zu einer Einordnung der Fahrzeugregister als „allgemein zugänglich“ führen. Insofern ist nämlich von der Rechtstreue desjenigen, der die Halteranfrage stellt, auszugehen.
Abgesehen davon, daß hier die Anzahl der Halteranfragen durch den Mitangeklagten G. den Verdacht eines Mißbrauches nahelegte, hätte dieser nach den von der Kammer getroffenen Feststellungen eine Auskunft nach § 39 Abs. 1 StVG von den zuständigen Behörden nicht erhalten. Die von ihm
gegenüber dem Angeklagten vorgegebene Absicht der Erstattung von Strafanzeigen ist kein Grund, der die Übermittlung von Halterdaten nach dieser Vorschrift rechtfertigte. Für eine Strafanzeige reichte die Angabe des Kennzeichens aus, um von Amts wegen Ermittlungsverfahren einzuleiten.
Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, daß durch Einführung des § 8a PflVG aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes und anderer versicherungsrechtlicher Vorschriften vom 10. Juli 2002 (BGBl. I 2002, S. 2586) der „Zentralruf der Autoversicherer“ im Falle eines Verkehrsunfalles dem Geschädigten über die bisherige, langjährige Praxis hinaus nicht nur Auskunft über den Versicherer des schädigenden Fahrzeuges erteilt, sondern als Auskunftsstelle im Sinne der Neufassung bei Vorliegen eines berechtigten Interesses (so die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung BTDrucks. 14/8770 S.11 unter Ziffer 3) auch Namen und Anschrift des Halters des schädigenden Fahrzeuges übermittelt. Denn auch insoweit darf eine Auskunft nur unter den Voraussetzungen des § 39 Abs.1 StVG erteilt werden (§ 8a Abs. 1 Nr. 5 letzter Halbs. PflVG). Für die Auskünfte soll unter Beachtung des Datenschutzes der bestehende Rechtsrahmen des Straßenverkehrsgesetzes zugrunde gelegt werden. Insofern nimmt der „Zentralruf der Autoversicherer“ als Auskunftsstelle im Sinne von § 8a Abs.1 PflVG Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr und unterliegt im übrigen der Aufsicht durch das Bundesministerium der Justiz (§ 8a Abs. 3 PflVG). Bei dieser - zur Tatzeit noch nicht geltenden - Sachlage hätte G. auch seitens des Zentralrufs der Autoversicherer die erstrebte Auskunft nicht erhalten , nachdem er nicht behauptet hatte, bei den Kennzeichen handele es sich um Fahrzeuge von Unfallgegnern.

c) Soweit der Angeklagte gegen § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB verstoßen haben kann, liegt - soweit aus den Akten ersichtlich - bis auf einen Fall der nach § 205 StGB erforderliche Strafantrag bislang nicht vor. Da das insoweit derzeit bestehende Verfahrenshindernis nach Klärung der tatsächlichen Voraussetzungen noch entfallen kann, führt dies hier nicht zur Einstellung des Verfahrens gemäß § 260 Abs. 3 StPO, sondern zur Zurückverweisung der Sache.
aa) Als Verletzte im Sinne von § 77 Abs. 1 StGB strafantragsberechtigt sind hier die einzelnen Kfz-Halter, da der Angeklagte über deren Daten verfügte. Bei § 203 StGB ist Verletzter nur diejenige Person, über deren personenbezogene Daten der Täter Auskunft gegeben hat, nicht aber die speichernde Behörde als „Herrin der Daten“ (vgl. BGHR StGB § 77 Abs. 1 Verletzter 1).
bb) Wie der Senat aufgrund der von Amts wegen gebotenen Überprüfung den Strafakten entnimmt, hat lediglich der Geschädigte Z. Strafantrag („wegen aller in Betracht kommender Delikte“) gestellt. Ferner liegt ein Strafantrag des Geschädigten W. , allerdings nur wegen versuchter Erpressung vor. Im übrigen haben noch die Geschädigten P. und H. Strafanzeige erstattet. Bei keinem der allein im Ermittlungsverfahren und im wesentlichen schriftlich mittels Fragebogen vernommenen Geschädigten ist jedoch ersichtlich , daß ihnen bewußt gewesen wäre, daß hier neben der jeweils im Vordergrund stehenden versuchten Erpressung auch eine Verletzung von nach § 203 StGB geschützten Rechtsgütern in Betracht kam. Bei dieser Sachlage hätte die Antragsfrist nach § 77b Abs. 2 StGB noch nicht zu laufen begonnen. Die nach § 77b Abs. 2 Satz 1 StGB erforderliche Kenntnis setzt nämlich das Wissen um diejenigen Umstände voraus, die die Tat zum Antragsdelikt machen
(vgl. Stree in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 77b Rdn. 7, s. auch BGHSt 44, 209 [212]). Da der Senat nicht ausschließt, daß weitere Strafanträge seitens der Verletzten noch gestellt werden, ist zur Klärung der Verfahrensvoraussetzungen durch den Tatrichter die Zurückverweisung veranlaßt (vgl. BGHSt 46, 307, 309).
Das ist auch im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen § 32 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c SächsDSG nicht entbehrlich. Dieser Ordnungswidrigkeitentatbestand setzt zwar keinen Antrag voraus, ist im Hinblick auf § 1 Abs. 4 SächsDSG gegenüber § 203 StGB jedoch subsidiär (vgl. auch Lackner/Kühl, StGB, 24. Aufl., § 203 Rdn. 29), da diese Vorschrift sich für die vorliegende Fallgestaltung in ihrem Anwendungsbereich mit § 32 Abs. 1 Nr. 1c SächsDSG überschneidet.
2. Der Senat kann offenlassen, ob die Strafkammer die Anforderungen an die Überzeugungsbildung hinsichtlich der ursprünglichen Tatvorwürfe (versuchte Erpressung; Bestechlichkeit) überspannt hat. Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen, wonach der Angeklagte dem früheren Mitangeklagten G. für einen vergleichsweise geringen Betrag von DM 500,-- im Monat einen Mercedes Benz 600 zur Verfügung gestellt und ihm überdies ein Darlehen in Höhe von DM 350.000,-- gewährt hatte, hätten die den Angeklagten entlastenden Angaben G. s einer besonders kritischen Bewertung unterzogen werden müssen. Dies gilt auch für die Einlassung des Angeklagten selbst, der trotz der erheblichen Anzahl der von G. erfragten Fahrzeughalter geglaubt haben will, daß den Anfragen ausnahmslos angebliche Verkehrsverstöße zugrunde lagen.
Der neue Tatrichter wird aufgrund der Aufhebung Gelegenheit haben, den ursprünglichen Tatvorwurf erneut zu erörtern. Dabei wird es möglicherweise auch Feststellungen dazu bedürfen, über welche „polizeilich zugänglichen Datensysteme“ der Angeklagte die Halterdaten ermitteln ließ, da die z.B. im sogenannten automatisierten Verfahren durch die Polizei erhältlichen Daten über diejenigen, die im Rahmen einer einfachen Registerauskunft mitgeteilt werden, hinausgehen.
Soweit Verstöße gegen § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB oder § 32 Abs. 1 SächsDSG in Rede stehen, wird auch zu prüfen sein, ob der Angeklagte hier in (Dritt-)Bereicherungsabsicht handelte und deshalb die Qualifikationstatbestände gemäß § 203 Abs. 5 StGB oder § 33 SächsDSG erfüllt sind. Denn nach den Feststellungen hatte G. gegenüber dem Angeklagten angegeben, beim Kraftfahrt-Bundesamt falle für jede Anfrage eine Gebühr von DM 10,-- an. Es liegt daher nicht fern, daß der Angeklagte G. diese Gebühr ersparen wollte.
Nack Wahl Boetticher Schluckebier Hebenstreit

(1) Von den nach § 33 Abs. 1 gespeicherten Fahrzeugdaten und Halterdaten sind

1.
Familienname (bei juristischen Personen, Behörden oder Vereinigungen: Name oder Bezeichnung),
2.
Vornamen,
3.
Ordens- und Künstlername,
4.
Anschrift,
5.
Art, Hersteller und Typ des Fahrzeugs,
6.
Name und Anschrift des Versicherers,
7.
Nummer des Versicherungsscheins, oder, falls diese noch nicht gespeichert ist, Nummer der Versicherungsbestätigung,
8.
gegebenenfalls Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsverhältnisses,
9.
gegebenenfalls Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht,
10.
Zeitpunkt der Zuteilung oder Ausgabe des Kennzeichens für den Halter sowie
11.
Kraftfahrzeugkennzeichen
durch die Zulassungsbehörde oder durch das Kraftfahrt-Bundesamt zu übermitteln, wenn der Empfänger unter Angabe des betreffenden Kennzeichens oder der betreffenden Fahrzeug-Identifizierungsnummer darlegt, dass er die Daten zur Geltendmachung, Sicherung oder Vollstreckung oder zur Befriedigung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr oder zur Erhebung einer Privatklage wegen im Straßenverkehr begangener Verstöße benötigt (einfache Registerauskunft).

(2) Weitere Fahrzeugdaten und Halterdaten als die nach Absatz 1 zulässigen sind zu übermitteln, wenn der Empfänger unter Angabe von Fahrzeugdaten oder Personalien des Halters glaubhaft macht, dass er

1.
die Daten zur Geltendmachung, Sicherung oder Vollstreckung, zur Befriedigung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr, dem Diebstahl, dem sonstigen Abhandenkommen des Fahrzeugs oder zur Erhebung einer Privatklage wegen im Straßenverkehr begangener Verstöße benötigt und
2.
(weggefallen)
3.
die Daten auf andere Weise entweder nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erlangen könnte.

(3) Die in Absatz 1 Nr. 1 bis 5 und 11 angeführten Halterdaten und Fahrzeugdaten dürfen übermittelt werden, wenn der Empfänger unter Angabe von Fahrzeugdaten oder Personalien des Halters glaubhaft macht, dass er

1.
die Daten zur Geltendmachung, Sicherung oder Vollstreckung
a)
von nicht mit der Teilnahme am Straßenverkehr im Zusammenhang stehenden öffentlich-rechtlichen Ansprüchen oder
b)
von gemäß § 7 des Unterhaltsvorschussgesetzes, § 33 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch oder § 94 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch übergegangenen Ansprüchen
in Höhe von jeweils mindestens 500 Euro benötigt,
2.
ohne Kenntnis der Daten zur Geltendmachung, Sicherung oder Vollstreckung des Rechtsanspruchs nicht in der Lage wäre und
3.
die Daten auf andere Weise entweder nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erlangen könnte.
§ 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Die Aufzeichnungen dürfen nur zur Kontrolle der Zulässigkeit der Übermittlungen verwendet werden.

(4) Ist der Empfänger eine öffentlich-rechtliche Stelle mit Sitz im Ausland oder handelt er im Namen oder im Auftrag einer solchen Stelle, ist für den Antrag und die Auskunft nur das Kraftfahrt-Bundesamt zuständig.

(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

1.
Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
2.
Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlußprüfung,
3.
Rechtsanwalt, Kammerrechtsbeistand, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten,
3a.
Organ oder Mitglied eines Organs einer Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder einer Berufsausübungsgesellschaft von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten, einer Berufsausübungsgesellschaft von Rechtsanwälten oder europäischen niedergelassenen Rechtsanwälten oder einer Berufsausübungsgesellschaft von Patentanwälten oder niedergelassenen europäischen Patentanwälten im Zusammenhang mit der Beratung und Vertretung der Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Berufsausübungsgesellschaft im Bereich der Wirtschaftsprüfung, Buchprüfung oder Hilfeleistung in Steuersachen oder ihrer rechtsanwaltlichen oder patentanwaltlichen Tätigkeit,
4.
Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist,
5.
Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,
6.
staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder
7.
Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen, steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

1.
Amtsträger oder Europäischer Amtsträger,
2.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,
3.
Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt,
4.
Mitglied eines für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes tätigen Untersuchungsausschusses, sonstigen Ausschusses oder Rates, das nicht selbst Mitglied des Gesetzgebungsorgans ist, oder als Hilfskraft eines solchen Ausschusses oder Rates,
5.
öffentlich bestelltem Sachverständigen, der auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist, oder
6.
Person, die auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Geheimhaltungspflicht bei der Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist. Einem Geheimnis im Sinne des Satzes 1 stehen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse eines anderen gleich, die für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfaßt worden sind; Satz 1 ist jedoch nicht anzuwenden, soweit solche Einzelangaben anderen Behörden oder sonstigen Stellen für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung bekanntgegeben werden und das Gesetz dies nicht untersagt.

(2a) (weggefallen)

(3) Kein Offenbaren im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen Geheimnisse den bei ihnen berufsmäßig tätigen Gehilfen oder den bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen zugänglich machen. Die in den Absätzen 1 und 2 Genannten dürfen fremde Geheimnisse gegenüber sonstigen Personen offenbaren, die an ihrer beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit mitwirken, soweit dies für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der sonstigen mitwirkenden Personen erforderlich ist; das Gleiche gilt für sonstige mitwirkende Personen, wenn diese sich weiterer Personen bedienen, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit der in den Absätzen 1 und 2 Genannten mitwirken.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm bei der Ausübung oder bei Gelegenheit seiner Tätigkeit als mitwirkende Person oder als bei den in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen tätiger Datenschutzbeauftragter bekannt geworden ist. Ebenso wird bestraft, wer

1.
als in den Absätzen 1 und 2 genannte Person nicht dafür Sorge getragen hat, dass eine sonstige mitwirkende Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind,
2.
als im Absatz 3 genannte mitwirkende Person sich einer weiteren mitwirkenden Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, bedient und nicht dafür Sorge getragen hat, dass diese zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind, oder
3.
nach dem Tod der nach Satz 1 oder nach den Absätzen 1 oder 2 verpflichteten Person ein fremdes Geheimnis unbefugt offenbart, das er von dem Verstorbenen erfahren oder aus dessen Nachlass erlangt hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 sind auch anzuwenden, wenn der Täter das fremde Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen unbefugt offenbart.

(6) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(1) In den Fällen des § 201 Abs. 1 und 2 und der §§ 202, 203 und 204 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt. Dies gilt auch in den Fällen der §§ 201a, 202a, 202b und 202d, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

(2) Stirbt der Verletzte, so geht das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 auf die Angehörigen über; dies gilt nicht in den Fällen der §§ 202a, 202b und 202d. Gehört das Geheimnis nicht zum persönlichen Lebensbereich des Verletzten, so geht das Antragsrecht bei Straftaten nach den §§ 203 und 204 auf die Erben über. Offenbart oder verwertet der Täter in den Fällen der §§ 203 und 204 das Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen, so gelten die Sätze 1 und 2 sinngemäß. In den Fällen des § 201a Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 2 Satz 2 steht das Antragsrecht den in § 77 Absatz 2 bezeichneten Angehörigen zu.

(1) Ist die Tat nur auf Antrag verfolgbar, so kann, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, der Verletzte den Antrag stellen.

(2) Stirbt der Verletzte, so geht sein Antragsrecht in den Fällen, die das Gesetz bestimmt, auf den Ehegatten, den Lebenspartner und die Kinder über. Hat der Verletzte weder einen Ehegatten, oder einen Lebenspartner noch Kinder hinterlassen oder sind sie vor Ablauf der Antragsfrist gestorben, so geht das Antragsrecht auf die Eltern und, wenn auch sie vor Ablauf der Antragsfrist gestorben sind, auf die Geschwister und die Enkel über. Ist ein Angehöriger an der Tat beteiligt oder ist seine Verwandtschaft erloschen, so scheidet er bei dem Übergang des Antragsrechts aus. Das Antragsrecht geht nicht über, wenn die Verfolgung dem erklärten Willen des Verletzten widerspricht.

(3) Ist der Antragsberechtigte geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig, so können der gesetzliche Vertreter in den persönlichen Angelegenheiten und derjenige, dem die Sorge für die Person des Antragsberechtigten zusteht, den Antrag stellen.

(4) Sind mehrere antragsberechtigt, so kann jeder den Antrag selbständig stellen.

(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

1.
Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
2.
Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlußprüfung,
3.
Rechtsanwalt, Kammerrechtsbeistand, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten,
3a.
Organ oder Mitglied eines Organs einer Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder einer Berufsausübungsgesellschaft von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten, einer Berufsausübungsgesellschaft von Rechtsanwälten oder europäischen niedergelassenen Rechtsanwälten oder einer Berufsausübungsgesellschaft von Patentanwälten oder niedergelassenen europäischen Patentanwälten im Zusammenhang mit der Beratung und Vertretung der Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Berufsausübungsgesellschaft im Bereich der Wirtschaftsprüfung, Buchprüfung oder Hilfeleistung in Steuersachen oder ihrer rechtsanwaltlichen oder patentanwaltlichen Tätigkeit,
4.
Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist,
5.
Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,
6.
staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder
7.
Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen, steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

1.
Amtsträger oder Europäischer Amtsträger,
2.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,
3.
Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt,
4.
Mitglied eines für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes tätigen Untersuchungsausschusses, sonstigen Ausschusses oder Rates, das nicht selbst Mitglied des Gesetzgebungsorgans ist, oder als Hilfskraft eines solchen Ausschusses oder Rates,
5.
öffentlich bestelltem Sachverständigen, der auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist, oder
6.
Person, die auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Geheimhaltungspflicht bei der Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist. Einem Geheimnis im Sinne des Satzes 1 stehen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse eines anderen gleich, die für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfaßt worden sind; Satz 1 ist jedoch nicht anzuwenden, soweit solche Einzelangaben anderen Behörden oder sonstigen Stellen für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung bekanntgegeben werden und das Gesetz dies nicht untersagt.

(2a) (weggefallen)

(3) Kein Offenbaren im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen Geheimnisse den bei ihnen berufsmäßig tätigen Gehilfen oder den bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen zugänglich machen. Die in den Absätzen 1 und 2 Genannten dürfen fremde Geheimnisse gegenüber sonstigen Personen offenbaren, die an ihrer beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit mitwirken, soweit dies für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der sonstigen mitwirkenden Personen erforderlich ist; das Gleiche gilt für sonstige mitwirkende Personen, wenn diese sich weiterer Personen bedienen, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit der in den Absätzen 1 und 2 Genannten mitwirken.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm bei der Ausübung oder bei Gelegenheit seiner Tätigkeit als mitwirkende Person oder als bei den in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen tätiger Datenschutzbeauftragter bekannt geworden ist. Ebenso wird bestraft, wer

1.
als in den Absätzen 1 und 2 genannte Person nicht dafür Sorge getragen hat, dass eine sonstige mitwirkende Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind,
2.
als im Absatz 3 genannte mitwirkende Person sich einer weiteren mitwirkenden Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, bedient und nicht dafür Sorge getragen hat, dass diese zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind, oder
3.
nach dem Tod der nach Satz 1 oder nach den Absätzen 1 oder 2 verpflichteten Person ein fremdes Geheimnis unbefugt offenbart, das er von dem Verstorbenen erfahren oder aus dessen Nachlass erlangt hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 sind auch anzuwenden, wenn der Täter das fremde Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen unbefugt offenbart.

(6) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________
Fahrzeug- und Halterdaten, die im Rahmen einer einfachen Registerauskunft nach §
39 Abs. 1 StVG übermittelt werden, sind nicht offenkundig und fallen damit unter den
BGH, Urteil vom 8. Oktober 2002 - 1 StR 150/02 - LG Augsburg

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 150/02
vom
8. Oktober 2002
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Erpressung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
8. Oktober 2002, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Nack
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Hebenstreit,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 29. November 2001, soweit es den Angeklagten P. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


I.


Das Landgericht hat den Angeklagten, einen Beamten der sächsischen Polizei, von den Vorwürfen der gemeinsam mit dem früheren Mitangeklagten G. begangenen versuchten Erpressung in 23 Fällen und der Bestechlichkeit aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
G. , ein guter Bekannter des Angeklagten, hatte den Entschluß gefaßt , potentielle Anleger von Schwarzgeldern im Ausland ausfindig zu machen und zu erpressen. Im Juni/Juli 2000 fuhr er deshalb nach J. und notierte sich die Fahrzeugkennzeichen von deutschen Staatsangehörigen, die die dortigen Banken aufsuchten. Nach seiner Rückkehr übergab G. dem
Angeklagten zum Zwecke der Halterfeststellung eine Liste mit mindestens 40 Kennzeichen. Dieser ließ von seiner Kollegin, der Zeugin T. , unter Benutzung der ihnen „im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit als Polizeibeamte zugänglichen Datensysteme“ insgesamt 37 Fahrzeughalter ermitteln und gab die Daten an G. weiter. An 23 dieser Halter richtete G. Erpresserbriefe, in denen er androhte, die deutschen Finanzbehörden von der Existenz des Auslandskontos zu unterrichten, sofern nicht eine „Sicherheitsgebühr“ in Höhe von DM 10.000,-- gezahlt werde. Die Kammer konnte sich nicht davon überzeugen, daß der Angeklagte in den Tatplan G. s eingeweiht war.
Im Hinblick auf die Kfz-Halteranfragen war dem Angeklagten nach den Feststellungen der Kammer von G. vorgespiegelt worden, es handele sich um die Kennzeichen von Pkw-Fahrern, gegen die er, G. , wegen Verkehrsverstößen Anzeige erstatten wolle. Wegen der Weitergabe der Kfz-Halterdaten durch den Angeklagten hat die Kammer einen Verstoß gegen § 202a StGB, § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB, § 44 Abs. 1 in Verbindung mit § 43 Abs. 2 Nr. 3 BDSG aF und § 32 Abs. 1 Nr. 1c SächsDSG verneint. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge. Das Rechtmittel hat Erfolg.

II.


1. Zu Unrecht hat die Strafkammer den Tatbestand des § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB als nicht erfüllt angesehen.

a) Bei den Anschriften von Fahrzeughaltern handelt es sich um nach §§ 31 ff. StVG erfaßte Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse , die für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung gespeichert sind. Solche
ihm als Amtsträger bekannt gewordene Daten hatte der Angeklagte unbefugt an G. weitergegeben (§ 203 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 StGB). Über die fehlende Befugnis, als Polizeibeamter Privatpersonen Kfz-Halterauskünfte zu erteilen, war er sich auch bewußt. Das ergibt sich schon daraus, daß er G. zunächst an das dafür gemäß § 39 Abs. 1 StVG zuständige KraftfahrtBundesamt verwiesen hatte (UA S. 7-8).
Für die Strafbarkeit nach § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB kommt es entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht darauf an, daß diese Daten unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 StVG im Rahmen einer einfachen Halterauskunft (potentiell) einem unbeschränkten Personenkreis zugänglich und daher nicht geheim sind. Schon aus der Gesetzessystematik und dem Wortlaut („Einem Geheimnis stehen gleich ...“) ergibt sich, daß § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB gerade solche Angaben erfaßt, die keine Geheimnisse darstellen, da ansonsten schon Satz 1 erfüllt und Satz 2 überflüssig wäre (vgl. Jähnke in LK, 10. Aufl., § 203 Rdn. 45; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 203 Rdn. 48; Lackner/Kühl, StGB, 24. Aufl., § 203 Rdn. 45; Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., § 203 Rdn. 9). Allerdings fallen offenkundige Tatsachen nach allgemeiner Ansicht nicht in den Schutzbereich des § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB (so schon die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) BTDrucks. 7/550 S. 243; vgl. auch Schünemann in LK, 11. Aufl., § 203 Rdn. 48).

b) Die Strafkammer hat Kfz-Halterdaten im Hinblick auf die Möglichkeit einer Halterauskunft nach § 39 Abs. 1 StVG als offenkundig angesehen und sich dabei auf Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts
(NJW 1999, 1727) und des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg (NStZ 1998, 358) gestützt.
Dem kann nicht gefolgt werden.
aa) Die oben zitierte Rechtsprechung ist auf Kritik gestoßen (vgl. die ablehnenden Besprechungen von Pätzel NJW 1999, 3246; Weichert NStZ 1999, 490 und Behm JR 2000, 274). Der Einordnung von Kfz-Halterdaten als „offenkundig“ stehe entgegen, daß - im Gegensatz zu anderen öffentlichen Registern-, die Erteilung von Auskünften gemäß § 39 Abs.1 StVG der Darlegung eines berechtigten Interesses bedürfe. Die Auslegung durch das Bayerische Oberste Landesgericht und das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg führe daher zu einer Aufweichung von gesetzlich geregelten und gegenüber anderen öffentlichen Registern gesteigerten Zugangserfordernissen.
Der Bundesgerichtshof hatte sich bisher nicht mit der Frage zu befassen , ob die in den Fahrzeugregistern gespeicherten Daten - soweit sie im Rahmen einer einfachen Halteranfrage übermittelt werden - offenkundig sind. Der 5. Strafsenat hat allerdings im Zusammenhang mit Auskünften aus dem Melderegister die Entscheidungen des BayObLG und des HansOLG Hamburg als „sehr weitgehend“ bezeichnet (BGH NStZ 2000, 596 = StV 2002, 26 m. Anm. Behm).
bb) Offenkundig im Sinne von § 203 StGB sind solche Tatsachen, von denen verständige und erfahrene Menschen ohne weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich jederzeit durch Benutzung allgemein zugänglicher, zuverlässiger Quellen unschwer überzeugen können (Regierungsentwurf
EGStGB BTDrucks. 7/550 S. 242). Für die hier vorliegende Fallgestaltung kommt es entscheidend darauf an, ob die Fahrzeugregister als „allgemein zugängliche Quellen“ einzustufen sind. Das ist zu verneinen. Allgemein zugänglich sind Zeitschriften, Bibliotheken, Adreß- und Telefonbücher etc.. Öffentliche Register gehören dann nicht zu den allgemein zugänglichen Quellen, wenn die Einsichtnahme von einem berechtigten Interesse abhängig ist (vgl. Gola /Schomerus, BDSG, 7. Aufl., 2002, § 28 Rdn. 45; Auernhammer, BDSG, 3. Aufl., 1993, § 28 Rdn. 24 m.Nachw. dort Fn. 51; Däubler/Klebe/Wedde, BDSG, 1996, § 29 Rdn. 22). Das belegt auch § 10 Abs. 5 Satz 2 BDSG in der Fassung aufgrund der Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes vom 18. Mai 2001 (BGBl. I 2001, S. 904). Danach sind solche Daten allgemein zugänglich, die jedermann, sei es ohne oder nach vorheriger Anmeldung, Zulassung oder Entrichtung eines Entgelts nutzen kann. Dabei ging der Gesetzgeber davon aus, daß Bedeutungsunterschiede zwischen den Begriffen „Offenkundigkeit“, „allgemein zugänglichen Daten“ und „Daten aus allgemein zugänglichen Quellen“ nicht bestehen. Insoweit sollte eine Vereinheitlichung des Sprachgebrauches erreicht werden (vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung BTDrucks. 14/5793 S.64). Voraussetzung für allgemeine Zugänglichkeit eines öffentlichen Registers ist das Fehlen von Einschränkungen der Benutzbarkeit desselben (vgl. Ambs in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: Dezember 2001, BDSG, § 10 Rdn. 5). Mit dem Sprachgebrauch wäre es nicht vereinbar, solche öffentlichen Register als „allgemein zugänglich“ einzuordnen, auf die der Informationsbedürftige - von Öffnungszeiten, Gebühren, Anmeldung usw. abgesehen - nicht uneingeschränkt zugreifen kann. Eine solche Einschränkung liegt aber vor, wenn - wie im Falle der Fahrzeugregister - die Benutzung von der Darlegung eines besonderen Interesses abhängt. Bei den Fahrzeugregistern kommt
hinzu, daß es - die Darlegung der Anforderungen des § 39 Abs.1 StVG durch den Informationsbedürftigen vorausgesetzt - diesem nicht in seiner Gesamtheit zur Verfügung steht, sondern nur einzelne Informationen hieraus mitgeteilt werden. Im übrigen unterliegt die Übermittlung von Daten aus dem Fahrzeugregister weitergehenden Beschränkungen bis hin zur Übermittlungssperre. Die darin zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers spricht ebenfalls dagegen, die Fahrzeugregister als allgemein zugängliche Quellen anzusehen.
Dem steht auch die Erwägung nicht entgegen, daß unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 StVG im Rahmen einer einfachen Registeranfrage praktisch jedermann Auskunft über die dort gespeicherten Daten erhält und die Gefahr des Mißbrauches besteht, wenn ein berechtigtes Interesse, das im Gegensatz zu § 39 Abs. 2 StVG nicht glaubhaft gemacht werden muß, nur vorgetäuscht wird. Der Fahrzeughalter, der die Speicherung seiner Daten nach § 33 Abs. 1 StVG hinzunehmen hat, darf erwarten, daß die zuständigen Behörden Halteranfragen gemäß § 39 Abs. 1 StVG dahin überprüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Auskunft dargetan sind. Soweit faktisch die Möglichkeit des Mißbrauches besteht, kann dies nicht zu einer Einordnung der Fahrzeugregister als „allgemein zugänglich“ führen. Insofern ist nämlich von der Rechtstreue desjenigen, der die Halteranfrage stellt, auszugehen.
Abgesehen davon, daß hier die Anzahl der Halteranfragen durch den Mitangeklagten G. den Verdacht eines Mißbrauches nahelegte, hätte dieser nach den von der Kammer getroffenen Feststellungen eine Auskunft nach § 39 Abs. 1 StVG von den zuständigen Behörden nicht erhalten. Die von ihm
gegenüber dem Angeklagten vorgegebene Absicht der Erstattung von Strafanzeigen ist kein Grund, der die Übermittlung von Halterdaten nach dieser Vorschrift rechtfertigte. Für eine Strafanzeige reichte die Angabe des Kennzeichens aus, um von Amts wegen Ermittlungsverfahren einzuleiten.
Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, daß durch Einführung des § 8a PflVG aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes und anderer versicherungsrechtlicher Vorschriften vom 10. Juli 2002 (BGBl. I 2002, S. 2586) der „Zentralruf der Autoversicherer“ im Falle eines Verkehrsunfalles dem Geschädigten über die bisherige, langjährige Praxis hinaus nicht nur Auskunft über den Versicherer des schädigenden Fahrzeuges erteilt, sondern als Auskunftsstelle im Sinne der Neufassung bei Vorliegen eines berechtigten Interesses (so die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung BTDrucks. 14/8770 S.11 unter Ziffer 3) auch Namen und Anschrift des Halters des schädigenden Fahrzeuges übermittelt. Denn auch insoweit darf eine Auskunft nur unter den Voraussetzungen des § 39 Abs.1 StVG erteilt werden (§ 8a Abs. 1 Nr. 5 letzter Halbs. PflVG). Für die Auskünfte soll unter Beachtung des Datenschutzes der bestehende Rechtsrahmen des Straßenverkehrsgesetzes zugrunde gelegt werden. Insofern nimmt der „Zentralruf der Autoversicherer“ als Auskunftsstelle im Sinne von § 8a Abs.1 PflVG Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr und unterliegt im übrigen der Aufsicht durch das Bundesministerium der Justiz (§ 8a Abs. 3 PflVG). Bei dieser - zur Tatzeit noch nicht geltenden - Sachlage hätte G. auch seitens des Zentralrufs der Autoversicherer die erstrebte Auskunft nicht erhalten , nachdem er nicht behauptet hatte, bei den Kennzeichen handele es sich um Fahrzeuge von Unfallgegnern.

c) Soweit der Angeklagte gegen § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB verstoßen haben kann, liegt - soweit aus den Akten ersichtlich - bis auf einen Fall der nach § 205 StGB erforderliche Strafantrag bislang nicht vor. Da das insoweit derzeit bestehende Verfahrenshindernis nach Klärung der tatsächlichen Voraussetzungen noch entfallen kann, führt dies hier nicht zur Einstellung des Verfahrens gemäß § 260 Abs. 3 StPO, sondern zur Zurückverweisung der Sache.
aa) Als Verletzte im Sinne von § 77 Abs. 1 StGB strafantragsberechtigt sind hier die einzelnen Kfz-Halter, da der Angeklagte über deren Daten verfügte. Bei § 203 StGB ist Verletzter nur diejenige Person, über deren personenbezogene Daten der Täter Auskunft gegeben hat, nicht aber die speichernde Behörde als „Herrin der Daten“ (vgl. BGHR StGB § 77 Abs. 1 Verletzter 1).
bb) Wie der Senat aufgrund der von Amts wegen gebotenen Überprüfung den Strafakten entnimmt, hat lediglich der Geschädigte Z. Strafantrag („wegen aller in Betracht kommender Delikte“) gestellt. Ferner liegt ein Strafantrag des Geschädigten W. , allerdings nur wegen versuchter Erpressung vor. Im übrigen haben noch die Geschädigten P. und H. Strafanzeige erstattet. Bei keinem der allein im Ermittlungsverfahren und im wesentlichen schriftlich mittels Fragebogen vernommenen Geschädigten ist jedoch ersichtlich , daß ihnen bewußt gewesen wäre, daß hier neben der jeweils im Vordergrund stehenden versuchten Erpressung auch eine Verletzung von nach § 203 StGB geschützten Rechtsgütern in Betracht kam. Bei dieser Sachlage hätte die Antragsfrist nach § 77b Abs. 2 StGB noch nicht zu laufen begonnen. Die nach § 77b Abs. 2 Satz 1 StGB erforderliche Kenntnis setzt nämlich das Wissen um diejenigen Umstände voraus, die die Tat zum Antragsdelikt machen
(vgl. Stree in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 77b Rdn. 7, s. auch BGHSt 44, 209 [212]). Da der Senat nicht ausschließt, daß weitere Strafanträge seitens der Verletzten noch gestellt werden, ist zur Klärung der Verfahrensvoraussetzungen durch den Tatrichter die Zurückverweisung veranlaßt (vgl. BGHSt 46, 307, 309).
Das ist auch im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen § 32 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c SächsDSG nicht entbehrlich. Dieser Ordnungswidrigkeitentatbestand setzt zwar keinen Antrag voraus, ist im Hinblick auf § 1 Abs. 4 SächsDSG gegenüber § 203 StGB jedoch subsidiär (vgl. auch Lackner/Kühl, StGB, 24. Aufl., § 203 Rdn. 29), da diese Vorschrift sich für die vorliegende Fallgestaltung in ihrem Anwendungsbereich mit § 32 Abs. 1 Nr. 1c SächsDSG überschneidet.
2. Der Senat kann offenlassen, ob die Strafkammer die Anforderungen an die Überzeugungsbildung hinsichtlich der ursprünglichen Tatvorwürfe (versuchte Erpressung; Bestechlichkeit) überspannt hat. Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen, wonach der Angeklagte dem früheren Mitangeklagten G. für einen vergleichsweise geringen Betrag von DM 500,-- im Monat einen Mercedes Benz 600 zur Verfügung gestellt und ihm überdies ein Darlehen in Höhe von DM 350.000,-- gewährt hatte, hätten die den Angeklagten entlastenden Angaben G. s einer besonders kritischen Bewertung unterzogen werden müssen. Dies gilt auch für die Einlassung des Angeklagten selbst, der trotz der erheblichen Anzahl der von G. erfragten Fahrzeughalter geglaubt haben will, daß den Anfragen ausnahmslos angebliche Verkehrsverstöße zugrunde lagen.
Der neue Tatrichter wird aufgrund der Aufhebung Gelegenheit haben, den ursprünglichen Tatvorwurf erneut zu erörtern. Dabei wird es möglicherweise auch Feststellungen dazu bedürfen, über welche „polizeilich zugänglichen Datensysteme“ der Angeklagte die Halterdaten ermitteln ließ, da die z.B. im sogenannten automatisierten Verfahren durch die Polizei erhältlichen Daten über diejenigen, die im Rahmen einer einfachen Registerauskunft mitgeteilt werden, hinausgehen.
Soweit Verstöße gegen § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB oder § 32 Abs. 1 SächsDSG in Rede stehen, wird auch zu prüfen sein, ob der Angeklagte hier in (Dritt-)Bereicherungsabsicht handelte und deshalb die Qualifikationstatbestände gemäß § 203 Abs. 5 StGB oder § 33 SächsDSG erfüllt sind. Denn nach den Feststellungen hatte G. gegenüber dem Angeklagten angegeben, beim Kraftfahrt-Bundesamt falle für jede Anfrage eine Gebühr von DM 10,-- an. Es liegt daher nicht fern, daß der Angeklagte G. diese Gebühr ersparen wollte.
Nack Wahl Boetticher Schluckebier Hebenstreit

(1) Eine Tat, die nur auf Antrag verfolgbar ist, wird nicht verfolgt, wenn der Antragsberechtigte es unterläßt, den Antrag bis zum Ablauf einer Frist von drei Monaten zu stellen. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.

(2) Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt. Für den Antrag des gesetzlichen Vertreters und des Sorgeberechtigten kommt es auf dessen Kenntnis an.

(3) Sind mehrere antragsberechtigt oder mehrere an der Tat beteiligt, so läuft die Frist für und gegen jeden gesondert.

(4) Ist durch Tod des Verletzten das Antragsrecht auf Angehörige übergegangen, so endet die Frist frühestens drei Monate und spätestens sechs Monate nach dem Tod des Verletzten.

(5) Der Lauf der Frist ruht, wenn ein Antrag auf Durchführung eines Sühneversuchs gemäß § 380 der Strafprozeßordnung bei der Vergleichsbehörde eingeht, bis zur Ausstellung der Bescheinigung nach § 380 Abs. 1 Satz 3 der Strafprozeßordnung.

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
Befehl zur Tötung eines Demonteurs von Selbstschußanlagen
an der innerdeutschen Grenze.
BGH, Urt. v. 16. Februar 2005 5 StR 14/04
SchwG Berlin

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 16. Februar 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. Februar
2005, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin K
als Verteidigerin,
Rechtsanwalt H
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 10. April 2003 wird mit der Maßgabe verworfen, daß der Angeklagte freigesprochen wird.
Die Staatskasse trägt die Kosten des gesamten Verfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Die zugelassene Anklage wirft dem Angeklagten einen Tot schlag vor: Er habe in der Zeit vom 26. bis 30. April 1976 – gemeinschaftlich und durch andere handelnd – die Tötung des G an der innerdeutschen Grenze organisiert und herbeigeführt. Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil das Verfahren gegen den Angeklagten wegen eingetretener Verfolgungsverjährung eingestellt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg, soweit das Rechtsmittel zuungunsten des Angeklagten eingelegt ist, führt vielmehr nach § 301 StPO zur Änderung des angefochtenen Urt eils dahin, daß der Angeklagte freigesprochen wird.

I.


Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Zur Perfektionierung der am 13. August 1961 begonnen en Absperrmaßnahmen hatte die Regierung der DDR im Herbst 1961 damit begonnen, weite Teile der innerdeutschen Grenze mit Minensperren zu versehen, um Flüchtlinge noch wirksamer von einer Flucht in die Bundesrepublik Deutschland abzuhalten. Nachdem anfangs hierzu Erdminen installiert worden waren , wurden zur Erhöhung der Wirksamkeit dieser Minensperren ab 1970 zunächst vereinzelt, ab Anfang 1972 systematisch bis zu ihrem Abbau ab dem Jahre 1983 Splitterminen des Typs SM-70 als sogenannte Anlage 501 zur Grenzsicherung installiert. Dabei handelte es sich um Selbstschußanlagen , die auf der der DDR zugekehrten Seite des Metallgitterzauns angebracht waren und bei Belastung von verspannten Drähten auf mechanischelektrischem Weg eine Detonation auslösten. Darauf breitete sich eine kegelförmige Salve von etwa 90 scharfkantigen Metallsplittern parallel zum Metallgitterzaun aus, wobei die kinetische Energie ausreichte, um Menschen mit Sicherheit schwer zur verletzen oder auch zu töten. Viele Flüchtlinge erlitten durch diese Minen schwerste Verletzungen oder wurden getötet. Die Regierung der DDR bestritt damals die Existenz derartiger Anlagen.
G , der im Alter von 17 Jahren in der DDR wegen „Diversion im schweren Fall, staatsgefährdender Gewaltakte, staatsgefährdender Propaganda sowie Hetze im schweren Fall“ zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt, nach Verbüßung von neun Jahren und zehn Monaten dieser Strafe von der Bundesregierung „freigekauft“ und 1971 in die Bundesrepublik Deutschland entlassen worden war, sann, geprägt von den in der DDR herrschenden unmenschlichen Haftbedingungen, darauf, die DDR durch Präsentation der Selbstschußanlagen in der Weltöffentlichkeit bloßzustellen. In Verfolgung dieses Ziels montierte G in der Nacht zum 1. April 1976 und in der Nacht zum 23. April 1976 jeweils in der Nähe zum
späteren Tatort eine Splittermine ab. Die abgebauten Splitterminen präsentierte G verschiedenen Behörden der Bundesrepublik Deutschland , zwei Zeitschriften und der „Arbeitsgemeinschaft 13. August“. Diese Vorgänge versetzten die Dienststellen der DDR bis hin zur ministeriellen Spitze in helle Aufregung. Die DDR, die 1972 den Grundlagenvertrag mit der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen und 1975 an der Konferenz in Helsinki teilgenommen hatte und um internationale Anerkennung bemüht war, war durch den Abbau und die Verbringung der Minen in die Bundesrepublik Deutschland in aller Welt bloßgestellt und der Lüge überführt. Deshalb sollten weitere derartige Aktionen mit allen Mitteln unterbunden und der oder die Täter unter allen Umständen ein für allemal ausgeschaltet werden. Spätestens durch einen am 16. April 1976 in dem Magazin „Der Spiegel“ erschienenen Artikel wurde dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR bekannt , daß es G war, der in der Nacht zum 1. April 1976 die erste der beiden Minen abgebaut hatte. Spätestens daraufhin gab der Minister für Staatssicherheit Mielke den Befehl, weitere Minendemontagen um jeden Preis zu verhindern und G einem bei neuerlichen Versuch, eine Mine SM-70 abzubauen, nicht nur möglichst festzunehmen , sondern ihn ein für allemal endgültig auszuschalten und, wenn eine Festnahme, die vorrangig bezweckt war, um Informationen über mögliche Mittäter, Hintermänner oder Auftraggeber zu erhalten, nicht möglich sein würde, G keinesfalls entkommen zu lassen, sondern ihn notfalls zu „vernichten“, also zu töten. Die Einzelheiten der Umsetzung dieser Anordnung überließ Mielke seinen Untergebenen.
Der Angeklagte war Kompaniechef einer speziellen Einsa tzkompanie des Ministeriums für Staatssicherheit. Deren Hauptaufgabe bestand in der „Wahrnehmung politisch-operativer und operativ-militärischer Einsätze“, insbesondere an der innerdeutschen Grenze. Die Kompanie wurde vor allem in sogenannten „provokationsgefährdeten Abschnitten“ der Grenze eingesetzt, so bei Fahnenfluchten, zur Beobachtung innerhalb und außerhalb militärischer Objekte in den Streitkräften, zu Fotodokumentationen an der Grenze,
bei spektakulären Grenzzwischenfällen oder zur Beseitigung von „pioniertechnischen Anlagen“ an der Grenze, wobei häufig in dem der Grenzbefestigung vorgelagerten, aber noch zur DDR gehörenden – als „feindwärts“ bezeichneten – Gelände, etwa bei Schleusungsmaßnahmen, unter konspirativen Bedingungen Öffnungen im Metallgitterzaun geschaffen werden mußten. Die Kompanie wurde konspirativ geführt. Jeder Angehörige dieser Einheit, als „Kämpfer“ bezeichnet, hatte zur Tarnung einen Decknamen und eine individuelle Legende. Die Einsatzkompanie galt nach außen als selbständige Einheit der Grenztruppen, war wie eine solche uniformiert, strukturiert und bewaffnet, jedoch in Wahrheit der Abteilung Äußere A bwehr, einer Unterabteilung der Abteilung I des Ministeriums für Staatssicherheit, unterstellt. Deren Leiter war der rechtskräftig – aus tatsächlichen Gründen mangels effektiver Mitwirkung an dem Tötungsbefehl – freigesprochene Mitangeklagte He . Leiter der Hauptabteilung I des Ministeriums für Staatssicherheit und damit unmittelbarer Vorgesetzter He s war Generalleutnant Kl . Die Hauptabteilung I war direkt dem Stellvertreter des Ministers Mielke unterstellt. Während im Ministerium für Staatssicherheit noch die vorhandenen Unterlagen über G ausgewertet wurden, erhielt man dort Kenntnis vom zweiten Minenabbau, der in der Nacht zum 23. April 1976 erfolgt war. Namentlich aufgrund eines Hinweises ging man davon aus, daß wiederum G gehandelt habe und daß er vorhabe, im gleichen Bereich der Grenze weitere Minen abzubauen. Generalleutnant Kl berichtete dem Minister Mielke und beauftragte den Oberstleutnant T , den Leiter des Bereichs Abwehr der Hauptabteilung I im Grenzkommando Nord, mit der Leitung des „Einsatzes SM-70“. Hierbei gab Kl von die Mielke erteilte Weisung weiter, G bei einem neuerlichen Versuch, eine Mine abzubauen, unter allen Umständen möglichst festzunehmen und – wenn dies nicht gelingen sollte – ihn keinesfalls entkommen zu lassen, sondern ihn dann gegebenenfalls zu „vernichten“. Die Befehlskette verlief mithin vom Minister Mielke über Generalleutnant Kl an Oberstleutnant T . Letzterer war damit nach dem im Ministerium für Staatssicherheit gel-
tenden Prinzip der Einzelleitung am Ort verantwortlich für diesen Einsatz und hatte dort das Kommando.
Am 24. April 1976 erteilte der frühere Mitangeklagt e He – auf Anordnung Kl s – dem Angeklagten S den Befehl, mit von ihm auszuwählenden Kräften seiner Einsatzkompanie sofort zum Grenzregiment 6 nach Schönberg zu Oberstleutnant T zu fahren, um dort entsprechend dem vorgegebenen Einsatzziel, „Grenzprovokationen“ unter allen Umständen zu verhindern und den oder die Täter unbedingt festzunehmen und – wenn dies nicht gelingen würde – diese notfalls zu töten, sofort zum Einsatz zu kommen. Der Angeklagte wurde auch in groben Zügen darüber informiert, daß im Sicherungsabschnitt XII des Grenzregiments 6 zuvor Splitterminen SM-70 abgebaut und entwendet worden waren und daß mit Hilfe der Einsatzkompanie „feindwärts“ ein Hinterhalt angelegt werden sollte. Ob ihm dabei auch der Name G genannt wurde, hat das Landgericht nicht feststellen können. Die vom Minister Mielke gegebene Anordnung wurde dem Angeklagten im Kern vom früheren Mitangeklagten He als Zielvorgabe mitgeteilt. Der Angeklagte wählte daraufhin aus seiner Einsatzkompanie die nach seiner Einschätzung für das vorgegebene Einsatzziel am besten geeigneten elf „Kämpfer“ aus und begab sich mit ihnen sogleich nach Schönberg. Jeder „Kämpfer“ war mit einer Maschinenpistole der Marke „Kalaschnikow“ ausgerüstet, die Gruppe zudem mit zwei leichten Maschinengewehren. Noch am 24. April 1976 fanden zunächst eine Ortsbesichtigung des in Betracht kommenden Grenzabschnitts, an der auch der Angeklagte teilnahm , sowie eine anschließende Besprechung, an der sowohl der Angeklagte als auch Oberstleutnant T teilnahmen, statt. Bei dieser Besprechung wurden die Maßnahmen festgelegt, die getroffen werden sollten, um den von Minister Mielke über Generalleutnant Kl an Oberstleutnant T gegebenen Befehl zu erfüllen. Die bei dieser Besprechung beschlossenen Maßnahmen wurden Grundlage des folgenden Einsatzes am Ort. Dies war der „Große Grenzknick“ bei der Grenzsäule 231 der Bundesrepublik Deutschland. Hier verlief die Grenze in einem rechten Winkel, dessen inne-
res Viertel – südöstlich – zur DDR gehörte. Gegenüber der im Westen und Norden verlaufenden Grenze war der Metallgitterzaun mit den Selbstschußanlagen um 30 Meter rückwärts gebaut, so daß sich vor diesem Zaun ein 30 Meter breiter Streifen von DDR-Gebiet erstreckte. Man rechnete damit, daß G in den nächsten Tagen wieder versuchen würde, mit Hilfe einer Anlegeleiter an eine Mine heranzukommen, um diese abzubauen. Man rechnete mit zwei bis drei Begleitern G s und einer Bewaffnung aller Personen. Deshalb sollte „feindwärts“ des Metallgitterzauns ein Hinterhalt gelegt werden, um G dort zu überraschen, festzunehmen und an einer eventuellen Flucht zurück auf das Territorium der Bundesrepublik Deutschland zu hindern, wobei als letzte Möglichkeit seine Tötung ins Auge gefaßt war. Sollte die Staatsgrenze der DDR durch „provokatorische Handlungen“ an den „pioniertechnischen Anlagen“ verletzt oder sollten diese sichtbar angegriffen werden, waren die Personen festzunehmen; die Schußwaffe war anzuwenden, wenn keine andere Möglichkeit zur Realisierung der vorgenannten Zielstellung vorhanden sein würde. Die Feuerführung sollte parallel zur Staatsgrenze erfolgen.
Der Angeklagte akzeptierte bei dieser Besprechung das vorg egebene Ziel „festzunehmen bzw. zu vernichten“, also gegebenenfalls „zu töten“. Als Chef der Einsatzkompanie hatte er bei der Besprechung einen gewichtigen und für die Ausgestaltung der Einzelheiten des Einsatzes maßgeblichen Einfluß, wenngleich Oberstleutnant T den Einsatz am Ort leitete. Der Angeklagte war am Ort der „Mann der Praxis“, der seinen Sachverstand einbrachte und wußte, wie man am besten Hinterhalte legte. Er brachte bei der Besprechung auch eigene Verbesserungsvorschläge ein. Wie in der Besprechung beauftragt, rekrutierte er aus seiner Einsatzkompanie einen weiteren Zugführer und sieben weitere „Kämpfer“.
In einer „Information“ vom 25. April 1976 teilte Ob erstleutnant T dem Generalleutnant Kl das Ergebnis der Beratung vom Vortage mit. Auch darin ist die „Festnahme bzw. Vernichtung der Täter“ genannt. Kl
war mit diesen Maßnahmen einverstanden. Der Angeklagte diktierte am 25. April 1976 einen internen „Maßnahmeplan“, der zu Dokumentationszwecken gefertigt wurde und den am Ort eingesetzten „Kämpfern“ nicht im Wortlaut mitgeteilt wurde. Darin ist als Einsatzziel benannt, „den oder die Täter festzunehmen bzw. zu vernichten“. Ferner heißt es dort: „Die Anwendung der Schußwaffe erfolgt, wenn keine andere Möglichkeit zur Realisierung der vorgenannten Zielstellung vorhanden ist. Die Feuerführung erfolgt parallel zur Staatsgrenze.“
Am 26. April 1976 verdichteten sich die Hinweise, daß ein neuerlicher Versuch G s, im relevanten Grenzbereich erneut eine Splittermine abzubauen, unmittelbar bevorstand. Oberstleutnant T sandte daraufhin an Generalleutnant Kl zwei chiffrierte Telegramme, in denen die „Festnahme oder Vernichtung des zu erwartenden Täters“ als Ziel der Operation genannt ist.
G beobachtete am 29. April 1976 nachmittags in der Nähe der Grenzsäule 231 das Gelände mit einem Fernglas und wurde dabei von Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit beobachtet und fotografiert.
In der Tatnacht zum 1. Mai 1976, einer dunklen Neum ondnacht, waren die Splitterminen im Bereich des Grenzknicks abgeschaltet, um eine Gefährdung der „Kämpfer“ auszuschließen. Der Metallgitterzaun war „freundwärts“ durch zwei am Grenzknick angebrachte Scheinwerfer erleuchtet, die parallel zum Zaun ausgerichtet waren und den „freundwärts“ befindlichen Geländestreifen am Zaun erleuchteten. Das vorgelagerte Gelände lag völlig im Dunkeln. „Feindwärts“ des Zaunes, etwa fünf Meter von diesem entfernt, lagen vier Mitglieder der Einsatzkompanie im Gras, nämlich die Zeugen L , R , Wi und Li . „Freundwärts“ waren zahlreiche Kräfte eingesetzt, die über einen zentralen Führungspunkt durch eine Telefonverbindung mit Oberstleutnant T verbunden waren.
G hatte zwei Helfer gewonnen, um m it ihnen zum dritten Mal eine Splittermine abzubauen, die Zeugen Lie und U . Sie begaben sich zu dritt am 30. April 1976 gegen 22.30 Uhr zur Grenzsäule 231. Alle drei waren mit scharfen Schußwaffen ausgerüstet, G und Lie jeweils mit einer geladenen Pistole, U mit einer geladenen abgesägten Schrotflinte. G führte ferner diverses Werkzeug zum Abbau einer Mine mit und war mit einem langen schwarzen Mantel bekleidet. Alle drei hatten sich ihre Gesichter, Hände und Turnschuhe mit Schuhcreme geschwärzt. Bei Beobachtung der Grenzsicherungsanlagen fiel ihnen als Veränderung auf, daß Scheinwerfer installiert worden waren, die das Gelände hinter dem Zaun ausleuchteten, während das vorgelagerte Gelände zwischen Grenze und Zaun völlig im Dunkeln lag. U wollte zudem verdächtige Geräusche wie ein metallisches Klicken oder Schritte gehört haben. Lie und U konnten mit der Äußerung ihrer Bed enken angesichts der ihnen „unheimlich“ erscheinenden Situation G nicht zur Aufgabe des Plans, sondern lediglich zu dessen Modifizierung bewegen. G nunmehr hatte die Idee, die Mine an der Ecke des Zaunes – statt sie abzubauen – wenigstens zu zünden, um der DDR zu signalisieren, „daß er wieder einmal zugeschlagen“ habe. Damit, daß sich in dem DDR-Gelände vor dem Zaun Grenzposten aufhalten oder dort gar einen Hinterhalt gelegt haben würden, rechnete keiner der drei Männer. Lie und U postierten sich in der Nähe zur Grenzsäule 231, voneinander getrennt. Zwischen G und ihnen war abgesprochen, daß sie beide beim Erscheinen von Grenzsoldaten „Halt! Grenzschutz!“ oder etwas ähnliches rufen und notfalls G s Rückzug durch den Einsatz ihrer Waffen sichern sollten. G schlich sich nun gebückt auf den Grenzknick und die Ecke des Zaunes zu. „Da man wegen der zuvor wahrgenommenen Geräusche Argwohn geschöpft hatte“ und das Vorhaben nun wegen der Nähe zum Zaun ganz besonders gefährlich wurde, zog G seine durchgeladene Pistole hervor.
Der Zeuge Li , der seine Maschinenpistole befehlswidri g neben sich gelegt hatte, möglicherweise zwischenzeitlich auch eingeschlafen war, bemerkte als erster der „feindwärts“ eingesetzten Posten G , der sich in gebückter Haltung bis auf etwa fünf bis zehn Meter der Ecke des Metallgitterzaunes genähert hatte. Li griff daraufhin nach seiner abgelegten Maschinenpistole, wobei er ein metallisches Geräusch, möglicherweise durch Anstoßen der Waffe gegen einen Stein, verursachte. Das Landgericht hat nicht ausschließen können, daß G das metallische Geräusch , dessen Ursache nur wenige Meter entfernt war, wahrnahm und ihm nun klar war, daß er in einen Hinterhalt der Grenzposten geraten war. Das Landgericht hat weiterhin nicht ausschließen können, daß G in dieser Situation jedenfalls als erster mindestens einen, nicht ausschließbar aber auch einen zweiten Schuß in Richtung des Geräusches und damit der Posten abgab. Wie weiterhin nicht ausschließbar, werteten die vier „feindwärts“ eingesetzten Posten diesen Schuß – möglicherweise auch zwei Schüsse –G s als Angriff auf ihr Leben; sie schossen daraufhin zurück. Als erster schoß – nahezu zur gleichen Zeit wie G – Li mit seiner Maschinenpistole auf G , wobei der zeitliche Abstand so gering war, daß sich die Schußgeräusche der Pistole und der Maschinenpistole akustisch überlagerten. Auch die drei anderen Posten eröffneten nun sofort das Feuer auf G . Alle vier schossen mit Dauerfeuer. G wurde noch in aufrechter oder gebückter Haltung von drei Kugeln im Oberkörper getroffen, wobei ein Geschoß Herz, Lunge und Rückenmark durchschlug, was zum Zusammenbruch des Kreislaufs und zum Herztod führte, so daß G sofort zusammensackte. Danach gaben die vier Posten weitere, mehrere Sekunden dauernde Feuerstöße in Richtung des liegenden G ab, der von zahlreichen Schüssen getroffen wurde. Nach dieser ersten Schußfolge trat eine kurze Pause ein. Ein Scheinwerfer an der Ecke des Zaunes wurde auf das vorgelagerte Gelände geschwenkt.
Bei Beginn der Schießerei waren Lie und U aus Angst, selbst beschossen zu werden, in das Hinterland geflüchtet. Lie trat dabei auf einen Ast und verursachte ein knackendes Geräusch. Das Landgericht hat nicht ausschließen können, daß der Posten L dieses Knacken wahrnahm und befürchtete, auf westlichem Gebiet könnten sich bewaffnete Komplizen G s befinden. Möglicherweise rief L , um im Scheinwerferlicht nicht selbst ein leichtes Ziel abzugeben und ein freies Schußfeld zu haben: „Licht aus! Weg da vorne!“ Währenddessen hatte U den Eindruck, von Seiten der DDR kämen zwei Scheinwerfer, die er für Autoscheinwerfer hielt, auf ihn zu. Er gab daher mit der abgesägten Schrotflinte einen Schuß in Richtung dieser vermeintlichen Autoscheinwerfer ab. Möglicherweise als Reaktion auf diesen Schuß gab der Posten L in Richtung des Standorts U s einen oder zwei kurze Feuerstöße ab. Mehrere Geschosse schlugen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland im Baumwerk ein. Lie und U flüchteten.
Sofort nach dem Tatgeschehen setzten von höchster Stelle a ngeordnete Vertuschungsmaßnahmen des Ministeriums für Staatssicherheit ein. Insbesondere wurde die Leiche G s anonym und ohne Eintragung in das Sektionsbuch obduziert. Alle Schützen wurden mit dem „Kampforden in Silber“ ausgezeichnet, den sie jedoch nicht tragen durften.
Das Landgericht hat das festgestellte Geschehen im wesent lichen folgendermaßen rechtlich gewürdigt:
Es ist sowohl hinsichtlich der ersten als auch hinsicht lich der zweiten Schußfolge der DDR-Schützen zur Annahme von Notwehr gelangt, weil zum ersten Handlungsteil nicht auszuschließen sei, daß G erster als schoß, und die zweite Schußfolge eine Reaktion auf den Schuß des Zeugen U gewesen sei. Deshalb hat das Landgericht unter dem Gesichtspunkt der „überholenden Kausalität“ angenommen, daß eine vom Angeklagten nicht geplante Kausalkette in Gang gesetzt worden sei, weshalb ein vollen-
detes Tötungsdelikt (Mord nach § 112 StGB-DDR) nicht vorliege. Der Angeklagte habe lediglich eine erfolglose Aufforderung zur Begehung eines Mordes (nach § 227 Abs. 1 i.V. mit § 112 StGB-DDR) begangen. Da die Verfolgung dieses Deliktes verjährt sei, sei das Verfahren nach § 260 Abs. 3 StPO einzustellen.
Eine etwa fortbestehende Verfolgbarkeit der Tat nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland ist im Urteil nicht erörtert.

II.


Die Revision der Staatsanwaltschaft führt allein zu ei ner Änderung des Urteils zugunsten des Angeklagten.
1. Das angefochtene Urteil enthält keinen sachlichrechtl ichen Fehler zum Vorteil des Angeklagten, soweit es die Beweiswürdigung und die Subsumtion der getroffenen Feststellungen unter das sachliche Recht betrifft.

a) Die Beweiswürdigung ist rechtsfehlerfrei.
Namentlich geht die Einzelbeanstandung der Beschwerdef ührerin fehl: Die sachlichrechtlichen Einwände gehen allein dahin, daß die Feststellung, der Zeuge U habe nach der ersten Schußfolge mit der abgesägten Schrotflinte einen Schuß in Richtung der Scheinwerfer abgegeben (UA S. 51), einzig auf die Bekundungen dieses Zeugen gestützt wird (UA S. 99 f., 108), während sich aus der schriftlichen Erklärung des Zeugen L , die dieser als Beschuldigter in dem Verfahren vor dem Landgericht Schwerin unter dem 9. November 1999 abgegeben hat (UA S. 83 bis 86), die Wahrnehmung eines solchen Schusses nicht ergebe. Der Zeuge U hat einen solchen von ihm abgegebenen Schuß kontinuierlich – in der polizeilichen Vernehmung vom 1. Mai 1976, in der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung vom 20. Oktober 1992 sowie in der Hauptverhandlung – und jeweils detail-
reich geschildert. Es begründet keinen sachlichrechtlichen Fehler, daß das Landgericht diesem substantiierten Eingeständnis des Schützen U gefolgt ist, ohne in diesem Zusammenhang darauf Bezug zu nehmen, daß der ZeugeL diesen Schuß in einer früheren Erklärung nicht geschildert hat. Soweit die Revision darüber hinaus an das Protokoll der landgerichtlichen Hauptverhandlung anknüpft, ist dies – angesichts der allein erhobenen Sachrüge – unbeachtlich.

b) Auch die rechtliche Würdigung enthält keinen Rechtsfe hler zum Vorteil des Angeklagten.
aa) Das gilt zunächst für die Würdigung nach dem Recht d er DDR.
Eine Strafbarkeit des Angeklagten würde (auch) vorausset zen, daß er sich mit der in der DDR begangenen Tat nach dem dort zur Tatzeit geltenden Recht strafbar gemacht hätte (§ 2 StGB i.V. mit Art. 315 Abs. 1 EGStGB).
Eine Beteiligung an einem Tötungsdelikt gegen G oder seine Begleiter in Form der Täterschaft, Anstiftung oder Beihilfe liegt nach den Feststellungen nicht vor: Die vier Schützen schossen zunächst – nicht ausschließbar – in der ersten Schußfolge als Reaktion auf den einen Schuß oder die zwei von G möglicherweise zuerst auf sie selbst abgegebenen Schüsse. Die in der zweiten Schußfolge von L in Richtung des Standorts U s abgegebenen Schüsse waren – nicht ausschließbar – eine Reaktion auf den Schuß U s mit der Schrotflinte. Danach kann in allen Schüssen der DDR-Schützen, weil in Notwehr nach § 17 Abs. 1 StGB-DDR begangen, „keine Straftat“ gefunden werden. Dies hat zur Folge, daß der Angeklagte an diesen Taten weder als Täter (§ 22 Abs. 1 StGBDDR ), noch als Mittäter (§ 22 Abs. 2 Nr. 2 StGB-DDR), noch als Anstifter (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 StGB-DDR) oder als Gehilfe (§ 22 Abs. 2 Nr. 3 StGB-DDR) beteiligt sein kann.
Vielmehr liegt im Verhalten des Angeklagten ledigli ch eine erfolglose Aufforderung zur Begehung eines Mordes nach § 227 Abs. 1 i.V. mit § 112 StGB-DDR. Es sei angemerkt, daß das Landgericht Schwerin unter dem Gesichtspunkt der Notwehr oder der Putativnotwehr drei der Schützen vom Vorwurf des versuchten Mordes rechtskräftig (vgl. BGH, Beschluß nach § 349 Abs. 2 StPO vom 24. April 2001 – 4 StR 410/00) freigesprochen hat, nachdem das Verfahren gegen den vierten Schützen nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden war.
Die Tat des Angeklagten war nicht gerechtfertigt.
Zur Tatzeit war der Schußwaffengebrauch der hier täti g gewordenen speziellen Einsatzkompanie des Ministeriums für Staatssicherheit allein durch die vom Minister für Staatssicherheit erlassene Ordnung über den Gebrauch von Schußwaffen für die Angehörigen des Ministeriums für Staatssicherheit – Schußwaffengebrauchsordnung – vom 5. Februar 1976 geregelt. Diese entsprach in den hier in Betracht kommenden Teilen nahezu gleichlautend der für die regelmäßig den Dienst an der Grenze versehenden Grenztruppen geltenden Dienstvorschrift DV 018/0/008 „Einsatz der Grenztruppen zur Sicherung der Staatsgrenze – Grenzkompanie“ vom 5. August 1974. Diese allein internen Verwaltungsvorschriften waren schon als solche nicht geeignet, vorsätzliches tödliches Schießen an der innerdeutschen Grenze zu rechtfertigen. Entsprechend hat der Senat bereits im Urteil BGHSt 39, 353, 366 f. – zu der „Vorschrift über die Organisation und Führung der Grenzsicherung in der Grenzkompanie“ (DV – 30/10) vom 8. Februar 1964 – entschieden. Eine anderweitige Rechtfertigung ergibt sich aus dem Recht der DDR nicht.
Vielmehr gilt folgendes: Die Staatspraxis der DDR, di e die vorsätzliche Tötung von Flüchtlingen durch Schußwaffen, insbesondere auch durch Selbstschußanlagen und Minen zur Vermeidung einer Flucht aus der DDR in Kauf nahm, war wegen offensichtlichen, unerträglichen Verstoßes gegen
elementare Gebote der Gerechtigkeit und gegen völkerrechtlich geschützte Menschenrechte nicht geeignet, die Täter zu rechtfertigen (BGHSt 40, 218, 232 m.w.N.). Diese für die vorsätzliche Tötung von Flüchtlingen entwickelten Grundsätze müssen auch auf den vorliegenden Fall Anwendung finden, in dem versucht wurde, eine Selbstschußanlage zu demontieren. Wenngleich es hier nicht um die Verhinderung einer Flucht aus der DDR im Einzelfall geht, steht das Tun des Angeklagten im Gesamtzusammenhang der Sicherung der eben beschriebenen Staatspraxis der DDR. Es muß daher der entsprechenden rechtlichen Bewertung unterfallen.
Die Verfolgung des Deliktes nach § 227 Abs. 1 i.V. mi t § 112 StGBDDR , das mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bedroht war und für das nach § 82 Abs. 1 Nr. 2 StGB-DDR eine Verjährungsfrist von fünf Jahren galt, ist jedoch mit Ablauf des 2. Oktober 2000 verjährt (§ 315a Abs. 2 EGStGB i.d.F. des 3. Verjährungsgesetzes vom 22. Dezember 1997, BGBl I 3223). Gleichzeitig ist die absolute Verjährung eingetreten (§ 78c Abs. 3 Satz 2 StGB i.V. mit Art. 315a Abs. 1 Satz 3 letzter Halbsatz EGStGB).
bb) Auch begründet es keinen durchgreifenden Rechtsfehl er, daß das Landgericht nicht erörtert hat, ob die Tat im Hinblick auf einen etwaigen Strafanspruch der Bundesrepublik Deutschland noch geahndet werden kann.
Im Ausgangspunkt zutreffend hat der Generalbundesanwalt darauf hingewiesen, daß ein Strafanspruch der Bundesrepublik Deutschland entstanden ist, der möglicherweise nicht verjährt sei. Indes greift dieser Gesichtspunkt im Ergebnis nicht durch.
(1) Allerdings findet auf die Tat das Strafrecht der Bundesrepublik Deutschland schon deshalb Anwendung, weil das Tatopfer ein Bürger der Bundesrepublik Deutschland sein sollte (§ 7 Abs. 1 StGB).
Danach kommt es auf die weiterhin vom Generalbundesanwa lt angestellte Erwägung im Ergebnis nicht an, daß sich die Anwendung des Strafrechts der Bundesrepublik Deutschland auch aus §§ 3, 9 Abs. 1 StGB etwa daraus ergeben könnte, daß der Angeklagte die Vorstellung gehabt hätte, es würde über die Grenze der DDR hinaus geschossen werden, so daß der Tatort (auch) in der Bundesrepublik Deutschland liegen sollte. Hierzu ist zu bemerken: Es liegt fern, daß der Angeklagte mit der Möglichkeit rechnete, die Tötung G s oder seiner Helfer würde auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgen. Vor dem Metallgitterzaun lag ein 30 Meter breiter zum Territorium der DDR gehöriger Geländestreifen. Die Planung ging dahin, G und seine Begleiter unmittelbar vor dem Zaun, also auf dem Gelände der DDR zu stellen. Dabei wollte man – offenbar zur Vermeidung politischer Komplikationen – Schüsse auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vermeiden. So wurde schon in der Besprechung am 24. April 1976 beschlossen, daß die Feuerführung parallel zur Staatsgrenze erfolgen sollte (UA S. 26). Ebenso heißt es im „Maßnahmeplan“ vom 26. April 1976: „Die Feuerführung erfolgt parallel zur Staatsgrenze“ (UA S. 35). Daß schließlich gleichwohl Schüsse auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschlugen, kann einen entsprechenden Vorsatz des Angeklagten nicht näherliegend erscheinen lassen.
(2) Eine nach dem Strafrecht der Bundesrepublik Deutschl and strafbare Tat wäre hier nur dann noch verfolgbar, wenn es sich um eine versuchte Anstiftung zu einem Mord (§ 30 Abs. 1 i.V. mit § 211 StGB) handeln würde (§ 78 Abs. 2 StGB). Indes ergibt sich aus den Feststellungen die versuchte Anstiftung zu einem Mord, zu dessen Begründung allein das Merkmal der Heimtücke in Betracht kommt, nicht.
Heimtückisch handelt, wer eine zum Zeitpunkt des Angriffs bestehende Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewußt zur Tat ausnutzt (Tröndle /Fischer, StGB 52. Aufl. § 211 Rdn. 16 m.N. der st. Rspr.). Jedoch entfällt die Arglosigkeit des Opfers dann, wenn es im Tatzeitpunkt mit einem schwe-
ren oder doch erheblichen Angriff gegen seine körperliche Unversehrtheit rechnet (BGHSt 33, 363, 365; BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 13, 27, 29; BGH NStZ-RR 2004, 14, 15). So liegt es hier. G und seine Helfer, die nach dem vorangegangenen zweimaligen Abbau von Minen eine höchste Wachsamkeit der DDR-Organe voraussetzten, rechneten – auf realer Grundlage und konkret – mit einem Angriff, als sie sich zu dritt scharf bewaffnet und mit geschwärzten Gesichtern, Händen und Turnschuhen der Grenze näherten. Ihre Skepsis steigerte sich, als U „verdächtige Geräusche wie ein metallisches Klicken oder Schritte gehört haben wollte“ (UA S. 45). Daher hebt das Landgericht zu Recht ausdrücklich hervor, daß sie „Argwohn“ hegten, gar als G gebückt mit gezogener und durchgeladener Pistole auf den Grenzknick zuschlich (UA S. 47). Nichts spricht für hiervon abweichende Vorstellungen des Angeklagten bei seinen Befehlen.
Die Verfolgung wegen versuchter Anstiftung zum Totschlag (§ 30 Abs. 1 i.V. mit § 212 StGB) ist verjährt. Die am 30. April 1976 beginnende Verjährungsfrist von 20 Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 StGB) endete am 29. April 1996. Diejenigen Vorschriften, die die Verjährung von nach dem Strafrecht der DDR begangenen Straftaten ergänzend regeln ([1.] Verjährungsgesetz vom 26. März 1993, BGBl I 392; 2. Verjährungsgesetz vom 27. September 1993, BGBl I 1657, und 3. Verjährungsgesetz vom 22. Dezember 1997, BGBl I 3223), berühren den nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland entstandenen Strafanspruch nicht, dessen Verjährung unter keinem Gesichtspunkt gehemmt ist. Die erste etwa unterbrechungstaugliche Handlung erfolgte mit der Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen den Angeklagten am 8. Juli 1996 (Sachakten Bd. V Bl. 464 ff.).
2. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils nach § 3 01 StPO führt jedoch zur Freisprechung des Angeklagten.

a) Allerdings hat das Landgericht ohne einen den An geklagten benachteiligenden sachlichrechtlichen Fehler zu den getroffenen Feststellungen und zu der rechtlichen Würdigung gefunden. Dabei hat es insbesondere die Planungen und organisatorischen Vorkehrungen der Organe der DDR und die dazu beitragenden Handlungen des Angeklagten rechtsfehlerfrei festgestellt. Namentlich ist es dabei ohne Rechtsfehler zu der Feststellung gelangt, daß die beteiligten Führungskräfte der DDR einschließlich des Angeklagten die – in den Dokumenten hinter dem Wort „vernichten“ kaum verborgene – Tötung G s und seiner Helfer für den Fall geplant hatten, daß diese Personen nicht würden festgenommen werden können (vgl. BVerfGE 95, 96, 139; BGHSt 40, 218, 223 f. und 241, 242).

b) Indes war nicht, wie geschehen, das Verfahren einzu stellen, sondern auf Freispruch zu erkennen. Dies holt der Senat – mit der geänderten Kostenfolge nach § 467 Abs. 1 StPO (vgl. BGH, Beschluß vom 4. Mai 2004 – 3 StR 126/04) – nach.
Kann bei tateinheitlichem oder sonst rechtlichem Zusamme ntreffen eines schwereren und eines leichteren Tatvorwurfs der schwerere nicht nachgewiesen werden und ist der leichtere wegen Vorliegens eines unbehebbaren Verfahrenshindernisses nicht mehr verfolgbar, so hat die Sachentscheidung Vorrang vor der Verfahrensentscheidung, weil der schwerer wiegende Vorwurf den Urteilsausspruch bestimmt (st. Rspr.: BGHSt 1, 231, 235; 7, 256, 261 und 13, 268; BGH GA 1959, 17; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985, 495; BGH, Beschluß vom 4. Mai 2004 – 3 StR 126/04; ebenso schon RGSt 66, 51; zustimmend das Schrifttum: Gollwitzer in Löwe /Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 260 Rdn. 103 bis 105; Schoreit in KK 5. Aufl. § 260 Rdn. 51; Meyer-Goßner, StPO 47. Aufl. § 260 Rdn. 46). So liegt es hier. Die dem Angeklagten durch die Anklage vorgeworfene vorsätzliche Tötung G s, Mord nach § 112 StGB-DDR, Totschlag nach § 212 StGB, die nicht verjährt wäre (vgl. nur BGHSt 42, 332, 336 m.w.N.), konnte nicht festgestellt werden. Die allein festgestellte erfolglose Aufforde-
rung zur Begehung einer Tat nach § 227 Abs. 1 i.V. mit § 112 StGB-DDR ist verjährt.
Basdorf Häger Raum Brause Schaal

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
5 StR 268/99
URTEIL
vom 22. Juni 2000
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 21. und 22. Juni 2000, an der teilgenommen haben:
Richterin Dr. Tepperwien
als Vorsitzende,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum
als beisitzende Richter,
Vorsitzender Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt T
als Verteidiger des Angeklagten S ,
Rechtsanwalt B ,
Rechtsanwalt L
als Verteidiger des Angeklagten R ,
Rechtsanwalt Le ,
Assessor P
als Verteidiger des Angeklagten G ,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 22. Juni 2000 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten G wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 19. November 1998 – soweit er verurteilt worden ist – aufgehoben. Die Revision der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten G wird verworfen. Der Angeklagte G wird insgesamt freigesprochen. Die Staatskasse hat seine notwendigen Auslagen zu tragen.
2. Auf die Revisionen der Angeklagten S und R wird das genannte Urteil mit den zugehörigen Feststellungen – soweit diese Angeklagten verurteilt worden sind – aufgehoben. Ausgenommen sind die Feststellungen zur Bestechung bzw. Bestechlichkeit und Untreue; diese bleiben aufrechterhalten. Insoweit werden die Revisionen der Angeklagten S und R verworfen.
3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das genannte Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben , soweit der Angeklagte R freigesprochen worden ist.
4. Im übrigen werden die Revisionen der Staatsanwaltschaft betreffend die Angeklagten S und R v erworfen. Insoweit hat die Staatskasse die diesen Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
5. Im Umfang der Aufhebung hinsichtlich der Angeklagten S undR wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten S wegen Bestechlichkeit in elf Fällen, jeweils zugleich wegen eines Verstoßes gegen das Berliner Datenschutzgesetz, in fünf Fällen zugleich wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und in einem weiteren Fall zugleich wegen Untreue zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Den Angeklagten R hat es wegen Bestechung, tateinheitlich begangen mit Anstiftung zum Verstoß gegen das Berliner Datenschutzgesetz , in sieben Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen. Der Angeklagte G wurde unter Freisprechung im übrigen wegen Anstiftung zum Verstoß gegen das Berliner Datenschutzgesetz in drei Fällen verwarnt (§ 59 StGB). Die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft – teilweise vertreten vom Generalbundesanwalt – haben in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

A.


Nach den Feststellungen des Landgerichts kam der Angeklagte R , der in Berlin eine Rechtsanwaltskanzlei betrieb, mit dem Angeklagten S , einem Polizeibeamten im Bundesgrenzschutz, durch von ihm bearbeitete Mandate in näheren Kontakt. Im Frühjahr 1997 vereinbarten sie in der Kanzlei des Angeklagten R , daß der Angeklagte S unter Aus-
schöpfung seiner dienstlichen Möglichkeiten dem Angeklagten R Wohnanschriften bzw. Aufenthaltsorte von Schuldnern oder Prozeßgegnern kurzfristig mitteilen sollte. Für entsprechende Informationen versprach R dem Angeklagten S geringfügige Geldbeträge von jeweils wenigstens 5,- DM. Der Angeklagte R wies seine Kanzleimitarbeiter wie auch den in seiner Kanzlei als freier Mitarbeiter tätigen Rechtsanwalt, den Angeklagten G , an, bei Fällen ungeklärter Wohn- und Geschäftsanschriften für diesbezügliche Ermittlungen auch den Angeklagten S z u beauftragen. In der Folgezeit kam es zwischen dem 27. August 1997 und Mai 1998 in insgesamt elf Fällen zu Ermittlungen von Wohnanschriften, Aufenthaltsorten und anderen persönlichen Verhältnissen von Schuldnern oder gegnerischen Parteien. Diese Informationen entnahm der Angeklagte S seinem Dienst-PC, der ihm einen Zugriff auf Datenbestände des Bundesgrenzschutzes ermöglichte. Teilweise erlangte er die Informationen auch durch sogenannte Zevis-PAnfragen (Zentrales Verkehrsinformationssystem), die er unter Verwendung falscher Tagebuchnummern über das Grenzschutzamt Frankfurt/Oder veranlaßte. In fünf Fällen, die das Landgericht jeweils als Vergehen der Verletzung des Dienstgeheimnisses gewertet hat, leitete er Mitteilungen über Inhaftierungen , bestehende Haftbefehle oder beglichene Steuerschulden an die Kanzlei des Angeklagten R weiter. In einem Fall stellte der Angeklagte S bei einer Mobilfunkbetreiberin unter Nennung einer Telefonnummer die Personalien des Anschlußnehmers fest, wobei er eine falsche Tagebuchnummer des Bundesgrenzschutzes verwandte mit der Folge, daß dem Bundesgrenzschutz für die Auskunft das Entgelt von 25,- DM in Rechnung gestellt wurde.
Die Anfragen veranlaßten entweder der Angeklagte R oder der Angeklagte G jeweils durch einen entsprechenden Vermerk in den Handakten , der dann von den Kanzleiangestellten umgesetzt wurde. Soweit der AngeklagteR in den Fällen 1, 2, 4 und 8 der Urteilsgründe freigesprochen wurde, ist das Landgericht davon ausgegangen, daß die Anfragen bei dem AngeklagtenS durch Kanzleibedienstete ohne einen konkreten
Auftrag R erfolgt sind. Der Angeklagte G kannte nach den Feststellungen des Landgerichts die Amtsträgereigenschaft des Angeklagten S nicht, sondern hatte lediglich Gerüchte erfahren, daß es sich um einen ehemaligen Polizeibeamten handele, der jetzt als Privatdetektiv tätig sei. Die Strafkammer ging jedoch davon aus, daß der Angeklagte G zumindest die Möglichkeit in seine Vorstellung aufgenommen hatte, daß der Angeklagte S sich die Daten ohne eine entsprechende Befugnis beschafft habe.

B.


Die Revisionen der Angeklagten führen im Fall des Angeklagten G zum Freispruch, hinsichtlich der AngeklagtenR und S haben sie teilweise Erfolg.

I.


Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht bei den Angeklagten R und S ein Vergehen nach dem Berliner Datenschutzgesetz angenommen und den Angeklagten S zudem wegen fünf tateinheitlich begangener Vergehen der Verletzung des Dienstgeheimnisses verurteilt.
1. Ein Vergehen nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Berliner Datenschutzgesetz liegt nicht vor, weil dieses Gesetz im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Das Berliner Datenschutzgesetz richtet sich nach der dortigen Vorschrift § 2 Abs. 1 nur an die Behörden des Landes Berlin. Insoweit ist das Berliner Datenschutzgesetz (BlnDSG) in Abgrenzung zum Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zu sehen, das wiederum als seinen Anwendungsbereich die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen des Bundes regelt (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 BDSG). Da der Angeklagte S dem Bundesgrenzschutz und damit einer Behörde des Bundes im Sinne des § 2 Abs. 1 BDSG (vgl. Dammann in Simitis, BDSG
4. Aufl. § 2 Rdn. 27) angehört, ist für die Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten durch ihn das Bundesdatenschutzgesetz anwendbar. Selbst wenn der Angeklagte S , der im wesentlichen auf die Datenbestände des Bundesgrenzschutzes und über das Grenzschutzamt Frankfurt /Oder auf solche des zentralen Verkehrsinformationssystems zugegriffen hat, nach den Feststellungen des Landgerichts im Fall 4 durch eine telefonische Anfrage beim Landeseinwohneramt Berlin die Daten „ergänzt“ und im Fall 9 eine Adresse auf dem Dienstweg über das Landeseinwohneramt Berlin ermittelt hat, könnte eine unbefugte Nutzung dieser Datenbestände der Berliner Landesbehörden nicht den Anwendungsbereich des Berliner Datenschutzgesetzes begründen. Maßgeblich für das anwendbare Recht ist nämlich nicht die verwaltungsrechtliche Zuordnung des Datenbestandes, sondern diejenige des handelnden Anwenders.
2. Soweit die Angeklagten im vorliegenden Fall gegen § 43 BDSG verstoßen haben könnten, liegen die nach § 43 Abs. 4 BDSG erforderlichen Strafanträge nicht vor, so daß insoweit derzeit ein Verfahrenshindernis besteht.

a) Die Strafantragsberechtigung bestimmt sich, weil das Bundesdatenschutzgesetz insoweit keine spezialgesetzliche Regelung enthält, nach der allgemeinen Norm des § 77 Abs. 1 StGB. Danach ist der Verletzte strafantragsbefugt. Wer im Sinne dieser Vorschrift Verletzter ist, richtet sich danach , wer Träger des geschützten Rechtsgutes ist (Jähnke in LK 11. Aufl. § 77 Rdn. 23). Damit hängt die Antragsberechtigung davon ab, in wessen durch den Straftatbestand geschützten Rechtskreis unmittelbar eingegriffen wurde. Das Bundesdatenschutzgesetz enthält in § 1 Abs. 1 eine ausdrückliche Bestimmung seines Schutzzweckes. Danach ist der Zweck dieses Gesetzes , den einzelnen davor zu schützen, daß er durch den Umgang mit seinen personenbezogen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird. Diesem (alleinigen) Schutzzweck des Gesetzes entspricht es, nur der jeweils berührten Person, über deren Daten verfügt wird, eine Strafantrags-
berechtigung einzuräumen. Verletzte im Sinne des § 77 Abs. 1 StGB sind mithin nur diejenigen Personen, über deren personenbezogene Daten der Angeklagte S Auskunft gegeben hat. Diese Personen haben – soweit ersichtlich – bislang keinen Strafantrag gestellt. Ob und gegebenenfalls wann sie jeweils von einer gegen sie gerichteten Straftat Kenntnis erlangt haben, (vgl. § 77b Abs. 2 StGB), kann der Senat aus den Akten nicht ersehen.

b) Der Ermächtigung zur Strafverfolgung durch den Bundesminister des Inneren nach § 353b Abs. 4 Nr. 2 lit. a StGB kann kein Strafantrag nach § 43 Abs. 4 BDSG entnommen werden. Als Oberste Bundesbehörde und Aufsichtsbehörde des Bundesgrenzschutzes repräsentiert der Bundesminister des Inneren zwar den sogenannten „Herrn der Daten“. Auch wenn – gleichsam als zwingende Folge – damit die gesetzliche Aufgabe verbunden ist, den zugunsten des einzelnen durch das Bundesdatenschutzgesetz vorgesehenen Schutz zu gewährleisten, begründet dies zwar beim Bundesgrenzschutz eine Schutzverpflichtung, aber keine eigenständige geschützte Rechtsstellung (Jähnke aaO § 77 Rdn. 28; Dammann aaO § 43 BDSG Rdn. 55; Auernhammer, BDSG, 3. Aufl. § 43 Rdn. 18). Wäre nämlich eine Strafverfolgung aufgrund einer Antragsberechtigung von dritter Seite möglich , müßte der Betroffene unter Umständen gegen seinen Willen durch die Strafverfolgung eine weitere Perpetuierung der Verletzung seines Persönlichkeitrechts hinnehmen. Der Bundesgesetzgeber hat deshalb auch – anders als das Land Berlin – davon abgesehen, dem Datenschutzbeauftragten ein Antragsrecht einzuräumen.

c) Eine Zurückverweisung der Sache zwecks Feststellung der Verfahrensvoraussetzungen ist auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Tatbestand des § 43 BDSG erkennbar nicht erfüllt wäre. Nach den bisher getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht entscheiden, ob von dem Angeklagten S übermittelte personenbezogene Daten offenkundig und damit von der Strafvorschrift des § 43 Abs. 1 BDSG nicht erfaßt waren.
Offenkundig sind solche Daten, von denen verständige Menschen regelmäßig Kenntnis haben oder über die sie sich aus zuverlässigen Quellen ohne besondere Sachkunde sicher unterrichten können (Dammann aaO Rdn. 14; Auernhammer aaO Rdn. 3). Fraglos zählen zu den ohne weiteres zu erlangenden Daten solche Informationen, die Gegenstand einer einfachen Melderegisterauskunft gemäß § 21 Abs. 1 MRRG sein können, die auf Antrag grundsätzlich jedem zu gewähren ist (vgl. ferner – sehr weitgehend – BayObLG NJW 1999, 1727 f.; OLG Hamburg NStZ 1998, 358; Dammann aaO Rdn. 14).
In keinem der vorliegenden Fälle hat das Landgericht Feststellungen dazu getroffen, ob die weitergegebenen Anschriften oder Aufenthaltsorte sich auch über eine entsprechende Anfrage bei den Meldebehörden hätten ermitteln lassen. Die auf Veranlassung des Angeklagten R v om Angeklagten S durchgeführten Ermittlungen gingen aufgrund ihrer konkreten Verwendungszwecke über die bloße Feststellung der Meldeanschriften der Betroffenen hinaus. Diese waren für die vom Angeklagten R verfolgten Ziele nicht ohne weiteres ausreichend. Ihm ging es grundsätzlich um die erfolgreiche Bewirkung von Zustellungen oder Vollstreckungsmaßnahmen. Beides setzt die Kenntnis des tatsächlichen Aufenthaltsortes voraus, der insoweit nach §§ 180 ff. ZPO und §§ 758 f. ZPO maßgebend ist, ohne daß es auf die polizeiliche An- und Abmeldung ankäme (vgl. BGH NJW 1978, 1858; Paulus in Wieczorek/Schütze, ZPO 3. Aufl. § 758 Rdn. 6 ff.). Auf die Feststellung der danach maßgeblichen Aufenthaltsorte bezogen sich die Erhebungen des Angeklagten S .
3. Hinsichtlich des Angeklagten S begegnet die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener fünf Vergehen der Verletzung des Dienstgeheimnisses gleichfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte in den genannten Fällen bezüglich einzelner Prozeßgegner oder Schuldner der
Kanzlei des Angeklagten Inhaftierungen einschließlich der Gefangenenbuchnummer und der Haftdauer bzw. bestehende Vollstreckungshaftbefehle einschließlich der zugrundeliegenden Taten mitgeteilt. In einem Fall (Fall 8) hatte er in Erfahrung gebracht, daß der dortige Schuldner Steuerschulden beglichen habe und im Datenbestand des Bundeskriminalamts erfaßt sei; auch diese Information hatte er an die Anwaltskanzlei weitergeleitet. Die in diesen Fällen mitgeteilten Daten haben – wovon das Landgericht zutreffend ausgeht – Geheimnischarakter im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB. Sie enthielten personenbezogene Umstände, die vertraulich und nicht über einen begrenzten Personenkreis hinaus bekannt waren (vgl. BGHSt 10, 108 f.; Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 353b Rdn. 7). Seine Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit ergab sich für den Angeklagten S aus der Regelung des § 61 Abs. 1 BBG.

b) Allerdings hat die Strafkammer die Prüfung unterlassen, ob durch die Übermittlungen wichtige öffentliche Interessen gefährdet wurden. Daß die Kenntnis des Angeklagten R v on den vorgenannten Umständen keine wichtigen öffentlichen Interessen gefährdete, sondern allenfalls Interessen der Betroffenen, liegt im vorliegenden Fall auf der Hand (vgl. zur Weitergabe solcher privaten Geheimnisse auch OLG Düsseldorf NJW 1982, 2883 f.; OLG Köln GA 1973, 57 f.).
Eine Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB käme allenfalls mittelbar in Betracht, wenn durch das Offenbaren der Daten das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des Bundesgrenzschutzes beeinträchtigt wäre. Eine solche mittelbare Gefährdung kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes grundsätzlich ausreichen (vgl. BGHSt 11, 401, 404 f.; kritisch hierzu Lenckner in Schönke /Schröder, StGB 25. Aufl. § 353b Rdn. 9).
Die Gefährdung der öffentlichen Interessen ist allerdings auch im Falle mittelbarer Gefährdung immer anhand der Besonderheiten des Einzelfalls zu
beurteilen. Dies ist erforderlich, um dem Merkmal der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen seinen eigenständigen Bedeutungsgehalt zu erhalten. Nähme man bei jeder Weitergabe von Dienstgeheimnissen im Falle ihrer Aufdeckung immer einen wichtige öffentliche Interessen gefährdenden Vertrauensverlust an, entfiele die Korrekturfunktion, die diesem Tatbestandsmerkmal zukommt. Dies wäre nicht mit dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers vereinbar. Wie sich schon aus der Beifügung des Adjektivs „wichtig“ ergibt, sollen nur solche Verletzungen eines Dienstgeheimnisses pönalisiert werden, durch deren Preisgabe die Aufgabenerfüllung der Behörde ernstlich beeinträchtigt ist. Da Geheimnisverletzungen von Behördenbediensteten grundsätzlich nach § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbewehrt sind, entstehen auch bei einer tatbestandseinengenden Auslegung des Merkmals der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen keine Strafbarkeitslücken.
Die hiernach gebotene Gesamtabwägung kann im vorliegenden Fall nicht zur Annahme einer Gefährdung öffentlicher Interessen führen. Im Rahmen der Prüfung eines etwaigen Vertrauensverlustes des Bundesgrenzschutzes in der Öffentlichkeit müssen Inhalt und Umfang der geheimhaltungsbedürftigen Daten, deren in Aussicht genommene Verwendung und die Person des Amtsträgers Berücksichtigung finden. Bei dem Angeklagten S handelte es sich um einen jungen Berufsanfänger in untergeordneter Stellung. Die von ihm übermittelten Informationen sollten ausschließlich dazu verwandt werden, die jeweiligen Aufenthaltsorte von Schuldnern und Prozeßgegnern zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche festzustellen und sollten keinem größeren Personenkreis zugänglich gemacht werden. Bei solcher Zweckbestimmung führt auch die Preisgabe möglicherweise kompromittierender Daten grundsätzlich noch nicht zu einer Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen.
Auch unter Berücksichtigung des von der Staatsanwaltschaft angeführten hohen Stellenwerts, der dem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf informationelle Selbstbestimmung der in staatlichen Dateien erfaßten
Personen zukommt, ist aufgrund der genannten Umstände des Einzelfalls auszuschließen, daß hier in der Öffentlichkeit ein erheblicher Verlust an Vertrauen in die Rechtstreue des Bundesgrenzschutzes eingetreten wäre, der zu einer Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen geführt hätte. Der Umstand , daß es sich um eine Mehrzahl von Fällen handelt, führt vorliegend ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis.

c) Soweit bei dem Angeklagten S anstelle einer Strafbarkeit nach § 353b StGB eine solche nach § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB in Betracht kommt, fehlt es ebenso wie hinsichtlich des § 43 BDSG am erforderlichen Strafantrag. Antragsberechtigt ist auch hier nur der Verletzte (vgl. dazu Jähnke aaO § 77 Rdn. 28; Tröndle/Fischer aaO § 205 Rdn. 4; vgl. auch BGHZ 115, 123, 125 und BGHZ 122, 115, 117 zum Schutzzweck von § 203 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 StGB; differenzierend Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 205 Rdn. 5).

II.


Die Schuldsprüche gegen den Angeklagten S wegen Bestechlichkeit und Untreue sowie gegen den Angeklagten R wegen Bestechung weisen keinen Rechtsfehler auf. Der Senat, der die Schuldsprüche allein wegen der rechtsfehlerhaften tateinheitlichen Verurteilungen nach dem Berliner Datenschutzgesetz insgesamt aufheben muß, hält daher die den Verurteilungen aus den Straftatbeständen des Strafgesetzbuch zugrunde liegenden Feststellungen aufrecht. Soweit der Angeklagte R v erfahrensrechtlich die Nichteinhaltung von Wahrunterstellungen im Zusammenhang mit seinem Bestechungsvorsatz beanstandet, hat er jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.
1. Bei dem Angeklagten S hat das Landgericht zutreffend die Voraussetzungen von Bestechlichkeit gemäß § 332 Abs. 1 StGB bejaht.

a) Jede Weitergabe der ermittelten Anschriften und Aufenthaltsorte, die den Gegenstand der zwischen den Angeklagten R und S getroffenen Absprache bildete, war eine pflichtwidrige Diensthandlung. Angaben zu Anschriften, Kfz-Halterfeststellungen wie auch Erkundigungen zu bestehenden Haftbefehlen betreffen personenbezogene Daten im Sinne der Begriffsbestimmung nach § 3 Abs. 1 BDSG, weil sie Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten Person enthalten. Ob diese Daten anderweitig ebenfalls zu ermitteln sind und mit welchem Aufwand dies geschehen kann, ist für diese Einordnung nicht relevant. Die Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten ist nach § 4 Abs. 1 BDSG nur dann zulässig, wenn eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage dies ausdrücklich zuläßt oder der Betroffene einwilligt. Die für die Tätigkeit des Angeklagten maßgeblichen Rechtsvorschriften des Gesetzes über den Bundesgrenzschutz enthalten keinen entsprechenden Erlaubnistatbestand. Vielmehr darf eine Übermittlung der Daten nach § 32 BGSG grundsätzlich nur unter den dort bezeichneten Voraussetzungen an öffentliche Stellen erfolgen. Lediglich unter den strengen Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 BGSG, die im vorliegenden Fall ersichtlich nicht erfüllt sind, können personenbezogene Daten auch an nichtöffentliche Stellen weitergegeben werden.
Entgegen der Auffassung der Verteidigung stellen die Handlungen des Angeklagten jeweils eine Diensthandlung dar. Eine solche liegt bereits dann vor, wenn die Handlung zu den dienstlichen Obliegenheiten des Amtsträgers gehört (BGHSt 31, 264, 280; vgl. auch BGH NStZ 1998, 194). Zu dem Tätigkeitskreis des Angeklagten, der als Polizeibeamter Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. a StGB ist, zählte die polizeiliche Ermittlungsarbeit, weil der Angeklagte S der Ermittlungsgruppe „Wertzeichenfälschung“ zugeordnet war. Insoweit bildete der Umgang mit dem polizeilichen Datenbestand einen wesentlichen Teil seines polizeilichen Arbeitsgebietes. Im übrigen begeht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine pflichtwidrige Diensthandlung im Sinne des § 332 StGB nicht nur derjenige,
der eine Tätigkeit vornimmt, die an sich in den Kreis seiner Amtspflichten fällt, sondern auch, wer seine amtliche Stellung dazu mißbraucht, eine durch die Dienstvorschriften verbotene Handlung vorzunehmen, die ihm gerade seine amtliche Stellung ermöglicht. Ein solcher Mißbrauch ist keine Privattätigkeit , sondern eine pflichtwidrige Amtshandlung (BGHR StGB § 332 Abs. 1 Satz 1 – Diensthandlung 1 m.w.N.; entgegen der Ansicht der Verteidigung zu weitgehend RGSt 16, 42). Schon der dem Angeklagten S nach seiner Dienststellung mögliche Zugriff auf die Datensammlungen des Bundesgrenzschutzes erfüllt deshalb im hier vorliegenden Fall seiner mißbräuchlichen Ausnutzung das Merkmal der pflichtwidrigen Diensthandlung.

b) Der Angeklagte S hat hierfür auch einen Vorteil erhalten. Vorteil im Sinne des § 332 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung jede Leistung, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche , rechtliche oder auch nur seine persönliche Lage objektiv verbessert (BGHSt 31, 264, 279; 33, 336, 339; 35, 128, 133; BGHR StGB § 332 Abs. 1 Satz 1 – Vorteil 5). Hier erlangte der Angeklagte S für jede Auskunft wenigstens 5,- DM. Die Zahlungen stellten auch jeweils echte Gegenleistungen dar. Sie waren kein bloß vermögensrechtlich neutraler Aufwendungsersatz , weil Aufwendungen allenfalls der Dienstbehörde, nicht aber dem Angeklagten S entstanden waren.
2. Die Ausführungen des Landgerichts zu der von dem Angeklagten R begangenen Bestechung gemäß § 334 StGB in sieben Fällen sind ohne sachlichrechtlichen Fehler. Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Diensthandlungen und der Vorteilsgewährung gelten die vorstehenden Ausführungen bezüglich des Angeklagten S entsprechend. Soweit der Angeklagte – teilweise mit urteilsfremdem Vorbringen – dartun will, daß er keine Kenntnis von der Inanspruchnahme dienstlicher Datensammlungen hatte, kann er hiermit im Revisionsverfahren nicht gehört werden. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten R undS nämlich übereingekommen, daß der AngeklagteS
Aufenthaltsorte und Anschriften unter Ausschöpfung seiner dienstlichen Möglichkeiten und unter Inanspruchnahme der verfügbaren EDV-Anlagen ermitteln werde. Die dem zugrunde liegende Beweiswürdigung beruht auf einer Gesamtbewertung von Indizien, die mit Wahrunterstellungen zu einzelnen Punkten nicht unvereinbar ist.

III.


Das landgerichtliche Urteil hält bezüglich des Angeklagten G rechtlicher Überprüfung nicht stand. Auf seine Revision war der Angeklagte G – dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend – freizusprechen.
Nach den Feststellungen des Landgerichts kannte der Angeklagte G die Amtsträgereigenschaft des Angeklagten R nicht. Soweit das Landgericht jedenfalls einen bedingten Vorsatz des Angeklagten G dahingehend annimmt, daß der Angeklagte S ohne entsprechende Befugnisse die Daten erlangt habe, stellt dies eine bloße Vermutung dar, auf die eine Verurteilung nicht gestützt werden kann (vgl. BGHR StPO § 261 – Überzeugungsbildung 26). Für diese Folgerung nennt das Urteil keine Tatsachengrundlage. Eine solche ist auch den Gesamtumständen nicht zu entnehmen. In den dem Angeklagten G im Urteil zur Last gelegten Fällen (1, 2 und 3) ging es lediglich um Adressenermittlungen, die dieser veranlaßt hatte. Solche sind auch auf legalem Wege durchführbar. Insoweit ist es eher fernliegend, allein aus dem Gegenstand der Auftragserteilung auf einen strafrechtlich relevanten Vorsatz zu schließen. Da hinsichtlich dieses Angeklagten keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind, war er vom Senat freizusprechen.

C.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben nur hinsichtlich des Angeklagten R teilweise Erfolg; im übrigen sind sie unbegründet.

I.


Das landgerichtliche Urteil begegnet durchgreifenden Bedenken, soweit der Angeklagte R freigesprochen wurde. Insoweit dringt die von der Staatsanwaltschaft erhobene Sachrüge durch, auf die zugleich erhobenen Aufklärungsrügen kommt es danach nicht an.
1. Das Landgericht hat den Freispruch des Angeklagten R hinsichtlich der Fälle 1, 2, 4 und 8 damit begründet, daß ein konkretes Tätigwerden des Angeklagten nicht nachgewiesen werden konnte. Damit hat es seiner umfassenden Kognitionspflicht nicht genügt. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte R freie Mitarbeiter wie auch Kanzleibedienstete angewiesen, in Fällen ungeklärter Wohn- oder Geschäftsanschriften zu deren Ermittlung den Angeklagten S z u beauftragen. Damit hätte sich das Landgericht in den Fällen, in denen eine unmittelbare Veranlassung durch den Angeklagten R nicht gegeben war, jedenfalls mit der naheliegenden Möglichkeit einer Bestechung in mittelbarer Täterschaft (§ 25 Abs. 1, 2. Alt. StGB) befassen müssen.
Die Angeklagten R und S hatten eine allgemeine Absprache über entsprechende Anschriftenermittlungen gegen Entgelt getroffen. Innerhalb seines Kanzleibetriebes hatte der Angeklagte R aufgrund einer generellen Anordnung die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß durch sein Personal der Angeklagte S dann auch beauftragt wurde. Dabei kam es ihm – zumal solche Adressenermittlungen typischerweise durch das Personal und nicht den Inhaber einer Anwaltskanzlei durchgeführt werden – maßgeblich auch darauf an, den Bereich der Adressenermittlung kostensparend und effektiv möglichst ohne Befassung seiner eigenen Person geregelt zu
wissen. Der Angeklagte R setzte damit – durch einen einzigen Organisationsakt (vgl. BGHR StGB § 52 – Handlung, dieselbe 29) – die Rahmenbedingungen für die Aktivitäten seines Kanzleipersonals und hatte mithin auch eine vom Täterwillen getragene Tatherrschaft, weshalb es offenbleiben könnte, ob sein Kanzleipersonal seinerzeit in Kenntnis der Amtsträgereigenschaft des Angeklagten S diesem Aufträge erteilt hatte (vgl. BGHSt 43, 219, 232; 40, 218, 235 f.).
2. Soweit das Landgericht in den Fällen 6 und 11 hinsichtlich des Angeklagten R ein Vergehen der Anstiftung zur Verletzung von Dienstgeheimnissen verneint hat, bleibt die Revision der Staatsanwaltschaft erfolglos, da es insoweit – wie oben ausgeführt – an einer Haupttat fehlt.
Vergehen der Anstiftung zur Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 Abs. 2 Nr. 1, § 26 StGB – für die auch hier der Strafantrag fehlen würde – kommen beim Angeklagten R gleichfalls nicht in Betracht. Es mangelt jedenfalls am erforderlichen Vorsatz. Der Angeklagte R hatte jeweils nur Interesse, mögliche Zustellungsanschriften in Erfahrung zu bringen, welche er für die Rechtsverfolgung benötigte. Auf mit den jeweiligen Anschriften einhergehende Begleitumstände kam es ihm nicht an.

II.


Die Revision der Staatsanwaltschaft – insoweit vom Generalbundesanwalt nicht vertreten – bleibt im Hinblick auf den Angeklagten G ohne Erfolg. Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob der vom Landgericht angeführte fehlende sichere Nachweis einer konkreten Beauftragung durch den AngeklagtenG einen Freispruch in den Fällen 4 und 8 der Urteilsgründe zu tragen vermag. Da der Angeklagte G nach den Feststellungen des Landgerichts kein Wissen bezüglich einer Amtsträgerschaft des Angeklagten S hatte und bei ihm damit – wie oben ausgeführt – auch kein entsprechender Vorsatz bestand, kommt es auf eventuelle Auftragserteilun-
gen nicht an. Schon deshalb dringt auch die von der Staatsanwaltschaft erhobene Aufklärungsrüge nicht durch.

III.


Die gegen den Rechtsfolgenausspruch bezüglich der Angeklagten S und R gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.
1. Der Rechtsfolgenausspruch gegen den Angeklagten S enthält keinen Rechtsfehler zu dessen Vorteil.

a) Allerdings liegen bei dem Angeklagten S die Voraussetzungen des Regelbeispiels des § 335 Abs. 2 Nr. 2 StGB vor (vgl. zu dieser Norm – teils kritisch – Tröndle/Fischer aaO § 335, Rdn. 8 f.). Da bereits dem Ausgangsfall eine Abrede fortgesetzter Begehung zugrunde lag, sieht der Senat keinen Hinderungsgrund, hier schon vom ersten Fall an die Voraussetzungen des Regelbeispiels zu bejahen.

b) Rechtsfehlerhaft ist nicht, daß das Landgericht bei dem Angeklagten S – mit Ausnahme des Falles 9 – jeweils nur die sich aus dem Strafrahmen des § 335 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB ergebende Mindeststrafe von einem Jahr verhängt hat. Im Gegenteil war es sogar rechtsfehlerhaft, daß der Tatrichter – wenngleich das Regelbeispiel des § 335 Abs. 2 Nr. 2 StGB vorlag – einen besonders schweren Fall nach § 335 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB überhaupt angenommen hat. Abgesehen davon, daß die Voraussetzungen eines tateinheitlichen Vergehens nach § 353b StGB in keinem Fall erfüllt sind, war der Tatrichter vielmehr in jedem Fall gehalten, angesichts des geringen finanziellen Gewinns des Angeklagten S und der Verwendung der von ihm gelieferten Daten für eine an sich legale Rechtsdurchsetzung, abweichend von der Regel die Strafen dem Strafrahmen des § 332 Abs. 1 StGB zu entnehmen.

c) Die dem Angeklagten S zugebilligte Strafaussetzung zur Bewährung hat das Landgericht rechtsfehlerfrei begründet. § 56 Abs. 3 StGB stand hier einer Strafaussetzung zur Bewährung offensichtlich nicht entgegen. Zwar wird häufig die berufliche Stellung eines Angeklagten, wenn sie zur Tatbegehung mißbraucht wurde, entsprechende Darlegungen erfordern (vgl. BGHR StGB § 56 Abs. 3 – Verteidigung 6). Dies besagt aber nicht, daß die Strafaussetzung zur Bewährung für verschiedene Berufsgruppen generell ausgeschlossen wäre. Angesichts der zahlreichen für den Angeklagten S s prechenden Umstände bedurfte es einer Erörterung des § 56 Abs. 3 StGB im vorliegenden Fall nicht.
2. Auch der Strafausspruch gegen den Angeklagten R weist keinen Rechtsfehler zu dessen Vorteil auf.

a) Entgegen der Auffassung der Revision der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht rechtsfehlerfrei das Vorliegen des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit nach § 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB verneint. Zwar kann auch der Bestechende selbst gewerbsmäßig handeln, wenn seine Tat auf Einnahmen aus der rechtswidrigen Diensthandlung abzielt (BGHR StGB § 335 Abs. 2 Nr. 3 – Gewerbsmäßig 1; Tröndle/Fischer aaO § 335 Rdn. 10). Die hier in Rede stehenden geringen Beträge rechtfertigen aber die Annahme der Gewerbsmäßigkeit nicht.

b) Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht beim Angeklagten R einen minder schweren Fall nach § 334 Abs. 1 Satz 2 StGB angenommen. Soweit das Landgericht angeführt hat, daß der Angeklagte R zur Durchsetzung berechtigter Ansprüche gehandelt habe und von dem bisher nicht vorbestraften Angeklagten als „Bestechungsgelder“ lediglich kleinere Beträge aufgewandt worden seien, sind diese Gesichtspunkte geeignet, einen nach dem gesamten Tatbild von den gewöhnlich vorkommenden Durchschnittsfällen abweichenden Sachverhalt zu indizieren, der die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens begründen kann. Dabei steht der Anwendung eines
minder schweren Falls aus den vorgenannten Gründen nicht entgegen, daß in der Person des Angeklagten S das Regelbeispiel des § 335 Abs. 2 Nr. 2 StGB verwirklicht ist.

D.


In der neuen Hauptverhandlung wird zu erwägen sein, inwieweit der begrenzten Bedeutung der Sache und der inzwischen eingetretenen, von den Angeklagten nicht zu vertretenden, weiteren Verfahrensverzögerung durch Verfahrensbeschränkungen nach §§ 154, 154a StPO in angemessener Weise Rechnung getragen werden kann.
Tepperwien Häger Basdorf Gerhardt Raum

(1) Wer ein Geheimnis, das ihm als

1.
Amtsträger,
2.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,
3.
Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt oder
4.
Europäischer Amtsträger,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Hat der Täter durch die Tat fahrlässig wichtige öffentliche Interessen gefährdet, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer, abgesehen von den Fällen des Absatzes 1, unbefugt einen Gegenstand oder eine Nachricht, zu deren Geheimhaltung er

1.
auf Grund des Beschlusses eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes oder eines seiner Ausschüsse verpflichtet ist oder
2.
von einer anderen amtlichen Stelle unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Verletzung der Geheimhaltungspflicht förmlich verpflichtet worden ist,
an einen anderen gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(3a) Beihilfehandlungen einer in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 der Strafprozessordnung genannten Person sind nicht rechtswidrig, wenn sie sich auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung des Geheimnisses oder des Gegenstandes oder der Nachricht, zu deren Geheimhaltung eine besondere Verpflichtung besteht, beschränken.

(4) Die Tat wird nur mit Ermächtigung verfolgt. Die Ermächtigung wird erteilt

1.
von dem Präsidenten des Gesetzgebungsorgans
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einem oder für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1;
2.
von der obersten Bundesbehörde
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit sonst bei einer oder für eine Behörde oder bei einer anderen amtlichen Stelle des Bundes oder für eine solche Stelle bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2, wenn der Täter von einer amtlichen Stelle des Bundes verpflichtet worden ist;
3.
von der Bundesregierung in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einer Dienststelle der Europäischen Union bekannt geworden ist;
4.
von der obersten Landesbehörde in allen übrigen Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 2.
In den Fällen des Satzes 2 Nummer 3 wird die Tat nur verfolgt, wenn zudem ein Strafverlangen der Dienststelle vorliegt.