Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juni 2013 - 1 StR 48/13

bei uns veröffentlicht am12.06.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 48/13
vom
12. Juni 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
____________________________
Auslegung der Übergangsvorschrift zum Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung
des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung.
BGH, Urteil vom 12. Juni 2013 - 1 StR 48/13 - LG Traunstein
in der Strafsache
gegen
wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Juni 2013,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender,
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke,
Zeng,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 25. September 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Antrag der Staatsanwaltschaft auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen den Verurteilten H. (im Folgenden H.) zurückgewiesen.
2
Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt.
3
Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg. Eines Eingehens darauf, ob die Staatsanwaltschaft inhaltlich auch eine Verfahrensrüge (§ 275a Abs. 4 Satz 2 StPO) erhoben hat, bedarf es daher nicht.

I.

4
Prozessgeschichte:
5
Das Landgericht Traunstein hatte H. durch Urteil vom 1. Oktober 2004 wegen Mordes in Tateinheit mit Diebstahl mit Waffen unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Rosenheim vom 15. Dezember 2003 zu einer Jugendstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt.
6
Die hiergegen eingelegte Revision des H. hat der Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 1. März 2005 (1 StR 44/05) gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
7
H. war in diesem Verfahren am 9. Januar 2004 vorläufig festgenommen worden und befand sich zunächst in Untersuchungshaft und dann in Strafhaft.
8
Als Entlassungstermin nach vollständiger Verbüßung der Jugendstrafe von neun Jahren und sechs Monaten ist der 7. Juli 2013 vorgemerkt.
9
Die Staatsanwaltschaft hat mit Antrag vom 5. Juni 2012 die nachträgliche Unterbringung des H. in der Sicherungsverwahrung gemäß § 7 Abs. 2 JGG (aF) beantragt. Das Landgericht hat ohne Einholung von Sachverständigengutachten Hauptverhandlung anberaumt, da es "rechtliche Bedenken hinsichtlich einer wirksamen gesetzlichen Grundlage für die beantragte nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung habe".

II.

10
Dem rechtskräftigen Urteil vom 1. Oktober 2004 liegt folgendeAnlasstat zugrunde:
11
Der zur Tatzeit (7. Januar 2004) 19 Jahre und neun Monate alte H. beschloss mit seiner damaligen Verlobten (im Folgenden V.) nachts in eine Pizzeria einzubrechen, um dort das Geld aus den beiden vorhandenen Spielautomaten zu entwenden. Zur Durchführung der Tat nahmen sie zwei große Messer, zwei Hämmer und eine Stablampe mit. H. kletterte durch ein eingeschlagenes Fenster in das Lokal und bemerkte, dass entgegen ihren Erwartungen die Wirtin anwesend war und auf einer Eckbank schlief. Er ließ V. ein, wobei die Wirtin erwachte und durch das Lokal lief. H. sprang sie von hinten an, umklammerte sie und hielt ihr Mund und Nase zu, um sie am Schreien zu hindern.
12
Als die Wirtin sich heftig wehrte, stach H. ihr zweimal mit dem Messer seitlich in den Bauch. Ihr gelang es, H. das Messer aus der Hand zu schlagen. H., der davon ausging von der Wirtin als Stammgast erkannt worden zu sein, verlangte von V. die Hergabe des zweiten Messers. Dieses rammte er der Wirtin von unten in Richtung Herzgegend in den Bauch und traf dabei bereits das Herz. Er zog das Messer leicht zurück und rammte es nochmal heftig in ihr Herz. Die Wirtin erlitt tödliche Verletzungen. Als sie am Boden lag, brachte ihr H. noch mindestens drei Schnitte in der Halsgegend bei. Einer dieser Schnitte war so tief, dass er den gesamten Hals bis zur Wirbelsäule durchtrennte. Er schnitt ihr darüber hinaus noch beide Pulsadern auf. H. und V. nahmen dann Geld aus einem Geldbeutel und aus einem der beiden von H. mit einem Hammer aufgeschlagenen Spielautomaten mit.
13
H. war zur Tatzeit weder aufgrund vorhergegangenen Alkoholkonsums noch aufgrund einer psychischen Erkrankung in seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit beeinträchtigt.

III.

14
Im jetzigen Verfahren (wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung) hat das Landgericht im angefochtenen Urteil unter anderem folgende Feststellungen getroffen:
15
Im Vollzug ist H. disziplinarisch zweimal in Erscheinung getreten. Zum externen Drogenberater nahm er mehrfach Kontakt auf. In einem Prognosegutachten von Anfang 2010 für die Strafvollstreckungskammer wird unter Einbeziehung eines Zusatzgutachtens von 2009 festgestellt, bei H. bestehe die Gefahr , dass dessen durch die Anlasstat zutage getretene Gefährlichkeit fortbestehe ; die Kombination diverser Stressoren stelle ein erhebliches Rückfallrisiko dar. Die baldige Aufnahme einer Behandlung im Rahmen einer sozialtherapeutischen Abteilung für Gewaltstraftäter sei notwendig.
16
Als Diagnose sei zu stellen: Schädlicher Gebrauch von Alkohol nach ICD-10, F. 10.1 sowie Nikotinabhängigkeit nach ICD-10, F. 17.25. Außerdem seien selbstunsichere, schizoide und dissoziale Persönlichkeitszüge vorhanden , die aber (noch) nicht das Ausmaß einer (kombinierten) Persönlichkeitsstörung erreichten. Bei H. bestehe keine ausreichende Therapiemotivation für die erforderlichen gruppentherapeutischen Maßnahmen. H. sei auch durch "übersexualisiertes Verhalten" aufgefallen. Die Justizvollzugsanstalt könne jedoch eine abschließende Bewertung der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 JGG (aF) nicht abgeben.

IV.

17
Das Landgericht hat den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 7 Abs. 2 JGG (aF) "aus Rechtsgründen zurückgewiesen, da diese Norm im konkreten Fall nicht als ge- setzliche Grundlage herangezogen werden kann" (UA S. 19). Zur Begründung wird u.a. ausgeführt: Weder zum Zeitpunkt der Tat noch der Verurteilung sei für einen einem Jugendlichen gleichgestellten Heranwachsenden eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung möglich gewesen.
18
Gemäß Art. 316e Abs. 1 Satz 2 EGStGB sei § 7 Abs. 2 JGG in der Fassung vom 8. Juli 2008 nicht anwendbar. Aber selbst wenn, sei durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 4. Mai 2011, BVerfGE 128, 326) ein "rechtliches Vakuum" eingetreten, das durch das beabsichtigte Gesetz zur Reform der Sicherungsverwahrung nicht ausgefüllt würde, da der Entwurf der "Übergangsregelung nicht der Rechtsprechung des BVerfG und des EGMR genügen dürfte und daher voraussichtlich nicht endgültige Gesetzeskraft erreichen wird".

V.

19
Die Urteilsausführungen zur Nichtanwendbarkeit des § 7 Abs. 2 JGG (aF) halten sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
20
1. Das Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I 2425 f.) ist am 1. Juni 2013 in Kraft getreten. Durch Artikel 7 dieses Gesetzes wurde nach Artikel 316e EGStGB der Artikel 316f als Übergangsvorschrift eingeführt. Aus dessen Absatz 2 Satz 1 ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die bis zum 31. Mai 2013 geltenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 anzuwenden sind. Danach ist die Anordnung oder Fortdauer der Sicherungsverwahrung auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war oder eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung, die nicht die Erledigung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus voraussetzt, oder die Fortdauer einer solchen nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung nur zulässig, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und aus konkreten Umständen in seiner Person oder seinem Verhalten eine hochgradige Gefahr abzuleiten ist, dass er infolge dieser Störung schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten begehen wird.
21
Durch die Änderung (auch) des Artikel 316e EGStGB, in dessen Absatz 1 Satz 2 nach den Wörtern "Absätzen 2 und 3" die Wörter "sowie in Artikel 316f Absatz 2 und 3" eingefügt wurden, ist sichergestellt, dass die bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung in Fällen rückwirkender Gesetzesanwendung oder in Fällen der nachträglichen Sicherungsverwahrung ("Vertrauensschutzfälle") nur unter den vom BVerfG in seinem Urteil vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326) formulierten hohen Voraussetzungen weiter anwendbar sind (vgl. auch BT-Drucks. 17/9874 vom 6. Juni 2012 S. 30).
22
Die Übergangsvorschrift Artikel 316f EGStGB regelt sowohl die dem StGB als auch die dem JGG unterfallenden Sachverhalte. Absatz 2 Satz 1 bestimmt , dass auf Altfälle hinsichtlich der Sicherungsverwahrung nach Vorschriften des JGG das bis zum 31. Mai 2013 geltende Recht anzuwenden ist mit den in den Sätzen 2 bis 4 enthaltenen Grundsätzen (vgl. auch BT-Drucks. 17/9874 vom 6. Juni 2012 S. 31).
23
Die vom BVerfG selbst nur für die Übergangszeit bis zu einer Neuregelung vorgesehene Fortgeltung ist also fortgeschrieben, wobei sich Artikel 316f Absatz 2 Satz 2 EGStGB mit Blick auf die Anforderungen des Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK nicht auf die bloße Übernahme der Formulierung des BVerfG beschränkt, sondern darüber hinaus ein Kausalitätserfordernis zwischen psychischer Störung und hochgradiger Gefahr statuiert.
24
Der Senat hält diese (modifizierte) Fortgeltung für verfassungs- und konventionsgemäß (vgl. in diesem Sinne auch BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats] Beschluss vom 11. März 2013 - 2 BvR 2000/12, StraFo 2013, 213, 214; vgl. auch zu § 66 StGB: BGH, Urteile vom 23. April 2013 - 5 StR 610 und 617/12 sowie vom 24. April 2013 - 5 StR 593/12).
25
2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts war § 7 Abs. 2 JGG (aF) zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Urteils (25. September 2012) daher nach den vom BVerfG durch Urteil vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326) aufgestellten Grundsätzen anzuwenden.
26
Dies hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 25. September 2012 (1 StR 160/12) ausdrücklich und in einem Verwerfungsbeschluss gemäß § 349 Abs. 2 StPO vom 5. März 2013 (1 StR 37/13) inzidenter entschieden, wobei die nachträgliche Anordnung von Sicherungsverwahrung nach § 7 Abs. 2 JGG (aF) auch in diesen Fällen nicht das Vorliegen neuer Tatsachen voraussetzt (vgl. BGH, Urteil vom 30. August 2011 - 5 StR 235/11 Rn. 11).
27
Das angefochtene Urteil war danach aufzuheben, da auch die seit 1. Juni 2013 geltenden Regelungen eine grundsätzliche Anwendbarkeit des § 7 Abs. 2 JGG aF für Altfälle der vorliegenden Art vorsehen und das Urteil auf dem dargelegten Rechtsfehler beruht.
28
Die Sache war an das Landgericht zurückzuverweisen. Denn der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass Feststellungen getroffen werden können, die auch die - zu Recht - sehr hohen Anforderungen an die nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 105 Abs. 1, § 7 Abs. 2 JGG aF in der modifizierten Fortgeltung erfüllen.
29
Eine vom Senat abschließende Entscheidung ist hier schon deshalb nicht möglich, weil das Landgericht keine - nach der gebotenen Anhörung zweier Sachverständiger - entsprechenden Feststellungen getroffen hat. Wahl Rothfuß Jäger Radtke Zeng

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(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

(1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches).

(2) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
der Jugendliche zu einer Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren verurteilt wird wegen oder auch wegen eines Verbrechens
a)
gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder
b)
nach § 251 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255 des Strafgesetzbuches,
durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, und
2.
die Gesamtwürdigung des Jugendlichen und seiner Tat oder seiner Taten ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Nummer 1 bezeichneten Art begehen wird.
Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm Straftaten der in Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Art zu erwarten sind; § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. Für die Prüfung, ob die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung am Ende des Vollzugs der Jugendstrafe auszusetzen ist, und für den Eintritt der Führungsaufsicht gilt § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(3) Wird neben der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten und hat der Verurteilte das siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet, so ordnet das Gericht an, dass bereits die Jugendstrafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung zu vollziehen ist, es sei denn, dass die Resozialisierung des Verurteilten dadurch nicht besser gefördert werden kann. Diese Anordnung kann auch nachträglich erfolgen. Solange der Vollzug in einer sozialtherapeutischen Einrichtung noch nicht angeordnet oder der Gefangene noch nicht in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt worden ist, ist darüber jeweils nach sechs Monaten neu zu entscheiden. Für die nachträgliche Anordnung nach Satz 2 ist die Strafvollstreckungskammer zuständig, wenn der Betroffene das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, sonst die für die Entscheidung über Vollzugsmaßnahmen nach § 92 Absatz 2 zuständige Jugendkammer. Im Übrigen gelten zum Vollzug der Jugendstrafe § 66c Absatz 2 und § 67a Absatz 2 bis 4 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(4) Ist die wegen einer Tat der in Absatz 2 bezeichneten Art angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 des Strafgesetzbuches wegen mehrerer solcher Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Absatz 2 bezeichneten Art begehen wird.

(5) Die regelmäßige Frist zur Prüfung, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist (§ 67e des Strafgesetzbuches), beträgt in den Fällen der Absätze 2 und 4 sechs Monate, wenn die untergebrachte Person bei Beginn des Fristlaufs das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

(1) Die bisherigen Vorschriften über die Sicherungsverwahrung sind in der ab dem 1. Juni 2013 geltenden Fassung anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll (Anlasstat), nach dem 31. Mai 2013 begangen worden ist.

(2) In allen anderen Fällen sind, soweit Absatz 3 nichts anderes bestimmt, die bis zum 31. Mai 2013 geltenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 anzuwenden. Die Anordnung oder Fortdauer der Sicherungsverwahrung auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, oder eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung, die nicht die Erledigung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus voraussetzt, oder die Fortdauer einer solchen nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung ist nur zulässig, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und aus konkreten Umständen in seiner Person oder seinem Verhalten eine hochgradige Gefahr abzuleiten ist, dass er infolge dieser Störung schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten begehen wird. Auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, kann die Anordnung der Sicherungsverwahrung nur vorbehalten werden, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und die in Satz 2 genannte Gefahr wahrscheinlich ist oder, wenn es sich bei dem Betroffenen um einen Heranwachsenden handelt, feststeht. Liegen die Voraussetzungen für eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung in den in Satz 2 genannten Fällen nicht mehr vor, erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt; mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Die durch die Artikel 1, 2 Nummer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe cc und Nummer 4 sowie die Artikel 3 bis 6 des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2425) geänderten Vorschriften sind auch auf die in Absatz 2 Satz 1 genannten Fälle anzuwenden, § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuches jedoch nur dann, wenn nach dem 31. Mai 2013 keine ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c des Strafgesetzbuches angeboten worden ist. Die Frist des § 119a Absatz 3 des Strafvollzugsgesetzes für die erste Entscheidung von Amts wegen beginnt am 1. Juni 2013 zu laufen, wenn die Freiheitsstrafe zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen wird.

(1) Ist im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten (§ 66a des Strafgesetzbuches), übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts. Diese übergibt die Akten so rechtzeitig dem Vorsitzenden des Gerichts, dass eine Entscheidung bis zu dem in Absatz 5 genannten Zeitpunkt ergehen kann. Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Absatz 6 Satz 1 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des Gerichts, das für eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66b des Strafgesetzbuches) zuständig ist. Beabsichtigt diese, eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu beantragen, teilt sie dies der betroffenen Person mit. Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung unverzüglich stellen und ihn zusammen mit den Akten dem Vorsitzenden des Gerichts übergeben.

(2) Für die Vorbereitung und die Durchführung der Hauptverhandlung gelten die §§ 213 bis 275 entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist.

(3) Nachdem die Hauptverhandlung nach Maßgabe des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. Der Vorsitzende verliest das frühere Urteil, soweit es für die Entscheidung über die vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung von Bedeutung ist. Sodann erfolgt die Vernehmung des Verurteilten und die Beweisaufnahme.

(4) Das Gericht holt vor der Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen ein. Ist über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden, müssen die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt werden. Die Gutachter dürfen im Rahmen des Strafvollzugs oder des Vollzugs der Unterbringung nicht mit der Behandlung des Verurteilten befasst gewesen sein.

(5) Das Gericht soll über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung spätestens sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden.

(6) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird, so kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen. Für den Erlass des Unterbringungsbefehls ist das für die Entscheidung nach § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches zuständige Gericht so lange zuständig, bis der Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei dem für diese Entscheidung zuständigen Gericht eingeht. In den Fällen des § 66a des Strafgesetzbuches kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen, wenn es im ersten Rechtszug bis zu dem in § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bestimmten Zeitpunkt die vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet hat. Die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119a und 126a Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches).

(2) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
der Jugendliche zu einer Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren verurteilt wird wegen oder auch wegen eines Verbrechens
a)
gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder
b)
nach § 251 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255 des Strafgesetzbuches,
durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, und
2.
die Gesamtwürdigung des Jugendlichen und seiner Tat oder seiner Taten ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Nummer 1 bezeichneten Art begehen wird.
Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm Straftaten der in Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Art zu erwarten sind; § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. Für die Prüfung, ob die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung am Ende des Vollzugs der Jugendstrafe auszusetzen ist, und für den Eintritt der Führungsaufsicht gilt § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(3) Wird neben der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten und hat der Verurteilte das siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet, so ordnet das Gericht an, dass bereits die Jugendstrafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung zu vollziehen ist, es sei denn, dass die Resozialisierung des Verurteilten dadurch nicht besser gefördert werden kann. Diese Anordnung kann auch nachträglich erfolgen. Solange der Vollzug in einer sozialtherapeutischen Einrichtung noch nicht angeordnet oder der Gefangene noch nicht in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt worden ist, ist darüber jeweils nach sechs Monaten neu zu entscheiden. Für die nachträgliche Anordnung nach Satz 2 ist die Strafvollstreckungskammer zuständig, wenn der Betroffene das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, sonst die für die Entscheidung über Vollzugsmaßnahmen nach § 92 Absatz 2 zuständige Jugendkammer. Im Übrigen gelten zum Vollzug der Jugendstrafe § 66c Absatz 2 und § 67a Absatz 2 bis 4 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(4) Ist die wegen einer Tat der in Absatz 2 bezeichneten Art angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 des Strafgesetzbuches wegen mehrerer solcher Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Absatz 2 bezeichneten Art begehen wird.

(5) Die regelmäßige Frist zur Prüfung, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist (§ 67e des Strafgesetzbuches), beträgt in den Fällen der Absätze 2 und 4 sechs Monate, wenn die untergebrachte Person bei Beginn des Fristlaufs das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

(1) Die Vorschriften über die Sicherungsverwahrung in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) sind nur anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll, nach dem 31. Dezember 2010 begangen worden ist. In allen anderen Fällen ist das bisherige Recht anzuwenden, soweit in den Absätzen 2 und 3 sowie in Artikel 316f Absatz 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Sind die Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung nach § 66 des Strafgesetzbuches angeordnet werden soll, vor dem 1. Januar 2011 begangen worden und ist der Täter deswegen noch nicht rechtskräftig verurteilt worden, so ist § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung anzuwenden, wenn diese gegenüber dem bisherigen Recht das mildere Gesetz ist.

(3) Eine nach § 66 des Strafgesetzbuches vor dem 1. Januar 2011 rechtskräftig angeordnete Sicherungsverwahrung erklärt das Gericht für erledigt, wenn die Anordnung ausschließlich auf Taten beruht, die nach § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung nicht mehr Grundlage für eine solche Anordnung sein können. Das Gericht kann, soweit dies zur Durchführung von Entlassungsvorbereitungen geboten ist, als Zeitpunkt der Erledigung spätestens den 1. Juli 2011 festlegen. Zuständig für die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 2 ist das nach den §§ 454, 462a Absatz 1 der Strafprozessordnung zuständige Gericht. Für das Verfahren ist § 454 Absatz 1, 3 und 4 der Strafprozessordnung entsprechend anzuwenden; die Vollstreckungsbehörde übersendet die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichtes, die diese umgehend dem Gericht zur Entscheidung übergibt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug tritt Führungsaufsicht ein.

(4) § 1 des Therapieunterbringungsgesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300, 2305) ist unter den dortigen sonstigen Voraussetzungen auch dann anzuwenden, wenn der Betroffene noch nicht in Sicherungsverwahrung untergebracht, gegen ihn aber bereits Sicherungsverwahrung im ersten Rechtszug angeordnet war und aufgrund einer vor dem 4. Mai 2011 ergangenen Revisionsentscheidung festgestellt wurde, dass die Sicherungsverwahrung ausschließlich deshalb nicht rechtskräftig angeordnet werden konnte, weil ein zu berücksichtigendes Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung dem entgegenstand, ohne dass es dabei auf den Grad der Gefährlichkeit des Betroffenen für die Allgemeinheit angekommen wäre.

(1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches).

(2) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
der Jugendliche zu einer Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren verurteilt wird wegen oder auch wegen eines Verbrechens
a)
gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder
b)
nach § 251 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255 des Strafgesetzbuches,
durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, und
2.
die Gesamtwürdigung des Jugendlichen und seiner Tat oder seiner Taten ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Nummer 1 bezeichneten Art begehen wird.
Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm Straftaten der in Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Art zu erwarten sind; § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. Für die Prüfung, ob die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung am Ende des Vollzugs der Jugendstrafe auszusetzen ist, und für den Eintritt der Führungsaufsicht gilt § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(3) Wird neben der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten und hat der Verurteilte das siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet, so ordnet das Gericht an, dass bereits die Jugendstrafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung zu vollziehen ist, es sei denn, dass die Resozialisierung des Verurteilten dadurch nicht besser gefördert werden kann. Diese Anordnung kann auch nachträglich erfolgen. Solange der Vollzug in einer sozialtherapeutischen Einrichtung noch nicht angeordnet oder der Gefangene noch nicht in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt worden ist, ist darüber jeweils nach sechs Monaten neu zu entscheiden. Für die nachträgliche Anordnung nach Satz 2 ist die Strafvollstreckungskammer zuständig, wenn der Betroffene das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, sonst die für die Entscheidung über Vollzugsmaßnahmen nach § 92 Absatz 2 zuständige Jugendkammer. Im Übrigen gelten zum Vollzug der Jugendstrafe § 66c Absatz 2 und § 67a Absatz 2 bis 4 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(4) Ist die wegen einer Tat der in Absatz 2 bezeichneten Art angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 des Strafgesetzbuches wegen mehrerer solcher Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Absatz 2 bezeichneten Art begehen wird.

(5) Die regelmäßige Frist zur Prüfung, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist (§ 67e des Strafgesetzbuches), beträgt in den Fällen der Absätze 2 und 4 sechs Monate, wenn die untergebrachte Person bei Beginn des Fristlaufs das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

5 StR 593/12

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 24. April 2013
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
24. April 2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 30. Juli 2012 im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person und sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Sicherungsverwahrung angeordnet. Auf die mit der allgemeinen Sachrüge begründete Revision des Angeklagten hat der Generalbundesanwalt beantragt, die Maßregelanordnung gemäß § 349 Abs. 4 StPO entfallen zu lassen und die Revision im Übrigen zu verwerfen (§ 349 Abs. 2 StPO). Das nunmehr auf die Überprüfung des Maßregelausspruchs beschränkte Rechtsmittel ist erfolgreich, führt indes nur zur Aufhebung des Maßregelausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen und zur Zurückverweisung an das Landgericht.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
1. Zu einem nicht mehr exakt bestimmbaren Zeitpunkt zwischen August 2002 und Dezember 2003 missbrauchte der Angeklagte die am 1. September 1985 geborene T. sexuell, indem er dem schlafenden Mädchen mehrere Cocktailtomaten in die Scheide einführte. Erst am nächsten Morgen bemerkte die Geschädigte auf einen entsprechenden Hinweis des Angeklagten die in ihrer Scheide befindlichen Tomaten (Tat 1). Die – jahrelang unentdeckt gebliebene – Tat beging der Angeklagte während des Laufs der Reststrafenbewährung aus dem Urteil gemäß unten Ziffer 2, wobei er der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin unterstellt war.
4
Im Zeitraum von August 2010 bis zum 20. Januar 2012 nahm der Angeklagte sexuelle Handlungen an seiner am 27. Januar 1996 geborenen Stieftochter Ha. vor, der gegenüber er im Einverständnis mit seiner Ehefrau alle Erziehungsrechte und -pflichten wahrnahm. Er zog sich jeweils in den Abendstunden mit seiner Stieftochter in das Eheschlafzimmer zurück, um dort bei abgeschlossener Tür „Sport zu treiben“. In mindestens zwölf Fällen kam es zum ungeschützten Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss. Bei einigen der zwölf Handlungen führte der Angeklagte zusätzlich Gegenstände in die Vagina des Mädchens ein (Salatgurke, Apfel, Kartoffel , Vibrator). Neben den Fällen des vaginalen Geschlechtsverkehrs kam es in mindestens drei weiteren Fällen zum Oralverkehr, bei dem Ha . das unbedeckte erigierte Glied des Angeklagten in den Mund nehmen musste (Taten 2 bis 16).
5
2. Bereits mit Urteil vom 19. Oktober 1998 war der Angeklagte vom Landgericht Dresden wegen 14 Fällen des sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Die dort zugrunde liegenden Taten hatte er zwischen Sommer 1994 und März 1998 zum Nachteil seiner am 24. Mai 1984 geborenen Stieftochter Hau. aus seiner früheren Ehe begangen. Auch bei einem Teil dieser Taten kam es zur Einführung von Gegenständen in die Scheide des Kindes, zur Durchführung von Oral- und Analverkehr an dem damals 11-jährigen Kind sowie im Zeitraum zwischen Januar und März 1998 in insgesamt fünf Fällen zum Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss an der 13-Jährigen.
6
3. Das Urteil beruht im Strafausspruch auf einer Verständigung, aufgrund derer der Angeklagte in der Hauptverhandlung die festgestellten Taten im Wege einer Erklärung seiner Verteidigerin eingeräumt hat. Von der Richtigkeit dieses Geständnisses hat sich die Strafkammer durch Einvernahme von Zeugen und einer gerichtsmedizinischen Sachverständigen überzeugt.
7
Die sachverständig beratene Strafkammer bejaht das Vorliegen eines Hanges im Sinne des § 66 StGB, aufgrund dessen der Angeklagte für die Allgemeinheit gefährlich ist. Auch angesichts des fortgeschrittenen Lebensalters des Angeklagten bei seiner voraussichtlichen Haftentlassung sei es durchaus möglich, „dass der manipulative Angeklagte noch sehr gut in der Lage sein wird, eine einfach strukturierte und hilfsbedürftige Frau etwa aus einem sozial randständigen Milieu für sich zu gewinnen“; bei dieser könne es sich mit Blick auf die Häufigkeit derartiger familiärer Konstellationen auch um eine „alleinstehende, mit allem überforderte Mutter“ handeln (UA S. 25).Die Strafkammer sieht keine Handhabe, den Angeklagten etwa mit den Mitteln der Führungsaufsicht daran zu hindern, einen von ihm dominierten Sozialraum zu schaffen. Den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sieht sie gewahrt, da es sich „bei den hier zur Debatte stehenden Anlasstaten nach §§ 174 und 179 StGB um schwere Sexualstraftaten“ handele (UA S. 24).

II.


8
1. Diese Begründung für die Anordnung der Sicherungsverwahrung hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
a) Rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht die formellen und materiellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 StGB bejaht, den es wegen der nicht eindeutigen Feststellbarkeit der einzelnen Tatzeitpunkte gemäß Art. 316e Abs. 2 EGStGB in der für den Angeklagten günstigeren Fassung vom 27. Dezember 2003 anwendet. Insbesondere hat das Landgericht einen Hang des Angeklagten zu erheblichen Straftaten und seine darauf beruhende Gefährlichkeit für die Allgemeinheit gestützt auf die Ausführungen des Sachverständigen in nachvollziehbarer Weise begründet. Den Urteilsgründen ist insbesondere die auf das Sachverständigengutachten gestützte Erwartung der Strafkammer zu entnehmen, der Angeklagte werde sich nach einer künftigen Haftentlassung wiederum aktiv bemühen, einen geschützten und von ihm kontrollierten sozialen Bereich und so die Voraussetzungen für Rückfalltaten zu schaffen.
10
b) Die Urteilsbegründung genügt indes nicht den Anforderungen an eine strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung, die im Hinblick auf die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326) festgestellte Verfassungswidrigkeit des Rechts der Sicherungsverwahrung geboten ist. In der Regel muss eine Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten sein (BVerfG aaO S. 406). Der Bundesgerichtshof hat dieser geforderten „strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung“ in seiner Rechtsprechung weitere normative Konturen gegeben. Danach ist sowohl hinsichtlich der Erheblichkeit weiterer Straftaten als auch hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit ihrer Begehung ein gegenüber der bisherigen Rechtsanwendung strengerer Maßstab anzulegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Au- gust 2011 – 3 StR 208/11, BGHR StGB § 66 Strikte Verhältnismäßigkeit 1, und vom 24. Januar 2012 – 5 StR 535/11).
11
c) Zur Frage der Erheblichkeit weiterer Straftaten nach diesen strengen Maßstäben verhält sich das Urteil nicht konkret.
12
aa) Das Landgericht hat insoweit nur darauf abgestellt, dass es sich bei den Anlasstaten nach §§ 174 und 179 StGB um schwere Sexualstraftaten handele, und dies unter Hinweis auf die gesetzlichen Strafdrohungen begründet. Indes kommt es prinzipiell nicht auf die Bezeichnung des Straftatbestandes an, dessen Verletzung für die Zukunft droht, auch nicht letztentscheidend auf den durch gesetzliche Strafrahmen im Voraus gewichteten Schuldumfang. Ausschlaggebend sind hier vielmehr die Bedeutung des vor Rückfalltaten zu schützenden Rechtsgutes und die mögliche Verletzungsintensität (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2012 – 5 StR 431/12, NJW 2013, 707, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt, mwN). Die Strafdrohung bietet – ebenso wie die gesetzgeberisch vorgenommene Abstufung der Anlassdelikte nach §§ 66 ff. StGB (vgl. Mosbacher, HRRS 2011, 229, 231) und hier die Aufnahme von Straftaten nach §§ 174 und 179 Abs. 1 bis 4 StGB in den Katalog des § 66 Abs. 3 StGB in der Fassung vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) – eine erste, allerdings im vorliegenden Fall nicht die allein maßgebliche Orientierung bei der besonderen Verhältnismäßigkeitsprüfung.
13
bb) Zwar sind bestimmte Deliktsgruppen im Hinblick auf das besondere Gewicht der zu schützenden Rechtsgüter grundsätzlich als schwere Gewalt - oder Sexualstraftaten zu werten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 – 5 StR 535/11 – und Urteil vom 4. August 2011 – 3 StR 175/11, NStZ 2011, 692, 693). Hinsichtlich der Sexualstraftaten wird dies angesichts ihrer oftmals gewichtigen psychischen Auswirkungen unabhängig von körperlicher Gewaltanwendung – unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – grundsätzlich für den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern bejaht (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 – 5 StR 267/11, NStZ-RR 2012, 9; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 2. August 2011 – 3 StR 208/11 – und vom 11. August 2011 – 3 StR 221/11), den das Land- gericht indes im Rahmen seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht erörtert hat.
14
Soweit die Straftat nach § 179 Abs. 1 StGB in Rede steht, belegt das Urteil bereits keinen Hang des Angeklagten zur Begehung sexueller Übergriffe zum Nachteil widerstandsunfähiger Personen.
15
Taten nach § 174 Abs. 1 StGB bedürfen demgegenüber einer einzelfallbezogenen Bewertung im Lichte der Weitergeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts. Denn es sind durchaus Fallgestaltungen denkbar, die deren Voraussetzungen nicht erfüllen. Auch wenn das Urteil Umstände darstellt, die hier eine gewichtige Rolle spielen können, nimmt es eine solche Betrachtung und Bewertung nicht vor.
16
2. Allerdings teilt der Senat nicht die Auffassung des Generalbundes- anwalts, dass die „in der Zukunft erwartbaren Vergehen bei normativ- wertender Betrachtung ob des Fehlens nötigender Tatelemente nicht das Gewicht schwerer Sexualstraftaten“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs erreichten.
17
Eine so weitgehende Ausgrenzung von Straftaten nach § 174 StGB stünde in Widerspruch zu der Wertung, die der Gesetzgeber mit der Aufnahme dieses Delikts in den Katalog des § 66 Abs. 3 StGB getroffen hat. § 174 StGB schützt die sexuelle Selbstbestimmung und ungestörte sexuelle Entwicklung von Jugendlichen innerhalb bestimmter Abhängigkeitsverhältnisse , die in typischer Weise die Gefahr der Ausnutzung aus sexuellen Motiven durch Autoritätspersonen begründen (Fischer, StGB, 60. Aufl., § 174 Rn. 2). Schon im Hinblick auf das Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses erübrigt sich häufig die Anwendung nötigender Mittel, ohne dass damit gerade bei dem jahrelangen sexuellen Missbrauch innerhalb von Familienverhältnissen eine nennenswert geringere Gefährdung der durch § 174 StGB geschützten Rechtsgüter oder eine geringere Intensität der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung und der ungestörten sexuellen Entwicklung indiziert wäre.
18
3. Das neue Tatgericht ist verpflichtet, über die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung (BGBl. I 2012, 2425) am 1. Juni 2013 weiterhin auf der Grundlage des bisherigen Maßstabs strikter Verhältnismäßigkeit (BVerfGE 128, 326) zu entscheiden. Dies ergibt sich aus Grundsätzen des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Vertrauensschutzes (vgl. BGH, Urteile vom 23. April 2013 – 5 StR 610 und 617/13), hier zudem aus dem Gedanken des Verschlechte- rungsverbots.
Basdorf Raum Schneider König Bellay

(1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches).

(2) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
der Jugendliche zu einer Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren verurteilt wird wegen oder auch wegen eines Verbrechens
a)
gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder
b)
nach § 251 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255 des Strafgesetzbuches,
durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, und
2.
die Gesamtwürdigung des Jugendlichen und seiner Tat oder seiner Taten ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Nummer 1 bezeichneten Art begehen wird.
Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm Straftaten der in Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Art zu erwarten sind; § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. Für die Prüfung, ob die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung am Ende des Vollzugs der Jugendstrafe auszusetzen ist, und für den Eintritt der Führungsaufsicht gilt § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(3) Wird neben der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten und hat der Verurteilte das siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet, so ordnet das Gericht an, dass bereits die Jugendstrafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung zu vollziehen ist, es sei denn, dass die Resozialisierung des Verurteilten dadurch nicht besser gefördert werden kann. Diese Anordnung kann auch nachträglich erfolgen. Solange der Vollzug in einer sozialtherapeutischen Einrichtung noch nicht angeordnet oder der Gefangene noch nicht in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt worden ist, ist darüber jeweils nach sechs Monaten neu zu entscheiden. Für die nachträgliche Anordnung nach Satz 2 ist die Strafvollstreckungskammer zuständig, wenn der Betroffene das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, sonst die für die Entscheidung über Vollzugsmaßnahmen nach § 92 Absatz 2 zuständige Jugendkammer. Im Übrigen gelten zum Vollzug der Jugendstrafe § 66c Absatz 2 und § 67a Absatz 2 bis 4 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(4) Ist die wegen einer Tat der in Absatz 2 bezeichneten Art angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 des Strafgesetzbuches wegen mehrerer solcher Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Absatz 2 bezeichneten Art begehen wird.

(5) Die regelmäßige Frist zur Prüfung, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist (§ 67e des Strafgesetzbuches), beträgt in den Fällen der Absätze 2 und 4 sechs Monate, wenn die untergebrachte Person bei Beginn des Fristlaufs das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 160/12
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
25. September 2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 17. Oktober 2011 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Anordnung der Unterbringung des Verurteilten B. (im Folgenden: B.) in der Sicherungsverwahrung abgelehnt. Es hat weiter ausgesprochen, dass B. für die einstweilige Unterbringung in der Sicherungsverwahrung in der Zeit vom 8. Mai 2010 bis 30. September 2010 sowie vom 14. Oktober 2010 bis 19. Dezember 2010 und vom 29. Dezember 2010 bis 17. Oktober 2011 aus der Staatskasse zu entschädigen ist.
2
Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg. Eines Eingehens auf die Verfahrensrüge, gegen deren Zulässigkeit ohnehin Bedenken bestehen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), bedarf es daher nicht.

I.

3
Prozessgeschichte:
4
Das Landgericht München I hatte B. durch Urteil vom 2. März 1999 wegen Mordes - unter Anrechnung der in Kroatien in dieser Sache erlittenen Freiheitsentziehung im Maßstab 1:1 - zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Dieses Urteil hat auf die Revision der Staatsanwaltschaft der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 14. Dezember 1999 (1 StR 471/99) im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an eine andere Jugendkammer zurückverwiesen.
5
Die neue Jugendkammer des Landgerichts hat B. durch Urteil vom 3. Januar 2001 wegen - insoweit bereits rechtskräftig - Mordes zu einer Jugendstrafe von zehn Jahren verurteilt und angeordnet, dass die in Kroatien vom 7. November 1997 bis 6. März 1998 erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 angerechnet wird.
6
Die hiergegen gerichtete Revision des B. hat der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 9. August 2001 (1 StR 211/01) verworfen. Auf die ebenfalls erhobene Revision der Staatsanwaltschaft hat er jedoch das angefochtene Urteil mit den Feststellungen (also im Rechtsfolgenausspruch) aufgehoben und die Sache insoweit an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
7
Diese Jugendkammer hat den Angeklagten mit (am selben Tag rechtskräftig gewordenen) Urteil vom 16. Mai 2003 wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von zehn Jahren verurteilt. Es hat weiter entschieden, dass die Anrechnung von zwei Jahren und sechs Monaten der erlittenen Untersuchungshaft unterbleibt und dass die in Kroatien vom 7. November 1997 bis 6. März 1998 erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 angerechnet wird.
8
Aufgrund dieses rechtskräftigen (dritten) Urteils vom 16. Mai 2003 befand sich B. seit diesem Zeitpunkt im Strafvollzug. Die Staatsanwaltschaft stellte am 30. Oktober 2009 Antrag auf nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung. Durch Beschluss vom 23. April 2010 ordnete das Landgericht die einstweilige Unterbringung des B. in der Sicherungsverwahrung an und hob diesen Beschluss am 29. September 2010 wieder auf. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Staatsanwaltschaft hob das Oberlandesgericht München durch Beschluss vom 6. Oktober 2010 den angefochtenen Beschluss des Landgerichts auf; der Unterbringungsbefehl wurde B. am 14. Oktober 2010 erneut eröffnet. Durch Beschluss des Landgerichts vom 10. Dezember 2010 wurde die einstweilige Unterbringung wiederum aufgehoben. Dieser Beschluss wurde seinerseits vom Oberlandesgericht am 23. Dezember 2010 ebenfalls aufgehoben. Am 29. Dezember 2010 wurde daraufhin der Unterbringungsbefehl vom 23. April 2010 dem B. erneut eröffnet. Gegen B. wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Straubing vom 28. Mai 2010 Abschiebehaft angeordnet, die im Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 13. Oktober 2010, sowie weiter im Zeitraum vom 11. Dezember 2010 bis 28. Dezember 2010 vollzogen wurde. B. befindet sich nach Angaben seines Verteidigers in der Revisionshauptverhandlung derzeit im Ausland (Kroatien /Slowenien).

II.

9
Dem rechtskräftigen Urteil vom 16. Mai 2003 liegt folgende Anlasstat zugrunde :
10
Am 1. September 1993 erhielt B. eine Ausweisungsverfügung der Landeshauptstadt München. B. war hierüber wütend. Am Nachmittag des 15. Oktober 1993 besuchte er seine Freundin N. im Anwesen ihres Vaters. Ultimativ forderte er sie auf, mit ihm nach Kroatien zu reisen. Da N. erst 17 Jahre alt war, noch zur Schule ging und sich nicht so früh binden wollte, lehnte sie dies ab. Hierüber kam es zum Streit mit B., in dessen Verlauf dieser ihr mehrere kräftige Ohrfeigen versetzte. Obwohl ihr Gesicht dadurch gerötet war und anschwoll , schickte B. sie in die Küche, um ihm etwas zu trinken zu holen. Hierbei bemerkte N.'s Stiefmutter, dass diese geschlagen worden war und informierte deren Vater, den Zeugen W.. Dieser ging daraufhin ins Zimmer seiner Tochter und forderte B. auf, sofort sein Haus zu verlassen. Da dieser keine Anstalten machte, der Aufforderung nachzukommen, rief W. nach seinem Bekannten, der gerade zu Besuch war. Dann packte er B. vorne an dessen Jacke und beförderte ihn so mit Hilfe seines Bekannten aus dem Haus. Außerdem erteilte er ihm für die Zukunft Hausverbot.
11
B. war wütend und hasserfüllt, da er sich gegen N.'s Vater nicht hatte durchsetzen können, dieser ihn vielmehr in für ihn demütigender Weise hinausgeworfen hatte. Mit dem Gedanken, W. zu töten, ging er zur Wohnung des Zeugen P., wo sich sein Freundeskreis fast regelmäßig traf. Anwesend waren neben P. weitere Personen. Hier "rastete" der Angeklagte "völlig aus", war "endsauer", wie es der Zeuge H. beschrieb, und stieß Todesdrohungen gegen W. aus. Mehrmals holte er sein Butterfly-Messer aus seiner Jacke, klappte es auf, fingerte damit herum und schlug wiederholt mit beiden Fäusten gegen die Wand.
12
Zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr verließ B., der immer noch aufgebracht war, zusammen mit H. die Wohnung. Auf dem Weg zum nahen Westpark schrie er zwei bis drei Mal aus Wut auf. Im Westpark ging B. mit H. zum sogenannten Teehaus, einem Pavillon an einem Teich. Hier rauchten sie zusammen einen Joint. Während H. dort sitzen blieb, eine Zigarette rauchte und über das Wasser blickte, lief B. sein Messer in der Hand, gereizt um das Teehaus herum. Wieder trug er sich mit dem Gedanken, N.'s Vater oder als Ersatz irgendeinen anderen Menschen zu töten. Insoweit ging es ihm auch darum, schon aus Interesse und Freude an einer Tötung jemanden umzubringen, wobei jedes beliebige Zufallsopfer für ihn in Frage kam. Dies hatte ihn früher schon, etwa beim Betrachten eines Horrorfilms, fasziniert.
13
In dieser Situation ging der 40-jährige Architekt K. H., der sich auf dem Nachhauseweg von einem Saunabesuch befand, zu Fuß am Teehaus vorbei. Während H. weiter auf der dem Weg abgewandten Seite des Teehauses saß und in Richtung des Teiches blickte, bemerkte B. von der anderen Seite des Teehauses aus den allein den Weg entlanggehenden K. H.. Augenblicklich entschloss er sich, diesen zu töten. Er lief ca. 180 m quer über eine Wiese, um seinem Opfer den Weg abzuschneiden und traf auf dem Weg im südlichen Bereich des Westparks zwischen 23.25 Uhr und 23.35 Uhr auf K. H.. Sofort versetzte er dem völlig unvorbereiteten K. H. einen kräftigen Faustschlag oder Kopfstoß auf die Nase, der zum Bruch des Nasenbeins führte. Instinktiv hob K. H. seine Arme vor das Gesicht, um weiteren Schlägen zu entkommen. Diese Situation nutzte B. indem er mit seinem Messer zwölf mit Wucht geführte Stiche in den ungedeckten Oberkörper des K. H. setzte. B. kam es darauf an, sein Opfer zu töten, ohne dass dieses auch nur die geringste Gegenwehr aufbieten konnte. Er handelte hierbei mutwillig, um - wie er es schon seit längerer Zeit ins Auge gefasst hatte - irgendein Menschenleben zu vernichten. Zum anderen tötete er, um seine Wut, die sich im Laufe des Tages in Folge der Behandlung durch W., die bevorstehende Abschiebung und die Weigerung seiner Freundin, ihn nach Kroatien zu begleiten, aufgestaut hatte, abzureagieren. K. H. erlitt mindestens 12 Stichverletzungen und starb wenige Minuten danach an Verbluten.
14
Das Landgericht hat die Mordmerkmale "aus Mordlust" und "sonst aus niedrigen Beweggründen" bejaht. Es hat die Verhängung einer Jugendstrafe von zehn Jahren für geboten erachtet.

III.

15
Im jetzigen Verfahren (wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung) hat das Landgericht im angefochtenen Urteil unter anderem folgende Feststellungen getroffen:
16
1. B. wurde bereits am 20. Januar 1992 wegen zahlreicher Delikte (u.a. besonders schwerer Raub, räuberischer Erpressung) zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Vom 28. Januar 1992 bis zum 23. März 1993 war er inhaftiert.
17
2. Die oben (II.) dargestellte Anlasstat beging er am 15. Oktober 1993.
18
3. Am 11. Juli 1995 wurde er wegen versuchten Totschlags (begangen am 26. November 1993), Diebstahls in drei Fällen, räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und vorsätzlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der vorausgegangenen Verurteilung (III. 1.) zu einer Ju- gendstrafe von fünf Jahren verurteilt. B. hatte bei dem versuchten Totschlag mit einem Butterfly-Messer mit voller Wucht auf ein Opfer eingestochen. Die Tat wurde auf einer Party im Rahmen "einer tätlichen Auseinandersetzung mit Türken" begangen.
19
4. Vom 4. Februar 1994 bis 24. Januar 1996 befand er sich in Haft. Da er den Ärzten vorgespielt hatte, er leide an einer Geisteskrankheit, wurde bei ihm eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis diagnostiziert. Als er seine Täuschung gegenüber einem weiteren Arzt zugab, wurde er erneut untersucht. Es konnten keine Symptome einer Schizophrenie festgestellt werden, vielmehr wurde die Verdachtsdiagnose "Vorliegen einer dissozialen Persönlichkeitsstörung" gestellt. Im Vollzug verhielt er sich körperlich und verbal aggressiv. Am 24. Januar 1996 wurde er nach Slowenien abgeschoben. Dort hatte er bisweilen kurzfristige intime Beziehungen zu Frauen.
20
Nachdem B. 1998 aus Kroatien ausgeliefert worden war, befand er sich in verschiedenen Vollzugsanstalten. Durch Beschluss vom 14. Januar 2010 wurde er der Führungsaufsicht unterstellt. 2010 wurde ein undatierter Brief des B. beschlagnahmt, indem er in Bezug zu seiner Verurteilung wegen Mordes (Westpark) u.a. schrieb: "Schon alleine fünf und halb Jahre in U-Haft zu verbringen mit drei Revisionshauptverhandlungen - für ein Stück Deutsches totes fleisch, wo ich damit nichts zu tun habe … " (UA S. 57). In der jetzigen Hauptverhandlung verhielt er sich respektlos und verbal aggressiv.
21
5. Das Landgericht hat die Gutachten der drei von ihm angehörten Sachverständigen wiedergegeben. Nach dem Sachverständigen Prof. Dr. S. liege bei B. eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit Krankheitswert vor. Es bestehe weiterhin die Gefahr der Begehung auch schwerster Gewalttaten. Diese sei aber ihrerseits abhängig von sozial belastenden Interaktionen, deren Genese aus heutiger Sicht in keiner Weise vorhersehbar sei (UA S. 90). Er sehe des weiteren keinerlei Anhaltspunkte für die Gefahr einer Begehung "auch lediglich schwererer Sexualstraftaten" (UA S. 93). Der Sachverständige Dr. Ho. habe ausgeführt, mangels hinreichender Anhaltspunkte sei eine Diagnose nicht möglich. Die Annahme einer für die Begehung von Gewaltstraftaten Gefahr begründenden zukünftigen Lebensgestaltung ….. sei rein spekulativ. Der Sachverständige Prof. Dr. Ke. (Kriminologe), der zum Vorliegen einer psychischen Störung aufgrund seiner Fachgebietsfremdheit keine Stellungnahme abgeben konnte, habe eine hochgradige Wahrscheinlichkeit für die Begehung schwerster Gewalttaten verneint (UA S. 93). Die Annahme einer eine Gefahr schwerster Straftaten begründenden negativen Entwicklung der Lebensund Partnerschaftssituation des Betroffenen sei rein spekulativ (UA S. 98).

IV.

22
Das Landgericht erkennt, dass die formellen Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 JGG (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 9. März 2010 - 1 StR 554/09; NStZ 2010, 381 ff.) erfüllt sind, der bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber nur unter strengen Voraussetzungen anwendbar ist. Es geht auch von der Diagnose einer sogenannten "kombinierten Persönlichkeitsstörung" aus, welche eine psychische Störung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThuG darstelle. Die Legalbiographie des B. lasse zwar auf eine erhebliche kriminelle Energie auch im Bereich der Gewaltdelikte schließen, B. habe aber auch zeitweise ein sozial angepasstes Leben geführt. Es sei bei ihm eine Nachreifung erfolgt. Zwar sei bei "ungünstiger situativer Verquickung" persönlichkeitsbedingt durchaus mit der Gefahr der Begehung auch schwerster Gewalttaten zu rechnen. Doch könne eine gefahrbegründende negative Entwicklung der Lebens- und Partnerschaftssituation des B. nur rein spekulativ angenommen werden. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass er sich mit einer höheren Wahrscheinlichkeit in seiner Heimat in einem kriminogenen Umfeld aufhalten werde. Da der Eintritt von - eine prognoserelevante Gefahr auslösenden - Lebensumständen (insbesondere die Eingehung einer negativ verlaufenden Intimbeziehung oder ein "Abgleiten in kriminelle Strukturen") jedenfalls nicht mit einer zumindest überwiegenden Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne, sei aus heutiger Sicht das Bestehen einer hochgradigen Gefahr für die Begehung schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten im Ergebnis nicht anzunehmen (UA S. 108).

V.

23
Die Urteilsausführungen halten im Ergebnis sachlich-rechtlicher Nachprüfung aus mehreren Gründen nicht stand.
24
1. Allerdings ist das Landgericht zunächst zutreffend von den im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. (NJW 2011, 1931; BGBl. I S. 1003) aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (UA S. 99/100). Danach gilt folgendes: Sämtliche die Anordnung von Sicherungsverwahrung betreffenden Bestimmungen (also auch § 7 Abs. 2 JGG) sind auch mangels ausreichender Wahrung des "Abstandsgebots" mit dem Grundgesetz unvereinbar. Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht angeordnet (§ 35 BVerfGG), dass diese Bestimmungen nach Maßgabe der Gründe seiner Entscheidung noch bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber - längstens aber bis zum 31. Mai 2013 - unter Beachtung eines strikten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes anzuwenden sind. Dieser Grundsatz wird dabei in der Regel nur dann gewahrt sein, wenn die hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualdelikte aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist (BVerfG aaO; zusammenfassend BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2012 - 2 BvR 1048/11; vgl. auch Senatsurteil vom 7. August 2012 - 1 StR 98/12 und Senatsbeschluss vom 24. Juli 2012 - 1 StR 57/12). Namentlich die rückwirkend angeordnete oder verlängerte Freiheitsentziehung kann nur dann noch als verhältnismäßig angesehen werden, wenn auch der gebotene Abstand zur Strafe gewahrt ist und weiter die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e MRK erfüllt sind (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - 5 StR 52/11); das heißt, dass der Betroffene an einer psychischen Störung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (ThuG) leidet (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2011 - 5 StR 369/10; Senatsurteile vom 8. November 2011 - 1 StR 231/11 und vom 7. August 2012 - 1 StR 98/12; vgl. zum Begriff "psychisch Kranker" auch Urteil der 5. Sektion des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 19. April 2012 - endgültig seit 19. Juli 2012 - in der Rechtsache B. gegen Deutschland - Individualbeschwerde 61272/09 Ziffer 67 ff.). Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte "strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung" ist dahin zu verstehen, dass bei beiden Elementen der Gefährlichkeit - mithin der Erheblichkeit weiterer Straftaten und der Wahrscheinlichkeit ihrer Begehung - ein gegenüber der bisherigen Rechtsanwendung strengerer Maßstab anzulegen ist (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 31. Juli 2012 - 3 StR 148/12; BGH, Urteil vom 8. Februar 2012 - 2 StR 346/11; BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 5 StR 535/11).

25
2. Die Urteilsgründe weisen aber durchgreifende Rechtsfehler auf.
26
a) Die Urteilsausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht bei seiner Prognoseentscheidung einen rechtlich unzutreffenden Maßstab zugrunde gelegt hat (vgl. zu der Verschiedenheit der Prognosemaßstäbe auch Senge in KK-StPO, 6. Aufl. Rn. 10 zu § 81 g mwN). Prognoseentscheidungen beruhen auf Wahrscheinlichkeitsfeststellungen (vgl. hierzu Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. Rn. 27 zu § 261 StPO). Bei einer Prognose kann nicht verlangt werden , dass zukünftige Ereignisse oder Zustände zur vollen richterlichen Überzeugung feststehen. Ansonsten könnte die Gefahrprognose immer mit dem Argument verneint werden, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass gefahrbegründende Faktoren nicht eintreten. Ein solcher Maßstab ist wegen zu hoher Anforderungen rechtsfehlerhaft. Die Urteilsausführungen (insbesondere UA S. 106 bis 108) legen nahe, dass das Landgericht für erforderlich erachtet hat, von einer ungünstigen Entwicklung konstellierender Faktoren in vollem Umfang überzeugt sein zu müssen. Das ist rechtlich nicht geboten; es genügt eine hochgradige Wahrscheinlichkeit.
27
b) Das Landgericht durfte im vorliegenden Fall auch nicht ohne weiteres das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Ke. zu Grunde legen. Dieser Gutachter konnte ausweislich der Urteilsgründe (UA S. 93) zum Vorliegen einer psychischen Störung eine gutachterliche Äußerung "aufgrund seiner Fachgebietsfremdheit nicht abgeben". Gleichwohl stützt sich die Kammer bei ihrer Gefährlichkeitsprognose auf dessen Ausführungen. Eine Prognose, die ohne Berücksichtigung der psychischen Störung des Probanden abgegeben wird, hat keinen forensisch relevanten Wert. Denn der Zustand und die Befindlichkeit des zu Beurteilenden sind unerlässliche Faktoren für die Prognoseentscheidung.
28
c) Die Wiedergabe des Vorgutachtens dieses Sachverständigen ist auch insofern rechtsfehlerhaft (weil nicht nachvollziehbar), als die Antwort des Sachverständigen mitgeteilt wird (UA S. 93 unten) zu der Frage des Gerichts, ob "aus dieser Gesamtwürdigung" eine hochgradige Gefahr schwerster Gewaltoder Sexualstraftaten abzuleiten ist. Da die "Gesamtwürdigung" ersichtlich Grundlage für die Beurteilung durch den Sachverständigen war, hätte diese Gesamtwürdigung dargelegt werden müssen. Sie ist auch aus dem Gesamtkontext der Urteilsgründe nicht eindeutig erkennbar.
29
d) Die Urteilsgründe lassen ferner besorgen, dass das Landgericht die Verteidigererklärungen, wonach B. bei der Beziehungsgestaltung im Umgang mit Frauen sich zunächst Zurückhaltung auferlegen möchte (UA S. 62), jede Anwendung von Gewalt zur Regelung zwischenmenschlicher Konflikte ablehne (UA S. 64) und sich zukünftig so verhalten werde, dass es zu keinen Eskalationen mit Mitmenschen komme (UA S. 66), als unwiderlegbar angesehen hat, obwohl hierfür wenig Anhaltspunkte bestehen.
30
e) Das Landgericht hat bei seiner Prognoseentscheidung, wie sich insbesondere auch aus seiner Auseinandersetzung mit den Sachverständigenausführungen ergibt, vorgreiflich auf die Wahrscheinlichkeit für die Begehung eines schwereren Sexualdeliktes abgestellt und darauf, ob B. wieder entsprechenden Kontakt zu einer Frau haben wird. Abgesehen davon, dass eine neue Partnerschaftssituation des B. bei Sachlage nicht lediglich als Spekulation angesehen werden durfte, stand die Begehung eines schweren Sexualdelikts wegen Beendigung einer Liebesbeziehung hier ohnehin nicht im Mittelpunkt und stellt schon von daher keinen erheblichen Bedingungsfaktor dar. Das Landgericht hätte sich stattdessen vielmehr mit der anders motivierten Gewalt, die sowohl in der Anlasstat als auch in sonstigen Straftaten des B. zum Ausdruck kommt, eingehen- der befassen müssen. Diese Straftaten weisen allesamt keinen Sexualbezug auf. Sie deuten vielmehr auf eine menschenverachtende Gesinnung hin.
31
f) Im Übrigen hat es das Landgericht rechtsfehlerhaft unterlassen, worauf der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift bereits hingewiesen hat, darzulegen , von welchem sozialen Empfangsraum des B. es ausgegangen ist. Danach fehlen bereits wesentliche Anknüpfungstatsachen für die Gefahrenprognose.
32
g) Dem Generalbundesanwalt ist auch darin beizupflichten, dass die Würdigung des Landgerichts insofern lückenhaft ist, als gegen den B. sprechende Umstände, wie sein Verhalten in der Hauptverhandlung (UA S. 58, 59) nicht erkennbar in die Überlegungen einbezogen wurden.
33
3. Auf diesen Rechtsfehlern beruht das Urteil. Der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass in einer erneuten Verhandlung die nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung verhängt wird.

VI.

34
Durch die Aufhebung des Urteils wird der Ausspruch über die Entschädigungspflicht ebenso gegenstandslos wie die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft (vgl. hierzu u.a. BGH, Urteil vom 11. April 2002 - 4 StR 585/01, BGH, Urteil vom 22. März 2002 - 2 StR 569/01 und BGH, Urteil vom 17. August 2000 - 4 StR 245/00 mwN). Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Cirener

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches).

(2) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
der Jugendliche zu einer Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren verurteilt wird wegen oder auch wegen eines Verbrechens
a)
gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder
b)
nach § 251 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255 des Strafgesetzbuches,
durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, und
2.
die Gesamtwürdigung des Jugendlichen und seiner Tat oder seiner Taten ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Nummer 1 bezeichneten Art begehen wird.
Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm Straftaten der in Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Art zu erwarten sind; § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. Für die Prüfung, ob die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung am Ende des Vollzugs der Jugendstrafe auszusetzen ist, und für den Eintritt der Führungsaufsicht gilt § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(3) Wird neben der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten und hat der Verurteilte das siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet, so ordnet das Gericht an, dass bereits die Jugendstrafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung zu vollziehen ist, es sei denn, dass die Resozialisierung des Verurteilten dadurch nicht besser gefördert werden kann. Diese Anordnung kann auch nachträglich erfolgen. Solange der Vollzug in einer sozialtherapeutischen Einrichtung noch nicht angeordnet oder der Gefangene noch nicht in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt worden ist, ist darüber jeweils nach sechs Monaten neu zu entscheiden. Für die nachträgliche Anordnung nach Satz 2 ist die Strafvollstreckungskammer zuständig, wenn der Betroffene das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, sonst die für die Entscheidung über Vollzugsmaßnahmen nach § 92 Absatz 2 zuständige Jugendkammer. Im Übrigen gelten zum Vollzug der Jugendstrafe § 66c Absatz 2 und § 67a Absatz 2 bis 4 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(4) Ist die wegen einer Tat der in Absatz 2 bezeichneten Art angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 des Strafgesetzbuches wegen mehrerer solcher Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Absatz 2 bezeichneten Art begehen wird.

(5) Die regelmäßige Frist zur Prüfung, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist (§ 67e des Strafgesetzbuches), beträgt in den Fällen der Absätze 2 und 4 sechs Monate, wenn die untergebrachte Person bei Beginn des Fristlaufs das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

11
aa) Die Urteilsbegründung (vgl. UA S. 3) lässt besorgen, dass das Landgericht verkannt haben könnte, dass es im vorliegenden Fall nicht der Darlegung neuer Tatsachen („nova“) bedarf. Der Darstellung ihrer Erkennbarkeit und Aussagekraft für die Gefährlichkeit des Verurteilten kommt zwar für Anträge nach § 66b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 StGB aF ausschlaggebende Bedeutung zu (BGH, Beschluss vom 3. November 2005, aaO). Demgegenüber setzt die nachträgliche Anordnung von Sicherungsverwahrung nach § 7 Abs. 2 JGG nicht das Vorliegen neuer Tatsachen voraus. Der Antrag der Staatsanwaltschaft muss dementsprechend lediglich nachvollziehbar darlegen, dass vor Ende des Vollzugs Tatsachen erkennbar gewesen sind, die auf eine erhebliche Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen. Dies ist hier unter Bezugnahme auf den besonderen Charakter der Anlasstat, Erkenntnisse aus dem Prognosegutachten des Sachverständigen R. sowie aggressive Verhaltensauffälligkeiten des Verurteilten im Vollzug geschehen.

(1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches).

(2) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
der Jugendliche zu einer Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren verurteilt wird wegen oder auch wegen eines Verbrechens
a)
gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder
b)
nach § 251 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255 des Strafgesetzbuches,
durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, und
2.
die Gesamtwürdigung des Jugendlichen und seiner Tat oder seiner Taten ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Nummer 1 bezeichneten Art begehen wird.
Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm Straftaten der in Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Art zu erwarten sind; § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. Für die Prüfung, ob die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung am Ende des Vollzugs der Jugendstrafe auszusetzen ist, und für den Eintritt der Führungsaufsicht gilt § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(3) Wird neben der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten und hat der Verurteilte das siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet, so ordnet das Gericht an, dass bereits die Jugendstrafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung zu vollziehen ist, es sei denn, dass die Resozialisierung des Verurteilten dadurch nicht besser gefördert werden kann. Diese Anordnung kann auch nachträglich erfolgen. Solange der Vollzug in einer sozialtherapeutischen Einrichtung noch nicht angeordnet oder der Gefangene noch nicht in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt worden ist, ist darüber jeweils nach sechs Monaten neu zu entscheiden. Für die nachträgliche Anordnung nach Satz 2 ist die Strafvollstreckungskammer zuständig, wenn der Betroffene das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, sonst die für die Entscheidung über Vollzugsmaßnahmen nach § 92 Absatz 2 zuständige Jugendkammer. Im Übrigen gelten zum Vollzug der Jugendstrafe § 66c Absatz 2 und § 67a Absatz 2 bis 4 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(4) Ist die wegen einer Tat der in Absatz 2 bezeichneten Art angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 des Strafgesetzbuches wegen mehrerer solcher Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Absatz 2 bezeichneten Art begehen wird.

(5) Die regelmäßige Frist zur Prüfung, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist (§ 67e des Strafgesetzbuches), beträgt in den Fällen der Absätze 2 und 4 sechs Monate, wenn die untergebrachte Person bei Beginn des Fristlaufs das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

(1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches).

(2) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
der Jugendliche zu einer Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren verurteilt wird wegen oder auch wegen eines Verbrechens
a)
gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder
b)
nach § 251 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255 des Strafgesetzbuches,
durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, und
2.
die Gesamtwürdigung des Jugendlichen und seiner Tat oder seiner Taten ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Nummer 1 bezeichneten Art begehen wird.
Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm Straftaten der in Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Art zu erwarten sind; § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. Für die Prüfung, ob die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung am Ende des Vollzugs der Jugendstrafe auszusetzen ist, und für den Eintritt der Führungsaufsicht gilt § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(3) Wird neben der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten und hat der Verurteilte das siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet, so ordnet das Gericht an, dass bereits die Jugendstrafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung zu vollziehen ist, es sei denn, dass die Resozialisierung des Verurteilten dadurch nicht besser gefördert werden kann. Diese Anordnung kann auch nachträglich erfolgen. Solange der Vollzug in einer sozialtherapeutischen Einrichtung noch nicht angeordnet oder der Gefangene noch nicht in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt worden ist, ist darüber jeweils nach sechs Monaten neu zu entscheiden. Für die nachträgliche Anordnung nach Satz 2 ist die Strafvollstreckungskammer zuständig, wenn der Betroffene das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, sonst die für die Entscheidung über Vollzugsmaßnahmen nach § 92 Absatz 2 zuständige Jugendkammer. Im Übrigen gelten zum Vollzug der Jugendstrafe § 66c Absatz 2 und § 67a Absatz 2 bis 4 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(4) Ist die wegen einer Tat der in Absatz 2 bezeichneten Art angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 des Strafgesetzbuches wegen mehrerer solcher Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Absatz 2 bezeichneten Art begehen wird.

(5) Die regelmäßige Frist zur Prüfung, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist (§ 67e des Strafgesetzbuches), beträgt in den Fällen der Absätze 2 und 4 sechs Monate, wenn die untergebrachte Person bei Beginn des Fristlaufs das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.