Bundesgerichtshof Urteil, 30. Jan. 2001 - 1 StR 454/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich hat es einen dem Angeklagten gehörenden PKW eingezogen sowie dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen und für deren Neuerteilung eine Sperrfrist bestimmt. Dieses Urteil greift die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision nur insoweit an, als das Landgericht eine besondere Schuldschwere im Sinne von § 57a Abs. 1 Nr. 2 StGB verneint hat. Der Angeklagte wendet sich mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht, gegen das Urteil insgesamt. Beide Rechtsmittel haben keinen Erfolg.II.
Der Angeklagte hatte am 22. Mai 1999 im Anschluß an einen Ausflug zum Ammersee seine Arbeitskollegin D. W. "auf näher nicht klärbare Weise, für D. W. aber jedenfalls völlig überraschend und schnell, so daß an eine Gegenwehr für sie nicht einmal zu denken war" (UA S. 12), in einen bewußtlosen Zustand versetzt. Anschließend hatte er sein Opfer mit einer mitgebrachten Kunststoffleine vom Hals bis zu den Füßen gefesselt und zwei Spanngurte um den Körper geschlungen. So verschnürt hatte der Angeklagte die betäubte Frau zum Seeufer verbracht, zwei mitgeführte Betonplatten an ihr befestigt und unter Verwendung einer Taucherausrüstung sein nach wie vor bewußtloses Opfer in den See hinaus gezogen und an einer ihm geeignet erscheinenden Stelle versinken lassen. D. W. ertrank alsbald. Das Landgericht hat die Voraussetzungen des Mordmerkmals "heimtükkisch" bejaht und ist so zu einer Verurteilung wegen Mordes nach § 211 Abs. 2 StGB gelangt. Daß der Angeklagte auch aus Habgier gehandelt hatte, vermochte die Kammer nicht festzustellen. Vieles sprach zwar "dafür, daß er die Tat beging, um an die 20.000 DM zu kommen, die D. W. tags zuvor in bar von ihrem Konto ... abgehoben hatte ... . Gewißheit darüber vermochte die Kammer indes nicht zu erlangen" (UA S. 36 f.). Auch das Merkmal der Mordlust vermochte die Kammer nicht zu bejahen. Ein Indiz hierfür sah die Kammer in der überlegt geplanten Vorgehensweise des Angeklagten. Dies allein vermochte ihr "aber nicht die Überzeugung zu vermitteln, der Angeklagte habe tatsächlich aus Mordlust getötet" (UA S. 37).III.
Revision des Angeklagten 1. Die Strafkammer hat mehrere Briefe, EDV-Ausdrucke und die schriftliche Bestellung eines Kraftfahrzeugs in der Hauptverhandlung verlesen, von einer zusätzlichen Vernehmung der Verfasser der Briefe, der Personen, die die Ausdrucke erstellt hatten, und des Bestellers jedoch abgesehen. Hierin erblickt die Revision einen Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz (§ 250 StPO). Zugleich sieht sie hierin eine Verletzung der Pflicht zur umfassenden Sachaufklärung (§ 244 Abs. 2 StPO). Die Rüge zu § 250 StPO ist unbegründet. Die Strafprozeßordnung sieht zur Beweiserhebung über den Inhalt von Urkunden und anderen als Beweismittel dienenden Schriftstücken grundsätzlich die Verlesung gemäß § 249 Abs. 1 StPO vor. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit, der in § 250 StPO zur Geltung kommt, liegt darin nicht. Es ist vielmehr eine Frage der Aufklärungspflicht und der Beweiswürdigung, ob sich das Gericht mit der Verlesung begnügen darf. Die insoweit erhobene Rüge zu § 244 Abs. 2 StPO ist unzulässig. Der Beschwerdeführer trägt bereits nicht vor, was die Zeugen zu seiner Entlastung - über den Inhalt der genannten Schriftstücke hinaus - ausgesagt hätten (vgl. BGHR StPO § 250 Satz 1 Unmittelbarkeit 1). 2. Die auf eine Verletzung von §§ 55 Abs. 2 und 136 Abs. 1 Satz 2, 163a Abs. 4 StPO gestützte Verfahrensbeschwerde ist unbegründet. Der Angeklagte beanstandet die Vernehmung der Polizeibeamten L. und K. . Was diese zum Inhalt der (Zeugen-)Aussage des Angeklagten vom 14., 15., 18., 21., und 22. Juni sowie 6. Juli 1999 ausgesagt haben, hätte das Landgericht nicht verwerten dürfen. Der Angeklagte sei damals weder als Zeuge nach § 55 StPOnoch, obwohl er als tatverdächtig angesehen worden sei, als Beschuldigter belehrt worden. Grundsätzlich dürfen Ä ußerungen eines Beschuldigten, die dieser ohne vorangegangene Belehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO in einer Vernehmung gemacht hat, in die Hauptverhandlung nicht eingeführt und verwertet werden. Beschuldigter in diesem Sinne ist aber nur der Tatverdächtige, gegen den das Verfahren als Beschuldigter betrieben wird. Nicht jeder Tatverdacht begründet bereits die Beschuldigteneigenschaft mit entsprechender Belehrungspflicht , es kommt vielmehr auf die Stärke des Tatverdachts an. Nach pflichtgemäßer Beurteilung der Strafverfolgungsbehörde ist dann von der Zeugen - zur Beschuldigtenvernehmung überzugehen, wenn sich der Verdacht so verdichtet hat, daß die vernommene Person ernstlich als Täter der untersuchten Straftat in Betracht kommt (BGHR StPO § 136 Belehrung 6). Das war hier nicht der Fall: Der Angeklagte hatte am 27. Mai 1999 seine Arbeitskollegin D. W. bei der Polizei als vermißt gemeldet und ist in der darauf hin eingeleiteten Vermißtensache mehrmals als Zeuge vernommen worden, weil er nach seinen Angaben der letzte Bekannte war, der zu ihr Kontakt hatte. Ein Tatverdacht gegen den Angeklagten ergab sich erst, nachdem das Opfer am 2. Juli 1999 identifiziert worden war. Gleichwohl konnte der Angeklagte auch am 6. Juli 1999 zunächst noch als Zeuge vernommen werden. Erst als der Angeklagte bei dieser Vernehmung - zuvor war er nach §§ 52, 55 StPO belehrt worden - einräumte, er habe solche Spanngurte, wie sie an der Leiche sichergestellt worden waren, hatte sich für den Vernehmungsbeamten der Tatverdacht so verdichtet, daß er den Angeklagten nach entsprechender Belehrung als Beschuldigten weiter befragte. Im übrigen hat der Angeklagte nach der Beschul-
digtenbelehrung erklärt, er habe nichts zu verbergen und, ebenso wie später beim Haftrichter, weiter umfassend ausgesagt. 3. Die Verfahrensrüge zu §§ 245, 261 StPO ist - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - unbegründet. Prof. Dr. Eisenmenger wurde als Sachverständiger und zugleich als Zeuge vernommen. Über seine Vereidigung, soweit er als Zeuge ausgesagt hatte, wurde entschieden. 4. Die Sachrüge ist unbegründet. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Annahme des Landgerichts , der Angeklagte habe heimtückisch im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB gehandelt , begegnet im Ergebnis weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
IV.
Revision der Staatsanwaltschaft Die Revision ist zulässig darauf beschränkt, das Landgericht habe zu Unrecht ein weiteres Mordmerkmal und deshalb die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld verneint (BGHSt 41, 57). Insoweit wird die Verletzung sachlichen Rechts gerügt und insbesondere geltend gemacht, das Landgericht habe das Mordmerkmal der "sonstigen niedrigen Beweggründe" zu Unrecht nicht bejaht, weil nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, daß die Tat über einen längeren Zeitraum ausgeklügelt worden sei und sich der Tatablauf - wenn die Fahrt an den Ammersee einbezogen werde - über einen Zeitraum von mehr als vier Stunden hingezogen habe. Zudem habe das Landgericht nicht ausreichend bedacht, daß das Verhalten des Angeklagten nicht nurheimtückisch, sondern auch hinterlistig und hinterhältig gewesen sei; der Angeklagte habe Freundschaft und einen gemeinsamen Ausflug vorgetäuscht, um seinen schon zuvor gefaßten Mordplan zu verwirklichen. Auch habe der Angeklagte nach der Betäubung des Opfers noch umfangreiche Vorbereitungen treffen müssen, bevor er dessen Tod herbeiführte. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die Begründung, mit der das Landgericht eine besondere Schuldschwere i. S. d. § 57a StGB verneint hat, hält rechtlicher Nachprüfung stand. Es obliegt dem Tatrichter, unter Würdigung aller hierfür erheblichen Umstände die Schuld des Angeklagten im Sinne des § 57a StGB abzuwägen; das Revisionsgericht darf seine Wertung nicht an die Stelle derjenigen des Tatrichters setzen , sondern hat nur zu prüfen, ob dieser alle maßgeblichen Umstände bedacht hat (vgl. BGHSt 41, 57, 62 und BGHR StGB § 57a Abs. 1 Schuldschwere 22 jew. m.w.N.). Nach diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab weist die tatrichterliche Entscheidung keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Der Tatrichter hat im Rahmen einer Gesamtschau die erschwerend und mildernd zu Buche schlagenden Umstände der Tat, die der Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe zugrunde liegen, gegeneinander abgewogen. Dabei hat der Tatrichter die gegen den Angeklagten sprechenden Aspekte nicht übersehen. Dazu gehört die präzise Planung und Vorbereitung der Tat durch den Angeklagten. Daß die Kammer übersehen haben könnte, in welch besonderem Maß der Angeklagte heimtückisch gehandelt hat, schließt der Senat aus. Auf die Planung und Vorbereitung der Tat hat die Kammer im Rahmen der Begründung ihrer Entscheidung zu § 57a StGB ausdrücklich hingewiesen. Die Gegebenheiten der planmäßig ausgeführten Tat und den Umstand, daß der Angeklagte
über einen längeren Zeitraum hinweg nicht davon Abstand genommen hat, seine Tötungsabsicht umzusetzen, hat der Tatrichter detailliert festgestellt. Auch insoweit ist auszuschließen, daß der Tatrichter die genannten Umstände bei der Entscheidung nach § 57a StGB etwa übersehen hat. Ein Schweigen der Urteilsgründe über bestimmte Gesichtspunkte muß nicht stets besorgen lassen, daß diese Aspekte übersehen worden sind. Die Darlegung sämtlicher Erwägungen ist weder nötig noch möglich (BGH NStZ-RR 1996, 321). Daß der Angeklagte aus Habgier gehandelt haben könnte, hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei ausgeschlossen. Eine ausdrückliche Erörterung darüber, ob niedrige Beweggründe im Sinne des § 211 StGB vorliegen, war nach dem festgestellten Sachverhalt nicht geboten. Soweit die Strafkammer dabei auf das Verhalten des Angeklagten vor der Tat abstellt, durch das er das Opfer in Sicherheit gewiegt hat, handelt es sich nicht um Beweggründe der Tat, sondern allenfalls um Umstände, die die Annahme heimtückischen Verhaltens begründen. Schäfer Wahl Schluckebier Hebenstreit Schaal
moreResultsText
Annotations
(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn
- 1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind, - 2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und - 3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.
(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.
(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer Erklärung ersetzt werden.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.
Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer Erklärung ersetzt werden.
(1) Urkunden sind zum Zweck der Beweiserhebung über ihren Inhalt in der Hauptverhandlung zu verlesen. Elektronische Dokumente sind Urkunden, soweit sie verlesbar sind.
(2) Von der Verlesung kann, außer in den Fällen der §§ 253 und 254, abgesehen werden, wenn die Richter und Schöffen vom Wortlaut der Urkunde Kenntnis genommen haben und die übrigen Beteiligten hierzu Gelegenheit hatten. Widerspricht der Staatsanwalt, der Angeklagte oder der Verteidiger unverzüglich der Anordnung des Vorsitzenden, nach Satz 1 zu verfahren, so entscheidet das Gericht. Die Anordnung des Vorsitzenden, die Feststellungen über die Kenntnisnahme und die Gelegenheit hierzu und der Widerspruch sind in das Protokoll aufzunehmen.
Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer Erklärung ersetzt werden.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.
Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer Erklärung ersetzt werden.
(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.
(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.
(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.
(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.
(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.
(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn
- 1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder - 2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
(5) § 58b gilt entsprechend.
(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt
- 1.
der Verlobte des Beschuldigten; - 2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht; - 2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht; - 3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.
(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.
(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.
(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.
(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.
(1) Die Beweisaufnahme ist auf alle vom Gericht vorgeladenen und auch erschienenen Zeugen und Sachverständigen sowie auf die sonstigen nach § 214 Abs. 4 vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft herbeigeschafften Beweismittel zu erstrecken, es sei denn, daß die Beweiserhebung unzulässig ist. Von der Erhebung einzelner Beweise kann abgesehen werden, wenn die Staatsanwaltschaft, der Verteidiger und der Angeklagte damit einverstanden sind.
(2) Zu einer Erstreckung der Beweisaufnahme auf die vom Angeklagten oder der Staatsanwaltschaft vorgeladenen und auch erschienenen Zeugen und Sachverständigen sowie auf die sonstigen herbeigeschafften Beweismittel ist das Gericht nur verpflichtet, wenn ein Beweisantrag gestellt wird. Der Antrag ist abzulehnen, wenn die Beweiserhebung unzulässig ist. Im übrigen darf er nur abgelehnt werden, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen oder offenkundig ist, wenn zwischen ihr und dem Gegenstand der Urteilsfindung kein Zusammenhang besteht oder wenn das Beweismittel völlig ungeeignet ist.
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn
- 1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind, - 2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und - 3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.
(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.
(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.