Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2004 - 1 StR 566/03

bei uns veröffentlicht am12.02.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung ja
Der Augenschein durch Vorführen der zu Beweiszwecken erstellten Bild-TonAufzeichnung
über die Erklärung eines Zeugen ist im Zusammenhang mit seiner
Vernehmung zulässig (Fortführung von BGHSt 48, 268).
BGH, Beschluß vom 12. Februar 2004 - 1 StR 566/03 – LG Stuttgart

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 566/03
vom
12. Februar 2004
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Februar 2004 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 12. August 2003
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß in den Fällen II. 1 und 2 der Urteilsgründe die Verurteilung wegen jeweils tateinheitlich begangenen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen entfällt,
b) im Strafausspruch dahin ergänzt, daß zum Ausgleich für die 30 Arbeitsstunden, die der Angeklagte in teilweiser Erfüllung der ihm durch das Amtsgericht Heilbronn am 6. Juli 2000 erteilten Bewährungsauflage geleistet hat, fünf Tage Freiheitsstrafe auf die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren angerechnet wird.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe:


Dem Angeklagten liegt zur Last, seine beiden minderjährigen Stieftöchter M. und A. ab 1995 in einer Vielzahl von Fällen mißbraucht zu haben. Das Landgericht hat ihn deshalb wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen in vier Fällen , wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen in 13 Fällen unter Einbeziehung einer Verurteilung des Amtsgerichts Heilbronn vom 6. Juli 2000 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen in 17 Fällen, wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen in vier Fällen, wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in 13 Fällen sowie wegen Beleidigung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit Verfahrensrügen und der allgemein erhobenen Sachrüge. Das Rechtsmittel führt zu geringfügigen Änderungen im Schuldspruch und im Strafausspruch und hat im übrigen keinen Erfolg.

I.


1. Die Verfahrensrüge, das Landgericht habe es unter Verstoß gegen die Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) unterlassen, nach dem letzten Wort des Angeklagten erneut in die Beweisaufnahme einzutreten, hat keinen Erfolg. Die Revision trägt selbst vor, der Angeklagte habe nur erklärt, es sei über die von ihm eingeräumten drei Fälle zu weiteren sexuellen Handlungen mit der Geschädigten M. gekommen. Einzelheiten hat er nicht mitgeteilt. Wie der
Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend dargelegt hat, wäre es dem Angeklagten unbenommen gewesen, zu erklären, nunmehr „reinen Tisch“ machen zu wollen. Damit hätte er selbst den Wiedereintritt in die Beweisaufnahme herbeiführen können. Daß das Landgericht dem Angeklagten verwehrt hätte, ein weitergehendes Geständnis abzulegen, behauptet die Revision nicht.
2. Die Verfahrensbeschwerde wegen Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes nach § 250 StPO dringt ebenfalls nicht durch. Der Rüge liegt folgender Verfahrensablauf zugrunde:

a) Die Strafkammer hat am ersten Verhandlungstag die beiden geschädigten Mädchen M. und A. als Zeuginnen vernommen und sie im Anschluß daran entlassen. Am zweiten Verhandlungstag hat sie die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung der ermittlungsrichterlichen Vernehmung der Geschädigten vom 3. April 2003 vor dem Amtsgericht Waiblingen beschlossen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, die Vorführung werde auf § 255a Abs. 2 StPO gestützt, da die Zeuginnen unter 16 Jahre seien und der Angeklagte und sein Verteidiger der aufgezeichneten Vernehmung beigewohnt hätten. Der Umstand, daß die Geschädigten bereits in der Hauptverhandlung vernommen worden seien, hindere die Inaugenscheinnahme der Bild-TonAufzeichnung nicht. Die Angaben der Zeuginnen bei dieser Vernehmung müßten zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht werden, um die Konstanz der Aussagen zu überprüfen.

b) Die Verteidigung hat in der Hauptverhandlung der Vorführung und der Verwertung der Bild-Ton-Aufzeichnung widersprochen. Mit ihrer Revision macht sie geltend, die Strafkammer habe mit der Vorführung der Bild-Ton-
Aufzeichnung nach der persönlichen Vernehmung der beiden Zeuginnen nicht nur gegen § 255a StPO, sondern auch gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz verstoßen. Die Zeuginnen hätten in ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung ausführlich ausgesagt. Durch die Vorführung der gesamten Bild-TonAufzeichnung sei es zu einer kompletten Wiederholung der gesamten Aussagen zum Tatgeschehen gekommen. Hinsichtlich der sich ergebenden Differenzen habe die Verteidigung aus Gründen des Opferschutzes auf ihr Nachbefragungsrecht verzichtet. Die Verteidigung hätte in einer anschließenden Vernehmung die Zeuginnen zu Differenzen zu der vorher in Augenschein genommenen Bild-Ton-Aufzeichnung befragen können.

c) Die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung der ermittlungsrichterlichen Vernehmung des Zeugen neben dessen persönlicher Vernehmung ist zulässig; sie verstößt nicht gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz (§ 250 StPO).
Zu einer ergänzenden Protokollverlesung im Wege des Urkundenbeweises hat der Bundesgerichtshof (BGHSt 20, 160, 161 f.; vgl. im übrigen auch RGSt 37, 317 f.; BGH NStZ 1995, 609; BGH, Beschluß vom 30. Januar 2001 – 1 StR 454/00; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 250 Rdn. 17 f.; G. Schäfer, Die Praxis des Strafverfahrens 6. Aufl. Rdn. 1094) ausgeführt:
§ 250 StPO untersagt nämlich nur die E r s e t z u n g der Zeugenaussage durch die Verwertung einer berichtenden, zu Beweiszwecken erstellten Urkunde , mag es sich dabei nun um ein Protokoll oder um eine schriftliche Erklärung des Zeugen handeln. Daß n e b e n der Vernehmung der in Betracht kommenden Person als Zeuge eine frühere protokollarisch oder in einer schriftlichen Erklärung festgehaltene Äußerung dieser Person im Wege des Urkun-
denbeweises verwertet wird, verbietet die Vorschrift nicht. (…) Das Gesetz hat insofern in § 253 StPO nur eine besondere Vorkehrung für die Verwendung von P r o t o k o l l e n getroffen, deren Verlesung zum Zweck des Urkundenbeweises es erst (als letzten Ausweg) zuläßt, nachdem Vorhalte aus dem Protokoll keine Übereinstimmung der gegenwärtigen Aussage mit dem Inhalt des Protokolls bewirkt und auch nicht dazu geführt haben, daß der Zeuge bekundete , bei der Aufnahme des Protokolls abweichend von seiner gegenwärtigen Aussage tatsächlich das im Protokoll Festgehaltene ausgesagt zu haben. Indessen kann hieraus nicht der Schluß gezogen werden, daß das Gesetz die Verwertung schriftlicher Erklärungen neben der Zeugenaussage überhaupt verbiete, … , noch kann daraus gefolgert werden, daß § 253 StPO auf schriftliche Erklärungen entsprechend anzuwenden, die Verlesung zum Zweck des Urkundenbeweises also erst nach vergeblichen Vorhalten zulässig sei. Es ist vielmehr von dem der Systematik des Gesetzes zu entnehmenden allgemeinen Grundsatz auszugehen, daß das Gesetz den Urkundenbeweis zuläßt, wo es ihn nicht ausdrücklich untersagt.“
Diese Grundsätze gelten auch für die ergänzende (nicht ersetzende) Inaugenscheinnahme der Bild-Ton-Aufzeichnung der ermittlungsrichterlichen Zeugenvernehmung. Das „Videoprotokoll“ ist insoweit der Niederschrift einer Zeugenvernehmung gleichzusetzen. In Fällen dieser Art kommt auch § 255a StPO als Rechtsgrundlage für die Vorführung nicht in Betracht, weil diese Bestimmung nur die vernehmungsersetzende Vorführung regelt (vgl. BGHSt 48, 268). Eine ergänzende Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung kann insbesondere zur Prüfung der Aussagekonstanz in Betracht kommen (vgl. BGHSt 20, 160, 161 f.). Wegen des authentischen Beweiswerts der Bild-TonAufzeichnung ist eine Vernehmung des Ermittlungsrichters regelmäßig nicht
veranlaßt. Auch insoweit ist der Unmittelbarkeitsgrundsatz nicht berührt. Denn der Beweis zur Aussage des Zeugen beim Ermittlungsrichter beruht nicht „auf der Wahrnehmung einer Person“ (§ 250 StPO), sondern auf der Bild-TonAufzeichnung als Augenscheinsobjekt.

d) Der Senat sieht für Fälle der vorliegenden Art Anlaß zu folgendem Hinweis: Der Tatrichter hat sich regelmäßig zunächst die Frage vorzulegen, ob die persönliche Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung nach § 255a Abs. 2 StPO ersetzt werden kann. Dabei hat er die Zwecksetzung dieser Bestimmung zu bedenken, zum Schutz kindlicher Zeugen deren wiederholte Vernehmung zu vermeiden. Macht er von der Vernehmungsersetzung Gebrauch , so ist die durch Vorspielen der Bild-Ton-Aufzeichnung eingeführte Vernehmung so zu behandeln, als sei der Zeuge in der Hauptverhandlung selbst gehört worden. Im Ausnahmefall kann danach die ergänzende Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung nach Maßgabe der Aufklärungspflicht oder auch des Beweisantragsrechts erforderlich werden (dazu BGHSt 48, 268).
Kommt der Tatrichter allerdings bei der Vorbereitung der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, daß die persönliche (originäre) Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung unabweisbar geboten ist und nicht durch das Vorspielen der Aufzeichnung der früheren richterlichen Vernehmung ersetzt werden kann, so ist er von Rechts wegen nicht gehindert, dem Zeugen bei der Vernehmung die Bild-Ton-Aufzeichnung vorzuhalten oder sie im Anschluß ergänzend durch Vorspielen in Augenschein zu nehmen, etwa um die Frage der Aussagekonstanz zu beurteilen.

II.


Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat bis auf die aus dem Tenor ersichtlichen Änderungen im Schuld- und Strafausspruch, die aus den Gründen, die der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend dargelegt hat und denen sich der Senat anschließt, erforderlich waren, keinen den Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben.
Herr RiBGH Schluckebier befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift gehindert. Nack Boetticher Nack Hebenstreit Elf

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 250 Grundsatz der persönlichen Vernehmung


Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer Erklärung ersetzt wer

Strafprozeßordnung - StPO | § 253 Protokollverlesung zur Gedächtnisunterstützung


(1) Erklärt ein Zeuge oder Sachverständiger, daß er sich einer Tatsache nicht mehr erinnere, so kann der hierauf bezügliche Teil des Protokolls über seine frühere Vernehmung zur Unterstützung seines Gedächtnisses verlesen werden. (2) Dasselbe kan

Strafprozeßordnung - StPO | § 255a Vorführung einer aufgezeichneten Zeugenvernehmung


(1) Für die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung einer Zeugenvernehmung gelten die Vorschriften zur Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung gemäß §§ 251, 252, 253 und 255 entsprechend. (2) In Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle

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Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer Erklärung ersetzt werden.

(1) Für die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung einer Zeugenvernehmung gelten die Vorschriften zur Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung gemäß §§ 251, 252, 253 und 255 entsprechend.

(2) In Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184k des Strafgesetzbuches) oder gegen das Leben (§§ 211 bis 222 des Strafgesetzbuches), wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 des Strafgesetzbuches) oder wegen Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches kann die Vernehmung eines Zeugen unter 18 Jahren durch die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung seiner früheren richterlichen Vernehmung ersetzt werden, wenn der Angeklagte und sein Verteidiger Gelegenheit hatten, an dieser mitzuwirken, und wenn der Zeuge, dessen Vernehmung nach § 58a Absatz 1 Satz 3 in Bild und Ton aufgezeichnet worden ist, der vernehmungsersetzenden Vorführung dieser Aufzeichnung in der Hauptverhandlung nicht unmittelbar nach der aufgezeichneten Vernehmung widersprochen hat. Dies gilt auch für Zeugen, die Verletzte einer dieser Straftaten sind und zur Zeit der Tat unter 18 Jahre alt waren oder Verletzte einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184k des Strafgesetzbuches) sind. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung auch die schutzwürdigen Interessen des Zeugen zu berücksichtigen und den Grund für die Vorführung bekanntzugeben. Eine ergänzende Vernehmung des Zeugen ist zulässig.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer Erklärung ersetzt werden.

(1) Für die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung einer Zeugenvernehmung gelten die Vorschriften zur Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung gemäß §§ 251, 252, 253 und 255 entsprechend.

(2) In Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184k des Strafgesetzbuches) oder gegen das Leben (§§ 211 bis 222 des Strafgesetzbuches), wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 des Strafgesetzbuches) oder wegen Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches kann die Vernehmung eines Zeugen unter 18 Jahren durch die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung seiner früheren richterlichen Vernehmung ersetzt werden, wenn der Angeklagte und sein Verteidiger Gelegenheit hatten, an dieser mitzuwirken, und wenn der Zeuge, dessen Vernehmung nach § 58a Absatz 1 Satz 3 in Bild und Ton aufgezeichnet worden ist, der vernehmungsersetzenden Vorführung dieser Aufzeichnung in der Hauptverhandlung nicht unmittelbar nach der aufgezeichneten Vernehmung widersprochen hat. Dies gilt auch für Zeugen, die Verletzte einer dieser Straftaten sind und zur Zeit der Tat unter 18 Jahre alt waren oder Verletzte einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184k des Strafgesetzbuches) sind. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung auch die schutzwürdigen Interessen des Zeugen zu berücksichtigen und den Grund für die Vorführung bekanntzugeben. Eine ergänzende Vernehmung des Zeugen ist zulässig.

Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer Erklärung ersetzt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 454/00
vom
30. Januar 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. Januar 2001,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Schluckebier,
Hebenstreit,
Schaal,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Nebenklägervertreterin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 4. Mai 2000 werden verworfen. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich hat es einen dem Angeklagten gehörenden PKW eingezogen sowie dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen und für deren Neuerteilung eine Sperrfrist bestimmt. Dieses Urteil greift die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision nur insoweit an, als das Landgericht eine besondere Schuldschwere im Sinne von § 57a Abs. 1 Nr. 2 StGB verneint hat. Der Angeklagte wendet sich mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht, gegen das Urteil insgesamt. Beide Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

II.

Der Angeklagte hatte am 22. Mai 1999 im Anschluß an einen Ausflug zum Ammersee seine Arbeitskollegin D. W. "auf näher nicht klärbare Weise, für D. W. aber jedenfalls völlig überraschend und schnell, so daß an eine Gegenwehr für sie nicht einmal zu denken war" (UA S. 12), in einen bewußtlosen Zustand versetzt. Anschließend hatte er sein Opfer mit einer mitgebrachten Kunststoffleine vom Hals bis zu den Füßen gefesselt und zwei Spanngurte um den Körper geschlungen. So verschnürt hatte der Angeklagte die betäubte Frau zum Seeufer verbracht, zwei mitgeführte Betonplatten an ihr befestigt und unter Verwendung einer Taucherausrüstung sein nach wie vor bewußtloses Opfer in den See hinaus gezogen und an einer ihm geeignet erscheinenden Stelle versinken lassen. D. W. ertrank alsbald. Das Landgericht hat die Voraussetzungen des Mordmerkmals "heimtükkisch" bejaht und ist so zu einer Verurteilung wegen Mordes nach § 211 Abs. 2 StGB gelangt. Daß der Angeklagte auch aus Habgier gehandelt hatte, vermochte die Kammer nicht festzustellen. Vieles sprach zwar "dafür, daß er die Tat beging, um an die 20.000 DM zu kommen, die D. W. tags zuvor in bar von ihrem Konto ... abgehoben hatte ... . Gewißheit darüber vermochte die Kammer indes nicht zu erlangen" (UA S. 36 f.). Auch das Merkmal der Mordlust vermochte die Kammer nicht zu bejahen. Ein Indiz hierfür sah die Kammer in der überlegt geplanten Vorgehensweise des Angeklagten. Dies allein vermochte ihr "aber nicht die Überzeugung zu vermitteln, der Angeklagte habe tatsächlich aus Mordlust getötet" (UA S. 37).

III.

Revision des Angeklagten 1. Die Strafkammer hat mehrere Briefe, EDV-Ausdrucke und die schriftliche Bestellung eines Kraftfahrzeugs in der Hauptverhandlung verlesen, von einer zusätzlichen Vernehmung der Verfasser der Briefe, der Personen, die die Ausdrucke erstellt hatten, und des Bestellers jedoch abgesehen. Hierin erblickt die Revision einen Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz (§ 250 StPO). Zugleich sieht sie hierin eine Verletzung der Pflicht zur umfassenden Sachaufklärung (§ 244 Abs. 2 StPO). Die Rüge zu § 250 StPO ist unbegründet. Die Strafprozeßordnung sieht zur Beweiserhebung über den Inhalt von Urkunden und anderen als Beweismittel dienenden Schriftstücken grundsätzlich die Verlesung gemäß § 249 Abs. 1 StPO vor. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit, der in § 250 StPO zur Geltung kommt, liegt darin nicht. Es ist vielmehr eine Frage der Aufklärungspflicht und der Beweiswürdigung, ob sich das Gericht mit der Verlesung begnügen darf. Die insoweit erhobene Rüge zu § 244 Abs. 2 StPO ist unzulässig. Der Beschwerdeführer trägt bereits nicht vor, was die Zeugen zu seiner Entlastung - über den Inhalt der genannten Schriftstücke hinaus - ausgesagt hätten (vgl. BGHR StPO § 250 Satz 1 Unmittelbarkeit 1). 2. Die auf eine Verletzung von §§ 55 Abs. 2 und 136 Abs. 1 Satz 2, 163a Abs. 4 StPO gestützte Verfahrensbeschwerde ist unbegründet. Der Angeklagte beanstandet die Vernehmung der Polizeibeamten L. und K. . Was diese zum Inhalt der (Zeugen-)Aussage des Angeklagten vom 14., 15., 18., 21., und 22. Juni sowie 6. Juli 1999 ausgesagt haben, hätte das Landgericht nicht verwerten dürfen. Der Angeklagte sei damals weder als Zeuge nach § 55 StPO
noch, obwohl er als tatverdächtig angesehen worden sei, als Beschuldigter belehrt worden. Grundsätzlich dürfen Ä ußerungen eines Beschuldigten, die dieser ohne vorangegangene Belehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO in einer Vernehmung gemacht hat, in die Hauptverhandlung nicht eingeführt und verwertet werden. Beschuldigter in diesem Sinne ist aber nur der Tatverdächtige, gegen den das Verfahren als Beschuldigter betrieben wird. Nicht jeder Tatverdacht begründet bereits die Beschuldigteneigenschaft mit entsprechender Belehrungspflicht , es kommt vielmehr auf die Stärke des Tatverdachts an. Nach pflichtgemäßer Beurteilung der Strafverfolgungsbehörde ist dann von der Zeugen - zur Beschuldigtenvernehmung überzugehen, wenn sich der Verdacht so verdichtet hat, daß die vernommene Person ernstlich als Täter der untersuchten Straftat in Betracht kommt (BGHR StPO § 136 Belehrung 6). Das war hier nicht der Fall: Der Angeklagte hatte am 27. Mai 1999 seine Arbeitskollegin D. W. bei der Polizei als vermißt gemeldet und ist in der darauf hin eingeleiteten Vermißtensache mehrmals als Zeuge vernommen worden, weil er nach seinen Angaben der letzte Bekannte war, der zu ihr Kontakt hatte. Ein Tatverdacht gegen den Angeklagten ergab sich erst, nachdem das Opfer am 2. Juli 1999 identifiziert worden war. Gleichwohl konnte der Angeklagte auch am 6. Juli 1999 zunächst noch als Zeuge vernommen werden. Erst als der Angeklagte bei dieser Vernehmung - zuvor war er nach §§ 52, 55 StPO belehrt worden - einräumte, er habe solche Spanngurte, wie sie an der Leiche sichergestellt worden waren, hatte sich für den Vernehmungsbeamten der Tatverdacht so verdichtet, daß er den Angeklagten nach entsprechender Belehrung als Beschuldigten weiter befragte. Im übrigen hat der Angeklagte nach der Beschul-
digtenbelehrung erklärt, er habe nichts zu verbergen und, ebenso wie später beim Haftrichter, weiter umfassend ausgesagt. 3. Die Verfahrensrüge zu §§ 245, 261 StPO ist - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - unbegründet. Prof. Dr. Eisenmenger wurde als Sachverständiger und zugleich als Zeuge vernommen. Über seine Vereidigung, soweit er als Zeuge ausgesagt hatte, wurde entschieden. 4. Die Sachrüge ist unbegründet. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Annahme des Landgerichts , der Angeklagte habe heimtückisch im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB gehandelt , begegnet im Ergebnis weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

IV.

Revision der Staatsanwaltschaft Die Revision ist zulässig darauf beschränkt, das Landgericht habe zu Unrecht ein weiteres Mordmerkmal und deshalb die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld verneint (BGHSt 41, 57). Insoweit wird die Verletzung sachlichen Rechts gerügt und insbesondere geltend gemacht, das Landgericht habe das Mordmerkmal der "sonstigen niedrigen Beweggründe" zu Unrecht nicht bejaht, weil nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, daß die Tat über einen längeren Zeitraum ausgeklügelt worden sei und sich der Tatablauf - wenn die Fahrt an den Ammersee einbezogen werde - über einen Zeitraum von mehr als vier Stunden hingezogen habe. Zudem habe das Landgericht nicht ausreichend bedacht, daß das Verhalten des Angeklagten nicht nur
heimtückisch, sondern auch hinterlistig und hinterhältig gewesen sei; der Angeklagte habe Freundschaft und einen gemeinsamen Ausflug vorgetäuscht, um seinen schon zuvor gefaßten Mordplan zu verwirklichen. Auch habe der Angeklagte nach der Betäubung des Opfers noch umfangreiche Vorbereitungen treffen müssen, bevor er dessen Tod herbeiführte. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die Begründung, mit der das Landgericht eine besondere Schuldschwere i. S. d. § 57a StGB verneint hat, hält rechtlicher Nachprüfung stand. Es obliegt dem Tatrichter, unter Würdigung aller hierfür erheblichen Umstände die Schuld des Angeklagten im Sinne des § 57a StGB abzuwägen; das Revisionsgericht darf seine Wertung nicht an die Stelle derjenigen des Tatrichters setzen , sondern hat nur zu prüfen, ob dieser alle maßgeblichen Umstände bedacht hat (vgl. BGHSt 41, 57, 62 und BGHR StGB § 57a Abs. 1 Schuldschwere 22 jew. m.w.N.). Nach diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab weist die tatrichterliche Entscheidung keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Der Tatrichter hat im Rahmen einer Gesamtschau die erschwerend und mildernd zu Buche schlagenden Umstände der Tat, die der Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe zugrunde liegen, gegeneinander abgewogen. Dabei hat der Tatrichter die gegen den Angeklagten sprechenden Aspekte nicht übersehen. Dazu gehört die präzise Planung und Vorbereitung der Tat durch den Angeklagten. Daß die Kammer übersehen haben könnte, in welch besonderem Maß der Angeklagte heimtückisch gehandelt hat, schließt der Senat aus. Auf die Planung und Vorbereitung der Tat hat die Kammer im Rahmen der Begründung ihrer Entscheidung zu § 57a StGB ausdrücklich hingewiesen. Die Gegebenheiten der planmäßig ausgeführten Tat und den Umstand, daß der Angeklagte
über einen längeren Zeitraum hinweg nicht davon Abstand genommen hat, seine Tötungsabsicht umzusetzen, hat der Tatrichter detailliert festgestellt. Auch insoweit ist auszuschließen, daß der Tatrichter die genannten Umstände bei der Entscheidung nach § 57a StGB etwa übersehen hat. Ein Schweigen der Urteilsgründe über bestimmte Gesichtspunkte muß nicht stets besorgen lassen, daß diese Aspekte übersehen worden sind. Die Darlegung sämtlicher Erwägungen ist weder nötig noch möglich (BGH NStZ-RR 1996, 321). Daß der Angeklagte aus Habgier gehandelt haben könnte, hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei ausgeschlossen. Eine ausdrückliche Erörterung darüber, ob niedrige Beweggründe im Sinne des § 211 StGB vorliegen, war nach dem festgestellten Sachverhalt nicht geboten. Soweit die Strafkammer dabei auf das Verhalten des Angeklagten vor der Tat abstellt, durch das er das Opfer in Sicherheit gewiegt hat, handelt es sich nicht um Beweggründe der Tat, sondern allenfalls um Umstände, die die Annahme heimtückischen Verhaltens begründen. Schäfer Wahl Schluckebier Hebenstreit Schaal

Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer Erklärung ersetzt werden.

(1) Erklärt ein Zeuge oder Sachverständiger, daß er sich einer Tatsache nicht mehr erinnere, so kann der hierauf bezügliche Teil des Protokolls über seine frühere Vernehmung zur Unterstützung seines Gedächtnisses verlesen werden.

(2) Dasselbe kann geschehen, wenn ein in der Vernehmung hervortretender Widerspruch mit der früheren Aussage nicht auf andere Weise ohne Unterbrechung der Hauptverhandlung festgestellt oder behoben werden kann.

(1) Für die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung einer Zeugenvernehmung gelten die Vorschriften zur Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung gemäß §§ 251, 252, 253 und 255 entsprechend.

(2) In Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184k des Strafgesetzbuches) oder gegen das Leben (§§ 211 bis 222 des Strafgesetzbuches), wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 des Strafgesetzbuches) oder wegen Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches kann die Vernehmung eines Zeugen unter 18 Jahren durch die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung seiner früheren richterlichen Vernehmung ersetzt werden, wenn der Angeklagte und sein Verteidiger Gelegenheit hatten, an dieser mitzuwirken, und wenn der Zeuge, dessen Vernehmung nach § 58a Absatz 1 Satz 3 in Bild und Ton aufgezeichnet worden ist, der vernehmungsersetzenden Vorführung dieser Aufzeichnung in der Hauptverhandlung nicht unmittelbar nach der aufgezeichneten Vernehmung widersprochen hat. Dies gilt auch für Zeugen, die Verletzte einer dieser Straftaten sind und zur Zeit der Tat unter 18 Jahre alt waren oder Verletzte einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184k des Strafgesetzbuches) sind. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung auch die schutzwürdigen Interessen des Zeugen zu berücksichtigen und den Grund für die Vorführung bekanntzugeben. Eine ergänzende Vernehmung des Zeugen ist zulässig.

Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer Erklärung ersetzt werden.

(1) Für die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung einer Zeugenvernehmung gelten die Vorschriften zur Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung gemäß §§ 251, 252, 253 und 255 entsprechend.

(2) In Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184k des Strafgesetzbuches) oder gegen das Leben (§§ 211 bis 222 des Strafgesetzbuches), wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 des Strafgesetzbuches) oder wegen Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches kann die Vernehmung eines Zeugen unter 18 Jahren durch die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung seiner früheren richterlichen Vernehmung ersetzt werden, wenn der Angeklagte und sein Verteidiger Gelegenheit hatten, an dieser mitzuwirken, und wenn der Zeuge, dessen Vernehmung nach § 58a Absatz 1 Satz 3 in Bild und Ton aufgezeichnet worden ist, der vernehmungsersetzenden Vorführung dieser Aufzeichnung in der Hauptverhandlung nicht unmittelbar nach der aufgezeichneten Vernehmung widersprochen hat. Dies gilt auch für Zeugen, die Verletzte einer dieser Straftaten sind und zur Zeit der Tat unter 18 Jahre alt waren oder Verletzte einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184k des Strafgesetzbuches) sind. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung auch die schutzwürdigen Interessen des Zeugen zu berücksichtigen und den Grund für die Vorführung bekanntzugeben. Eine ergänzende Vernehmung des Zeugen ist zulässig.