Bundesgerichtshof Urteil, 20. Jan. 2004 - 1 StR 319/03
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
2. Die Staatskasse trägt die Kosten der Revision der Staatsanwalt- schaft und die durch dieses Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten.
3. Der Angeklagte trägt die Kosten seiner Revision und die durch dieses Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenkläger.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung und wegen fahrlässiger Körperverletzung in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 90 freigesprochen. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die sie auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt und auf die Sachbeschwerde gestützt hat, erstrebt die Staatsanwaltschaft die Verurteilung des Angeklagten zu einer höheren Strafe und die Anordnung des Berufsverbots. Der Angeklagte erhebt Verfahrensrügen und die Sachrüge und wendet sich insbesondere
gegen die Verurteilung wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung. Beide Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.
A.
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
1. Der Angeklagte wurde im Oktober 1997 im Alter von 37 Jahren ärztlicher Direktor der Abteilung Unfallchirurgie an der Chirurgischen Universitätsklinik in F.. Er wollte der Unfallchirurgie sein Gepräge geben und dafür sorgen , daß sie als qualitativ hochwertig und auch in wissenschaftlicher Hinsicht bekannt würde. Gegen den Angeklagten läuft derzeit ein Disziplinarverfahren; er ist vorläufig vom Dienst suspendiert.
2. Der Verurteilung liegen vier stationäre Behandlungen zugrunde, bei denen dem Angeklagten Behandlungs- und Aufklärungsfehler vorgeworfen werden.
a) Im Februar 1999 behandelte der Angeklagte auf seiner Station den damals 18 Jahre alten Patienten E., der eine zweimalige vordere Schulterluxation rechts erlitten hatte. Der Angeklagte erklärte dem Patienten und seinen Eltern die anstehende Operation und wies darauf hin, daß es möglicherweise notwendig werden könnte, einen Knochenspan aus dem hinteren Beckenkamm zu entnehmen, um damit die Pfanne zu modellieren, wenn sich intraoperativ herausstellen sollte, daß die Schulterluxationen an einem zu flachen Pfannenrand lägen. Bei der Operation stellte der Angeklagte fest, daß die Kapsel mitsamt des Limbus ventralseitig vom Pfannenrand abgerissen war, so daß zur Behebung der vorderen Schulterinstabilität erforderlich war, den abge-
rissenen Limbus wieder am Pfannenrand anzuschrauben. Hierzu mußte er Löcher in das Schulterblatt bohren. Bei dem Bohrvorgang brach ihm der Bohrer ab mit der Folge, daß ein ca. 2 cm langes Bohrerstück, die Bohrerspitze, im Acromion steckenblieb. Die Bohrerspitze beeinträchtigte das Gelenk nicht und war fast vollständig im Knochen versenkt. Der Angeklagte ärgerte sich über den Bohrerabbruch und versuchte, durch eine Stichinzision die abgebrochene Bohrerspitze zu bergen, was jedoch nicht gelang. Er beendete die durchgeführte Operation und beließ das abgebrochene Bohrerteil im Körper des Patienten. Er wies die mitoperierende Ärztin Dr. G. an, den Bohrerabbruch nicht im Operationsprotokoll zu erwähnen; diese hielt sich an die Weisung. Nach der Operation rief der Angeklagte den Vater des Patienten an und teilte ihm mit, die Operation sei gut gelungen und es sei nicht notwendig gewesen, die Pfanne mittels eines Knochenspanes zu modellieren. Die abgebrochene Bohrerspitze erwähnte er bewußt nicht. Am Abend des Operationstages überraschte der Angeklagte den Patienten mit der Mitteilung, es sei besser, noch einmal zu operieren. Er habe bei der Operation festgestellt, daß auch eine hintere Schulterinstabilität bestehe, der man durch eine dorsale Kapselraffung begegnen könne. Wenn er ein hundertprozentiges Ergebnis wolle, sei eine zweite Operation notwendig. Den Bohrerabbruch erwähnte der Angeklagte dem Patienten gegenüber bewußt nicht. Der Patient war enttäuscht darüber, daß noch eine zweite Operation notwendig sei und bat um Bedenkzeit und besprach die Angelegenheit noch am selben Abend mit seinen Eltern. Am Folgetag fand eine Besprechung zwischen dem Angeklagten, dem Patienten und seinen Eltern statt. Der Angeklagte wiederholte die Notwendigkeit einer zweiten Operation. Auch bei diesem Gespräch erfolgte bewußt kein Hinweis darauf, daß bei der ersten Operation ein Bohrer abgebrochen war. Der zweite Eingriff erfolgte vier Tage später. Der Angeklagte durchleuchtete die Schulter, um den abgebrochenen Bohrer zu orten. Danach schnitt er die Schulter von oben auf und barg die Bohrerspit-
ze. Dann raffte er die obere Schulterkapsel, indem er eine Falte in die Kapsel legte und vernähte diese. In dem Operationsprotokoll wurde die Bergung der Bohrerspitze nicht erwähnt. Die Bohrerspitze fand auch keine Erwähnung in den später vom Angeklagten verfaßten Operationsberichten. Der Patient und seine Eltern erfuhren von dem abgebrochenen Bohrer erst im Jahre 2000 von dritter Seite.
Nach den Feststellungen der sachverständig beratenen Kammer hat der zweite Eingriff in erster Linie der Bergung der Bohrerspitze gedient. Der Angeklagte wollte das abgebrochene Bohrerstück nicht im Körper des Patienten belassen. Er wollte nicht, daß der Patient von dem Abbruch des Bohrers erfährt, was zwangsläufig der Fall gewesen wäre, denn das Metallteil wäre auf jedem späteren Röntgenbild klar zu erkennen gewesen. Die vom Angeklagten durchgeführte obere Kapselraffung durch Anbringung von Raffnähten war im Vergleich zu einer lehrbuchmäßig durchgeführten dorsalen Kapselraffung wenig effektiv und diente in erster Linie der Rechtfertigung des durchgeführten Eingriffs gegenüber dem Patienten. Der Angeklagte spiegelte dem Patienten wahrheitswidrig vor, es bestünde eine Indikation für eine dorsale Kapselraffung, um so eine Operationseinwilligung zu bekommen, die er bei wahrheitsgemäßer Aufklärung über den tatsächlichen Grund einer zweiten Operation, nämlich die Bergung der Bohrerspitze, ausdrücklich nicht bekommen hätte. Den Bohrerabbruch und den wahren Grund für die zweite Operation verschwieg er dem Patienten bewußt, weil er die Komplikation nicht zugeben wollte.
b) Die Patientin B. hatte 1996 einen Autounfall und erlitt dabei eine Beckenfraktur, die zu einer beckenschiefstandbedingten Verkürzung des linken Beines um 5 cm führte. Die Behandlung führte noch der Vorgänger des Angeklagten durch. Während eines weiteren Aufenthaltes in der
Universitätsklinik F. im September 1998 suchte die Patientin den Angeklagten auf, um die Problematik des Beinlängenunterschiedes zu besprechen. Dieser machte ihr den Vorschlag, die Verlängerung des linken Beines bei einer Operation zur Metallentfernung unter Verwendung eines Fixateur Externe zu versuchen. Dazu sollte der Oberschenkelknochen, der bei der Patientin einen innenliegenden Marknagel hatte, mit einem Meißel durchtrennt und je zwei Metallpins ober- und unterhalb dieser künstlich geschaffenen Knochenbruchstelle im 90° Winkel in diesen eingebracht werden, wobei die Pins durch die Weichteile des Oberschenkels nach außen dringen. Außerhalb des Oberschenkels an der Außenseite sollten die Pins durch eine Führungsstange miteinander verbunden werden. Neben einer Führungsstange sollte eine Spindel montiert werden, mit deren Hilfe das untere Pinpaar vom oberen Pinpaar wegbewegt werden sollte. Bis der gewünschte Längenausgleich erreicht wurde, sollte der heilende Knochen seinem Pendant hinterher laufen. Der Angeklagte erklärte der Patientin die Operation und wies darauf hin, daß es keine Garantie für das Funktionieren des Systems gebe und daß die gesamte Prozedur mit einem gewissen Infektrisiko verbunden sei. Die vorgesehene Distraktion des Knochens funktionierte allerdings nicht so, wie es sich der Angeklagte vorgestellt hatte. Alle vier Pins mußten ausgetauscht und jeweils neu an anderer Stelle im Knochen verankert werden. An mindestens einem Pin entstand am Ein- bzw. Austrittsloch eine Infektion. Es wurde mit einer Antibiose begonnen. Wegen des Verdachts einer Harnweginfektion wurde bei der Patientin auch eine Urinprobe genommen, deren Ergebnis auf ein hohes Vorkommen von Keimen hinwies.
Als nach einem Austausch aller Pins feststand, daß das System des Fixateur Externe nicht funktionierte, entschloß sich der Angeklagte zu einer einseitigen Verlängerung des Knochens um 3 cm. Zur Komplettierung der einseitigen Verlängerung wäre es erforderlich gewesen, den entstandenen Knochen-
spalt mit aus dem Beckenkamm entnommenem Knochenmaterial (Spongiosa) aufzufüllen und im Knochen zu stabilisieren. Bei diesem am 20. Oktober 1998 durchgeführten Eingriff verschob der Angeklagte die Einbringung des Knochenmaterials , da ihm dies zu riskant erschien. Bei bestehendem Infekt hätte die Gefahr bestanden, daß das Knochenmaterial sich infiziert und sich die Infektion explosionsartig ausbreitet mit der möglichen Folge einer Entzündung des Knochens selbst. Bei einem weiteren Eingriff am 29. Oktober 1998 brachte der Angeklagte das Knochenmaterial ein, verplattete den Knochenspalt und entfernte den Fixateur Externe. Intraoperativ entnahm der Angeklagte zum ersten Mal seit September 1998 einen Abstrich aus einem der Pinlöcher. Das Abstrichmaterial gab er in den normalen Geschäftsgang mit der Folge, daß er erst Anfang November das Untersuchungsergebnis hatte und aus dem sich ersehen ließ, daß Keime "zahlreich" vorhanden waren. In der Folge entwickelte sich ein massiver Infekt, der dazu führte, daß sich ein Abszeß bildete, der Anfang November 1998 aufbrach und sich aus einem Pinloch ca. ein halber Liter Eiter entleerte. Die Patientin mußte sofort neu operiert werden. Das Knochenmaterial wurde entfernt, die Wunde gespült und ein Antibiotikum eingelegt. Ein gleichzeitig entnommener Abstrich ergab, daß sich die Zahl der Staphylococcus aureus -Keime auf "massenhaft" erhöht hatte. Die Patientin mußte noch zweimal operiert werden, das infektiöse Geschehen war jedoch nicht mehr in den Griff zu bekommen. Auch 1999 waren zahlreiche Operationen notwendig, und die Patientin mußte bis in das Jahr 2000 Antibiotika nehmen. Die Situation beruhigte sich bis Dezember 2002, bis auch im Beckenkamm Keime festgestellt wurden.
Das Landgericht hat es als Behandlungsfehler angesehen, daß der Angeklagte trotz der Hinweise auf eine Infektion ohne rechtzeitige und ihm mögliche Kontrollmaßnahmen das Knochenmaterial in das infektiöse Geschehen
hinein in den Oberschenkelknochen einbrachte. Ohne diese Maßnahmen wäre der weitere dramatische Infektverlauf mit hoher Wahrscheinlichkeit vermieden worden.
c) Die Patientin Bi. hatte 1997 einen Autounfall erlitten, bei dem sie sich eine Fehlstellung des Wadenbeins und komplizierte Verletzung des linken Sprunggelenkes zuzog. Wegen anhaltender starker Schmerzen war die Patientin auch ein Jahr später noch in Behandlung. Ihr behandelnder Arzt schlug vor, zunächst eine geplante Kur anzutreten und abzuwarten. Bei den Schmerzen könne es sich um Weichteilschmerzen handeln; auch müsse die Möglichkeit einer Psychosomatik in Betracht gezogen werden. Über die Möglichkeiten einer sich entwickelnden Arthrose und über eine mögliche Sprunggelenksversteifung wurde ebenfalls gesprochen. Die Patientin gab sich mit der Einschätzung ihres Arztes nicht zufrieden und wandte sich im September 1998 an den Angeklagten, um bei ihm eine zweite Meinung einzuholen. Obwohl die Herkunft der Schmerzen nicht eindeutig geklärt war und die Versteifung eines Gelenkes ein schwerwiegender Eingriff ist, der grundsätzlich nur bei schweren Arthrosen oder bei Infektionen indiziert ist, erklärte der Angeklagte der Patientin , es gebe in ihrem Fall nur eine einzige Lösung, nämlich die Versteifung des oberen Sprunggelenkes (Arthrodese). Hierdurch werde sie schmerzfrei werden und sie könne wieder Sport treiben wie früher. Wegen des Versprechens der Schmerzfreiheit entschloß sich die Patientin, der Versteifung des linken oberen Sprunggelenkes zuzustimmen. Nach der am 1. Oktober 1998 vom Angeklagten durchgeführten Operation wurde die Patientin jedoch nicht schmerzfrei. Das gesamte Befundbild verschlechterte sich kontinuierlich. Anfang Dezember 1998 entfernte der Angeklagte eine der Schrauben, mit der die Gelenkversteifung durchgeführt worden war, weil sie in das untere Sprunggelenk hineinragte und dort schmerzhafte Irritationen verursachte. Eine zweite Schraube wurde Ende
Januar 1999 entfernt. Im Mai 1999 erfolgte die Versteifung des unteren linken Sprunggelenkes, weil sich dort zwischenzeitlich eine durch die Versteifung des oberen Sprunggelenkes bedingte Anschlußarthrose gebildet hatte. Diese Operation führte nicht zum gewünschten Erfolg, als ein knöcherner Durchbau des Gelenkes ausblieb. Es kam in der Folge zu Schraubenlockerungen und zu einem Schraubenbruch. In einer weiteren Operation Anfang Februar 2000 mußte eine erneute Versteifung des unteren Sprunggelenkes durchgeführt werden.
Ein vorwerfbares Verhalten hat das Landgericht in folgendem gesehen: Der Angeklagte offenbarte der Patientin nicht, daß bei ihr angesichts der ungeklärten Herkunft der Schmerzen nur eine sehr relative Indikation für eine Gelenkversteifung vorlag. Die knöchernen Veränderungen und der Drehfehler im Bereich des Wadenbeins rechtfertigten keine Gelenkversteifung. Er erlangte die Einwilligung der Patientin nur dadurch, daß er ihr Schmerzfreiheit versprach. Er glaubte zwar, daß er sie schmerzfrei machen könnte, mußte aber wissen, daß er ihr angesichts aller Umstände keine Schmerzfreiheit versprechen konnte. Bei ausreichender Aufklärung über die Risiken einer Versteifung des Sprunggelenkes hätte die Patientin ihre Einwilligung zur Arthrodese nicht gegeben.
d) Der rumänische Polizeibeamte M. hatte im Jahre 1995 einen Autounfall, bei dem er unter anderem einen Beckenbruch mit einer Hüftpfannenfraktur erlitten hatte. Ihm war ein künstliches Hüftgelenk mit abstützendem Beckenring eingesetzt worden. Im Jahre 1999 wurde das Becken instabil und verschob sich. Dadurch entstanden ein Beckenhochstand und eine Hüftpfannenarthrose sowie ein Arthrosenspalt von ca. 4 bis 5 cm. Unter Vermittlung von Bekannten kam der Patient nach F. und wurde einem Arzt in einem anderen Krankenhaus vorgestellt. Dieser erkannte, daß die Problematik komplex war, er fühlte sich allein überfordert. Er nahm Kontakt zum Angeklagten
auf, den er im vorliegenden Fall für einen geeigneten Spezialisten hielt. Beide kamen überein, den Patienten gemeinsam zu operieren. Man war sich einig, daß die Hüftgelenksprothese ausgetauscht werden müsse. Der Angeklagte sagte dem Patienten, es sei eine schwierige Operation; er versuche sowohl die Hüfte als auch das Becken zu operieren, das Becken müsse stabilisiert und die Prothese ausgetauscht werden. Er werde versuchen, den Beinlängenunterschied so weit wie möglich auszugleichen. Der Patient vertraute dem Angeklagten voll und ganz und äußerte sinngemäß, er solle es so machen, wie er es für richtig halte.
Die Operation erfolgte am 24. September 1999 zwischen 9.00 und 15.30 Uhr. Über einen äußeren Zugang wurde von außen ein Prothesenwechsel vorgenommen, indem eine Platte, die das Becken stabilisieren sollte, eingebracht wurde. Um in diesem Bereich ordnungsgemäß arbeiten zu können, müssen die großen Gefäße, nämlich die arteria iliaca externa und die vena iliaca externa, mit einem Gummizügel bzw. einer Gummischlaufe angeschlungen werden, damit sie hoch- und vom eigentlichen Operationsgebiet weggezogen werden können. Der Angeklagte schlang jedoch die genannten Gefäße nicht an, sondern beließ sie dort, wo sie natürlicherweise liegen. Er arbeitete sich tastend an der Beckenschaufel entlang, modellierte die stabilisierende Platte und schraubte sie am Knochen an. Die Platte kam hierbei über der Vene und der Arterie zu liegen. Dies führte dazu, daß die Arterie zwischen der letzten und vorletzten Schraube ein- und abgeklemmt wurde, was zu einem inneren Gefäßabriß und zu einem Abbruch der Blutversorgung im linken Bein führte. Die Vene wurde von der letzten Schraube mittig perforiert. Im Zusammenhang mit den Gefäßverletzungen kam es zu einer kleinen Blutung, die der Angeklagte mittels eines Bauchtuches stillte. Weder wurde der Gefäßdefekt bemerkt noch wurde
nach Beendigung der Operation das Bauchtuch aus dem Operationsbereich entfernt.
Während der Nachtschicht auf der chirurgischen Intensivstation bemerkte das Personal, daß das linke Bein des Patienten kalt und weiß war und ein Fußpuls nicht tastbar war. Eine sofort veranlaßte und durchgeführte Doppelsonographie bestätigte die fehlende Durchblutung des Beines. Der Patient wurde in der Nacht ab 3.50 Uhr von einem Gefäßchirurgen operiert. Die beschriebenen Gefäßverletzungen wurden festgestellt und die Vene wurde unter der Platte hervorgeholt und die durch die Schrauben verursachten Löcher wurden genäht. Die Arterie mußte mittels einer Prothese rekonstruiert werden. Das vergessene Bauchtuch wurde durch den Gefäßchirurgen geborgen, ohne daß daraus ein Schaden für den Patienten entstanden wäre.
Aufgrund der fehlerhaften Versorgung der Arterie und der Vene im Operationsbereich und der daraus unterbrochenen Durchblutung kam es nicht nur über einen Zeitraum von zwölf Stunden zum teilweisen Absterben des linken Beines, sondern es entwickelte sich bis zum nächsten Tag eine Thrombose. Diese machte weitere Operationen notwendig. Nach zahlreichen weiteren Komplikationen wurde im Juni 2002 die gesamte Hüftprothetik entfernt, da sich dort eine Fistel gebildet hatte. Der Patient lebt jetzt ohne jede Prothese, das linke Bein ist weitgehend nicht benutzbar. Eine mögliche Amputation steht im Raum.
3. Die Strafkammer hat angenommen, der Angeklagte habe sich im Fall des Patienten E. einer (vorsätzlichen) Körperverletzung schuldig gemacht. Der Patient habe in eine "dorsale Kapselraffung" eingewilligt. Diese sei zum einen nicht so durchgeführt und sei auch zum anderen nicht indiziert ge-
wesen. In die Operation "Bergung der Bohrerspitze" habe der Patient nicht ein- gewilligt und habe auch nicht einwilligen können, weil der Angeklagte dem Patienten gegenüber den Abbruch der Bohrerspitze bewußt verschwiegen habe. In den drei anderen Fällen hat die Strafkammer nur fahrlässiges Handeln des Angeklagten angenommen. Im Fall der Patientin B. habe der Angeklagte bei der Operation vom 29. Oktober 1998 von dem vorhandenen Infekt wissen können und müssen. Unabhängig davon, daß die Patientin über das hohe Infektionsrisiko nicht aufgeklärt worden sei, das mit der Einbringung des Knochenmaterials verbunden sei, habe keine Einwilligungsfähigkeit vorgelegen , da die Maßnahme des Einbringens des Knochenmaterials bei dem Infekt , so wie er tatsächlich vorgelegen hatte, nicht mehr vertretbar gewesen sei. Im Fall der Patientin Bi. hat die Strafkammer angenommen, es habe lediglich eine sehr relative Indikation für eine Versteifung des oberen Sprunggelenkes vorgelegen. Dies habe der Angeklagte der Patientin nicht offenbart und das Einverständnis der Patientin nur dadurch erlangt, daß er ihr Schmerzfreiheit versprochen habe. Daß die Patientin ohne das Versprechen der Schmerzfreiheit in die Operation nicht eingewilligt hätte, sei dem Angeklagten bewußt gewesen. Im Fall M. habe der Angeklagte bei dem Eingriff entgegen der ihm bekannten Operationstechnik sorgfaltswidrig die arteria und die vena iliaca externa nicht ordnungsgemäß versorgt. Dies habe zur Folge gehabt , daß die Arterie und die Vene zwischen Platte und Knochen eingeklemmt wurden.
B.
I. Revision der Staatsanwaltschaft
1. Die Staatsanwaltschaft greift die Strafzumessung insgesamt an. Die Strafkammer habe wesentliche strafzumessungsrelevante Gesichtspunkte un- erörtert gelassen. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen ent- und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen , wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, daß sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen (BGHSt 34, 345, 349; 29, 319, 320, zuletzt BGH NStZ-RR 2003, 124, st.Rspr.). In Zweifelsfällen muß das Revisionsgericht die vom Tatrichter vorgenommene Bewertung hinnehmen (BGHSt 29, 319, 320; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 1). Nach diesen revisionsrechtlichen Maßstäben ist die Strafzumessung nicht rechtsfehlerhaft.
2. Soweit beanstandet wird, die Strafkammer habe in den ihrer Strafzumessung vorangestellten Erwägungen die Presseberichterstattung über den Prozeß "erkennbar zugunsten" des Angeklagten gewertet, trifft dies nicht zu. Zwar wird ausgeführt, der Angeklagte und seine Familie wären Anfeindungen ausgesetzt gewesen, die dazu führten, daß die Familie seit Ende 2001 in den Vereinigten Staaten lebt. Die Strafkammer hat jedoch nicht die Presseberichter-
stattung als solche zugunsten des Angeklagten gewertet, sondern vielmehr den Verlust des Arbeitsplatzes und der beruflichen Stellung dargestellt. Allein darin hat sie einen die Schuld mindernden Umstand gesehen. Dies steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 2 m.w. Nachw.). Dies ergibt sich schon daraus, daß sie die prozeßbegleitende Berichterstattung in den Medien als "mitbedingt" dafür gesehen hat, daß die berufliche Karriere des Angeklagten in der Universitätsklinik beendet und er in Folge des anhängigen Disziplinarverfahrens seinen Beamtenstatus verlieren dürfte (UA S. 4, 61). Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob die Bewertung der Berichterstattung durch die Strafkammer zutreffend ist, was der Senat ohnehin nicht überprüfen kann, da insoweit eine Aufklärungsrüge , die den Inhalt der Presseartikel wiedergibt, nicht erhoben ist.
3. Die Staatsanwaltschaft beanstandet weiter, die Strafkammer habe im Fall des Patienten E. bei der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten nicht ausreichend berücksichtigt, daß dieser der mitoperierenden Ärztin Dr. G. die Anweisung gegeben habe, den Bohrerabbruch nicht im Operationsprotokoll zu erwähnen. Auch später habe der Angeklagte in den von ihm verfaßten Operationsberichten den Abbruch nicht erwähnt. Die Dokumentation eines Operationsablaufes sei eine wesentliche Dienstpflicht des verantwortlichen Operateurs. Das Unterlassen dieser Dokumentation sei eine schwerwiegende Dienstpflichtverletzung. Gleiches gelte für die Dokumentation der späteren Bergung der Bohrerspitze, die nach den getroffenen Feststellungen des Landgerichts ebenfalls in den späteren Operationsberichten keine Erwähnung finde.
Dies ist allerdings, worauf die Staatsanwaltschaft zu Recht hinweist, eine schwerwiegende Pflichtverletzung. Der Senat entnimmt dem Gesamtzusam-
menhang der Urteilsgründe, daß die Strafkammer diesen bestimmenden Strafschärfungsgrund gewürdigt hat. Sie hat bei den vorangestellten allgemeinen Strafzumessungserwägungen ausgeführt, daß sich gerade in diesem Fall eine ungewisse Unfähigkeit des Angeklagten gezeigt habe, mit Komplikationen sachgerecht umzugehen und tatsächliche oder vermeintliche "Fehler einzugestehen". Die Strafkammer führt diese persönlichen Defizite des Angeklagten auf eine zu schnelle und steile Karriere und dem damit verbundenen erheblichen Profilierungsdruck zurück, dem der Angeklagte nicht gewachsen sei (UA S. 60). Die Kammer hat damit die selbstherrliche Vorgehensweise des Chefarztes in dem Operationsteam, die sich in der Verletzung der Dokumentationspflichten, der Beeinflussung des ihm unterstellten Klinikpersonals und der Täuschung seiner Patienten dokumentierte, durchaus gesehen, hat sie aber letztlich anders gewichtet, als von der Beschwerdeführerin gewünscht. Ein beachtlicher Wertungsfehler liegt damit nicht vor.
4. Ebenso unbegründet ist die Beanstandung, die Strafkammer habe in den Fällen Bi. und B. die vom Angeklagten zu verantwortende Sorgfaltswidrigkeit gleichbehandelt, obwohl diese unterschiedlich und nicht vergleichbar sei. Im Fall Bi. hat das Landgericht das Ausmaß der Sorgfaltswidrigkeit für höher als im Fall B. erachtet (UA S. 62). Die Strafkammer hat den Umstand, daß die Patientin B. vom Angeklagten nicht über das mit dem Einbringen des Knochenmaterials verbundene erhöhte Infektionsrisiko aufgeklärt wurde, nicht als einen bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkt im Sinne von § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO erachtet. Sie hat insoweit festgestellt, daß die Patientin mit der Operation einverstanden gewesen wäre, wenn der Angeklagte ihr gesagt hätte, das Risiko "könne man in Kauf nehmen" (UA S. 10). Wesentlich für die Strafzumessung war deshalb, daß das Einbrin-
gen des Knochenmaterials nach den dem Angeklagten bekannten Umständen schon nicht einwilligungsfähig war (UA S. 57).
5. Soweit die Beschwerdeführerin im Fall M. die Annahme einer bewußten Fahrlässigkeit als strafschärfenden Gesichtspunkt vermißt, kommt es auf die ausdrückliche Einordnung einer Fahrlässigkeit als "bewußt" für die Strafzumessung nicht an. Entscheidend ist entsprechend § 46 Abs. 2 StGB, daß das Gericht "das Maß der Pflichtwidrigkeit" feststellt und die Intensität der Pflichtwidrigkeit bei der Strafzumessungsbeurteilung nachvollziehbar bewertet hat. Die Strafkammer hat die erheblichen Folgen dieser Tat berücksichtigt und auch bewertet, daß bei Rechtzeitigkeit der anstehenden "Revisionsoperation" bleibende Schäden für den Patienten M. ausgeblieben wären (UA S. 62).
6. Schließlich hält auch die Entscheidung, von der Anordnung eines Berufsverbots nach § 70 Abs. 1 Satz 1 StGB abzusehen, rechtlicher Überprüfung stand. Die ins Ermessen des Gerichts gestellte Sicherungsmaßregel "Berufsverbot" soll die Allgemeinheit vor den Gefahren schützen, die von der Ausübung eines Berufs durch hierfür nicht hinreichend zuverlässige Personen ausgehen (vgl. Hanack in LK 11. Aufl. § 70 Rdn. 1, 18). Sie kann u. a. gegen denjenigen angeordnet werden, der wegen einer rechtswidrigen Tat verurteilt wurde, die er unter Mißbrauch seines Berufs oder unter grober Verletzung der damit verbundenen Pflichten begangen hat, wenn eine Gesamtwürdigung des Täters und der Tat die Gefahr erkennen läßt, daß er bei weiterer Ausübung dieses Berufs vergleichbare Straftaten begehen werde. Entsprechend dem Gefahrenabwehrzweck des § 70 Abs. 1 StGB muß der Mißbrauch oder die Pflichtverletzung in einem inneren Zusammenhang mit der Berufsausübung oder deren regelmäßiger Gestaltung stehen und so symptomatisch die Unzuverlässigkeit des Täters in seinem Beruf erkennen lassen (vgl. zum Schutzzweck des § 70 StGB
BVerfG, Dritte Kammer des Zweiten Senats, Beschl. v. 30. Oktober 2002 - 2 BvR 1837/00; Hanack aaO § 70 Rdn. 18; Stree in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl., § 70 Rdn. 6 f.; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 70 Rdn. 3).
Eine solche generelle Unzuverlässigkeit im Arztberuf hat die Strafkammer nicht festgestellt. Sie hat das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verhängung eines Berufsverbots verneint, weil weder die einzelnen noch die Gesamtheit der festgestellten Behandlungs- und Aufklärungsfehler Hinweise darauf geben, daß der Angeklagte seinen Beruf bewußt und planmäßig zur Begehung von Körperverletzungsdelikten mißbraucht hat (Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl. § 70 Rdn. 3 m.w. Nachw.). Der Senat vermag auch im übrigen keinen Ermessensfehler in der von der Strafkammer angestellten Gesamtwürdigung zu erkennen. Der Gesetzgeber hat dem Tatrichter bewußt einen weiten Ermessensspielraum zur Verfügung gestellt, um unbillige Ergebnisse bei dieser schwerwiegenden Rechtsfolge zu vermeiden (vgl. BT-Drucks. V/4095, S. 38; Sander in Sonderheft für Gerhard Schäfer, S. 57, 59). Die Kammer ist unter Würdigung des der Person und der Stellung des Angeklagten als Chefarzt einer Universitätsklinik und seiner Taten zu der - revisionsrechtlich ohnehin nur eingeschränkt überprüfbaren - Prognose gelangt, daß dieser in Verbindung mit seinem Arztberuf künftig keine vergleichbaren Rechtsverletzungen mehr begehen werde. Ob die berufliche Karriere des Angeklagten dabei tatsächlich, wie von der Strafkammer angenommen (UA S. 64), beendet ist oder etwa als niedergelassener Arzt fortgesetzt werden kann, kann letztlich dahinstehen. Die Strafkammer ist jedenfalls davon überzeugt, daß das durchgeführte Strafverfahren mit der Verurteilung und allen seinen Begleiterscheinungen den Angeklagten deutlich beeindruckt und ihm die Folgen der eigenen Überschätzung seiner Fähigkeiten und Möglichkeiten drastisch vor Augen geführt haben. Die Kammer hat dabei auch die Schwere der von der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang
mit den beiden Eingriffen beim Patienten E. festgestellten Pflichtverletzungen innerhalb des Operationsteams gesehen. Sie hat deshalb die verfahrensgegen- ständlichen Behandlungs- und Aufklärungsfehler als situativ bedingte Fehlleistungen des ansonsten qualifizierten Angeklagten angesehen. Die dafür maßgeblichen Erwägungen, daß die festgestellte Selbstüberschätzung in diagnostischer Hinsicht und der Mangel an Selbstzweifeln auf eine zu schnelle und steile Karriere zurückzuführen sind und der Angeklagte in seiner damaligen Situation als jüngster C-4-Professor und Ärztlicher Direktor unter erheblichem Profilierungsdruck stand, dem er im Ergebnis nicht gewachsen war, sind nachvollziehbar und lassen einen Ermessensfehler nicht erkennen (UA S. 60, 64).
II. Revision des Angeklagten
1. Der Angeklagte greift mit der Aufklärungsrüge gemäß § 244 Abs. 2 StPO im Fall des Patienten E. die tatrichterlichen Feststellungen zur fehlenden medizinischen Indikation für die Durchführung einer Kapselraffung in der zweiten Operation an und meint, der Sachverhalt über die Indikation sei nicht ausreichend aufgeklärt. Die Aufklärungsrüge ist jedenfalls unbegründet. Die sachverständig beratene Strafkammer ist auf der Grundlage des erstatteten medizinischen Gutachtens und nach verständiger Würdigung des sonstigen Beweisergebnisses, insbesondere aber aufgrund der bei den Operationen beteiligten Ärzte und Operationsschwestern, zu dem rechtsfehlerfreien Schluß gelangt, daß die vom Angeklagten vorgegebene Indikation für den zweiten operativen Eingriff wegen einer angeblichen Schulterinstabilität nicht bestand, der Eingriff vielmehr der Bergung der Bohrerspitze diente. Auf die hypothetische Effektivität der vom Angeklagten nur zum Schein durchgeführten oberen Kapselraffung kommt es daher nicht an.
2. Soweit der Beschwerdeführer die Verwertung der Aussagen der Ärztin Dr. Br. und der Operationsschwester D. durch das Landgericht beanstandet , hat er einen Rechtsfehler nicht aufgedeckt. Auf eine unterbliebene Belehrung über ein mögliches Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO kann die Revision nicht gestützt werden, weil diese Vorschrift - anders als etwa §§ 52, 252 StPO - nicht dem Schutz des Angeklagten, sondern ausschließlich dem des Zeugen dient (Rechtskreistheorie, st. Rspr., vgl. BGHSt 1, 39, 40; 11, 213, 219; 38, 302, 304; Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl., § 55 Rdn. 17; KK/Senge, StPO 5. Aufl., § 55 Rdn. 19; LR-Dahs, StPO 25. Aufl., § 55 Rdn. 28 m.w. Nachw.).
3. Schließlich hat auch die Verfahrensrüge, das Landgericht habe die Zeugin Dr. Br. entgegen § 60 Nr. 2 StPO rechtsfehlerhaft vereidigt, keinen Erfolg. Feststellungen, die auf ein strafbares Verhalten der beim zweiten operativen Eingriff beim Patienten E. anwesenden Zeugin deuten, sind in den Urteilsgründen nicht enthalten. Der Senat kann im übrigen mit Sicherheit ausschließen , daß das Landgericht zu einer anderen Überzeugung gelangt wäre, wenn es die Zeugin nicht vereidigt hätte. Das Urteil stellt an keiner Stelle auf die Vereidigung der Zeugin, sondern allein auf deren schlüssigen Angaben ab, die von der unvereidigt gebliebenen Zeugin D. bestätigt wurden und sich als ein weiteres Indiz nahtlos in die Gesamtwürdigung des Landgerichts einfügen.
4. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der vom Angeklagten allgemein erhobenen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil aufgezeigt. Insbesondere ist im Fall des Patienten E. nicht zu beanstanden, daß die Strafkammer den Angeklagten in diesem Fall wegen vorsätzlicher Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 StGB verurteilt hat. Die Kammer ist zutreffend von dem rechtlichen Ansatz ausgegangen, daß ärztliche Heileingriffe nur durch eine von
Willensmängeln nicht beeinflußte Einwilligung des Patienten gemäß § 228 StGB gerechtfertigt sind (BGHSt 16, 309 st. Rspr.). Sie hat rechtsfehlerfrei festgestellt , daß für die Operation zur Bergung der Bohrerspitze keine Einwilligung vorlag, weil der Angeklagte in den Aufklärungsgesprächen dem Patienten und seinen Eltern die Notwendigkeit der zweiten Operation zur Kapselraffung der Schulter vorgetäuscht und die abgebrochene Bohrerspitze bewußt nicht erwähnt hat. Aufgrund der eindeutigen Feststellungen, nach denen der Patient E. zur Entfernung der abgebrochenen Bohrerspitze keine Einwilligung gegeben hätte, war für die Annahme kein Raum, die Rechtswidrigkeit habe deshalb entfallen können, weil der Eingriff de lege artis durchgeführt und der Patient bei wahrheitsgemäßer Aufklärung in die durchgeführte Operation eingewilligt hätte (vgl. BGH, Beschl. v. 15. Oktober 2003 - 1 StR 300/03).
Nack Wahl Boetticher
Kolz Hebenstreit
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Annotations
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er unter Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so kann ihm das Gericht die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren verbieten, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und der Tat die Gefahr erkennen läßt, daß er bei weiterer Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art begehen wird. Das Berufsverbot kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht.
(2) War dem Täter die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges vorläufig verboten (§ 132a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Verbotsfrist um die Zeit, in der das vorläufige Berufsverbot wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.
(3) Solange das Verbot wirksam ist, darf der Täter den Beruf, den Berufszweig, das Gewerbe oder den Gewerbezweig auch nicht für einen anderen ausüben oder durch eine von seinen Weisungen abhängige Person für sich ausüben lassen.
(4) Das Berufsverbot wird mit der Rechtskraft des Urteils wirksam. In die Verbotsfrist wird die Zeit eines wegen der Tat angeordneten vorläufigen Berufsverbots eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten. Die Zeit, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist, wird nicht eingerechnet.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.
(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.
(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.
(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt
- 1.
der Verlobte des Beschuldigten; - 2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht; - 2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht; - 3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.
(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.
(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.
Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.
Von der Vereidigung ist abzusehen
- 1.
bei Personen, die zur Zeit der Vernehmung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen mangelnder Verstandesreife oder wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung vom Wesen und der Bedeutung des Eides keine genügende Vorstellung haben; - 2.
bei Personen, die der Tat, welche den Gegenstand der Untersuchung bildet, oder der Beteiligung an ihr oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig oder deswegen bereits verurteilt sind.
Wer eine Körperverletzung mit Einwilligung der verletzten Person vornimmt, handelt nur dann rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.