Bundesgerichtshof Urteil, 11. Okt. 2011 - 1 StR 134/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen.
- 2
- 1. Dem Angeklagten war in der Anklage folgendes zur Last gelegt worden :
- 3
- Am 24. Juli 2007 habe der Angeklagte in seinen Praxisräumen in B. bei einem 85-jährigen Patienten (im Folgenden P.) eine Darmspiegelung (Koloskopie) durchgeführt. Diese sei von dem den P. behandelnden Urologen erbeten worden, weil sich Blut im Stuhl befunden hatte. Nachdem P. am 18. Juli 2007 über die Risiken dieser Untersuchung aufgeklärt worden sei, habe er eine Einwilligungserklärung zur Koloskopie unterschrieben. Die Koloskopie habe einen normalen Befund ohne Hinweis auf eine Blutungsquelle ergeben. Der Angeklagte habe sich daher dazu entschlossen, im Anschluss an die Kolo- skopie bei P. eine Magenspiegelung vorzunehmen. Dabei sei dem Angeklagten klar gewesen, dass P. noch unter dem Einfluss der für die Koloskopie verabreichten Narkotika gestanden sei. Dieser Zustand sollte aber für die Durchführung der Magenspiegelung genutzt werden, um eine erneute Sedierung zu vermeiden. Andererseits habe P. keine Einwilligung für eine Magenspiegelung gegeben und sei auch zuvor nicht über den Eingriff und die damit verbundenen Risiken aufgeklärt worden. Eine wirksame Aufklärung des P. und die Abgabe einer rechtsgültigen Einwilligungserklärung durch diesen seien jedoch zu diesem Zeitpunkt wegen des Einflusses der verabreichten Narkotika nicht in Betracht gekommen. Dies sei dem Angeklagten auch klar gewesen. Dennoch habe er mit der Durchführung der Gastroskopie begonnen, die jedoch daran scheiterte, dass P. nicht in der Lage war, das Einführen des Endoskops in die Speiseröhre durch Schluckbewegungen zu unterstützen. Der Angeklagte habe das Endoskop nur bis auf ca. 10 bis 12 cm einführen können. Angesichts der konkreten Untersuchungssituation sei dem Angeklagten als erfahrenen Gastroenterologen sofort klar gewesen, dass das der Untersuchung innewohnende bekannte Risiko einer Perforation der Speiseröhre (die bekanntermaßen ihrerseits zu einer lebensbedrohlichen Mittelfellentzündung führen könnte) signifikant erhöht gewesen sei. Gleichwohl habe er versucht, nachdem er nach Entfernung des Endoskops P. aufgefordert hatte, einmal "leer" zu schlucken, sofort erneut das Endoskop einzuführen. Auch bei diesem zweiten Anlauf sei das Einführen des Untersuchungsgerätes wiederum nur bis zu einer Länge von etwa 10 bis 12 cm gelungen. Der Angeklagte habe daraufhin beschlossen, zunächst ein bis etwa zwei Stunden zuzuwarten und dann erneut die Untersuchung anzugehen. Gegen 11.30 Uhr sei P., bei dem die Wirkung der Narkotika zwischenzeitlich nachgelassen hatte, vom Angeklagten eine weitere Ampulle Dormicum gespritzt worden. Nach Einsetzen der Wirkung des Medikaments habe der Angeklagte erneut einige Male erfolglos versucht, das Endoskop bei P. ein- zuführen. Insoweit habe der Angeklagte jeweils angesichts der konkreten Situation in Kauf genommen, dass sich das Risiko der Speiseröhrenperforation verwirklichen und P. eine lebensbedrohliche Mittelfellentzündung erleiden könne, die gerade bei einem 85-jährigen Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Tode führen könnte. Bei diesen Versuchen sei es durch das vom Angeklagten eingeführte Endoskop zu einer Perforation der Speiseröhre bei P. gekommen, an deren absehbaren weiteren Folgen P. trotz einer am 26. Juli 2007 im Klinikum B. durchgeführten Operation und anschließender intensivmedizinischer Behandlung schließlich am 3. September 2007 verstorben sei. Dem Angeklagten sei bewusst gewesen, dass die Durchführung einer Magenspiegelung unmittelbar im Anschluss an die Darmspiegelung bei P. nicht medizinisch indiziert gewesen sei. Eine Magenspiegelung hätte nach erfolgter Aufklärung und Einwilligung jederzeit später durchgeführt werden können, wenn sich dafür eine Indikation ergeben hätte. Im Hinblick auf die Speiseröhrenperforation und die sich hieraus ergebenden zum Tode führenden Komplikationen habe der Angeklagte wenigstens fahrlässig gehandelt.
- 4
- Die Anklage ging daher von einem Verbrechen der Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) aus.
- 5
- 2. Das Landgericht hat "in teilweiser Abweichung von der Anklage" (UA S. 5) in der Hauptverhandlung u.a. folgende Feststellungen getroffen:
- 6
- Nach dem ergebnislosen Befund der Darmspiegelung hat der Angeklagte P. nicht ausschließbar über die bevorstehende Magenspiegelung aufgeklärt und auch dessen Zustimmung eingeholt. Allerdings war P. aufgrund der andauernden Sedierung nicht in der Lage, in rechtserheblicher Weise in die Magenspiegelung einzuwilligen, was der Angeklagte auch erkannte. Gleichwohl führte er die Untersuchung durch, wobei es ihm bei mindestens zwei Versu- chen aufgrund von Schluckbeschwerden des P. nicht gelang, das Endoskop einzuführen. Nach einer Pause von ca. zwei Stunden wurden mindestens zwei weitere erfolglose Versuche unternommen, wobei P. zuvor wegen der nachlassenden Wirkung der Sedierung zusätzliches Dormicum injiziert wurde. Bei einem der Versuche kam es zur Perforation der Speiseröhre, wobei nicht festgestellt werden kann, bei welchem der Versuche dies geschah. Der Angeklagte wollte P. mit der sofortigen Durchführung der Magenspiegelung eine nochmalige Anreise aus Bi. im nüchternen Zustand ersparen. Er ging davon aus, dass P. mit dieser Vorgehensweise einverstanden sein würde. Tatsächlich hätte P. auch seine Einwilligung erklärt, wenn er vor der Maßnahme ordnungsgemäß über die Notwendigkeit, über Risiken und möglichen Komplikationen aufgeklärt worden wäre.
- 7
- P. wurde am 25. Juli 2007 ins Klinikum B. eingewiesen und am 26. Juli 2007 an der Speiseröhre operiert. Er befand sich bereits auf dem Weg der Besserung, als es schließlich zu Komplikationen, u.a. einer Lungenentzündung und einem Mediastinalabszess, kam, die schließlich zu einem Multiorganversagen und zum Tod des P. am 3. September 2007 führten. Es ist nicht auszuschließen , dass es im Rahmen des stationären Aufenthalts im Klinikum B. zu Fehlern kam und das Leben von P. bei ordnungsgemäßer Behandlung hätte gerettet werden können. So wurde möglicherweise zu lange ein falsches Antibiotikum verwendet und zu spät ausgetauscht. Allerdings wäre es ohne die von dem Angeklagten verursachte Verletzung der Speiseröhre nicht zu dem Krankenhausaufenthalt und den damit einhergehenden Komplikationen gekommen.
- 8
- 3. Nach Auffassung der Strafkammer liegt ein strafbares Verhalten des Angeklagten nicht vor. Das ärztliche Handeln sei durch eine "hypothetische Einwilligung" des P. gerechtfertigt und vorwerfbare Fehler bei der versuchten Durchführung der Magenspiegelung seien dem Angeklagten nicht nachzuweisen. Die Strafkammer zieht aus verschiedenen Indizien den Schluss, dass P. der sofortigen Magenspiegelung zugestimmt hätte, wenn er wirksam aufgeklärt worden wäre. Sie ist darüber hinaus der Meinung, dass eine Strafbarkeit nach § 227 StGB auch dann nicht in Betracht käme, wenn man nicht von einer Rechtfertigung durch "hypothetische Einwilligung" ausginge. Denn die vom Angeklagten verursachte Verletzung beruhe nicht auf Fahrlässigkeit, sondern sei eine der Magenspiegelung immanente Komplikation. Eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) komme ebenfalls nicht in Betracht, da den Angeklagten keine Sorgfaltspflichtverletzung treffe. Allein aufgrund der Feststellung einer Speiseröhrenperforation könne noch nicht auf ein fehlerhaftes Verhalten des Angeklagten geschlossen werden.
- 9
- 4. Gegen dieses freisprechende Urteil richten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin (Ehefrau des P.; vgl. auch § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO). Beide rügen die Verletzung materiellen Rechts und erstreben eine Verurteilung des Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB). Die Rechtsmittel haben Erfolg.
II.
- 10
- Das angefochtene Urteil war auf die von der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin erhobene Sachrüge mit den Feststellungen aufzuheben.
- 11
- 1. Das Urteil des Landgerichts entspricht bereits nicht den Anforderungen , die gemäß § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO an ein freisprechendes Urteil zu stellen sind.
- 12
- Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen - worauf das Landgericht in erster Linie abstellt - muss die Begründung des Urteils so abgefasst sein, dass das Revisionsgericht überprüfen kann, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Deshalb hat der Tatrichter in der Regel nach dem Tatvorwurf und der Einlassung des Angeklagten zunächst in einer geschlossenen Darstellung diejenigen Tatsachen zum objektiven Tatgeschehen festzustellen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldsprucherforderlichen - zusätzlichen - Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite nicht getroffen werden konnten (st. Rspr.; vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 StR 41/11 mwN).
- 13
- Diese Mindestanforderungen an die Darstellung eines freisprechenden Urteils sind hier nicht erfüllt.
- 14
- a) Es fehlt bereits an einer geschlossenen Darstellung der festgestellten Tatsachen. Das Landgericht setzt bei der Wiedergabe seiner Feststellungen erst nach der erfolgten Darmspiegelung ein und schildert das Geschehene sehr kurz. Der Senat kann nicht beurteilen, ob das Landgericht im Übrigen die durch die Mitteilung des Anklagevorwurfs bekannten weiteren Feststellungen getroffen hat, worauf die Formulierung "in teilweiser Abweichung von der Anklage" hindeuten könnte. So wird u.a. nicht festgestellt, ob P. gegenüber dem Angeklagten über Schmerzen im Hals- und Brustbereich geklagt hat.
- 15
- b) Den Ausführungen zur Beweiswürdigung können zwar einzelne weitere Feststellungen entnommen werden, doch nicht mit einer solchen Deutlichkeit , dass eine geschlossene Darstellung hinreichend ersichtlich wird.
- 16
- c) Die Einlassung des Angeklagten wird auch nicht vorab - wie erforderlich - geschlossen dargelegt, sondern wird nur vereinzelt in der Beweiswürdigung gestreift.
- 17
- Der Senat ist schon von daher gehindert, das angefochtene Urteil umfassend und abschließend auf Rechtsfehler zu untersuchen.
- 18
- 2. Die Beweiswürdigung selbst leidet darüber hinaus an durchgreifenden Rechtsfehlern.
- 19
- Das Revisionsgericht hat es grundsätzlich hinzunehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an dessen Tatbegehung nicht zu überwinden vermag. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlichrechtlicher Hinsicht etwa der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Rechtsfehlerhaft ist es auch, wenn sich das Tatgericht bei seiner Beweiswürdigung darauf beschränkt, die einzelnen Belastungsindizien gesondert zu prüfen und auf ihren jeweiligen Beweiswert zu prüfen, ohne eine Gesamtabwägung aller für und gegen die Täterschaft sprechenden Umstände vorzunehmen. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt ferner, ob überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt worden sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. Juni 2011 - 5 StR 26/11 mwN).
- 20
- a) Die Beweiswürdigung zur "hypothetischen Einwilligung" ist bereits widersprüchlich. Die Kammer hat sich den klaren Ausführungen der beiden Sachverständigen angeschlossen, wonach aufgrund des verabreichten Medikaments Dormicum eine Aufklärung wegen mangelnder Aufnahmefähigkeit des P. nicht möglich war (UA S. 8). Gleichwohl leitet sie aus Gesprächen mit P. unmittelbar vor der Magenspiegelung "ein weiteres nicht unerhebliches Indiz dafür ab, dass der Geschädigte der sofortigen Magenspiegelung zugestimmt hätte, wenn er wirksam aufgeklärt worden wäre" (UA S. 12). Da P. zu diesem Zeit- punkt nicht aufklärungsfähig war, kann aus seinem Verhalten auch kein Indiz für eine Einwilligung hergeleitet werden. Soweit auf UA S. 11 in diesem Zusammenhang Angaben der Arzthelferin wiedergegeben werden, ist - da im Feststellungsblock hierzu nichts enthalten ist (vgl. oben II 1 a) - zum einen unklar , ob die Strafkammer von der Glaubhaftigkeit dieser Aussage überzeugt ist, zum anderen werden die maßgeblichen Einzelheiten der Gespräche nicht mitgeteilt. Die Einschätzung der Zeugin, P. sei wegen der nachlassenden Wirkung der Sedierung "ansprechbar" gewesen, lässt sich auch nicht ohne weiteres mit den Ausführungen der Sachverständigen in Einklang bringen, wonach eine Aufklärung wegen mangelnder Aufnahmefähigkeit nicht möglich war. Im Widerspruch zu den Angaben der Sachverständigen, denen die Kammer aber ausdrücklich folgen will (UA S. 8), geht sie davon aus, dass durch die Sedierung lediglich eine Amnesie eingetreten war (UA S. 13), eine Verständigung mit P. aber möglich war. Fehlende Aufnahmefähigkeit ist aber grundsätzlich von einer Amnesie zu unterscheiden. War - wie jedenfalls zunächst festgestellt - bei P. keine Aufnahmefähigkeit für eine entsprechende Aufklärung vorhanden, konnte er eine wirksame Einwilligung nicht erteilen und es durfte auch aus seinem Verhalten kein derartiger Schluss gezogen werden.
- 21
- Der Senat kann bereits hier nicht sicher ausschließen, dass auf diesen widersprüchlichen Überlegungen des Tatrichters dessen diesbezügliche Beweiswürdigung beruht, zumal hierin ein "nicht unerhebliches Indiz" (UA S. 12) gesehen wird.
- 22
- b) Das Landgericht ist im Rahmen seiner Begründung für die Annahme einer "hypothetischen Einwilligung" rechtsfehlerhaft von einem unzutreffenden Ausgangspunkt ausgegangen. Die Feststellung, dass auch eine Magenspiegelung grundsätzlich indiziert war, sagt nichts darüber aus, dass diese Untersuchung eilig erfolgen musste und nicht eine vorherige Einwilligung des P. einge- holt werden konnte. Das zur Wahrung der Persönlichkeit des Patienten erforderliche Selbstbestimmungsrecht (vgl. dazu u.a. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1999 - 5 StR 712/98 = BGHSt 45, 219, 225) steht einer voreiligen ärztlichen Maßnahme entgegen, zumal, wenn es sich - wie hier - nicht um eine dringende Heilbehandlung, sondern lediglich um eine Untersuchung aus Diagnosegründen handelt. Dies war in die Überzeugungsbildung einzustellen.
- 23
- c) Die Beweiswürdigung ist auch lückenhaft. Die Strafkammer teilt als Einlassung des Angeklagten mit, er sei von einem Notfall ausgegangen, weil P. über Schmerzen im Hals- und Brustbereich geklagt habe (UA S. 8). Ob dies der Tatrichter als glaubhaft angesehen und deshalb auch festgestellt hat, lässt sich den Urteilsgründen nicht sicher entnehmen. Bejahendenfalls hätte das Landgericht erörtern müssen, ob dieser Umstand der Annahme einer Einwilligung hier schon deshalb entgegengestanden hätte, weil der Angeklagte die Magenspiegelung durch Einführung des Endoskops in die Speiseröhre vornehmen wollte, und P. Schluckbeschwerden hatte. Möglicherweise hätte P. deshalb zu diesem Zeitpunkt keine Magenspiegelung gewünscht oder wäre allenfalls mit einer anderen Untersuchungsmethode einverstanden gewesen.
- 24
- 3. Der Senat kann insgesamt nicht ausschließen, dass auf den aufgezeigten Rechtsfehlern das freisprechende Urteil beruht. Das konnte schon deshalb nicht verneint werden, weil der neue Tatrichter andere Feststellungen treffen kann, die eine Strafbarkeit des Angeklagten sei es nach § 227 StGB, sei es nach § 222 StGB oder sei es nach § 230 StGB ergeben können.
- 25
- Eine Strafbarkeit ist auch im Hinblick auf die Hilfserwägungen der Strafkammer (UA S. 14 und 15) zur fehlenden Fahrlässigkeit (kein Sorgfaltspflichtverstoß ) des Angeklagten nicht von vornherein zu verneinen. Denn der Tatrichter und die von ihm angehörten Sachverständigen äußern sich in diesem Zu- sammenhang nicht dazu, ob das Risiko einer Perforation der Speiseröhre erhöht ist, wenn der Patient bereits Schmerzen im Hals- und Brustbereich und Schluckbeschwerden hat.
III.
- 26
- Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, folgendes zu beachten:
- 27
- Ergeben die neuen Feststellungen, dass der Angeklagte nicht an eine Einwilligung glaubte, kommt eine Strafbarkeit nach § 227 StGB in Betracht, wenn die spezifische Gefährlichkeit der - kausalen - Körperverletzung sich in der Todesfolge niedergeschlagen hat und wenn dem Angeklagten hinsichtlich dieser Folge wenigstens Fahrlässigkeit zur Last liegt (§ 18 StGB).
- 28
- Ein Verbotsirrtum ist dann gegeben, wenn der Arzt das Fehlen des Einverständnisses für möglich, den Eingriff aber für zulässig hält, weil er medizinisch geboten ist; die Vermeidbarkeit eines solchen Irrtums ist jedoch "kaum je zweifelhaft" (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1999 - 5 StR 712/98 = BGHSt 45, 219, 225; vgl. im Einzelnen auch Fischer, StGB, 58. Aufl., Rn. 16 zu § 223).
- 29
- Wird hingegen festgestellt, dass der Angeklagte irrig angenommen hat, P. hätte bei vorheriger Befragung der Erweiterung zugestimmt, so liegt ein Erlaubnistatbestandsirrtum vor, der entsprechend § 16 StGB zu behandeln ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 5. Juli 2007 - 4 StR 549/06 = NStZ-RR 2007, 340, 341; BGH, Urteil vom 29. Juni 1995 - 4 StR 760/94 = NStZ 1996, 34, 35; BGH, Beschluss vom 25. März 1988 - 2 StR 93/88 = BGHSt 35, 246 ff., 250). Die Rechtswidrigkeit entfällt, wenn der Patient bei wahrheitsgemäßer Aufklärung in die tatsächlich durchgeführte Operation eingewilligt hätte (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 20. Januar 2004 - 1 StR 319/03 = NStZ 2004, 442). Dass bei ordnungsgemäßer Aufklärung die Einwilligung unterblieben wäre, ist dem Arzt nachzu- weisen. Verbleiben Zweifel, so ist nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" zu Gunsten des Arztes davon auszugehen, dass die Einwilligung auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erfolgt wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2003 - 1 StR 300/03 = StV 2004, 376, 377 mwN).
- 30
- In Betracht kommt dann aber eine Bestrafung wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB), wenn die Todesfolge individuell vorhersehbar und vermeidbar war oder zumindest wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 230 StGB). Nack Rothfuß Hebenstreit Graf Jäger
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(1) Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226a) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Der erhobenen öffentlichen Klage oder dem Antrag im Sicherungsverfahren kann sich mit der Nebenklage anschließen, wer verletzt ist durch eine rechtswidrige Tat nach
- 1.
den §§ 174 bis 182, 184i bis 184k des Strafgesetzbuches, - 2.
den §§ 211 und 212 des Strafgesetzbuches, die versucht wurde, - 3.
den §§ 221, 223 bis 226a und 340 des Strafgesetzbuches, - 4.
den §§ 232 bis 238, 239 Absatz 3, §§ 239a, 239b und 240 Absatz 4 des Strafgesetzbuches, - 5.
§ 4 des Gewaltschutzgesetzes, - 6.
§ 142 des Patentgesetzes, § 25 des Gebrauchsmustergesetzes, § 10 des Halbleiterschutzgesetzes, § 39 des Sortenschutzgesetzes, den §§ 143 bis 144 des Markengesetzes, den §§ 51 und 65 des Designgesetzes, den §§ 106 bis 108b des Urheberrechtsgesetzes, § 33 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie, § 16 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und § 23 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen.
(2) Die gleiche Befugnis steht Personen zu,
- 1.
deren Kinder, Eltern, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner durch eine rechtswidrige Tat getötet wurden oder - 2.
die durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 172) die Erhebung der öffentlichen Klage herbeigeführt haben.
(3) Wer durch eine andere rechtswidrige Tat, insbesondere nach den §§ 185 bis 189, 229, 244 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 4, §§ 249 bis 255 und 316a des Strafgesetzbuches, verletzt ist, kann sich der erhobenen öffentlichen Klage mit der Nebenklage anschließen, wenn dies aus besonderen Gründen, insbesondere wegen der schweren Folgen der Tat, zur Wahrnehmung seiner Interessen geboten erscheint.
(4) Der Anschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zulässig. Er kann nach ergangenem Urteil auch zur Einlegung von Rechtsmitteln geschehen.
(5) Wird die Verfolgung nach § 154a beschränkt, so berührt dies nicht das Recht, sich der erhobenen öffentlichen Klage als Nebenkläger anzuschließen. Wird der Nebenkläger zum Verfahren zugelassen, entfällt eine Beschränkung nach § 154a Absatz 1 oder 2, soweit sie die Nebenklage betrifft.
(1) Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226a) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226a) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Die vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 und die fahrlässige Körperverletzung nach § 229 werden nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Stirbt die verletzte Person, so geht bei vorsätzlicher Körperverletzung das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 auf die Angehörigen über.
(2) Ist die Tat gegen einen Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst begangen, so wird sie auch auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgt. Dasselbe gilt für Träger von Ämtern der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts.
(1) Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226a) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
Knüpft das Gesetz an eine besondere Folge der Tat eine schwerere Strafe, so trifft sie den Täter oder den Teilnehmer nur, wenn ihm hinsichtlich dieser Folge wenigstens Fahrlässigkeit zur Last fällt.
(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.
(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.
Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Die vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 und die fahrlässige Körperverletzung nach § 229 werden nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Stirbt die verletzte Person, so geht bei vorsätzlicher Körperverletzung das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 auf die Angehörigen über.
(2) Ist die Tat gegen einen Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst begangen, so wird sie auch auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgt. Dasselbe gilt für Träger von Ämtern der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts.