Bundesgerichtshof Urteil, 10. Sept. 2003 - 1 StR 147/03

bei uns veröffentlicht am10.09.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 147/03
vom
10. September 2003
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. September
2003, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Schluckebier,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landge- richts München I vom 14. Oktober 2002 wird mit folgender Maßgabe verworfen:
a) Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt entfällt.
b) Die mit Urteil des Landgerichts München I vom 13. November 2000 - 9 KLs 364 Js 54127/99 angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt bleibt aufrecht erhalten. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 14. Oktober 2002 im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben in nicht geringer Menge - unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einer früheren Verurteilung - zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die mit der allgemeinen Sachrüge begründete Revision des Angeklagten ist bis auf die aus der Urteilsformel ersichtliche Umstellung im Ausspruch über die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erfolglos. Mit ihrer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Sie beanstandet insbesondere die Annahme verminderter Schuldfähigkeit des Angeklagten zu den Tatzeiten und die fehlende Auseinandersetzung mit den Vorschriften über den Verfall. Damit hat die Staatanwaltschaft Erfolg.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts übernahm der Angeklagte Anfang Dezember 1997 die Drogengeschäfte des P. sowie dessen Drogenkurierin L. . In der Zeit von Dezember 1997 bis Ende April 1998 fuhr L. im Auftrag des Angeklagten fünfmal nach Prag, um dort dreimal 500 g und zweimal 1 kg Heroin (Wirkstoffgehalt jeweils
mindestens 20 %) zu übernehmen, unerlaubt nach Deutschland einzuführen und dem Angeklagten in dessen Wohnung in München zu übergeben. Das Kaufgeld - jeweils zwischen 15.000,-- DM und 23.000,-- DM - hatte der Angeklagte der Kurierin immer in einem Briefumschlag mitgegeben. Geringe Mengen des Heroins konsumierte der Angeklagte selbst. Den größten Teil verkaufte er gewinnbringend weiter. Das Landgericht verhängte für diese Taten unter Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB wegen nicht ausschließbar verminderter Schuldfähigkeit Einzelstrafen in Höhe von dreimal drei Jahren und neun Monaten und zweimal fünf Jahren und drei Monaten.
Wegen weiterer Heroingeschäfte in der Zeit von September bis Dezember 1999 war der Angeklagte vom Landgericht München I bereits am 13. November 2000 - ausgehend von zehn Einzelstrafen in Höhe von acht Monaten bis zu einem Jahr und acht Monaten - mit dem einbezogenen Urteil zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Bereits mit diesem Urteil ist die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden.

II.


Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist aus den vom Vertreter des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 9. April 2003 und in der Revisionshauptverhandlung dargelegten Gründen weitgehend offensichtlich unbegründet. Lediglich der erneute Ausspruch über die Unterbringung des Angeklagten in der Entziehungsanstalt ist zu korrigieren. Denn auch insoweit haben die Grundsätze der nachträglichen Ge-
samtsstrafenbildung (§ 55 StGB) Vorrang vor § 67 f StGB, so daß in der neuen Entscheidung lediglich die frühere Anordnung der Maßregel aufrechtzuerhalten , nicht aber eine neue Maßregel anzuordnen ist (BGHSt 30, 305; BGH NStZ 1998, 79). Nur so wird vermieden, daß sich die nicht gleichzeitige Aburteilung der Taten zu Lasten des Täters auswirkt, etwa bei der Dauer des Maßregelvollzugs (vgl. Stree in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 67 f Rdn.

5).


Da für eine erneute Prüfung der Voraussetzungen des § 64 StGB somit kein Raum war, kommt es nicht darauf an, daß nach den im angefochtenen Urteil hierzu getroffenen Feststellungen die Erfolgsaussicht einer Therapie beim Angeklagten eher fraglich erscheint. Die Kammer stellte fest, "bisherige Therapien führten nicht dazu, daß der Angeklagte drogenfrei lebte" (UA S. 5). Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, woraus der Sachverständige und mit ihm die Strafkammer folgern, "daß eine Therapie beim Angeklagten aussichtsreich erscheint". Denn nähere Darlegungen dazu fehlen.

III.


1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Zwar erklärt die Staatsanwaltschaft eingangs ihrer Revisionsbegründungsschrift eine Beschränkung auf den Strafausspruch und nennt am Ende als Ziel der Revision die Aufhebung des angegriffenen Urteils im Strafausspruch. Dies steht jedoch im Widerspruch zum sonstigen Inhalt der Revisionsbegründung. Denn darin beanstandet die Staatsanwaltschaft auch die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz (§ 73 a StGB). Das Revisions-
vorbringen ist daher mit Rücksicht auf das ersichtlich erstrebte Ziel dahin auszulegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. April 2000 - 1 StR 55/00 - und vom 23. Oktober 1997 - 4 StR 226/97; Hanack in Löwe-Rosenberg StPO 25. Aufl. § 344 Rdn. 10), daß der gesamte Rechtsfolgenausspruch angegriffen ist.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg:

a) Die Begründung, mit welcher das Landgericht eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit (Steuerungsfähigkeit) des Angeklagten zu den jeweiligen Tatzeitpunkten angenommen und deshalb bei der Festsetzung der Einzelstrafen den nach §§ 21, 49 Abs. 1 gemilderten Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG zugrunde gelegt hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Die Strafkammer hat hierzu ausgeführt: "Nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. S. , der als Arzt für Neurologie und Psychiatrie große Erfahrungen bei der Begutachtung von Drogenabhängigen hat, leidet der Angeklagte seit vielen Jahren, auch zur Tatzeit von Dezember 1997 bis Ende April 1998 an einer Politoxikomanie. In Anbetracht der großen Mengen von eingeführtem Heroin liegt zwar keine direkte Beschaffungskriminalität vor. Nach den Ausführungen des Sachverständigen bestand beim Angeklagten jedoch aufgrund seines Abhängigkeitssyndroms ein indirekter Beschaffungsdruck. Hierzu kommt nach den Ausführungen des Sachverständigen, dass der Angeklagte durch den ihm physisch und psychisch weit überlegenen P. unter Druck gesetzt wurde und diesen fürchtete. Das Gericht konnte sich selbst davon überzeugen, dass es sich bei P. um eine sehr dominante Persönlichkeit handelt. Die Zeugen K. und Sa. , die ihn näher kennen gelernt hatten, beschrieben ihn als brutal. Beide berichteten, dass sich P. ihnen gegenüber gebrüstet hatte, schon einmal zwei Personen aus dem Weg geräumt zu haben. Der Sachverständige Dr. S. hat überzeugend und nachvollziehbar dargelegt, daß die Drogenabhängigkeit des Angeklagten und der auf ihn ausgeübte psychische Druck des P. dazu führen, daß eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB nicht ausgeschlossen werden kann. Dieser Einschätzung schließt sich die Kammer an."
Diese Darlegungen lassen befürchten, daß die Strafkammer schon nicht von einem zutreffenden Prüfungsansatz ausging. Bei der Frage, ob eine Verminderung der Steuerungsfähigkeit "erheblich" i.S.d. § 21 StGB ist, handelt es sich um eine Rechtsfrage, die der Tatrichter ohne Bindung an Äußerungen von Sachverständigen zu beantworten hat. Dabei fließen normative Erwägungen ein. Die rechtliche Erheblichkeit der Verminderung des Hemmungsvermögens hängt entscheidend von den Ansprüchen ab, die die Rechtsordnung an das Verhalten zu stellen hat, wenn die Tat mit den festgestellten Folgen von Drogenmißbrauch zusammenhängt. Dies zu beurteilen und zu entscheiden ist Sache des Richters. Allein zur Beurteilung der Vorfrage nach den medizinischpsychiatrischen Anknüpfungstatsachen bedarf er sachverständiger Hilfe, sofern er hierüber nicht aufgrund eigener Sachkunde befinden kann (BGHSt 43, 66 [77]; BGH StV 1999, 309 [310]; Lenckner/Perron StGB 26. Aufl. § 21 Rdn. 4 m.w.N).
Außerdem ist die Einschätzung des Sachverständigen, der sich die Kammer anschließt, ohne Mitteilung der Befundtatsachen insbesondere zur Sucht des Angeklagten nicht nachvollziehbar und steht mit anderen von der Strafkammer getroffenen Feststellungen nicht in Einklang.
aa) Bei Drogenabhängigkeit ist zwar in besonders gelagerten Fällen eine Verminderung - oder gar ein Ausschluß - der Schuldfähigkeit auf der Basis einer "schweren seelischen Abartigkeit" oder einer "krankhaften seelischen Störung" nicht von vorneherein ausgeschlossen (vgl. Jähnke in Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl. § 20 Rdn. 51; Streng in Münchener Kommentar zum StGB, § 20 Rdn. 105; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder StGB § 20 Rdn. 17, jeweils m.w.N.). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofs begründet jedoch die Abhängigkeit von Betäubungsmitteln für sich allein noch nicht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB. Derartige Folgen sind bei einem Rauschgiftsüchtigen nur ausnahmsweise gegeben, wenn langjähriger Betäubungsmittelgenuß zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen geführt hat oder der Täter unter starken Entzugserscheinungen leidet und dadurch dazu getrieben wird, sich mittels einer Straftat Drogen zu verschaffen, ferner unter Umständen dann, wenn er das Delikt im Zustand eines akuten Rausches verübt (BGH NStZ 2002, 31 [32]; BGH NStZ 2001, 83 [84]; BGH StV 1997, 517; BGHR StGB § 21 BtM-Auswirkungen 12 - "nicht lediglich von § 21 'ausgehen' -"; Theune, Auswirkungen der Drogenabhängigkeit auf die Schuldfähigkeit und die Zumessung von Strafe und Maßregel , NStZ 1997, 69; jeweils m.w.N.).
Vom Vorliegen einer schweren Persönlichkeitsveränderung beim Angeklagten oder einer Tatbegehung während eines akuten Drogenrausches ist die Strafkammer ersichtlich nicht ausgegangen. Aber auch dafür, daß der Angeklagte unter dem Eindruck starker Entzugserscheinungen oder aus Angst davor zu seinen Taten getrieben wurde, werden zureichende Anhaltspunkte nicht mitgeteilt. Zur Drogenkarriere des "drogenabhängigen", auch einschlägig mehrfach erheblich vorbestraften Angeklagten stellt die Strafkammer lediglich fest:
"Im Alter von 16 Jahren fing der Angeklagte an, gelegentlich Haschisch zu rauchen. Im Alter von 23 Jahren begann er regelmäßig Kokain zu konsumieren, zwei Jahre später auch Heroin, das er seit 1990 auch spritzte. Nach seiner letzten Haftentlassung im Oktober 1997 konsumierte der Angeklagte Heroin nur noch durch Schnupfen. Bisherige Therapien führten nicht dazu, daß der Angeklagte drogenfrei lebte."
Nähere Angaben zum Konsumverhalten, insbesondere zur Dosierung des Heroins, die Hinweise auf das Ausmaß der Drogenabhängigkeit geben könnten, fehlen ebenso wie eine Beschreibung der körperlichen Verfassung des Angeklagten - etwa zu Entzugserscheinungen und deshalb eventuell notwendig gewordenen medizinische Maßnahmen - nach seiner Inhaftierung im Dezember 1999. Sollten weitergehende Feststellungen nicht möglich gewesen sein, da der Angeklagte weder zur Person noch zur Sache Angaben machte und weitere Ermittlungsansätze nicht gegeben waren, hätte es der Zweifelsgrundsatz nicht geboten, von der für den Angeklagten günstigsten Fallgestaltung auch dann auszugehen, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestanden (vgl. BGH NJW 1995, 2300; Gollwitzer in Löwe-Rosenberg StPO 25. Aufl. § 261 Rdn. 112).
Im übrigen liegt angesichts der gehandelten Mengen Sucht als Motiv der Taten hier eher fern. "Bei Transaktionen von mehreren hundert Gramm oder sogar mehreren Kilogramm Heroin z.B. ist ein Zusammenhang mit der eigenen Sucht meist nicht mehr erkennbar, zumal Drogenabgängige in aller Regel nicht dazu neigen, größere Lagerhaltung zu betreiben. Dazu sind sie aufgrund ihres süchtigen Kontrollverlustes gar nicht in der Lage. Fallen also Stoffmengen als Gewinn an, die beispielsweise 10 g Heroin überschreiten, so wird die Motivation aus eigener Sucht unglaubhaft. Es ist zu überprüfen, ob nicht andere Motivationen die Straftat bedingt haben" (Täschner, Kriterien der Schuldfähigkeit Drogenabhängiger bei unterschiedlichen Deliktformen, Blutalkohol 1993, 313 [319]).
bb) Furcht vor P. , der - psychisch und physisch überlegen - den Angeklagten unter Druck gesetzt haben soll, kann verminderte
Schuldfähigkeit nicht begründen. Zwar mag psychische Abhängigkeit in extremen Einzelfällen eine "andere seelische Abartigkeit" darstellen (vgl. Streng in Münchener Kommentar zum StGB, § 20 Rdn. 108 m.w.N.). Nötigung zu einer Straftat kann jedoch keinem der Eingangsmerkmale des § 20 StGB zugeordnet werden. Es handelt sich um eine grundsätzlich bewältigbare Herausforderung, bezüglich derer die Verhaltenserwartungen der Gemeinschaft außerhalb der Reichweite der - hier nicht einschlägigen - §§ 34, 35 StGB nicht zurückzunehmen sind (vgl. auch allgemein: Streng aaO Rdn. 109).
Im übrigen steht die - jedenfalls nach der Darstellung in den Urteilsgründen - nicht weiter konkretisierte Bewertung seitens des Sachverständigen nicht in Einklang mit den Feststellungen der Strafkammer. Anhaltspunkte dafür, daß der Angeklagte zur Tatbegehung auch nur überredet werden mußte, ergaben sich danach gerade nicht: "Anfang Dezember 1997" - oder Ende November 1997 (UA S. 18) - "zog sich P. aus dem Drogenhandel zurück und überließ dem Angeklagten sowohl die Drogenkurierin L. als auch den Drogenlieferanten in Tschechien" (UA S. 14), nachdem er - so zitiert die Strafkammer den Zeugen P. - genug Geld verdient gehabt hätte und außerdem wegen Kokainkonsums in einem schlechten gesundheitlichen Zustand gewesen sei. "Der Angeklagte wickelte die Rauschgiftgeschäfte selbständig ab. P. , der sich vom 06.01.1998 bis 20.02.1998 sowie seit 15.03.1998 in Haft befand, wurde vom Angeklagten über die Rauschgiftgeschäfte informiert" (UA S. 15), während des Aufenthalts des P. in der Haftanstalt über ein eingeschmuggeltes Mobiltelefon. Dabei nahm P. auch Einfluß auf die Preisgestaltung (UA S. 21). Hinweise auf irgendeine Zwangseinwirkung, auf "psychischen Druck" auf den Angeklagten fehlen. Aus der Schilderung zweier Zeugen, wonach P. brutal sein soll und sich diesen gegenüber gebrü-
stet habe, schon einmal zwei Personen aus dem Weg geräumt zu haben, folgt nichts anderes. Anhaltspunkte dafür, daß es beim Angeklagten des Einsatzes dieses Drohpotentials bedurfte, um ihn zur Übernahme und Durchführung der Drogengeschäfte zu veranlassen, sind nach den Feststellungen der Strafkammer nicht ersichtlich.
Der Senat vermag nicht auszuschließen, daß die Strafkammer ausgehend vom nicht gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Normalstrafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG höhere Einzelstrafen verhängt hätte. Deren Aufhebung entzieht der Gesamtstrafe ihre Grundlage, wenn auch die Gesamtstrafenbildung seitens des Landgerichts für sich betrachtet - entgegen der Auffassung der Revisionsführerin - keine Rechtsfehler aufweist.

b) Zu Recht beanstandet die Staatsanwaltschaft die fehlende Auseinandersetzung der Strafkammer mit den Bestimmungen über den Verfall (§§ 73 ff. StGB). Da der Angeklagte den größten Teil des eingeschmuggelten Heroins gewinnbringend weiterveräußerte, unterliegt - ausgehend vom sogenannten Bruttoprinzip (vgl. BGH NStZ 1994, 123; BGH NJW 2002, 3339 [3340] m.w.N.) - der gesamte Verkaufserlös zwingend dem Verfall bzw. ist unter den Voraussetzungen des § 73a der Verfall von Wertersatz anzuordnen, sofern nicht ausnahmsweise (vgl. BGH NStZ 2001, 312) die Härtevorschrift des § 73c StGB greift. Auch dies hätte jedoch der Erörterung bedurft. Soweit die genauen Verkaufspreise nicht mehr ermittelt werden können, ist deren Höhe - etwa in Anlehnung an die beim Abnehmer G. erzielten Preise - zu schätzen, wie auch der Umfang des Eigenkonsums zur Ermittlung der verbleibenden Handelsmenge (§ 73b StGB). Daß der Angeklagte über Gegenstände verfügte
und noch verfügt, die dem erweiterten Verfall gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG i.V.m § 73d StGB (vgl. hierzu BGH NStZ 2001, 531) unterliegen, ist den bisherigen Feststellungen der Strafkammer dagegen nicht zu entnehmen.
Wahl Schluckebier Kolz Hebenstreit Elf

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Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 55/00
vom
11. April 2000
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
11. April 2000, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Granderath,
Nack,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 4. August 1999 im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der Körperverletzung in fünf Fällen, der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung sowie der Sachbeschädigung in Tateinheit mit Beleidigung schuldig ist. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen. 2. Die Staatskasse trägt die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten durch dieses Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen; die Nebenklägerin trägt die Kosten ihrer Revision.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung in fünf Fällen, wegen gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Sachbeschädigung und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Vom Vorwurf der Vergewaltigung zum Nachteil der Nebenklägerin in zwei Fällen hat es den Angeklagten freigesprochen. Gegen dieses Urteil richten sich die zuungunsten des Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft und
der Nebenklägerin, die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützt sind. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg. I. Die Revision der Staatsanwaltschaft
1. Die Staatsanwaltschaft beantragt, das Urteil "im Rechtsfolgenausspruch" aufzuheben. Sie wendet sich jedoch im einzelnen dagegen, daß der Angeklagte in den Fällen II. 1 bis 4 der Urteilsgründe nicht wegen gefährlicher Körperverletzung und im Fall II. 5 nicht wegen versuchter Nötigung verurteilt worden ist. Sie rügt auch im vollen Umfang den Freispruch vom Vorwurf der Vergewaltigung in zwei Fällen. Das Revisionsvorbringen ist damit in sich widersprüchlich ; es ist mit Rücksicht auf das ersichtlich erstrebte Ziel dahin auszulegen , daß über den gestellten Antrag hinaus auch der Schuldspruch in den Fällen II. 1 bis 5 der Urteilsgründe und der Freispruch angegriffen ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1997 - 4 StR 226/97; Hanack in LR, StPO 25. Aufl. § 344 Rdn. 10).
2. Die Verfahrensrüge, die Strafkammer habe zwei am 26. Juli 1999 "hilfsweise und schriftlich" gestellte Beweisanträge der Nebenklägerin weder in der Hauptverhandlung noch in den Urteilsgründen beschieden, hat keinen Erfolg. Wie sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt, ist die Behauptung unzutreffend. Die Beweisanträge sind in der Hauptverhandlung durch verkündeten Beschluß beschieden worden.
3. Soweit die Staatsanwaltschaft mit der Sachbeschwerde rügt, das Landgericht habe den Angeklagten in den Fällen II. 1 bis 4 und 6 der Urteilsgründe zu Unrecht nur wegen einfacher und nicht wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt, läßt die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zugunsten des
Angeklagten erkennen. Die Strafkammer hat nicht sicher feststellen können, wie lange und intensiv der Angeklagte jeweils ein Kissen oder eine Decke auf das Gesicht der Geschädigten gedrückt hat. Sie hat – sachverständig beraten – die vom Tatopfer geschilderte Atemnot für sich allein zur Annahme einer lebensgefährdenden Behandlung nicht als ausreichend angesehen. Die Wertung , Atemnot bedrohe ohne nähere Feststellungen zur Dauer nicht in jedem Fall das Leben des Opfers einer Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. BGHR StGB § 223a Abs. 1 Lebensgefährdung 1, 7 und 8). Das ergänzende Vorbringen der Beschwerdeführerin zu den Verletzungen am Körper des Tatopfers und zu möglichen Gründen, die den Angeklagten veranlaßt haben könnten, das Kissen oder die Decke wieder vom Gesicht der Geschädigten zu entfernen, zeigt nicht auf, weshalb die Strafkammer zu einem anderen Beweisergebnis hätte kommen müssen.
4. Im Fall II. 5 der Urteilsgründe liegt nach dem festgestellten Sachverhalt nicht nur eine gefährliche Körperverletzung, sondern auch eine versuchte Nötigung vor. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht hätte anders verteidigen können. Der Strafausspruch kann jedoch bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, daß das Landgericht auf eine höhere Strafe erkannt hätte.
5. Soweit das Landgericht den Angeklagten vom Vorwurf der Vergewaltigung in zwei Fällen freigesprochen hat, hält die Beweiswürdigung rechtlicher Überprüfung stand. Die Beschwerdeführerin rügt ohne Erfolg, das Landgericht habe sich trotz der vergleichbaren Tatbilder nicht näher mit der "Teilglaubwürdigkeit der Zeugin" auseinandergesetzt.


a) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß die Strafkammer zunächst im einzelnen dargelegt hat, weshalb sie die Aussagen der Geschädigten zu den angeklagten Vergewaltigungen nicht in gleichem Maße wie bei den Körperverletzungen als glaubhaft angesehen hat. Da objektive Beweisanzeichen zu diesen Taten fehlen und der Angeklagte die Vergewaltigungen bestreitet, hat das Landgericht die Entstehung und die Entwicklung der Aussage der Geschädigten einer kritischen Prüfung unterzogen. Die Aussagegenese zu den beiden Fällen hat der Strafkammer Anlaß zu Zweifeln gegeben, weil die Geschädigte sämtliche vom Angeklagten an ihr verübten Gewalttaten erst eineinhalb Jahre später angezeigt und – nach anwaltlicher Beratung - erstmals in einer noch späteren Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft angegeben hat, auch zweimal vergewaltigt worden zu sein. Indes hat sie als Zeugin in der Hauptverhandlung trotz detaillierten Erinnerungsvermögens im übrigen auch nach mehrfachem Nachfragen keine genauen Angaben über die Tatzeitpunkte machen können. In diesem Zusammenhang war für die Zweifel der Strafkammer maßgeblich, daß die Geschädigte trotz der wiederholten Übergriffe und massiven Verletzungen die Beziehung zum Angeklagten aufrecht erhalten hat und daß sie erst nach der endgültigen Trennung "nur noch die für den Angeklagten negativen Aspekte schildert und hervorhebt". Was die Beschwerdeführerin gegen diese Urteilsfeststellungen vorbringt, läuft im wesentlichen darauf hinaus, die Umstände abweichend zu werten. Dies ist im Revisionsverfahren nicht zulässig.

b) Rechtsfehlerfrei hat die Strafkammer bei der Prüfung des Vorwurfs der Vergewaltigung eine Gesamtschau der Aussage der Geschädigten vorgenommen. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den
Fall Aussage gegen Aussage sogar geboten (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1, 13; § 267 Abs. 1 Satz 1 Beweisergebnis 8; ausführlich Sander StV 2000, 45 ff.). Daß das Landgericht den Angeklagten wegen der Körperverletzungsdelikte verurteilt hat und sich im übrigen von der Schuld des Angeklagten letztlich nicht hat überzeugen können, ist daher hinzunehmen.
6. Die nach § 301 StPO veranlaßte Überprüfung des Urteils zugunsten des Angeklagten hat Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben.
II. Die Revision der Nebenklägerin
1. Die Nebenklägerin rügt ohne Erfolg einen Verstoß gegen § 244 Abs. 3 StPO. Das Landgericht hat die am 26. Juli 1999 gestellten Beweisanträge vor der Urteilsberatung rechtsfehlerfrei wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit abgelehnt. Aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos sind Indiztatsachen, wenn zwischen ihnen und dem Gegenstand der Urteilsfindung keinerlei Sachzusammenhang besteht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Fall ihres Erwiesenseins die Entscheidung nicht beeinflussen könnten (BGH StV 1997, 567, 568; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 244 Rdn. 56). So war es hier. Gegenstand der Aussagen von Zeugen aus dem persönlichen Umfeld sollte sein, der Angeklagte habe die Geschädigte nach Trennungen immer wieder zur Rückkehr gedrängt. Das Landgericht hat den Ablehnungsbeschluß damit begründet, es sei nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, zwischen dem Angeklagten und dem Tatopfer hätten ”kaum nachvollziehbare, sehr ambivalente Verhältnisse” bestanden. Entgegen der Auffassung der Nebenklägerin stellt es keine unzuläs-
sige Beweisantizipation dar, daß die Strafkammer aus den Aussagen dieser Zeugen keine Schlüsse über die generelle Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin hätte ziehen wollen.
2. Unbegründet ist deshalb auch die mit demselben Beweisziel erhobene Aufklärungsrüge nach § 244 Abs. 2 StPO. Die Strafkammer war nicht gedrängt , die Zeugen unter Aufklärungsgesichtspunkten zu hören. Sie hat in dem Ablehnungsbeschluß auch ausgeführt, es habe nicht zuletzt nach den Aussagen des Angeklagten und der Nebenklägerin festgestanden, daß es nach heftigen Auseinandersetzungen immer wieder zu Kontaktaufnahmen zwischen beiden gekommen sei.
3. Auch die Nebenklägerin greift die Beweiswürdigung des Landgerichts ohne Erfolg an:

a) Sie rügt, die den Freispruch tragenden Urteilsgründe verstießen gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Zögerliches Anzeigeverhalten dürfe nicht als Indiz gegen das Vorliegen einer Vergewaltigung gewertet werden; die Strafkammer habe nicht berücksichtigt, daß es sich bei diesem Verhalten um eine typische Schamreaktion eines Vergewaltigungsopfers handele. Ungenaue und wechselnde Angaben seien ein typisches Indiz für Vergewaltigungen in einer längeren Beziehung. Dem Verhalten dürfe daher kein Indizwert beigemessen werden; es müsse vielmehr als Bestätigung erheblicher Traumatisierung und Destabilisierung nach erheblichen Körperverletzungen gewertet werden. Dies trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Es gibt keine empirisch abgesicherten Erfahrungssätze über das Anzeigeverhalten von Vergewaltigungsopfern in Fällen der vorliegenden Art, die es verbieten, die feststellbaren Umstän-
de zur Aussagegenese und –entwicklung zu bewerten und im Einzelfall Schlüsse zu ziehen. Steht bei diesen Delikten nach Durchführung der oft schwierigen Beweisaufnahme Aussage gegen Aussage, so muß sich das Gericht bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der widersprechenden Angaben vielmehr in besonderem Maße mit der Entstehung und der Entwicklung einer Aussage auseinandersetzen. Dies hat das Landgericht ohne Rechtsfehler getan.

b) Schließlich rügt die Nebenklägerin auch vergeblich, die Beurteilung von Aussagen und Indizien, aufgrund derer das Landgericht ihre Aussagen zu den Vergewaltigungen als nicht glaubhaft angesehen habe, beruhe auf widersprüchlichen und lückenhaften Tatsachenfeststellungen. Mit ihrem Vorbringen setzt die Nebenklägerin aber nur ihre eigene Wertung der festgestellten Tatsachen an die Stelle der Auffassung des Landgerichts.
Schäfer Granderath Nack Boetticher Schluckebier

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

(1) Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld. Dies gilt nicht, soweit dem Täter nach den Umständen, namentlich weil er die Gefahr selbst verursacht hat oder weil er in einem besonderen Rechtsverhältnis stand, zugemutet werden konnte, die Gefahr hinzunehmen; jedoch kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden, wenn der Täter nicht mit Rücksicht auf ein besonderes Rechtsverhältnis die Gefahr hinzunehmen hatte.

(2) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig Umstände an, welche ihn nach Absatz 1 entschuldigen würden, so wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte. Die Strafe ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn

1.
er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat,
2.
ihm das Erlangte
a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder
b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder
3.
das Erlangte auf ihn
a)
als Erbe übergegangen ist oder
b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
Satz 1 Nummer 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn das Erlangte zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde.

(2) Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 kann das Gericht auch die Einziehung dessen anordnen, was erworben wurde

1.
durch Veräußerung des erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.