Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juni 2010 - 4 StR 47/10

bei uns veröffentlicht am17.06.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 47/10
vom
17. Juni 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Juni 2010,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender
als beisitzende Richter,
Richter am Amtsgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin für den
Angeklagten N. ,
Rechtsanwältin für den Angeklagten
S. E.-M. ,
Rechtsanwalt für den Angeklagten
R. E.-M.
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 18. Mai 2009 im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehenden Revisionen bezüglich der Angeklagten S. und R. E.-M. werden verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten N. und S. E.-M. wegen besonders schweren Raubes zu Freiheitsstrafen von drei Jahren und acht Monaten (N. ) bzw. vier Jahren und vier Monaten (S. E.-M. ), den Angeklagten R. E.-M. wegen (Wohnungseinbruchs-) Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, wegen besonders schweren Raubes und wegen (vorsätzlicher) Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt ; außerdem hat es gegen den Angeklagten R. E.-M. eine Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis von drei Jahren angeordnet.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten, auf die Rechtsfolgenaussprüche - mit Ausnahme der Anordnung nach § 69 a StGB - wirksam beschränkten Revisionen , die vom Generalbundesanwalt vertreten werden. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet, dass das Landgericht bezüglich aller Angeklagten vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB ausgegangen ist und die Strafrahmen jeweils gemäß § 49 Abs. 1 StGB gemildert hat. Außerdem wendet sie sich dagegen, dass das Landgericht bezüglich der Angeklagten S. und R. E.-M. eine Unterbringung nach § 64 StGB abgelehnt hat.
3
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg, soweit sie sich gegen die Strafaussprüche richten; im Übrigen sind sie unbegründet.

I.


4
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts begannen die jetzt 27 bzw. 26 Jahre alten Angeklagten S. und R. E.-M. im Alter von etwa 18 Jahren, regelmäßig das Schmerzmittel Tilidin in Form von Tropfen einzunehmen , ohne dass dafür eine medizinische Indikation bestand; gelegentlich konsumierten sie auch Drogen wie Kokain und Haschisch. Bei Tilidin handelt es sich um ein Opioid, das auf Grund des Abhängigkeitspotentials bei nicht Opioid (Morphin-, Heroin-)Gewohnten zur Abhängigkeit führen kann. Beide Angeklagten sind mit der Zeit auch abhängig geworden.
5
Der Angeklagte N. hatte in der Zeit von 2001 bis 2005 ebenfalls regelmäßig Tilidin und Kokain konsumiert, dies aber während der anschließenden Haftzeit eingestellt. Nach seiner Haftentlassung im August 2008 kam es nur einmal zum Konsum dieser Substanzen. Die Angeklagten N. und S.
E.-M. hatten bereits vor dem hier abgeurteilten Tatgeschehen unter Tilidin -Einfluss schwerwiegende Straftaten begangen.
6
2. Zu den Taten hat das Landgericht Folgendes festgestellt:
7
a) Am 14. Juli 2008 brach der Angeklagte R. E.-M. in Berlin zusammen mit einem Mittäter in eine Wohnung ein und entwendete verschiedene Gegenstände, um diese für sich zu behalten. Anschließend fuhr er in Kenntnis dessen, dass er nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war, mit einem gemieteten Pkw auf öffentlichen Straßen vom Tatort weg. Zur Tatzeit stand er nicht widerlegbar unter dem Einfluss vom Tilidin.
8
b) Am 13. November 2008 gegen 6.00 Uhr begingen die drei Angeklagten entsprechend einem zuvor gefassten, gemeinsamen Tatplan einen Raubüberfall in einem Supermarkt in B. , wobei die Angeklagten S. und R. E.-M. zwei Mitarbeiterinnen mit einem Küchenmesser (Klingenlänge 20 cm) und einer Schreckschusspistole bedrohten. Sie erbeuteten Bargeld und Zigaretten im Wert von insgesamt etwa 5.645 €. Bei der Tat, zu deren Begehung die Angeklagten eigens mit einem Pkw von Be. nach BadenWürttemberg gefahren waren, trugen sie identische Kleidung und waren mit Sturmhauben und zusätzlich mit schwarzen Wollmützen maskiert. In dem Fahrzeug , das mit anderen Kennzeichen versehen war, führten sie neben Wechselkleidung auch eine Flasche Tilidin mit. Unmittelbar vor Begehung der Tat hatten alle drei Angeklagten Tilidin konsumiert, der Angeklagte N. zusätzlich noch Kokain.
9
c) Bei der anschließenden Flucht führte der Angeklagte R. E.M. den Pkw, ohne im Besitz einer Fahrerlaubnis zu sein. Um dem drohenden polizeilichen Zugriff zu entkommen, beging er grob verkehrswidrig und rücksichtslos eine Reihe besonders gefährlicher Verkehrsverstöße - unter anderem benutzte er auf der Autobahn die Schwerlastspur entgegen der Fahrtrichtung , befuhr eine auf einen Rastplatz führende Einfahrtspur in falscher Richtung , wendete auf der Autobahn und geriet in einer geschlossenen Ortschaft mit einer Geschwindigkeit von etwa 150 km/h auf die Gegenfahrbahn -, wobei er mehrfach andere Verkehrsteilnehmer und Sachen von bedeutendem Wert gefährdete , teils sogar Sachschäden verursachte. Auch nachdem er mit zwei Fahrzeugen kollidiert war, setzte er in Kenntnis des Unfallgeschehens die Fahrt fort.
10
3. Die Strafkammer hat nicht auszuschließen vermocht, dass die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten zu den Tatzeiten auf Grund akuten Tilidinmissbrauchs , zu dem beim Angeklagten N. noch ein akuter Kokainmissbrauch hinzukam, erheblich gemindert war. Sie hat daher für alle Angeklagten die Voraussetzungen erheblich verminderter Schuldfähigkeit bejaht und die Strafrahmen nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert.

II.


11
Die Strafaussprüche haben keinen Bestand. Mit Erfolg wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die vom Landgericht vorgenommene Strafrahmenverschiebung.
12
Das Landgericht hat bei der Festsetzung der Einzelstrafen jeweils den nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen zu Grunde gelegt, weil es nicht auszuschließen vermochte, dass die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten S. und R. E.-M. zu den Tatzeiten auf Grund akuten Tilidinmissbrauchs , die des Angeklagten N. auf Grund akuten Tilidin- und Kokainmissbrauchs erheblich vermindert war.
13
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet die Abhängigkeit von Betäubungsmitteln für sich allein noch nicht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB. Derartige Folgen sind bei einem Rauschgiftsüchtigen nur ausnahmsweise gegeben, und zwar - unter Umständen - dann, wenn er das Delikt im Zustand eines akuten Rausches verübt oder wenn langjähriger Betäubungsmittelkonsum zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen geführt hat oder der Täter unter starken Entzugserscheinungen bzw. der Angst vor solchen leidet und dadurch dazu getrieben wird, sich mittels einer Straftat Drogen zu verschaffen (vgl. nur BGH, Urteile vom 13. Februar 1991 - 3 StR 423/90, BGHR StGB § 21 BtM-Auswirkungen 11 und vom 10. September 2003 - 1 StR 147/03, BGHR StGB § 21 BtM-Auswirkungen 14, jeweils mit zahlreichen Nachweisen).
14
Dass eine dieser Voraussetzungen hier gegeben ist, hat das Landgericht weder dargetan noch lässt sich dies dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnehmen. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Angeklagten bei Begehung der Straftat (en) im Zustand eines akuten Rausches befunden haben. Das bei den Taten gezeigte Leistungsbild spricht vielmehr gegen eine solche Beeinträchtigung: So war der Angeklagte R. E.-M. nach dem Wohnungseinbruchsdiebstahl in der Lage, sich mit einem gemieteten Pkw vom Tatort zu entfernen; bei der Raubtat sind die Angeklagten "in besonderer Weise gut organisiert vorgegangen" (UA 17) und während der anschließenden Polizeifluchtfahrt hat der Angeklagte R. E.-M. ein beachtliches Leistungsverhalten gezeigt.
15
Dass der langjährige Tilidin- (und Kokain-) Missbrauch bei den Angeklagten schwerste Persönlichkeitsveränderungen hervorgerufen hat, ist von der sachverständig beratenen Strafkammer ebenso wenig festgestellt worden.
16
Auch dafür, dass die Angeklagten unter dem Eindruck starker Entzugserscheinungen oder aus Angst davor zu der Tat bzw. den Taten getrieben worden sein könnten, enthält das Urteil keine tragfähigen Feststellungen. Die Angeklagten S. und R. E.-M. haben vor dem Raubüberfall nicht nur deswegen Tilidin eingenommen, um dessen enthemmende und euphorisierende Wirkung eintreten zu lassen, sondern auch, um das körperliche Entzugssyndrom zu unterdrücken (UA 16). Dies macht deutlich, dass sie es gar nicht erst zum Auftreten starker Entzugserscheinungen kommen ließen. Der Angeklagte N. wurde ausweislich der Feststellungen ebenfalls nicht durch Entzugserscheinungen zur Tat getrieben, denn er hatte seit dem Jahre 2005 drogenfrei gelebt und erstmals wieder vor dem Überfall Tilidin und Kokain gerade aus dem Grund konsumiert, um "besonders leistungsfähig und ungehemmt zu sein" (UA 16). Der Sonderfall, dass die Angst vor nahe bevorstehenden körperlichen Entzugserscheinungen, die der Täter schon "grausamst" erlitten hat, die Annahme einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit rechtfertigt , scheidet hier schon deswegen aus, weil die Angeklagten eine ausreichende Menge Tilidin mit sich führten (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 13. Dezember 1995 - 3 StR 276/95, BGHR StGB § 21 BtM-Auswirkungen 12).
17
Soweit das Landgericht bei der Raubtat die Voraussetzungen des § 21 StGB möglicherweise im Hinblick darauf als gegeben angesehen hat, dass die Angeklagten während der Tatausführung unter dem Einfluss von Tilidin, der Angeklagte N. auch von Kokain, gestanden haben, hat es nicht bedacht, dass diese Mittel zur Herbeiführung der enthemmenden und euphorisierenden Wirkung erst eingenommen wurden, als die Angeklagten zur Begehung des Raubüberfalls bereits entschlossen waren. Eine Einschränkung der Verantwortlichkeit zur Tatzeit ist dann aber nach den Grundsätzen der actio libera in causa ohne Bedeutung, da die Angeklagten durch die Verabredung und Planung der später ausgeführten Straftat in uneingeschränkt schuldfähigem Zustand die entscheidende Ursache für die Ausführung gesetzt haben (vgl. BGH, Urteile vom 6. März 1986 - 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 33; und vom 7. Juni 2000 - 2 StR 135/00; vgl. auch Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 21 Rn. 11 m.w.N.).
18
Im Übrigen hätte das Landgericht prüfen müssen, ob in Anbetracht dessen , dass den Angeklagten als langjährigen Konsumenten die enthemmende Wirkung des Präparats bekannt war und die Angeklagten N. und S. E.-M. sogar schon wegen unter Tilidin-Einfluss begangener Gewaltdelikte verurteilt worden sind, von der Strafmilderungsmöglichkeit des § 49 StGB überhaupt Gebrauch zu machen ist (vgl. hierzu Fischer, StGB, 57. Aufl., § 21 Rn. 20, 25 a m.w.N.).

III.


19
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben dagegen keinen Erfolg, soweit mit ihnen beanstandet wird, dass das Landgericht von einer Unterbrin- gung der Angeklagten S. und R. E.-M. in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat.
20
1. Die Urteilsgründe belegen allerdings, dass sich bei diesen Angeklagten , die im Alter von 18 bzw. 19 Jahren begonnen haben, regelmäßig das Schmerzmittel Tilidin in Form von Tropfen einzunehmen, im Laufe der Zeit eine Abhängigkeit entwickelt hat. Dagegen kann den Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht entnommen werden, dass - wie es für eine Unterbringungsanordnung nach § 64 StGB erforderlich wäre - die verfahrensgegenständlichen Taten auf Grund des Hanges zu regelmäßigem Tilidinkonsum begangen wurden oder dass dieser Hang zumindest mitursächlich (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2009 - 3 StR 191/09 Rn. 6, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 9; vgl. auch Fischer aaO § 64 Rn. 13 m.w.N.).
21
2. Unabhängig davon ist die in Übereinstimmung mit dem gehörten Sachverständigen getroffene Entscheidung des Landgerichts, von einer Unterbringungsanordnung wegen des Fehlens einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht abzusehen, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
22
Nach § 64 Satz 2 StGB wird die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nur dann angeordnet, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Täter, bei dem die Voraussetzungen des § 64 Satz 1 StGB vorliegen, durch eine Behandlung in einer Entziehungsanstalt zu heilen oder eine erhebliche Zeit von dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf diesen Hang zurückgehen.
23
Das Landgericht hat die hinreichend konkrete Erfolgsaussicht in erster Linie deswegen verneint, weil beide Angeklagte erklärt haben, zu einer Entwöhnungstherapie im Rahmen des Maßregelvollzugs nicht bereit zu sein.
24
Allerdings steht nach ständiger Rechtsprechung das Fehlen von Therapiewilligkeit einer Anordnung nach § 64 StGB nicht grundsätzlich entgegen; es kann aber ein gegen die Erfolgsaussicht sprechendes Indiz sein (vgl. die Nachweise bei Fischer aaO § 64 Rn. 20). In einem solchen Fall hat der Tatrichter zu prüfen, ob die konkrete Aussicht besteht, dass die Therapiebereitschaft für eine Erfolg versprechende Behandlung geweckt werden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Oktober 1998 - 4 StR 492/98 und vom 24. Juni 2009 - 2 StR 12 StR 170/09 Rn. 5). Dazu ist grundsätzlich eine Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen maßgeblichen Umstände erforderlich.
25
Eine solche Gesamtwürdigung lässt sich nach Auffassung des Senats den Urteilsgründen noch hinreichend deutlich entnehmen. Die Strafkammer hat sich ausführlich mit dem Lebensweg der beiden Angeklagten und deren langjährigem Tilidinmissbrauch beschäftigt. Sie hat festgestellt, dass beide Angeklagte - schon bevor sich bei ihnen der Hang zur Tilidineinnahme verfestigt hatte - nicht unerheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten sind und dass sie beide weder durch Bewährungschancen motiviert, noch durch Strafverbüßungen nachhaltig beeindruckt werden konnten. Vor diesem Hintergrund erscheint der Schluss des Tatrichters, dass es bei beiden Angeklagten an einer hinreichend konkreten Aussicht eines Behandlungserfolgs fehle, noch gerechtfertigt.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
RiBGH Dr. Franke ist Bender wegen Erkrankung gehindert zu unterschreiben. Ernemann

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Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

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Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 147/03
vom
10. September 2003
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. September
2003, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Schluckebier,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landge- richts München I vom 14. Oktober 2002 wird mit folgender Maßgabe verworfen:
a) Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt entfällt.
b) Die mit Urteil des Landgerichts München I vom 13. November 2000 - 9 KLs 364 Js 54127/99 angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt bleibt aufrecht erhalten. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 14. Oktober 2002 im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben in nicht geringer Menge - unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einer früheren Verurteilung - zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die mit der allgemeinen Sachrüge begründete Revision des Angeklagten ist bis auf die aus der Urteilsformel ersichtliche Umstellung im Ausspruch über die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erfolglos. Mit ihrer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Sie beanstandet insbesondere die Annahme verminderter Schuldfähigkeit des Angeklagten zu den Tatzeiten und die fehlende Auseinandersetzung mit den Vorschriften über den Verfall. Damit hat die Staatanwaltschaft Erfolg.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts übernahm der Angeklagte Anfang Dezember 1997 die Drogengeschäfte des P. sowie dessen Drogenkurierin L. . In der Zeit von Dezember 1997 bis Ende April 1998 fuhr L. im Auftrag des Angeklagten fünfmal nach Prag, um dort dreimal 500 g und zweimal 1 kg Heroin (Wirkstoffgehalt jeweils
mindestens 20 %) zu übernehmen, unerlaubt nach Deutschland einzuführen und dem Angeklagten in dessen Wohnung in München zu übergeben. Das Kaufgeld - jeweils zwischen 15.000,-- DM und 23.000,-- DM - hatte der Angeklagte der Kurierin immer in einem Briefumschlag mitgegeben. Geringe Mengen des Heroins konsumierte der Angeklagte selbst. Den größten Teil verkaufte er gewinnbringend weiter. Das Landgericht verhängte für diese Taten unter Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB wegen nicht ausschließbar verminderter Schuldfähigkeit Einzelstrafen in Höhe von dreimal drei Jahren und neun Monaten und zweimal fünf Jahren und drei Monaten.
Wegen weiterer Heroingeschäfte in der Zeit von September bis Dezember 1999 war der Angeklagte vom Landgericht München I bereits am 13. November 2000 - ausgehend von zehn Einzelstrafen in Höhe von acht Monaten bis zu einem Jahr und acht Monaten - mit dem einbezogenen Urteil zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Bereits mit diesem Urteil ist die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden.

II.


Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist aus den vom Vertreter des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 9. April 2003 und in der Revisionshauptverhandlung dargelegten Gründen weitgehend offensichtlich unbegründet. Lediglich der erneute Ausspruch über die Unterbringung des Angeklagten in der Entziehungsanstalt ist zu korrigieren. Denn auch insoweit haben die Grundsätze der nachträglichen Ge-
samtsstrafenbildung (§ 55 StGB) Vorrang vor § 67 f StGB, so daß in der neuen Entscheidung lediglich die frühere Anordnung der Maßregel aufrechtzuerhalten , nicht aber eine neue Maßregel anzuordnen ist (BGHSt 30, 305; BGH NStZ 1998, 79). Nur so wird vermieden, daß sich die nicht gleichzeitige Aburteilung der Taten zu Lasten des Täters auswirkt, etwa bei der Dauer des Maßregelvollzugs (vgl. Stree in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 67 f Rdn.

5).


Da für eine erneute Prüfung der Voraussetzungen des § 64 StGB somit kein Raum war, kommt es nicht darauf an, daß nach den im angefochtenen Urteil hierzu getroffenen Feststellungen die Erfolgsaussicht einer Therapie beim Angeklagten eher fraglich erscheint. Die Kammer stellte fest, "bisherige Therapien führten nicht dazu, daß der Angeklagte drogenfrei lebte" (UA S. 5). Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, woraus der Sachverständige und mit ihm die Strafkammer folgern, "daß eine Therapie beim Angeklagten aussichtsreich erscheint". Denn nähere Darlegungen dazu fehlen.

III.


1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Zwar erklärt die Staatsanwaltschaft eingangs ihrer Revisionsbegründungsschrift eine Beschränkung auf den Strafausspruch und nennt am Ende als Ziel der Revision die Aufhebung des angegriffenen Urteils im Strafausspruch. Dies steht jedoch im Widerspruch zum sonstigen Inhalt der Revisionsbegründung. Denn darin beanstandet die Staatsanwaltschaft auch die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz (§ 73 a StGB). Das Revisions-
vorbringen ist daher mit Rücksicht auf das ersichtlich erstrebte Ziel dahin auszulegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. April 2000 - 1 StR 55/00 - und vom 23. Oktober 1997 - 4 StR 226/97; Hanack in Löwe-Rosenberg StPO 25. Aufl. § 344 Rdn. 10), daß der gesamte Rechtsfolgenausspruch angegriffen ist.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg:

a) Die Begründung, mit welcher das Landgericht eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit (Steuerungsfähigkeit) des Angeklagten zu den jeweiligen Tatzeitpunkten angenommen und deshalb bei der Festsetzung der Einzelstrafen den nach §§ 21, 49 Abs. 1 gemilderten Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG zugrunde gelegt hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Die Strafkammer hat hierzu ausgeführt: "Nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. S. , der als Arzt für Neurologie und Psychiatrie große Erfahrungen bei der Begutachtung von Drogenabhängigen hat, leidet der Angeklagte seit vielen Jahren, auch zur Tatzeit von Dezember 1997 bis Ende April 1998 an einer Politoxikomanie. In Anbetracht der großen Mengen von eingeführtem Heroin liegt zwar keine direkte Beschaffungskriminalität vor. Nach den Ausführungen des Sachverständigen bestand beim Angeklagten jedoch aufgrund seines Abhängigkeitssyndroms ein indirekter Beschaffungsdruck. Hierzu kommt nach den Ausführungen des Sachverständigen, dass der Angeklagte durch den ihm physisch und psychisch weit überlegenen P. unter Druck gesetzt wurde und diesen fürchtete. Das Gericht konnte sich selbst davon überzeugen, dass es sich bei P. um eine sehr dominante Persönlichkeit handelt. Die Zeugen K. und Sa. , die ihn näher kennen gelernt hatten, beschrieben ihn als brutal. Beide berichteten, dass sich P. ihnen gegenüber gebrüstet hatte, schon einmal zwei Personen aus dem Weg geräumt zu haben. Der Sachverständige Dr. S. hat überzeugend und nachvollziehbar dargelegt, daß die Drogenabhängigkeit des Angeklagten und der auf ihn ausgeübte psychische Druck des P. dazu führen, daß eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB nicht ausgeschlossen werden kann. Dieser Einschätzung schließt sich die Kammer an."
Diese Darlegungen lassen befürchten, daß die Strafkammer schon nicht von einem zutreffenden Prüfungsansatz ausging. Bei der Frage, ob eine Verminderung der Steuerungsfähigkeit "erheblich" i.S.d. § 21 StGB ist, handelt es sich um eine Rechtsfrage, die der Tatrichter ohne Bindung an Äußerungen von Sachverständigen zu beantworten hat. Dabei fließen normative Erwägungen ein. Die rechtliche Erheblichkeit der Verminderung des Hemmungsvermögens hängt entscheidend von den Ansprüchen ab, die die Rechtsordnung an das Verhalten zu stellen hat, wenn die Tat mit den festgestellten Folgen von Drogenmißbrauch zusammenhängt. Dies zu beurteilen und zu entscheiden ist Sache des Richters. Allein zur Beurteilung der Vorfrage nach den medizinischpsychiatrischen Anknüpfungstatsachen bedarf er sachverständiger Hilfe, sofern er hierüber nicht aufgrund eigener Sachkunde befinden kann (BGHSt 43, 66 [77]; BGH StV 1999, 309 [310]; Lenckner/Perron StGB 26. Aufl. § 21 Rdn. 4 m.w.N).
Außerdem ist die Einschätzung des Sachverständigen, der sich die Kammer anschließt, ohne Mitteilung der Befundtatsachen insbesondere zur Sucht des Angeklagten nicht nachvollziehbar und steht mit anderen von der Strafkammer getroffenen Feststellungen nicht in Einklang.
aa) Bei Drogenabhängigkeit ist zwar in besonders gelagerten Fällen eine Verminderung - oder gar ein Ausschluß - der Schuldfähigkeit auf der Basis einer "schweren seelischen Abartigkeit" oder einer "krankhaften seelischen Störung" nicht von vorneherein ausgeschlossen (vgl. Jähnke in Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl. § 20 Rdn. 51; Streng in Münchener Kommentar zum StGB, § 20 Rdn. 105; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder StGB § 20 Rdn. 17, jeweils m.w.N.). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofs begründet jedoch die Abhängigkeit von Betäubungsmitteln für sich allein noch nicht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB. Derartige Folgen sind bei einem Rauschgiftsüchtigen nur ausnahmsweise gegeben, wenn langjähriger Betäubungsmittelgenuß zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen geführt hat oder der Täter unter starken Entzugserscheinungen leidet und dadurch dazu getrieben wird, sich mittels einer Straftat Drogen zu verschaffen, ferner unter Umständen dann, wenn er das Delikt im Zustand eines akuten Rausches verübt (BGH NStZ 2002, 31 [32]; BGH NStZ 2001, 83 [84]; BGH StV 1997, 517; BGHR StGB § 21 BtM-Auswirkungen 12 - "nicht lediglich von § 21 'ausgehen' -"; Theune, Auswirkungen der Drogenabhängigkeit auf die Schuldfähigkeit und die Zumessung von Strafe und Maßregel , NStZ 1997, 69; jeweils m.w.N.).
Vom Vorliegen einer schweren Persönlichkeitsveränderung beim Angeklagten oder einer Tatbegehung während eines akuten Drogenrausches ist die Strafkammer ersichtlich nicht ausgegangen. Aber auch dafür, daß der Angeklagte unter dem Eindruck starker Entzugserscheinungen oder aus Angst davor zu seinen Taten getrieben wurde, werden zureichende Anhaltspunkte nicht mitgeteilt. Zur Drogenkarriere des "drogenabhängigen", auch einschlägig mehrfach erheblich vorbestraften Angeklagten stellt die Strafkammer lediglich fest:
"Im Alter von 16 Jahren fing der Angeklagte an, gelegentlich Haschisch zu rauchen. Im Alter von 23 Jahren begann er regelmäßig Kokain zu konsumieren, zwei Jahre später auch Heroin, das er seit 1990 auch spritzte. Nach seiner letzten Haftentlassung im Oktober 1997 konsumierte der Angeklagte Heroin nur noch durch Schnupfen. Bisherige Therapien führten nicht dazu, daß der Angeklagte drogenfrei lebte."
Nähere Angaben zum Konsumverhalten, insbesondere zur Dosierung des Heroins, die Hinweise auf das Ausmaß der Drogenabhängigkeit geben könnten, fehlen ebenso wie eine Beschreibung der körperlichen Verfassung des Angeklagten - etwa zu Entzugserscheinungen und deshalb eventuell notwendig gewordenen medizinische Maßnahmen - nach seiner Inhaftierung im Dezember 1999. Sollten weitergehende Feststellungen nicht möglich gewesen sein, da der Angeklagte weder zur Person noch zur Sache Angaben machte und weitere Ermittlungsansätze nicht gegeben waren, hätte es der Zweifelsgrundsatz nicht geboten, von der für den Angeklagten günstigsten Fallgestaltung auch dann auszugehen, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestanden (vgl. BGH NJW 1995, 2300; Gollwitzer in Löwe-Rosenberg StPO 25. Aufl. § 261 Rdn. 112).
Im übrigen liegt angesichts der gehandelten Mengen Sucht als Motiv der Taten hier eher fern. "Bei Transaktionen von mehreren hundert Gramm oder sogar mehreren Kilogramm Heroin z.B. ist ein Zusammenhang mit der eigenen Sucht meist nicht mehr erkennbar, zumal Drogenabgängige in aller Regel nicht dazu neigen, größere Lagerhaltung zu betreiben. Dazu sind sie aufgrund ihres süchtigen Kontrollverlustes gar nicht in der Lage. Fallen also Stoffmengen als Gewinn an, die beispielsweise 10 g Heroin überschreiten, so wird die Motivation aus eigener Sucht unglaubhaft. Es ist zu überprüfen, ob nicht andere Motivationen die Straftat bedingt haben" (Täschner, Kriterien der Schuldfähigkeit Drogenabhängiger bei unterschiedlichen Deliktformen, Blutalkohol 1993, 313 [319]).
bb) Furcht vor P. , der - psychisch und physisch überlegen - den Angeklagten unter Druck gesetzt haben soll, kann verminderte
Schuldfähigkeit nicht begründen. Zwar mag psychische Abhängigkeit in extremen Einzelfällen eine "andere seelische Abartigkeit" darstellen (vgl. Streng in Münchener Kommentar zum StGB, § 20 Rdn. 108 m.w.N.). Nötigung zu einer Straftat kann jedoch keinem der Eingangsmerkmale des § 20 StGB zugeordnet werden. Es handelt sich um eine grundsätzlich bewältigbare Herausforderung, bezüglich derer die Verhaltenserwartungen der Gemeinschaft außerhalb der Reichweite der - hier nicht einschlägigen - §§ 34, 35 StGB nicht zurückzunehmen sind (vgl. auch allgemein: Streng aaO Rdn. 109).
Im übrigen steht die - jedenfalls nach der Darstellung in den Urteilsgründen - nicht weiter konkretisierte Bewertung seitens des Sachverständigen nicht in Einklang mit den Feststellungen der Strafkammer. Anhaltspunkte dafür, daß der Angeklagte zur Tatbegehung auch nur überredet werden mußte, ergaben sich danach gerade nicht: "Anfang Dezember 1997" - oder Ende November 1997 (UA S. 18) - "zog sich P. aus dem Drogenhandel zurück und überließ dem Angeklagten sowohl die Drogenkurierin L. als auch den Drogenlieferanten in Tschechien" (UA S. 14), nachdem er - so zitiert die Strafkammer den Zeugen P. - genug Geld verdient gehabt hätte und außerdem wegen Kokainkonsums in einem schlechten gesundheitlichen Zustand gewesen sei. "Der Angeklagte wickelte die Rauschgiftgeschäfte selbständig ab. P. , der sich vom 06.01.1998 bis 20.02.1998 sowie seit 15.03.1998 in Haft befand, wurde vom Angeklagten über die Rauschgiftgeschäfte informiert" (UA S. 15), während des Aufenthalts des P. in der Haftanstalt über ein eingeschmuggeltes Mobiltelefon. Dabei nahm P. auch Einfluß auf die Preisgestaltung (UA S. 21). Hinweise auf irgendeine Zwangseinwirkung, auf "psychischen Druck" auf den Angeklagten fehlen. Aus der Schilderung zweier Zeugen, wonach P. brutal sein soll und sich diesen gegenüber gebrü-
stet habe, schon einmal zwei Personen aus dem Weg geräumt zu haben, folgt nichts anderes. Anhaltspunkte dafür, daß es beim Angeklagten des Einsatzes dieses Drohpotentials bedurfte, um ihn zur Übernahme und Durchführung der Drogengeschäfte zu veranlassen, sind nach den Feststellungen der Strafkammer nicht ersichtlich.
Der Senat vermag nicht auszuschließen, daß die Strafkammer ausgehend vom nicht gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Normalstrafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG höhere Einzelstrafen verhängt hätte. Deren Aufhebung entzieht der Gesamtstrafe ihre Grundlage, wenn auch die Gesamtstrafenbildung seitens des Landgerichts für sich betrachtet - entgegen der Auffassung der Revisionsführerin - keine Rechtsfehler aufweist.

b) Zu Recht beanstandet die Staatsanwaltschaft die fehlende Auseinandersetzung der Strafkammer mit den Bestimmungen über den Verfall (§§ 73 ff. StGB). Da der Angeklagte den größten Teil des eingeschmuggelten Heroins gewinnbringend weiterveräußerte, unterliegt - ausgehend vom sogenannten Bruttoprinzip (vgl. BGH NStZ 1994, 123; BGH NJW 2002, 3339 [3340] m.w.N.) - der gesamte Verkaufserlös zwingend dem Verfall bzw. ist unter den Voraussetzungen des § 73a der Verfall von Wertersatz anzuordnen, sofern nicht ausnahmsweise (vgl. BGH NStZ 2001, 312) die Härtevorschrift des § 73c StGB greift. Auch dies hätte jedoch der Erörterung bedurft. Soweit die genauen Verkaufspreise nicht mehr ermittelt werden können, ist deren Höhe - etwa in Anlehnung an die beim Abnehmer G. erzielten Preise - zu schätzen, wie auch der Umfang des Eigenkonsums zur Ermittlung der verbleibenden Handelsmenge (§ 73b StGB). Daß der Angeklagte über Gegenstände verfügte
und noch verfügt, die dem erweiterten Verfall gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG i.V.m § 73d StGB (vgl. hierzu BGH NStZ 2001, 531) unterliegen, ist den bisherigen Feststellungen der Strafkammer dagegen nicht zu entnehmen.
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Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 135/00
vom
7. Juni 2000
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Juni 2000,
an der teilgenommen haben:
Vizepräsident des Bundesgerichtshofs
Dr. Jähnke
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Detter,
Dr. Bode,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
der Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
der Angeklagte in Person,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 2. November 1999, soweit es den Angeklagten G. betrifft, im Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten und den insoweit rechtskräftig verurteilten Mitangeklagten L. wegen Freiheitsberaubung in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren (Einzelstrafen: Geldstrafe von 60 Tagessätzen sowie Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten) verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, die der Generalbundesanwalt vertritt.

I.

Nach den Feststellungen sollte der Zeuge W. , der sich von der Schwester des Mitangeklagten L. im Streit getrennt hatte, eine "Abreibung" bekommen. Da sich L. und sein Bruder dem körperlich überlegenen Zeugen nicht gewachsen fühlten, überredeten sie den Angeklagten , ihnen dabei zu helfen. Am 11. Mai 1998 gegen 0.30 Uhr fuhren dann die Gebrüder L. , die einen Elektroschocker, eine Gaspistole und eine Videokamera mit sich führten, mit dem Angeklagten zur Wohnung der Freundin des W. , den sie dort zufällig am Hauseingang trafen. Auf ihre Aufforderung ging er, der ahnte, daß eine tätliche Auseinandersetzung bevorstand, zum Auto mit. In dieses wurde er dann gegen seinen Willen gezerrt und in eine einsame Gegend verbracht. Unterwegs gelang es ihm zwar zunächst zu fliehen, der Angeklagte und die Gebrüder L. holten ihn aber wieder ein und zerrten ihn erneut ins Auto. Am Ziel wurde er dann mit Fäusten und mit herumliegenden Ä sten geschlagen, auf ihn wurde auch mit Füßen eingetreten. Er mußte sich vollständig ausziehen, wurde anschließend mit Bier überschüttet und mit dem Elektroschocker mißhandelt. Der Zeuge erlitt Schürfwunden und Prellungen am gesamten Körper und verlor zwei Schneidezähne. In diesem Zustand wurde er dann zurückgelassen und später von einer Polizeistreife aufgegriffen und in ein Krankenhaus verbracht. Nach Ansicht des Landgerichts konnte beim Angeklagten, der bereits um die Mittagszeit des 10. Mai 1998 begonnen hatte, Alkohol zu trinken, nicht ausgeschlossen werden, daß "die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit vermindert war (§ 21 StGB)", da bei ihm zu Beginn der Tat eine Blutalkoholkonzentration von maximal 3 %o und mindestens 0,8 %o vorgelegen habe. Es
hat deshalb bei der Strafzumessung von der Milderungsmöglichkeit der §§ 21, 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht. Vor allem dagegen und gegen die Aussetzung der verhängten Strafe zur Bewährung wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Die vorgenommene Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 i.V.m. § 21 StGB ist rechtsfehlerhaft. Eine Strafrahmenverschiebung scheidet schon deshalb aus, weil der Angeklagte zum Zeitpunkt des Tatentschlusses noch voll schuldfähig war. Nach den Feststellungen hatte er seine Beteiligung an der "geplanten Prügelei" bereits am Mittag des 10. Mai 1998 zugesagt (UA S. 8/9). Zu diesem Zeitpunkt hatte er nur 2 Bier a 0,5 l getrunken und stand nicht erheblich unter Alkoholeinfluß. Den größten Teil des Alkohols, den das Landgericht der Berechnung der Blutalkoholkonzentration zugrundelegte, hat er erst ab dem "frühen Abend" zu sich genommen (UA S. 11). Bereits am Mittag war aber das gegen den Zeugen W. beabsichtigte Vorgehen so genau geplant , daß der Tatentschluß des Angeklagten alle Merkmale der später verwirklichten Taten umfaßte und nicht nur eine allgemeine Tatbereitschaft vorlag (vgl. dazu BGH StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 22 und 28; Beschluß des Senats vom 30. November 1988 - 2 StR 401/88 = NStE Nr. 24 zu § 20 StGB). Bei dieser Sachlage mußte die Strafkammer davon ausgehen, daß die möglicherweise zur Tatzeit gegebene Einschränkung der Steuerungsfähigkeit nach den Grundsätzen der actio libera in causa ohne Bedeutung war (vgl. dazu BGHSt
34, 29, 33). Die Entscheidung des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofes (BGHSt 42, 235 ff.) betrifft nur Vergehen der Straßenverkehrsgefährdung und des Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Jedenfalls eine weitergehende Einschränkung des Anwendungsbereichs der Grundsätze der actio libera in causa ist nicht anzuerkennen (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 2; BGH NStZ 1999, 448, 449; BGH, Urteil vom 8. Februar 2000 - 5 StR 421/99; vgl auch Beschluß des 4. Strafsenats vom 15. April 1999 - 4 StR 93/99 - insoweit nicht in BGH NStZ 1999, 501 f. abgedruckt). Der Strafausspruch kann deshalb keinen Bestand haben. Da die Feststellungen von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt werden, können diese bestehen bleiben.
Falls die neu erkennende Strafkammer wiederum auf Freiheitsstrafe und Geldstrafe erkennen sollte, wird sie die Höhe des Tagessatzes der Geldstrafe zu bestimmen (BGHSt 30, 93, 96; BGHR StGB § 54 Abs. 3 Tagessatzhöhe 1) und möglicherweise § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB (vgl. BGHR StGB § 53 Abs. 2 Einbeziehung, nachteilige 1-5; BGH NJW 1999, 3132, 3133) zu erörtern haben. Jähnke Detter Bode Otten Rothfuß

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

6
b) Diese Begründung trägt das Absehen von einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB nicht. Bei seiner Bewertung ist das Landgericht von einem zu engen und deshalb rechtsfehlerhaften Verständnis von dem erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen einem Hang zum übermäßigen Konsum von Rauschmitteln und der Anlasstat des Täters ausgegangen. Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstat ist. Vielmehr ist ein solcher Zusammenhang auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 78 f. m. w. N.).

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.