Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juli 2016 - KZR 69/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:120716UKZR69.14.0
bei uns veröffentlicht am12.07.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 30. April 2014 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien sind rechtlich und wirtschaftlich unabhängige Unternehmen, die seit mehreren Jahrzehnten unter der Unternehmensbezeichnung "Peek & Cloppenburg" Einzelhandel mit Bekleidung betreiben. Die Klägerin mit Sitz in Hamburg ist mit ihren Filialen im Norden Deutschlands sowie in Nord-Sachsen-Anhalt und Ost-Sachsen (mit Dresden und Chemnitz) tätig. Die Beklagte, die ihren Sitz in Düsseldorf hat, betreibt Kaufhäuser im Westen und Süden Deutschlands sowie in Berlin, Brandenburg, Süd-Sachsen-Anhalt, West-Sachsen und Thüringen. Grundlage dafür ist eine 1992 bestätigte Übereinkunft der Parteien aus dem Jahr 1990, nach der das Bundesgebiet in die Wirtschaftsräume Nord und Süd aufgeteilt ist und keine Partei am Standort der anderen Partei Bekleidungshäuser eröffnet. Ob und inwieweit dieser Vereinbarung weitergehende Regelungen zur Verwendung der Unternehmensbezeichnung "Peek & Cloppenburg" zu entnehmen sind, ist unter den Parteien streitig. Die Parteien haben für ihre Geschäfte überwiegend unabhängig und getrennt geworben. Lediglich von 1996 bis Februar 2000 haben sie gemeinsam bundesweit Werbung in überregionalen Zeitschriften und Zeitungen geschaltet. Nach Ende dieser Zusammenarbeit begann die Beklagte Werbeaktivitäten, die in den Wirtschaftsraum Nord hineinreichten.

2

Im September 2008 ließ die Beklagte in den Zeitschriften "Cosmopolitan", "ELLE", "Myself", "Vogue" und "GQ" einen mehrseitigen Beihefter mit dem Titel "Venice Affaire" erscheinen, bei dem die erste Seite neben einem Modefoto unter der Unternehmensbezeichnung "Peek & Cloppenburg" und der Ortsangabe "Düsseldorf" folgenden Hinweis enthielt:

Es gibt zwei unabhängige Unternehmen Peek & Cloppenburg mit ihren Hauptsitzen in Düsseldorf und Hamburg. Dies ist ausschließlich eine Werbung der Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf, deren Standorte Sie der letzten Seite dieses Beihefters entnehmen können.

3

Die letzte Seite des Beihefters enthielt einen inhaltlich entsprechenden Hinweis mit einer Aufstellung von Standorten der Beklagten. Auf den Innenseiten befand sich jeweils das Unternehmenslogo der Beklagten ohne aufklärenden Hinweis.

4

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe durch die auch im norddeutschen Raum erschienene Werbung die zwischen den Parteien im Hinblick auf ihre Unternehmensbezeichnungen bestehende Gleichgewichtslage gestört. Sie hat die Werbung der Beklagten auch als irreführend beanstandet und geltend gemacht, die Werbung der Beklagten habe gegen die vertraglich vereinbarte Aufteilung der Wirtschaftsräume verstoßen.

5

Die Klägerin hat beantragt,

I.

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, in Printmedien folgende Kennzeichnungen erscheinen zu lassen

1.

Abbildung

2.

Abbildung

3.

Abbildung

wenn dies wie in dem dem Antrag beigefügten Beihefter "Venice Affairs" geschieht und wenn die Printmedien in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, im Wirtschaftsraum Nordhessen, gekennzeichnet durch die Städte Kassel und Göttingen, im Wirtschaftsraum Ost-Westfalen, gekennzeichnet durch die Städte Münster, Bielefeld und Paderborn, im Wirtschaftsraum Ost-Sachsen, gekennzeichnet durch die Städte Dresden und Chemnitz, sowie im Wirtschaftsraum des nördlichen Sachsen-Anhalt, gekennzeichnet durch die Stadt Magdeburg, vertrieben werden.

6

Die Klägerin hat weiter Auskunft (Klageantrag zu II) und die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten (Klageantrag zu III) verlangt.

7

Das Landgericht hat die Beklagte nach dem Klageantrag zu I 2 sowie den hierauf bezogenen Klageanträgen zu II und III verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin und unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert, soweit dieses die Klage abgewiesen hat, und die Beklagte auch insoweit antragsgemäß verurteilt.

8

Mit Urteil vom 24. Januar 2013 (I ZR 61/11, juris) hat der Bundes-gerichtshof das erste Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, soweit die Klage aus dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin und auf Wettbewerbsrecht gestützt worden ist (Klageanträge zu I 1 und I 3 sowie darauf bezogene Anträge zu II und III). Er hat ferner das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage mit dem Klageantrag zu I 2 und den darauf bezogenen Anträgen zu II und III aus dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin und aus Wettbewerbsrecht abgewiesen. Im Hinblick auf den von der Klägerin geltend gemachten vertraglichen Unterlassungsanspruch hat der Bundesgerichtshof die Sache mangels Entscheidungsreife an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

9

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat das Berufungsgericht auf die Berufung der Beklagten die Klage auch insoweit abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, als sie auf die Vereinbarung der Parteien gestützt ist.

10

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

11

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage sei insgesamt unbegründet, weil die nach dem ersten Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs allein noch in Streit stehenden vertraglichen Ansprüche auch dann nicht bestünden, wenn der Vortrag der Klägerin zum Vertragsinhalt als wahr unterstellt werde. Dazu hat es ausgeführt:

12

Eine vertragliche Regelung des von der Klägerin vorgetragenen Inhalts verstoße gegen Kartellrecht und sei daher mindestens teilnichtig. Die Klägerin mache geltend, die Vereinbarung, zu der sie von den damaligen Geschäfts-führern der Parteien unterschriebene, markierte Landkarten aus den Jahren 1990 und 1992 vorlege, enthalte ein Verbot jeglicher Nutzung der Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" sowie "P&C" außerhalb des vertraglich zuerkannten eigenen Wirtschaftsraums. Bei Abschluss der Verein-barung habe kein ernsthafter, objektiv begründeter Anlass zu der Annahme bestanden, den Parteien würden gegeneinander entsprechende Unterlassungs-ansprüche zustehen. Soweit die Vereinbarung, wie die Klägerin behaupte, eine Zeichennutzung außerhalb des eigenen Wirtschaftsgebiets der Parteien schlechthin ausschließe, und damit auch eine Werbung mit klarstellenden Zusätzen der vorliegend beanstandeten Art erfasse, sei sie nach § 1 GWB in der vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung (§ 1 GWB aF) nichtig. Nach den zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung anerkannten Grundsätzen des Gleichnamigenrechts hätte der Klägerin gegen die Werbung der Beklagten kein Anspruch aus § 16 Abs. 1 UWG in der bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Fassung (§ 16 UWG aF) zugestanden, wenn die Beklagte ihrer Werbung Hinweise hinzugefügt hätte, durch die eine Verwechslungsgefahr auf das zumutbare Maß reduziert worden wäre.

13

Weder eine wirksamkeitsfreundliche Auslegung noch eine geltungserhaltende Reduktion der von der Klägerin vorgetragenen Abrede könnten einen vertraglichen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte begründen. Vielmehr komme danach allein ein Verbot der Zeichennutzung außerhalb des eigenen Wirtschaftsraums im Umfang der kennzeichenrechtlichen Verbietungsrechte in Betracht. Unabhängig davon, ob dabei die im Zeitpunkt der jeweiligen Werbung oder die bei Abschluss der Abgrenzungsvereinbarung geltenden kennzeichenrechtlichen Regelungen zugrunde zu legen seien, bestehe bezüglich der beanstandeten Werbung kein Verbietungsrecht.

14

II. Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob die von den Parteien vereinbarte Gebietsaufteilung einschließlich der Einbeziehung der neuen Bundesländer kartellrechtlich zulässig ist und ob das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang den Einschätzungsspielraum der Parteien zutreffend bestimmt hat, der im Hinblick auf die zeichenrechtliche Beurteilung der Kollisionslage bei Abschluss einer kennzeichenrechtlichen Abgrenzungsvereinbarung besteht (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010  KZR 71/08, WuW/E DER 3275 Rn. 19  Jette Joop). Denn schon auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin zum Inhalt der Vereinbarung kommt ein vertraglicher Unterlassungsanspruch gegen die beanstandete Werbung nicht in Betracht.

15

1. Vertragliche Ansprüche sind allerdings nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Vereinbarung mit dem von der Klägerin behaupteten Inhalt das Schriftformerfordernis des bis zum 31. Dezember 1998 geltenden § 34 GWB aF nicht erfüllt, was die Nichtigkeit wegen Formmangels (§ 125 BGB) zur Folge hätte. § 34 GWB aF gilt nicht für kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen. Das Schriftformerfordernis erfasst ausdrücklich nur Kartellverträge und Kartellbeschlüsse (§§ 2 bis 8 GWB aF) sowie Verträge, die Beschränkungen der in den §§ 16, 18, 20 und 21 GWB aF bezeichneten Art enthalten. Soweit zeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen mit § 1 GWB vereinbare Wettbewerbsbeschränkungen enthalten, handelt es sich indes um eine tatbestandliche Reduktion des Kartellverbots. Soweit ein Verstoß gegen Kartellrecht vorliegt, ist eine Abgrenzungsvereinbarung bereits nach § 1 GWB aF unwirksam.

16

2. Die Klägerin hat keinen Inhalt der Vereinbarung der Parteien dargetan, aus dem sich ein vertraglicher Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die beanstandete Werbung der Beklagten ergeben könnte.

17

a) Die Klägerin hat vorgetragen, die Parteien hätten sich in den Jahren 1990 und 1992 gemäß der ohnehin schon gelebten, auf mündliche Absprachen zurückgehenden Praxis darauf geeinigt, zur Vermeidung von Irreführungen und kennzeichenrechtlichen Auseinandersetzungen im Einzelhandel mit Bekleidung und Accessoires unter den Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" in Alleinstellung nur in ihren jeweiligen Wirtschaftsräumen tätig zu werden. Diese Vereinbarungen seien jeweils in Gestalt einer Landkarte festgehalten worden. Eine Einigung der Parteien darüber, im Einzelhandel mit Bekleidung und Accessoires jeweils unter einem ganz anderen Namen oder nur unter "Peek & Cloppenburg" und "P&C" in Verbindung mit einem unterscheidungskräftigen Zusatz aufzutreten, habe dagegen nicht erzielt werden können.

18

b) Die danach vereinbarte Beschränkung der Tätigkeit der Parteien unter den Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" in Alleinstellung auf den jeweiligen Wirtschaftsraum mag, wie die Klägerin meint, nicht nur den Betrieb von Bekleidungshäusern, sondern grundsätzlich auch Werbemaßnahmen umfasst haben. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass die Parteien eine Vereinbarung darüber getroffen haben, unter welchen konkreten Voraussetzungen der Auftritt einer Partei im Wirtschaftsraum der jeweils anderen zulässig sein sollte, bei dem die Unternehmenskennzeichen nicht in Alleinstellung, sondern mit Zusätzen benutzt werden.

19

aa) Die Klägerin beruft sich insoweit darauf, dass die Parteien mit ihrer Vereinbarung die für die Beschränkung gebietsübergreifender Tätigkeit Gleichnamiger geltenden rechtlichen Grenzen beachten wollten. Ein vollständiges Verbot der Tätigkeit im jeweils anderen Wirtschaftsgebiet sei nicht vereinbart worden. Vielmehr habe eine gebietsübergreifende Werbung bei Verwendung unterscheidungskräftiger Zusätze zu den Unternehmenskennzeichen zulässig sein sollen. Entsprechend dem damaligen Stand der Rechtsprechung habe hierzu ein bloßer aufklärender Hinweis, wie ihn der Bundesgerichtshof im ersten Revisionsurteil für ausreichend erachtet habe, nicht genügt; vielmehr habe die Unternehmenskennzeichnung selbst einen Zusatz enthalten müssen, der die Unterscheidung der beiden das Zeichen "Peek & Cloppenburg" führenden Unternehmen ermöglicht.

20

bb) Mit diesem von der Klägerin vorgetragenen Inhalt verhält sich die Vereinbarung der Parteien jedoch nicht zu Werbemaßnahmen im jeweils anderen Wirtschaftsgebiet, bei denen - wie im Streitfall - die Unternehmens-kennzeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" mit solchen aufklärenden Hinweisen benutzt werden, die eine Verwechslungsgefahr ausräumen oder jedenfalls auf ein nach dem Recht der Gleichnamigen hinzunehmendes Maß mindern.

21

(1) Die Parteien haben keine ausdrückliche Regelung getroffen, aus der sich abschließend die Voraussetzungen ergeben, unter denen sie jeweils im Wirtschaftsgebiet der anderen Partei tätig werden konnten. Dies macht auch die Klägerin nicht geltend.

22

(2) Ein Verbot der beanstandeten Werbung mit aufklärendem Hinweis ergibt sich auch nicht aus einer Auslegung der von der Klägerin behaupteten Vereinbarung und insbesondere nicht aus dem Grundsatz interessengerechter Auslegung (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 249/01, NJW-RR 2005, 34, 36).

23

(a) Hat der Tatrichter die gebotene Auslegung eines Vertrags unterlassen oder nicht alle hierbei in Betracht zu ziehenden Umstände berücksichtigt, kann das Revisionsgericht die Auslegung selbst vornehmen, wenn die dazu erforderlichen Feststellungen bereits getroffen worden sind und weitere Aufklärung nicht mehr in Betracht kommt (vgl. BGH, WuW/E DE-R 3275 Rn. 35 - Jette Joop, mwN). Dies gilt gleichermaßen, wenn - wie im Streitfall - die Auslegung eines von einer Partei vorgetragenen Vertragsinhalts erforderlich wird und die Partei Gelegenheit hatte, die für die Auslegung relevanten Gesichtspunkte vorzutragen.

24

Da die Wiedereröffnung des Berufungsverfahrens durch das erste Revisionsurteil der Klägerin ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet hat, zum Inhalt der von den Parteien zur Abgrenzung ihrer Unternehmenskennzeichen getroffenen Vereinbarung vorzutragen, bedarf es keiner weiteren Gelegenheit hierzu. Danach kann der Senat die Auslegung des Vertrags auf der Grundlage des von der Klägerin vorgetragenen Inhalts (kein Verbot gebietsüberschreitender Werbung mit unterscheidungskräftigen Zusätzen) selbst vornehmen.

25

(b) Das Berufungsgericht hat seiner Prüfung einen unzutreffenden Inhalt dieses Vortrags zu Grunde gelegt. Es hat angenommen, die Klägerin mache geltend, der Vertrag beinhalte ein Verbot jeglicher Nutzung der Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" sowie "P&C" außerhalb des einer Partei durch den Vertrag jeweils zuerkannten eigenen Wirtschaftsraums. Die Klägerin rügt demgegenüber zu Recht, dass die Vereinbarung nach ihrem Vortrag eine Werbung mit den Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" in Verbindung mit unterscheidungskräftigen Zusätzen im jeweils anderen Wirtschaftsgebiet nicht ausgeschlossen hat.

26

(c) Bei der Auslegung ist in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 7. Februar 2002 - I ZR 304/99, BGHZ 150, 32, 37 - Unikatrahmen, mwN). Weiter gilt das Gebot der nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001  I ZR 91/99, GRUR 2002, 280, 281 = WRP 2002, 221, 223 - Rücktrittsfrist; Urteil vom 10. Oktober 2002 - I ZR 193/00, GRUR 2003, 173, 175 - Filmauswertungspflicht) und der Berücksichtigung des durch die Parteien beabsichtigten Zwecks des Vertrags (BGH, Urteil vom 23. Februar 1956  II ZR 207/54, BGHZ 20, 109, 110; insgesamt zu diesen Auslegungsgrundsätzen vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2011 - I ZR 93/09, GRUR 2011, 946, 947 Rn. 18 - KD).

27

(d) Die Parteien strebten mit ihrer Vereinbarung die Vermeidung von Irreführungen und kennzeichenrechtlichen Auseinandersetzungen an. Dafür kam für sie bei Abschluss der Vereinbarung außer der Beschränkung auf das eigene Wirtschaftsgebiet oder der Verwendung gänzlich abweichender Kennzeichen auch eine gebietsübergreifende Tätigkeit mit den Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" unter Hinzufügung unterscheidungskräftiger Zusätze in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1986  I ZR 77/85, GRUR 1987, 182, 183  Stoll; Urteil vom 14. Dezember 1989  I ZR 1/88, GRUR 1990, 364, 366  Baelz). Über solche Zusätze haben die Parteien nach dem Vortrag der Klägerin aber keine Einigung erzielt. Vielmehr kam für die Parteien eine Einigung, im Einzelhandel mit Bekleidung nur unter einem anderen Namen oder mit einem unterscheidungskräftigen Zusatz zu den Zeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" aufzutreten, "nicht in Frage". Deswegen haben sich die Parteien entsprechend der bereits in den alten Bundesländern gelebten und abgestimmten Praxis darauf verständigt, die Zeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" zur Vermeidung von Verwechslungen und kennzeichenrechtlichen Konflikten auch in den neuen Bundesländern nur in bestimmten, sich nicht überschneidenden Regionen zu verwenden. Dies schloss zwar die Verwendung der Zeichen in den der jeweils anderen Partei "zugewiesenen" Gebieten mit Zusätzen, die eine Unterscheidung der Unternehmen ermöglichen, nicht notwendigerweise aus. Die Parteien haben jedoch nicht hierin, sondern in der Gebietsabgrenzung die sachgerechte Lösung des kennzeichenrechtlichen Konflikts gesehen. Sie hatten deshalb auch keinen Anlass, sich Gedanken darüber zu machen, welche konkreten Zusätze zu den Unternehmenskennzeichen sie als hinreichend unterscheidungskräftig genügen lassen wollten.

28

(e) Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe verkannt, dass nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung zum Recht der Gleichnamigen nur Zusätze zum Unternehmenskennzeichen, nicht aber aufklärende Hinweise, wie sie der I. Zivilsenat im ersten Revisionsurteil für ausreichend erachtet hat, als zur Lösung eines kennzeichenrechtlichen Konflikts ausreichend anerkannt gewesen seien, greift nicht durch. Sie könnte nur dann Bedeutung gewinnen, wenn der Vortrag der Klägerin zum Inhalt der von den Parteien erzielten Einigung Anhaltspunkte dafür böte, die Parteien hätten den damaligen Stand der Rechtsprechung vertraglich festschreiben wollen. An solchen Anhaltspunkten fehlt es jedoch.

29

Insbesondere bietet die Interessenlage der Parteien für eine solche Festschreibung des damaligen Standes der Rechtsprechung keinen Anhalt. Der Senat hat zwar im Zusammenhang mit der kartellrechtlichen Zulässigkeit markenrechtlicher Abgrenzungsvereinbarungen ausgeführt, es wäre mit dem berechtigten Bedürfnis der Parteien nach Rechtssicherheit nicht zu vereinbaren, müssten sie ständig anhand der Entwicklung der markenrechtlichen Rechtsprechung überprüfen, ob ihre Vereinbarung weiterhin Bestand hat (BGH, WuW/E DER 3275 Rn. 60  Jette Joop). Im vorliegenden Zusammenhang geht es jedoch nicht um die Zulässigkeit einer Vereinbarung mit feststehendem Inhalt, sondern um die vorgelagerte Frage der Bestimmung des Inhalts einer Vereinbarung. Rechtssicherheit hätten die Parteien nur gewonnen, wenn sie sich konkret darüber verständigt hätten, in welcher Weise bei einer parallelen Verwendung der Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" in demselben Wirtschaftsraum die Anforderungen des Rechts der Gleichnamigen als erfüllt angesehen werden sollten. Demgegenüber ist nicht erkennbar und wird auch von der Revision nicht aufgezeigt, in welcher Hinsicht eine bloß abstrakte Fixierung der rechtlichen Anforderungen an die Unterscheidbarkeit Gleichnamiger, so wie sie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bis zum Zeitpunkt der getroffenen Vereinbarung entwickelt worden waren, einen Gewinn an Rechtssicherheit für die Parteien bedeutet hätte.

30

Denn wollte eine der Parteien künftig in den Wirtschaftsraum der anderen vorstoßen, hatte sie dann in jedem Fall den Anforderungen zu genügen, die in einem solchen Fall vorstoßenden Wettbewerbs nach dem Recht der Gleichnamigen zu beachten waren. Danach musste es der Inhaber eines Kennzeichenrechts in aller Regel nur dann hinnehmen, dass der Inhaber des anderen Kennzeichenrechts die Verwechslungsgefahr erhöht und damit die Gleichgewichtslage stört, wenn dieser ein schutzwürdiges Interesse an der Benutzung hat und alles Erforderliche und Zumutbare tut, um einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1986  I ZR 77/85, GRUR 1987, 182, 183 = WRP 1987, 30, 31  Stoll; Urteil vom 16. Mai 1991 - I ZR 1/90, GRUR 1991, 780, 782 = WRP 1991, 645, 647  TRANSATLANTISCHE). Da die Bestimmung von Art und Umfang der insoweit zu treffenden und zumutbaren Maßnahmen eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen erfordert, vermochte eine rein abstrakte Festschreibung der zu einem bestimmten Zeitpunkt anerkannten Maßstäbe der höchstrichterlichen Rechtsprechung den Parteien keine zusätzliche Klarheit über die insoweit in einem konkreten Fall von ihnen zu beachtenden Anforderungen zu bringen, zumal diese von den Umständen eines etwaigen vorstoßenden Wettbewerbs abhängen konnte.

31

Damit unterscheidet sich die im Einzelfall möglicherweise bestehende Rechtsunsicherheit, ob ein aufklärender Hinweis in bestimmter Form zur Ausräumung oder hinreichenden Minderung der Verwechslungsgefahr ausreichend ist, auch nicht grundsätzlich von der Rechtsunsicherheit, die nach dem von der Klägerin vorgetragenen Inhalt der Vereinbarung bei der Frage besteht, ob ein bestimmter Zusatz zum Unternehmenskennzeichen unter Berücksichtigung aller Umstände hinreichend unterscheidungskräftig ist.

32

(3) Der Wunsch der Parteien nach Rechtssicherheit steht dieser den kaufmännischen Interessen entsprechenden Auslegung nicht entgegen. Den Parteien war nach dem Vortrag der Klägerin zum Vertragsinhalt bewusst, dass sie mit ihrer Vereinbarung keine vollständige Rechtssicherheit hinsichtlich der Nutzung der Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" erreichen konnten. Denn gerade über die Verwendung dieser Kennzeichen mit unterscheidungskräftigen Zusätzen hatten sie keine Einigung erzielen können. Es war ihnen zugleich bekannt, dass eine gebietsübergreifende Werbung mit solchen Zusätzen nicht verboten werden konnte. Rechtssicherheit, ob ein konkreter Zusatz im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung als unterscheidungskräftig angesehen würde, bestand für die Vertragsparteien deshalb von vornherein nicht. Es dürfte vielmehr eher das Bedürfnis im Vordergrund gestanden haben, eine auf unbegrenzte Zeit abgeschlossene Vereinbarung über Werbung zukunftsoffen und dynamisch zu gestalten.

33

3. Die Klageanträge erweisen sich deshalb auch aus der hier allein noch relevanten Vereinbarung als nicht begründet, so dass die Revision zurückzuweisen ist.

34

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Limperg                        Meier-Beck                        Kirchhoff

                  Bacher                            Deichfuß

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(1) Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Hat ein Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift dieses Teils, gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder eine Verfügung der Kartellbehörde verstoßen und dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt, kann die Kartellbehörde die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils anordnen und dem Unternehmen die Zahlung eines entsprechenden Geldbetrags auferlegen.

(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft ist durch

1.
Schadensersatzleistungen,
2.
Festsetzung der Geldbuße,
3.
Anordnung der Einziehung von Taterträgen oder
4.
Rückerstattung.
Soweit das Unternehmen Leistungen nach Satz 1 erst nach der Vorteilsabschöpfung erbringt, ist der abgeführte Geldbetrag in Höhe der nachgewiesenen Zahlungen an das Unternehmen zurückzuerstatten.

(3) Wäre die Durchführung der Vorteilsabschöpfung eine unbillige Härte, soll die Anordnung auf einen angemessenen Geldbetrag beschränkt werden oder ganz unterbleiben. Sie soll auch unterbleiben, wenn der wirtschaftliche Vorteil gering ist.

(4) Die Höhe des wirtschaftlichen Vorteils kann geschätzt werden. Der abzuführende Geldbetrag ist zahlenmäßig zu bestimmen.

(5) Die Vorteilsabschöpfung kann nur innerhalb einer Frist von bis zu sieben Jahren seit Beendigung der Zuwiderhandlung und längstens für einen Zeitraum von fünf Jahren angeordnet werden. § 33h Absatz 6 gilt entsprechend. Im Falle einer bestandskräftigen Entscheidung im Sinne des § 33b Satz 1 oder einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung im Sinne des § 33b Satz 2 beginnt die Frist nach Satz 1 erneut.

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(1) Hat ein Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift dieses Teils, gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder eine Verfügung der Kartellbehörde verstoßen und dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt, kann die Kartellbehörde die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils anordnen und dem Unternehmen die Zahlung eines entsprechenden Geldbetrags auferlegen.

(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft ist durch

1.
Schadensersatzleistungen,
2.
Festsetzung der Geldbuße,
3.
Anordnung der Einziehung von Taterträgen oder
4.
Rückerstattung.
Soweit das Unternehmen Leistungen nach Satz 1 erst nach der Vorteilsabschöpfung erbringt, ist der abgeführte Geldbetrag in Höhe der nachgewiesenen Zahlungen an das Unternehmen zurückzuerstatten.

(3) Wäre die Durchführung der Vorteilsabschöpfung eine unbillige Härte, soll die Anordnung auf einen angemessenen Geldbetrag beschränkt werden oder ganz unterbleiben. Sie soll auch unterbleiben, wenn der wirtschaftliche Vorteil gering ist.

(4) Die Höhe des wirtschaftlichen Vorteils kann geschätzt werden. Der abzuführende Geldbetrag ist zahlenmäßig zu bestimmen.

(5) Die Vorteilsabschöpfung kann nur innerhalb einer Frist von bis zu sieben Jahren seit Beendigung der Zuwiderhandlung und längstens für einen Zeitraum von fünf Jahren angeordnet werden. § 33h Absatz 6 gilt entsprechend. Im Falle einer bestandskräftigen Entscheidung im Sinne des § 33b Satz 1 oder einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung im Sinne des § 33b Satz 2 beginnt die Frist nach Satz 1 erneut.

(1) Ein Unternehmen ist marktbeherrschend, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt

1.
ohne Wettbewerber ist,
2.
keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder
3.
eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat.

(2) Der räumlich relevante Markt kann weiter sein als der Geltungsbereich dieses Gesetzes.

(2a) Der Annahme eines Marktes steht nicht entgegen, dass eine Leistung unentgeltlich erbracht wird.

(3) Bei der Bewertung der Marktstellung eines Unternehmens im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern ist insbesondere Folgendes zu berücksichtigen:

1.
sein Marktanteil,
2.
seine Finanzkraft,
3.
sein Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten,
4.
sein Zugang zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten,
5.
Verflechtungen mit anderen Unternehmen,
6.
rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Marktzutritt anderer Unternehmen,
7.
der tatsächliche oder potenzielle Wettbewerb durch Unternehmen, die innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ansässig sind,
8.
die Fähigkeit, sein Angebot oder seine Nachfrage auf andere Waren oder gewerbliche Leistungen umzustellen, sowie
9.
die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andere Unternehmen auszuweichen.

(3a) Insbesondere bei mehrseitigen Märkten und Netzwerken sind bei der Bewertung der Marktstellung eines Unternehmens auch zu berücksichtigen:

1.
direkte und indirekte Netzwerkeffekte,
2.
die parallele Nutzung mehrerer Dienste und der Wechselaufwand für die Nutzer,
3.
seine Größenvorteile im Zusammenhang mit Netzwerkeffekten,
4.
sein Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten,
5.
innovationsgetriebener Wettbewerbsdruck.

(3b) Bei der Bewertung der Marktstellung eines Unternehmens, das als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig ist, ist insbesondere auch die Bedeutung der von ihm erbrachten Vermittlungsdienstleistungen für den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten zu berücksichtigen.

(4) Es wird vermutet, dass ein Unternehmen marktbeherrschend ist, wenn es einen Marktanteil von mindestens 40 Prozent hat.

(5) Zwei oder mehr Unternehmen sind marktbeherrschend, soweit

1.
zwischen ihnen für eine bestimmte Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ein wesentlicher Wettbewerb nicht besteht und
2.
sie in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen.

(6) Eine Gesamtheit von Unternehmen gilt als marktbeherrschend, wenn sie

1.
aus drei oder weniger Unternehmen besteht, die zusammen einen Marktanteil von 50 Prozent erreichen, oder
2.
aus fünf oder weniger Unternehmen besteht, die zusammen einen Marktanteil von zwei Dritteln erreichen.

(7) Die Vermutung des Absatzes 6 kann widerlegt werden, wenn die Unternehmen nachweisen, dass

1.
die Wettbewerbsbedingungen zwischen ihnen wesentlichen Wettbewerb erwarten lassen oder
2.
die Gesamtheit der Unternehmen im Verhältnis zu den übrigen Wettbewerbern keine überragende Marktstellung hat.

(8) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie berichtet den gesetzgebenden Körperschaften nach Ablauf von drei Jahren nach Inkrafttreten der Regelungen in den Absätzen 2a und 3a über die Erfahrungen mit den Vorschriften.

(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.

(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.

(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.

(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen

1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder
2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder
3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Einstandspreis im Sinne des Satzes 2 ist der zwischen dem Unternehmen mit überlegener Marktmacht und seinem Lieferanten vereinbarte Preis für die Beschaffung der Ware oder Leistung, auf den allgemein gewährte und im Zeitpunkt des Angebots bereits mit hinreichender Sicherheit feststehende Bezugsvergünstigungen anteilig angerechnet werden, soweit nicht für bestimmte Waren oder Leistungen ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Einstandspreis ist sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie in vergleichbar schwerwiegenden Fällen. Werden Lebensmittel an gemeinnützige Einrichtungen zur Verwendung im Rahmen ihrer Aufgaben abgegeben, liegt keine unbillige Behinderung vor.

(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.

(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.

(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.

(1) Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen dürfen nicht ein anderes Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen in der Absicht, bestimmte Unternehmen unbillig zu beeinträchtigen, zu Liefersperren oder Bezugssperren auffordern.

(2) Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen dürfen anderen Unternehmen keine Nachteile androhen oder zufügen und keine Vorteile versprechen oder gewähren, um sie zu einem Verhalten zu veranlassen, das nach folgenden Vorschriften nicht zum Gegenstand einer vertraglichen Bindung gemacht werden darf:

1.
nach diesem Gesetz,
2.
nach Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder
3.
nach einer Verfügung der Europäischen Kommission oder der Kartellbehörde, die auf Grund dieses Gesetzes oder auf Grund der Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union ergangen ist.

(3) Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen dürfen andere Unternehmen nicht zwingen,

1.
einer Vereinbarung oder einem Beschluss im Sinne der §§ 2, 3, 28 Absatz 1 oder § 30 Absatz 2a oder Absatz 2b beizutreten oder
2.
sich mit anderen Unternehmen im Sinne des § 37 zusammenzuschließen oder
3.
in der Absicht, den Wettbewerb zu beschränken, sich im Markt gleichförmig zu verhalten.

(4) Es ist verboten, einem Anderen wirtschaftlichen Nachteil zuzufügen, weil dieser ein Einschreiten der Kartellbehörde beantragt oder angeregt hat.

Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 249/01 Verkündet am:
13. Oktober 2004
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Auslegung, wonach ein zwischen dem Gläubiger und einem Gesamtschuldner
anläßlich einer Teilleistung vereinbarter Erlaß gemäß § 423 BGB zur
Folge hat, daß der Gläubiger die Teilleistung dem Schuldner im Hinblick auf
eine diesem günstige Haftungsverteilung im Innenverhältnis der Gesamtschuldner
zurückzugewähren hat, widerspricht dem Gebot, daß Verträge nach beiden
Seiten hin interessengerecht auszulegen sind.
BGH, Urt. vom 13. Oktober 2004 - I ZR 249/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. August 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Verkehrshaftungsversicherer der K. (im weiteren: K. ). Diese besorgt über ihre Verteilungslager für die bei der C. Versicherung AG (im weiteren: C. ) transportversicherte P. GmbH (im weiteren: P. ) die Verteilung der von dieser hergestellten Zigaretten vom Fabrikationsbetrieb bis zur Auslieferung an die

Groß-/Einzelhändler. Mit der Auslieferung der Zigaretten ab dem jeweiligen Verteilungslager an die Groß-/Einzelhändler beauftragt K. externe Frachtführer, darunter die Beklagte.
Der bei der Beklagten beschäftigte Fahrer G. übernahm am 30. Dezember 1996 auf dem Lager von K. in München eine Ladung Zigaretten der P. zum Transport nach Augsburg. Nach Übernahme der Ware wurde G. auf dem Lager in München von einem Unbekannten angesprochen und gebeten, ihn mit nach Augsburg zu nehmen. G. entsprach der Bitte. Nach der Ankunft in Augsburg wurde er von dem Mitfahrer mit einer Waffe bedroht und gefesselt. Die Zigaretten wurden entwendet und konnten auch später nicht mehr aufgefunden werden.
K. hatte mit der Beklagten ebenso wie mit den anderen von ihr beauftragten Frachtführern die Geltung der Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den gewerblichen Güternahverkehr mit Kraftfahrzeugen (AGNB) vereinbart, entgegen ihrer Verpflichtung gegenüber P. allerdings ohne die Erweiterung der Haftungshöchstgrenze gemäß § 17 Abs. 2 Buchst. a AGNB von 100.000 DM auf 400.000 DM. Vor diesem Hintergrund teilte K. Schreiben mit vom 2. April 1997 P. unter anderem mit, sie trete dieser die Rechte aus dem Beförderungsvertrag mit der Beklagten für den Transport vom 30. Dezember 1996 zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ab. DieC. könne gegen die Beklagte aber nur eine Forderung i.H. von 100.000 DM geltend machen; den Rest müsse sie bei K. einfordern.
P. trat die ihr abgetretenen Rechte am 12. Mai 1997 weiter an die C. ab. Diese wandte sich, nachdem sie den Schaden von P.

im Frühjahr 1997 mit 298.356,99 DM reguliert hatte, mit Schreiben vom 7. Mai 1997 an K. . Sie teilte dabei unter Bezugnahme auf deren Schreiben vom 2. April 1997 mit, daß sie die Beklagte nunmehr vorsorglich in Höhe des Gesamtschadens auf Regreß in Anspruch genommen habe. Zugleich führte sie aus, daß K. ebenfalls für den entstandenen Schaden haftbar sei und daher zunächst einmal 198.356,99 DM erstatten solle; hinsichtlich der restlichen 100.000 DM sei die Regulierung durch die Beklagte abzuwarten.
Mit Schreiben vom 14. Mai 1998 trat die C. etwaige Schadensersatzansprüche nach §§ 823, 831 BGB gegen die Beklagte an die Klägerin ab.
Die Klägerin zahlte nach dem 13. Juli 1997 an die C. 198.356,99 DM.
Der Verkehrshaftungsversicherer der Beklagten teilte der C. mit Schreiben vom 14. August 1997 mit, er erkenne die Haftung dem Grunde nach an, sofern die C. ihre Aktivlegitimation gegenüber der Beklagten nachweise. Unter dieser Voraussetzung wären, wie vereinbart worden sei, sämtliche Ansprüche gegen Zahlung von 100.000 DM erfüllt.
Hierauf übersandte die C. dem Versicherer der Beklagten mit Schreiben vom 15. August 1997 die Abtretungserklärungen von K. und P. vom 2. April und 12. Mai 1997. Zugleich bat sie um Mitteilung, ob die Summe von 100.000 DM im Namen der Beklagten vorbehaltlos anerkannt werde.
Der Versicherer der Beklagten teilte der C. hierauf mit Schreiben vom 20. August 1997 mit, daß damit der Vergleich in dem Schreiben vom

14. August 1997 wirksam sei und die Zahlung des Vergleichsbetrags i.H. von 100.000 DM an die C. erfolgen werde.
Die C. erwiderte hierauf mit Schreiben vom 27. August 1997, sie habe keinen Vergleich geschlossen. Sie habe lediglich erklärt, daß die Haftungssumme nach den AGNB richtig sei, da nur in dieser Höhe eine vertragliche Vereinbarung zwischen K. und der Beklagten bestanden habe. Nur insoweit seien Ansprüche an die C. abgetreten worden und bestehe auch ein Rückgriffsrecht gegen die Beklagte. Ein Vergleich über den gesamten Schaden komme damit nicht in Betracht. Wie dem Versicherer der Beklagten mitgeteilt worden sei, habe K. eine Zusatzdeckung nach den AGNB von 100.000 DM bis 400.000 DM abgeschlossen, aus der die C. i.H. von 198.356,99 DM und damit insgesamt entschädigt worden sei. Die C. könne deshalb sowie auch im Hinblick darauf, daß hi nsichtlich der 198.356,99 DM keine Abtretung an sie erfolgt und sie zudem in Höhe dieses Betrags entschädigt worden sei, insoweit keine Freistellung gegenüber der Beklagten aussprechen.
In der Folgezeit zahlte der Versicherer der Beklagten an die C. 100.000 DM.
Die Klägerin hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Zahlung von 198.356,99 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen. Sie hat den durch den Raub der Zigaretten entstandenen Schaden unwidersprochen auf 298.356,99 DM beziffert und geltend gemacht, auf sie seien, soweit sie den Schaden i.H. von 198.356,99 DM ausgeglichen habe, die vertraglichen Ansprüche von K. gegen die Beklagte übergegangen. Außerdem seien ihr die etwaigen Ansprüche aus Eigentum gegen die Beklagte aus dem Schadens-

ereignis übertragen worden. Die Abtretungserklärung von K. gegenüber P. habe nur eine Teilforderung von 100.000 DM betroffen. Damit habe sich die C. als Transportversicherer von P. im August 1997 mit dem Verkehrshaftungsversicherer der Beklagten weder darauf einigen können noch auch wollen, daß mit der Zahlung von 100.000 DM alle Verpflichtungen der Beklagten aus dem Schadensereignis vom 30. Dezember 1996 abgegolten seien. Die Beklagte könne sich nicht auf die Haftungsbegrenzung gemäß § 17 Abs. 2 Buchst. a AGNB berufen, da ihr grob fahrlässiges Organisationsverschulden zur Last falle; denn sie habe ihre Fahrer nicht angewiesen , keine Anhalter mitzunehmen. Im übrigen hafte die Beklagte unabhängig von den AGNB nach §§ 823, 831 BGB unbeschränkt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, weil K. sämtliche Ansprüche gegen die Beklagte an die C. abgetreten habe. Diese habe sich mit dem Versicherer der Beklagten darauf geeinigt, daß die Zahlung von 100.000 DM sämtliche Ansprüche aus dem Schadensereignis vom 30. Dezember 1996 abgegolten habe. Im übrigen falle der Beklagten kein grob fahrlässiges Organisationsverschulden zur Last.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin den Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, von K. seien keine Ansprüche auf die Klägerin übergegangen, und zwar weder (kraft Gesetzes) frachtvertragliche Ansprüche noch (durch Abtretung der C. deliktische ) Ansprüche. Ansprüche aus einem Gesamtschuldnerausgleich könnten nicht mehr geltend gemacht werden, nachdem sich die C. mit dem Versicherer der Beklagten im August 1997 geeinigt habe, daß mit der Zahlung von 100.000 DM sämtliche Ansprüche aus dem Schadensereignis vom 31. (richtig ist: 30.) Dezember 1996 erledigt seien. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Zwar spreche vieles dafür, daß K. wegen des Verlusts der Fracht gegen die Beklagte aufgrund des mit dieser geschlossenen Frachtvertrags ein Anspruch gemäß § 14 Buchst. b AGNB auf Schadensersatz in Höhe des Wertes der in Verlust geratenen Warensendung zugestanden habe. Die Berufung auf die Haftungsbegrenzung in § 17 Abs. 2 Buchst. a AGNB dürfte der Beklagten verwehrt gewesen sein, weil ihrem Geschäftsführer oder leitenden Angestellten grobe Fahrlässigkeit zur Last fallen dürfte. Die deswegen in Betracht kommenden frachtvertraglichen Ansprüche seien jedoch nicht nach § 67 VVG auf die Klägerin übergegangen, weil K. diese nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme bereits am 2. April 1997 an P. M. abgetreten habe.
Des weiteren dürfte der P. ein Anspruch wegen Verletzung ihres Eigentums an den Zigaretten gegen die Beklagte gemäß § 823 Abs. 1, § 831 BGB zugestanden haben, weil die Beklagte den Fahrer G. nicht hinreichend sorgfältig ausgesucht und überwacht habe. Dieser Anspruch sei aber

nicht aufgrund der von der C. in dem Schreiben vom 14. Mai 1998 erklärten Abtretung auf die Klägerin übergegangen, da er bereits zuvor infolge Erfüllung erloschen sei.
Die Klage sei schließlich auch nicht aus § 426 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB, § 67 VVG begründet. Zwar spreche einiges dafür, daß K. ein von der Abtretung vom 2. April 1997 nicht umfaßter Freistellungsanspruch zugestanden habe, der sich mit der leistungsrechtlich K. zuzurechnenden Zahlung der Klägerin in einen Zahlungsanspruch umgewandelt und nach § 67 VVG auf die Klägerin übergegangen sei. Dieser stehe ein solcher Anspruch aber gleichwohl nicht zu, weil sich die C. mit dem Versicherer der Beklagten im August 1997 darauf geeinigt habe, daß mit der Zahlung von 100.000 DM sämtliche Ansprüche, die von welcher Seite auch immer gegen die Beklagte geltend gemacht werden könnten, erledigt seien. Die Klägerin hätte zwar, wenn sie, wie sie vorgetragen habe, ihre Zahlung an die C. bereits am 14. Juli 1997 erbracht hätte, den Anspruch gegen die Beklagte nach § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB zeitlich vor dem Vergleich erworben. Sie müßte aber gemäß §§ 407, 412 BGB auch in diesem Fall den im August 1997 geschlossenen Vergleich gegen sich gelten lassen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dessen Beurteilung, die zwischen der C. und dem Versicherer der Beklagten getroffene Vereinbarung erfasse als Vergleich auch einen der Klägerin als Zahlungsanspruch zustehenden Freistellungsanspruch ihrer Versicherungsnehmerin K. gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen die Beklagte, wird von der Revision mit Erfolg ange-

griffen. Ob ein solcher Anspruch besteht, läßt sich nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revisionserwiderung mit ihrer Gegenrüge gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Abtretungserklärung im Schreiben der K. vom 2. April 1997 habe nicht auch deren Freistellungsanspruch umfaßt. K. ging es bei der Abtretung ihrer sämtlichen Ansprüche gegen die Beklagte darum, die Stellung von P. zu verstärken. Dem K. insoweit auch zustehenden Freistellungsanspruch kam dagegen nur dann eine Bedeutung zu, wenn K. ihrerseits von P. unter dem Gesichtspunkt einer Vertrags- und/oder Eigentumsverletzung in Anspruch genommen wurde. Dementsprechend wäre der Freistellungsanspruch in der Hand von P. , auf die K. am 2. April 1997 ihre Ansprüche, nicht dagegen ihre Verpflichtungen aus dem Schadensereignis übertragen hatte, völlig wertlos gewesen.
2. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß der etwa entstandene Freistellungsanspruch von K. gegen die Beklagte mit der Zahlung der Klägerin an die C. zu einem Zahlungsanspruch geworden wäre. Ebenfalls zutreffend ist seine Beurteilung, daß § 67 VVG auch Befreiungs - und Ausgleichsansprüche nach § 426 BGB umfaßt (st. Rspr.; vgl. BGHZ 20, 371, 374; BGH, Urt. v. 25.4.1989 - VI ZR 146/88, NJW-RR 1989, 918, 920; Beschl. v. 24.4.1990 - VI ZR 358/89, NJW 1992, 41, 42; Prölss in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 67 Rdn. 4 m.w.N.). Damit wäre dieser Anspruch mit der Zahlung der Klägerin auf diese übergegangen.
3. Die alleinige Haftung der Beklagten im Innenverhältnis zur Gesamtschuldnerin K. folgt aus dem Grundsatz, daß der primäre Verursa-

cher für den Schaden allein verantwortlich ist, sofern keine - hier nicht gegebenen - Umstände eingreifen, wonach er für sein Tun nicht verantwortlich (§ 840 Abs. 2 i.V. mit § 829 BGB) oder aus eigener Sicht der Aufsicht und Kontrolle durch den anderen bedürftig ist (vgl. BGH, Urt. v. 22.4.1980 - VI ZR 134/78, NJW 1980, 2348, 2349; Staudinger/Noack, BGB [1999], § 426 Rdn. 41; MünchKomm.BGB /Bydlinski, 4. Aufl., § 426 Rdn. 21; Erman/Ehmann, BGB, 11. Aufl., § 426 Rdn. 61).
4. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der Vereinbarung zwischen der C. und dem Versicherer der Beklagten komme Gesamtwirkung zu, so daß die Beklagte auch von einer im Innenverhältnis gegenüber K. bzw. der Klägerin als deren Zessionarin aus § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB begründeten Haftung befreit worden sei.

a) Ein zwischen dem Gläubiger und einem Gesamtschuldner vereinbarter Erlaß wirkt nur dann für die übrigen Schuldner, wenn die Vertragschließenden das ganze Schuldverhältnis aufheben wollten (§ 423 BGB). Ein entsprechender übereinstimmender Parteiwille muß sich aus dem Inhalt der Willenserklärungen durch Auslegung feststellen lassen; im Zweifel hat der Erlaß nur Einzelwirkung (BGH, Urt. v. 21.3.2000 - IX ZR 39/99, NJW 2000, 1942, 1943). Dies gilt auch dann, wenn die Ansprüche des Gläubigers - hier: P. - gegen die Gesamtschuldner - hier: K. und die Beklagte - im Wege der Abtretung - hier: gemäß § 67 VVG - auf einen Dritten - hier: die C. - übergegangen sind und der Dritte nur gegenüber einem Gesamtschuldner vergleichsweise einen Anspruchsverzicht erklärt hat; denn die Interessenlage der Beteiligten ändert sich dadurch nicht (BGH NJW 2000, 1942, 1943).


b) Die Erwägungen im angefochtenen Urteil lassen erkennen, daß das Berufungsgericht diese Grundsätze nicht beachtet hat. Bei der gebotenen interessengerechten Vertragsauslegung hätte es von einer Einzelwirkung des von ihm angenommenen Vergleichs ausgehen müssen.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, es habe für die C. seinerzeit festgestanden, von K. 198.356,99 DM zu erhalten, und es sei der C. bei dem Vergleich vor allem darum gegangen, zügig die restlichen 100.000 DM zu vereinnahmen, um so die Schadensakte schließen zu können. Die vom Berufungsgericht angenommene Gesamtwirkung des Vergleichs hätte im Widerspruch dazu zur Folge gehabt, daß die C. K. bei einer dieser günstigen Haftungsverteilung im Innenverhältnis zur Beklagten und namentlich bei einer dort gegebenen alleinigen Haftung der Beklagten - von der auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - entsprechend von der Haftung hätte freistellen und daher den bereits bezahlten Betrag i.H. von 198.356,99 DM wegen des nachträglichen Wegfalls des Rechtsgrundes hätte zurückzahlen müssen. In Anbetracht der Tatsache, daß das Schreiben vom 15. August 1997 keine Anhaltspunkte dafür enthielt, daß die C. den hier streitigen Betrag i.H. von 198.356,99 DM zum Gegenstand einer vergleichsweisen Regelung machen wollte, widerspricht die Annahme einer solchen Regelung gemäß dem Schreiben des Versicherers der Beklagten vom 20. August 1997 dem Grundsatz , daß Verträge nach beiden Seiten hin interessengerecht auszulegen sind (vgl. dazu BGHZ 149, 337, 353; 150, 32, 39 - Unikatrahmen; BGH, Urt. v. 10.10.2002 - I ZR 193/00, NJW 2003, 664, 665 - Filmauswertungspflicht). Die danach allein in Betracht kommende Einzelwirkung des vom Berufungsgericht angenommenen Vergleichs im Verhältnis zwischen der C. und der Beklagten aber ließ einen Anspruch von K. gegen die Beklagte gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB unberührt.

III. Danach konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es war aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Das Berufungsgericht wird im weiteren zu prüfen haben, ob der Versicherungsnehmerin der Klägerin ein die Klagesumme erfassender Freistellungsanspruch gegen die Beklagte zustand. Ein solcher setzt voraus, daß die in § 17 Abs. 2 Buchst. a AGNB vorgesehene Haftungsbegrenzung für Schäden an der beförderten Sendung auf 100.000 DM unwirksam ist. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, diese Haftungsbegrenzung greife schon deshalb nicht, weil die Beklagte den Schaden grob fahrlässig verursacht habe (vgl. auch OLG Düsseldorf TranspR 1991, 235, 240 f.; OLG Saarbrücken TranspR 1993, 288, 289 f.; Koller, Transportrecht, 3. Aufl., § 17 AGNB Rdn. 1; Hensen in Ulmer /Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 8. Aufl., Anh. §§ 9-11 Rdn. 26; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 3. Aufl., § 9 Rdn. F 63; MünchKomm.HGB /Dubischar, § 17 AGNB Rdn. 3; a.A. Großkomm.HGB/Helm, 4. Aufl., Anh. III/1 nach § 452: § 1 AGNB Rdn. 11). Das Berufungsgericht hat hierzu - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine abschließenden Feststellungen getroffen. Es wird im weiteren Verfahren aber auch zu beachten sein, daß sich die Klägerin auf eine sich aus § 9 Abs. 1 AGBG wegen unange-

messener Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders ergebende Unwirksamkeit der in § 17 Abs. 2 Buchst. a AGNB vorgesehenen Haftungsbegrenzung nicht berufen kann, wenn sie selbst die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestellt hat.
Ullmann Bornkamm Büscher Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 304/99 Verkündet am:
7. Februar 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk : ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Unikatrahmen

a) Eine Bearbeitung eines geschützten Werkes der bildenden Kunst kann ausnahmsweise
auch dann gegeben sein, wenn dieses unverändert in ein neues
"Gesamtkunstwerk" derart integriert wird, daß es als dessen Teil erscheint.

b) Eine Beeinträchtigung der berechtigten geistigen und persönlichen Interessen
des Urhebers an seinem Werk im Sinne des § 14 UrhG setzt nicht notwendig
voraus, daß das Werk selbst verändert wird. Der Vertrieb von Kunstdrucken
eines Gemäldes in von dritter Hand bemalten Rahmen verletzt das
Urheberpersönlichkeitsrecht, wenn Bild und Rahmen von unbefangenen Betrachtern
ohne weiteres als ein "Gesamtkunstwerk" des Urhebers des Originalwerkes
angesehen werden können.

c) Zur Frage der Bemessung des Schadensersatzanspruchs wegen rechtswidriger
Verwertung der Bearbeitung und wegen Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts
in einem solchen Fall.

d) Bei der Bemessung des Schadensersatzanspruchs aus § 97 Abs. 1 Satz 2
UrhG auf Herausgabe des Verletzergewinns sind Ersatzzahlungen, die der
Verletzer deshalb an seine Abnehmer geleistet hat, weil diese am Weitervertrieb
der rechtsverletzenden Gegenstände gehindert sind, nicht abzuziehen.
BGH, Urt. v. 7. Februar 2002 - I ZR 304/99 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. November 1999 aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Schluûurteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 3. Zivilkammer - vom 10. Dezember 1998 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 65.746,51 ? (= 128.589,-- DM) nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 3. Juni 1998 zu bezahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der - am 19. Februar 2000 verstorbene - Kläger, ein bekannter Künstler, hat die Bilder "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" geschaffen. Die Beklagte vertrieb Kunstdrucke dieser Bilder in Rahmen, die nach den aufgemalten Motiven jeweils in besonderer Weise den Bildern angepaût waren. Die Beklagte war zwar befugt, die Kunstdrucke als solche zu vertreiben, besaû aber nicht die Zustimmung des Klägers für den Vertrieb der Kunstdrucke in den von Dritten gestalteten Rahmen.
Auf die Stufenklage des Klägers hat das Landgericht die Beklagte durch Teilurteil vom 2. Oktober 1997 verurteilt, es zu unterlassen, Reproduktionen der Bilder "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" in Bildrahmen anzubieten oder zu verbreiten, deren Bemalung sich - wie im damaligen Tenor abgebildet - als Fortsetzung und Vergröûerung der Werke darstelle, sowie dazu, Auskunft darüber zu erteilen, welcher Umsatz und welcher Gewinn mit diesen Werken einschlieûlich der Bildrahmen erzielt worden sei (LG Frankfurt am Main ZUM-RD 1998, 344). Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt.
Nach Vergleichsverhandlungen, die sich an das landgerichtliche Teilurteil anschlossen, unterbreitete der anwaltliche Vertreter des Klägers mit Schreiben vom 9. Februar 1998 ein Vergleichsangebot, das von der Beklagten - vertreten durch ihre Rechtsanwältin - durch Unterzeichnung des Schreibens angenommen wurde. Die Vereinbarung hat in ihren Abschnitten 1 bis 4 folgenden Wortlaut:

"1. Ihre Mandantschaft [Beklagte] verpflichtet sich bei Meidung einer Vertragsstrafe von DM 12.000,00, es zu unterlassen, Reproduktionen der Bilder 'Hundertwasser-Haus in Wien' und 'Die vier Einsamkeiten' des Künstlers Friedensreich Hundertwasser in Bildrahmen anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder anbieten zu lassen und/oder vertreiben zu lassen, so wie sie Gegenstand des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 11 U 51/97) sind. 2. Ihre Mandantschaft erteilt unserer Mandantschaft zu unseren Händen eingehend bis zum 27.2.1998 schriftliche Auskunft,
a) welcher Gewinn mit den in Ziff. 1 bezeichneten Werken inklusive Bildrahmen erzielt worden ist. Bei der Ermittlung des Gewinns werden Schadensersatzzahlungen Ihrer Mandantschaft an ihre Abnehmer wegen der Verbreitung der streitgegenständlichen Bilder nicht berücksichtigt. Diese Auskunft kann von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer überprüft werden, dessen Kosten Ihre Mandantschaft trägt, wenn die Feststellungen des Wirtschaftsprüfers um mehr als 5 % von der erteilten Auskunft abweichen,
b) über Namen und Anschrift der jeweiligen gewerblichen Abnehmer der von Ihrer Mandantschaft vertriebenen Werke inklusive der Bildrahmen gemäû vorstehender Ziff. 1,
c) über die Stückzahl der verkauften in Ziff. 1 bezeichneten Werke inklusive Bildrahmen. 3. Von dem nach Ziff. 2 zu ermittelnden Gewinn bezahlt Ihre Mandantschaft 50 % an unsere Mandantschaft innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Zahlungsaufforderung. 4. Ihre Mandantschaft nimmt die Berufung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az. 11 U 51/97 bis zum 20.2.1998 zurück und erkennt hiermit das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 2.10.1997, Az. 2/3 O 166/97, als verbindliche Regelung an. Ebenso verzichtet Ihre Mandantschaft im Hinblick auf die Einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt vom
6.3.1997, Az. 2-03 O 110/97, auf das Recht des Widerspruchs gemäû § 924 ZPO und der Rechtsbehelfe nach §§ 926, 927 ZPO." Aufgrund dieses Vergleichs hat die Beklagte ihre Berufung gegen das landgerichtliche Teilurteil zurückgenommen. Die Auskunftserteilung der Beklagten ergab, daû sie 1.220 Kunstdrucke in bemalten Rahmen verkauft hatte. Der Gewinn aus dem Verkauf von Bild und Rahmen betrug danach jeweils 232,48 DM, wobei auf den Rahmen als solchen ein Gewinn von 19,-- DM entfiel. Entsprechend ihrer eigenen Auslegung des auûergerichtlichen Vergleichs zahlte die Beklagte an den Kläger einen Betrag von insgesamt 11.590,-- DM.
Der Kläger ist der Ansicht, der auûergerichtliche Vergleich sei dahin zu verstehen, daû die Schadensersatzpflicht der Beklagten nach dem Gewinn zu bemessen sei, der durch die Veräuûerung der Bilder in den Rahmen erzielt worden sei. Nach Abzug der bereits geleisteten Zahlung (einschlieûlich einer Überzahlung von 1.633,80 DM) schulde die Beklagte deshalb noch 128.589,-- DM.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 128.589,-- DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 3. Juni 1998 zu bezahlen.
Die Beklagte legt den Vergleich demgegenüber dahin aus, daû sich ihre Schadensersatzpflicht nur nach dem Gewinn bemesse, der durch die Verwendung der bemalten Rahmen als solcher erzielt worden sei, da die Veräuûerung
der Kunstdrucke selbst nicht rechtswidrig gewesen sei. Den danach geschuldeten Betrag habe sie bereits gezahlt.
Das Landgericht hat durch Schluûurteil vom 10. Dezember 1998 die Zahlungsklage abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers hat Erfolg.
A. Der Tod des Klägers hat nicht zu einer Unterbrechung des Verfahrens geführt (§§ 239, 246 Abs. 1 ZPO).
B. Das Berufungsgericht hat angenommen, daû dem Kläger aufgrund der Vergleichsvereinbarung lediglich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 11.590,-- DM zugestanden habe, den die Beklagte jedoch durch Zahlung erfüllt habe.
Nach dem Vergleich habe der zu leistende Schadensersatz nicht nach dem Gesamtgewinn aus dem Verkauf der Bilder in bemalten Rahmen berech-
net werden sollen, sondern nur nach dem Gewinn, der auf die bemalten Rahmen entfallen sei.
Gegen diese Auslegung spreche zwar der Wortlaut der Vereinbarungen über die Pflicht der Beklagten zur Auskunftserteilung und Unterlassung in den Nrn. 1 und 2 des Vergleichs, auf die bei der Bemessung der Höhe des Schadensersatzes in der Nr. 3 verwiesen werde. Welche Handlungen Gegenstand dieser Verpflichtungen seien, werde aber dadurch klargestellt, daû in Nr. 1 des Vergleichs auf den Gegenstand des - bei Vertragsschluû noch bei dem Berufungsgericht anhängigen - Berufungsverfahrens über das landgerichtliche Teilurteil Bezug genommen werde.
Die Parteien hätten zudem von Anfang an, wie auch in der Vorkorrespondenz der beteiligten Rechtsanwälte deutlich geworden sei, lediglich über die Rechtmäûigkeit der Verwendung von bemalten Rahmen gestritten. Es könne deshalb nicht angenommen werden, daû sich die Beklagte zu einer Zahlung habe verpflichten wollen, die um mehr als das Zehnfache über dem zusätzlichen Gewinn liege, der mit den bemalten Rahmen erzielt worden sei.
Die Auslegung, daû der Schadensersatz nur nach dem Gewinn aus dem Verkauf der bemalten Rahmen zu berechnen sei, folge auch aus Sinn und Zweck der getroffenen Vereinbarung. Für den Kläger sei erkennbar gewesen, daû sich die Beklagte nur auf eine Zahlungsverpflichtung habe einlassen können und wollen, die der gesetzlichen Regelung des § 97 Abs. 1 UrhG entsprochen habe. In seinem inzwischen rechtskräftigen Teilurteil habe das Landgericht zwar zu Recht angenommen, daû die Bemalung der Rahmen, die jeweils das Bild des Klägers gewissermaûen fortgesetzt habe, eine Bearbeitung im
Sinne des § 23 UrhG gewesen sei, die mangels Zustimmung des Klägers dessen Urheberrecht verletzt habe. Die Verletzungshandlung liege aber nicht in dem Vertrieb der Bilder des Klägers, sondern nur in der Verwendung der besonders gestalteten Rahmen. Deshalb sei auch nur der mit den Rahmen erzielte Gewinn herauszugeben, weil nur dieser auf der eigentlichen Verletzungshandlung beruhe. In dem Schriftwechsel vor und nach Abschluû des Vergleichs habe auch der anwaltschaftliche Vertreter des Klägers die Auffassung vertreten, es sei - entsprechend der Rechtslage - der kausal durch die Urheberrechtsverletzung verursachte Gewinn herauszugeben. Die Beklagte habe deshalb davon ausgehen können, daû der Schadensersatz wie vom Gesetz vorgesehen berechnet werden solle.
Die Nr. 2 des Vergleichs lasse ebenfalls nicht erkennen, daû die Beklagte verpflichtet sein sollte, abweichend vom gesetzlichen Normalfall den Gewinn aus dem Verkauf der Bilder in den bemalten Rahmen hälftig an den Kläger abzuführen. Dafür spreche auch die darin getroffene Regelung, daû Schadensersatzzahlungen der Beklagten an ihre Abnehmer, denen der Weitervertrieb der Bilder untersagt war, den Gewinn nicht mindern sollten, obwohl solche Zahlungen an sich abzugsfähig gewesen wären.
C. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
I. Die Auslegung von Individualvereinbarungen ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung danach, ob gesetzliche Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf
Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoû gegen Verfahrensvorschriften auûer acht gelassen worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.2000 - I ZR 213/98, WM 2001, 1379, 1381; Urt. v. 29.3.2001 - I ZR 312/98, NJW-RR 2001, 1612, 1614). Leidet die tatrichterliche Auslegung an solchen revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehlern, bindet sie das Revisionsgericht nicht (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2000 - VIII ZR 275/98, NJW-RR 2000, 1002, 1003 = WM 2000, 1643; Urt. v. 12.12.2000 - XI ZR 72/00, NJW 2001, 1344 f.; Urt. v. 12.12.2001 - IV ZR 47/01, ZIP 2002, 226, 227). So liegt der Fall hier.
1. Bei der Auslegung ist in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 3.4.2000 - II ZR 194/98, NJW 2000, 2099; Urt. v. 17.1.2001 - VIII ZR 186/99, VersR 2001, 370, 371 = WM 2001, 1031 m.w.N.).
Der Wortlaut des von den Parteien durch ihre Rechtsanwälte geschlossenen Vergleichs ist hier - wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat - eindeutig. Nach Nr. 1 der Vereinbarung betrifft die Unterlassungsverpflichtung der Beklagten Reproduktionen der Bilder "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" in Bildrahmen, so wie sie Gegenstand des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main waren. Nach Nr. 2 sollte sich die schriftliche Auskunft auf den Gewinn beziehen, der mit den "in Ziff. 1 bezeichneten Werken inklusive Bildrahmen" erzielt worden ist. Von dem "nach Ziff. 2 zu ermittelnden Gewinn" sollte die Beklagte gemäû Nr. 3 der Vereinbarung die Hälfte an den Kläger bezahlen. Nach dem Vertragswortlaut kann danach kein Zweifel bestehen, daû sich die Höhe des Schadensersatzes nach
dem Gesamtgewinn aus dem Vertrieb der Reproduktionen in den Bildrahmen richten sollte.
2. Entgegen der Ansicht der Revision ist aber auch eine Auslegung entgegen einem an sich eindeutigen Wortlaut nicht ausgeschlossen (vgl. BGH, Urt. v. 30.9.1987 - IVa ZR 22/86, NJW-RR 1988, 159, 160 = WM 1987, 1501; Urt. v. 19.12.2001 - XII ZR 281/99, Umdruck S. 7, jeweils m.w.N.), wobei allerdings die Darlegungs- und Beweislast für Umstände, aus denen sich ergeben könnte, daû die Parteien mit der Formulierung ihrer Vereinbarung einen vom klaren Wortlaut abweichenden Sinn verbunden haben, bei dem liegt, der sich darauf beruft (vgl. BGH, Urt. v. 11.9.2000 - II ZR 34/99, NJW 2001, 144, 145; Urt. v. 13.11.2000 - II ZR 115/99, NJW-RR 2001, 421 = WM 2001, 169). Die Feststellung des Berufungsgerichts, daû die Parteien ihrer Vergleichsvereinbarung einen vom Wortlaut abweichenden Sinn beigelegt haben, ist aber nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts kann eine Auslegung entgegen dem Wortlaut des Vergleichs nicht damit begründet werden, daû in seiner Nr. 1 auf den Gegenstand des damals noch vor dem Berufungsgericht anhängigen Berufungsverfahrens verwiesen wird. Dieses Verfahren hatte - wie das Berufungsgericht selbst dargelegt hat - den Vertrieb der Reproduktionen in bemalten Unikatrahmen zum Gegenstand. Der Unterlassungsanspruch bezog sich demnach auf die Verbindung der Bilder mit den von anderer Hand gestalteten Rahmen. Der Kläger hatte in diesem Verfahren - wie im übrigen bereits in der Abmahnung - betont, daû die Rechtsverletzung seiner Ansicht nach in der rechtswidrigen Bearbeitung und Entstellung seiner Werke liege. Der Streit der Parteien ging daher nicht nur um die Verletzung von Rechten
des Klägers durch die Rahmengestaltungen, sondern jedenfalls auch um die Verletzung von Rechten an seinen Werken durch die Verwendung der Rahmen für den Vertrieb von Kunstdrucken dieser Werke. Diese Bestimmung des Verletzungsgegenstandes im damaligen Berufungsverfahren spricht deshalb nicht für, sondern gegen die Ansicht, daû der Schadensersatz nur nach dem auf die bemalten Rahmen entfallenden Gewinn berechnet werden sollte.

b) Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Vergleichsurkunde spricht zwar eine Vermutung (vgl. BGH, Urt. v. 5.2.1999 - V ZR 353/97, NJW 1999, 1702, 1703; Urt. v. 18.1.2001 - I ZR 175/98, GRUR 2001, 1164, 1165 = WRP 2001, 931 - buendgens; Urt. v. 13.12.2001 - IX ZR 306/00, Umdruck S. 17, jeweils m.w.N.). Das Berufungsgericht ist aber im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, daû auch Umstände auûerhalb der Urkunde für die Auslegung zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.2001 - IX ZR 358/00, NJW 2001, 3327, 3328 m.w.N.). Obwohl für die Auslegung der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maûgebend ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.2.2000 - I ZR 141/97, GRUR 2000, 866, 868 = WRP 2000, 1306 - Programmfehlerbeseitigung ), können dabei auch Umstände aus Vorverhandlungen herangezogen werden, falls eine vom objektiven Erklärungsinhalt abweichende Willensübereinstimmung noch bei Abschluû des Vertrages bestand (vgl. BGH, Urt. v. 17.1.1997 - V ZR 285/95, NJW 1997, 1231, 1232; Urt. v. 19.12.2001 - XII ZR 281/99, Umdruck S. 8). Solche Umstände, die gegen eine Auslegung des Vergleichs nach seinem Wortlaut sprechen könnten, liegen hier aber - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht vor.
Mit Anwaltsschreiben vom 20. Januar 1998 hat die Beklagte angeboten, die Hälfte des Gewinns aus dem Vertrieb der Rahmen an den Kläger abzufüh-
ren. Für die Ansicht des Berufungsgerichts, der Klägervertreter habe mit seinem Schreiben vom 9. Februar 1998 (so richtig statt 13.2.1998) diesen Vergleichsvorschlag aufgegriffen und auch aus seiner eigenen Sicht lediglich geringfügig abgeändert, fehlt eine tragfähige Grundlage. Das Schreiben vom 9. Februar 1998 nimmt nicht auf den Vergleichsvorschlag vom 20. Januar 1998 Bezug, sondern auf ein im Verfahren nicht vorgelegtes Schreiben vom 6. Februar 1998, über dessen Inhalt nichts vorgetragen worden ist. Das Berufungsgericht hat zudem übergangen, daû der Klägervertreter bereits mit Schreiben vom 26. Januar 1998 auf das Vergleichsangebot geantwortet hatte. In diesem war der Gewinn, der hälftig an den Kläger herausgegeben werden sollte, bereits mit denselben Worten umschrieben wie später im Vergleich. Darin lag jedenfalls eine unübersehbare Absage an die Bestimmung des herauszugebenden Gewinns in dem Angebot der Beklagten. Für die Annahme des Berufungsgerichts, die Parteien hätten sich auf die Gewinndefinition der Beklagten geeinigt, weil sich der Kläger in seinem Vergleichsangebot vom 9. Februar 1998 mit dieser einverstanden erklärt habe, fehlt somit eine Grundlage. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daû in diesem Schreiben davon die Rede ist, es werde eine "gegen Ihren Vorschlag etwas ergänzte" Vereinbarung angeboten. Über Art und Umfang der "Ergänzung" war damit nichts Entscheidendes gesagt; der Klägervertreter konnte vielmehr davon ausgehen , daû sein geändertes Vergleichsangebot von der Gegenseite eingehend geprüft werde. Aus der maûgeblichen Sicht des Klägers hat die Beklagte danach mit der Annahme des Vergleichsangebots ihren noch im Schreiben vom 20. Januar 1998 vertretenen Standpunkt, wie der Verletzergewinn zu berechnen sei, aufgegeben.
Das Berufungsgericht durfte allerdings auch nachvertragliche Äuûerungen der Parteien für die Auslegung der Vergleichsvereinbarung als Indiz heranziehen (vgl. BGH, Urt. v. 24.5.2000 - VIII ZR 329/98, ZIP 2000, 1385, 1389 = WM 2000, 1648 m.w.N.). Es hat jedoch das Schreiben des anwaltlichen Vertreters des Klägers vom 12. Juni 1998 unzutreffend gewürdigt. In diesem Schreiben wird zwar eingangs dargelegt, es bestehe Einigkeit mit der Gegenseite , daû der kausal durch die Rechtsverletzung erzielte Gewinn hälftig an den Kläger zu zahlen sei. Unmittelbar anschlieûend wird aber dargelegt, daû sich dieser Gewinn "aus dem Verkaufspreis des Bildes in dem bemalten Bildrahmen abzüglich der dafür anfallenden Kosten" errechne.

c) Das Berufungsgericht hat weiterhin im Ansatz zutreffend bei seiner Auslegung berücksichtigt, daû die Parteien darin übereinstimmten, es solle entsprechend der Regelung in § 97 Abs. 1 UrhG der durch die Urheberrechtsverletzung verursachte Gewinn hälftig herausgegeben werden. Das Berufungsgericht hat aber die Rechtslage unzutreffend beurteilt und deshalb bei seiner Entscheidung auch den Auslegungsgrundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 91/99, WRP 2002, 221, 223 - Rücktrittsfrist; Urt. v. 7.11.2001 - VIII ZR 213/00, NJW 2002, 506; Urt. v. 13.12.2001 - IX ZR 306/00, Umdruck S. 14, jeweils m.w.N.) verletzt.
Gegenstand des Vergleichs waren rechtshängige Schadensersatzansprüche des Klägers wegen Urheberrechtsverletzungen in zweifacher Hinsicht: Zum einen wegen rechtswidriger Verwertung von Bearbeitungen der Werke des Klägers ohne dessen Einwilligung, zum anderen wegen der Beeinträchtigung seiner Urheberpersönlichkeitsrechte.

(1) Für die Beurteilung der Frage, ob diese Schadensersatzansprüche dem Grunde nach bestanden, war für die Parteien das zuvor ergangene - damals noch nicht rechtskräftige - Teilurteil des Landgerichts vom 2. Oktober 1997 eine maûgebliche Grundlage.
aa) Das Landgericht hat in seinem Teilurteil angenommen, daû der Vertrieb von Kunstdrucken der Werke "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" in den von dritter Hand gestalteten Rahmen ohne Einwilligung des Klägers eine rechtswidrige Verwertung von Bearbeitungen war (§ 23 UrhG).
Das Landgericht hat dazu ausgeführt, daû die Wesenszüge der Originale in den Bemalungen in der Weise durchschimmerten, daû sich die Bilder nach dem Eindruck eines unvoreingenommenen Betrachters zumindest teilweise über den Bildrand hinaus in den Rahmen fortsetzten. Bei dem Bild "Die vier Einsamkeiten" befinde sich in der Bildmitte eine wasserartige blaue Fläche mit schwarzen, wellenförmigen Linien, in die baumartige, schwarz-weiû gehaltene Figuren eingesetzt seien. Diese Farben und Figuren fänden sich auch - in gleicher Höhe wie im Bild - auf dem rechten und dem linken Teil des Rahmens. Rechteckige Kästchen im unteren Bildteil, die teils einfarbig, teils mehrfarbig ausgemalt seien, entsprächen ähnlichen Kästchen im unteren Rahmenteil. Auf diesem sei - wie unten im Bild - ein Gelbton vorherrschend.
Für das Bild "Hundertwasser-Haus in Wien" gelte Entsprechendes. Hier setze sich die in einem Weiûton gehaltene Fläche im linken unteren Teil des
Bildes in den Rahmen hinein fort, so daû der Eindruck einer viel gröûeren fre ien Straûenfläche als auf dem Bild selbst entstehe. Zwei Gebäuden mit Zwiebeltürmen , die auf dem Bild zu sehen seien, entspreche auf dem linken Rahmenteil ein weiteres Gebäude mit einem Zwiebelturm.
Ein unvoreingenommener Betrachter könne auf den Gedanken kommen, der Kläger selbst habe auch die Rahmen der beiden Bilder gemalt. Die Bilder seien von der Beklagten ersichtlich in den Zusammenhang von "Gesamtkunstwerken" gestellt worden.
Aus dieser Beurteilung des Landgerichts, der das Berufungsgericht zugestimmt hat, ergibt sich, daû dem Kläger gegen die Beklagte wegen des Vertriebs seiner Bilder in den von dritter Hand bemalten Rahmen Ansprüche aus § 97 Abs. 1, § 23 Satz 1 UrhG zustanden.
Eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 UrhG kann auch dann vorliegen, wenn das abhängige Werk das benutzte - wie dies hier der Fall ist - als solches unverändert wiedergibt. Das urheberrechtlich geschützte Werk ist die persönliche geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG. Es ist ein Immaterialgut, das im Werkstück lediglich konkretisiert wird (vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 2 Rdn. 10). Es ist deshalb nicht entscheidend, ob für die Bearbeitung das Original oder ein sonstiges Werkstück in seiner Substanz verändert wurde. Bei einer Übernahme eines Werkes ohne jede Änderung wird allerdings regelmäûig eine Umgestaltung des Werkes zu verneinen sein (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1989 - I ZR 14/88, GRUR 1990, 669, 673 - Bibelreproduktion; vgl. auch Schricker/Loewenheim aaO § 23 Rdn. 6; Ahlberg in Möhring/Nicolini, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., § 23
Rdn. 11). Eine Bearbeitung ist aber dann anzunehmen, wenn ein geschütztes Werk in ein neues "Gesamtkunstwerk" derart integriert wird, daû es als dessen Teil erscheint. Dies ist bei Zugrundelegung der Feststellungen des Landgerichts hier der Fall. Nach diesen sind Bild und Rahmen in den beiden Fällen, die Gegenstand des Rechtsstreits sind, schon deshalb nach dem Gesamteindruck ein einheitliches Ganzes, weil die Ausgestaltung der Rahmen jeweils eine Bearbeitung eigenschöpferischer Elemente der Bilder ist.
bb) Aus den vom Landgericht getroffenen Feststellungen ging weiter zweifelsfrei hervor, daû die Verwendung von Rahmen, deren Bemalung als Erweiterung der Bilder wirke, die Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers an den betroffenen Werken "Die vier Einsamkeiten" und "Hundertwasser-Haus in Wien" verletzt hat (§ 14 UrhG).
Eine Beeinträchtigung der berechtigten geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk im Sinne des § 14 UrhG setzt nicht notwendig voraus, daû das Werk selbst verändert wird. Es genügt, wenn die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk - ohne inhaltliche Änderung des Werkes - durch Form und Art der Werkwiedergabe und -nutzung beeinträchtigt werden (vgl. BGH, Urt. v. 2.10.1981 - I ZR 137/79, GRUR 1982, 107, 109 f. - Kirchen-Innenraumgestaltung; vgl. auch BGH, Urt. v. 1.10.1998 - I ZR 104/96, GRUR 1999, 230, 232 - Treppenhausgestaltung; vgl. weiter v. Gamm, Urheberrechtsgesetz, § 14 Rdn. 8; Schricker/Dietz aaO § 14 Rdn. 21, 23 ff.; Hertin in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 14 Rdn. 8 f.; Federle, Der Schutz der Werkintegrität gegenüber dem vertraglich Nutzungsberechtigten im deutschen und USamerikanischen Recht, 1998, S. 41 f.). Eine derartige Beeinträchtigung ist je-
denfalls dann anzunehmen, wenn - wie hier - ein geschütztes Werk mit Zutaten von dritter Hand zu einem "Gesamtkunstwerk" vereinigt wird, das unbefangene Betrachter ohne weiteres insgesamt als Werk des Urhebers des Originalwerkes ansehen können. Durch ein solches Vorgehen wird das wesentliche Interesse des Urhebers verletzt, sich und seinem Werk nicht fremde Gestaltungen zurechnen lassen zu müssen (vgl. BGH, Urt. v. 13.10.1988 - I ZR 15/87, GRUR 1989, 106, 108 - Oberammergauer Passionsspiele II; BGH GRUR 1999, 230, 232 - Treppenhausgestaltung). Unerheblich ist dabei, ob die Umgestaltung der Werke durch ihre Erweiterung zu "Gesamtkunstwerken" aus Bild und Rahmen künstlerisch gelungen ist (vgl. BGH GRUR 1989, 106, 107 - Oberammergauer Passionsspiele II; BGH GRUR 1999, 230, 232 - Treppenhausgestaltung; Schricker/Dietz aaO § 14 Rdn. 21 m.w.N.).
(2) Die Schadensersatzansprüche des Klägers richteten sich gemäû § 97 Abs. 1 UrhG jeweils - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - bei einem Verlangen von Schadensersatz in Form der Herausgabe des Verletzergewinns nicht nur auf den Gewinn aus dem Verkauf der von dritter Hand bemalten Rahmen, sondern auf den Gewinn aus dem Verkauf der Bilder in den Rahmen.
aa) Wegen der rechtswidrigen Verwertung einer Bearbeitung kann Schadensersatz durch Herausgabe des Verletzergewinns nur insoweit verlangt werden, als der Gewinn auf der unbefugten Benutzung des geschützten Gutes beruht (vgl. BGH, Urt. v. 10.7.1986 - I ZR 102/84, GRUR 1987, 37, 39 f. - Videolizenzvertrag; Lütje in Möhring/Nicolini aaO § 97 Rdn. 174 m.w.N.). Im Streitfall steht jedoch - wie dargelegt - nicht nur eine rechtswidrige Verwertung von Rahmen, die in Bearbeitung der Werke des Klägers gestaltet sind, in Re-
de. Es geht vielmehr auch um eine rechtswidrige Verwertung der benutzten Werke selbst, die nach der rechtsfehlerfreien Beurteilung der Vorinstanzen durch ihre Einbeziehung in neue "Gesamtkunstwerke" aus Bild und Rahmen bearbeitet worden sind. Dabei ist es nach der Lebenserfahrung - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - sehr wahrscheinlich, daû der Gewinn der Beklagten dadurch mitverursacht worden ist, daû der Verkauf der Kunstdrucke, der als solcher zulässig gewesen wäre, durch die Einbeziehung der Bilder in neue "Gesamtkunstwerke" aus Bild und Rahmen wesentlich gefördert worden ist. Ein in dieser Weise erzielter Gewinn war im Fall einer Schadensersatzpflicht neben dem Gewinn aus dem Verkauf der Rahmen als solcher herauszugeben (vgl. dazu auch - zum Patentrecht - BGH, Urt. v. 29.5.1962 - I ZR 132/60, GRUR 1962, 509, 512 - Dia-Rähmchen II; vgl. weiter Schrikker /Wild aaO § 97 Rdn. 67; Delahaye, GRUR 1986, 217, 218 m.w.N.). Die Höhe des durch die Rechtsverletzung erzielten Gewinnanteils hätte gegebenenfalls geschätzt werden können (vgl. dazu - zum Wettbewerbsrecht - BGHZ 119, 20, 30 f. - Tchibo/Rolex II).
bb) Ein Schadensersatz wegen der Verletzung der Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers an seinen Werken war bei der Bemessung nach dem Verletzergewinn ebenfalls auf der Grundlage des Gewinns aus dem Verkauf der Bilder in den Rahmen zu ermitteln.
Die Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts als eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts (§§ 12 ff. UrhG) verpflichtet gemäû § 97 Abs. 1 UrhG zum Ersatz des dadurch entstandenen materiellen Schadens. Nach § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG kann auch Schadensersatz in der Form der Herausgabe des Verletzergewinns verlangt werden (vgl. v. Gamm aaO
§ 97 Rdn. 4, 36; Schricker/Wild aaO § 97 Rdn. 2; Lütje in Möhring/Nicolini aaO § 97 Rdn. 46; Hertin in Fromm/Nordemann aaO § 97 Rdn. 3). Dabei war hier davon auszugehen, daû die Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers nicht nur durch den Verkauf der Rahmen als solcher, sondern durch den Verkauf der Bilder in den Rahmen verletzt worden sind. Dementsprechend ging es im Streitfall bei der vergleichsweisen Regelung des Schadensersatzanspruchs um die Schätzung, welcher Anteil des Gewinns gegebenenfalls aufgrund dieser Rechtsverletzung erzielt worden ist. Insoweit gelten dieselben Erwägungen wie für die rechtswidrige Verwertung der Bilder in den Rahmen als Bearbeitungen der Werke des Klägers.
cc) Die Regelung in Nr. 2 des Vergleichs, daû die Beklagte nicht berechtigt sein sollte, bei der Ermittlung des Gewinns Schadensersatzzahlungen an ihre Abnehmer abzuziehen, spricht - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht dagegen, daû sich die Parteien darauf geeinigt haben, den Schadensersatz anhand des Gewinns aus dem Verkauf der Bilder in den Rahmen zu bemessen. Eine solche vertragliche Regelung steht vielmehr auch in Einklang mit der sich aus § 97 Abs. 1 UrhG ergebenden Rechtslage.
Die Leistung von Schadensersatz soll den Verletzer nicht so stellen, als habe er rechtmäûig gehandelt (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.1993 - I ZR 148/91, GRUR 1993, 899, 901 - Dia-Duplikate); auch seine Abnehmer werden dadurch nicht in eine Lage versetzt, als hätten sie ihre Vereinbarungen mit einem Berechtigten getroffen. Mit Schadensersatzzahlungen an seine Abnehmer erledigt der Verletzer demgemäû nur eigene Angelegenheiten. Bei der Bemessung des Schadensersatzes anhand des Verletzergewinns wird fingiert, daû der Rechtsinhaber ohne die Rechtsverletzung durch Verwertung seines Schutz-
rechts den gleichen Gewinn wie der Verletzer erzielt hätte (vgl. BGHZ 145, 366, 372 - Gemeinkostenanteil). Dieser Gewinn wäre jedoch nicht durch Schadensersatzzahlungen an die Abnehmer geschmälert worden. Dieses Ergebnis folgt auch aus dem Gedanken, daû der Verletzer letztlich so zu behandeln ist, als habe er in angemaûter Geschäftsführung nach § 687 Abs. 2 BGB gehandelt mit der Folge, daû er Ersatz seiner Aufwendungen gemäû § 687 Abs. 2 Satz 2, § 684 Satz 1 BGB nur nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verlangen kann (vgl. BGHZ 145, 366, 371 f., 374 - Gemeinkostenanteil). Für Schadensersatzzahlungen an ihre Abnehmer dafür, daû diese gehindert sind, die erworbenen Kunstdrucke in den bemalten Rahmen weiterzuveräuûern, hätte die Beklagte aber nicht Aufwendungsersatz verlangen können, weil der Kläger durch solche Zahlungen nicht bereichert worden ist.
dd) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann danach keine Rede davon sein, daû sich die Beklagte bei einer Auslegung des Vergleichs im Sinne des Klägervorbringens zur Erstattung eines Betrages verpflichtet hätte, der den nach § 97 Abs. 1 UrhG zu leistenden Schadensersatz um mehr als das Zehnfache überstiegen hätte. Der Vereinbarung, daû nur die Hälfte des Gewinns aus dem Verkauf der Bilder in den bemalten Rahmen herauszugeben sei, liegt vielmehr der Sache nach schon eine Schätzung zugrunde, in welchem Umfang dieser Gewinn auf die Rechtsverletzungen zurückzuführen ist, sowie die Berücksichtigung einer Restunsicherheit hinsichtlich der Feststellung der Rechtsverletzungen selbst, die sich daraus ergab, daû das landgerichtliche Teilurteil bei Abschluû des Vergleichs noch nicht rechtskräftig geworden war. Der Abschluû des Vergleichs war danach auch bei seiner Auslegung entspre-
chend seinem Wortlaut eine für beide Seiten sinnvolle Regelung, um das Verfahren in einer Zeit und Kosten sparenden Weise zu beenden.
3. Die Auslegung des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daû der von den Parteien geschlossene Vergleich über die Höhe des Schadensersatzes entsprechend dem Wortlaut der Vereinbarung auszulegen ist. Weitere tatsächliche Feststellungen kommen nicht mehr in Betracht. Die Verfahrensrüge der Revision des Klägers, das Berufungsgericht habe sein Beweisangebot übergangen, seinen anwaltlichen Vertreter zum Inhalt der Vergleichsverhandlungen als Zeugen zu vernehmen , hat der Senat geprüft und als nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
II. Die Berechnung des Schadensersatzes auf der Grundlage der Auskunft der Beklagten ist unstreitig. Der Zinsanspruch ist gemäû § 288 BGB a.F. begründet. Die Beklagte wurde vom Kläger mit Schreiben vom 19. Mai 1998 unter Fristsetzung bis zum 2. Juni 1998 zur Zahlung aufgefordert und befindet sich demgemäû seit Ablauf dieser Frist in Verzug.
D. Auf die Revision des Klägers war danach das Berufungsurteil aufzuheben und auf seine Berufung das Schluûurteil des Landgerichts abzuändern. Der Zahlungsklage war stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 193/00 Verkündet am:
10. Oktober 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Filmauswertungspflicht
Zum Inhalt der Auswertungspflicht bei einem Filmverleihvertrag.
BGH, Urt. v. 10. Oktober 2002 - I ZR 193/00 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm und
Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 31. Mai 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Klage abgewiesen hat.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte stellt Spielfilme her und vertreibt sie. Die Klägerin ist ein Filmverleih.
Durch Lizenzvertrag vom 12. Dezember 1994, dem ein sog. Deal Memo vom 11. Februar 1993 vorausgegangen war, übernahm es die Klägerin, die von
der Beklagten vertriebenen Filme an Lichtspieltheater zu vermieten. Nach die- sen Vereinbarungen waren die Kosten der Werbung zunächst von der Klägerin zu bezahlen, letztlich aber von der Beklagten zu tragen, weil sie - nach Abzug der Vertriebsprovision der Klägerin (15 % der Einnahmen nach Steuern) - aus den Einspielerlösen zu decken waren.
In den Jahren 1995 und 1996 produzierte die Beklagte mit der A. GmbH den Film "D. ", eine Neuverfilmung des bekannten Kinderbuchs von C. . Der Film wurde mit einem Aufwand von etwa 30 Mio. DM als Film für Familien mit Kindern, der auch Erwachsene ansprechen sollte, hergestellt.
Am 3. Oktober 1996 begann die Kinovorführung des Films mit 296 Filmkopien. Im Hinblick auf die guten Einspielergebnisse der ersten Woche bat die Klägerin die Beklagte um Zustimmung zum Einsatz weiterer 59 Kopien. In der zweiten Woche wurden 320, in der siebten Woche 358 Kopien eingesetzt. Die Auswertungsergebnisse in der Zeit vom 3. Oktober 1996 bis zum 8. Januar 1997 sind in der Anlage K 12 dargestellt.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 1996 warf die Beklagte der Klägerin eine Verletzung des Lizenzvertrags vor, weil sie die Zahl der Kinovorführungen nur unzureichend überprüfe. Sie bat "dringend, Anweisungen an die Filialen zu geben , ab Donnerstag, den 31. Oktober 1996, den Film in mindestens drei Vorstellungen in allen mittleren und großen Orten sowie in mindestens zwei Vorstellungen auch unter der Woche in kleineren Orten wieder zum Einsatz zu bringen". In Schreiben vom 28. Oktober sowie vom 4. und 8. November 1996 beanstandete die Beklagte weiter in schärfer werdendem Ton, daß sich die Klägerin nur unzureichend darum bemühe, die Zahl der Kinovorstellungen wieder zu erhöhen. Die Klägerin übersandte mit Schreiben vom 13. November
1996 einen Plan für den Einsatz des Films in den wichtigsten Städten ab dem 14. November 1996, mit dem sich die Beklagte einverstanden erklärte.
Der Klägerin stand aus der Zusammenarbeit mit der Beklagten gegen diese eine Forderung in Höhe von 92.148,09 DM zu. Bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit des vorliegenden Rechtsstreits ermäßigte sich die Forderung um 3.695,45 DM und bis zum Erlaß des landgerichtlichen Urteils um weitere 2.875,65 DM.
Die Klägerin hat am 27. März 1998 einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg über den Betrag ihrer ursprünglichen Forderung von 92.148,09 DM (zuzüglich Zinsen) erwirkt, gegen den die Beklagte fristgerecht Einspruch eingelegt hat.
Die Klägerin hat den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich eines Teilbetrags von 6.571,29 DM für erledigt erklärt und beantragt,
den Vollstreckungsbescheid hinsichtlich des 85.576,80 DM übersteigenden Betrages aufzuheben und im übrigen den Einspruch der Beklagten zurückzuweisen. Die Beklagte hat entgegnet, die Klägerin habe sich ihr gegenüber durch unzureichende und unprofessionelle Auswertung des Films schadensersatzpflichtig gemacht. Die Klägerin sei - auch wegen der beträchtlichen Herstellungskosten des Films und des hohen Werbebudgets von letztlich 2.782.000 DM - zu einer bestmöglichen Auswertung des Films verpflichtet gewesen. Zumindest in der ersten Woche hätte die Klägerin deshalb den Film in allen Kinos in den Nachmittagsvorstellungen und in den Abendvorstellungen (20 Uhr bzw. 20.30 Uhr) vorführen lassen müssen und auf eine Vorführung des Films in den Abendvorstellungen frühestens nach Vorliegen der Einspielergeb-
nisse des ersten Wochenendes verzichten dürfen. Jedenfalls in den ersten drei Wochen sei die Klägerin verpflichtet gewesen, den Film in den Nachmittagsvorstellungen (einschließlich der Vorstellung um 18 Uhr), d.h. täglich zumindest in zwei Vorführungen, zeigen zu lassen. Tatsächlich sei der Film jedoch nur in den Mittags- und den frühen Nachmittagsstunden vorgeführt worden, in vielen Kinos täglich nur in einer Vorstellung und dies häufig schon um 13 Uhr. Die Klägerin habe ihr gegenüber den Kinobesitzern bestehendes Recht, die Anzahl und den Zeitpunkt der Vorstellungen zu bestimmen, in den ersten drei Wochen nur unzureichend ausgeübt. Durch die unzulängliche Auswertung des Films sei der Beklagten ein Schaden von mindestens 900.000 DM entstanden. Mit ihrem behaupteten Schadensersatzanspruch hat die Beklagte gegen die Klageforderung aufgerechnet.
Die Klägerin hat demgegenüber vorgebracht, sie habe sich um eine bestmögliche Filmauswertung bemüht. Der Film sei nur für Vorstellungen um 16 Uhr oder früher geeignet gewesen; er sei vielfach täglich in zwei bis drei Vorstellungen und am Wochenende in zusätzlichen Vorstellungen gezeigt worden. Die Klägerin hat weiter behauptet, sie habe die Vorführung des Films nie bewußt auf eine Vorstellung pro Tag beschränkt; in kleinen Orten sei allerdings gegen eine solche Einschränkung nichts einzuwenden. Sie könne die Kinobetreiber nicht zwingen, einen Film zu bestimmten Zeiten vorzuführen. Diese seien zwar vertraglich verpflichtet, in einer Zeit von drei bis fünf Wochen feste Vorstellungstermine einzuhalten; es sei aber nicht üblich, solche Ansprüche geltend zu machen, da jedes Verleihunternehmen auf eine gute Zusammenarbeit mit den Kinobesitzern angewiesen sei. Im übrigen habe sich die Beklagte in ihren Schreiben vom 27. September und 13. November 1996 mit den Auswertungsplänen der Klägerin einverstanden erklärt. Die Schadensersatzforderung der Beklagten sei schließlich auch der Höhe nach nicht nachvollziehbar.
Das Landgericht hat den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg vom 27. März 1998 hinsichtlich eines Teilbetrags von 85.576,80 DM (mit Zinsen) aufrechterhalten und im übrigen aufgehoben. Hinsichtlich eines Teilbetrags von 2.875,65 DM hat es die Erledigung der Hauptsache festgestellt. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat sich die Forderung der Klägerin aufgrund weiterer Einspielerlöse auf 75.604,60 DM ermäßigt. Hinsichtlich des übersteigenden Betrags haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren Widerklage auf Verurteilung der Klägerin zur Auskunftserteilung erhoben.
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil und den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Widerklage hat es gleichfalls abgewiesen (OLG München ZUM 2000, 1093).
Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin gegen die Abweisung ihrer Klage durch das Berufungsgericht. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die Beklagte befugt gewesen sei, gegen die ihrer Höhe nach unstreitige Klageforderung aufzurechnen. Ihr stehe gegen die Klägerin wegen Verletzung der Pflicht aus dem Lizenzver-
trag vom 12. Dezember 1994, den Film "D. " auszuwerten, zu- mindest für die Zeit vom 10. bis 23. Oktober 1996 ein Schadensersatzanspruch zu, dessen Höhe die Klageforderung übersteige.
Da der Lizenzvertrag die Auswertungspflicht der Klägerin nicht ausdrücklich regele, sei der Inhalt dieser Pflicht nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen zu bestimmen. Die Klägerin hätte auf das Interesse der Beklagten Rücksicht nehmen müssen, mit der Kinoauswertung einen Teil der für die Filmherstellung aufgewendeten Gelder einzuspielen, um insgesamt einen Gewinn zu erwirtschaften. Sie sei demgemäß zu einer Auswertung verpflichtet gewesen, die ein optimales wirtschaftliches Ergebnis ermöglicht hätte. Dies habe auch in ihrem eigenen Interesse gelegen, obwohl sie in einem Fall der vorliegenden Art, in dem die Beklagte die gesamten Herausbringungskosten zu tragen habe, auch durch den Vertrieb anderer Filme habe Gewinn machen können.
Die Klägerin sei danach verpflichtet gewesen, den Film in den ersten Wochen in möglichst vielen Vorstellungen einzusetzen. Durch die dem Filmstart vorausgegangene und ihn begleitende Werbung sei mit erheblichen Kosten versucht worden, das Publikumsinteresse zu wecken, das dann auch hätte befriedigt werden müssen. Dies wäre auch deswegen von großer Bedeutung gewesen , weil eine gute Publikumsresonanz am Anfang einem Film auch in den folgenden Wochen eine höhere Zahl von Zuschauern verschaffen könne.
Ihre Pflicht zur optimalen Auswertung des Films habe die Klägerin - aus welchen Gründen auch immer - jedenfalls in der zweiten und dritten Auswertungswoche in schwerwiegender Weise verletzt. Es könne als zutreffend unterstellt werden, daß die in der ersten Woche erzielten Vorführungszahlen - wie die Klägerin vortrage - einer vertragsgemäßen Filmauswertung entsprochen
hätten. Auch insoweit verblieben allerdings Bedenken; immerhin sei aber das Ergebnis des ersten Wochenendes (143.536 Besucher, Kinoeinnahmen von 1.317.144 DM) von den Parteien übereinstimmend als gut bewertet worden.
In der zweiten Woche sei die Zahl der Vorführungen trotz einer Erhöhung der Anzahl der eingesetzten Kopien um 15 % zurückgegangen, die Besucherzahl um 17 % (von 186.409 auf 154.393). Die Zahl der Vorführungen pro Kopie und Woche sei von 15,6 auf 12,3 und pro Tag von 2,3 auf 1,8 gesunken.
Trotz einer weiteren Erhöhung der Anzahl der eingesetzten Kopien sei die Zahl der Vorführungen in der dritten Woche weiter um 14 % abgesunken, die Anzahl der Vorführungen pro Kopie und Woche auf 10,1 und die Zahl der Vorführungen pro Kopie und Tag auf 1,4. Die Besucherzahl sei mit 150.155 nahezu konstant geblieben.
Die Verringerung der Zahl der Vorführungen in der zweiten und dritten Woche habe die Klägerin nicht ausreichend erklären können. Den Vorwürfen der Beklagten in ihren Schreiben vom 25. und 28. Oktober sowie vom 4. und 8. November 1996, die Klägerin habe die Vorführungszahlen in nicht gerechtfertigtem Umfang gesenkt, habe diese nicht widersprochen.
Die Klägerin sei wegen ihrer Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet. Bei der Höhe des Schadensersatzanspruchs sei zu berücksichtigen , daß eine Herabsetzung der Zahl der Vorführungen nicht zu einem entsprechenden Rückgang der Besucherzahl führe, da das Publikum zum Teil in die angebotenen Vorführungen ausweiche. Der Einnahmeausfall, der durch die zu geringe Zahl von Vorführungen verursacht worden sei, werde auf mindestens 10 % (260.310 DM) geschätzt. Von entsprechenden Einnahmen hätten der Beklagten - nach Abzug der Vertriebsprovision der Klägerin von 15 % - zur
Deckung der von der Klägerin vorverauslagten Herausbringungskosten und als Gewinnanteil 106.206 DM zugestanden und damit ein die Klageforderung übersteigender Betrag.
II. Die Revisionsangriffe gegen diese Beurteilung haben Erfolg.
Auf das Schuldverhältnis der Parteien findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht - und von der Revision nicht angegriffen - angenommen, daß die Klägerin aufgrund des Lizenzvertrages als Inhaberin eines ausschließlichen Nutzungsrechts auch ohne entsprechende ausdrückliche Regelung verpflichtet gewesen sei, den Film "D. " durch Kinovorführungen auszuwerten.
Bei einem Filmverleihvertrag ist eine Auswertungspflicht auch ohne ausdrückliche Vereinbarung insbesondere dann anzunehmen, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Verteilung des Einspielergebnisses unter den Vertragsparteien vereinbart ist (vgl. BGHZ 2, 331, 335 - Filmverwertungsvertrag; vgl. weiter Schricker/Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl., §§ 31/32 UrhG Rdn. 12; Obergfell, Filmverträge im deutschen materiellen und internationalen Privatrecht , 2001, S. 153; ferner - zum Patentrecht - BGH, Urt. v. 20.7.1999 - X ZR 121/96, GRUR 2000, 138 f. = WRP 1999, 1297 - Knopflochnähmaschinen ; Benkard/Ullmann, Patentgesetz, 9. Aufl., § 15 Rdn. 79; Bartenbach/ Gennen, Patentlizenz- und Know-how-Vertrag, 5. Aufl., Rdn. 1896). Der Umstand , daß die Beklagte auch die sog. Herausbringungskosten (insbesondere die Kosten für die Werbung und die Filmkopien) zu tragen hatte, spricht hier zusätzlich für eine Auswertungspflicht der Klägerin.

Bei einer Verletzung der von ihr danach übernommenen Auswertungspflicht ist die Klägerin nach den Grundsätzen über die Haftung wegen positiver Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 24.9.1979 - KZR 14/78, GRUR 1980, 38, 40 - Fullplastverfahren; Urt. v. 4.3.1982 - I ZR 107/80, NJW 1983, 1188, 1189 - Persönlichkeiten Europas).
2. Die Auslegung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei nach dem Lizenzvertrag verpflichtet gewesen, den Film in einer Weise auszuwerten, die ein optimales wirtschaftliches Ergebnis ermögliche, hält jedoch der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Die Auslegung von Individualvereinbarungen ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung danach, ob gesetzliche Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer acht gelassen worden ist. Leidet die tatrichterliche Auslegung an solchen revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehlern , bindet sie das Revisionsgericht nicht (vgl. BGHZ 150, 32, 37 - Unikatrahmen , m.w.N.). Dies ist hier der Fall, weil das Berufungsgericht den Auslegungsgrundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung (vgl. BGHZ 149, 337, 353; 150, 32, 39 - Unikatrahmen, m.w.N.) nicht beachtet und einseitig die Interessen der Beklagten berücksichtigt hat.

b) Die Klägerin konnte bei angemessener Berücksichtigung auch ihrer Interessen - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht zur bestmöglichen Filmauswertung verpflichtet sein, sondern nur dazu, alle zumutbaren Anstrengungen für eine erfolgreiche Filmauswertung zu unternehmen. Die An-
nahme, die Klägerin sei zur bestmöglichen Auswertung verpflichtet gewesen, d.h. zur Auswertung allein unter dem Gesichtspunkt der Erzielung des höchstmöglichen Ertrags für die Beklagte, berücksichtigt nicht, in welchem Umfang es der Klägerin zumutbar war, eigene - der Beklagten bekannte - Interessen bei der Bemühung um eine möglichst ertragreiche Auswertung zurückzustellen. Die Klägerin macht insoweit unwiderlegt geltend, daß sie als Filmverleih nicht nur die Interessen anderer Filmhersteller, deren Filme sie gleichzeitig im Verleih gehabt habe, habe berücksichtigen müssen, sondern auch im Interesse einer dauerhaften Zusammenarbeit mit den Kinobesitzern nicht rücksichtslos von Rechten zur Bestimmung der Art und des Umfangs von Kinovorführungen hätte Gebrauch machen können.
In die Beurteilung, was der Klägerin an Auswertungsanstrengungen zumutbar war, ist allerdings - wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht - auch einzubeziehen, daß das wirtschaftliche Risiko der Filmauswertung hier mehr als üblich die Beklagte traf, weil diese letztlich die gesamten sog. Herausbringungskosten zu tragen hatte und deshalb besonders auf redliche und wirksame Bemühungen der Klägerin angewiesen war. Dieser Umstand fand auch in Nr. 12 a des Lizenzvertrags seinen Ausdruck, der die Klägerin verpflichtete , ihre Vertriebspläne mit der Beklagten abzustimmen, wobei dieser letztlich die Entscheidung zustand.
3. Die Revision rügt weiter mit Erfolg, daß sich das Berufungsgericht bei der Entscheidung darüber, in welcher Art und Weise der Film auszuwerten war, nicht - wie von der Klägerin beantragt - der Hilfe eines Sachverständigen bedient hat. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, daß das Berufungsgericht diese Frage aus eigener Sachkunde, insbesondere in Kenntnis des in der Branche Üblichen, beurteilen konnte. Es läßt sich vor allem - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - nur mit besonderer Sachkunde beurteilen, ob der
Film "D. " nach den gegebenen Umständen vertragsgemäß nur durch möglichst viele Vorführungen in den ersten Wochen ausgewertet werden konnte.
4. Die Beklagte, die im Wege der Aufrechnung einen Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung geltend macht, trägt die Beweislast dafür, daß die Klägerin objektiv gegen ihre Vertragspflichten verstoßen hat (vgl. BGHZ 61, 118, 120; BGH, Urt. v. 28.9.1989 - VII ZR 152/88, NJW-RR 1990, 28, 29; Urt. v. 11.7.1995 - X ZR 123/92, NJW-RR 1995, 1241, 1242). Dagegen wäre es gegebenenfalls Sache der Klägerin darzulegen und zu beweisen, daß ihr die Erfüllung von Auswertungspflichten, insbesondere auch ein strengeres Vorgehen gegen die mit ihr vertraglich verbundenen Kinobetreiber, unter den gegebenen Umständen unzumutbar geworden ist (vgl. BGH, Urt. v. 18.1.1974 - I ZR 105/72, UFITA 71 [1974] S. 184, 188; Urt. v. 5.1.1962 - I ZR 81/60, Umdruck S. 13 [unveröffentlicht]; Obergfell aaO S. 153; Stumpf/Groß, Der Lizenzvertrag , 7. Aufl., Rdn. 164 f.; Henn, Patent- und Know-how-Lizenzvertrag, 4. Aufl., Rdn. 283; Benkard/Ullmann aaO § 15 Rdn. 82).
5. Die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Höhe des angenommenen Schadensersatzanspruchs der Beklagten kann schon deshalb nicht aufrechterhalten werden, weil nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand noch nicht feststeht, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Klägerin ihre vertragliche Auswertungspflicht verletzt hat. Die Revision rügt jedoch mit Erfolg, daß sich das Berufungsgericht bei der Ermittlung der Grundlagen für seine Schadensschätzung nicht mit dem Vorbringen der Klägerin befaßt hat, die Verringerung der Zahl der Vorstellungen in der zweiten und dritten Auswertungswoche sei jedenfalls durch einen unüblich hohen Einsatz von Filmkopien bis zur neunten Woche ausgeglichen worden.
III. Auf die Revision der Klägerin war danach das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht die Klage abgewiesen hat. In diesem Umfang war die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Büscher
18
aa) Bei der Auslegung ist in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen (BGHZ 150, 32, 37 - Unikatrahmen, mwN). Weiter gilt das Gebot der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 91/99, GRUR 2002, 280, 281 = WRP 2002, 221 - Rücktrittsfrist ; BGH, GRUR 2003, 173, 175 - Filmauswertungspflicht; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 30 Rn. 56) und der Berücksichtigung des durch die Parteien beabsichtigten Zwecks des Vertrages (BGH, Urteil vom 23. Februar 1956 - II ZR 207/54, BGHZ 20, 109, 110; Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 133 Rn. 18).

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)