Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juli 2016 - KZR 69/14

ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:120716UKZR69.14.0
published on 12/07/2016 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juli 2016 - KZR 69/14
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Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
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Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 30. April 2014 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien sind rechtlich und wirtschaftlich unabhängige Unternehmen, die seit mehreren Jahrzehnten unter der Unternehmensbezeichnung "Peek & Cloppenburg" Einzelhandel mit Bekleidung betreiben. Die Klägerin mit Sitz in Hamburg ist mit ihren Filialen im Norden Deutschlands sowie in Nord-Sachsen-Anhalt und Ost-Sachsen (mit Dresden und Chemnitz) tätig. Die Beklagte, die ihren Sitz in Düsseldorf hat, betreibt Kaufhäuser im Westen und Süden Deutschlands sowie in Berlin, Brandenburg, Süd-Sachsen-Anhalt, West-Sachsen und Thüringen. Grundlage dafür ist eine 1992 bestätigte Übereinkunft der Parteien aus dem Jahr 1990, nach der das Bundesgebiet in die Wirtschaftsräume Nord und Süd aufgeteilt ist und keine Partei am Standort der anderen Partei Bekleidungshäuser eröffnet. Ob und inwieweit dieser Vereinbarung weitergehende Regelungen zur Verwendung der Unternehmensbezeichnung "Peek & Cloppenburg" zu entnehmen sind, ist unter den Parteien streitig. Die Parteien haben für ihre Geschäfte überwiegend unabhängig und getrennt geworben. Lediglich von 1996 bis Februar 2000 haben sie gemeinsam bundesweit Werbung in überregionalen Zeitschriften und Zeitungen geschaltet. Nach Ende dieser Zusammenarbeit begann die Beklagte Werbeaktivitäten, die in den Wirtschaftsraum Nord hineinreichten.

2

Im September 2008 ließ die Beklagte in den Zeitschriften "Cosmopolitan", "ELLE", "Myself", "Vogue" und "GQ" einen mehrseitigen Beihefter mit dem Titel "Venice Affaire" erscheinen, bei dem die erste Seite neben einem Modefoto unter der Unternehmensbezeichnung "Peek & Cloppenburg" und der Ortsangabe "Düsseldorf" folgenden Hinweis enthielt:

Es gibt zwei unabhängige Unternehmen Peek & Cloppenburg mit ihren Hauptsitzen in Düsseldorf und Hamburg. Dies ist ausschließlich eine Werbung der Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf, deren Standorte Sie der letzten Seite dieses Beihefters entnehmen können.

3

Die letzte Seite des Beihefters enthielt einen inhaltlich entsprechenden Hinweis mit einer Aufstellung von Standorten der Beklagten. Auf den Innenseiten befand sich jeweils das Unternehmenslogo der Beklagten ohne aufklärenden Hinweis.

4

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe durch die auch im norddeutschen Raum erschienene Werbung die zwischen den Parteien im Hinblick auf ihre Unternehmensbezeichnungen bestehende Gleichgewichtslage gestört. Sie hat die Werbung der Beklagten auch als irreführend beanstandet und geltend gemacht, die Werbung der Beklagten habe gegen die vertraglich vereinbarte Aufteilung der Wirtschaftsräume verstoßen.

5

Die Klägerin hat beantragt,

I.

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, in Printmedien folgende Kennzeichnungen erscheinen zu lassen

1.

Abbildung

2.

Abbildung

3.

Abbildung

wenn dies wie in dem dem Antrag beigefügten Beihefter "Venice Affairs" geschieht und wenn die Printmedien in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, im Wirtschaftsraum Nordhessen, gekennzeichnet durch die Städte Kassel und Göttingen, im Wirtschaftsraum Ost-Westfalen, gekennzeichnet durch die Städte Münster, Bielefeld und Paderborn, im Wirtschaftsraum Ost-Sachsen, gekennzeichnet durch die Städte Dresden und Chemnitz, sowie im Wirtschaftsraum des nördlichen Sachsen-Anhalt, gekennzeichnet durch die Stadt Magdeburg, vertrieben werden.

6

Die Klägerin hat weiter Auskunft (Klageantrag zu II) und die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten (Klageantrag zu III) verlangt.

7

Das Landgericht hat die Beklagte nach dem Klageantrag zu I 2 sowie den hierauf bezogenen Klageanträgen zu II und III verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin und unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert, soweit dieses die Klage abgewiesen hat, und die Beklagte auch insoweit antragsgemäß verurteilt.

8

Mit Urteil vom 24. Januar 2013 (I ZR 61/11, juris) hat der Bundes-gerichtshof das erste Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, soweit die Klage aus dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin und auf Wettbewerbsrecht gestützt worden ist (Klageanträge zu I 1 und I 3 sowie darauf bezogene Anträge zu II und III). Er hat ferner das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage mit dem Klageantrag zu I 2 und den darauf bezogenen Anträgen zu II und III aus dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin und aus Wettbewerbsrecht abgewiesen. Im Hinblick auf den von der Klägerin geltend gemachten vertraglichen Unterlassungsanspruch hat der Bundesgerichtshof die Sache mangels Entscheidungsreife an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

9

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat das Berufungsgericht auf die Berufung der Beklagten die Klage auch insoweit abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, als sie auf die Vereinbarung der Parteien gestützt ist.

10

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

11

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage sei insgesamt unbegründet, weil die nach dem ersten Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs allein noch in Streit stehenden vertraglichen Ansprüche auch dann nicht bestünden, wenn der Vortrag der Klägerin zum Vertragsinhalt als wahr unterstellt werde. Dazu hat es ausgeführt:

12

Eine vertragliche Regelung des von der Klägerin vorgetragenen Inhalts verstoße gegen Kartellrecht und sei daher mindestens teilnichtig. Die Klägerin mache geltend, die Vereinbarung, zu der sie von den damaligen Geschäfts-führern der Parteien unterschriebene, markierte Landkarten aus den Jahren 1990 und 1992 vorlege, enthalte ein Verbot jeglicher Nutzung der Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" sowie "P&C" außerhalb des vertraglich zuerkannten eigenen Wirtschaftsraums. Bei Abschluss der Verein-barung habe kein ernsthafter, objektiv begründeter Anlass zu der Annahme bestanden, den Parteien würden gegeneinander entsprechende Unterlassungs-ansprüche zustehen. Soweit die Vereinbarung, wie die Klägerin behaupte, eine Zeichennutzung außerhalb des eigenen Wirtschaftsgebiets der Parteien schlechthin ausschließe, und damit auch eine Werbung mit klarstellenden Zusätzen der vorliegend beanstandeten Art erfasse, sei sie nach § 1 GWB in der vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung (§ 1 GWB aF) nichtig. Nach den zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung anerkannten Grundsätzen des Gleichnamigenrechts hätte der Klägerin gegen die Werbung der Beklagten kein Anspruch aus § 16 Abs. 1 UWG in der bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Fassung (§ 16 UWG aF) zugestanden, wenn die Beklagte ihrer Werbung Hinweise hinzugefügt hätte, durch die eine Verwechslungsgefahr auf das zumutbare Maß reduziert worden wäre.

13

Weder eine wirksamkeitsfreundliche Auslegung noch eine geltungserhaltende Reduktion der von der Klägerin vorgetragenen Abrede könnten einen vertraglichen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte begründen. Vielmehr komme danach allein ein Verbot der Zeichennutzung außerhalb des eigenen Wirtschaftsraums im Umfang der kennzeichenrechtlichen Verbietungsrechte in Betracht. Unabhängig davon, ob dabei die im Zeitpunkt der jeweiligen Werbung oder die bei Abschluss der Abgrenzungsvereinbarung geltenden kennzeichenrechtlichen Regelungen zugrunde zu legen seien, bestehe bezüglich der beanstandeten Werbung kein Verbietungsrecht.

14

II. Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob die von den Parteien vereinbarte Gebietsaufteilung einschließlich der Einbeziehung der neuen Bundesländer kartellrechtlich zulässig ist und ob das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang den Einschätzungsspielraum der Parteien zutreffend bestimmt hat, der im Hinblick auf die zeichenrechtliche Beurteilung der Kollisionslage bei Abschluss einer kennzeichenrechtlichen Abgrenzungsvereinbarung besteht (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010  KZR 71/08, WuW/E DER 3275 Rn. 19  Jette Joop). Denn schon auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin zum Inhalt der Vereinbarung kommt ein vertraglicher Unterlassungsanspruch gegen die beanstandete Werbung nicht in Betracht.

15

1. Vertragliche Ansprüche sind allerdings nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Vereinbarung mit dem von der Klägerin behaupteten Inhalt das Schriftformerfordernis des bis zum 31. Dezember 1998 geltenden § 34 GWB aF nicht erfüllt, was die Nichtigkeit wegen Formmangels (§ 125 BGB) zur Folge hätte. § 34 GWB aF gilt nicht für kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen. Das Schriftformerfordernis erfasst ausdrücklich nur Kartellverträge und Kartellbeschlüsse (§§ 2 bis 8 GWB aF) sowie Verträge, die Beschränkungen der in den §§ 16, 18, 20 und 21 GWB aF bezeichneten Art enthalten. Soweit zeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen mit § 1 GWB vereinbare Wettbewerbsbeschränkungen enthalten, handelt es sich indes um eine tatbestandliche Reduktion des Kartellverbots. Soweit ein Verstoß gegen Kartellrecht vorliegt, ist eine Abgrenzungsvereinbarung bereits nach § 1 GWB aF unwirksam.

16

2. Die Klägerin hat keinen Inhalt der Vereinbarung der Parteien dargetan, aus dem sich ein vertraglicher Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die beanstandete Werbung der Beklagten ergeben könnte.

17

a) Die Klägerin hat vorgetragen, die Parteien hätten sich in den Jahren 1990 und 1992 gemäß der ohnehin schon gelebten, auf mündliche Absprachen zurückgehenden Praxis darauf geeinigt, zur Vermeidung von Irreführungen und kennzeichenrechtlichen Auseinandersetzungen im Einzelhandel mit Bekleidung und Accessoires unter den Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" in Alleinstellung nur in ihren jeweiligen Wirtschaftsräumen tätig zu werden. Diese Vereinbarungen seien jeweils in Gestalt einer Landkarte festgehalten worden. Eine Einigung der Parteien darüber, im Einzelhandel mit Bekleidung und Accessoires jeweils unter einem ganz anderen Namen oder nur unter "Peek & Cloppenburg" und "P&C" in Verbindung mit einem unterscheidungskräftigen Zusatz aufzutreten, habe dagegen nicht erzielt werden können.

18

b) Die danach vereinbarte Beschränkung der Tätigkeit der Parteien unter den Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" in Alleinstellung auf den jeweiligen Wirtschaftsraum mag, wie die Klägerin meint, nicht nur den Betrieb von Bekleidungshäusern, sondern grundsätzlich auch Werbemaßnahmen umfasst haben. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass die Parteien eine Vereinbarung darüber getroffen haben, unter welchen konkreten Voraussetzungen der Auftritt einer Partei im Wirtschaftsraum der jeweils anderen zulässig sein sollte, bei dem die Unternehmenskennzeichen nicht in Alleinstellung, sondern mit Zusätzen benutzt werden.

19

aa) Die Klägerin beruft sich insoweit darauf, dass die Parteien mit ihrer Vereinbarung die für die Beschränkung gebietsübergreifender Tätigkeit Gleichnamiger geltenden rechtlichen Grenzen beachten wollten. Ein vollständiges Verbot der Tätigkeit im jeweils anderen Wirtschaftsgebiet sei nicht vereinbart worden. Vielmehr habe eine gebietsübergreifende Werbung bei Verwendung unterscheidungskräftiger Zusätze zu den Unternehmenskennzeichen zulässig sein sollen. Entsprechend dem damaligen Stand der Rechtsprechung habe hierzu ein bloßer aufklärender Hinweis, wie ihn der Bundesgerichtshof im ersten Revisionsurteil für ausreichend erachtet habe, nicht genügt; vielmehr habe die Unternehmenskennzeichnung selbst einen Zusatz enthalten müssen, der die Unterscheidung der beiden das Zeichen "Peek & Cloppenburg" führenden Unternehmen ermöglicht.

20

bb) Mit diesem von der Klägerin vorgetragenen Inhalt verhält sich die Vereinbarung der Parteien jedoch nicht zu Werbemaßnahmen im jeweils anderen Wirtschaftsgebiet, bei denen - wie im Streitfall - die Unternehmens-kennzeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" mit solchen aufklärenden Hinweisen benutzt werden, die eine Verwechslungsgefahr ausräumen oder jedenfalls auf ein nach dem Recht der Gleichnamigen hinzunehmendes Maß mindern.

21

(1) Die Parteien haben keine ausdrückliche Regelung getroffen, aus der sich abschließend die Voraussetzungen ergeben, unter denen sie jeweils im Wirtschaftsgebiet der anderen Partei tätig werden konnten. Dies macht auch die Klägerin nicht geltend.

22

(2) Ein Verbot der beanstandeten Werbung mit aufklärendem Hinweis ergibt sich auch nicht aus einer Auslegung der von der Klägerin behaupteten Vereinbarung und insbesondere nicht aus dem Grundsatz interessengerechter Auslegung (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 249/01, NJW-RR 2005, 34, 36).

23

(a) Hat der Tatrichter die gebotene Auslegung eines Vertrags unterlassen oder nicht alle hierbei in Betracht zu ziehenden Umstände berücksichtigt, kann das Revisionsgericht die Auslegung selbst vornehmen, wenn die dazu erforderlichen Feststellungen bereits getroffen worden sind und weitere Aufklärung nicht mehr in Betracht kommt (vgl. BGH, WuW/E DE-R 3275 Rn. 35 - Jette Joop, mwN). Dies gilt gleichermaßen, wenn - wie im Streitfall - die Auslegung eines von einer Partei vorgetragenen Vertragsinhalts erforderlich wird und die Partei Gelegenheit hatte, die für die Auslegung relevanten Gesichtspunkte vorzutragen.

24

Da die Wiedereröffnung des Berufungsverfahrens durch das erste Revisionsurteil der Klägerin ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet hat, zum Inhalt der von den Parteien zur Abgrenzung ihrer Unternehmenskennzeichen getroffenen Vereinbarung vorzutragen, bedarf es keiner weiteren Gelegenheit hierzu. Danach kann der Senat die Auslegung des Vertrags auf der Grundlage des von der Klägerin vorgetragenen Inhalts (kein Verbot gebietsüberschreitender Werbung mit unterscheidungskräftigen Zusätzen) selbst vornehmen.

25

(b) Das Berufungsgericht hat seiner Prüfung einen unzutreffenden Inhalt dieses Vortrags zu Grunde gelegt. Es hat angenommen, die Klägerin mache geltend, der Vertrag beinhalte ein Verbot jeglicher Nutzung der Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" sowie "P&C" außerhalb des einer Partei durch den Vertrag jeweils zuerkannten eigenen Wirtschaftsraums. Die Klägerin rügt demgegenüber zu Recht, dass die Vereinbarung nach ihrem Vortrag eine Werbung mit den Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" in Verbindung mit unterscheidungskräftigen Zusätzen im jeweils anderen Wirtschaftsgebiet nicht ausgeschlossen hat.

26

(c) Bei der Auslegung ist in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 7. Februar 2002 - I ZR 304/99, BGHZ 150, 32, 37 - Unikatrahmen, mwN). Weiter gilt das Gebot der nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001  I ZR 91/99, GRUR 2002, 280, 281 = WRP 2002, 221, 223 - Rücktrittsfrist; Urteil vom 10. Oktober 2002 - I ZR 193/00, GRUR 2003, 173, 175 - Filmauswertungspflicht) und der Berücksichtigung des durch die Parteien beabsichtigten Zwecks des Vertrags (BGH, Urteil vom 23. Februar 1956  II ZR 207/54, BGHZ 20, 109, 110; insgesamt zu diesen Auslegungsgrundsätzen vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2011 - I ZR 93/09, GRUR 2011, 946, 947 Rn. 18 - KD).

27

(d) Die Parteien strebten mit ihrer Vereinbarung die Vermeidung von Irreführungen und kennzeichenrechtlichen Auseinandersetzungen an. Dafür kam für sie bei Abschluss der Vereinbarung außer der Beschränkung auf das eigene Wirtschaftsgebiet oder der Verwendung gänzlich abweichender Kennzeichen auch eine gebietsübergreifende Tätigkeit mit den Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" unter Hinzufügung unterscheidungskräftiger Zusätze in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1986  I ZR 77/85, GRUR 1987, 182, 183  Stoll; Urteil vom 14. Dezember 1989  I ZR 1/88, GRUR 1990, 364, 366  Baelz). Über solche Zusätze haben die Parteien nach dem Vortrag der Klägerin aber keine Einigung erzielt. Vielmehr kam für die Parteien eine Einigung, im Einzelhandel mit Bekleidung nur unter einem anderen Namen oder mit einem unterscheidungskräftigen Zusatz zu den Zeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" aufzutreten, "nicht in Frage". Deswegen haben sich die Parteien entsprechend der bereits in den alten Bundesländern gelebten und abgestimmten Praxis darauf verständigt, die Zeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" zur Vermeidung von Verwechslungen und kennzeichenrechtlichen Konflikten auch in den neuen Bundesländern nur in bestimmten, sich nicht überschneidenden Regionen zu verwenden. Dies schloss zwar die Verwendung der Zeichen in den der jeweils anderen Partei "zugewiesenen" Gebieten mit Zusätzen, die eine Unterscheidung der Unternehmen ermöglichen, nicht notwendigerweise aus. Die Parteien haben jedoch nicht hierin, sondern in der Gebietsabgrenzung die sachgerechte Lösung des kennzeichenrechtlichen Konflikts gesehen. Sie hatten deshalb auch keinen Anlass, sich Gedanken darüber zu machen, welche konkreten Zusätze zu den Unternehmenskennzeichen sie als hinreichend unterscheidungskräftig genügen lassen wollten.

28

(e) Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe verkannt, dass nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung zum Recht der Gleichnamigen nur Zusätze zum Unternehmenskennzeichen, nicht aber aufklärende Hinweise, wie sie der I. Zivilsenat im ersten Revisionsurteil für ausreichend erachtet hat, als zur Lösung eines kennzeichenrechtlichen Konflikts ausreichend anerkannt gewesen seien, greift nicht durch. Sie könnte nur dann Bedeutung gewinnen, wenn der Vortrag der Klägerin zum Inhalt der von den Parteien erzielten Einigung Anhaltspunkte dafür böte, die Parteien hätten den damaligen Stand der Rechtsprechung vertraglich festschreiben wollen. An solchen Anhaltspunkten fehlt es jedoch.

29

Insbesondere bietet die Interessenlage der Parteien für eine solche Festschreibung des damaligen Standes der Rechtsprechung keinen Anhalt. Der Senat hat zwar im Zusammenhang mit der kartellrechtlichen Zulässigkeit markenrechtlicher Abgrenzungsvereinbarungen ausgeführt, es wäre mit dem berechtigten Bedürfnis der Parteien nach Rechtssicherheit nicht zu vereinbaren, müssten sie ständig anhand der Entwicklung der markenrechtlichen Rechtsprechung überprüfen, ob ihre Vereinbarung weiterhin Bestand hat (BGH, WuW/E DER 3275 Rn. 60  Jette Joop). Im vorliegenden Zusammenhang geht es jedoch nicht um die Zulässigkeit einer Vereinbarung mit feststehendem Inhalt, sondern um die vorgelagerte Frage der Bestimmung des Inhalts einer Vereinbarung. Rechtssicherheit hätten die Parteien nur gewonnen, wenn sie sich konkret darüber verständigt hätten, in welcher Weise bei einer parallelen Verwendung der Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" in demselben Wirtschaftsraum die Anforderungen des Rechts der Gleichnamigen als erfüllt angesehen werden sollten. Demgegenüber ist nicht erkennbar und wird auch von der Revision nicht aufgezeigt, in welcher Hinsicht eine bloß abstrakte Fixierung der rechtlichen Anforderungen an die Unterscheidbarkeit Gleichnamiger, so wie sie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bis zum Zeitpunkt der getroffenen Vereinbarung entwickelt worden waren, einen Gewinn an Rechtssicherheit für die Parteien bedeutet hätte.

30

Denn wollte eine der Parteien künftig in den Wirtschaftsraum der anderen vorstoßen, hatte sie dann in jedem Fall den Anforderungen zu genügen, die in einem solchen Fall vorstoßenden Wettbewerbs nach dem Recht der Gleichnamigen zu beachten waren. Danach musste es der Inhaber eines Kennzeichenrechts in aller Regel nur dann hinnehmen, dass der Inhaber des anderen Kennzeichenrechts die Verwechslungsgefahr erhöht und damit die Gleichgewichtslage stört, wenn dieser ein schutzwürdiges Interesse an der Benutzung hat und alles Erforderliche und Zumutbare tut, um einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1986  I ZR 77/85, GRUR 1987, 182, 183 = WRP 1987, 30, 31  Stoll; Urteil vom 16. Mai 1991 - I ZR 1/90, GRUR 1991, 780, 782 = WRP 1991, 645, 647  TRANSATLANTISCHE). Da die Bestimmung von Art und Umfang der insoweit zu treffenden und zumutbaren Maßnahmen eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen erfordert, vermochte eine rein abstrakte Festschreibung der zu einem bestimmten Zeitpunkt anerkannten Maßstäbe der höchstrichterlichen Rechtsprechung den Parteien keine zusätzliche Klarheit über die insoweit in einem konkreten Fall von ihnen zu beachtenden Anforderungen zu bringen, zumal diese von den Umständen eines etwaigen vorstoßenden Wettbewerbs abhängen konnte.

31

Damit unterscheidet sich die im Einzelfall möglicherweise bestehende Rechtsunsicherheit, ob ein aufklärender Hinweis in bestimmter Form zur Ausräumung oder hinreichenden Minderung der Verwechslungsgefahr ausreichend ist, auch nicht grundsätzlich von der Rechtsunsicherheit, die nach dem von der Klägerin vorgetragenen Inhalt der Vereinbarung bei der Frage besteht, ob ein bestimmter Zusatz zum Unternehmenskennzeichen unter Berücksichtigung aller Umstände hinreichend unterscheidungskräftig ist.

32

(3) Der Wunsch der Parteien nach Rechtssicherheit steht dieser den kaufmännischen Interessen entsprechenden Auslegung nicht entgegen. Den Parteien war nach dem Vortrag der Klägerin zum Vertragsinhalt bewusst, dass sie mit ihrer Vereinbarung keine vollständige Rechtssicherheit hinsichtlich der Nutzung der Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" und "P&C" erreichen konnten. Denn gerade über die Verwendung dieser Kennzeichen mit unterscheidungskräftigen Zusätzen hatten sie keine Einigung erzielen können. Es war ihnen zugleich bekannt, dass eine gebietsübergreifende Werbung mit solchen Zusätzen nicht verboten werden konnte. Rechtssicherheit, ob ein konkreter Zusatz im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung als unterscheidungskräftig angesehen würde, bestand für die Vertragsparteien deshalb von vornherein nicht. Es dürfte vielmehr eher das Bedürfnis im Vordergrund gestanden haben, eine auf unbegrenzte Zeit abgeschlossene Vereinbarung über Werbung zukunftsoffen und dynamisch zu gestalten.

33

3. Die Klageanträge erweisen sich deshalb auch aus der hier allein noch relevanten Vereinbarung als nicht begründet, so dass die Revision zurückzuweisen ist.

34

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Limperg                        Meier-Beck                        Kirchhoff

                  Bacher                            Deichfuß

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

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published on 07/02/2002 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 304/99 Verkündet am: 7. Februar 2002 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk : ja BGHZ : ja BGHR
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published on 07/03/2017 00:00

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 11. November 2015 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
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Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.

(1) Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Hat ein Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift dieses Teils, gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder eine Verfügung der Kartellbehörde verstoßen und dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt, kann die Kartellbehörde die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils anordnen und dem Unternehmen die Zahlung eines entsprechenden Geldbetrags auferlegen.

(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft ist durch

1.
Schadensersatzleistungen,
2.
Festsetzung der Geldbuße,
3.
Anordnung der Einziehung von Taterträgen oder
4.
Rückerstattung.
Soweit das Unternehmen Leistungen nach Satz 1 erst nach der Vorteilsabschöpfung erbringt, ist der abgeführte Geldbetrag in Höhe der nachgewiesenen Zahlungen an das Unternehmen zurückzuerstatten.

(3) Wäre die Durchführung der Vorteilsabschöpfung eine unbillige Härte, soll die Anordnung auf einen angemessenen Geldbetrag beschränkt werden oder ganz unterbleiben. Sie soll auch unterbleiben, wenn der wirtschaftliche Vorteil gering ist.

(4) Die Höhe des wirtschaftlichen Vorteils kann geschätzt werden. Der abzuführende Geldbetrag ist zahlenmäßig zu bestimmen.

(5) Die Vorteilsabschöpfung kann nur innerhalb einer Frist von bis zu sieben Jahren seit Beendigung der Zuwiderhandlung und längstens für einen Zeitraum von fünf Jahren angeordnet werden. § 33h Absatz 6 gilt entsprechend. Im Falle einer bestandskräftigen Entscheidung im Sinne des § 33b Satz 1 oder einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung im Sinne des § 33b Satz 2 beginnt die Frist nach Satz 1 erneut.

Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

(1) Hat ein Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift dieses Teils, gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder eine Verfügung der Kartellbehörde verstoßen und dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt, kann die Kartellbehörde die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils anordnen und dem Unternehmen die Zahlung eines entsprechenden Geldbetrags auferlegen.

(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft ist durch

1.
Schadensersatzleistungen,
2.
Festsetzung der Geldbuße,
3.
Anordnung der Einziehung von Taterträgen oder
4.
Rückerstattung.
Soweit das Unternehmen Leistungen nach Satz 1 erst nach der Vorteilsabschöpfung erbringt, ist der abgeführte Geldbetrag in Höhe der nachgewiesenen Zahlungen an das Unternehmen zurückzuerstatten.

(3) Wäre die Durchführung der Vorteilsabschöpfung eine unbillige Härte, soll die Anordnung auf einen angemessenen Geldbetrag beschränkt werden oder ganz unterbleiben. Sie soll auch unterbleiben, wenn der wirtschaftliche Vorteil gering ist.

(4) Die Höhe des wirtschaftlichen Vorteils kann geschätzt werden. Der abzuführende Geldbetrag ist zahlenmäßig zu bestimmen.

(5) Die Vorteilsabschöpfung kann nur innerhalb einer Frist von bis zu sieben Jahren seit Beendigung der Zuwiderhandlung und längstens für einen Zeitraum von fünf Jahren angeordnet werden. § 33h Absatz 6 gilt entsprechend. Im Falle einer bestandskräftigen Entscheidung im Sinne des § 33b Satz 1 oder einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung im Sinne des § 33b Satz 2 beginnt die Frist nach Satz 1 erneut.

(1) Ein Unternehmen ist marktbeherrschend, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt

1.
ohne Wettbewerber ist,
2.
keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder
3.
eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat.

(2) Der räumlich relevante Markt kann weiter sein als der Geltungsbereich dieses Gesetzes.

(2a) Der Annahme eines Marktes steht nicht entgegen, dass eine Leistung unentgeltlich erbracht wird.

(3) Bei der Bewertung der Marktstellung eines Unternehmens im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern ist insbesondere Folgendes zu berücksichtigen:

1.
sein Marktanteil,
2.
seine Finanzkraft,
3.
sein Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten,
4.
sein Zugang zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten,
5.
Verflechtungen mit anderen Unternehmen,
6.
rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Marktzutritt anderer Unternehmen,
7.
der tatsächliche oder potenzielle Wettbewerb durch Unternehmen, die innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ansässig sind,
8.
die Fähigkeit, sein Angebot oder seine Nachfrage auf andere Waren oder gewerbliche Leistungen umzustellen, sowie
9.
die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andere Unternehmen auszuweichen.

(3a) Insbesondere bei mehrseitigen Märkten und Netzwerken sind bei der Bewertung der Marktstellung eines Unternehmens auch zu berücksichtigen:

1.
direkte und indirekte Netzwerkeffekte,
2.
die parallele Nutzung mehrerer Dienste und der Wechselaufwand für die Nutzer,
3.
seine Größenvorteile im Zusammenhang mit Netzwerkeffekten,
4.
sein Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten,
5.
innovationsgetriebener Wettbewerbsdruck.

(3b) Bei der Bewertung der Marktstellung eines Unternehmens, das als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig ist, ist insbesondere auch die Bedeutung der von ihm erbrachten Vermittlungsdienstleistungen für den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten zu berücksichtigen.

(4) Es wird vermutet, dass ein Unternehmen marktbeherrschend ist, wenn es einen Marktanteil von mindestens 40 Prozent hat.

(5) Zwei oder mehr Unternehmen sind marktbeherrschend, soweit

1.
zwischen ihnen für eine bestimmte Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ein wesentlicher Wettbewerb nicht besteht und
2.
sie in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen.

(6) Eine Gesamtheit von Unternehmen gilt als marktbeherrschend, wenn sie

1.
aus drei oder weniger Unternehmen besteht, die zusammen einen Marktanteil von 50 Prozent erreichen, oder
2.
aus fünf oder weniger Unternehmen besteht, die zusammen einen Marktanteil von zwei Dritteln erreichen.

(7) Die Vermutung des Absatzes 6 kann widerlegt werden, wenn die Unternehmen nachweisen, dass

1.
die Wettbewerbsbedingungen zwischen ihnen wesentlichen Wettbewerb erwarten lassen oder
2.
die Gesamtheit der Unternehmen im Verhältnis zu den übrigen Wettbewerbern keine überragende Marktstellung hat.

(8) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie berichtet den gesetzgebenden Körperschaften nach Ablauf von drei Jahren nach Inkrafttreten der Regelungen in den Absätzen 2a und 3a über die Erfahrungen mit den Vorschriften.

(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.

(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.

(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.

(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen

1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder
2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder
3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Einstandspreis im Sinne des Satzes 2 ist der zwischen dem Unternehmen mit überlegener Marktmacht und seinem Lieferanten vereinbarte Preis für die Beschaffung der Ware oder Leistung, auf den allgemein gewährte und im Zeitpunkt des Angebots bereits mit hinreichender Sicherheit feststehende Bezugsvergünstigungen anteilig angerechnet werden, soweit nicht für bestimmte Waren oder Leistungen ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Einstandspreis ist sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie in vergleichbar schwerwiegenden Fällen. Werden Lebensmittel an gemeinnützige Einrichtungen zur Verwendung im Rahmen ihrer Aufgaben abgegeben, liegt keine unbillige Behinderung vor.

(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.

(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.

(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.

(1) Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen dürfen nicht ein anderes Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen in der Absicht, bestimmte Unternehmen unbillig zu beeinträchtigen, zu Liefersperren oder Bezugssperren auffordern.

(2) Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen dürfen anderen Unternehmen keine Nachteile androhen oder zufügen und keine Vorteile versprechen oder gewähren, um sie zu einem Verhalten zu veranlassen, das nach folgenden Vorschriften nicht zum Gegenstand einer vertraglichen Bindung gemacht werden darf:

1.
nach diesem Gesetz,
2.
nach Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder
3.
nach einer Verfügung der Europäischen Kommission oder der Kartellbehörde, die auf Grund dieses Gesetzes oder auf Grund der Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union ergangen ist.

(3) Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen dürfen andere Unternehmen nicht zwingen,

1.
einer Vereinbarung oder einem Beschluss im Sinne der §§ 2, 3, 28 Absatz 1 oder § 30 Absatz 2a oder Absatz 2b beizutreten oder
2.
sich mit anderen Unternehmen im Sinne des § 37 zusammenzuschließen oder
3.
in der Absicht, den Wettbewerb zu beschränken, sich im Markt gleichförmig zu verhalten.

(4) Es ist verboten, einem Anderen wirtschaftlichen Nachteil zuzufügen, weil dieser ein Einschreiten der Kartellbehörde beantragt oder angeregt hat.

Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)