Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juni 2012 - XII ZR 90/10

bei uns veröffentlicht am27.06.2012
vorgehend
Amtsgericht Pankow, 26 F 3954/09, 09.10.2009
Kammergericht, 3 UF 123/09, 21.05.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 90/10 Verkündet am:
27. Juni 2012
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Mai 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter WeberMonecke
, Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt. II. Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu folgender Frage eingeholt: Ist § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13. März 2008 (BGBl. I S. 313) mit Art. 6 Abs. 5 GG vereinbar?

Gründe:

A.

1
Das ursprünglich klagende Land hat im Wege der Behördenanfechtung die Vaterschaft des Beklagten zu 2 (im Folgenden: Vater) zum Beklagten zu 1 (im Folgenden: Kind) angefochten.
2
Die Mutter des im November 2005 geborenen Kindes ist vietnamesische Staatsangehörige. Der mit der Mutter nicht verheiratete Vater ist deutscher Staatsangehöriger und erkannte die Vaterschaft vor der Geburt am 7. Oktober 2005 an. Mit Bescheid vom 14. Oktober 2005 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag der Mutter als offensichtlich unbegründet ab. Nach der Geburt des Kindes wurde der Mutter eine Aufenthaltserlaubnis erteilt.
3
Das ursprünglich klagende Land hat geltend gemacht, dass die Mutter zu keiner Zeit mit dem Vater in einer Haushaltsgemeinschaft gelebt und eine wirtschaftliche Hausgemeinschaft geführt habe. Es bestünden ernsthafte Zweifel an der biologischen Vaterschaft, weil zwischen den Beklagten nie eine sozial-familiäre Beziehung bestanden habe und durch die Anerkennung die rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis geschaffen worden seien. Die Anfechtungsfrist sei gewahrt, weil das Land erst durch ein Schreiben der Ausländerbehörde vom Juli 2009 von den Anfechtungstatsachen Kenntnis erlangt habe.
4
Der Senat des Landes Berlin hatte bis Dezember 2010 von der Verordnungsermächtigung in § 1600 Abs. 6 Satz 1, 2 BGB keinen Gebrauch gemacht und keine für die Anfechtung der Vaterschaft zuständige Behörde bestimmt. Das Land hat sich darauf berufen, dass sich die zuständige Behörde bereits aus dem bestehenden Gesetz über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen Berliner Verwaltung (AZG) und dem Verwaltungsverfahrensgesetz ergebe.
5
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Landes zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Landes. In der Revisionsinstanz ist auf Klägerseite ein Parteiwechsel zugunsten der nunmehr anfechtungsberechtigten Behörde als neuer Klägerin erklärt worden. Das in der Revisionsinstanz durch einen zugelassenen Rechtsanwalt allein vertretene Kind hat dem Parteiwechsel widersprochen.

B.

6
Das Verfahren ist nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen. Nach Überzeugung des Senats ist das behördliche Anfechtungsrecht nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB mit Art. 6 Abs. 5 GG unvereinbar, weil die Regelung eine Anfechtung der Vaterschaft nur in Bezug auf die Anerkennung nichtehelicher Kinder vorsieht, während eheliche Kinder davon auch im Falle eines vergleichbaren Rechtsmissbrauchs nicht betroffen sein können. Zur Verfassungsmäßigkeit ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.
7
Eine bloße Aussetzung entsprechend § 148 ZPO wegen bereits beim Bundesverfassungsgericht zu der Frage anhängiger Verfahren (BVerfG 1 BvL 6/10 Vorlage des Amtsgerichts Hamburg-Altona; OLG Bremen FamRZ 2011, 1073) ohne eigene Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfG NJW 2000, 1484; BGH Beschlüsse vom 25. März 1998 - VIII ZR 337/97 - NJW 1998, 1957 und vom 18. Juli 2000 - VIII ZR 323/99 - RdE 2001, 20) ist im vorliegenden Fall nicht zulässig, weil der Senat die verfassungsrechtlichen Bedenken im Ergebnis teilt.

I.

8
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage unbegründet. Das (ursprünglich) klagende Land sei nicht nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB anfechtungsberechtigt , da es selbst nicht Behörde, sondern der Rechtsträger sei, dem die Landesbehörden angehörten. Der Gesetzgeber habe die Landesregierungen ermächtigen wollen, die anfechtungsberechtigten Behörden nach ihrer Eignung und den örtlichen Besonderheiten auszuwählen. Dass der Rechtsträger selbst das Anfechtungsrecht wahrnehmen können solle, sei in der Gesetzesbe- gründung nicht in Erwägung gezogen worden. Die schon vor der gesetzlichen Neuregelung bestehenden gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen könnten ein Anfechtungsrecht nicht begründen. So lange von der Verordnungsermächtigung kein Gebrauch gemacht worden sei, bedürfe es auch keiner Entscheidung darüber , ob die Landesregierung als Adressat der Verordnungsermächtigung in § 1600 Abs. 6 Satz 1 BGB selbst für die Anfechtung der Vaterschaft zuständig sei.

II.

9
Die Frage, ob § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB verfassungsgemäß ist, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich. Würde § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB gegen Art. 6 Abs. 5 GG verstoßen, könnte der Rechtsstreit nicht entschieden werden.
10
1. Der Revision bleibt ein Erfolg nicht schon ohne Rücksicht auf die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung versagt.
11
a) Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10). Das Verfahren der Vaterschaftsanfechtung richtet sich demnach noch nach §§ 640 ff. ZPO, § 1600 e BGB.
12
Die Klage ist zulässig. Der Parteiwechsel vom Land zu dem Bezirksamt als zuständiger Behörde auf Klägerseite ist entsprechend § 263 ZPO (vgl. BeckOK ZPO/Bacher [Stand: 15. April 2012] § 263 Rn. 17 mwN) wirksam. Zwar ist in der Revisionsinstanz ein Parteiwechsel grundsätzlich nicht mehr möglich, wenn dieser mit neuem Tatsachenvortrag verbunden ist (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 33. Aufl. Vor § 50 Rn. 24). Die vorliegende Fallgestaltung zeichnet sich indessen durch die Besonderheit aus, dass ein Parteiwechsel wegen einer Rechtsänderung zur Zuständigkeit der anfechtungsberechtigten Behörde erforderlich geworden ist, welche auch im Revisionsverfahren zu berücksichtigen ist und sowohl aus Gründen eines effektiven Rechtsschutzes wie auch der Prozessökonomie die Möglichkeit des Eintritts der nunmehr zuständigen Behörde erfordert (vgl. Senatsurteil BGHZ 109, 211 = FamRZ 1990, 283, 284; BVerwGE 44, 148, 151 = DÖV 1974, 241). Der Zustimmung der Beklagten bedurfte es nicht, weil der Parteiwechsel lediglich in der durch Gesetzesänderung veränderten Zuständigkeit begründet liegt und daher sachdienlich ist. Er beeinträchtigt die Beklagten nicht in ihren Rechten, weil sich außer der neu geregelten Zuständigkeit im Sinne von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB der Prozessstoff nicht geändert hat. Ob überdies ein Parteiwechsel bereits kraft Gesetzes eingetreten ist oder dem Land eine Fortsetzung des Verfahrens in entsprechender Anwendung von § 265 Abs. 2 ZPO eröffnet war, erscheint zweifelhaft (vgl. BVerwGE 44, 148, 151 = DÖV 1974, 241 sowie BGH Urteil vom 7. Januar 2008 - II ZR 283/06 - NJW-RR 2008, 860), bedarf aber wegen des jedenfalls wirksam erklärten - gewillkürten - Parteiwechsels im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.
13
Die Parteifähigkeit der Behörde ergibt sich aus der dieser durch § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB übertragenen Aufgabe (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 29. Aufl. § 50 Rn. 25 sowie - zur Beteiligtenstellung nach dem FamFG - § 8 Nr. 3 FamFG und Staudinger/Rauscher BGB [2011] § 1600 Rn. 124). Die Wahrnehmung der vom Gesetz zugewiesenen Aufgabe setzt voraus, dass die Behörde im eigenen Namen einen Prozess führen kann. Die Anfechtungsberechtigung der Behörde ist dementsprechend der Regelung zur Eheaufhebung gemäß § 1316 Abs. 1 Nr. 1 BGB nachgebildet (BT-Drucks. 16/3291 S. 12). Für diese war schon auf- grund des vor Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes geltenden Verfahrensrechts die Parteifähigkeit der antragsberechtigten Behörde nicht zweifelhaft (vgl. § 631 Abs. 5 ZPO sowie Musielak/Borth ZPO 6. Aufl. § 631 Rn. 11). Dass die Behörde als solche nicht rechtsfähig ist und ob deren Prozessführung - wie von der Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erwogen - etwa als eine Prozessstandschaft für das Land als Rechtsträger zu qualifizieren ist, ist nicht von Bedeutung, weil beides der Prozessführung durch die Behörde im eigenen Namen wie auch deren Parteifähigkeit nicht entgegensteht.
14
Die Wirksamkeit der gesetzlichen Aufgabenzuweisung an die anfechtungsberechtigte Behörde ist für das vorliegende Verfahren ungeachtet der Frage der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung zu unterstellen. Denn der Behörde muss zur Geltendmachung ihrer prozessualen Rechte der Zugang zu einer gerichtlichen Sachprüfung eröffnet sein (vgl. BGH Beschlüsse vom 31. Mai 2010 - II ZB 9/09 - NJW 2010, 3100 und vom 27. September 2007 - VII ZB 23/07 - FamRZ 2008, 256 jeweils mwN; Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 33. Aufl. § 50 Rn. 11).
15
Berufung und Revision sind vom ursprünglich klagenden Land in zulässiger Weise eingelegt und begründet worden.
16
b) Nach dem Parteiwechsel stellt sich die vom Berufungsgericht verneinte Frage, ob das Land als ursprüngliche Klägerin als Behörde im Sinne von § 1600 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 6 BGB eine Anfechtungsklage erheben konnte, in diesem Zusammenhang nicht mehr. Denn für die Begründetheit der Klage ist auf den Zeitpunkt der Revisionsentscheidung abzustellen. Die Anfechtungsberechtigung der nunmehr klagenden Behörde ist demnach auch vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet nicht mehr zweifelhaft.
17
c) Die übrigen Voraussetzungen der behördlichen Vaterschaftsanfechtung hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft. Aufgrund des von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalts kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass es an einer Anfechtungsvoraussetzung fehlt und die Klage schon aus anderen Gründen als der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung abzuweisen ist.
18
aa) Zu der Frage des Bestehens einer sozial-familiären Beziehung zwischen den Beklagten im Sinne von § 1600 Abs. 3 BGB haben die Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen. Für die Revisionsinstanz ist daher der Klägervortrag zu unterstellen, dass keine sozial-familiäre Beziehung besteht und bestanden hat.
19
Einen weitergehenden als den die Voraussetzungen nach § 1600 Abs. 3 BGB umfassenden Klägervortrag setzt die Schlüssigkeit der von der Behörde erhobenen Anfechtungsklage nicht voraus. Zwar erfordert die Schlüssigkeit der Anfechtungsklage nach der Rechtsprechung des Senats bei der Anfechtung nach § 1600 Nr. 1 bis 4 BGB - entsprechend der den Lauf der Anfechtungsfrist nach § 1600 b BGB auslösenden Kenntniserlangung - einen Klägervortrag zum Anfangsverdacht, dass das Kind nicht das leibliche Kind des Vaters ist (vgl. Senatsurteile vom 22. April 1998 - XII ZR 229/96 - FamRZ 1998, 955, 956; vom 30. Oktober 2002 - XII ZR 345/00 - FamRZ 2003, 155, 156; BGHZ 162, 1 = FamRZ 2005, 340 und nunmehr § 171 Abs. 2 Satz 2 FamFG). Demgegenüber hat die anfechtungsberechtigte Behörde - wiederum entsprechend der den Lauf der Frist in Gang setzenden Kenntniserlangung gemäß § 1600 b Abs. 1 a BGB - lediglich vorzutragen, dass die Anfechtungsvoraussetzungen nach § 1600 Abs. 3 BGB vorliegen (vgl. BT-Drucks. 16/3291 S. 14 f. sowie nunmehr § 171 Abs. 2 Satz 3 FamFG; i.E. ebenso MünchKommBGB/Wellenhofer 6. Aufl. § 1600 Rn. 24; aA Genenger FPR 2007, 155, 158).
20
bb) Auch die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen der Vaterschaftsanfechtung liegen vor.
21
Nach § 1600 Abs. 3 BGB müssen durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteiles geschaffen worden sein. Das Kind hat durch die Anerkennung nach § 4 Abs. 1 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit erworben und unterliegt damit keinen Aufenthaltsbeschränkungen (Art. 11 GG). Die Mutter hat durch die Anerkennung einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erworben. Deren Befristung hat sich gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 AufenthG am Aufenthaltszweck zu orientieren, der im vorliegenden Fall in der Ausübung der Personensorge besteht. Zudem ist einem aufenthaltsberechtigten Ausländer nach § 28 Abs. 2 AufenthG in der Regel nach drei Jahren eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Vor der Anerkennung hatte die Mutter keinen Aufenthaltstitel inne.
22
cc) Die kenntnisabhängige Anfechtungsfrist nach § 1600 Abs. 1 a Satz 2 BGB ist aufgrund der Feststellungen der Vorinstanzen durch die Klageerhebung gewahrt worden. Die Frist wurde erst in Gang gesetzt, nachdem das zuständige Bezirksamt durch die Ausländerbehörde gemäß § 90 Abs. 5 AufenthG im Juli 2009 über die Voraussetzungen der Behördenanfechtung informiert worden war (zur Kenntniszurechnung vgl. BGH Urteil vom 28. Februar 2012 - VI ZR 9/11 - VersR 2012, 738 Rn. 9 mwN; BVerwG NJW 1985, 819; Palandt/Brudermüller BGB 71. Aufl. § 1600 b Rn. 33).
23
Die Frist ist durch die im Juli 2009 eingereichte Anfechtungsklage gewahrt worden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war das (ursprünglich ) klagende Land zur Erhebung der Anfechtungsklage aktivlegitimiert.
Das Land war bei Erhebung der Klage zuständige Behörde im Sinne von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB.
24
Es war nicht gehalten, von der Verordnungsermächtigung nach § 1600 Abs. 6 Satz 1 BGB Gebrauch zu machen und eine Behörde zu bestimmen, um die ihm übertragene Ausführung des Gesetzes zu gewährleisten (aA - mit dem Berufungsgericht - Staudinger/Rauscher BGB [2011] § 1600 Rn. 107). Vielmehr konnte es die Aufgabe durch die nach dem allgemeinen Organisationsrecht zuständige Behörde selbst wahrnehmen.
25
Die Revision macht zutreffend geltend, dass die Bundesgesetze nach Art. 83 GG von den Ländern grundsätzlich als eigene Angelegenheit auszuführen sind. Nach Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG regeln die Länder die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Der Bundesgesetzgeber darf dabei nicht in die Organisationshoheit der Länder eingreifen. In diesem Sinne ist auch die Vorschrift des § 1600 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 6 BGB auszulegen. Denn diese enthält lediglich eine Verordnungsermächtigung. Durch sie wird weder ein Zwang zur Einrichtung bestimmter Landesbehörden ausgeübt noch vorgeschrieben , in welcher Organisationsform die Aufgabe wahrzunehmen ist.
26
Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass der Begriff der Behörde vom Gesetzgeber in vielfältigem Sinne verwendet wird und allein mit der Verwendung des Begriffs der Behörde daher kein - nach Art. 84 GG unzulässiger - Zwang zu einer bestimmten Organisationsform verbunden ist. Der Begriff bleibt dementsprechend im vorliegenden Regelungszusammenhang nicht auf unselbständige Stellen öffentlicher Verwaltung ohne eigene Rechtspersönlichkeit beschränkt, sondern ermöglicht auch die Tätigkeit eines selbständigen Verwaltungsträgers. Dementsprechend haben einzelne Bundesländer die behördliche Vaterschaftsanfechtung auf die Landkreise und kreisfreien Städte und somit auf rechtlich selbständige Verwaltungsträger übertragen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AV-ZustV Brandenburg GVBl. II 2009, S. 62; § 1 Abs. 1 VatAnfZustV Niedersachsen Nds. GVBl. 2008, 273).
27
Mangels anderweitiger Delegation des Anfechtungsrechts auf eine Behörde oblag die Wahrnehmung der in § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB vorgesehenen Behördenanfechtung nach Art. 83 GG dem Land. Nach §§ 5 Abs. 2, 4 Abs. 1 Satz 2 des Berliner Gesetzes über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen Berliner Verwaltung (AZG Berlin) wird die Zuständigkeit für die der Berliner Verwaltung durch Bundesgesetz zugewiesenen neuen Aufgaben in der Form wahrgenommen, dass das Land als Rechtsträger von den zuständigen Bezirksämtern vertreten wird.
28
Diese waren bis zum Erlass der Ausführungsverordnung mangels einer gesetzlichen Zuweisung der Anfechtungsbefugnis an eine Behörde noch nicht parteifähig (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 29. Aufl. § 50 Rn. 25). Demnach war bis zum Erlass der Verordnung über die Bestimmung der zuständigen Behörde im Vaterschaftsanfechtungsverfahren vom 14. Dezember 2010 das Land die zuständige Behörde im Sinne von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB und konnte, vertreten durch das Bezirksamt, fristwahrend die vorliegende Klage erheben.
29
dd) Schließlich fehlt es bislang auch an Feststellungen zur biologischen Vaterschaft (§ 1599 BGB), so dass es entscheidend auf die Verfassungsmäßigkeit von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB ankommt.
30
ee) Dass die Frage der Verfassungsmäßigkeit nach einer weiteren Sachaufklärung, die im vorliegenden Fall von den Vorinstanzen noch nicht abschließend durchgeführt worden ist, möglicherweise nicht beantwortet werden müsste, hindert die Vorlage durch den Senat nicht. Anders als in der die Vorlage durch die Tatsachengerichte betreffenden Rechtsprechung des Bundesver- fassungsgerichts ist der Bundesgerichtshof als Revisionsgericht nicht in der Lage, die gebotenen Ermittlungen selbst durchzuführen (vgl. BVerfGE 24, 119, 133 f.). Die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts ist vielmehr dem Tatrichter vorbehalten. Eine die Revisionsinstanz abschließende Entscheidung unterscheidet sich auch dann, wenn sie das Gesamtverfahren nicht beendet, sondern die Sache zurückverweist, wesentlich von einer Zwischenentscheidung nach Art eines Beweisbeschlusses innerhalb derselben Instanz. Sie enthält inhaltlich eine Entscheidung über Rechtsfragen, sie hebt die bis dahin gültige Sachentscheidung auf und bindet das untere Gericht im Rahmen der für die Aufhebung maßgebenden Begründung. Vor allem aber stellt sich die Frage der Prozessökonomie bei einer Zurückverweisung anders als bei einer Zwischenentscheidung in derselben Instanz. Der Gesichtspunkt, das Bundesverfassungsgericht vor einer Überlastung mit Verfahren der konkreten Normenkontrolle zu bewahren, tritt in diesem Fall nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinter dem berechtigten Interesse der Verfahrensbeteiligten und der Gerichte, ein erneutes Durchlaufen des Instanzenzuges nach Möglichkeit zu vermeiden, zurück (BVerfGE 24, 119, 133 f.).
31
2. Somit kommt es für die vom Senat zu treffende Entscheidung auf die Verfassungsmäßigkeit von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB an. Wäre die Norm anzuwenden , so müsste das Berufungsurteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Da der Senat die Regelung für verfassungswidrig hält, hat er die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

III.

32
Der Senat ist der Überzeugung, dass die behördliche Vaterschaftsanfechtung nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB in ihrer derzeitigen gesetzlichen Ausgestaltung wegen Verletzung von Art. 6 Abs. 5 GG verfassungswidrig ist (ebenso OLG Bremen FamRZ 2011, 1073, AG Hamburg-Altona StAZ 2010, 306; vgl. auch Frank StAZ 2006, 281, 284; Helms StAZ 2007, 69, 71 f.; Genenger FPR 2007, 155, 160).
33
1. Art. 6 Abs. 5 GG enthält nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen Verfassungsauftrag, der die Gleichstellung und Gleichbehandlung aller Kinder ungeachtet ihres Familienstandes zum Ziel hat und den Gesetzgeber verpflichtet, nichtehelichen Kindern durch positive Regelungen die gleichen Bedingungen für ihre körperliche und seelische Entwicklung zu schaffen wie ehelichen Kindern (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965 Rn. 40 mwN). Dabei darf sich der Gesetzgeber grundsätzlich nicht mit einer bloßen Annäherung der Stellung des nichtehelichen Kindes an die des ehelichen Kindes zufrieden geben. Ein Kind darf wegen seiner nichtehelichen Geburt nicht benachteiligt werden. Auch eine mittelbare Schlechterstellung nichtehelicher Kinder im Verhältnis zu ehelichen Kindern ist durch Art. 6 Abs. 5 GG verboten. Eine differenzierende Regelung für nichteheliche Kinder ist verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt , wenn sie aufgrund der unterschiedlichen tatsächlichen Lebenssituation zwingend erforderlich ist, um das Ziel der Gleichstellung von nichtehelichen Kindern mit ehelichen Kindern zu erreichen. Fehlt es an solchen zwingenden tatsächlichen Gründen für die Ungleichbehandlung nichtehelicher Kinder, lässt sich diese nur durch kollidierendes Verfassungsrecht rechtfertigen, das mit Art. 6 Abs. 5 GG abzuwägen ist (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965 Rn. 40 mwN).
34
An Art. 6 Abs. 5 GG ist auch die Zu- oder Aberkennung eines bestehenden Verwandtschaftsstatus zu messen (vgl. BVerfGE 25, 167). Denn dieser ist Grundbedingung für zahlreiche elementare Rechte und Rechtspositionen wie etwa Elternverantwortung, Unterhalt, Erbrecht und Staatsangehörigkeit. Zwar steht es dem Gesetzgeber frei, die - auch rückwirkende - Beseitigung eines Verwandtschaftsstatus, der nicht durch die leibliche Abstammung oder eine sozial -familiäre Beziehung gedeckt ist, zu ermöglichen, was dann auch zum Verlust der Staatsangehörigkeit des Kindes führen kann (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 21, 22). Im Ausgangspunkt stehen dabei aber nichteheliche und eheliche Kinder gleich, weil der rechtliche Status der Verwandtschaft mit dem Vater in beiden Fällen zunächst wirksam begründet worden ist. Es fällt demnach nicht nur in den Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 5 GG, bei jeweils gesicherter Vaterschaft die gleichen Bedingungen zu schaffen (so etwa bei Zuerkennung von Unterhaltsansprüchen an den kinderbetreuenden Elternteil; BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965 Rn. 55 ff. mwN), sondern auch die Entziehung eines einmal erlangten rechtlichen Status nicht aus sachlich nicht gerechtfertigten Gesichtspunkten für eheliche und nichteheliche Kinder unterschiedlich auszugestalten.
35
2. Der Gesetzgeber behandelt die durch Anerkennung und die durch Geburt während bestehender Ehe begründete Vaterschaft auf unterschiedliche Weise.
36
a) Nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB ist die zuständige Behörde (anfechtungsberechtigte Behörde) in den Fällen des § 1592 Nr. 2 BGB (Anerkennung der Vaterschaft) berechtigt, die Vaterschaft anzufechten. Die behördliche Anfechtung setzt nach § 1600 Abs. 3 BGB voraus, dass zwischen dem Kind und dem Anerkennenden keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt der Anerkennung oder seines Todes bestanden hat und durch die Aner- kennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteiles geschaffen werden. Die Regelung ist durch das Gesetz zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13. März 2008 (BGBl. I S. 313) eingefügt worden.
37
Mit der behördlichen Vaterschaftsanfechtung hat der Gesetzgeber eine Abhilfemöglichkeit für missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen geschaffen, die weder auf biologischer Vaterschaft noch auf einem - angestrebten - sozialen Vater-Kind-Verhältnis beruhen (BT-Drucks. 16/3291 S. 1 f.). Dabei hat er dem Umstand Rechnung getragen, dass die (leibliche) Abstammung wie die sozialfamiliäre Verantwortungsgemeinschaft gleichermaßen den Gehalt von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ausmachen (BVerfG FamRZ 2003, 816, 820; BT-Drucks. 16/3291 S. 1 f.). Der Gesetzgeber hat das Elternrecht berücksichtigt, indem er die Anfechtungsvoraussetzungen so ausgestaltet hat, dass die Anfechtung nur Erfolg haben kann, wenn kein auf leiblicher Abstammung oder auf einer sozialfamiliären Beziehung beruhendes Eltern-Kind-Verhältnis besteht.
38
Die Anfechtung der Vaterschaft durch die Behörde ist allein für eine nach § 1592 Nr. 2 BGB begründete Vaterschaft vorgesehen und beschränkt sich somit auf die Vaterschaft kraft Anerkennung.
39
b) Dagegen ergibt sich bei während einer bestehenden Ehe geborenen Kindern die Vaterschaft des mit der Mutter verheirateten Mannes kraft Gesetzes aus § 1592 Nr. 1 BGB. Bei durch eine sogenannte Scheinehe erwirkten Aufenthaltsvorteilen sieht das Gesetz die Möglichkeit eines behördlichen Antrags auf Aufhebung der Ehe nach §§ 1314 Abs. 2 Nr. 5, 1316 Abs. 1 Nr. 1 BGB vor. Die Aufhebung der Ehe wirkt allerdings nicht zurück, sondern nur für die Zukunft (vgl. Hepting FamRZ 1998, 713, 727 f.). Die durch das Eheschließungsreformgesetz vom 4. Mai 1998 (BGBl. I S. 833) eingefügte Regelung beruht auf einer entsprechenden Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 13/9416 S. 27 f.). Eine Rückwirkung im Hinblick auf die Vaterschaftszuordnung des Ehemannes war bereits aufgrund der vorausgehenden Rechtslage ausgeschlossen , die selbst im Fall der (rückwirkenden) Nichtigerklärung der Ehe das Vater-Kind-Verhältnis ausdrücklich aufrechterhielt (§ 1591 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BGB in der bis 30. Juni 1998 geltenden Fassung). An diesen Folgen für das Kindschaftsverhältnis ist durch das Eheschließungsreformgesetz nichts geändert worden.
40
Eine Anfechtung der durch eine zu Aufenthaltszwecken geschlossenen Ehe begründeten Vaterschaft sieht das Gesetz nicht vor, und zwar auch dann nicht, wenn die Ehe als sogenannte Scheinehe gemäß §§ 1313, 1314 Abs. 1 Nr. 5, 1316 Abs. 1 Nr. 1 BGB aufgehoben wurde.
41
c) Aus dem oben Ausgeführten ergibt sich, dass eheliche und nichteheliche Kinder in vergleichbaren Situationen, namentlich in Bezug auf die Begründung und den Bestand eines Verwandtschaftsverhältnisses bei jeweils missbräuchlicher Statusbegründung, unterschiedlich behandelt werden. Daraus, dass sich die Verwandtschaft im Fall des § 1592 Nr. 1 BGB nur mittelbar aus der Ehe des Mannes mit der Mutter ergibt, während die Anerkennung der Vaterschaft das Verwandtschaftsverhältnis unmittelbar begründet, ergeben sich jedenfalls im Hinblick auf die Beseitigung des Status nach aufgehobener Ehe keine wesentlichen Besonderheiten, die eine Besserstellung der ehelichen Abstammung rechtfertigen könnten.
42
3. Zwingende Gründe für eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Anfechtung der Vaterschaft liegen nicht vor. Die bestehenden Besonderheiten der ehelichen Abstammung können es jedenfalls nach Aufhebung einer Scheinehe nicht rechtfertigen, dass der Status dem nichtehelichen Kind auf An- trag einer staatlichen Behörde genommen wird, während er dem ehelichen Kind erhalten bleibt.
43
a) Der mit einer sogenannten Scheinehe (Aufenthaltsehe) verbundene Rechtsmissbrauch ist allerdings typischerweise zunächst auf die Person des Ehegatten bezogen, der durch die Statusbegründung unmittelbar begünstigt wird. Die Herbeiführung von Aufenthaltsvorteilen für ein später geborenes Kind mag demgegenüber in vielen Fällen nur eine unbeabsichtigte Nebenfolge sein (vgl. Helms StAZ 2007, 69, 71). Auf den subjektiven Zweck der jeweiligen Statusbegründung kann indessen nicht entscheidend abgestellt werden, zumal dieser auch bei der Anerkennung nach der derzeitigen Ausgestaltung des behördlichen Anfechtungsrechts nicht ausschlaggebend ist (vgl. BT-Drucks. 16/3291 S. 14). Das Gesetz erfasst demnach auch den Fall, dass eine Verbesserung des Aufenthaltsstatus von dem die Anerkennung erklärenden Mann nicht beabsichtigt war. Überdies läuft der gesetzliche Zweck der Aufhebung einer Scheinehe weitgehend leer, weil die Mutter unabhängig von der Ehe eine Aufenthaltserlaubnis aus der Personensorge für das Kind herleiten kann, das seinen Status durch die Eheaufhebung nicht verliert. Zwar dürfte sich die Eingehung einer Scheinehe durch hier vorgesehene präventive Maßnahmen (§ 13 Abs. 2 PStG) effizienter verhindern lassen als die Abgabe einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung (vgl. allerdings für die Anerkennung vor dem Standesbeamten § 44 Abs. 1 Satz 3 PStG). Auch dadurch wird aber nur ein mehr oder weniger großer Teil der Fälle erfasst, während es bei durchgeführter Eheschließung und späterer Aufhebbarkeit bei der Ungleichbehandlung verbleibt.
44
b) Der Schutz der Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG rechtfertigt die Ungleichbehandlung nicht. Da Art. 6 Abs. 5 GG fordert, nichtehelichen Kindern gleiche Lebensbedingungen wie ehelichen Kindern zu schaffen, untersagt die Verfas- sungsnorm zugleich eine Privilegierung ehelicher Kinder, die mit dem Schutz der Ehe aus Art. 6 Abs. 1 GG begründet wird, weil dies dem Gleichstellungsgebot gerade zuwiderliefe (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965 Rn. 55). Vor allem bleibt dem während bestehender Ehe geborenen Kind der Status auch dann erhalten, wenn die Ehe nach §§ 1313, 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB aufgehoben worden ist, auch wenn in diesem Fall vom Gesetz im Hinblick auf die Scheidungsfolgen keine nachwirkende Solidarität gefordert wird, die dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG unterfallen könnte (vgl. § 1318 BGB). Die Vergleichbarkeit der jeweiligen Ausgangslage bei der nichtehelichen und der ehelichen Abstammung (vgl. BVerfG Beschluss vom 2. Mai 2012 - 1 BvL 20/09 - juris Rn. 79) wird überdies bereits dadurch gewährleistet, dass mangels biologischer Abstammung und einer sozial-familiären Beziehung in beiden Fällen für ein Eltern-KindVerhältnis keine hinreichende Grundlage besteht.
45
c) Die unterschiedliche Behandlung lässt sich auch nicht damit rechtfertigen , dass sich das Gesetz in zulässiger Weise auf die Bekämpfung einzelner, besonders verbreiteter oder gravierender Missbrauchsformen beschränken könnte. Allerdings kann sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts niemand darauf berufen, dass ein von ihm begangenes Unrecht deshalb nicht zu ahnden sei, weil andere, vergleichbare Begehungsformen vom Gesetz nicht geahndet werden (vgl. BVerfGE 50, 142 = NJW 1979, 817 juris Rn. 59 aE; "keine Gleichheit im Unrecht"). Darin liegt indessen noch keine hinreichende Begründung dafür, dass die Vaterschaft nach einer aufgehobenen Scheinehe Bestand hat, während die Vaterschaft durch Anerkennung von staatlicher Seite beseitigt werden kann. Denn das nichtehelich geborene Kind ist am Rechtsmissbrauch nicht beteiligt und hat von Verfassungs wegen einen Anspruch auf gleichen Schutz wie das ehelich geborene Kind. Dass das Kind bei der Vaterschaftsanerkennung zum Objekt der missbräuchlichen Rechtsgestaltung geworden ist, darf seinen Schutz vor Verlust des ihm von der Rechtsord- nung zuerkannten Status nicht schwächen. Dementsprechend ist hier ausschließlich auf die Rechtsstellung des Kindes abzustellen.
46
Zwar verdient der jeweils auf missbräuchlicher Gestaltung beruhende Status im einen wie im anderen Fall keinen Schutz durch die Rechtsordnung. Der Gesetzgeber wäre daher nicht gehindert, nach Aufhebung einer sogenannten Scheinehe auch die behördliche Anfechtung einer durch sie vermittelten Vaterschaft zu ermöglichen. Bei seiner Entscheidung, ob der Status auf Antrag einer staatlichen Behörde beseitigt werden kann oder nicht, ist er indessen zur Gleichbehandlung ehelicher und nichtehelicher Kinder verpflichtet.
47
4. Auch kollidierendes Verfassungsrecht rechtfertigt die Ungleichbehandlung nicht. Wie ausgeführt, ist der Schutz der Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG jedenfalls dann nicht mehr berührt, wenn eine Scheinehe vom Gericht aufgehoben worden ist.
48
5. Bei der unterschiedlichen Behandlung ehelicher und nicht ehelicher Kinder handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers. Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens erhobene Bedenken gegen die unterschiedliche Behandlung der Vaterschaft kraft Anerkennung und kraft Ehe (vgl. etwa Helms Stellungnahme zum Gesetzentwurf an den Rechtsausschuss des Bundestags vom 17. Mai 2007 S. 7 f., 13, abrufbar unter www.gesmat.bundesgerichtshof.de Stand: 30. Mai 2012) haben ihm keine Veranlassung dazu gegeben, die behördliche Anfechtung auch auf die Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 BGB zu erstrecken. Demnach ist eine Auslegung der Anfechtungsvorschrift , die bereits aufgrund der bestehenden Rechtslage zu einer Gleichbehandlung ehelicher und nichtehelicher Kinder führt, nicht möglich (zutreffend OLG Bremen FamRZ 2011, 1073, 1075). Eine verfassungskonforme Auslegung gegen den Willen des Gesetzgebers ist schließlich nicht zulässig (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - XII ZR 161/08 - FamRZ 2009, 1477 Rn. 28 mwN).
Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Berlin-Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 09.10.2009 - 26 F 3954/09 -
KG Berlin, Entscheidung vom 21.05.2010 - 3 UF 123/09 -

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Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

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(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten. (2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einf

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(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:1.der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,2.der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,3.die Mutter und4

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(1) Eine Ehe kann aufgehoben werden, wenn sie1.entgegen § 1303 Satz 1 mit einem Minderjährigen geschlossen worden ist, der im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr vollendet hatte, oder2.entgegen den §§ 1304, 1306, 1307, 1311 geschlossen wor

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(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

10
aa) Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG ist nicht nur das Verfahren bis zum Abschluss einer Instanz. Vielmehr bezeichnet der Begriff die gesamte, bei Einlegung entsprechender Rechtsmittel auch mehrere Instanzen umfassende gerichtliche Tätigkeit in einer Sache (BGH Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10 - FamRZ 2010, 639 Rn. 8). Zwar könnte der Wortlaut des Art. 111 Abs. 2 FGG-RG, der auf das Vorhandensein einer Endentscheidung verweist, zu der Fehldeutung verleiten, gerichtliches Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG sei das Verfahren innerhalb eines Rechts- zugs, nicht das gerichtliche Verfahren über den Instanzenzug hinweg, weil nach der Legaldefinition in § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Endentscheidung als instanzbeendende Entscheidung konzipiert sei. Dass der Gesetzgeber das Verfahren jedoch instanzübergreifend verstanden hat, ergibt sich eindeutig sowohl aus der Entstehungsgeschichte der Gesetzesvorschrift als auch aus deren Sinn und Zweck, während die Regelung in Art. 111 Abs. 2 FGG-RG nur der Klarstellung in Bestandsverfahren wie Betreuung oder Vormundschaft dienen sollte (BGH Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10 - FamRZ 2010, 639 Rn. 9 ff. mwN).

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten.

(2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so ist § 69 nicht anzuwenden.

(3) Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 283/06 Verkündet am:
7. Januar 2008
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ein Insolvenzverwalter kann eine gemäß dem Insolvenzplan treuhänderisch an ihn abgetretene
Masseforderung nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr als Partei kraft Amtes,
sondern nur aus eigenem Recht als Zessionar weiterverfolgen (im Anschluss an Sen.Urt. v.
15. Juni 1992 - II ZR 88/91, ZIP 1992, 1152 f.).

b) Eine Bankbestätigung i.S. von § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG muss zu dem - der Bank bekannten -
Zweck der Vorlage zum Handelsregister bestimmt sein und grundsätzlich erkennen lassen, dass
die (eingeforderten) Bareinlagen eines oder mehrerer bestimmter Inferenten zu endgültig freier
Verfügung des Vorstandes der Aktiengesellschaft auf das Bankkonto einbezahlt (worden) sind.
Auf die Gegenwarts- oder Vergangenheitsform der Bestätigung kommt es nicht an.

c) Eine den vorgenannten Erfordernissen entsprechende Bankbestätigung ist gemäß § 37 Abs. 1
Satz 4 AktG haftungsbegründend unrichtig, wenn bzw. soweit der bestätigte Einlagebetrag nach
den der Bank bekannten Umständen nicht oder nicht wirksam zu endgültig freier Verfügung des
Vorstandes geleistet worden und die Einlageschuld des oder der betreffenden Inferenten daher
nicht erfüllt ist. Das Gleiche gilt, wenn die Bank "Geldeingänge" aus nicht genannten Quellen als
zu freier Verfügung des Vorstandes stehend in dem Bewusstsein bestätigt, dass damit dem Registergericht
der Nachweis einer ordnungsgemäßen Kapitalaufbringung vorgespiegelt werden
soll.

d) Auf ein Bankkonto der Gesellschaft geleistete Zahlungen sind nicht schon dann der freien Verfügung
des Vorstandes entzogen, wenn nicht er allein für das Konto zeichnungsberechtigt ist.

e) Ein erstinstanzlicher Beweisantritt der in erster Instanz obsiegenden Partei ist von dem Berufungsgericht
auch ohne Wiederholung des Beweisangebots zu beachten.
BGH, Urteil vom 7. Januar 2008 - II ZR 283/06 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. November 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Insolvenzverwalter der T. AG (nachfolgend: Schuldnerin ). Sie war eine von mehreren Tochtergesellschaften der W. AG (nachfolgend: W. AG) und wurde von dieser im November 1995 gegründet. Die Beklagte (bzw. deren Rechtsvorgängerin) war die Hausbank der Schuldnerin. Am 28. Mai 1996 beschloss die Hauptversammlung der Schuldnerin eine Erhöhung ihres Grundkapitals von 100.000,00 DM auf 12.550.000,00 DM durch Ausgabe von 249.000 Inhaber-Stammaktien zum Nennbetrag zu je 50,00 DM. Am selben Tag wurde der Erhöhungsbeschluss zum Handelsregister angemeldet. Durch weiteren Hauptversammlungsbeschluss vom 28. Februar 1997 wurde der Kapitalerhöhungsbeschluss wiederholt. Am 15. Oktober 1997 zeichnete die W. AG sämtliche neuen Aktien zu einem Ausgabebetrag von insgesamt 15.562.500,00 DM (62,50 DM je Aktie). Es war vorgesehen, die Aktien später auf zahlreiche Anleger, die zunächst Aktienzertifikate der Schuldnerin erworben hatten oder erwerben sollten, aufzuteilen. Unter dem 15. Dezember 1997 meldeten der Alleinvorstand M. und der Aufsichtsratsvorsitzende D. der Schuldnerin die Durchführung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister an; sie erklärten dabei, dass der "Geldbetrag von 15.562.500,00 DM bei der Gesellschaft einbezahlt" wurde und "endgültig zur freien Verfügung des Vorstands steht." Beigefügt war ein Schreiben der Beklagten an die Schuldnerin vom 15. Dezember 1997, das von dem Vorstandsmitglied K. der Beklagten sowie ihrer Angestellten B. unterzeichnet war und folgenden Inhalt hatte: "Konto der Firma T. AG Nr. - 820962 Sehr geehrter Herr M. , wunschgemäß bestätigen wir Ihnen, dass auf dem vorgenannten Konto ... seit Kontoeröffnung bis 15.12.1997 Geldeingänge über DM 15.562.500 zu verzeichnen waren und diese Mittel dem Vorstand endgültig zur freien Verfügung standen."
2
Seit 26. Februar 1997 hatte die Beklagte der Schuldnerin auf deren Wunsch bereits mehrere Bestätigungen über die bisherigen Kontozuflüsse übersandt, zuletzt am 20. November 1997 über ca. 31,5 Mio. DM, jeweils mit dem Hinweis, dass "eine Prüfung der dem Mittelzufluss zugrunde liegenden Beteiligungsverträge bzw. der Buchungsunterlagen sowie der Weiterverwendung der eingegangenen Mittel von uns nicht vorgenommen" wurde. Tatsächlich hatte das Konto am 15. Dezember 1997 nur noch ein Haben von ca. 50.000,00 DM, weil in der Zeit davor Beträge in zweistelliger Millionenhöhe insbesondere an andere Gesellschaften des W. Konzerns überwiesen worden waren.
3
Mit einem weiteren Schreiben vom 23. Januar 1998 bestätigte die Beklagte der Schuldnerin unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 15. Dezember 1997, dass auf dem vorgenannten Konto "Geldeingang bis 15.12.1997 über DM 15.562.500 zu verzeichnen war und dieser Betrag dem Vorstand endgültig zur freien Verfügung stand". Dieses Schreiben wurde ebenfalls dem Registergericht vorgelegt, das die Durchführung der Kapitalerhöhung am 25. März 1998 im Handelsregister eintrug.
4
Nach dem Vortrag der Beklagten waren auf dem genannten Konto seit dessen Eröffnung Einzahlungen in einer den oben genannten Betrag weit übersteigenden Höhe eingegangen. Zeichnungsberechtigt für das Konto waren gemäß Vereinbarung mit der Beklagten - jeweils zu zweit handelnd - der Alleinvorstand M. der Schuldnerin, ihr Aufsichtsratsvorsitzender D. sowie die Vorstandsmitglieder B. und S. der W. AG.
5
Am 30. Juni 2000 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 13. Dezember 2002 beantragte er den Erlass eines Mahnbescheids gegen die Beklagte über den Betrag von 7.956.979,90 € (= 15.562.500,00 DM) als Schadensersatz wegen Ausstellung falscher Bankbestätigungen gemäß §§ 188 Abs. 2, 37 Abs. 1 Satz 4 AktG. Am 6. Januar 2003 übersandte das Mahngericht dem Kläger eine Abschrift des Widerspruchs der Beklagten vom 17. Dezember 2002. Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2003, der am 4. Juli 2003 bei Gericht einging , begründete der Kläger den geltend gemachten Anspruch und wies darauf hin, dass das Insolvenzverfahren inzwischen (am 25. Februar 2003) aufgehoben worden, er aber gemäß einem - von dem Insolvenzgericht rechtskräftig bestätigten - Insolvenzplan "befugt und veranlasst" sei, die Ansprüche der Schuldnerin gegenüber der Beklagten weiterzuverfolgen. Gemäß dem Insolvenzplan (§§ 207 ff. InsO) hat die Schuldnerin den streitigen Anspruch an den Kläger "als Treuhänder" mit der Maßgabe abgetreten, hierauf eingehende Zahlungen der Beklagten nach den Regelungen des Insolvenzplans zu verteilen. Während des Rechtsstreits in erster Instanz wurde am 1. Februar 2004 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin erneut eröffnet und der Kläger wiederum zum Insolvenzverwalter bestellt.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr - mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Zinsen - entsprochen. Dagegen richtet sich die - von dem Berufungsgericht zugelassene - Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision führt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung.

I.

8
Im Ergebnis ohne Erfolg bleibt allerdings die Revisionsrüge, das Berufungsgericht (ZIP 2007, 371) verkenne, dass die von dem Kläger "als Insolvenzverwalter" erhobene (und fortgeführte) Klage schon wegen "fehlender Aktivlegitimation" bzw. deshalb abzuweisen sei, weil die streitige Forderung aus § 37 Abs. 1 Satz 4 AktG - ihr Bestehen unterstellt - nach ihrer treuhänderischen Abtretung an den Kläger im Außenverhältnis nicht mehr der Insolvenzschuldnerin , sondern dem Kläger in Person zustehe.
9
1. Richtig ist zwar, dass der Kläger mit der durch rechtskräftige Bestätigung des Insolvenzplans gemäß § 254 Abs. 1 InsO wirksam gewordenen (vgl. Begr.RegE, InsO, BT-Drucks. 12/2443 S. 202; Hess, InsO § 228 Rdn. 3) Abtretung der streitigen Forderung an ihn als Treuhänder sowie mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 258 InsO) am 25. Februar 2003 sein Prozessführungsrecht als Insolvenzverwalter verloren hat, dieses vielmehr auf ihn persönlich - als Treuhandzessionar - übergegangen ist (vgl. Sen.Urt. v. 15. Juni 1992 - II ZR 88/91, ZIP 1992, 1152 f.). § 265 Abs. 2 ZPO findet - unabhängig von der Frage seiner Anwendbarkeit bei einer Rechtsnachfolge im Mahnverfahren vor Abgabe gemäß § 696 Abs. 3 ZPO (vgl. dagegen BGH, Urt. v. 4. Februar 1975 - VII ZR 85/73, NJW 1975, 929; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO 28. Aufl. § 265 Rdn. 11; a.A. Bork/Jacoby, JZ 2000, 135) - im hier gegebenen Fall der Aufhebung des Insolvenzverfahrens keine Anwendung (vgl. Senat aaO). Ebenso wenig greift hier § 259 Abs. 3 InsO ein, der einen Fortbestand der Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters ausschließlich für anhängige Insolvenzanfechtungsprozesse bestimmt (vgl. Uhlenbruck/Lüer, InsO 12. Aufl. § 260 Rdn. 20). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die Abtretung auch nicht deshalb unwirksam, weil § 259 Abs. 1 InsO eine nur partielle Wiedererlangung der Verfügungsbefugnis des Schuldners nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht vorsieht. Vielmehr kann gemäß § 228 InsO im gestaltenden Teil des Insolvenzplans eine Forderungsübertragung vorgenommen und dadurch verhindert werden, dass der Schuldner insoweit seine Verfügungsbefugnis gemäß § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO wiedererlangt (vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht 2. Aufl. Rdn. 28.81; MünchKommInsO/Huber § 254 Rdn. 21).
10
Ist sonach der Kläger Inhaber der fraglichen Forderung geworden, woran der fiduziarische Charakter der Abtretung und die im Insolvenzplan vorgesehene Nachtragsverteilung nichts ändern (vgl. Sen.Urt. v. 15. Juni 1992 aaO zu I 2 b), hat er ein Prozessführungsrecht als Partei kraft Amtes hinsichtlich dieser Forderung - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - auch nicht dadurch wiedererlangt, dass er am 1. Februar 2004 erneut zum Insolvenzverwalter bestellt wurde. Durch die erneute Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde die Abtretung an den Kläger nicht gemäß § 255 Abs. 2 InsO hinfällig; die Vorschrift gilt nicht bei Verfügungen über Massegegenstände (vgl. HeidelbergerKommInsO /Flessner 4. Aufl. § 255 Rdn. 3). Auch eine Einziehungsbefugnis des Klägers als Insolvenzverwalter gemäß § 166 Abs. 2 InsO scheidet hier aus, weil es sich nicht um eine Sicherungszession, sondern um eine im Insolvenzplan bestimmte Inkassozession handelt. Ebenso wenig führt die Beendigung des Treuhandauftrags gemäß §§ 115, 116 InsO zu einem automatischen Rückfall des Treuguts - hier der streitigen Forderung aus § 37 Abs. 1 S. 4 AktG - an die Schuldnerin (vgl. Uhlenbruck/Berscheid, InsO §§ 115, 116 Rdn. 11).
11
2. All das führt aber nicht zur Abweisung der Klage wegen fehlender Aktivlegitimation der Schuldnerin bzw. des Klägers als Insolvenzverwalter. Grundsätzlich ist zwar zwischen der Klage eines Insolvenzverwalters als Partei kraft Amtes, die ein fremdes Recht - des Insolvenzschuldners - im eigenen Namen geltend macht (vgl. BGHZ 88, 331, 334), und einer Klage derselben Person aus eigenem Recht (auch als Zessionar) zu unterscheiden (vgl. BGHZ 78, 1, 6). Die Parteibezeichnung ist jedoch auslegungsfähig (vgl. BGHZ 4, 328) und kann bei ersichtlicher Unrichtigkeit von Amts wegen berichtigt werden (vgl. Sen.Urt. v. 12. Oktober 1987 - II ZR 21/87, ZIP 1988, 571, 574 m.w.Nachw.; Musielak/ Weth, ZPO 5. Aufl. § 50 Rdn. 7). So ist es auch hier.
12
Der Kläger hat bereits in seiner im Mahnverfahren eingereichten Anspruchsbegründung zum Ausdruck gebracht, dass er sein Prozessführungsrecht nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens auf die in dem Insolvenzplan bestimmte Treuhandzession stütze. In seiner Eigenschaft als Treuhandzessionar war und ist der Kläger klagebefugt und aktivlegitimiert. In dieser Eigenschaft ist er nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens in den (damals noch im Mahnverfahren anhängigen) Rechtsstreit eingetreten, wobei hier dahinstehen kann, ob es sich um einen Eintritt kraft Gesetzes (vgl. Sen.Urt. v. 15. Juni 1992 aaO zu I 2 a a.E.: nach Rechtshängigkeit), oder um eine gewillkürte Parteiänderung (vgl. BGHZ 155, 38, 45) handelt, die im Mahnverfahren vor Rechtshängigkeit (§ 696 Abs. 3 ZPO) ohne Zustimmung der Gegenpartei möglich wäre (OLG Celle NJW-RR 1998, 206; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO 28. Aufl. vor § 688 Rdn. 3). Soweit der Kläger in dem Rechtsstreit gleichwohl "als Insolvenzverwalter" auftrat, ist das eine unschädliche Falschbezeichnung, die an seiner wahren Berechtigung und Parteistellung als Treuhandzessionar nichts ändert. Auch seine rechtsirrige Ansicht, trotz der von ihm dargelegten Änderung der Grundlagen seiner Parteistellung weiterhin "als Insolvenzverwalter" klagebefugt zu sein, bindet das Gericht nicht, weil es sich insoweit um eine reine Rechtsfrage handelt. Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in den Raum gestellte Möglichkeit einer Rückabtretung der streitigen Forderung an die Schuldnerin hätte gemäß § 265 Abs. 2 ZPO auf den Prozess und die Parteistellung des Klägers keinen Einfluss. Dementsprechend ist hier das Klagerubrum zu berichtigen. Dass der Kläger damit für die Prozesskosten persönlich haftet und ggfs. auf einen Erstattungsanspruch gegen die Schuldnerin (§ 670 BGB) angewiesen ist, entspricht der ausdrücklichen Regelung im Insolvenzplan.

II.

13
Das angefochtene Urteil hält indes revisionsrechtlicher Nachprüfung schon deshalb nicht stand, weil es, wie die Revision zu Recht rügt, auf der verfahrensfehlerhaft unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG gewonnenen Überzeugung beruht, das ehemalige Vorstandsmitglied K. der Beklagten habe (ihr gemäß § 31 BGB zurechenbar) bei Abfassung der Schreiben vom 15. Dezember 1997 und vom 23. Januar 1998 gewusst, dass die "Haupttäter" diese als Einzahlungsnachweis für die von der W. AG als Zeichnerin geschulde- ten Einlagen dem Registergericht vorlegen und ihm damit eine ordnungsgemäße Kapitalaufbringung vorspiegeln wollten.
14
1. Das Berufungsgericht stützt seine Überzeugung insbesondere auf die von dem Kläger in erster Instanz mit Schriftsatz vom 16. November 2005 (GA 85 ff.) vorgelegten Auszüge aus den Strafgerichtsakten bzw. auf die dortigen Protokolle über die Vernehmung der Zeugen S. und Staatsanwalt T. . Die Beklagte habe dazu - trotz der den Parteien mitgeteilten "allgemeinen Verfahrenshinweise" und trotz Aufforderung des Senatsvorsitzenden vom 11. Juli 2006 - nichts Substantielles erwidert und jedenfalls in der Berufungsinstanz keinen Gegenbeweis angeboten oder als vom Landgericht übergangen gerügt (BU 9).
15
a) Zu Recht beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht den - beweisbewehrten - Vortrag der Beklagten in ihrem erstinstanzlichen (von dem Landgericht zur Erwiderung auf den Schriftsatz des Klägers vom 16. November 2005 nachgelassenen, GA I 88) Schriftsatz der Beklagten vom 13. Dezember 2005 (GA I 90, 94 ff.) außer Acht gelassen habe. Die Beklagte hat dort unter Berufung auf ihr ehemaliges Vorstandsmitglied K. als Zeugen Gegenbeweis dafür angetreten, dass ihm und damit ihr bei Ausstellung der beiden von den Verantwortlichen der Schuldnerin gewünschten und vorformulierten Bankbestätigungen nicht bekannt gewesen sei, dass diese dem Registergericht vorgelegt werden sollten. Entsprechendes habe der Zeuge auch in einem anderen Verfahren vor dem Landgericht München ausgesagt und darauf hingewiesen, dass zur Vorlage bei dem Handelsregister bestimmte Bestätigungen üblicherweise eine entsprechende Zweckbestimmung ausgewiesen hätten.
16
b) Den beantragten Zeugenbeweis hätte das Berufungsgericht erheben müssen. Einer zweitinstanzlichen Wiederholung des Beweisantritts bedurfte es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht, weil die Beklagte in erster Instanz obsiegt hatte und dafür der Beweisantritt unerheblich war (vgl. BGH, Urt. v. 5. November 1996 - VI ZR 343/95, NJW 1997, 528 f.; BVerfG NJW 1982, 1636; Musielak/Foerste, ZPO 5. Aufl. § 284 Rdn. 11). Ebenso wenig können die von dem Berufungsgericht verwerteten Aussageprotokolle zur Ablehnung der beantragten Zeugenvernehmung führen (vgl. BGHZ 7, 116, 122; Musielak/ Stadler aaO § 355 Rdn. 9 m.w.Nachw.), zumal die Beklagte eine gegenteilige protokollierte Aussage des Zeugen K. vorgelegt hat. Die "allgemeinen Verfahrenshinweise" des Berufungsgerichts können an dem geltenden Verfahrensrecht nichts ändern; sie richten sich im Übrigen unter Bezugnahme auf § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO an den jeweiligen "Berufungsführer", betrafen die Beklagte also ohnehin nicht. Die Aufforderung des Senatsvorsitzenden des Berufungsgerichts gegenüber der Beklagten zur Stellungnahme bezog sich in erster Linie auf ein vom Kläger vorgelegtes Rechtsgutachten. Soweit daneben - unter Bezugnahme auf Großkomm.z.AktG/Röhricht Rdn. 26 "zu § 36 AktG" (gemeint: § 37 AktG) - eine Stellungnahme zu den "Kenntnissen" der Beklagten angeregt wurde, betrifft das nicht die Frage der Zweckbestimmung der Bestätigungen. Ein Verzicht der Beklagten auf ihren erstinstanzlichen Beweisantritt ist nicht festgestellt.
17
2. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen, von der vorliegenden Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unabhängigen Gründen im Ergebnis als richtig dar. Vielmehr ist der von dem Berufungsgericht übergangene Beweisantritt objektiv entscheidungserheblich (vgl. zu diesem Erfordernis im Fall eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG BGH, Urt. v. 18. Juli 2003 - V ZR 187/02, NJW 2003, 3205 f.).
18
a) Die Gewährleistungshaftung eines Kreditinstituts für die Richtigkeit einer von ihm erteilten Bestätigung gemäß § 37 Abs. 1 Satz 3, 4 AktG ist zwar im Grundsatz verschuldensunabhängig (vgl. BGHZ 113, 335, 355; 119, 177, 180 f.; Hüffer, AktG 7. Aufl. § 37 Rdn. 5 a; MünchKommAktG/Pentz 2. Aufl. § 37 Rdn. 41; Großkomm.z.AktG/Röhricht 4. Aufl., § 37 Rdn. 31), setzt aber - neben weiteren noch zu erörternden Einschränkungen - zumindest voraus, dass die Bestätigung zu dem - der Bank bekannten - Zweck ihrer Vorlage zum Handelsregister ausgestellt wird (vgl. BGHZ 113, 335 f., Leitsatz c; Sen.Urt. v. 16. Dezember 1996 - II ZR 200/95, ZIP 1997, 281 zu II). Das ergibt sich aus der von § 37 Abs. 1 AktG vorausgesetzten Einbindung der Bank in die Registeranmeldung durch die in § 36 Abs. 1 und § 188 Abs. 1 AktG genannten Personen. Andernfalls wäre die weitgehende, neben die Haftung der Anmelder bei der Gründung (§§ 46, 48 AktG) tretende und der Höhe nach ihrer Haftung für fehlende Einlagen entsprechende (vgl. BGHZ 113, 335, 355) Gewährleistungshaftung der Bank nicht zu rechtfertigen.
19
b) Der zum Teil an § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG angelehnte Wortlaut der "Additionsbestätigungen" der Beklagten mag ein Indiz dafür sein, dass ihr deren Zweckbestimmung bekannt war. Zwingend ist das aber nicht, weil es sich bei der Beklagten (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) um eine kleine Genossenschaftsbank handelte und die hier maßgeblichen Bestätigungen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von den "Haupttätern" vorformuliert wurden. Jedenfalls machen das genannte Indiz und sonstige Indizien die Erhebung des von der Beklagten angebotenen Gegenbeweises nicht entbehrlich (vgl. dazu BGH, Urt. v. 19. März 2002 - XI ZR 193/01, NJW-RR 2002, 1073).
20
3. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Klage aber auch nicht aus Rechtsgründen abweisungsreif.
21
a) Anders als die Revision meint, steht der Qualifizierung der Schreiben der Beklagten vom 15. Dezember 1997 und vom 23. Januar 1998 als "Bankbestätigungen" i.S. von § 37 Abs. 1 Satz 3, 4 AktG nicht entgegen, dass sie - abweichend vom Wortlaut der Vorschrift - nicht die aktuelle Verfügungsmacht des Vorstandes über die eingezahlten Mittel bescheinigen, sondern in Vergangenheitsform abgefasst sind ("zur Verfügung standen"). Diese Formulierung entspricht vielmehr dem gewandelten Verständnis der Erklärungen der Anmelder (§ 37 Abs. 1 Satz 1 AktG) im Lichte der Rechtsprechung des Senats, die dahin geht, dass die auf eine beschlossene Kapitalerhöhung einzuzahlenden Beträge zwar zu endgültig freier Verfügung des Vorstandes ohne Rückfluss an den Inferenten einbezahlt werden, nicht aber bis zur Registeranmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung (§ 188 AktG) unangetastet bleiben müssen (vgl. BGHZ 119, 177, 187 f.; 150, 197; Sen.Urt. v. 26. September 2005 - II ZR 380/03, ZIP 2005, 2012, 2014 zu II 2 a). Dementsprechend betrifft auch eine im Präsens gefasste Erklärung der Anmelder (§ 188 Abs. 1, 2, § 37 Abs. 1 Satz 1 AktG) lediglich die Erfüllungswirkung der Einlagenzahlung in Bezug auf die Einlageschuld (vgl. Sen.Urt. v. 26. September 2005 aaO m.w.Nachw.) und hat den Sinngehalt, dass der gegenüber den Zeichnern eingeforderte Einlagebetrag zu freier Verfügung des Vorstandes einbezahlt und auch in der Folge nicht an den Einleger zurückgezahlt worden ist (vgl. BGHZ 150, 197, 201).
22
aa) Eine in Vergangenheitsform gefasste Bankbestätigung i.S. von § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG lag auch dem Senatsurteil vom 13. Juli 1992 (BGHZ 119, 177, 178) zugrunde und wurde von dem Senat dort als haftungsbegründend unrichtig angesehen, weil die Einlageleistung sofort mit Gegenforderungen der Bank verrechnet worden war und daher niemals zur freien Verfügung des Vorstandes gestanden hatte. Anders als dort sowie im Fall des Senatsurteils vom 18. Februar 1991 (BGHZ 113, 335, 338) fehlt allerdings im vorliegenden Fall in den beiden Schreiben der Beklagten jeglicher Hinweis darauf, dass es sich um Einlageleistungen und solche eines bestimmten Inferenten (hier der W. AG als Zeichnerin) handeln sollte. Bestätigt wurden lediglich "Geldeingänge" auf dem genannten Konto bis 15. Dezember 1997 in Höhe von (insgesamt) 15.562.500,00 DM, die aus nicht genannten Quellen stammten. Offenbar handelte es sich, wie das Berufungsgericht lediglich andeutet (BU 3, 16), um Gelder von Kleinanlegern, welche zuvor Aktienzertifikate der Schuldnerin erworben hatten (vgl. auch Sen.Urt. v. 26. September 2005 aaO S. 2014).
23
bb) Welchen Inhalt eine Bankbestätigung i.S. von § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG haben muss, um als solche zu gelten, ergibt sich aus ihrer gesetzlich bestimmten Funktion, zum Nachweis der Erklärung der Anmelder (§ 37 Abs. 1 Satz 1 AktG, § 188 Abs. 2 AktG) über die ordnungsgemäße Einzahlung des eingeforderten Bareinlagebetrags (§§ 36 Abs. 2, 54 Abs. 3 AktG) zu dienen (§ 37 Abs. 1, Satz 2, 3 AktG) und damit insoweit das Vorliegen der Voraussetzungen für die Registereintragung nachzuweisen (vgl. BGHZ 113, 335, 351 ff.; 119, 177, 188 f.). Dementsprechend hat der Senat (Urt. v. 16. Dezember 1996 - II ZR 200/95, ZIP 1997, 281) der Erklärung einer Bank über die Gutschrift einer "Kapitaleinlage" die (objektive) Qualität einer Bankbestätigung i.S. von § 37 Abs. 1 Satz 4 AktG abgesprochen, weil eine Leistung zu freier Verfügung der Geschäftsleitung (§ 37 Abs. 1 Satz 3 AktG) nicht bestätigt worden war (zust. Roth LM Nr. 4 zu § 57 GmbHG). Neben dieser - im vorliegenden Fall gegebenen - Voraussetzung muss eine Bankbestätigung, um den genannten Nachweiserfordernissen zu genügen, grundsätzlich erkennen lassen, dass es sich um Einlageleistungen bestimmter Inferenten handelt, was allerdings im Kontext mit den bei dem Registergericht einzureichenden Erklärungen und Unterlagen der Anmelder (§ 188 Abs. 2, 3 Nr. 1 AktG) auch konkludent geschehen kann. Das setzt dann aber voraus, dass der Bank nicht nur der Zweck ihrer Bestätigung zur Vorlage bei dem Registergericht, sondern der genannte Kontext bekannt ist, sie also weiß, dass mit ihrer Bestätigung der Nachweis der Einlagen- zahlung eines bestimmten Inferenten (hier der W. AG) geführt werden soll und es hierauf ankommt. Soweit das Berufungsgericht diese Voraussetzung hier für gegeben hält und annimmt, die Beklagte habe dem Registergericht in kollusivem Zusammenwirken mit den "Haupttätern" das Vorhandensein des von der W. AG geschuldeten Bareinlagebetrages auf dem Konto "vorspiegeln" wollen, setzt sich sein o.g. Verfahrensfehler fort. Nach dem beweisbewehrten Vortrag der Beklagten ist nicht auszuschließen, dass die "Haupttäter" die Beklagte als gutgläubiges Werkzeug eingesetzt und die Bestätigungen so vorformuliert haben , dass sie von der Beklagten noch einigermaßen guten Gewissens unterzeichnet werden konnten, gleichwohl aber zu den Erklärungen der Anmelder "passten".
24
b) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Klage auch nicht wegen bereits feststehender objektiver Richtigkeit der Bankbestätigungen der Beklagten abweisungsreif.
25
aa) Die von einem Kreditinstitut in zumutbarer Weise zu erwartende Gewähr für die inhaltliche Richtigkeit einer zur Vorlage bei dem Handelsregister bestimmten Erklärung gemäß § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG erstreckt sich nicht nur darauf, dass in Bezug auf die Einlageleistung keine Gegenrechte der Bank und auch keine ihr aus der Kontoführung bekannten Rechte Dritter, z.B. aus Pfändung , bestehen (so Hüffer, AktG 7. Aufl. § 37 Rdn. 3 a m.w.Nachw.); sie muss sich aber auf die zutreffende Angabe von Tatsachen beschränken, die dem Kreditinstitut aufgrund seiner Funktion innerhalb des konkreten Kapitalaufbringungsvorgangs bekannt sind (vgl. Großkomm.z.AktG/Röhricht 4. Aufl. § 37 Rdn. 26; ders., Festschrift Boujong, 1996, S. 457, 465 ff.; ähnlich MünchKommAktG/Pentz 2. Aufl. § 37 Rdn. 35). Das Kreditinstitut ist insoweit Auskunftsstelle, nicht aber Garant für die ordnungsgemäße Erbringung der Bareinlage (Großkomm.z.AktG/Röhricht aaO). Soweit eine Bank eine Einlage- leistung zu freier Verfügung des Vorstands bestätigt, bezieht sich das inhaltlich darauf, dass nach ihrer Kenntnis keine der freien Verfügungsmacht des Vorstands entgegenstehenden Umstände vorliegen (vgl. MünchKommAktG/Pentz aaO), was dann aber auch alle derartigen ihr bekannten Umstände umfasst, so dass ihre Bestätigung je nach ihrem Kenntnisstand die gleiche oder auch eine geringere inhaltliche Tragweite als die Erklärungen der Anmelder (§ 37 Abs. 1 Satz 1 AktG) haben kann (Großkomm.z.AktG/Röhricht aaO § 37 Rdn. 27).
26
bb) Zu Recht beanstandet die Revision allerdings die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die Bestätigungen der Beklagten seien hinsichtlich der angeblichen freien Verfügungsmacht des Vorstandes der Schuldnerin über die eingezahlten Beträge schon deshalb unrichtig gewesen, weil nicht er allein und zudem die beiden Vorstandsmitglieder der Muttergesellschaft W. AG für das Bankkonto zeichnungsberechtigt gewesen seien. Diese - ausweislich der Unterschriftenkarte noch aus dem Gründungsstadium der Schuldnerin herrührenden - Zeichnungsmodalitäten konnten, wie das Berufungsgericht selbst feststellt , von dem Alleinvorstand der Schuldnerin jederzeit aufgehoben werden und hinderten diesen nicht, über die jeweiligen Kontoguthaben unter Berufung auf sein unbeschränkbares Alleinvertretungsrecht (§§ 78 Abs. 1, 82 Abs. 1 AktG) oder auch zusammen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden als Überwachungsorgan (§ 111 Abs. 1 AktG) zu verfügen. Aus der daneben bestehenden Zeichnungsbefugnis der beiden Vorstandsmitglieder der W. AG ergibt sich nicht eine Mitberechtigung dieser Gesellschaft selbst (als Zeichnerin und Einlageschuldnerin ) an dem Konto mit der Folge, dass von ihr oder für sie (von Dritten) gezahlte Einlagen in Wahrheit nicht aus ihrem Herrschafts- und Vermögensbereich ausgeschieden wären (vgl. zu diesem Erfordernis Großkomm.z.AktG/ Röhricht aaO § 36 Rdn. 56). Kontoinhaber war allein die Schuldnerin. Anders als im Fall des Senatsurteils vom 16. Januar 2006 (BGHZ 166, 8, 16: CashPool ) handelte es sich hier nicht um ein dinglich der Einlageschuldnerin zuge- ordnetes Zentralkonto mit nur schuldrechtlich eingeräumter Möglichkeit der Belastung durch die Einlagegläubigerin. Ebenso wenig verlieh die bloße Zeichnungsberechtigung der beiden Vorstandsmitglieder der W. AG diesen im Verhältnis zu der Schuldnerin eine "Mitberechtigung" an dem Konto (vgl. dazu MünchKommAktG/Pentz aaO § 37 Rdn. 36) zu beliebigen Verfügungen über die eingezahlten Beträge ohne den Willen des Vorstands der Schuldnerin, wenn nicht eine dahingehende Verfügungsmacht der beiden Vorstandsmitglieder der W.-AG vereinbart war oder praktiziert wurde. Dass dies der Fall und der Beklagten bekannt war, ist nicht festgestellt.
27
Nach dem Senatsurteil vom 29. Januar 2001 (II ZR 183/00, ZIP 2001, 513 zur GmbH) ist selbst eine Zahlung auf ein eigenes, als Geschäftskonto der Gesellschaft genutztes Konto des Inferenten eine Zahlung zu freier Verfügung des Geschäftsführers, wenn das Guthaben tatsächlich für Gesellschaftszwecke verwendet wird.
28
cc) Wie der Senat im Urteil vom 26. September 2005 (II ZR 380/03, ZIP 2005, 2012, 2014 zu § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG) ausgeführt hat, waren die in Vergangenheitsform gefassten "Additionsbestätigungen" der Beklagten als solche - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - auch nicht bereits deshalb haftungsbegründend falsch, weil die eingezahlten Beträge großenteils nicht mehr auf dem Konto vorhanden waren. Entscheidendes Kriterium für die (objektive ) Richtigkeit oder Unrichtigkeit von Erklärungen gemäß § 37 Abs. 1 AktG ist vielmehr die Erfüllung der Einlageschuld (vgl. oben II 3 a). Das zeigt sich schon daran, dass ein Kreditinstitut selbst im Fall wahrheitswidriger Bestätigung von angeblich auf dem Gesellschaftskonto noch vorhandenen Einlagemitteln nicht etwa schlechthin in Höhe der Differenz zu dem tatsächlichen Kontostand haftet, wie das Berufungsgericht offenbar meint. Träfe das zu, müsste die Bank in entsprechendem Umfang auch dann haften, wenn das ordnungsgemäß aufge- brachte Kapital zuvor in zulässiger Weise für Gesellschaftszwecke verwendet (vgl. BGHZ 119, 177, 187 f.; 150, 197, 200) oder auch nur auf ein Konto der Gesellschaft bei einer anderen Bank transferiert worden ist. Richtigerweise geht aber die Gewährleistungshaftung der Bank ebenso wie die Haftung der Anmelder bei der Gründung (§§ 36, 46, 48 AktG) lediglich dahin, nicht oder nicht wirksam aufgebrachte Bareinlagen nach Maßgabe ihrer Bestätigung selber zu leisten (BGHZ 113, 335, 355 vgl. MünchKommAktG/Pentz aaO § 37 Rdn. 40; § 46 Rdn. 31; Großkomm.z.AktG/Röhricht aaO § 37 Rdn. 32).
29
Inwieweit im vorliegenden Fall der von der W.-AG als Zeichnerin geschuldete Ausgabebetrag von 15.562.500,00 DM nicht wirksam aufgebracht ist, stellt das Berufungsgericht nicht im Einzelnen fest. Die tatbestandliche Feststellung , es seien von dem Konto zweistellige Millionenbeträge "insbesondere an andere Gesellschaften des W.-Konzerns" (und dadurch mittelbar an die W. AG als Einlageschuldnerin und Konzernmutter; vgl. dazu BGHZ 166, 8, 15 Tz. 18 m.w.Nachw.) überwiesen worden, genügt dafür ebenso wenig wie die bloße Andeutung, es sei von der Beklagten nicht behauptet und auch sonst nicht anzunehmen , dass "die Aktionäre" auf die Einlageschuld der W. AG geleistet hätten (BU 16). Soweit damit die Erwerber von Aktienzertifikaten gemeint sein sollten , ist auf die Ausführungen in dem Senatsurteil vom 26. September 2005 (aaO ZIP 2005, 2012, 2014 zu II 2 b) zu verweisen.
30
Anders als das Berufungsgericht anscheinend meint, ist der Kläger für den Umfang der nicht oder nicht wirksam geleisteten Einlagen und für die Höhe eines ggfs. hieraus resultierenden Schadensersatzanspruchs darlegungs- und beweispflichtig; die Beklagte trifft nicht - wie einen Einlageschuldner - die Beweislast für die Erfüllung der Einlageschuld. Auch insoweit bedarf es ggfs. noch tatrichterlicher Feststellungen zu dem Parteivortrag, wie die Revision (RB 15 f.) zu Recht rügt.
31
dd) Zusammengefasst kommt sonach, wovon das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgeht, eine Haftung der Beklagten gemäß § 37 Abs. 1 Satz 4 AktG dann in Betracht, wenn die von der W. AG als Zeichnerin geschuldete Bareinlage ganz oder zum Teil nicht (wirksam) aufgebracht worden ist (vgl. BGHZ 113, 335, 355), und wenn die Beklagte bei Ausstellung ihrer Bestätigungen wusste, dass damit dem Registergericht eine Bestätigung des aktuellen Kontostandes "vorgespiegelt" werden sollte, um es von weiteren Nachforschungen über die Wirksamkeit der Kapitalaufbringung abzuhalten. In diesem Fall läge ein Missbrauch der Funktion einer Bankbestätigung vor (zur Funktion vgl. BGHZ 113, 335, 351 f.; 119, 177, 180; MünchKommAktG/Pentz aaO § 37 Rdn. 33) und käme es auf sonstige Kenntnisse der Beklagten hinsichtlich der etwaigen Unwirksamkeit der Kapitalaufbringung (vgl. oben aa) nicht an. Die genannten Voraussetzungen sind aber, wie schon erwähnt und wie die Revision zu Recht rügt, bisher nicht einwandfrei festgestellt.
32
c) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ist schließlich auch nicht verjährt.
33
aa) Nach weithin vertretener und zutreffender Ansicht verjähren Ersatzansprüche aus § 37 Abs. 1 Satz 4 AktG in entsprechender Anwendung des § 51 AktG binnen fünf Jahren ab Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung (§ 189 AktG; vgl. Hüffer AktG 7. Aufl. § 37 Rdn. 5 a; MünchKommAktG/ Peifer 2. Aufl. § 188 Rdn. 28; Großkomm.z.AktG/Röhricht aaO § 37 Rdn. 32 a.E., jeweils unter Hinweis auf öOGHAG 1994, 569), im vorliegenden Fall also beginnend am 25. März 1998. Die Frist wurde durch den am 13. Dezember 2002 beantragten Mahnbescheid gemäß §§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, 167 ZPO gehemmt. Auf die - nur für die Rechtshängigkeit gemäß § 696 Abs. 3 ZPO maßgebliche - "alsbaldige Abgabe der Streitsache" kommt es insoweit nicht an (BGH, Urt. v. 8. Mai 1996 - XII ZR 8/95, NJW 1996, 2152 zu 2 b; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO 28. Aufl. § 696 Rdn. 13).
34
bb) Dahinstehen kann, ob für eine Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1, 3 BGB nach wie vor eine Anspruchsverfolgung durch den dazu Berechtigten erforderlich ist (so Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 204 Rdn. 9 m.w.Nachw.; a.A. Kähler, NJW 2006, 1769). Der Kläger war bis zur Zustellung des Mahnbescheids als Insolvenzverwalter und danach als Treuhandzessionar (vgl. oben I 2) zu der Anspruchsverfolgung berechtigt. Selbst wenn man in der vom Kläger mitgeteilten Änderung seiner Rechtsstellung eine Erledigung des von ihm als Insolvenzverwalter eingeleiteten Mahnverfahren sehen wollte, hätte die Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB noch sechs Monate fortbestanden und hätte sich aufgrund der am 4. Juli 2003 bei Gericht eingereichten Anspruchsbegründung des Klägers fortgesetzt (§ 204 Abs. 2 Satz 3 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 16. März 1989 - VII ZR 63/88, NJWRR 1989, 1269; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB 11. Aufl. § 204 Rdn. 40).

III.

35
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die noch erforderlichen Feststellungen, wie oben im Einzelnen ausgeführt, ggfs. nach ergänzendem Parteivortrag, zu treffen.
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 17.01.2006 - 4 O 13173/03 -
OLG München, Entscheidung vom 16.11.2006 - 19 U 2754/06 -

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

Beteiligtenfähig sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, Personengruppen und Einrichtungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden.

(1) Antragsberechtigt

1.
sind bei Verstoß gegen § 1303 Satz 1, die §§ 1304, 1306, 1307, 1311 sowie in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 1 und 5 jeder Ehegatte, die zuständige Verwaltungsbehörde und in den Fällen des § 1306 auch die dritte Person. Die zuständige Verwaltungsbehörde wird durch Rechtsverordnung der Landesregierungen bestimmt. Die Landesregierungen können die Ermächtigung nach Satz 2 durch Rechtsverordnung auf die zuständigen obersten Landesbehörden übertragen;
2.
ist in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 der dort genannte Ehegatte.

(2) Der Antrag kann für einen geschäftsunfähigen Ehegatten nur von seinem gesetzlichen Vertreter gestellt werden. Bei einem Verstoß gegen § 1303 Satz 1 kann ein minderjähriger Ehegatte den Antrag nur selbst stellen; er bedarf dazu nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.

(3) Bei Verstoß gegen die §§ 1304, 1306, 1307 sowie in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 1 und 5 soll die zuständige Verwaltungsbehörde den Antrag stellen, wenn nicht die Aufhebung der Ehe für einen Ehegatten oder für die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise geboten erscheint. Bei einem Verstoß gegen § 1303 Satz 1 muss die zuständige Behörde den Antrag stellen, es sei denn, der minderjährige Ehegatte ist zwischenzeitlich volljährig geworden und hat zu erkennen gegeben, dass er die Ehe fortsetzen will.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 9/09
vom
31. Mai 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Berufung einer nicht existenten oder aus anderen Gründen parteiunfähigen Prozesspartei
gegen ein in erster Instanz ergangenes Sachurteil ist nicht nur zulässig,
wenn die Partei mit der Berufung das Fehlen der Parteifähigkeit geltend macht, sondern
auch dann, wenn sie das Rechtsmittel mit dem Ziel eingelegt hat, ein anderes,
ihrem Begehren entsprechendes Sachurteil zu erreichen.
BGH, Beschluss vom 31. Mai 2010 - II ZB 9/09 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 31. Mai 2010 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Strohn,
Dr. Reichart, Dr. Drescher und Bender

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluss des 4. Zivilsenats des Kammergerichts vom 2. April 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 8.000,00 €

Gründe:

A.

1
Die Klägerin zu 1 war eine Anwaltssozietät in Form einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts, welcher der Kläger zu 2 und die Beklagte als Gesellschafter angehörten. In § 18 des Gesellschaftsvertrages war vereinbart, dass der kündigende Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet und im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters und Verbleibens nur eines Gesellschafters das Vermögen der Sozietät ohne Liquidation mit Aktiva und Passiva auf den verbleibenden Gesellschafter im Verhältnis der bisherigen Anteile übergeht. Unstreitig ist die Beklagte spätestens zum 31. März 2007 aus der Sozietät ausgeschieden.
2
Die von der Klägerin zu 1 am 13. Juni 2007 eingereichte Klage auf Rückzahlung und Schadensersatz hat das Landgericht als unbegründet abgewiesen. Gegen das erstinstanzliche Urteil hat die Klägerin zu 1 fristgerecht Berufung eingelegt und diese innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründet. Nach einem Hinweis des Berufungsgerichts auf Bedenken gegen die Partei- und Prozessfähigkeit der Klägerin zu 1 haben mit Schriftsatz vom 20. Februar 2009 der Kläger zu 2 seinen Beitritt zum Rechtsstreit und die Klägerin zu 1 ihr Ausscheiden aus dem Prozess erklärt. Das Berufungsgericht hat die Berufungen beider Kläger durch Beschluss als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Kläger.

B.

3
I. Die nach § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Gegen die Zulässigkeit im Übrigen ergeben sich auch hinsichtlich der Klägerin zu 1 keine Bedenken, weil sie sich gegen die prozessualen Folgerungen wendet, welche das Berufungsgericht aus ihrer fehlenden Parteifähigkeit gezogen hat, und sie für diesen Streit als existent und parteifähig zu behandeln ist.
4
II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung des Berufungsgerichts.
5
1. Das Berufungsgericht (ZIP 2009, 2123) hat ausgeführt, dass die Klägerin zu 1 aufgrund der liquidationslosen Vollbeendigung der Gesellschaft und der Gesamtrechtsnachfolge des verbleibenden Gesellschafters infolge des Ausscheidens der Beklagten schon vor Anhängigkeit der Klage nicht mehr existent und damit parteiunfähig gewesen sei. Ergebe sich die bereits bei Klageerhebung fehlende Parteifähigkeit des in erster Instanz sachlich unterlegenen Klägers in der Berufungsinstanz, sei ausnahmsweise nicht die Klage als unzulässig abzuweisen, sondern die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn die fehlende Parteifähigkeit nicht wiederhergestellt werden könne. Das erstinstanzlich ergangene Urteil, mit welchem die Klage der nicht mehr existenten Partei abgewiesen worden sei, gehe ins Leere, eine Schutzbedürftigkeit des betroffenen Klägers sei nicht ersichtlich. Die Berufung des Klägers zu 2 sei unzulässig, da sie nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist erfolgt und der später erklärte Parteiwechsel bereits wegen der Unzulässigkeit der Berufung der Klägerin zu 1 nicht wirksam geworden sei.
6
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
7
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die zum Ausscheiden eines Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Regelung zur Folge hatte, dass beim Ausscheiden der Beklagten das Vermögen der Klägerin zu 1 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den allein verbleibenden Gesellschafter überging, ohne dass es eines Übertragungsaktes oder einer Übernahmeerklärung bedurfte (Sen.Urt. v. 7. Juli 2008 - II ZR 37/07, ZIP 2008, 1677 Tz. 9; v. 12. Juli 1999 - II ZR 4/98, ZIP 1999, 1526, 1527). Mit dem Ausscheiden der Beklagten war die Gesellschaft daher ohne Liquidation beendet, so dass ihr bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung die Parteifähigkeit fehlte.
8
b) Die mangelnde Parteifähigkeit der Klägerin zu 1 führt aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zur Unzulässigkeit der von ihr eingelegten Berufung gegen das landgerichtliche Urteil.
9
aa) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Prozesspartei, deren Parteifähigkeit in Streit steht, zur gerichtlichen Klärung dieser Frage als parteifähig zu behandeln ist (BGHZ 24, 91, 94; 74, 212, 215; BGH, Beschl. v. 29. Mai 2008 - IX ZB 103/07, ZIP 2008, 2029 Tz. 33; v. 13. Juli 1993 - III ZB 17/93, WM 1993, 1939, 1940; Sen.Urt. v. 21. Oktober 1985 - II ZR 82/85, WM 1986, 145; Urt. v. 29. September 1981 - VI ZR 21/80, WM 1981, 1387, 1388). Eine nicht existente oder aus anderen Gründen parteiunfähige Partei kann Rechtsmittel einlegen, um ihre Nichtexistenz oder anderweitig fehlende Parteifähigkeit geltend zu machen oder um zu rügen, dass ihre Parteifähigkeit vorinstanzlich zu Unrecht verneint worden ist. Ob auch ein Rechtsmittel zulässig ist, mit welchem sich eine parteiunfähige Partei gegen ein in der Vorinstanz ergangenes Sachurteil mit dem Ziel wendet, ein anderes, ihrem Begehren entsprechendes Sachurteil zu erreichen (verneinend OLG Köln VersR 1998, 207, 208), hat der Bundesgerichtshof - anders als für die Prozessvoraussetzung der Prozessfähigkeit (BGHZ 143, 122, 126 ff.; Sen.Urt. v. 28. Februar 2005 - II ZR 220/03, ZIP 2005, 900, 901; a.A. BGHZ 110, 294, 296) - bislang nicht ausdrücklich entschieden. In den Urteilen vom 4. Mai 2004 (BGHZ 159, 94, 103) und vom 8. April 1976 (II ZR 212/74, WM 1976, 686) ist er allerdings ohne weiteres von der Zulässigkeit eines auf eine andere Sachentscheidung abzielenden Rechtsmittels der parteiunfähigen Prozesspartei ausgegangen. Im Schrifttum wird bei der Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels einer möglicherweise parteiunfähigen Partei überwiegend nicht danach differenziert, ob mit dem Rechtsmittel ein Prozessurteil oder eine andere Sachentscheidung erstrebt wird (Zöller/Vollkommer, ZPO 28. Aufl. § 56 Rdn. 14; Hausmann in Wieczorek/Schütze, ZPO 3. Aufl. § 50 Rdn. 83; Bork in Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 56 Rdn. 16; MünchKommZPO/ Lindacher 3. Aufl. § 50 Rdn. 60; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht , 17. Aufl. § 43 Rdn. 40; Schemmann, Parteifähigkeit im Zivilprozess S. 134 ff.; a.A. Gehrlein in Prütting/Gehrlein, ZPO § 50 Rdn. 9).
10
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts besteht kein Grund, in der hier gegebenen Verfahrenskonstellation die Zulässigkeit der Berufung der Klägerin zu 1 ausnahmsweise zu verneinen.
11
Die rechtliche Existenz und damit die Parteifähigkeit jeder an einem Rechtsstreit beteiligten Partei ist eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens, auch in den Rechtsmittelinstanzen, von Amts wegen zu prüfen ist (§ 56 Abs. 1 ZPO) und ohne die ein Sachurteil nicht ergehen darf (BGHZ 159, 94, 98; 134, 116, 118). Legt eine parteiunfähige Partei gegen ein vorinstanzlich ergangenes Sachurteil Rechtsmittel ein, stellt sich für das Rechtsmittelgericht die Frage der Parteifähigkeit gleichviel, ob der Rechtsmittelführer seine Parteiunfähigkeit geltend macht oder eine andere für ihn günstigere Sachentscheidung erstrebt. Dem mit dem Rechtsmittel verfolgten Rechtsschutzziel kommt insoweit keine Bedeutung zu, weil die Parteifähigkeit als Prozessvoraussetzung der Parteidisposition entzogen ist, die rechtsmittelführende Partei mithin den Erlass eines Sachurteils nicht mit rechtlicher Bindungswirkung hinnehmen kann (a.A. OLG Köln aaO). Ergeben sich in der Rechtsmittelinstanz Zweifel an der Parteifähigkeit, ist die Partei nach den allgemein anerkannten Grundsätzen für die Klärung der Zweifel als parteifähig zu behandeln, was die Zulässigkeit des Rechtsmittels zur Folge hat. Die Zuordnung der Entscheidung über die Parteifähigkeit zur Begründetheit des Rechtsmittels trägt dem Charakter der Parteifähigkeit als für den gesamten Rechtsstreit bedeutsamen Sachurteilsvoraussetzung Rechnung (vgl. Schemmann aaO S. 137; Bökelmann, JR 1972, 246) und eröffnet einen prozessual einfachen Weg zur Korrektur des in der Vorinstanz fehlerhaft ergangenen Sachurteils. Hierfür besteht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch dann ein Bedürfnis, wenn das Sachurteil für und gegen eine nicht existente Partei ergeht und deshalb keine Rechtswirkungen entfaltet (vgl. Hausmann aaO vor § 50 Rdn. 24 m.w.Nachw.). Aus diesem Grund ist anerkannt, dass auch solche wirkungslosen Urteile durch Rechtsmittel beseitigt werden können (BGH, Urt. v. 24. März 1994 - VII ZR 159/92, WM 1994, 1212, 1213; Beschl. v. 13. Juli 1993 aaO; OLG Hamburg MDR 1976, 845; Zöller/Vollkommer aaO vor § 50 Rdn. 11 m.w.Nachw.). Auf Erwägungen zur Schutzbedürftigkeit der parteiunfähigen Prozesspartei im Einzelfall kann es, anders als es das Berufungsgericht meint, demgegenüber nicht entscheidend ankommen.
12
c) Die Verwerfung der Berufung des Klägers zu 2 kann ebenfalls keinen Bestand haben. Für eine Berufungsverwerfung ist schon deshalb kein Raum, weil es an einem eigenständigen Rechtsmittel des Klägers zu 2 fehlt. Dabei kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auf die Wirksamkeit des erklärten Klägerwechsels und in diesem Zusammenhang auf die Zulässigkeit der Berufung der Klägerin zu 1 nicht an. Erweist sich die Berufung der ursprünglichen Klägerin zu 1 als unzulässig, scheidet ein Klägerwechsel von vornherein aus. Denn ein Parteiwechsel in der Berufungsinstanz setzt das Vorliegen einer zulässigen, die Instanz überhaupt eröffnenden Berufung voraus (BGHZ 155, 21, 24 f.; BGH, Beschl. v. 21. September 1994 - VIII ZB 22/94, NJW 1994, 3358). In diesem Fall geht die Erklärung des Klägerwechsels ins Leere, ohne dass es hierzu einer gesonderten gerichtlichen Entscheidung bedarf. Bei Zulässigkeit der von der ursprünglichen Klägerin zu 1 eingelegten und begründeten Berufung hängt die Wirksamkeit des Klägerwechsels bei fehlender Zustimmung der Beklagten von der Sachdienlichkeit des Parteiwechsels ab (BGHZ 155, 21, 25; 65, 264, 268; BGH, Urt. v. 27. Juni 1996 - IX ZR 324/95, NJW 1996, 2799). Hierüber ist im Berufungsverfahren durch Zwischenurteil (BGH, Urt. v. 28. Juni 1994 - X ZR 44/93, GRUR 1996, 865; Sen.Urt. v. 10. November 1980 - II ZR 96/80, NJW 1981, 989 zum Beklagtenwechsel) oder in der Endentscheidung über die Berufung zu befinden.
Goette Strohn Reichart Drescher Bender
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 15.11.2007 - 14 O 255/07 -
KG, Entscheidung vom 02.04.2009 - 4 U 184/07 -

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 345/00 Verkündet am:
30. Oktober 2002
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Kindschaftssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Ergänzt ein Kläger, dessen Ehelichkeitsanfechtungsklage (jetzt Vaterschaftsanfechtungsklage
) in einem früheren Prozeß mangels ausreichender Indiztatsachen, die
berechtigte Zweifel an seiner Vaterschaft begründen könnten, abgewiesen wurde, in
einem erneuten Anfechtungsverfahren seinen auf denselben Lebenssachverhalt gestützten
Vortrag lediglich um weitere Einzelheiten oder Beweismittel, so steht seiner
Klage die materielle Rechtskraft des Erstprozesses entgegen (Fortführung des Senatsurteils
vom 22. April 1998 - XII ZR 229/96 - FamRZ 1998, 955).
BGH, Urteil vom 30. Oktober 2002 - XII ZR 345/00 - OLG Koblenz
AG Mainz
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Oktober 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Gerber, Weber-Monecke, Fuchs und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 8. Dezember 2000 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß er nicht der Vater der Beklagten ist. Er und die Mutter der Beklagten haben am 25. August 1972 geheiratet. Am 25. Dezember 1977 wurde die Beklagte geboren. Die Ehe des Klägers mit der Mutter der Beklagten wurde durch Urteil des Familiengerichts vom 18. September 1986 geschieden. Der Kläger hatte bereits in einem früheren Statusverfahren versucht, seine Vaterschaft mit der Begründung anzufechten, die Mutter der Beklagten - seine damalige Ehefrau - habe in der Empfängniszeit eine intime Beziehung
zu H. gehabt. Das Familiengericht hatte die damalige Klage unter Berufung auf das Senatsurteil vom 22. April 1998 (XII ZR 229/96 - FamRZ 1998, 955) nach der Vernehmung von Zeugen - ohne ein Sachverständigengutachten einzuho- len - abgewiesen mit der Begründung, der Kläger habe keine Umstände nachweisen können, die bei objektiver Betrachtung geeignet seien, Zweifel an seiner Vaterschaft zu wecken. Eine Berufung des Klägers gegen dieses Urteil hatte keinen Erfolg; das Berufungsurteil ist rechtskräftig. Der Kläger stützt die vorliegende Statusklage erneut auf die Behauptung, die Mutter der Beklagten habe in der Empfängniszeit eine intime Beziehung zu H. unterhalten. Er trägt vor, nach Erlaß des Berufungsurteils in dem Vorverfahren habe er ermittelt, daß H. inzwischen verstorben sei. Er habe aber Kontakt mit dessen Witwe aufnehmen können. Diese habe ihm berichtet, daß die Mutter der Beklagten mehrmals bei ihr - der Zeugin - angerufen und in dem Gespräch eingeräumt habe, daß sie den Mann der Zeugin liebe. Wegen dieses Verhältnisses sei es häufiger zu Handgreiflichkeiten zwischen den Eheleuten H. gekommen. Das Familiengericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen mit der Begründung, die Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils stehe entgegen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Die Mutter der Beklagten ist in den Vorinstanzen nicht beteiligt worden. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Die Aufhebung und Zurückverweisung ist erforderlich, weil das Verfahren der Vorinstanzen an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden unheilbaren Verfahrensmangel leidet. Nach § 640 e Abs. 1 ZPO ist ein Elternteil - hier: die Mutter der Beklagten - in einem Statusprozeß, an dem er - wie im vorliegenden Fall - nicht selbst als Partei beteiligt ist, in der Weise zu beteiligen, daß er unter Mitteilung der Klage zum Termin zur mündlichen Verhandlung zu laden ist. Er kann dann der einen oder der anderen Partei als Streitgenosse beitreten. Diese zwingend vorgeschriebene, von Amts wegen vorzunehmende (Musielak/Borth, ZPO 3. Aufl. § 640 e Rdn. 3; Coester-Waltjen in MünchKommZPO 2. Aufl. § 640 e Rdn. 5) Beiladung des nicht als Partei beteiligten Elternteils haben die Vorinstanzen unterlassen. Wird ein Dritter entgegen einer zwingenden Vorschrift nicht am Verfahren beteiligt, stellt das in entsprechender Anwendung des § 551 Nr. 5 ZPO a.F. (§ 547 Nr. 4 ZPO n.F.) einen von Amts wegen zu berücksichtigenden absoluten Revisionsgrund dar, der die Zurückverweisung der Sache in jedem Fall erforderlich macht (Senatsurteil vom 27. März 2002 - XII ZR 203/99 - FamRZ 2002, 880, 881 f.; BGH, Urteil vom 11. Juni 1992 - III ZR 102/91 - NJW 1992, 2636, 2637; Beschluß vom 28. Juni 1983 - KVR 7/82 - NJW 1984, 494 f.; Musielak/Borth aaO Rdn. 4; Wenzel in MünchKommZPO aaO § 551 Rdn. 14). Da es sich um einen absoluten Revisionsgrund im Sinne des § 551 ZPO a.F. handelt, hat das Revisionsgericht nicht zu prüfen, ob das Berufungsurteil auf diesem Mangel beruht (Senatsurteil vom 27. März 2002 aaO S. 882 und BGH, Beschluß vom 28. Juni 1983 aaO S. 495). Die Mutter hat einen Anspruch
darauf, schon in den Tatsacheninstanzen beteiligt zu werden, damit ihr auf die- se Weise jedenfalls die Möglichkeit eingeräumt wird, sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Es ist zumindest nicht von vornherein auszuschließen, daß das Berufungsgericht andere oder ergänzende tatsächliche Feststellungen getroffen hätte, die für die Entscheidung relevant sein könnten, wenn es die Mutter der Beklagten ordnungsgemäß beteiligt hätte (Senatsbeschluß vom 27. März 2002 aaO m.N.). 2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Nach der Rechtsprechung des Senats reicht für eine Vaterschaftsanfechtungsklage (nach früherer Terminologie: Ehelichkeitsanfechtungsklage) des Ehemannes das Vorbringen, er sei nicht der Vater des beklagten Kindes und seine Vaterschaft könne durch Sachverständigengutachten ausgeschlossen werden, nicht aus. Der Kläger muß vielmehr Umstände vortragen und notfalls beweisen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Zweifel an der Ehelichkeit des Kindes zu wecken und die die Möglichkeit der Abstammung von einem anderen Mann als nicht ganz fernliegend erscheinen lassen (Senatsurteil vom 22. April 1998 aaO). Auf dieser Rechtsprechung beruhte das im Vorprozeß ergangene Berufungsurteil. Dem Kläger, der schon im Vorprozeß geltend gemacht hatte, seine geschiedene Ehefrau - die Mutter der Beklagten - habe in der Empfängniszeit ein Verhältnis zu H. unterhalten, war es nicht gelungen, Tatsachen nachzuweisen, die geeignet waren, einen solchen Verdacht zu rechtfertigen. In dem erwähnten Urteil vom 22. April 1998 hat sich der Senat u.a. mit einem Argument der Gegenmeinung auseinandergesetzt, die geltend gemacht hatte, der Ehemann könne in eine schwierige Situation geraten, wenn er einen gewissen Verdacht habe, aber nicht wisse, ob dieser Verdacht ausreichend sei.
Warte er mit der Erhebung der Anfechtungsklage ab, laufe er Gefahr, die An- fechtungsfrist zu versäumen. Erhebe er die Anfechtungsklage, müsse er befürchten , sein Anfechtungsrecht ohne Klärung der Abstammung endgültig zu verlieren, wenn das Gericht die Klage abweise, weil es die Verdachtsmomente für nicht ausreichend ansehe. Diesem Argument hat der Senat entgegengehalten, die objektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils seien eingeschränkt , wenn sich aus den Gründen ergebe, daß das Gericht seine Entscheidung bewußt nur auf einen bestimmten Gesichtspunkt gestützt und einen anderen rechtlichen Gesichtspunkt bewußt außer Betracht gelassen und nicht geprüft habe. Wenn eine Ehelichkeitsanfechtungsklage mit der Begründung abgewiesen worden sei, der Kläger habe keine Umstände dargetan, die Zweifel an seiner Vaterschaft begründen könnten, und deshalb sei ein etwa bestehendes Anfechtungsrecht nicht durchsetzbar, dann sei über die Abstammung selbst nicht rechtskräftig entschieden. Einer erneuten Ehelichkeitsanfechtungsklage des Ehemannes, die auf neue, nach der letzten mündlichen Verhandlung des Vorprozesses hervorgetretene Umstände gestützt werde, stehe deshalb die Rechtskraft eines so begründeten Urteils nicht entgegen (Senatsurteil vom 22. April 1998 aaO S. 956 f. m.w.N.). Aus diesen Ausführungen, an denen festzuhalten ist, schließt die Revision zu Unrecht, daß ein Kläger, dessen Statusklage in einem Vorprozeß aus den dargelegten Gründen abgewiesen worden ist, diese Statusklage ohne weiteres wiederholen kann, wenn er nur den schon im Vorprozeß vorgetragenen Sachverhalt durch neue Einzelheiten ergänzt. Würde man dem folgen, so hätte das im Vorprozeß ergangene Urteil praktisch keine Rechtskraftwirkungen. Dies ist jedoch nicht richtig. In materielle
Rechtskraft erwächst die Entscheidung des Gerichts über den Streitgegenstand (Musielak/Musielak, aaO § 322 Rdn. 16 m.N., auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, in Fn. 30). Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch ) wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und durch den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund ), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGHZ 117, 1, 5 m.N.). Der Streitgegenstand des Vorprozesses ergab sich demnach aus dem Antrag des Klägers, den Status des beklagten Kindes durch Gestaltungsurteil zu ändern, und dem hierzu vorgetragenen Lebenssachverhalt, zu dem als Kern gehörte, die Mutter des beklagten Kindes habe während der Empfängniszeit eine intime Beziehung zu H. unterhalten. Über diesen Streitgegenstand ist in dem Vorprozeß aber nicht uneingeschränkt entschieden worden. Es ist weder positiv noch negativ über die Abstammung - den Status - des Kindes entschieden worden, sondern nur darüber, daß der vom Kläger vorgetragene Lebenssachverhalt ihn nicht berechtige, ein etwa bestehendes Anfechtungsrecht im Prozeß durchzusetzen (Senatsurteil vom 22. April 1998 aaO S. 956). Entsprechend dieser eingeschränkten Entscheidung über den Streitgegenstand sind auch die in dem Senatsurteil vom 22. April 1998 angesprochenen objektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils zu bestimmen. In materielle Rechtskraft ist somit der Ausspruch erwachsen, der Kläger könne aufgrund des "abgeurteilten" Lebenssachverhaltes ein etwa bestehendes Anfechtungsrecht nicht durchsetzen. Eine zweite Anfechtungsklage desselben Klägers wäre demnach nur dann zulässig, wenn die Darlegung eines "Anfangsverdachts" auf einen neuen,
selbständigen, nach der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozeß zutage getretenen Lebenssachverhalt gestützt wäre. Zu der Annahme, es liege ein neuer, selbständiger Lebenssachverhalt vor, genügt es aber nicht, wenn die Sachverhaltsdarstellung des Vorprozesses lediglich abgewandelt, ergänzt oder korrigiert wird (BGH, Urteil vom 11. November 1994 - V ZR 46/93 - NJW 1995, 967, 968; Musielak/Musielak aaO § 322 Rdn. 18, jeweils m.w.N.). Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, kann es erst recht nicht ausreichend sein, wenn der Kläger für seine schon im Vorprozeß aufgestellte Behauptung, die Mutter der Beklagten habe in der Empfängniszeit ein Verhältnis zu H. unterhalten , lediglich eine neue Zeugin benennt. Das gilt auch dann, wenn er durch diese Zeugin im Vorprozeß nicht vorgetragene Tatsachen beweisen will, die lediglich als Indiztatsachen zum Nachweis der Richtigkeit seiner schon im Vorprozeß aufgestellten Behauptung dienen sollen.
Hahne Gerber Weber-Monecke Fuchs Ahlt

(1) Das Verfahren wird durch einen Antrag eingeleitet.

(2) In dem Antrag sollen das Verfahrensziel und die betroffenen Personen bezeichnet werden. In einem Verfahren auf Anfechtung der Vaterschaft nach § 1600 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sollen die Umstände angegeben werden, die gegen die Vaterschaft sprechen, sowie der Zeitpunkt, in dem diese Umstände bekannt wurden.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

(1) Das Verfahren wird durch einen Antrag eingeleitet.

(2) In dem Antrag sollen das Verfahrensziel und die betroffenen Personen bezeichnet werden. In einem Verfahren auf Anfechtung der Vaterschaft nach § 1600 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sollen die Umstände angegeben werden, die gegen die Vaterschaft sprechen, sowie der Zeitpunkt, in dem diese Umstände bekannt wurden.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

(1) Durch die Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ist bei der Geburt des Kindes nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und ist zur Begründung der Abstammung nach den deutschen Gesetzen die Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft erforderlich, so bedarf es zur Geltendmachung des Erwerbs einer nach den deutschen Gesetzen wirksamen Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft; die Anerkennungserklärung muß abgegeben oder das Feststellungsverfahren muß eingeleitet sein, bevor das Kind das 23. Lebensjahr vollendet hat.

(2) Ein Kind, das im Inland aufgefunden wird (Findelkind), gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Kind eines Deutschen. Satz 1 ist auf ein vertraulich geborenes Kind nach § 25 Absatz 1 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes entsprechend anzuwenden.

(3) Durch die Geburt im Inland erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil

1.
seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl. 2001 II S. 810) besitzt.
Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit wird in dem Geburtenregister, in dem die Geburt des Kindes beurkundet ist, eingetragen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorschriften über das Verfahren zur Eintragung des Erwerbs der Staatsangehörigkeit nach Satz 1 zu erlassen.

(4) Die deutsche Staatsangehörigkeit wird nicht nach Absatz 1 erworben bei Geburt im Ausland, wenn der deutsche Elternteil nach dem 31. Dezember 1999 im Ausland geboren wurde und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, es sei denn, das Kind würde sonst staatenlos. Die Rechtsfolge nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes ein Antrag nach § 36 des Personenstandsgesetzes auf Beurkundung der Geburt im Geburtenregister gestellt wird; zur Fristwahrung genügt es auch, wenn der Antrag in dieser Frist bei der zuständigen Auslandsvertretung eingeht. Sind beide Elternteile deutsche Staatsangehörige, so tritt die Rechtsfolge des Satzes 1 nur ein, wenn beide die dort genannten Voraussetzungen erfüllen. Für den Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes und nach § 15 ist die Rechtsfolge nach Satz 1 unbeachtlich.

(5) Absatz 4 Satz 1 gilt nicht

1.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, der die deutsche Staatsangehörigkeit nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 erworben hat, und
2.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, wenn dieser ohne den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit einen Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 gehabt hätte.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 3 berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Ergeben sich im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für

1.
eine Beschäftigung oder Tätigkeit von Ausländern ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4,
2.
Verstöße gegen die Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch gegenüber einer Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit, einem Träger der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Unfall- oder Rentenversicherung, einem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Sozialhilfe oder Verstöße gegen die Meldepflicht nach § 8a des Asylbewerberleistungsgesetzes,
3.
die in § 6 Absatz 4 Nummer 1 bis 4, 7, 12 und 13 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes bezeichneten Verstöße,
unterrichten die mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden die für die Verfolgung und Ahndung der Verstöße nach den Nummern 1 bis 3 zuständigen Behörden, die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Sozialhilfe sowie die nach § 10 des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständigen Behörden.

(2) Bei der Verfolgung und Ahndung von Verstößen gegen dieses Gesetz arbeiten die mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden insbesondere mit den anderen in § 2 Absatz 4 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Behörden zusammen.

(3) Die mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden teilen Umstände und Maßnahmen nach diesem Gesetz, deren Kenntnis für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erforderlich ist, sowie die ihnen mitgeteilten Erteilungen von Zustimmungen zur Aufnahme einer Beschäftigung an Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und Angaben über das Erlöschen, den Widerruf oder die Rücknahme von erteilten Zustimmungen zur Aufnahme einer Beschäftigung den nach § 10 des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständigen Behörden mit.

(4) Die Ausländerbehörden unterrichten die nach § 72 Abs. 6 zu beteiligenden Stellen unverzüglich über

1.
die Erteilung oder Versagung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 4a oder 4b,
2.
die Festsetzung, Verkürzung oder Aufhebung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 oder
3.
den Übergang der Zuständigkeit der Ausländerbehörde auf eine andere Ausländerbehörde; hierzu ist die Ausländerbehörde verpflichtet, die zuständig geworden ist.

(5) Zu den in § 755 der Zivilprozessordnung genannten Zwecken übermittelt die Ausländerbehörde dem Gerichtsvollzieher auf Ersuchen den Aufenthaltsort einer Person.

(7) Zur Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens übermittelt die Ausländerbehörde der Vollstreckungsbehörde auf deren Ersuchen die Angabe über den Aufenthaltsort des Vollstreckungsschuldners. Die Angabe über den Aufenthaltsort darf von der Ausländerbehörde nur übermittelt werden, wenn sich die Vollstreckungsbehörde die Angabe nicht durch Abfrage bei der Meldebehörde beschaffen kann und dies in ihrem Ersuchen gegenüber der Ausländerbehörde bestätigt.

9
a) Nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Bei Behörden und öffentlichen Körperschaften beginnt die Verjährungsfrist für zivilrechtliche Schadensersatzansprüche erst dann zu laufen, wenn der zuständige Bedienstete der verfügungsberechtigten Behörde Kenntnis von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen erlangt; verfügungsberechtigt in diesem Sinne sind dabei solche Behörden, denen die Entscheidungskompetenz für die zivilrechtliche Verfolgung von Schadensersatzansprüchen zukommt, wobei die behördliche Zuständigkeitsverteilung zu respektieren ist (Senat, Urteile vom 22. April 1986 - VI ZR 133/85, VersR 1986, 917, 918 und vom 12. Mai 2009 - VI ZR 294/08, VersR 2009, 989 Rn. 12 mwN). Sind innerhalb einer regressbefugten Behörde mehrere Stellen für die Bearbeitung eines Schadensfalls zuständig - nämlich die Leistungsabteilung hinsichtlich der Einstandspflicht gegenüber dem Verletzten und die Regressabteilung bezüglich der Geltendmachung von Schadensersatz- oder Regressansprüchen gegenüber Dritten -, so kommt es für den Beginn der Verjährung von Regressansprüchen grundsätzlich auf den Kenntnisstand der Bediensteten der Regressabteilung an. Das Wissen der Bediensteten der Leistungsabteilung ist demgegenüber regelmäßig unmaßgeblich und zwar auch dann, wenn die Mitarbeiter dieser Abteilung aufgrund einer behördeninternen Anordnung gehalten sind, die Schadensakte an die Regressabteilung weiterzuleiten, sofern sich im Zuge der Sachbearbeitung Anhaltspunkte für eine schuldhafte Verursachung des Schadens durch Dritte oder eine Gefährdungshaftung ergeben (vgl. Senat, Urteile vom 11. Februar 1992 - VI ZR 133/91, VersR 1992, 627, 628 und vom 15. März 2011 - VI ZR 162/10, VersR 2011, 682 Rn. 11; BGH, Urteil vom 9. März 2000 - III ZR 198/99, VersR 2000, 1277, 1278).

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zuläßt.

(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Wenn Bundesgesetze etwas anderes bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen. Hat ein Land eine abweichende Regelung nach Satz 2 getroffen, treten in diesem Land hierauf bezogene spätere bundesgesetzliche Regelungen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Artikel 72 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. In Ausnahmefällen kann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln. Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.

(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.

(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu den obersten Landesbehörden entsenden, mit deren Zustimmung und, falls diese Zustimmung versagt wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu den nachgeordneten Behörden.

(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Gegen den Beschluß des Bundesrates kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.

(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Ausführung von Bundesgesetzen die Befugnis verliehen werden, für besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Sie sind, außer wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zu richten.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Wenn Bundesgesetze etwas anderes bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen. Hat ein Land eine abweichende Regelung nach Satz 2 getroffen, treten in diesem Land hierauf bezogene spätere bundesgesetzliche Regelungen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Artikel 72 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. In Ausnahmefällen kann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln. Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.

(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.

(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu den obersten Landesbehörden entsenden, mit deren Zustimmung und, falls diese Zustimmung versagt wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu den nachgeordneten Behörden.

(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Gegen den Beschluß des Bundesrates kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.

(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Ausführung von Bundesgesetzen die Befugnis verliehen werden, für besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Sie sind, außer wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zu richten.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zuläßt.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

(1) § 1592 Nr. 1 und 2 und § 1593 gelten nicht, wenn auf Grund einer Anfechtung rechtskräftig festgestellt ist, dass der Mann nicht der Vater des Kindes ist.

(2) § 1592 Nr. 1 und § 1593 gelten auch nicht, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren wird und ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses die Vaterschaft anerkennt; § 1594 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Neben den nach den §§ 1595 und 1596 notwendigen Erklärungen bedarf die Anerkennung der Zustimmung des Mannes, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist; für diese Zustimmung gelten § 1594 Abs. 3 und 4, § 1596 Abs. 1 Satz 1 bis 3, Abs. 3 und 4, § 1597 Abs. 1 und 2 und § 1598 Abs. 1 entsprechend. Die Anerkennung wird frühestens mit Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses wirksam.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

(1) Eine Ehe kann aufgehoben werden, wenn sie

1.
entgegen § 1303 Satz 1 mit einem Minderjährigen geschlossen worden ist, der im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr vollendet hatte, oder
2.
entgegen den §§ 1304, 1306, 1307, 1311 geschlossen worden ist.

(2) Eine Ehe kann ferner aufgehoben werden, wenn

1.
ein Ehegatte sich bei der Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befand;
2.
ein Ehegatte bei der Eheschließung nicht gewusst hat, dass es sich um eine Eheschließung handelt;
3.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten; dies gilt nicht, wenn die Täuschung Vermögensverhältnisse betrifft oder von einem Dritten ohne Wissen des anderen Ehegatten verübt worden ist;
4.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist;
5.
beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 Abs. 1 begründen wollen.

Eine Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung auf Antrag aufgehoben werden. Die Ehe ist mit der Rechtskraft der Entscheidung aufgelöst. Die Voraussetzungen, unter denen die Aufhebung begehrt werden kann, ergeben sich aus den folgenden Vorschriften.

(1) Eine Ehe kann aufgehoben werden, wenn sie

1.
entgegen § 1303 Satz 1 mit einem Minderjährigen geschlossen worden ist, der im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr vollendet hatte, oder
2.
entgegen den §§ 1304, 1306, 1307, 1311 geschlossen worden ist.

(2) Eine Ehe kann ferner aufgehoben werden, wenn

1.
ein Ehegatte sich bei der Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befand;
2.
ein Ehegatte bei der Eheschließung nicht gewusst hat, dass es sich um eine Eheschließung handelt;
3.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten; dies gilt nicht, wenn die Täuschung Vermögensverhältnisse betrifft oder von einem Dritten ohne Wissen des anderen Ehegatten verübt worden ist;
4.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist;
5.
beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 Abs. 1 begründen wollen.

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

(1) Das Standesamt, bei dem die Eheschließung angemeldet ist, hat zu prüfen, ob der Eheschließung ein Hindernis entgegensteht. Reichen die nach § 12 Abs. 2 vorgelegten Urkunden nicht aus, so haben die Eheschließenden weitere Urkunden oder sonstige Nachweise vorzulegen.

(2) Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die zu schließende Ehe nach § 1314 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufhebbar wäre, so können die Eheschließenden in dem hierzu erforderlichen Umfang einzeln oder gemeinsam befragt werden; zum Beleg der Angaben kann ihnen die Beibringung geeigneter Nachweise aufgegeben werden. Wenn diese Mittel nicht zur Aufklärung des Sachverhalts führen, so kann auch eine Versicherung an Eides statt über Tatsachen verlangt werden, die für das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Aufhebungsgründen von Bedeutung sind.

(3) Soll die Ehe wegen lebensgefährlicher Erkrankung eines Eheschließenden ohne abschließende Prüfung nach Absatz 1 geschlossen werden, so muss durch ärztliches Zeugnis oder auf andere Weise nachgewiesen werden, dass die Eheschließung nicht aufgeschoben werden kann. In diesem Fall muss glaubhaft gemacht werden, dass kein Ehehindernis besteht.

(4) Wird bei der Prüfung der Ehevoraussetzungen ein Ehehindernis nicht festgestellt, so teilt das Standesamt den Eheschließenden mit, dass die Eheschließung vorgenommen werden kann; die Mitteilung ist für das Standesamt, das die Eheschließung vornimmt, verbindlich. Die Eheschließenden sind verpflichtet, Änderungen in ihren die Ehevoraussetzungen betreffenden tatsächlichen Verhältnissen unverzüglich anzuzeigen; die Mitteilung nach Satz 1 wird entsprechend geändert oder aufgehoben. Sind seit der Mitteilung an die Eheschließenden mehr als sechs Monate vergangen, ohne dass die Ehe geschlossen wurde, so bedarf die Eheschließung erneut der Anmeldung und der Prüfung der Voraussetzungen für die Eheschließung.

(1) Die Erklärung, durch welche die Vaterschaft zu einem Kind anerkannt wird, sowie die Zustimmungserklärung der Mutter können auch von den Standesbeamten beurkundet werden. Gleiches gilt für die etwa erforderliche Zustimmung des Kindes, des gesetzlichen Vertreters oder des Ehemannes der Mutter zu einer solchen Erklärung sowie für den Widerruf der Anerkennung.

(2) Die Erklärung, durch welche die Mutterschaft zu einem Kind anerkannt wird, und die etwa erforderliche Zustimmungserklärung des gesetzlichen Vertreters der Mutter können auch von den Standesbeamten beurkundet werden.

(3) Dem Standesamt, das den Geburtseintrag des Kindes führt, ist eine beglaubigte Abschrift der Erklärungen zu übersenden. Ist die Geburt des Kindes nicht im Inland beurkundet, so ist die beglaubigte Abschrift dem Standesamt I in Berlin zu übersenden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Eine Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung auf Antrag aufgehoben werden. Die Ehe ist mit der Rechtskraft der Entscheidung aufgelöst. Die Voraussetzungen, unter denen die Aufhebung begehrt werden kann, ergeben sich aus den folgenden Vorschriften.

(1) Eine Ehe kann aufgehoben werden, wenn sie

1.
entgegen § 1303 Satz 1 mit einem Minderjährigen geschlossen worden ist, der im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr vollendet hatte, oder
2.
entgegen den §§ 1304, 1306, 1307, 1311 geschlossen worden ist.

(2) Eine Ehe kann ferner aufgehoben werden, wenn

1.
ein Ehegatte sich bei der Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befand;
2.
ein Ehegatte bei der Eheschließung nicht gewusst hat, dass es sich um eine Eheschließung handelt;
3.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten; dies gilt nicht, wenn die Täuschung Vermögensverhältnisse betrifft oder von einem Dritten ohne Wissen des anderen Ehegatten verübt worden ist;
4.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist;
5.
beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 Abs. 1 begründen wollen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Folgen der Aufhebung einer Ehe bestimmen sich nur in den nachfolgend genannten Fällen nach den Vorschriften über die Scheidung.

(2) Die §§ 1569 bis 1586b finden entsprechende Anwendung

1.
zugunsten eines Ehegatten, der bei Verstoß gegen die §§ 1303, 1304, 1306, 1307 oder § 1311 oder in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 die Aufhebbarkeit der Ehe bei der Eheschließung nicht gekannt hat oder der in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 von dem anderen Ehegatten oder mit dessen Wissen getäuscht oder bedroht worden ist;
2.
zugunsten beider Ehegatten bei Verstoß gegen die §§ 1306, 1307 oder § 1311, wenn beide Ehegatten die Aufhebbarkeit kannten; dies gilt nicht bei Verstoß gegen § 1306, soweit der Anspruch eines Ehegatten auf Unterhalt einen entsprechenden Anspruch der dritten Person beeinträchtigen würde.
Die Vorschriften über den Unterhalt wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes finden auch insoweit entsprechende Anwendung, als eine Versagung des Unterhalts im Hinblick auf die Belange des Kindes grob unbillig wäre.

(3) Die §§ 1363 bis 1390 und 1587 finden entsprechende Anwendung, soweit dies nicht im Hinblick auf die Umstände bei der Eheschließung oder bei Verstoß gegen § 1306 im Hinblick auf die Belange der dritten Person grob unbillig wäre.

(4) Die §§ 1568a und 1568b finden entsprechende Anwendung; dabei sind die Umstände bei der Eheschließung und bei Verstoß gegen § 1306 die Belange der dritten Person besonders zu berücksichtigen.

(5) § 1931 findet zugunsten eines Ehegatten, der bei Verstoß gegen die §§ 1304, 1306, 1307 oder § 1311 oder im Falle des § 1314 Abs. 2 Nr. 1 die Aufhebbarkeit der Ehe bei der Eheschließung gekannt hat, keine Anwendung.

Gründe

A.

1

Die Vorlage des Bayerischen Landessozialgerichts betrifft die Frage, ob § 47 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) mit Art. 6 Abs. 5 GG und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.

I.

2

1. a) Das Rentenrecht kennt derzeit drei Regelungen, nach denen bei Versterben des Ehegatten oder des geschiedenen Ehegatten dem überlebenden Ehegatten eine Rente nach dem Sozialgesetzbuch VI zustehen kann: für Verheiratete die Witwen- und Witwerrente und für Geschiedene die Erziehungsrente sowie die Geschiedenenwitwenrente als Altfallregelung für Scheidungen vor dem 1. Juli 1977.

3

b) Hat die Ehe bis zum Tod des Ehegatten bestanden, regelt § 46 SGB VI den Anspruch auf die Witwen- und Witwerrente. Absatz 1 regelt die sogenannte kleine, Absatz 2 die sogenannte große Witwen- und Witwerrente.

4

Die Vorschrift lautet:

5

§ 46 Witwenrente und Witwerrente

6

(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

7

(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie

8

1. ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,

9

2. das 47. Lebensjahr vollendet haben oder

10

3. erwerbsgemindert sind.

11

Als Kinder werden auch berücksichtigt:

12

1. Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind,

13

2. Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.

14

Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen vollendetem 18. Lebensjahr gleich.

15

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

16

(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

17

(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).

18

...

19

c) Wurde die Ehe geschieden und ist der geschiedene Ehegatte verstorben, hängt der Rentenanspruch davon ab, wann die Ehe geschieden wurde. Wurde die Ehe vor dem 1. Juli 1977 geschieden, dem Stichtag für das Inkrafttreten des neuen Ehe- und Ehescheidungsrechts mit Versorgungsausgleich, gewährt § 243 SGB VI eine Geschiedenenwitwen- oder -witwerrente (Altfallregelung). Der Anspruch auf diese Rente setzt nach § 243 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI voraus, dass der Anspruchsberechtigte im letzen Jahr vor dem Tode des Versicherten Unterhalt von diesem erhalten oder zumindest einen Unterhaltsanspruch gegen den Versicherten hat.

20

d) Bei einer Ehescheidung am oder nach dem Stichtag, dem 1. Juli 1977, ist hingegen § 47 SGB VI anwendbar.

21

Die Vorschrift lautet:

22

§ 47 Erziehungsrente

23

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Erziehungsrente, wenn

24

1. ihre Ehe nach dem 30. Juni 1977 geschieden und ihr geschiedener Ehegatte gestorben ist,

25

2. sie ein eigenes Kind oder ein Kind des geschiedenen Ehegatten erziehen (§ 46 Abs. 2),

26

3. sie nicht wieder geheiratet haben und

27

4. sie bis zum Tod des geschiedenen Ehegatten die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

28

(2) Geschiedenen Ehegatten stehen Ehegatten gleich, deren Ehe für nichtig erklärt oder aufgehoben ist.

29

(3) Anspruch auf Erziehungsrente besteht bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch für verwitwete Ehegatten, für die ein Rentensplitting durchgeführt wurde, wenn

30

1. sie ein eigenes Kind oder ein Kind des verstorbenen Ehegatten erziehen (§ 46 Abs. 2),

31

2. sie nicht wieder geheiratet haben und

32

3. sie bis zum Tod des Ehegatten die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

33

...

34

Verfassungsbeschwerden gegen die rechtliche Zuordnung von Scheidungsfolgen in Abhängigkeit von dem genannten Stichtag wurden vom Bundesverfassungsgericht mangels Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 1978 - 1 BvR 814/77, 1 BvR 926/77, 1 BvR 965/77, 1 BvR 966/77, 1 BvR 983/77, 1 BvR 1060/77, 1 BvR 1073/77, 1 BvR 1198/77, 1 BvR 29/78 -, ZfSH 1978, S. 274 f.).

35

e) Die Erziehungsrente nach § 47 SGB VI ist wie die Witwen- und Witwerrente eine Rente wegen Todes, aber im Gegensatz zu jener eine Rente aus eigener Versicherung des überlebenden, geschiedenen Ehegatten. Sie knüpft an die Versichertenstellung und an die Erfüllung der Wartezeit des überlebenden, geschiedenen Ehegatten, nicht des verstorbenen Ehegatten an. Es ist kein Ausschlussgrund für die Renten nach den §§ 46, 47 SGB VI, wenn die erziehende Person bei Versterben des Ehegatten in einer nichtehelichen Beziehung lebt. Anders als die Altfallregelung § 243 SGB VI setzt § 47 SGB VI nicht voraus, dass der geschiedene Ehegatte tatsächlich Unterhalt gewährt hat oder ein Unterhaltsanspruch bestand.

36

Der Kreis der Kinder, deren Erziehung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB VI oder § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI einen Anspruch auf Rente auslöst, wird einheitlich bestimmt. Das Gesetz stellt darauf ab, dass ein eigenes Kind oder ein Kind des verstorbenen Ehegatten erzogen wird. Dabei muss es sich nicht um ein Kind aus der gemeinsamen Ehe, sondern kann es sich auch um ein eigenes, nichteheliches Kind oder um ein eigenes, eheliches Kind aus einer früheren Ehe handeln. Die Erziehung nichtehelicher Kinder des verstorbenen Ehegatten aus einer früheren Beziehung wirkt ebenso anspruchsbegründend wie die Erziehung ehelicher Kinder des Verstorbenen aus einer früheren Ehe. Als "eigene Kinder" gelten ebenfalls Stiefkinder, Pflegekinder, Enkel oder Geschwister sowohl des verstorbenen als auch des erziehenden Ehegatten.

37

2. a) Eine Witwenrente gab es im Rentenversicherungssystem bereits seit 1911 (vgl. Butzer, in: Ruland/Försterling , GK-SGB VI, § 46 Rn. 1). Die Hinterbliebenenrente an geschiedene Ehegatten wurde erst 1942 eingeführt. Mit der Eherechtsreform 1977, die unter anderem das Institut des Versorgungsausgleichs schuf, wurde die Geschiedenenwitwenrente für Ehen gestrichen, die nach dem seit 1. Juli 1977 geltenden Recht geschieden wurden. Für sie sah der Gesetzgeber grundsätzlich kein Bedürfnis mehr, weil über den Versorgungsausgleich alle während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften von Mann und Frau je zur Hälfte aufgeteilt werden. Der geschiedene und nicht wieder verheiratete Ehegatte profitiert von den ihm übertragenen Rentenanwartschaften aber grundsätzlich erst bei Bewilligung einer eigenen Rente. Die Absicherung derjenigen geschiedenen Person, die wegen der Erziehung eines Kindes nicht erwerbstätig sein kann oder aber nur ein geringes Einkommen erzielt, übernahm daher ab 1. Juli 1977 die Erziehungsrente.

38

b) Die Rentenversicherungsträger gingen bei der Auslegung des Begriffs des "waisenrentenberechtigten Kindes" in Vorläufervorschriften zunächst davon aus, dass eine Erziehungsrente nur zu gewähren war, wenn es sich bei dem zu erziehenden Kind um ein Kind des Verstorbenen handelte. Mit Urteilen vom 18. März 1983 - 11 RA 22/82 -, SozR 2200 § 1265 Nr. 70 und vom 13. April 1983 - 4 RJ 53/82 -, SozR 2200, § 1268 Nr. 21 entschied das Bundessozialgericht, dass die früheren wegen Kindererziehung erhöhten Renten auch zu leisten seien, wenn die Waisenrentenberechtigung des Kindes nicht aus demselben Versicherungsverhältnis wie die Witwenrente abzuleiten ist. Damit muss das waisenrentenberechtigte Kind seine Rentenberechtigung nicht aus einem Abstammungsverhältnis zum verstorbenen Ehegatten ableiten. Dadurch war zugleich der Wegfall eines Unterhaltsanspruchs des Kindes und eines Betreuungsunterhaltsanspruchs des überlebenden Ehegatten durch den Tod des Unterhaltsverpflichteten nicht mehr Voraussetzung für den Anspruch auf derartige Renten nach früherem Recht. Entscheidend war nach dieser Rechtsprechung, dass die erhöhten Renten gewährt wurden, um der Witwe, die ein "potentiell waisenrentenberechtigtes" Kind erzieht, im Regelfall den Unterhalt der Familie ohne Erwerbstätigkeit zu ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 13. April 1983 - 4 RJ 53/82 -, SozR 2200, § 1268 Nr. 21). In der Folgezeit haben die Rentenversicherungsträger die zu den Vorläufervorschriften ergangene Rechtsprechung auf die Erziehungsrente übertragen und diese auch bei Erziehung von eigenen Kindern des überlebenden Elternteils gewährt, die nicht vom Verstorbenen abstammten.

39

c) Die Witwen- und Witwerrente und die Erziehungsrente wurden zum 1. Januar 1992 in das Sozialgesetzbuch Sechstes Buch übernommen und umgestaltet. In Erweiterung des früheren Rechts kommt es auf die Waisenrentenberechtigung des Kindes nunmehr nicht mehr an. Berücksichtigung findet damit ein größerer Kreis von Kindern, die der überlebende Ehegatte erzieht.

40

3. Die Erziehungsrente nach § 47 SGB VI weist in der Praxis nur eine geringe Bedeutung auf. Am 31. Dezember 2009 bezogen 9.788 Personen eine Erziehungsrente. Demgegenüber bezogen 4.891.844 Frauen eine große Witwen- und 540.496 Männer eine große Witwerrente (vgl. Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenbestand am 31. Dezember 2009, Abschnitt 406.00 G, S. 58), davon allerdings nur ein kleiner, nicht näher ausgewiesener Teil wegen Kindererziehung, das Gros wegen Vollendung des 47. Lebensjahres (§ 46 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI). Im Jahr 2009 kamen 1.432 neue Erziehungsrentner hinzu, davon 157 Männer und 1.275 Frauen. Ihr Alter lag zwischen 25 und 64 Jahren, die Mehrheit davon zwischen 41 und 45 Jahren. Die durchschnittliche, monatliche Höhe der Erziehungsrente betrug für Frauen 673,85 €, für Männer 570,05 € und lag damit über der durchschnittlichen großen Witwen- und Witwerrente (vgl. Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 2009, Abschnitt 402.00 Z, S. 85). Die durchschnittliche Erziehungsrente von Frauen lag in Ostdeutschland pro Monat (704,15 €) etwas höher als in den alten Bundesländern (668,28 €). Bei den Männern war es umgekehrt (Ost: 566,18 €; West: 571,78 €; vgl. Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 2009, Abschnitt 402.10 Z, S. 143 und Abschnitt 402.20 Z, S. 199).

II.

41

1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) begehrt die Gewährung einer Erziehungsrente nach § 47 SGB VI. Die 38-jährige Klägerin hat drei Kinder mit drei verschiedenen Männern. Sie war nie verheiratet. Zwei der Kinder sind minderjährig und leben bei ihr. Dabei handelt es sich um eine 1996 geborene Tochter und einen im April 2007 geborenen Sohn. Das älteste Kind, ein 1989 geborener Sohn, besitzt einen eigenen Hausstand. Der Vater des 2007 geborenen Sohnes ist im Mai 2008 verstorben. Er war zwei Monate nach der Geburt dieses Sohnes in eine separate Wohnung in dem Haus gezogen, in dem die Klägerin mit ihren zwei Kindern schon wohnte. Bis zu seinem Tod stand die Klägerin in einer Beziehung zu ihm, die sie als "feste Partnerschaft" bezeichnet. Der Verstorbene habe viel Zeit in der Wohnung der Klägerin verbracht, was diese als "richtige Familie" empfand. Außer einer Rente hatte er kein Einkommen. Unterhalt für seinen Sohn zahlte er nicht, beteiligte sich nach Schilderung der Klägerin aber finanziell an den Einkäufen und machte seinem Sohn ab und zu kleine Geschenke. Die Klägerin bestreitet den Lebensunterhalt für sich und ihre minderjährigen Kinder aus Einkünften aus einer geringfügigen Beschäftigung, aus einer Halbwaisenrente für den Sohn, aus dem Kindesunterhalt, den der Vater ihrer Tochter leistet, aus Kindergeld für beide Kinder und aus ergänzenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

42

Die von der Klägerin beantragte Erziehungsrente lehnte die Rentenversicherung ab, weil die Klägerin mit dem Verstorbenen nie verheiratet war. In ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, sie strebe die Gleichbehandlung mit geschiedenen oder verheirateten Menschen an. Widerspruch und Klage vor dem Sozialgericht blieben ohne Erfolg.

43

Die Berufung begründete die Klägerin damit, sie fühle sich in ihren Grundrechten, insbesondere in Art. 3 GG, verletzt. Es liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, wenn eine Person, deren Ehe geschieden worden sei, bei Versterben des früheren Ehegatten Erziehungsrente erhalte, eine ledige Person, deren Partner verstorben sei, jedoch nicht. Eine Heiratsabsicht zwischen der Klägerin und dem Verstorbenen habe bestanden.

44

2. Mit Beschluss vom 30. September 2009 hat das Bayerische Landessozialgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Fragen vorgelegt, ob § 47 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch in der Fassung von Artikel 1 Nr. 15 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 (BGBl I S. 554) insoweit mit

45

1. Art. 6 Abs. 5 des Grundgesetzes vereinbar ist, als die Norm die Erziehung gemeinsamer nichtehelicher Kinder der Erziehungsperson und des verstorbenen anderen Elternteils nicht für die Auslösung eines Anspruchs auf Erziehungsrente genügen lässt,

46

2. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbar ist, als die Norm die Erziehung gemeinsamer nichtehelicher Kinder der Erziehungsperson und des verstorbenen anderen Elternteils nicht für die Auslösung eines Anspruchs auf Erziehungsrente ausreichen lässt, andererseits aber die Erziehung nicht gemeinsamer Kinder dafür genügen kann,

47

3. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbar ist, als die Norm die Erziehung gemeinsamer nichtehelicher Kinder der Erziehungsperson und des verstorbenen anderen Elternteils nicht für die Auslösung eines Anspruchs auf Erziehungsrente genügen lässt, die Erziehung gemeinsamer ehelicher dagegen schon.

48

Das Landessozialgericht hält § 47 SGB VI für unvereinbar mit Art. 6 Abs. 5 GG und mit Art. 3 Abs. 1 GG. Es stellt fest, dass die Klägerin die Leistungsvoraussetzungen für eine Erziehungsrente nicht erfülle. Sie sei zwar Versicherte im Sinne von § 47 Abs. 1 SGB VI, erziehe ein eigenes Kind (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI) und habe "nicht wieder", nämlich nie geheiratet (§ 47 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI). Des Weiteren habe sie die allgemeine Wartezeit erfüllt. Auch sei der Vater ihres 2007 geborenen Sohnes verstorben (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Ein Anspruch scheitere jedoch daran, dass sie von ihm nicht nach dem 30. Juni 1977 geschieden wurde, weil sie nie mit ihm verheiratet gewesen sei.

49

a) Das Landessozialgericht hält die Vorschrift des § 47 SGB VI für unvereinbar mit Art. 6 Abs. 5 GG, weil ein Leistungsausschluss, der auf dem Fehlen einer Scheidung beruhe, verfassungswidrig sei. § 47 SGB VI verletze Art. 6 Abs. 5 GG, weil das gemeinsame Kind der Klägerin und des Verstorbenen gerade wegen seines Nichtehelichenstatus benachteiligt werde. Es werde deswegen schlechter gestellt, weil seine Eltern nicht miteinander verheiratet gewesen seien. Wären sie geschieden, wäre es eheliches Kind, und seine Mutter, die Klägerin, besäße einen Anspruch auf Erziehungsrente. Das nichteheliche Kind erhielte vermutlich wegen der finanziellen Schlechterstellung seiner Mutter weniger persönliche Betreuung, als wenn seine Eltern geschieden wären, es also ein eheliches Kind wäre, und die Klägerin deshalb eine Erziehungsrente erhalten würde. Wegen des Zusammenhangs einer finanziellen Schlechterstellung der Mutter mit diesem Nachteil für das Kind verweist das Landessozialgericht auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der unterschiedlichen Ausgestaltung des Betreuungsunterhalts für eheliche und nichteheliche Kinder (Hinweis auf BVerfGE 118, 45 <63, 65 bis 67>). Die dort angestellten Erwägungen gälten ohne Einschränkung auch für die Vorenthaltung einer Erziehungsrente. Dass die Erziehungsrente der Klägerin und nicht dem Kind gewährt werde, sei unerheblich. Denn Art. 6 Abs. 5 GG verbiete schon die mittelbare Schlechterstellung (Hinweis auf BVerfGE 118, 45 <62>).

50

Eine differenzierende Regelung für nichteheliche Kinder sei verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt, wenn eine unterschiedliche tatsächliche Lebenssituation sie zwingend erfordere, um nichteheliche mit ehelichen Kindern gleichzustellen. Fehle es an solchen Gründen, sei eine Ungleichbehandlung nichtehelicher Kinder nur durch kollidierendes Verfassungsrecht zu rechtfertigen (BVerfGE 118, 45 <62> m.w.N.). Danach könne die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung nicht auf eine bloße Willkürprüfung beschränkt werden. Vielmehr sei eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung anzustellen.

51

Zwar benachteilige § 47 Abs. 1 SGB VI nach seinem Wortlaut nicht spezifisch nichteheliche Kinder gegenüber ehelichen. Nur im Fall gemeinsamer Kinder ergebe sich ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 5 GG. Die diskriminierende Tendenz des § 47 SGB VI folge nicht aus dem Tatbestand der Norm, sondern daraus, dass von ihr in der Realität meistens gemeinsame Kinder aus einer geschiedenen Ehe erfasst und einen Anspruch auf Erziehungsrente auslösen würden, während er bei gemeinsamen Kindern nie verheirateter Eltern nicht entstünde.

52

Der Maßstab zur Beurteilung einer Rechtfertigung der Ungleichbehandlung müsse der gleiche sein, den das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung BVerfGE 118, 45 angelegt habe. Das verfassungsrechtliche Problem entspreche im Wesentlichen dem im Unterhaltsrecht, weil der Erziehungsrente in erster Linie Unterhaltsersatzfunktion zukomme.

53

Es ließen sich keine tatsächlichen oder rechtlichen Unterschiede feststellen, die geeignet wären, die Schlechterstellung der gemeinsamen nichtehelichen gegenüber den gemeinsamen ehelichen Kindern zu rechtfertigen. Weder unterschiedliche tatsächliche Lebensbedingungen noch die nacheheliche Solidarität eigneten sich dazu, die Benachteiligung zu rechtfertigen. Dass die Ehepartner mit der Heirat eine Solidar- und Einstandsgemeinschaft begründeten, die bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft vermieden werde, rechtfertige die Ungleichbehandlung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 118, 45) nicht. Der gegenwärtige Rechtszustand zur Erziehungsrente könne auch nicht mit einer Prüfungsfrist für den Gesetzgeber für eine rentenrechtliche Folgeregelung gerechtfertigt werden.

54

Der Gesetzgeber könne die Erziehungsrente nicht als reine Leistung für Geschiedene reservieren. Die Erziehungsrente verfolge zwar das Ziel, eine finanzielle Unterstützung bei Wegfall der Geschiedenenwitwenrente bereitzustellen. Auch sei die Erziehungsrente keine obligatorische Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung. Schutzzweck und Disposivität der Leistung ergäben aber keine Rechtfertigung für eine Differenzierung zu Lasten gemeinsamer nichtehelicher Kinder. Der überlebende Elternteil gemeinsamer nichtehelicher Kinder dürfe von der Erziehungsrente nicht systematisch ausgeschlossen werden. Weil die Erziehungsrente eine Rente aus eigener Versicherung der Erziehungsperson darstelle, dürfe der Ehe zwischen ihr und dem verstorbenen Partner keine derart dominierende Bedeutung beigemessen werden.

55

b) Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG sieht das Landessozialgericht darin, dass gemeinsame Kinder nicht Verheirateter nicht für eine Erziehungsrente ausreichten, während nicht gemeinsame (eheliche oder nichteheliche) Kinder zur Erziehungsrente führen könnten. Von § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI würden auch Kinder privilegiert, welche die erziehende Person oder der verstorbene Ehegatte in eine später geschiedene Ehe eingebracht habe. Solche "Patchwork-Kinder" würden gegenüber dem gemeinsamen Kind aus einer nichtehelichen Beziehung bevorzugt. Waren Eltern nie verheiratet, führe nicht einmal der Tod des leiblichen Vaters zur Gewährung einer Erziehungsrente, während bei "Patchwork-Kindern" schon der Tod eines Stiefelternteils diese Rechtsfolge auslösen könne, wenn der Elternteil und der Stiefelternteil voneinander geschieden seien.

56

c) Die nicht mit dem verstorbenen Partner verheirateten Erziehungspersonen würden gegenüber denjenigen gleichheitswidrig benachteiligt, die mit ihm verheiratet gewesen seien. Dabei sei es unerheblich, dass die Beziehung zwischen der Klägerin und dem Verstorbenen bis zu dessen Tod intakt gewesen sei, obwohl § 47 SGB VI nur zerbrochene Beziehungen erfasse. Denn die entscheidende Gemeinsamkeit, welche die Vergleichbarkeit letztlich herstelle, bestehe darin, dass einerseits in beiden Fällen Mütter nicht in den Genuss einer Witwenrente kommen könnten, weil sie zum Zeitpunkt des Ablebens des Partners nicht mit diesem verheiratet gewesen seien, andererseits in beiden Fällen durch dessen Tod bei typisierender Betrachtung ein Unterhaltszahler verloren gehe. Diese Übereinstimmung werde nicht dadurch in relevanter Weise berührt, dass im einen Fall die Beziehung zum Zeitpunkt des Todes bereits zerbrochen gewesen sei, im anderen Fall nicht. Im Übrigen setze auch § 47 SGB VI nicht stets ein Scheitern der Beziehung voraus, so etwa nicht nach § 47 Abs. 2 SGB VI bei Nichtigerklärung der Ehe wegen Doppelehe. Der strenge Rechtfertigungsmaßstab des Art. 6 Abs. 5 GG müsse zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auf die Schlechterstellung der Erziehungsperson selbst übertragen werden.

III.

57

Zur Vorlage haben sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die Deutsche Rentenversicherung Bund, der Deutsche Familiengerichtstag e.V. und der Deutsche Juristinnenbund geäußert.

58

1. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) kommt in seiner Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass § 47 SGB VI weder gegen Art. 6 Abs. 5 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.

59

Grundsätzlich behandele § 47 Abs. 1 SGB VI alle ehelichen und nichtehelichen Kinder gleich. Lediglich diejenigen Elternteile nichtehelicher Kinder, die niemals verheiratet gewesen seien, könnten nicht in den Kreis der Anspruchsberechtigten einer Erziehungsrente kommen. Insoweit würden allenfalls nichteheliche Kinder ungleich behandelt, deren Elternteile nie eine Ehe geschlossen hätten. Entscheidend sei das Fehlen einer Ehe und in der Folge davon einer Scheidung. Der Gesetzgeber dürfe die Ehe wegen ihres verfassungsrechtlichen Schutzes gegenüber anderen Lebensformen begünstigen (Hinweis auf BVerfGE 6, 55 <76 f.>; 105, 313 <348>). Die Anwendung des § 47 Abs. 1 SGB VI auf Fälle ohne Ehe würde zu sozialpolitisch unangemessenen Ergebnissen führen. Ein Verzicht auf die Scheidung als Anspruchsvoraussetzung würde eine Erziehungsrente allein aufgrund des Tatbestandes auslösen, dass ein nicht verheirateter Elternteil ein Kind erziehe und eine mit ihm zusammenlebende Person gestorben sei. Die Beziehung zwischen beiden Personen bliebe völlig offen. Eine Begrenzung des Tatbestandes auf leibliche Kinder sei rechtlich ausgeschlossen.

60

2. Nach Auffassung der Deutschen Rentenversicherung Bund verstößt die Regelung des § 47 Abs. 1 SGB VI nicht gegen das Grundgesetz. § 47 SGB VI benachteilige nichteheliche Kinder im Vergleich zu ehelichen Kindern weder unmittelbar noch mittelbar. Eine unmittelbare Ungleichbehandlung sei schon deswegen zu verneinen, weil der Anspruch aus § 47 SGB VI der Erziehungsperson und nicht dem Kind zustehe. Von einer Ungleichbehandlung sei auch deshalb nicht auszugehen, weil der Wortlaut des § 47 SGB VI nicht nach dem Status des Kindes als ehelich oder nichtehelich differenziere.

61

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 2007 (BVerfGE 118, 45) führe zu keiner anderen Beurteilung. Dort gehe es um Unterhaltansprüche, hier sei die Erziehungsrente vom Bestehen eines Unterhaltsanspruchs gegen den Verstorbenen unabhängig. Die Erziehungsrente habe zwar ursprünglich dem Unterhaltsersatz gedient. Mit ihrer Überführung in das SGB VI sei der Zusammenhang zwischen Erziehungsrente und Unterhaltsrecht aber gelöst worden. Nach neuem Recht komme es allein darauf an, dass ein Kind erzogen werde. Auch habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung betont, dass Ehegatten finanziell besser gestellt werden dürfen als Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Zudem lägen Zivilrecht und Sozialversicherungsrecht unterschiedliche Regelungsziele zugrunde. Zivilrechtliche Unterhaltsansprüche seien auf den Interessenausgleich zwischen Personen gerichtet. Bei Rentenansprüchen entscheide der Gesetzgeber über die Absicherung von Risiken. Die gesetzliche Rentenversicherung sei nicht dafür bestimmt, das Risiko abzusichern, wegen Kindererziehung keine Erwerbstätigkeit ausüben zu können.

62

3. Der Deutsche Familiengerichtstag e.V. vertritt in seiner Stellungnahme die Auffassung, dass ein Ausschluss von der Erziehungsrente wegen des Fehlens einer Scheidung gegen Art. 3 Abs. 1 sowie gegen Art. 6 Abs. 1 und 5 GG verstoße. Die Abhängigkeit des Anspruchs auf Erziehungsrente von einer Scheidung verletze sowohl die Grundrechte der Betreuenden als auch mittelbar die des betreuten Kindes, widerspreche dem verfassungsrechtlichen Schutz der Familie und benachteilige gemeinsame nichteheliche Kinder gegenüber anderen Kindern.

63

4. Der Deutsche Juristinnenbund verneint einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 5 GG, weil die Möglichkeit des Verzichtes auf eigene Erwerbstätigkeit wegen Kinderbetreuung maßgeblich durch andere Regelungen vorstrukturiert sei und nur einen kurzen, völligen Ausstieg aus der Erwerbstätigkeit nahe lege. Es liege aber ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 5 GG in der Diskriminierung nichtverheirateter Versicherter gegenüber ursprünglich verheirateten Versicherten und ihren Familien vor. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Förderung der Familien nach Art. 6 Abs. 1 GG sei überschritten. Das Gleichstellungsgebot aus Art. 6 Abs. 5 GG erlaube es nicht, an die Ehelichkeit oder Nichtehelichkeit von Familien anzuknüpfen. Rechtfertigende Gründe bestünden weder in der tatsächlichen Lebenssituation noch in den rechtlichen Rahmensetzungen.

B.

64

Die Vorlage ist unzulässig.

65

Die Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit und zur Verfassungswidrigkeit der zur Überprüfung gestellten Norm genügen nicht den Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an die Zulässigkeit einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG zu stellen sind (vgl. BVerfGE 86, 71 <76 f.>; 105, 48 <56>).

I.

66

Die Zulässigkeit einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG setzt voraus, dass die Verfassungsmäßigkeit der zur Prüfung vorgelegten Norm für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich ist (vgl. BVerfGE 11, 330 <334>; 107, 218 <232>; stRspr). Für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit kommt es auf die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts an. Das gilt jedoch nicht, wenn diese offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 31, 47 <52>; 100, 209 <212>; 105, 61 <67>; stRspr) oder die Entscheidungserheblichkeit von verfassungsrechtlichen Vorfragen abhängt (vgl. BVerfGE 46, 268 <284>; 63, 1 <27>).

67

Die Entscheidungserheblichkeit ist vom vorlegenden Gericht zu begründen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Der Vorlagebeschluss muss hinreichend deutlich erkennen lassen, dass und aus welchen Gründen das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der in Frage gestellten Vorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit (vgl. BVerfGE 7, 171 <173 f.>; 107, 59 <85>; stRspr), und sich unter Berücksichtigung der in Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen eingehend mit der Rechtslage auseinandersetzen (BVerfGE 47, 109 <114 f.>; 105, 61 <67>; stRspr). Richten sich die Bedenken gegen eine Vorschrift, von deren Anwendung die Entscheidung nicht allein abhängt, müssen die weiteren mit ihr im Zusammenhang stehenden Bestimmungen in die rechtlichen Erwägungen einbezogen werden, soweit dies zum Verständnis der zur Prüfung gestellten Norm oder zur Darlegung ihrer Entscheidungserheblichkeit erforderlich ist.

68

Das vorlegende Gericht muss ferner deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt ist. Auch insoweit bedarf es eingehender, Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehender Darlegungen (vgl. BVerfGE 89, 329 <337>; 105, 48 <56>; stRspr).

II.

69

1. Diesen Darlegungsanforderungen werden alle drei Vorlagefragen nicht gerecht. Das Landessozialgericht formuliert im Vorlagebeschluss die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des § 47 Abs. 1 SGB VI. Dabei versäumt es, die Vorschrift in den Gesamtregelungszusammenhang mit den Renten wegen Todes zu stellen, und zieht für einen möglichen Rentenanspruch der Klägerin die Bestimmung über die große Witwenrente nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI gar nicht in Betracht.

70

Bei dem Verstorbenen handelte es sich um den letzten Lebensgefährten der Klägerin, der nach ihrem Vortrag mit ihr wie in einer "richtigen Familie" zusammenlebte. Nach Angaben der Klägerin bestand Heiratsabsicht. Bei diesem Sachverhalt ist es begründungsbedürftig, warum nicht die Vorschrift zur großen Witwenrente nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI in die Gleichheitsprüfung einbezogen wird, sondern allein die Regelung zur Erziehungsrente, die zusätzlich zum Eingehen einer Ehe noch eine Ehescheidung voraussetzt. Eine Ehescheidung setzt ein Scheitern der Ehe voraus. Hier lebten die Klägerin und ihr verstorbener Partner nach dem Vortrag der Klägerin bis zu dessen Tod jedoch in einer intakten Lebensgemeinschaft. Deshalb hätte das Landessozialgericht darlegen müssen, warum es eine Parallele zur Ehe und damit eine Anwendung des § 46 SGB VI als Bezugspunkt der Gleichheitsprüfung ausschließt und allein auf die Regelung des Scheidungsfolgenrechts abstellt.

71

Die notwendige Einbeziehung des § 46 SGB VI erübrigt sich nicht schon dadurch, dass die Klägerin bei der Rentenversicherung einen Antrag nach § 47 SGB VI und nicht nach § 46 SGB VI gestellt hat und die Klage auf Gewährung einer Erziehungsrente aus § 47 SGB VI gerichtet ist. Denn über das Begehren eines Antragstellers ist im Rentenrecht nach der objektiven Rechtslage zu entscheiden. Wird ein Antrag auf eine bestimmte Rentenart gestellt, deren gesetzliche Voraussetzungen nicht erfüllt sind, der aber den Voraussetzungen für eine andere Rentenart genügt, hat der Rentenversicherungsträger Versicherte so zu stellen, als sei der zutreffende Antrag eingereicht worden, wenn für ihn der Sachverhalt erkennbar war (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 10. Oktober 1996 - L 8 Ar 640/95 -, Breithaupt 1997, S. 533). Wenn sich im Verwaltungsverfahren ein konkreter Anlass ergibt, Versicherte spontan auf klar zutage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die verständige Versicherte mutmaßlich nutzen würden, so folgt der Verletzung von Beratungs- und Auskunftspflichten ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, ohne dass Versicherte um Auskunft und Beratung nachgesucht hätten (sogenannte Spontanberatung, vgl. BSG, Urteil vom 9. Dezember 1997 - 8 RKn 1/97 -, BSGE 81, 251). Die Klägerin hatte in ihrem Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vorgetragen, sie strebe die Gleichbehandlung mit geschiedenen oder verheirateten Menschen an. Damit hatte sie auf eine angestrebte Rentengewährung nach § 47 SGB VI oder nach § 46 SGB VI hingewiesen. Eine Berücksichtigung des § 46 SGB VI würde nicht an versicherungsrechtlichen Voraussetzungen scheitern, da der verstorbene Lebensgefährte der Klägerin seit 1. November 2007 eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung bezog.

72

Der Vorlagebeschluss führt aus, ein Anspruch der Klägerin scheitere lediglich am Tatbestandsmerkmal der "Geschiedenheit". § 47 SGB VI setze aber nicht stets ein Scheitern der Beziehung voraus, nämlich nicht bei Nichtigerklärung der Ehe im Sinne des § 47 Abs. 2 SGB VI mit der Folge rückwirkender Kraft (vgl. RGZ 88, 328), zum Beispiel bei einer Doppelehe. Dieser Hinweis trifft nicht mehr zu. Denn zum 1. Juli 1998 ist die Unterscheidung zwischen Nichtigkeit und Aufhebung der Ehe entfallen. §§ 1313, 1314 BGB regeln die Aufhebung der Ehe durch richterliche Entscheidung mit Rechtskraft ex nunc abschließend. Diese Änderung im Familienrecht ist vom Gesetzgeber in § 47 SGB VI noch nicht redaktionell nachvollzogen worden (Butzer, in: Ruland/Försterling , GK-SGB VI, § 47 Rn. 54). § 47 Abs. 2 SGB VI kann sich jetzt nur noch auf die Aufhebung der Ehe ex nunc beziehen (§ 1313 Satz 2 BGB).

73

§ 46 SGB VI setzt nur das Bestehen einer Ehe voraus, während § 47 SGB VI die Eingehung einer Ehe und deren Scheidung voraussetzt. Ein Scheitern der Ehe ist Voraussetzung einer Scheidung und einer Eheaufhebung und damit implizites Tatbestandsmerkmal des § 47 SGB VI. Für die von der Klägerin geltend gemachten Gleichheitsfragen drängt es sich dabei auf, nicht allein auf eine Bestimmung abzustellen, die greift, wenn die Ehe geschieden wurde, sondern angesichts einer bestehenden, intakten Beziehung auch auf diejenige, die für nicht geschiedene Ehen gilt, also auf § 46 SGB VI. Das Landessozialgericht hätte diese mit § 47 SGB VI im Zusammenhang stehende Bestimmung in die rechtlichen Erwägungen einbeziehen müssen.

74

Auf bis zum Tod eines Ehegatten bestehende Ehen wird § 47 SGB VI nur angewendet, wenn Ehegatten ein Rentensplitting nach §§ 120a ff. SGB VI durchgeführt haben und dadurch eine Witwen- oder Witwerrente nach § 46 Abs. 2b SGB VI ausgeschlossen wird. Da dieses Institut aber nur Ehegatten und Lebenspartnern offensteht und ein dem Splitting vergleichbares Arrangement nicht ersichtlich ist, hätte sich das Landessozialgericht damit auseinandersetzen müssen, warum es im Falle der mit ihrem Partner nicht verheirateten Klägerin gerade eine Parallele zu Ehegatten sieht, die ein Rentensplitting durchgeführt haben.

75

Das Landessozialgericht hat in seiner Vorlage § 47 SGB VI nicht von § 46 SGB VI und § 243 SGB VI abgegrenzt und die Norm nicht in das Gesamtleistungssystem der Versorgung bei Versterben eines Ehegatten eingeordnet. Damit ist nicht dargetan, dass es auf die Verfassungsmäßigkeit des § 47 SGB VI entscheidungserheblich ankommt.

76

2. Die Ausführungen des Vorlagebeschlusses zur zweiten Vorlagefrage zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG werden auch in anderer Hinsicht den Darlegungsanforderungen nicht gerecht.

77

Das Landessozialgericht sieht Art. 3 Abs. 1 GG für die Vorlagefrage als einschlägig an. Verglichen werden gemeinsame leibliche Kinder, deren Eltern bis zum Tod des einen Partners eine nichteheliche Lebensgemeinschaft bildeten, mit Kindern eines geschiedenen Paares, die nicht aus der gemeinsamen Verbindung stammen. Einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG schließt das Landessozialgericht a minore ad maius aus seinen Ausführungen zu Art. 6 Abs. 5 GG: "Wenn schon im Vergleich eheliche/nichteheliche Kinder eine Verfassungswidrigkeit vorliegt, so muss man diese - auch wenn nicht Art. 6 Abs. 5 GG, sondern der allgemeine Gleichheitssatz einschlägig ist - hier erst recht annehmen". Das Landessozialgericht sieht das Problem im Ausgangsfall darin, dass "nicht einmal der Tod des leiblichen Vaters zur Gewährung einer Erziehungsrente" an die Mutter führt, während "Patchwork-Kinder", also mit dem Verstorbenen nicht verwandte Kinder der Erziehungsperson, diese Rente auslösen können, wenn der Eltern- und der Stiefelternteil voneinander geschieden sind. Letztlich möchte das Landessozialgericht daher aus der besonderen Nähe des Kindes zum Verstorbenen, nämlich seiner leiblichen Abstammung, die Erst-recht-Rentenberechtigung der Erziehungsperson herleiten.

78

Hier setzt sich das Landessozialgericht nicht mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 Abs. 1 GG im Fürsorgerecht auseinander. Danach kann eine Hinterbliebenenversorgung wie für Witwen und Witwer bei Erziehung gemeinsamer nichtehelicher Kinder durch den überlebenden Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG geboten sein (vgl. BVerfGE 112, 50 <67 ff.>).

79

3. Die dritte Vorlagefrage stellt zusätzlich darauf ab, dass die Erziehung gemeinsamer nichtehelicher Kinder für einen Anspruch nach § 47 SGB VI nicht genüge, die Erziehung gemeinsamer ehelicher Kinder dafür aber ausreiche. Das Landessozialgericht sieht darin eine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Benachteiligung der mit dem verstorbenen Partner nicht verheirateten Erziehungsperson gegenüber einer solchen Erziehungsperson, die mit ihm verheiratet war. Die über Art. 6 Abs. 1 GG geschützte nacheheliche Solidarität sei ungeeignet, einen Differenzierungsgrund zu liefern. Vielmehr müsse der strenge Rechtfertigungsmaßstab des Art. 6 Abs. 5 GG, um Wertungswidersprüche zu vermeiden, auf die Schlechterstellung der Erziehungsperson selbst übertragen werden. Damit wird letztlich angenommen, Ehen und nichteheliche Lebensgemeinschaften dürften nach Art. 3 Abs. 1 GG in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht unterschiedlich behandelt werden, soweit der Tatbestand auch an die Erziehung eines Kindes anknüpft, denn nach Art. 6 Abs. 5 GG seien eheliche und nichteheliche Kinder gleich zu behandeln. Eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz der Ehe unter Art. 6 Abs. 1 GG findet nicht statt (BVerfGE 105, 313<348 f.>).Insbesondere fehlen Ausführungen dazu, wann eine rechtlich nicht ausgeformte, nichteheliche Lebensgemeinschaft der Ehe oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft vergleichbar ist, in der auf Dauer rechtlich verbindlich Verantwortung für einander übernommen wird (vgl. BVerfGE 124, 199 <225>). Weiter fehlen Überlegungen dazu, ob es für die den Art. 3 Abs. 1 GG mit prägende Wertung des Art. 6 Abs. 5 GG von Bedeutung ist, dass es nicht um einen Betreuungsunterhaltsanspruch des erziehenden Elternteils gegen den anderen Elternteil geht (vgl. dazu BVerfGE 118, 45), sondern um einen Anspruch gegen einen Dritten, die Rentenversicherung, der in keiner Weise davon abhängig ist, ob durch den Todesfall etwaige Betreuungsunterhaltsansprüche verloren gegangen sind.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

28
Eine verfassungskonforme Auslegung kommt nur dann in Betracht, wenn eine Norm mehrere Auslegungen zulässt, die teils zu einem verfassungswidrigen , teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen (BVerfG NJW 2001, 2160, 2161; BFHE 207, 471 Tz. 86). Sie findet ihre Grenze dort, wo sie zu dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (BVerfG NJW 2007, 2977, 2980; NJW 1999, 1853, 1855 jeweils m.w.N.).