Bundesgerichtshof Urteil, 30. Okt. 2002 - XII ZR 345/00

bei uns veröffentlicht am30.10.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 345/00 Verkündet am:
30. Oktober 2002
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Kindschaftssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Ergänzt ein Kläger, dessen Ehelichkeitsanfechtungsklage (jetzt Vaterschaftsanfechtungsklage
) in einem früheren Prozeß mangels ausreichender Indiztatsachen, die
berechtigte Zweifel an seiner Vaterschaft begründen könnten, abgewiesen wurde, in
einem erneuten Anfechtungsverfahren seinen auf denselben Lebenssachverhalt gestützten
Vortrag lediglich um weitere Einzelheiten oder Beweismittel, so steht seiner
Klage die materielle Rechtskraft des Erstprozesses entgegen (Fortführung des Senatsurteils
vom 22. April 1998 - XII ZR 229/96 - FamRZ 1998, 955).
BGH, Urteil vom 30. Oktober 2002 - XII ZR 345/00 - OLG Koblenz
AG Mainz
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Oktober 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Gerber, Weber-Monecke, Fuchs und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 8. Dezember 2000 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß er nicht der Vater der Beklagten ist. Er und die Mutter der Beklagten haben am 25. August 1972 geheiratet. Am 25. Dezember 1977 wurde die Beklagte geboren. Die Ehe des Klägers mit der Mutter der Beklagten wurde durch Urteil des Familiengerichts vom 18. September 1986 geschieden. Der Kläger hatte bereits in einem früheren Statusverfahren versucht, seine Vaterschaft mit der Begründung anzufechten, die Mutter der Beklagten - seine damalige Ehefrau - habe in der Empfängniszeit eine intime Beziehung
zu H. gehabt. Das Familiengericht hatte die damalige Klage unter Berufung auf das Senatsurteil vom 22. April 1998 (XII ZR 229/96 - FamRZ 1998, 955) nach der Vernehmung von Zeugen - ohne ein Sachverständigengutachten einzuho- len - abgewiesen mit der Begründung, der Kläger habe keine Umstände nachweisen können, die bei objektiver Betrachtung geeignet seien, Zweifel an seiner Vaterschaft zu wecken. Eine Berufung des Klägers gegen dieses Urteil hatte keinen Erfolg; das Berufungsurteil ist rechtskräftig. Der Kläger stützt die vorliegende Statusklage erneut auf die Behauptung, die Mutter der Beklagten habe in der Empfängniszeit eine intime Beziehung zu H. unterhalten. Er trägt vor, nach Erlaß des Berufungsurteils in dem Vorverfahren habe er ermittelt, daß H. inzwischen verstorben sei. Er habe aber Kontakt mit dessen Witwe aufnehmen können. Diese habe ihm berichtet, daß die Mutter der Beklagten mehrmals bei ihr - der Zeugin - angerufen und in dem Gespräch eingeräumt habe, daß sie den Mann der Zeugin liebe. Wegen dieses Verhältnisses sei es häufiger zu Handgreiflichkeiten zwischen den Eheleuten H. gekommen. Das Familiengericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen mit der Begründung, die Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils stehe entgegen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Die Mutter der Beklagten ist in den Vorinstanzen nicht beteiligt worden. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Die Aufhebung und Zurückverweisung ist erforderlich, weil das Verfahren der Vorinstanzen an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden unheilbaren Verfahrensmangel leidet. Nach § 640 e Abs. 1 ZPO ist ein Elternteil - hier: die Mutter der Beklagten - in einem Statusprozeß, an dem er - wie im vorliegenden Fall - nicht selbst als Partei beteiligt ist, in der Weise zu beteiligen, daß er unter Mitteilung der Klage zum Termin zur mündlichen Verhandlung zu laden ist. Er kann dann der einen oder der anderen Partei als Streitgenosse beitreten. Diese zwingend vorgeschriebene, von Amts wegen vorzunehmende (Musielak/Borth, ZPO 3. Aufl. § 640 e Rdn. 3; Coester-Waltjen in MünchKommZPO 2. Aufl. § 640 e Rdn. 5) Beiladung des nicht als Partei beteiligten Elternteils haben die Vorinstanzen unterlassen. Wird ein Dritter entgegen einer zwingenden Vorschrift nicht am Verfahren beteiligt, stellt das in entsprechender Anwendung des § 551 Nr. 5 ZPO a.F. (§ 547 Nr. 4 ZPO n.F.) einen von Amts wegen zu berücksichtigenden absoluten Revisionsgrund dar, der die Zurückverweisung der Sache in jedem Fall erforderlich macht (Senatsurteil vom 27. März 2002 - XII ZR 203/99 - FamRZ 2002, 880, 881 f.; BGH, Urteil vom 11. Juni 1992 - III ZR 102/91 - NJW 1992, 2636, 2637; Beschluß vom 28. Juni 1983 - KVR 7/82 - NJW 1984, 494 f.; Musielak/Borth aaO Rdn. 4; Wenzel in MünchKommZPO aaO § 551 Rdn. 14). Da es sich um einen absoluten Revisionsgrund im Sinne des § 551 ZPO a.F. handelt, hat das Revisionsgericht nicht zu prüfen, ob das Berufungsurteil auf diesem Mangel beruht (Senatsurteil vom 27. März 2002 aaO S. 882 und BGH, Beschluß vom 28. Juni 1983 aaO S. 495). Die Mutter hat einen Anspruch
darauf, schon in den Tatsacheninstanzen beteiligt zu werden, damit ihr auf die- se Weise jedenfalls die Möglichkeit eingeräumt wird, sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Es ist zumindest nicht von vornherein auszuschließen, daß das Berufungsgericht andere oder ergänzende tatsächliche Feststellungen getroffen hätte, die für die Entscheidung relevant sein könnten, wenn es die Mutter der Beklagten ordnungsgemäß beteiligt hätte (Senatsbeschluß vom 27. März 2002 aaO m.N.). 2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Nach der Rechtsprechung des Senats reicht für eine Vaterschaftsanfechtungsklage (nach früherer Terminologie: Ehelichkeitsanfechtungsklage) des Ehemannes das Vorbringen, er sei nicht der Vater des beklagten Kindes und seine Vaterschaft könne durch Sachverständigengutachten ausgeschlossen werden, nicht aus. Der Kläger muß vielmehr Umstände vortragen und notfalls beweisen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Zweifel an der Ehelichkeit des Kindes zu wecken und die die Möglichkeit der Abstammung von einem anderen Mann als nicht ganz fernliegend erscheinen lassen (Senatsurteil vom 22. April 1998 aaO). Auf dieser Rechtsprechung beruhte das im Vorprozeß ergangene Berufungsurteil. Dem Kläger, der schon im Vorprozeß geltend gemacht hatte, seine geschiedene Ehefrau - die Mutter der Beklagten - habe in der Empfängniszeit ein Verhältnis zu H. unterhalten, war es nicht gelungen, Tatsachen nachzuweisen, die geeignet waren, einen solchen Verdacht zu rechtfertigen. In dem erwähnten Urteil vom 22. April 1998 hat sich der Senat u.a. mit einem Argument der Gegenmeinung auseinandergesetzt, die geltend gemacht hatte, der Ehemann könne in eine schwierige Situation geraten, wenn er einen gewissen Verdacht habe, aber nicht wisse, ob dieser Verdacht ausreichend sei.
Warte er mit der Erhebung der Anfechtungsklage ab, laufe er Gefahr, die An- fechtungsfrist zu versäumen. Erhebe er die Anfechtungsklage, müsse er befürchten , sein Anfechtungsrecht ohne Klärung der Abstammung endgültig zu verlieren, wenn das Gericht die Klage abweise, weil es die Verdachtsmomente für nicht ausreichend ansehe. Diesem Argument hat der Senat entgegengehalten, die objektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils seien eingeschränkt , wenn sich aus den Gründen ergebe, daß das Gericht seine Entscheidung bewußt nur auf einen bestimmten Gesichtspunkt gestützt und einen anderen rechtlichen Gesichtspunkt bewußt außer Betracht gelassen und nicht geprüft habe. Wenn eine Ehelichkeitsanfechtungsklage mit der Begründung abgewiesen worden sei, der Kläger habe keine Umstände dargetan, die Zweifel an seiner Vaterschaft begründen könnten, und deshalb sei ein etwa bestehendes Anfechtungsrecht nicht durchsetzbar, dann sei über die Abstammung selbst nicht rechtskräftig entschieden. Einer erneuten Ehelichkeitsanfechtungsklage des Ehemannes, die auf neue, nach der letzten mündlichen Verhandlung des Vorprozesses hervorgetretene Umstände gestützt werde, stehe deshalb die Rechtskraft eines so begründeten Urteils nicht entgegen (Senatsurteil vom 22. April 1998 aaO S. 956 f. m.w.N.). Aus diesen Ausführungen, an denen festzuhalten ist, schließt die Revision zu Unrecht, daß ein Kläger, dessen Statusklage in einem Vorprozeß aus den dargelegten Gründen abgewiesen worden ist, diese Statusklage ohne weiteres wiederholen kann, wenn er nur den schon im Vorprozeß vorgetragenen Sachverhalt durch neue Einzelheiten ergänzt. Würde man dem folgen, so hätte das im Vorprozeß ergangene Urteil praktisch keine Rechtskraftwirkungen. Dies ist jedoch nicht richtig. In materielle
Rechtskraft erwächst die Entscheidung des Gerichts über den Streitgegenstand (Musielak/Musielak, aaO § 322 Rdn. 16 m.N., auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, in Fn. 30). Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch ) wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und durch den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund ), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGHZ 117, 1, 5 m.N.). Der Streitgegenstand des Vorprozesses ergab sich demnach aus dem Antrag des Klägers, den Status des beklagten Kindes durch Gestaltungsurteil zu ändern, und dem hierzu vorgetragenen Lebenssachverhalt, zu dem als Kern gehörte, die Mutter des beklagten Kindes habe während der Empfängniszeit eine intime Beziehung zu H. unterhalten. Über diesen Streitgegenstand ist in dem Vorprozeß aber nicht uneingeschränkt entschieden worden. Es ist weder positiv noch negativ über die Abstammung - den Status - des Kindes entschieden worden, sondern nur darüber, daß der vom Kläger vorgetragene Lebenssachverhalt ihn nicht berechtige, ein etwa bestehendes Anfechtungsrecht im Prozeß durchzusetzen (Senatsurteil vom 22. April 1998 aaO S. 956). Entsprechend dieser eingeschränkten Entscheidung über den Streitgegenstand sind auch die in dem Senatsurteil vom 22. April 1998 angesprochenen objektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils zu bestimmen. In materielle Rechtskraft ist somit der Ausspruch erwachsen, der Kläger könne aufgrund des "abgeurteilten" Lebenssachverhaltes ein etwa bestehendes Anfechtungsrecht nicht durchsetzen. Eine zweite Anfechtungsklage desselben Klägers wäre demnach nur dann zulässig, wenn die Darlegung eines "Anfangsverdachts" auf einen neuen,
selbständigen, nach der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozeß zutage getretenen Lebenssachverhalt gestützt wäre. Zu der Annahme, es liege ein neuer, selbständiger Lebenssachverhalt vor, genügt es aber nicht, wenn die Sachverhaltsdarstellung des Vorprozesses lediglich abgewandelt, ergänzt oder korrigiert wird (BGH, Urteil vom 11. November 1994 - V ZR 46/93 - NJW 1995, 967, 968; Musielak/Musielak aaO § 322 Rdn. 18, jeweils m.w.N.). Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, kann es erst recht nicht ausreichend sein, wenn der Kläger für seine schon im Vorprozeß aufgestellte Behauptung, die Mutter der Beklagten habe in der Empfängniszeit ein Verhältnis zu H. unterhalten , lediglich eine neue Zeugin benennt. Das gilt auch dann, wenn er durch diese Zeugin im Vorprozeß nicht vorgetragene Tatsachen beweisen will, die lediglich als Indiztatsachen zum Nachweis der Richtigkeit seiner schon im Vorprozeß aufgestellten Behauptung dienen sollen.
Hahne Gerber Weber-Monecke Fuchs Ahlt

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Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,1.wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;2.wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Ges

Zivilprozessordnung - ZPO | § 322 Materielle Rechtskraft


(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. (2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, da

Zivilprozessordnung - ZPO | § 551 Revisionsbegründung


(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen. (2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründun

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1599 Nichtbestehen der Vaterschaft


(1) § 1592 Nr. 1 und 2 und § 1593 gelten nicht, wenn auf Grund einer Anfechtung rechtskräftig festgestellt ist, dass der Mann nicht der Vater des Kindes ist. (2) § 1592 Nr. 1 und § 1593 gelten auch nicht, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Sch

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(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) § 1592 Nr. 1 und 2 und § 1593 gelten nicht, wenn auf Grund einer Anfechtung rechtskräftig festgestellt ist, dass der Mann nicht der Vater des Kindes ist.

(2) § 1592 Nr. 1 und § 1593 gelten auch nicht, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren wird und ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses die Vaterschaft anerkennt; § 1594 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Neben den nach den §§ 1595 und 1596 notwendigen Erklärungen bedarf die Anerkennung der Zustimmung des Mannes, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist; für diese Zustimmung gelten § 1594 Abs. 3 und 4, § 1596 Abs. 1 Satz 1 bis 3, Abs. 3 und 4, § 1597 Abs. 1 und 2 und § 1598 Abs. 1 entsprechend. Die Anerkennung wird frühestens mit Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses wirksam.

(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen.

(2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. § 544 Absatz 8 Satz 3 bleibt unberührt. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Revisionskläger erhebliche Gründe darlegt; kann dem Revisionskläger innerhalb dieser Frist Einsicht in die Prozessakten nicht für einen angemessenen Zeitraum gewährt werden, kann der Vorsitzende auf Antrag die Frist um bis zu zwei Monate nach Übersendung der Prozessakten verlängern.

(3) Die Revisionsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge);
2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar:
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Ist die Revision auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen worden, kann zur Begründung der Revision auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden.

(4) § 549 Abs. 2 und § 550 Abs. 2 sind auf die Revisionsbegründung entsprechend anzuwenden.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 203/99 Verkündet am:
27. März 2002
Küpferle,
Justizamtsinspektorin,
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO § 640e Abs. 1; BGB § 1909 Abs. 1
In einem Statusverfahren, in dem eine allein sorgeberechtigte Mutter die Vaterschaft
ihres geschiedenen Ehemannes anficht, muß für das am Verfahren zu beteiligende
Kind (§ 640e Abs. 1 ZPO) - schon für die Zustellung der Klage und der Ladung zum
Termin - ein Ergänzungspfleger bestellt werden.
Die Anfechtungsfrist von zwei Jahren ab Kenntnis der Umstände, die gegen die Vaterschaft
sprechen, gilt auch in den Fällen, in denen die Mutter vor dem 1. Juli 1998
keine Anfechtungsklage erheben konnte, weil ihr Anfechtungsrecht erst zu diesem
Zeitpunkt durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts eingeführt worden ist
BGH, Urteil vom 27. März 2002 - XII ZR 203/99 - OLG Stuttgart
AG Esslingen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. März 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Gerber, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs und Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 16. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 1. Juli 1999 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, Mutter des beigeladenen Kindes, begehrt die Feststellung, daß das Kind nicht von dem Beklagten abstammt. Die am 21. Februar 1986 geschlossene Ehe der Parteien ist mit Urteil vom 29. September 1992, das seit diesem Tage rechtskräftig ist, geschieden worden. Während der Ehe - am 22. Juli (im Berufungsurteil zu Unrecht: Juni) 1986 - hat die Klägerin die Tochter M. zur Welt gebracht. Der vorliegenden Klage sind zwei weitere Statusverfahren bezüglich des beigeladenen Kindes vorausgegangen. Nach der Scheidung hat der Beklagte im Jahre 1993 - nach dem damals geltenden Recht - Ehelichkeitsanfechtungs-
klage erhoben. Das Familiengericht hat dieser Klage stattgegeben, nachdem ein ärztlicher Sachverständiger festgestellt hatte, der Beklagte sei aus genetischen Gründen als Vater auszuschließen. Auf die Berufung des Kindes hin hat das Oberlandesgericht durch rechtskräftiges Urteil vom 2. Dezember 1993 unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger des damaligen Verfahrens habe die Anfechtungsfrist versäumt. Im Jahre 1995 hat das Kind, vertreten durch seine Mutter (die Klägerin des vorliegenden Verfahrens), Klage erhoben mit dem Ziel, festzustellen, daß es nicht vom Beklagten abstamme. Durch Urteil vom 20. Juli 1995 hat das Familiengericht diese Klage abgewiesen, und zwar mit der Begründung, die Anfechtungsfrist sei versäumt, weil die gesetzliche Vertreterin des Kindes seit mehr als zwei Jahren Kenntnis von den Umständen habe, die gegen die Vaterschaft des Beklagten sprächen. Gegen dieses Urteil des Familiengerichts hat das Kind Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat den Antrag des Kindes , ihm zur Durchführung einer Berufung gegen dieses Urteil Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, mangels Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Über die Berufung ist nicht entschieden worden. Das Oberlandesgericht hat zunächst durch Beschluß vom 26. Oktober 1995 auf Antrag des Kindes das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Nachdem die Klägerin durch eine zum 1. Juli 1998 in Kraft getretene Gesetzesänderung als Mutter des Kindes selbst anfechtungsberechtigt geworden ist, hat sie im vorliegenden Verfahren mit einem am 26. November 1998 eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, daß das Kind M. nicht das Kind des Beklagten sei. Der Beklagte ist der Klage nicht entgegengetreten. Das Familiengericht hat die Klage abgewiesen mit der Be-
gründung, auch der Klage der Mutter stehe die Versäumung der Anfechtungsfrist entgegen, da sie - die Mutter - mehr als zwei Jahre vor Klageerhebung Kenntnis von den Umständen gehabt habe, die für die Nichtehelichkeit des Kindes sprächen (§ 1600 b BGB). Daû die Klagebefugnis der Mutter vom Gesetzgeber erst zum 1. Juli 1998 eingeführt worden sei, bedeute nicht, daû ab diesem Zeitpunkt eine neue Anfechtungsfrist laufe. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Feststellungsanspruch weiter. Nachdem der Senat die Parteien auf § 640 c Abs. 2 ZPO hingewiesen hatte, hat das Kind während des Revisionsverfahrens seine beim Oberlandesgericht anhängige, zum Ruhen gebrachte Klage mit Zustimmung des Prozeûgegners zurückgenommen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Das Berufungsgericht führt aus, da das Kind vor dem 1. Juli 1998 zur Welt gekommen sei, richte sich die Frage seiner Abstammung nach dem bis zum 30. Juni 1998 gültigen Recht (Art. 224 § 1 Abs. 1 EGBGB). Da das Kind während der Ehe der Parteien geboren worden sei, gelte es nach § 1591 BGB a.F. als Kind des Beklagten. Dieser Status des Kindes könne nur durch ein Anfechtungsverfahren beseitigt werden (§ 1593 BGB a.F.). Auf dieses Anfech-
tungsverfahren seien allerdings die am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen neuen Bestimmungen anzuwenden (Art. 224 § 1 Abs. 2 EGBGB). Gemäû § 1600 BGB n.F. gehöre die Klägerin zu den anfechtungsberechtigten Personen. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts sind zutreffend und werden von der Revision auch nicht in Zweifel gezogen. 2. Weiter führt das Berufungsgericht aus, weder das in einem Vorprozeû rechtskräftig abgeschlossene Anfechtungsverfahren noch das (damals) noch nicht abgeschlossene zweite Anfechtungsverfahren stehe der Zulässigkeit der vorliegenden Klage entgegen. Werde ein klagabweisendes Urteil in einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren darauf gestützt, daû der Kläger die Anfechtungsfrist versäumt habe, sei damit das Abstammungsverhältnis zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits nicht festgestellt. Ein solches Urteil könne deshalb die Klage "eines anderen Anfechtungsberechtigten mit gleichem Verfahrensziel nicht hindern." Die gemäû § 640 e ZPO an sich vorgesehene Beiladung des Kindes sei nicht erforderlich, weil die Wahrung seiner Rechte schon dadurch gewährleistet sei, daû seine gesetzliche Vertreterin als Prozeûpartei an dem Verfahren beteiligt sei. Das Familiengericht habe die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Anfechtungsfrist versäumt sei. Das neu eingeführte Anfechtungsrecht der Mutter könne - wie auch das Anfechtungsrecht der anderen Anfechtungsberechtigten - nur binnen einer Frist von zwei Jahren ausgeübt werden, die mit dem Zeitpunkt beginne, in dem der Anfechtungsberechtigte von den Umständen erfahren habe , die gegen die Vaterschaft sprechen, frühestens mit der Geburt des Kindes (§ 1600 b Abs. 1 und Abs. 2 BGB n.F.). Bei Eingang der vorliegenden Klage
habe die Klägerin, wie die Berufung nicht in Zweifel ziehe, seit mehr als zwei Jahren Kenntnis von den entsprechenden Umständen gehabt. Zu Unrecht mache die Klägerin geltend, die zweijährige Anfechtungsfrist könne nicht vor dem 1. Juli 1998 zu laufen begonnen haben, weil sie - die Klägerin - vor der an diesem Tage in Kraft getretenen Neufassung des Gesetzes nicht anfechtungsberechtigt gewesen sei. Für diese Annahme der Klägerin finde sich weder im Gesetz selbst noch in den Materialien zu dem Gesetz eine Stütze. Die Materialien sprächen im Gegenteil dafür, daû der Gesetzgeber bewuût darauf verzichtet habe, für das neu eingeführte Anfechtungsrecht der Mutter hinsichtlich der Anfechtungsfrist eine entsprechende Übergangsregelung vorzusehen. 3. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten, soweit sie das Prozeûrecht betreffen, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Annahme des Berufungsgerichts, die (damals andauernde) Rechtshängigkeit eines Statusverfahrens des Kindes gegen den Ehemann - den Beklagten auch des vorliegenden Verfahrens - habe der Zulässigkeit der vorliegenden Klage nicht entgegengestanden, beruht auf Rechtsirrtum. Nach dem zum 1. Juli 1998 - also vor Erhebung der vorliegenden Klage - in Kraft getretenen § 640 c Abs. 2 ZPO i.V.m. § 640 Abs. 2 Nr. 2 ZPO kann während der Dauer der Rechtshängigkeit einer Klage, mit der die Anfechtung der Vaterschaft eines Kindes geltend gemacht wird, keine "entsprechende Klage... anderweitig anhängig gemacht werden." In der Begründung des Regierungsentwurfs zu dieser Bestimmung heiût es ausdrücklich, durch die Regelung solle vermieden werden, daû verschiedene Klageberechtigte - gegebenenfalls an unterschiedlichen Gerichtsständen - entsprechende Anfechtungsklagen anhängig machten (BT-Drucks. 13/4899 S. 126). Unter "entsprechende Klage" ist ein weiteres Ab-
stammungsverfahren zu verstehen, das dasselbe Kind betrifft (Zöller/Philippi, ZPO 23. Aufl. § 640 c Rdn. 6). Mit Rücksicht auf den anhängigen Prozeû zur Klärung der Abstammung des Kindes war es nicht zulässig, einen neuen Statusprozeû anhängig zu machen, die Klägerin konnte lediglich dem bereits anhängigen Prozeû als Streitgenossin einer Partei beitreten (vgl. BT-Drucks. 13/4899 aaO). In den Vorinstanzen war die Klage deshalb unzulässig. Die "Rechtshängigkeitssperre" (vgl. Lüke in MünchKomm-ZPO 2. Aufl. § 261 Rdn. 52 m.w.N.) entfällt jedoch ex nunc, wenn die Rechtshängigkeit des anderen Prozesses fortfällt (Stein/Jonas/Schumann, ZPO 21. Aufl. § 261 Rdn. 51; Goldschmidt, Festschrift für Brunner - 1914 - S. 153 Fuûn. 4). Nachdem in dem parallel geführten Abstammungsprozeû die Klage wirksam zurückgenommen worden ist, ist die dortige Rechtshängigkeit entfallen mit der Folge, daû von diesem Zeitpunkt an die vorliegende Klage zulässig geworden ist. 4. Das Berufungsurteil muû jedoch aufgehoben und die Sache muû an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, weil das Verfahren der Vorinstanzen an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden unheilbaren Verfahrensmangel leidet. Nach § 640 e Abs. 1 ZPO ist das Kind in einem Statusprozeû , an dem es - wie im vorliegenden Fall - nicht selbst als Partei beteiligt ist, in der Weise zu beteiligen, daû es unter Mitteilung der Klage zum Termin zur mündlichen Verhandlung zu laden ist. Es kann dann der einen oder der anderen Partei als Streitgenosse beitreten. Diese zwingend vorgeschriebene, von Amts wegen vorzunehmende Beiladung des Kindes (Musielak/Borth, ZPO 2. Aufl. § 640 e Rdn. 3; Coester-Waltjen in MünchKomm-ZPO 2. Aufl. § 640 e Rdn. 5) haben die Vorinstanzen unterlassen. Wird ein Dritter entgegen einer
zwingenden Vorschrift nicht am Verfahren beteiligt, stellt das in entsprechender Anwendung des § 551 Nr. 5 ZPO a.F. (= § 347 Nr. 4 ZPO n.F.) einen von Amts wegen zu berücksichtigenden absoluten Revisionsgrund dar, der die Zurückverweisung der Sache in jedem Fall erforderlich macht (BGH, Urteil vom 11. Juni 1992 - III ZR 102/91 - NJW 1992, 2636, 2637; Beschluû vom 28. Juni 1983 - KVR 7/82 - NJW 1984, 494 f.; Musielak/Borth aaO Rdn. 4; Wenzel in MünchKomm-ZPO aaO § 551 Rdn. 14). Da es sich um einen absoluten Revisionsgrund im Sinne des § 551 ZPO a.F. handelt, hat das Revisionsgericht nicht zu prüfen, ob das Berufungsurteil auf diesem Mangel beruht (BGH, Beschluû vom 28. Juni 1983 aaO S. 495). Im übrigen hat das Kind einen Anspruch darauf, schon in den Tatsacheninstanzen beteiligt zu werden. Der Mangel wird nicht dadurch geheilt, daû das Kind in der Revisionsinstanz beteiligt worden ist. Es ist zumindest nicht von vornherein auszuschlieûen, daû das Berufungsgericht andere oder ergänzende tatsächl iche Feststellungen getroffen hätte, die für die Entscheidung relevant sein könnten, wenn es das Kind ordnungsgemäû beteiligt hätte (vgl. BGH, Beschluû vom 28. Juni 1983 aaO). 5. Der Auffassung des Berufungsgerichts, von der an sich vorgeschriebenen Beiladung des Kindes könne im vorliegenden Rechtsstreit abgesehen werden, weil seine allein sorgeberechtigte Mutter - die Klägerin -, die seine Rechte im Falle eines Beitritts wahrzunehmen hätte, selbst Prozeûpartei sei und deshalb auf das Verfahren Einfluû nehmen könne, kann nicht gefolgt werden. Daû in einem Prozeû zwischen den Eltern, in dem es um den Status des Kindes geht, ein Elternteil allein oder beide Elternteile gemeinsam das Sorgerecht für das Kind haben, ist die Regel. Wenn der Gesetzgeber dennoch ohne
jede Einschränkung angeordnet hat, daû in einem solchen Prozeû das Kind zu beteiligen ist, kann nicht davon ausgegangen werden, die Beteiligung des Kindes sei nur ausnahmsweise notwendig, nämlich in den seltenen Fällen, in denen ein Dritter sorgeberechtigt ist. Die Argumentation des Berufungsgerichts, die Beteiligung des Kindes durch Zustellung der Klage an die allein sorgeberechtigte Klägerin sei eine überflüssige Formalie, ist schon deshalb unzutreffend, weil eine allein sorgeberechtigte Mutter, wenn sie Klägerin in einem Statusverfahren ist, das Kind im Rahmen seiner Beteiligung nach § 640 e Abs. 1 ZPO nicht im Prozeû vertreten kann. Es ist vielmehr erforderlich, für das Kind nach § 1909 Abs. 1 BGB einen Ergänzungspfleger zu bestellen (wie es in der Revisionsinstanz geschehen ist). Nach § 1629 Abs. 2 BGB können die Eltern ein Kind nicht vertreten, soweit ein Vormund nach § 1795 BGB von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist. Nach § 1795 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BGB ist ein Vormund in einem Rechtsstreit zwischen seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder einem seiner Verwandten in gerader Linie einerseits und dem Mündel andererseits von der Vertretung des Mündels ausgeschlossen. Dieser Ausschluû gilt erst recht, wenn nicht nur der Ehegatte oder Verwandte des Vormunds, sondern der Vormund selbst Partei eines Rechtsstreits mit dem Mündel ist (Wagenitz in MünchKomm-BGB 4. Aufl. § 1795 Rdn. 35 m.N.). Zwar ist das Kind, solange es dem zwischen den Eltern geführten Statusprozeû nicht beigetreten ist, nicht Partei dieses Prozesses. § 640 e Abs. 1 ZPO räumt ihm aber eine parteiähnliche prozessuale Rolle ein, die es rechtfertigt , § 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB auf diesen Fall analog anzuwenden. Durch § 640 e Abs. 1 ZPO soll das Kind, um dessen Status es geht, in die Lage versetzt werden, seine Interessen unabhängig von den Parteien des Statusverfah-
rens, also auch unabhängig von seiner allein sorgeberechtigten Mutter, zu vertreten. Die Interessen der Mutter und die Interessen des Kindes können durchaus voneinander abweichen. Die Mutter kann unter Hintanstellung anderer Gesichtspunkte in erster Linie daran interessiert sein, nachzuweisen, daû der Beklagte nicht der Vater ihres Kindes ist. Das Kind kann daran interessiert sein, daû soziale Bindungen, die es zu dem Beklagten aufgebaut hat, nicht beschädigt werden, insbesondere aber kann es darauf angewiesen sein, in dem Beklagten einen zahlungskräftigen Unterhaltsschuldner zu haben. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, daû der Gesetzgeber, als er das Anfechtungsrecht der Mutter eingeführt hat, ihr ganz bewuût das Recht eingeräumt hat, mit diesem Anfechtungsrecht ausschlieûlich eigene Interessen zu verfolgen ohne Rücksicht auf die Interessen des Kindes (vgl. BT-Drucks. 13/4899 S. 6; BT-Drucks. 13/4899 S. 148; BT-Drucks. 13/8511 S. 70 f.). Das bedeutet, daû das beizuladende Kind in einem von seiner allein sorgeberechtigten Mutter angestrengten Statusverfahren der Mutter in einer eigenständigen Position gegenübersteht, die es ihm ermöglichen soll, eigene Interessen auch gegen die Mutter geltend zu machen. Dies entspricht der Interessenkonstellation , für die § 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB die Vertretungsbefugnis ausschlieût. Wie das Berufungsgericht - ohne die richtigen Schluûfolgerungen daraus zu ziehen - im Ansatz richtig sieht, wäre es nicht sinnvoll, zum Zwecke der Beteiligung des Kindes der allein sorgeberechtigten Klägerin ihre eigene Klage zuzustellen, um sie für das Kind entscheiden zu lassen, ob das Kind dem Rechtsstreit auf ihrer oder auf der Seite ihres Prozeûgegners beitreten soll (im Ergebnis wie hier OLG Celle, FamRZ 2001, 700, 702; Coester-Waltjen in MünchKomm-ZPO aaO § 640 e Rdn. 6).
6. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Das Berufungsgericht geht zu Recht und mit zutreffender Begründung davon aus, daû die zweijährige Frist für die Anfechtung der Vaterschaft - beginnend mit dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen (§ 1600 b BGB) - auch in den Fällen uneingeschränkt gilt, in denen der Mutter mit dem Inkrafttreten des neuen Rechts zum 1. Juli 1998 erstmals ein Anfechtungsrecht eingeräumt worden ist. Das hat zur Folge, daû eine Anfechtung der Mutter ausgeschlossen ist, wenn sie vor dem 1. Juli 1996 Kenntnis von den gegen die Vaterschaft sprechenden Umständen hatte. Es ist der Revision einzuräumen, daû eine Klagefrist im Regelfall nicht abläuft, bevor der Kläger die rechtliche Möglichkeit hat, sie einzuhalten. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daû es sich nicht um ein auf Dauer auftretendes und zu regelndes Problem handelt. Vielmehr taucht die Problematik nur in der Zeit vom 1. Juli 1998 bis zum 1. Juli 2000, und auch in dieser Zeit nur für Fälle auf, in denen die Mutter schon vor dem 1. Juli 1996 Kenntnis von den gegen die Vaterschaft sprechenden Umständen hatte. Der Gesetzgeber hatte bei Einführung des Anfechtungsrechts der Mutter zum 1. Juli 1998 zu entscheiden, ob die neue Anfechtungsmöglichkeit für alle Altfälle gelten sollte, unabhängig davon, wie alt das Kind inzwischen war, welche sozialen Bindungen es zu dem Mann aufgebaut hatte, der bisher als sein Vater galt, und wie lange die Mutter bereits Kenntnis davon hatte, daû das Kind wohl nicht von diesem Mann abstammt , oder ob die neue Anfechtungsmöglichkeit - jedenfalls im wesentlichen - nur für die Zukunft gelten sollte. Hätte der Gesetzgeber die neue Anfechtungsmöglichkeit für alle Altfälle eröffnen wollen, hätte es nahegelegen, in einer Übergangsvorschrift festzulegen , daû die Anfechtungsfrist für eine Anfechtung durch die Mutter nicht vor
dem 1. Juli 1998 beginnt. Entgegen der Annahme der Revision ist nicht davon auszugehen, daû der Gesetzgeber eine solche Übergangsregelung nur vergessen hat. Die übrigen Regelungen des neuen Rechts und die Materialien dazu sprechen vielmehr dafür, daû der Gesetzgeber eine solche Übergangsregelung bewuût nicht vorgesehen hat, weil er für Altfälle keine neue Anfechtungsmöglichkeit eröffnen wollte. Das Berufungsgericht weist zu Recht darauf hin, daû das neue Recht nicht nur ein Anfechtungsrecht der Mutter eingeführt, sondern auch das Anfechtungsrecht des (volljährigen) Kindes erweitert hat (§§ 1600, 1600 b Abs. 3 BGB n.F., § 1596 BGB a.F.). Der Gesetzgeber hat gesehen, daû die für die Anfechtung durch das volljährige Kind vorgesehene Frist (§ 1600 b Abs. 3 BGB) bei Einführung des neuen Rechts am 1. Juli 1998 bereits abgelaufen sein könnte und hat deshalb in einer Übergangsregelung (Art. 224 § 1 Abs. 4 EGBGB) bestimmt, daû die Verjährungsfrist für das volljährige Kind - jedenfalls in bestimmten Fällen - nicht vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts (am 1. Juli 1998) zu laufen beginnt. Man kann ausschlieûen, daû er dieselbe Problematik bei der weit mehr im Vordergrund stehenden und diskutierten Einführung des Anfechtungsrechts der Mutter übersehen hat. Der Regierungsentwurf sah in § 1600 b Abs. 5 BGB vor, daû für alle Anfechtungsberechtigten - also auch für die Mutter - die Anfechtungsfrist erneut zu laufen beginnt, wenn der Berechtigte Kenntnis von Umständen erlangt, aufgrund derer die Folgen der Vaterschaft für ihn unzumutbar werden (BT-Drucks. 13/4899 S. 6). Der Bundesrat hat vorgeschlagen, § 1600 b Abs. 5 BGB des Entwurfs zu streichen (BT-Drucks. 13/4899 S. 148 f.). Entsprechend der Gegenäuûerung der Bundesregierung hat der Rechtsausschuû des Deutschen Bundestages vorgeschlagen, die Anwendung des § 1600 b Abs. 5 des
Entwurfs auf das Anfechtungsrecht des Kindes zu beschränken. Zur Begründung hat er ausgeführt: "Dieser Ausschluû wird in der Regel zur Folge haben, daû die Mutter von ihrem Anfechtungsrecht nur innerhalb der ersten zwei Lebensjahre des Kindes Gebrauch machen kann. Innerhalb dieses Zeitraums können sich persönliche Bindungen des Kindes zu seinem Vater noch nicht in einem solchen Maûe entwickeln, daû ein etwa vorhandenes Interesse des Kindes am Fortbestand der Vaterschaft das Anfechtungsinteresse der Mutter überwiegen könnte. Der Rechtsausschluû empfiehlt daher wie die Gegenäuûerung der Bundesregierung, die Anwendung des § 1600 b Abs. 5 BGB-E auf die Anfechtung durch den Vater oder die Mutter auszuschlieûen und auf das Anfechtungsrecht des Kindes zu beschränken. Insoweit hält der Rechtsausschuû die Beibehaltung der Regelung des § 1600 b Abs. 5 BGB-E für zwingend geboten und hält seine völlige Streichung, wie sie vom Bundesrat gefordert worden ist, im Hinblick auf das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung für verfassungsrechtlich bedenklich." Der Vorschlag des Rechtsausschusses ist Gesetz geworden (§ 1600 b Abs. 5 BGB). Daraus ergibt sich, daû der Gesetzgeber die Anfechtungsmöglichkeit der Mutter im Interesse des Kindes zeitlich eng begrenzen und von dieser Begrenzung möglichst keine Ausnahme zulassen wollte. Auch das spricht dafür, daû der Gesetzgeber die von der Revision vermiûte Übergangsregelung nicht vergessen, sondern bewuût nicht eingeführt hat. Hahne Gerber Wagenitz Fuchs Vézina

(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen.

(2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. § 544 Absatz 8 Satz 3 bleibt unberührt. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Revisionskläger erhebliche Gründe darlegt; kann dem Revisionskläger innerhalb dieser Frist Einsicht in die Prozessakten nicht für einen angemessenen Zeitraum gewährt werden, kann der Vorsitzende auf Antrag die Frist um bis zu zwei Monate nach Übersendung der Prozessakten verlängern.

(3) Die Revisionsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge);
2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar:
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Ist die Revision auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen worden, kann zur Begründung der Revision auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden.

(4) § 549 Abs. 2 und § 550 Abs. 2 sind auf die Revisionsbegründung entsprechend anzuwenden.