Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2012 - XII ZR 87/11

bei uns veröffentlicht am01.08.2012
vorgehend
Landgericht Köln, 30 O 294/09, 23.11.2010
Oberlandesgericht Köln, 1 U 82/10, 15.07.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 87/11
vom
1. August 2012
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. August 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterinnen Weber-Monecke und Dr. Vézina
und die Richter Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 15. Juli 2011 zugelassen, soweit das Oberlandesgericht die Beklagten zur Zahlung von mehr als 30.166,56 € nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 10.055,52 € seit dem 4. Juli 2009, seit dem 4. August 2009 und seit dem 4. September 2009 verurteilt hat. Im Übrigen wird die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten wird das vorgenannte Urteil im Kostenpunkt und im Umfang der Zulassung aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision , einschließlich der Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Wert: 71.335 €

Gründe:

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist teilweise begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

2
Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
3
1. Es hat den von den Beklagten mit der Hilfsaufrechnung geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen einer Beschädigung der Telefonanlage durch die Bauarbeiten abgelehnt, weil die Beklagten den ihnen obliegenden Beweis dafür, dass die Bauarbeiten ursächlich für die Beschädigung gewesen seien, nicht geführt hätten.
4
Das Berufungsgericht hat die Annahme des Privatgutachters, die Zerstörung der Stromversorgung in der Telefonanlage sei durch eine Überspannung verursacht worden, die auf die erheblichen Bauarbeiten in unmittelbarer Nähe der Telefonanlage zurückzuführen sei, als bloße Spekulation bewertet. Den von den Beklagten für ihre Behauptung darüber hinaus angebotenen Zeugen- und Sachverständigenbeweis hat es nicht erhoben, weil das Haus und die Telefonanlage für eine Begutachtung nicht mehr zur Verfügung stünden und die Beklagten den Beweis deshalb nicht führen könnten. Damit lässt das Berufungsgericht entscheidungserheblichen unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten außer Acht. Denn es ist nicht auszuschließen, dass ein Sachverständiger auf der Grundlage der von dem Privatgutachter festgestellten Schäden der Telefonanlage und aufgrund der Aussagen der von den Beklagten benannten Zeugen zu den Bauarbeiten und dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausfall der Telefonanlage beurteilen kann, ob die Schäden der Telefonanlage auf die Bauarbeiten zurückzuführen sind. Für etwaige andere Schadensursachen ist nichts ersichtlich, insbesondere haben die Kläger solche nicht vorgetragen. Von der Einholung eines Sachverständigengutachtens darf jedoch nur dann abgesehen werden, wenn auszuschließen ist, dass damit der erforderliche Beweis geführt werden kann (BGH Urteil vom 3. Juni 2008 - VI ZR 35/07 - NJWRR 2008, 1380).
5
Die unter Beweis gestellte Ursächlichkeit der Bauarbeiten für die Beschädigungen der Telefonanlage ist auch entscheidungserheblich. Entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung fehlt es nicht bereits an dem für eine Haftung der Kläger erforderlichen Verschulden.
6
Die Kläger waren als Vermieter verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die mit ihrem Einverständnis von der H. GmbH mit den Bauarbeiten betrauten Personen ihrer Mieterin, der Beklagten zu 1, keinen Schaden zufügen. Da hier nach der Behauptung der Beklagten die Schadensursache aus dem Herrschafts - und Einflussbereich der Kläger herrührt, liegt die Beweislast dafür, dass die Kläger kein Verschulden trifft, bei diesen (Senatsurteile vom 22. Oktober 2008 - XII ZR 148/06 - NJW 2009, 142 f. und vom 1. März 2000 - XII ZR 272/97 - NJW 2000, 2344, 2345; BGH Urteil vom 16. Oktober 1963 - VIII ZR 28/62 - NJW 1964, 33, 35 f.).
7
Das Berufungsgericht hätte somit den angebotenen Sachverständigenbeweis erheben und die zum Beweis für die im Zusammenhang mit den Bauarbeiten aufgetretene Beschädigung der Telefonanlage angebotenen Zeugen hören müssen.
8
2. Auch die Annahme des Berufungsgerichts, eine Aufrechnung mit dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen Zerstörung von Spirituosen scheide aus, weil der Vortrag der Beklagten zu der Beschädigung und zu dem eingetretenen Schaden nicht ausreichend substantiiert sei, verletzt den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör. Das Berufungsgericht meint, die Beklagten hätten darlegen müssen, an welchem Tag im August 2009 und genauer durch welche Arbeiten und Mitarbeiter der H. P. GmbH die Flaschen beschädigt worden seien.
9
Damit hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die Substantiierungspflicht überspannt.
10
Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist schlüssig, wenn der Anspruchsteller Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Anspruchsstellers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Das Gericht muss in der Lage sein, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs vorliegen. Eine Beweisaufnahme zu einem bestrittenen erheblichen Vorbringen darf nicht abgelehnt werden, wenn die Behauptung konkret genug ist, um eine Stellungnahme des Gegners zu ermöglichen und die Erheblichkeit des Vorbringens zu beurteilen (BGH Urteil vom 20. September 2002 - V ZR 170/01 - NJW-RR 2003, 69 f. mwN).
11
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe haben die Beklagten die Schadensursache und den Schaden hinreichend substantiiert dargetan. Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch ist, dass die im Einverständnis mit den Klägern tätigen Bauarbeiter bei Bohrarbeiten im Keller irrtümlich eine Bohrung durch die Wand in das Kühlhaus vorgenommen haben, wobei ein mit Spirituosen bestücktes Regal umgestürzt ist und die gesamten Spirituosen vernichtet worden sind. An welchem Tag im August 2009 dies geschehen ist und welche mit Zustimmung der Kläger von der H. GmbH beauftragten Arbeiter die Fehlbohrung durchgeführt haben, ist für das Entstehen des Anspruchs ohne Bedeutung. Diese Angaben waren auch nicht erforderlich, um eine Stellungnahme der Kläger zu ermöglichen. Hier konnten die Kläger sich über ihre Vertragspartnerin , die H. GmbH, der sie die Bauarbeiten im Keller gestattet haben, Kenntnis davon verschaffen, ob es im August 2009 zu dem von den Beklagten behaupteten Vorfall gekommen ist. Die Beklagten haben die Arbeiten, durch die der Schaden entstanden ist, benannt. Sie haben dargelegt, dass bei Bohrarbeiten eine Wand des Kühlhauses durchbohrt wurde und dadurch ein mit im Einzelnen beschriebenen Spirituosen bestücktes Regal umgestürzt sei.
12
Der Vortrag der Beklagten ist folglich schlüssig. Das Berufungsgericht hätte deshalb die von den Beklagten zum Beweis für die Schadensursache und den Schaden angebotenen Zeugen vernehmen müssen.
13
3. Die Gehörsrügen haben danach bis zur Höhe der zulässigen Aufrech- nung von 3.270 € Erfolg, soweit die Beklagten Schadensersatz wegen der Be- schädigung der Telefonanlage (1.794,79 €), Ersatz der Kosten für die Einholung des Privatgutachtens (1.091,67 €) und Schadensersatz für die Zerstörung der Spirituosen (3.210,50 €) verlangen. Das Berufungsurteil ist daher in Höhe der Klagforderung von 3.270 € nebst den vom Berufungsgericht zuerkannten Zinsen aus 1.635 € ab dem 21. Mai 2009 und aus weiteren 1.635 € ab dem 27. August 2009 aufzuheben. Insoweit ist der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zur Erhebung der angebotenen Beweise zurückzuverweisen.
14
4. Im Übrigen ist die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen, weil ein Zulassungsgrund (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegt. Der Rechtsstreit der Parteien hat insoweit weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen. Dose Weber-Monecke Vézina Schilling Günter
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 23.11.2010 - 30 O 294/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 15.07.2011 - 1 U 82/10 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2012 - XII ZR 87/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2012 - XII ZR 87/11

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2012 - XII ZR 87/11 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2012 - XII ZR 87/11 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2012 - XII ZR 87/11 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2002 - V ZR 170/01

bei uns veröffentlicht am 20.09.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 170/01 Verkündet am: 20. September 2002 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ne

Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2000 - XII ZR 272/97

bei uns veröffentlicht am 01.03.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄ UMNISURTEIL XII ZR 272/97 Verkündet am: 1. März 2000 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XII. Zivilsenat des Bundes

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Okt. 2008 - XII ZR 148/06

bei uns veröffentlicht am 22.10.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 148/06 Verkündet am: 22. Oktober 2008 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2012 - XII ZR 87/11.

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juli 2016 - XII ZR 59/14

bei uns veröffentlicht am 27.07.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZR 59/14 vom 27. Juli 2016 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2016:270716BXIIZR59.14.0 Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Juli 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Dr. Klinkhammer,

Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 148/06 Verkündet am:
22. Oktober 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Darlegungs- und Beweislast für die Verletzung der mietvertraglichen Fürsorgepflicht
durch den Vermieter.
BGH, Urteil vom 22. Oktober 2008 - XII ZR 148/06 - OLG Dresden
LG Dresden
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Oktober 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter
Fuchs, die Richterin Dr. Vézina sowie die Richter Dose und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 3. August 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Vermietung von Fahrzeugstellplätzen.
2
Der Beklagte zu 1 vermietete dem Kläger Teilbereiche einer Scheune zum Unterstellen von Fahrzeugen. Der Kläger stellte in der Scheune sechs eigene und sechs Fahrzeuge (Oldtimer) anderer Eigentümer ab. Der Beklagte zu 1 richtete selbst in der Scheune eine Arbeitsbühne ein. Am 27. März 2003 reparierte er dort sein Fahrzeug vom Typ Seat Terra an einer Bremstrommel. Während der Reparatur geriet das Fahrzeug in Brand. Das Feuer griff auf die Scheune über und zerstörte die Scheune und auch die untergestellten Fahrzeuge.
3
Der Kläger nimmt aus eigenem und abgetretenem Recht der weiteren Fahrzeugeigentümer den Beklagten zu 1 als Verursacher und die Beklagte zu 2 als dessen Haftpflichtversicherer auf Schadensersatz in Höhe von 38.592 € in Anspruch. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte zu 1 den Schaden schuldhaft verursacht hat. Das Landgericht hat dazu Beweis erhoben und hat die Beklagten im Wesentlichen antragsgemäß zum Schadensersatz verurteilt. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten ergänzend Beweis erhoben und die Klage abgewiesen.
4
Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seine zweitinstanzlich gestellten Schlussanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.

6
Das Berufungsgericht hat Ansprüche auf Schadensersatz wegen Mangelhaftigkeit der Mietsache aus § 536 a Abs. 1 BGB verneint. Ein Anspruch wegen fehlender Brandschutzvorrichtungen (Brandschutzwände, Sprinklereinrichtung ) sei gemäß § 536 b Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil das Fehlen derarti- ger Einrichtungen bei Vertragsschluss erkennbar gewesen sei und der Beklagte zu 1, auch wenn ein Feuerlöscher vorhanden gewesen wäre, als Laie den Brand nicht "in den Griff bekommen" hätte.
7
Die Einrichtung einer Werkstatt als solche habe ersichtlich nicht zu dem Brandereignis geführt. Hinsichtlich der durchgeführten Reparatur der Bremstrommel sei jedenfalls ein Ursachenzusammenhang nicht bewiesen. Das Einbringen eines Bauscheinwerfers stelle für sich genommen keinen Mangel der Mietsache dar. Dass der Scheinwerfer während der Reparatur angeschaltet und deshalb erhitzt gewesen sei, so dass er als Brandauslöser in Betracht komme, habe der Kläger nicht nachweisen können. Der Kläger trage die Beweislast für die Pflichtverletzung des Beklagten zu 1 durch die Benutzung des Scheinwerfers und ihre Kausalität für den Brand. Erst wenn die Ursächlichkeit bewiesen sei, sei es Sache des Vermieters, sich hinsichtlich des Verschuldens zu entlasten , soweit die Schadensursache aus seinem Gefahrenbereich hervorgegangen sei. Soweit der Bundesgerichtshof eine noch weitergehende Beweislastumkehr (auch für die Kausalität) angenommen habe, fehle es im vorliegenden Fall an der Voraussetzung, dass die vom Beklagten zu 1 benutzte Fläche dem Einblick des Klägers verschlossen gewesen sei.
8
Dem Beklagten zu 1 könne auch kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er sein Fahrzeug in der Scheune abgestellt habe, obwohl er nach dem Volltanken jeweils für einen Tag Benzingeruch festgestellt habe. Er sei nicht gehalten gewesen, das Fahrzeug in einer Werkstatt untersuchen zu lassen. Der Benzingeruch könne seine Ursache in Unachtsamkeiten beim Tankvorgang gehabt haben. Nur die Missachtung eines länger andauernden Benzingeruchs hätte ihm angelastet werden können. Die Veränderung der Anschlüsse der Kraftstoffleitung sei ihm unstreitig nicht bekannt gewesen und hätte ihm auch nicht bekannt sein müssen. Die von dem im Ermittlungsverfahren eingeschalte- ten Sachverständigen festgestellte Lichtbogenerscheinung könne sowohl Ursache als auch Folge des Brandes gewesen sein.
9
Ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB stünden dem Kläger nicht zu, weil nicht nachgewiesen sei, dass der Beklagte zu 1 die Feuerwehr zu spät gerufen habe, wodurch der Brand nicht mehr habe unter Kontrolle gebracht werden können. Ansprüche aus unerlaubter Handlung hat das Berufungsgericht schließlich verneint, weil eine Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht nicht nachgewiesen sei.

II.

10
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
11
1. Schadensersatzansprüche gemäß § 536 a Abs. 1 BGB wegen eines Mangels hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint, denn der Schaden ist nicht infolge eines Mangels der vermieteten Stellplätze entstanden.
12
Das gilt zunächst für die unmittelbare Verursachung des Brandes. Die Brandursache lag unstreitig nicht in der Beschaffenheit des Mietobjekts begründet. Da die Brandursache vielmehr mit dem von dem Beklagten zu 1 zur Reparatur in die Scheune verbrachten Fahrzeug zusammenhängt, das selbst nicht Teil der Mietsache ist, kommt insoweit nicht die Gewährleistungshaftung nach § 536 a BGB, sondern nur eine Haftung wegen Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 BGB in Betracht (vgl. BGH NJW 1957, 826; Palandt/Weidenkaff 67. Aufl. § 536 a Rdn. 5). Zu notwendigen Brandschutzvorrichtungen ist das Berufungsgericht aufgrund seiner nicht zu beanstandenden Feststellungen zu Recht davon ausgegangen, dass ein Anspruch nach § 536 b Satz 2 BGB ausgeschlos- sen ist. Im Übrigen (fehlender Feuerlöscher) hat es einen schadensursächlichen Mangel verneint. Auch dagegen bestehen keine revisionsrechtlichen Bedenken. Damit scheidet eine Gewährleistungshaftung insgesamt aus.
13
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht indessen eine Schadensersatzhaftung der Beklagten wegen Pflichtverletzung (positive Vertragsverletzung) gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG (a. F.) verneint. Den Beklagten zu 1 traf als Vermieter eine vertragliche Nebenpflicht, Störungen des Mieters und Beschädigungen der von diesem eingebrachten Sachen zu unterlassen (Fürsorgepflicht; vgl. Staudinger/Emmerich BGB [2006] § 535 Rdn. 82).
14
Die Beweislast im Hinblick auf die schadensursächliche Pflichtverletzung liegt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das sich mit dieser Frage im Rahmen des Anspruchs nach § 536 a Abs. 1 BGB befasst hat, nicht beim Kläger. Es ist vielmehr Aufgabe der Beklagten, sich insoweit zu entlasten.
15
Grundsätzlich hat allerdings der Mieter als Schadensersatzgläubiger darzulegen und zu beweisen, dass den Vermieter eine Pflichtverletzung trifft und diese für den entstandenen Schaden ursächlich war (BGH Urteil vom 31. Mai 1978 - VIII ZR 263/76 - NJW 1978, 2197). Allerdings bestimmt § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB (ähnlich § 282 BGB a. F.) eine Beweislastumkehr, soweit es um das Vertretenmüssen der Pflichtverletzung geht. Die Grenze dieser Beweislastumkehr , die nicht nur das Verschulden im engeren Sinne, sondern auch die (objektive) Pflichtverletzung ergreift (Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - XII ZR 216/02 - ZMR 2005, 520, 522), ist nach der Rechtsprechung des Senats danach zu bestimmen, in wessen Obhuts- und Gefahrenbereich die Schadensursache lag (Senatsurteile BGHZ 126, 124, 129; vom 27. April 1994 - XII ZR 16/93 - NJW 1994, 1880, 1881; vgl. auch MünchKomm/Ernst BGB 5. Aufl. § 280 Rdn. 141). Nach denselben Grundsätzen ist der Senat auch bei einer Schadensersatzhaftung unter Mietern verfahren, wenn die genaue Ursache eines Brandes nicht aufgeklärt werden konnte (Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - XII ZR 216/02 - ZMR 2005, 520, 522).
16
Steht demnach fest, dass als Schadensursache nur eine solche aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Schuldners in Betracht kommt, muss dieser sich nicht nur hinsichtlich der subjektiven Seite, sondern auch hinsichtlich der objektiven Pflichtwidrigkeit entlasten (Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - XII ZR 216/02 - ZMR 2005, 520, 522).
17
Im vorliegenden Fall entstand der Brand im Obhuts- und Gefahrenbereich des Beklagten zu 1. Der Beklagte zu 1 hatte im Erdgeschoss der Scheune eine Reparaturwerkstatt eingerichtet und führte dort eine Fahrzeugreparatur durch. Der Brand brach unstreitig während der Reparatur aus und ging auch vom Fahrzeug des Beklagten zu 1 aus. Dass der Bereich, in dem der Beklagte zu 1 die Reparatur durchführte, dem Kläger als Geschädigten nicht unzugänglich war, ist nicht ausschlaggebend. Zwar ist Hintergrund der Beweislastverteilung nach Obhuts- und Gefahrenbereichen vor allem die fehlende Einsichtsmöglichkeit des Gläubigers. Der zugrunde liegende Gedanke erschöpft sich darin allerdings nicht und kann ebenso angebracht sein, wenn das schadensauslösende Ereignis auf andere Weise der Wahrnehmung des Geschädigten entzogen ist, während es im unmittelbaren Wahrnehmungsbereich des Schuldners stattfand. Eine entsprechende Beweislastumkehr muss jedenfalls dann eingreifen, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Ursächlichkeit der vom Schuldner verwendeten Sache für den Schaden feststeht.
18
Die vom Berufungsgericht (im Zusammenhang mit § 536 a Abs. 1 BGB) für seine gegenteilige Ansicht angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 31. Mai 1978 - VIII ZR 263/76 - NJW 1978, 2197) widerspricht dem nicht. In dem dort entschiedenen Fall stand nicht fest, dass die Brandursache im Bereich des Vermieters lag, und war eine Verursachung durch Brandstiftung nicht ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall lässt sich nach den Feststellungen beider Vorinstanzen eine Einwirkung Dritter indessen ausschließen. Der Brand entstand in dem allein dem Beklagten zu 1 zuzuordnenden Bereich. Auch wenn dieser Bereich räumlich nicht derart abgegrenzt war, dass er dem Einblick des Klägers als Mieter entzogen gewesen wäre, ist jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation eine entsprechende Beweislastverteilung angezeigt, weil die Brandursache im Fahrzeug des Beklagten zu 1 lag und eine Verursachung durch Dritte ausscheidet.
19
3. Die Haftung der Beklagten zu 2 ergibt sich aus § 3 Nr. 1 PflVG (a. F.). Der Brandschaden fällt in die Leistungspflicht des Versicherers nach § 10 Abs. 1 AKB. Der Gebrauch des versicherten Fahrzeugs im Sinne dieser Bestimmung schließt auch dessen Reparatur ein (BGHZ 78, 52, 54; BGH Urteil vom 21. Februar 1990 - IV ZR 271/88 - VersR 1990, 482; OGH VersR 2006, 863 f.).

III.

20
Das Urteil des Berufungsgerichts ist demnach aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden.
21
Nach der von den Vorinstanzen durchgeführten Beweisaufnahme liegt es zwar nahe, dass die Beklagten den ihnen hinsichtlich der schadensursächlichen Pflichtwidrigkeit obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt haben. Da aber das Landgericht und das Berufungsgericht von einer vollumfänglichen Beweislast des Klägers ausgegangen sind, ist den Beklagten noch die Möglichkeit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben. Im Übrigen ist auch die vom Landgericht angenommene Schadenshöhe in der Berufungsinstanz angegriffen worden und sind insoweit noch tatrichterliche Feststellungen erforderlich.

IV.

22
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass ein Schadensersatzanspruch aufgrund §§ 280 Abs. 1 BGB, 3 Nr. 1 PflVG (a. F.) auch die Schäden erfassen dürfte, die der Kläger aufgrund abgetretenen Rechts ersetzt verlangt (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - XII ZR 216/02 - ZMR 2005, 520, 521 f.). Insoweit dürfte - vorbehaltlich anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts - der Stellplatzmietvertrag Schutzwirkung für Dritte entfalten (vgl. BGHZ 49, 350, 354; Palandt/Grüneberg BGB 67. Aufl. § 328 Rdn. 17 a, 29).
23
Für den Fall, dass eine Haftung nach § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG (a. F.) ausscheidet, weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen Ansprüche aus unerlaubter Handlung zu Recht verneint hat. Die Revision hat in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt, in welcher Weise der Beklagte zu 1 gegen die in den Gründen des Berufungsurteils nicht ausdrücklich in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB geprüften Vorschriften der Sächsischen Garagenverordnung verstoßen haben soll (abgesehen von der Frage der Revisibilität einer diesbezüglichen Rechtsverletzung ) und dass dadurch der Schaden verursacht worden sein soll.
Hahne Fuchs Vézina Dose Klinkhammer
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 17.01.2006 - 5 O 3174/05 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 03.08.2006 - 13 U 276/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
XII ZR 272/97 Verkündet am:
1. März 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Hahne, Sprick, Weber-Monecke und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 1. Oktober 1997 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger verlangen vom Beklagten rückständige Miete sowie Räumung und Herausgabe von gewerblich genutzten Räumen, die sie dem Beklagten mit Mietvertrag vom 27. Juli 1982 zu einem monatlichen Mietzins von 1.000 DM vermietet haben und in denen die Immobilien-GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte ist, ein Maklerbüro betreibt. Mit vermietet waren der sogenannte Ladengang im Eingangsbereich, den der Beklagte 1982 aufgrund der ihm mietvertraglich erteilten Genehmigung der Kläger hatte überdachen
lassen, sowie Schaukästen, die im Ladengang an der Wand hingen und die der Beklagte zu Werbezwecken nutzte. Wegen auftretender Feuchtigkeitsschäden im Bereich dieser Schaukästen, deretwegen der Beklagte die Miete minderte, kam es 1988 zu einem Rechtsstreit zwischen den Parteien, in dem das Landgericht mit Urteil vom 12. Januar 1990 (4 O 519/88) dem Beklagten ein Minderungsrecht von 20 % (200 DM) zubilligte und ihn im übrigen zur Zahlung des restlich einbehaltenen Mietzinses verurteilte. Seine Berufung blieb erfolglos. Eine Räumungsklage, die die Kläger zwischenzeitlich vor dem Amtsgericht angestrengt hatten, wurde mit Urteil vom 26. Juni 1991 mit der Begründung abgewiesen, daß sich der Beklagte, der mittlerweile den Mietzins unter Berücksichtigung der vom Landgericht angenommenen Minderungsquote bezahlt hatte, nicht in Verzug befunden habe. In der Folgezeit zahlte der Beklagte die verminderte Miete von 800 DM. Mit Anwaltsschreiben vom 25. September 1995 mahnten die Kläger unter Androhung fristloser Kündigung die Differenzbeträge als rückständigen Mietzins an und kündigten schließlich mit Schreiben vom 5. Dezember 1995. Sie beriefen sich darauf, daß dem Beklagten kein Minderungsrecht mehr zugestanden habe, nachdem auf ihre Veranlassung hin Undichtigkeiten im Dachrinnen - und Fallrohrbereich im Januar 1990 behoben worden seien und weitere Feuchtigkeitsschäden allein auf die vom Beklagten errichtete unzureichende Überdachungskonstruktion zurückzuführen seien. Der Beklagte hielt dem entgegen , daß die Feuchtigkeitsschäden nach wie vor aufgetreten seien und in den Verantwortungsbereich der Kläger fielen, weil er die Glasüberdachung im Herbst 1991 habe abdichten und im Herbst 1993 auf eigene Kosten die wiederum verstopften Fallrohre habe richten lassen.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Räumung und Herausgabe und zur Zahlung rückständiger Miete in Höhe von 11.800 DM für die Zeit von Januar 1991 bis November 1995 verurteilt, weil ihm ein Mietminderungsrecht nicht mehr zugestanden habe. Denn nachdem die Kläger den Mangel beseitigt hätten , habe er einen erneuten Mangel nicht angezeigt. Die weitergehende Zahlungsklage hat das Landgericht wegen Verjährung abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung der Kläger ihn zusätzlich zur Räumung und Herausgabe von unberechtigt genutzten Kellerräumen verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

I.

Da die Kläger und Revisionsbeklagten in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Bekanntmachung des Termins nicht vertreten waren, ist über die Revision antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, §§ 557, 331 ZPO (vgl. BGHZ 37, 79, 81 ff.). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf einer Sachprüfung.

II.

Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. 1. Das Oberlandesgericht hat den Zahlungsanspruch für begründet gehalten , weil dem Beklagten kein Minderungsrecht mehr zugestanden habe. Es ist mit dem Landgericht davon ausgegangen, daß die Kläger mit der im Januar 1990 veranlaßten Reparatur der Dachrinnen und Fallrohre die in ihrem Verantwortungsbereich liegenden Ursachen für die Feuchtigkeit beseitigt hätten. Der Beklagte habe nicht substantiiert vorgetragen, daß diese Reparatur nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden sei. Die danach aufgetretenen Feuchtigkeitseinbrüche hätten, wie im Gutachten des Sachverständigen vom 30. August 1989 im Vorprozeß dargelegt worden sei, ihre Ursache in der "fachlich gewagten" Dachkonstruktion des Ladenganges und lägen im Verantwortungsbereich des Beklagten. Jedenfalls aber habe der Beklagte entgegen seiner Anzeigepflicht nach § 545 BGB die Feuchtigkeitsmängel im Bereich der Schaukästen gegenüber den Klägern nicht mehr gerügt, so daß er keine Minderungsrechte mehr geltend machen könne. Die behauptete Mängelanzeige gegenüber dem Makler K. entlaste ihn nicht, da dieser von den Klägern nur mit dem Verkauf des Hauses, nicht aber mit der Wahrnehmung von Vermieterrechten und -pflichten beauftragt worden sei. 2. Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß das Oberlandesgericht wesentlichen Parteivortrag und Beweisangebote des Beklagten übergangen habe.
a) Grundsätzlich hat zwar der Mieter, der sich auf einen Mangel beruft, die Darlegungs- und Beweislast für den Mangel und das Verschulden des
Vermieters. Dabei hat die Rechtsprechung die Beweislast aber nach den beiderseitigen Verantwortungsbereichen verteilt: Der Vermieter muß darlegen und beweisen, daß die Ursache des Mangels nicht aus seinem Pflichten- und Verantwortungsbereich stammt, sondern aus dem Herrschafts- und Obhutsbereich des Mieters (vgl. Senatsurteil BGHZ 126, 124, 128; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., Bd. 1, § 537 BGB, Rdn. 1; Kraemer in Bub/Treier Handbuch der Geschäftsraummiete 3. Aufl. III A Rdn. 960 a; III B Rdn. 1385 a; Schmidt-Futterer/Eisenschmidt Mietrecht 7. Aufl. § 537 Rdn. 318 m.w.N.). Hat er diesen Beweis geführt, muß der Mieter nachweisen, daß er den Mangel nicht zu vertreten hat. Das Oberlandesgericht ist hier auf der Grundlage des im Vorprozeß (4 O 519/88 Landgericht Lübeck) erstatteten Gutachtens des Sachverständigen P. vom 30. August 1989 davon ausgegangen, daß die Ursache für die Feuchtigkeitsschäden im Bereich der vom Beklagten errichteten Überdachung liege und damit allein seinem Verantwortungsbereich zuzuschreiben sei, nachdem die Kläger die ihrem Verantwortungsbereich unterliegenden Regenrinnen und Fallrohre ordnungsgemäß repariert hätten. Bereits die erste Annahme ist durch das Vorbringen des Beklagten und die Angaben des Sachverständigen in Frage gestellt. Der Beklagte hat in seiner Berufungsbegründung vorgetragen und unter Zeugen- und Sachverständigenbeweis gestellt, daß die Feuchtigkeit nicht von der fehlerhaften Überdachung herrühren könne, weil er diese im Herbst 1991 durch eine Bitumenschweißbahn fachmännisch habe abdichten lassen und das Dach seitdem kein Wasser mehr durchlasse. Vielmehr liege die Ursache nach wie vor im Bereich der Regenrinnen und des Fallrohres, was den Klägern zuzurechnen sei. Der Sachverständige P. hat bei seiner Vernehmung durch das Landgericht am 15. Mai 1996 außerdem bestätigt, daß die Abdichtung der Überdachung, insbesondere durch die Bitumenschweißbahn, jetzt völ-
lig anders sei als seinerzeit anläßlich seiner Begutachtung 1989 im Vorprozeß. Damit durfte sich das Oberlandesgericht bei seiner Beurteilung nicht mehr auf die früheren Angaben des Gutachters im Vorprozeß stützen. Der Beklagte hat in der Berufungsbegründung ferner vorgetragen und unter Beweis gestellt, daß die von den Klägern im Januar 1990 vorgenommene Reparatur zu keinem dauerhaften Erfolg geführt habe. Bei seiner Anhörung vor dem Landgericht am 15. Mai 1996 hat er angegeben, daß er, nachdem der Vorprozeß beendet gewesen sei, die Rückwand der Schaukästen mit einer Korkfläche versehen habe. Auch danach seien sie jedoch wegen wieder austretender Feuchtigkeit nur wenige Wochen nutzbar gewesen. Behauptet der Mieter, die Mietsache sei nach Reparaturversuchen des Vermieters immer noch mangelhaft, so trägt der Vermieter die Beweislast für den Erfolg seiner Mängelbeseitigungsmaßnahmen (OLG Hamm NJW-RR 1995, 525; SchmidtFutterer /Eisenschmidt aaO Rdn. 314). Nach allem hätte das Oberlandesgericht den Vortrag und die Beweisangebote des Beklagten nicht als unsubstantiiert zurückweisen dürfen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß dem Beklagten weiterhin ein Minderungsrecht gemäß § 537 BGB - ggf. in der vom Vorprozeß angenommenen Höhe - zusteht, so daß die Rückstandsforderung der Kläger unberechtigt und - mangels Zahlungsverzugs des Beklagten - auch ihre darauf gestützte fristlose Kündigung unwirksam ist.
b) Auch die Hilfserwägung des Oberlandesgerichts, daß dem Beklagten jedenfalls mangels rechtzeitiger Mängelanzeige gegenüber den Klägern gemäß § 545 Abs. 2 BGB kein Minderungsrecht mehr zustehe, trägt die Entscheidung nicht. Denn auch insoweit hat das Oberlandesgericht, wie die Revision zu Recht rügt, wesentlichen Parteivortrag und Beweisangebote des Beklagten
nicht berücksichtigt. Der Beklagte hat mit Schriftsätzen vom 5. Juni 1996 und vom 27. Januar 1997 unter Beweisantritt vorgetragen, er habe den Zeugen K. nach der Reparatur im Januar 1990 gebeten, die Kläger zur Beseitigung der auch danach wieder aufgetretenen Feuchtigkeitsschäden aufzufordern, was diese aber laut K. abgelehnt hätten. Da der Zeuge K. nach dem Vortrag des Beklagten dessen Bitte den Klägern tatsächlich übermittelt haben soll und damit jedenfalls als Bote tätig gewesen sein soll, kommt es nicht darauf an, ob der Zeuge K. von den Klägern nur mit dem Verkauf des Hauses beauftragt, aber nicht bevollmächtigt war, Vermieterrechte oder -pflichten wahrzunehmen. Davon abgesehen ist der Beklagte seiner Anzeigepflicht auch noch in anderer Weise nachgekommen. Er hat sich in dem Vorprozeß wegen Räumung, der vor dem Amtsgericht im September 1990 begonnen hatte und zeitweise parallel zu dem im Jahre 1988 angestrengten Vorprozeß vor dem Landgericht wegen der Mietminderung (4 O 519/88) geführt wurde, darauf berufen, daß die Minderungsgründe , die im Mietminderungsverfahren vorgetragen worden seien, nach wie vor beständen (Schriftsatz vom 28. Januar 1991 im Verfahren 2 C 499/90, dort S. 79). Er hat ferner Kopie eines Schreibens seines Rechtsanwalts vom 21. Januar 1991 (aaO S. 80) an den Rechtsanwalt der Kläger vorgelegt, in welchem er ebenfalls Mängel bezüglich defekter Dachrinnen anzeigt und mit Fristsetzung um deren Beseitigung bittet, widrigenfalls er zur Ersatzvornahme schreite. Das ist für die Anzeige nach § 545 BGB ausreichend. Da der Mietrückstand nach der Annahme des Berufungsurteils erst im November 1991 erreicht war, erfolgte diese Mängelanzeige auch rechtzeitig vor Eintritt der Kündigungsvoraussetzungen. 2. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten auf die Anschlußberufung der Kläger auch zur Herausgabe von angeblich unberechtigt genutzten Kellerräumen verurteilt. Auch insoweit kann ihm nicht gefolgt werden. Der Beklagte
hat mit Schriftsatz vom 8. Februar 1996 in erster Instanz unter Vorlage eines Telefaxschreibens vom 15. April 1993 vorgetragen und unter Beweis gestellt, daß er sich mit dem von den Klägern hierzu bevollmächtigten Zeugen K. über die Nutzung des Kellers gegen Übernahme der Sanierung desselben geeinigt habe und die Kläger hierzu ausdrücklich ihre Zustimmung erteilt hätten. Die in zweiter Instanz erfolgte allgemeine Bezugnahme auf dieses Beweisangebot hätte das Oberlandesgericht zumindest zu einem Hinweis auf weitere Konkretisierung veranlassen müssen, wenn es diesen Vortrag für unsubstantiiert hielt. 3. Da das Urteil des Oberlandesgerichts mit der gegebenen Begründung nicht bestehen bleiben kann, war es aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht zur Vornahme weiterer Feststellungen zurückzuverweisen. Blumenröhr Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 170/01 Verkündet am:
20. September 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei Vorlage eines Privatgutachtens kann ein rechtsmißbräuchliches Vorbringen "ins
Blaue hinein" nicht schon dann bejaht werden, wenn das Privatgutachten nach tatrichterlicher
Einschätzung das Beweismaß verfehlt, das nach § 286 ZPO für die
Überzeugung von der Wahrheit einer Behauptung zu fordern ist.
BGH, Urt. v. 20. September 2002 - V ZR 170/01 - KG
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. September 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 13. März 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithilfe, an den 10. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um einen Anspruch aus § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG.
Der Kläger war - damals noch unter anderem Vereinsnamen - Eigentümer eines im Seebad A. (U. ) unmittelbar an der Strandpromenade gelegenen Grundstücks, auf dem um das Jahr 1900 ein dreigeschossiges Hotelgebäude errichtet worden war. Nach der Enteignung des Klägers im Jahre
1951 wurde das Gebäude in der DDR zuletzt als HO-Ferienheim genutzt. 1991/92 betrieb die Beklagte den investiven Verkauf des Anwesens. Auf wiederholte Anzeigen in verschiedenen Zeitungen meldeten sich sechs Interessenten , die Kaufpreise zwischen 942.000 DM und 1.130.316 DM boten. Mit notarieller Urkunde vom 12. November 1992 verkaufte die Beklagte das Objekt für 1.164.228 DM einschließlich Mehrwertsteuer an ihre Streithelferin. Der zu Gunsten der Streithelferin am 20. Januar 1993 ergangene Investitionsvorrangbescheid ist am 2. Juli 1993 vollziehbar geworden. Mit Bescheid vom 26. Juli 1996 stellte das zuständige Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen fest, daß dem Kläger dem Grunde nach ein vermögensrechtlicher Anspruch bezüglich des Grundstückes zusteht. In einem weiteren Bescheid vom 4. Februar 1998 traf die Behörde die Feststellung, daß der Kläger berechtigt sei, von der Beklagten die Auszahlung des Kaufpreises in Höhe von 1.164.228 DM zu verlangen. Die Beklagte zahlte jedoch nur 887.300 DM an den Kläger; wegen des restlichen Betrages ist eine von ihr erhobene Klage vor dem Verwaltungsgericht anhängig.
Gestützt auf ein von ihm eingeholtes Gutachten des Sachverständigen B. vom 30. Dezember 1998 nebst Ergänzung vom 10. November 1999 hat der Kläger behauptet, der Verkehrswert des Anwesens habe zum Bewertungsstichtag 5.950.000 DM betragen. Etwa die Hälfte der Differenz zwischen diesem Betrag und dem Kaufpreis aus dem investiven Geschäft, nämlich 2.390.000 DM, verlangt er mit der vorliegenden Teilklage von der Beklagten. Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch des Klägers aus § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG. Der Kläger habe nicht dargetan, daß der von der Beklagten erzielte Kaufpreis unter dem Verkehrswert des Grundstücks am Bewertungsstichtag , dem 2. Juli 1993, gelegen habe. Für seine dahingehende Behauptung beziehe sich der Kläger ausschließlich auf das von ihm eingeholte Privatgutachten. Bei diesem handele es sich aber um ein reines Gefälligkeitsgutachten , weshalb das Vorbringen des Klägers aufs Geratewohl, gleichsam "ins Blaue hinein" gemacht und mithin unbeachtlich sei. So sei der im Privatgutachten ausgewiesene Verkehrswert ein reiner Phantasiewert. Daß 1993 kein wirtschaftlich denkender Unternehmer für ein heruntergekommenes Hotel auf U. einen Kaufpreis von fast 6 Millionen DM gezahlt hätte, sei gerichtsbekannt und zudem offensichtlich. Sämtliche von dem Kläger zur Begründung eines höheren Verkehrswerts herangezogenen Umstände seien ersichtlich aus der Luft gegriffen. Die verbleibende schlichte Behauptung, der Verkehrswert habe 5.950.000 DM betragen, reiche angesichts des substantiierten Bestreitens der Gegenseite nicht für die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens aus.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Allerdings ist das Berufungsgericht zu Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Insbesondere folgt aus dem vor dem Verwaltungsgericht geführten Rechtsstreit um die vollständige Auskehr des Kaufpreises keine der Klage entgegenstehende Rechtshängigkeit (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG); denn die Streitgegenstände beider Prozesse sind nicht identisch. Da dem Berechtigten unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG alternativ zu dem Anspruch auf Auszahlung des Erlöses ein Anspruch auf Zahlung des höheren Verkehrswertes zusteht (vgl. Senat, Urt. v. 6. Juli 2001, V ZR 82/00, WM 2001, 1914, 1917; auch Senat, BGHZ 142, 11, 114), wird dieser im Verwaltungsrechtsweg bis zu einer Höhe von 1.164.228 DM verfolgt, während der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit lediglich den darüber hinausgehenden Betrag bis zu einer Höhe weiterer 2.390.000 DM verlangt. Gegenstand beider Rechtsstreite sind mithin Teilklagen, was eine Identität der Streitsachen nicht begründen kann (vgl. BGH, Urt. v. 28. Oktober 1970, I ZR 99/69, WM 1971, 83, 84).
2. Die Revision rügt jedoch mit Erfolg, daß das Berufungsgericht die Anforderungen an die Substantiierung des Klagevortrags überspannt und als Folge hiervon das Gebot verletzt hat, alle erheblichen Beweismittel zu erschöpfen (§ 286 ZPO).

a) Wie auch das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkennt, ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs schlüssig und damit als Prozeßstoff erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das mit der Klage geltend gemachte
Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Das Gericht muß in der Lage sein, auf Grund des tatsächlichen Vorbringens zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs vorliegen. Der Sachvortrag bedarf im Hinblick auf die Erwiderung des Gegners nur dann der Ergänzung, wenn er infolge dieser Einlassung unklar wird und nicht mehr den Schluß auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zuläßt. Eine Beweisaufnahme zu einem bestrittenen erheblichen Vorbringen darf nicht abgelehnt werden, wenn die Behauptung konkret genug ist, um eine Stellungnahme des Gegners zu ermöglichen und die Erheblichkeit des Vorbringens zu beurteilen (Senat, Urt. v. 22. November 1996, V ZR 196/95, NJW-RR 1997, 270 m.w.N.). Für den Umfang der Darlegungslast ist der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung ohne Bedeutung (Senat, Urt. v. 8. Mai 1992, V ZR 95/91, NJW 1992, 3106; Urt. v. 14. Juni 1996, V ZR 150/95, NJW-RR 1996, 1402 jew. m.w.N.). Bei Anwendung dieser Grundsätze will offenbar auch das Berufungsgericht - zu Recht - den Vortrag des Klägers als beachtlich ansehen. Selbst wenn man auf Grund der Besonderheiten des Investitionsvorranggesetzes höhere Anforderungen an die Darlegungslast stellen wollte (vgl. Rapp, RVI, § 16 InVorG Rdn. 69), wären diese in Anbetracht des vorgelegten Privatgutachtens erfüllt. Gleichwohl hält das Berufungsgericht die Behauptungen des Klägers zum Verkehrswert für unbeachtlich, weil sie "ins Blaue hinein" aufgestellt bzw. - gleichbedeutend - "aus der Luft gegriffen" seien. Es ist deshalb dem Angebot des beweisbelasteten Klägers (vgl. Senat, Urt. v. 6. Juli 2001, V ZR 82/00, WM 2001, 1914, 1916), über den von ihm behaupteten Verkehrswert Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens einzuholen, nicht nachgegangen.


b) Richtig ist auch hier der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts, wonach es im Zivilprozeß wegen Rechtsmißbrauchs unzulässig ist, eine Behauptung ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich aufs Geratewohl, gleichsam "ins Blaue hinein" aufzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 8. November 1995, VIII ZR 227/94, NJW 1996, 394; Urt. v. 13. März 1996, VIII ZR 186/94, NJW 1996, 1541, 1542; Urt. v. 1. Juli 1999, VII ZR 202/98, NJW-RR 2000, 208). Bei der Annahme eines solch mißbräuchlichen Verhaltens ist aber Zurückhaltung geboten; denn oftmals wird es einer Partei nicht erspart bleiben, in einem Zivilprozeß Tatsachen zu behaupten , über die sie keine genauen Kenntnisse haben kann, die sie nach Lage der Dinge aber für wahrscheinlich hält (BGH, Urt. v. 25. April 1995, VI ZR 178/94, NJW 1995, 2111, 2112). In der Regel wird nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte den Vorwurf einer Behauptung "ins Blaue hinein" rechtfertigen können (BGH, Urt. v. 25. April 1995, aaO). Hieran gemessen überspannt das Berufungsgericht die Anforderungen an das Vorbringen des Klägers bei weitem.
aa) Die Charakterisierungen durch das Berufungsgericht, das die Stellungnahmen des Sachverständigen B. als "reines Gefälligkeitsgutachten" sowie den von ihm ermittelten Verkehrswert von nahezu 6 Millionen DM als "reinen Phantasiewert" bezeichnet, könnten dafür sprechen, daß es von einem Privatgutachten ausgehen will, das absichtlich falsch erstellt wurde, um dem - hierin zumindest eingeweihten - Kläger durch Vortäuschen eines überhöhten Verkehrswerts im vorliegenden Rechtsstreit zum Erfolg zu verhelfen. Abgesehen davon, daß der Kläger in diesem Fall nicht aufs Geratewohl, sondern vor-
sätzlich unwahr vortragen hätte und sein Vorbringen daher bereits nach § 138 Abs. 1 ZPO wegen Mißachtung der prozessualen Wahrheitspflicht unbeachtlich wäre (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 138 Rdn. 10; MünchKomm -ZPO/Peters, 2. Aufl., § 138 Rdn. 16), tragen die Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht die Annahme eines kollusiven Zusammenwirkens des Sachverständigen mit dem Kläger. Das Berufungsgericht hält dem Sachverständigen nämlich nur vor, er habe sich von dem Zustand des Hotels nach dessen Instandsetzung durch die Streithelferin beeindrucken lassen und nicht berücksichtigt, daß es sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude handele, das mit großem Aufwand habe saniert werden müssen. Auch die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts zeigen, daß das Berufungsgericht allein fachliche Mängel des Privatgutachtens meint feststellen zu können. Es begründet seine Bedenken mit unzureichenden Feststellungen zu dem Zustand des Gebäudes am Bewertungsstichtag, mit nicht berücksichtigtem Denkmalschutz, mit einem nicht hinreichend belegten Bodenrichtwert einschließlich nicht nachvollziehbarer Ausführungen zu dem Einfluß der Geschoßflächenzahl, mit nicht gerechtfertigten Zuschlägen auf den Grundstückswert, mit einem nicht nachvollziehbaren Ansatz für die Wertminderung des Gebäudes, mit Ungereimtheiten bei der Sachwertermittlung, mit fehlerhafter Anwendung des Ertragswertverfahrens und schließlich mit Widersprüchen gegenüber dem von der Beklagten vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen H. .
bb) Dies zeigt, daß das Berufungsgericht die Ausführungen des von dem Kläger beauftragten Sachverständigen nicht etwa an den Anforderungen für ein zulässiges Parteivorbringen gemessen, sondern in einer Weise kritisch auf ihre Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit überprüft hat, wie dies (nur) für eine tatrichterliche Überzeugungsbildung zu fordern ist (vgl. hierzu etwa
BGH, Urt. v. 4. März 1997, VI ZR 354/95, NJW 1997, 1638, 1639). Damit hat das Berufungsgericht den von ihm selbst zutreffend gewählten Maßstab einer Überprüfung auf etwa rechtsmißbräuchliches Vorbringen "ins Blaue hinein" verlassen und fehlerhaft das Beweismaß zugrunde gelegt, das nach § 286 ZPO für die Überzeugung von der Wahrheit einer Behauptung entscheidend ist. Wird das Vorbringen des Klägers dagegen auf einen etwaigen Rechtsmißbrauch überprüft, so liegt auf der Hand, daß der Kläger nicht aufs Geratewohl vorgetragen hat. Ungeachtet der Frage seiner Überzeugungskraft belegt doch gerade das hier vorgelegte Privatgutachten, daß der Vortrag des Klägers nicht jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte entbehrt. Seine Behauptungen zu dem Verkehrswert des Anwesens sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern beruhen im Gegenteil auf sachverständiger Beratung. Keine Partei ist aufgrund der ihr obliegenden Prozeßförderungspflicht gezwungen, der Annahme einer Behauptung aufs Geratewohl durch Einholung eines Privatgutachtens entgegenzutreten (vgl. BGH, Urt. v. 17. März 1993, IV ZR 245/91, FamRZ 1993, 950, 951). Daher kann, wenn die Partei gleichwohl ein Privatgutachten vorlegt, für den Vorwurf rechtsmißbräuchlichen Vorbringens lediglich noch in Ausnahmefällen Raum sein. Hierbei kann es auf die - von dem Berufungsgericht letztlich geprüfte - Überzeugungskraft des Privatgutachtens schon deshalb nicht ankommen, weil - wie bereits ausgeführt - für die Erfüllung der Darlegungslast die Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung einer Partei ohne Belang ist. Nachdem es sich bei ihm nur um (substantiierten) Parteivortrag handelt (BGH, Urteil v. 15. Juli 1998, IV ZR 206/97, NJW-RR 1998, 1527, 1528), können für ein Privatgutachten keine strengeren Anforderungen gelten (zur hinreichenden Substantiierung durch Privatgutachten vgl. auch BGH, Urt. v. 8. Juli 1993, IX ZR 242/92, NJW 1993, 2676, 2678).

c) Verfahrensfehlerhaft läßt das Berufungsgericht auch den - aus seiner Sicht "nicht recht nachvollziehbaren" - Vortrag des Klägers zur Verwertbarkeit des von der Beklagten eingeholten Gutachtens des Sachverständigen H. unberücksichtigt. Offensichtlich will das Berufungsgericht dem Kläger widersprüchliches und damit die prozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) mißachtendes Vorbringen (vgl. BGH, Urt. v. 14. Juli 1987, VI ZR 199/86, NJWRR 1987, 1469) zur Last legen, weil H. im Unterschied zu dem vom Kläger behaupteten Verkehrswert lediglich zu einem deutlich geringeren Betrag in Höhe von 991.000 DM gelangt. Damit verkennt das Berufungsgericht aber, wie die Revision zu Recht rügt, den Inhalt des Klägervorbringens. Der Kläger hat die Verwertbarkeit des Gutachtens H. nur für die darin enthaltene Beschreibung des Gebäudezustandes geltend gemacht, nicht dagegen die Schlüssigkeit seines Vorbringens durch die Übernahme des von H. ermittelten Verkehrswerts in Frage gestellt. Da den Angaben des Sachverständigen H. , soweit sie sich der Kläger zu eigen gemacht und damit außer Streit gestellt hat, auch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die erforderlichen Anknüpfungstatsachen für die Ermittlung des Verkehrswertes zu dem maßgeblichen Zeitpunkt (dem Eintritt der Vollziehbarkeit des Investitionsvorrangbescheides am 2. Juli 1993, vgl. § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG) zu entnehmen sind, kann das Beweisangebot des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dem Verkehrswert des Grundstücks nicht etwa wegen völliger Ungeeignetheit dieses Beweismittels abgelehnt werden. Vielmehr ist den Umständen nach nicht jede Möglichkeit auszuschließen, daß die Beweisaufnahme irgend etwas Sachdienliches für die Überzeugungsbildung des Gerichts ergeben wird (vgl. BGH, Urt. v. 18. Januar 1962, III ZR 155/60, DRiZ 1962, 167, 168).
3. Da das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft die Durchführung einer Beweisaufnahme über die Höhe des von dem Kläger behaupteten Verkehrswertes unterlassen hat, war das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im Rahmen der Zurückverweisung hat der Senat von der ihm durch § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, daß das Berufungsgericht zutreffend den Beanstandungen des Klägers hinsichtlich des Ausschreibungsverfahrens für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung beigelegt hat. Die Zweckmäßigkeit des - nicht nach § 19 InVorG betriebenen - Verfahrens mag sich auf die Höhe des im konkreten Fall erzielten Kaufpreises auswirken, ist aber für einen diesen Preis übersteigenden Verkehrswert, wie ihn der Kläger geltend macht, ohne Belang. Aus demselben Grund bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, wie sich im Rahmen des investiven Verkaufs die zwischen der Beklagten und ihrer Streithelferin vereinbarten vertragsstrafebewehrten Investitions- und Arbeitsplatzzusagen auf die Höhe des aus dem Geschäft erzielten Erlöses auswirken. Selbst wenn solche Verpflichtungen bei Ermittlung des nach § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG auszukehrenden Erlöses keinen Zuschlag auf den vereinbarten Kaufpreis rechtfertigen sollten (so Rapp, RVI, § 16 InVorG Rdn. 36; Racky in Jesch/Ley/Racky, InVorG, 2. Aufl., §§ 16, 17 Rdn. 24; a.A. Rodenbach, in Rodenbach/Söfker/Lochen, InVorG, § 16 Rdn. 19), können sie doch im Einzelfall zu einem Kaufpreis führen , der hinter dem Verkehrswert des Anwesens zurückbleibt (vgl. Wegner, in Kimme, Offene Vermögensfragen, § 16 InVorG Rdn. 18). Da der Kläger ohnehin den Verkehrswert verlangt, hätte ein wegen der Investitions- und Arbeits-
platzzusagen etwa geminderter Kaufpreis keine Auswirkungen auf die eingeklagte Forderung.
4. Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem weiteren Verfahren vorbehalten. Für die Revisionsinstanz hält der Senat die Voraussetzungen des § 8 GKG für gegeben.
Wenzel Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.