Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2013 - XII ZB 309/11

bei uns veröffentlicht am19.06.2013
vorgehend
Amtsgericht Worms, 6 F 39/10, 05.11.2010
Oberlandesgericht Koblenz, 11 UF 806/10, 31.05.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
XII ZB 309/11 Verkündet am:
19. Juni 2013
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Begrenzung eines vor der Unterhaltsrechtsreform titulierten Anspruchs auf
Krankheitsunterhalt.
BGH, Beschluss vom 19. Juni 2013 - XII ZB 309/11 - OLG Koblenz
AG Worms
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juni 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Günter und Dr. Botur

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 31. Mai 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zum Nachteil der Antragsgegnerin entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beteiligten streiten um die Abänderung eines Titels über nachehelichen Unterhalt.
2
Der 1958 geborene Antragsteller und die 1960 geborene Antragsgegnerin sind in der ehemaligen Tschechoslowakei geboren und aufgewachsen. Dort schlossen sie im März 1981 ihre kinderlos gebliebene Ehe. Im Jahre 1985 siedelten sie in die Bundesrepublik Deutschland über. Die Beteiligten trennten sich im November 1999 und wurden auf einen im März 2001 zugestellten Scheidungsantrag durch Urteil vom 13. Juli 2001 geschieden. Der öffentlichrechtliche Versorgungsausgleich wurde nach Abtrennung aus dem Scheidungsverbund durch Beschluss vom 7. Januar 2002 geregelt; dabei wurden monatliche Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in einer Gesamthöhe von 191,91 €, bezogen auf den 28. Februar 2001, von dem Versicherungskonto des Antragstellers auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin übertragen.
3
Der Antragsteller schloss im September 2002 eine neue Ehe. Durch Urteil des Amtsgerichts vom 14. März 2003 wurde er verurteilt, an die Antragsgegnerin einen monatlichen Nachscheidungsunterhalt in Höhe von 830,63 € zu zahlen. Dabei ging das Amtsgericht auf Seiten des Antragstellers von einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von rund 4.300 € aus, wobei es diese Einkünfte allerdings wegen eines nach der Trennung vollzogenen und als Karrieresprung gewürdigten Arbeitgeberwechsels nur teilweise, nämlich in Höhe von rund 3.100 €, bei der Unterhaltsbemessung berücksichtigte. Dem standen auf Seiten der Antragsgegnerin eine durch den Zuschlag an Entgeltpunkten im Versorgungsausgleich bereits aufgebesserte Erwerbsunfähigkeitsrente in monatlicher Höhe von rund 910 € gegenüber.
4
Der Antragsteller ist als Angestellter bei einer Bank beschäftigt. Aus seiner neuen Ehe sind zwei minderjährige, in den Jahren 2004 und 2006 geborene Kinder hervorgegangen, die von der nicht berufstätigen Ehefrau des Antragstellers betreut werden. Das derzeitige Nettoeinkommen des Antragstellers beträgt rund 4.600 €; er lebt mit seiner neuen Familie mietfrei in einer - allerdings noch nicht lastenfreien - Immobilie.
5
Die Antragsgegnerin hat in der früheren ČSSR zwischen 1975 und 1978 den Beruf der Schneiderin erlernt. Im Anschluss absolvierte sie dort die Wirt- schaftsoberschule, an der sie im Jahre 1983 das Reifezeugnis erwarb. Zwischen 1983 und 1985 war sie als Betriebsleiterin in der Konfektionsherstellung beschäftigt. Nach der Übersiedlung in die Bundesrepublik im Jahre 1985 führte die Antragsgegnerin den Haushalt der Beteiligten. Zwischen 1987 und 1990 durchlief sie eine Umschulung zur Krankengymnastin; in diesem Beruf war sie bis 1991 teilschichtig berufstätig. Im Jahre 1993 wurde bei der Antragsgegnerin eine Multiple Sklerose diagnostiziert; seit September 1995 steht sie im Bezug einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, deren Höhe derzeit 952 € beträgt.
6
Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller beantragt, die Unterhaltspflicht gegenüber der Antragsgegnerin in Abänderung des Urteils vom 14. März 2003 mit Wirkung zum 1. Juli 2010 entfallen zu lassen. Das Amtsgericht hat dem Antrag nur teilweise stattgegeben und das Urteil für den Zeitraum seit dem 1. Juni 2011 dahin abgeändert, dass der Antragsteller nur noch zur Zahlung eines nachehelichen Unterhalts in Höhe von 400 € verpflichtet ist. Beide Beteiligte haben gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Während das Rechtsmittel der Antragsgegnerin erfolglos geblieben ist, hat das Oberlandesgericht der Beschwerde des Antragstellers weitgehend entsprochen und erkannt, dass der Antragsteller für die Zeit vom 1. Juni 2011 bis zum 31. Dezember 2011 noch einen auf monatlich 400 € herabgesetzten Ehegattenunterhalt zu zahlen habe und seit dem 1. Januar 2012 keinen Unterhalt mehr schulde.
7
Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin , mit der sie die vollständige Zurückweisung des Abänderungsantrages des Antragstellers weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

8
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

I.

9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin zu begrenzen, im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:
10
Die Antragsgegnerin habe keine ehebedingten Nachteile erlitten. Selbst wenn sie ohne die Eheschließung mit dem Antragsteller schon früher in die Bundesrepublik übergesiedelt wäre, könne nicht davon ausgegangen werden, dass sie hier ein Medizinstudium hätte absolvieren können. Das von ihr erworbene Reifezeugnis an der tschechoslowakischen Wirtschaftsoberschule habe in Deutschland lediglich zum Studium an der Fachoberschule berechtigt. Ohne eine weitere deutsche Schulausbildung hätte sie daher in der Bundesrepublik nicht Medizin studieren können, wobei es selbst dann äußerst fraglich gewesen wäre, ob sie die Voraussetzungen des Numerus Clausus für medizinische Studiengänge erfüllt hätte. Selbst wenn man dies unterstellte, hätte die Antragsgegnerin auch im günstigsten Fall ein Medizinstudium nicht vor dem Jahre 1990 abschließen können. In der kurzen Zeit bis zu ihrer Erkrankung im Jahre 1993 hätte sie daher in keinem Falle Versorgungsanwartschaften erwerben können, die sie nunmehr zum Bezug einer höheren Erwerbsunfähigkeitsrente als monatlich 952 € berechtigt hätte. Dies gelte auch dann, wenn die Antragsgegnerin in Deutschland nach ihrer Übersiedlung durchgehend den erlernten Beruf als Schneiderin ausgeübt hätte, weil sie auch diese Tätigkeit im Jahre 1993 wegen ihrer Erkrankung hätte aufgeben müssen.
11
Auch die bei der Antragsgegnerin diagnostizierte Multiple Sklerose und deren Verlauf hätten keine ehebedingten Ursachen. Zwar habe die Antragsgegnerin unter Vorlage von Internetveröffentlichungen vorgetragen, dass auch psychische Belastungen bei dem Verlauf der Krankheit eine Rolle spielen können. Demgegenüber habe der Antragsteller ein Merkblatt der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft zu den Akten gereicht, aus dem sich eine psychische Komponente des Krankheitsverlaufs gerade nicht entnehmen lasse. Der Unterhaltspflichtige müsse nicht beweisen, dass eine beim Unterhaltsberechtigten bestehende Krankheit weniger schwerwiegend verlaufen wäre, wenn es nicht zu Streitigkeiten in der Ehe gekommen wäre. Hinzu komme, dass das von der Antragsgegnerin behauptete "lieblose und bewusst provozierende" Verhalten des Antragstellers von diesem bestritten werde und die Vernehmung der von der Antragsgegnerin dafür angebotenen Zeugen auf die Erhebung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises hinausliefe. Auch ein medizinisches Sachverständigengutachten sei für die Beurteilung der von der Antragsgegnerin aufgeworfenen Frage, ob die "ehelichen Lebensverhältnisse ausnahmsweise die Krankheit ausgelöst bzw. verschlimmert hätten", nicht geeignet.
12
Für die Frage, ob der Antragsteller weiterhin auch nach einer Unterhaltszahlung von mehr als acht Jahren noch zu Unterhaltsleistungen an die Antragsgegnerin verpflichtet sei, komme es daher allein darauf an, ob dies die nacheheliche Solidarität gebiete, wobei in diese Billigkeitsabwägung insbesondere die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB genannten Kriterien einzubeziehen seien. Es habe sich bei einer Ehedauer von rund zwanzig Jahren um eine lange Ehe gehandelt, aus der Kinder nicht hervorgegangen seien. Der Umfang der Haushaltsführung durch die Antragsgegnerin habe sich in Grenzen gehalten, was dadurch verdeutlicht werde, dass die von den Beteiligten gemeinsam bewohnte Zweizimmerwohnung nur 60 qm groß gewesen sei und die Antragsgeg- nerin während der Ehezeit eine dreijährige Ausbildung zur Krankengymnastin absolviert habe.
13
Es sei aber auch zu berücksichtigen, wie dringend der Unterhaltsberechtigte neben eigenen Einkünften auf den Unterhalt angewiesen sei. Wenn auch der Wegfall des Unterhalts durchaus eine einschneidende Veränderung der Lebensverhältnisse der Antragsgegnerin darstelle, könne sie mit ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich 952 € ihr Existenzminimum in Höhe des notwendigen Selbstbehaltes decken. Soweit sie derzeit für Miete und Nebenkosten monatlich 500 € aufwende, müsse sie gegebenenfalls in eine billigere Wohnung umziehen. Bezüglich der von ihr geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von monatlich 330 € für Medikamente und Drogerieartikel sei schon in der Ausgangsentscheidung darauf hingewiesen worden, dass z.B. der Kauf von Vitaminpräparaten nicht berücksichtigt werden könne, auch wenn diese für das körperliche und psychische Wohlbefinden möglicherweise wünschenswert seien. Auch die mit der Haltung eines Kraftfahrzeuges verbundenen Kosten könnten auf Seiten der Antragsgegnerin nicht anerkannt werden, da sie deren Notwendigkeit nur pauschal erklärt habe.
14
Auf der anderen Seite sei zu prüfen, inwieweit der Unterhaltspflichtige durch den Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen oder den angemessenen Unterhalt belastet werde. Zwar sei davon auszugehen, dass der Antragsteller selbst dann noch in der Lage sei, den vom Amtsgericht in erster Instanz zugesprochenen Unterhalt in Höhe von monatlich 400 € zu zahlen, wenn auf der Leistungsstufe wieder eine Berechnung nach der Dreiteilungsmethode unter Berücksichtigung seiner zweiten Ehefrau durchgeführt werden würde. Trotz seiner grundsätzlich gegebenen Leistungsfähigkeit könne es dem Antragsteller nicht zugemutet werden, die Belastung der schicksalhaft und unabhängig von der Ehe eingetretenen Erkrankung der Antragsgegnerin weiter mitzutragen, nachdem er bereits neun Jahre nachehelichen Unterhalt an die Antragsgegnerin geleistet habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin im Wege des Versorgungsausgleiches Rentenanwartschaften in Höhe von 191,91 € monatlich erhalten und der Antragsteller bereits eine neue Familie mit zwei Kindern zu versorgen habe. Um der Antragsgegnerin die Anpassung an die neue finanzielle Situation zu ermöglichen, sei ihr ein Anpassungszeitraum bis Ende 2011 einzuräumen.

II.

15
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
16
1. Allerdings bestehen entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde an der Zulässigkeit des Abänderungsantrages im Sinne des § 238 Abs. 2 FamFG keine durchgreifenden Bedenken. Der Antragsteller kann sich hinsichtlich der Möglichkeit, den der Antragsgegnerin im Jahre 2003 zugesprochenen Krankheitsunterhalt herabzusetzen und zu befristen, in zulässiger Weise auf eine Änderung der Rechtslage durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 berufen.
17
Richtig ist zwar, dass schon vor dem Inkrafttreten der Unterhaltsreform gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. bei allen Tatbeständen des nachehelichen Unterhalts - mithin auch beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB - die grundsätzliche Möglichkeit bestand, im Rahmen einer Billigkeitsabwägung die Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen zeitlich zu begrenzen und danach auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen. Allerdings wurde, anknüpfend an die frühere Senatsrechtsprechung zur Bedeu- tung der Ehedauer im Rahmen von Billigkeitsentscheidungen nach §§ 1578 Abs. 1 Satz 2, 1573 Abs. 5 BGB a.F. (vgl. insbesondere Senatsurteil vom 10. Oktober 1990 - XII ZR 99/89 - FamRZ 1991, 307, 310), die durch § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. eröffnete Möglichkeit einer zeitlich abgestuften Unterhaltsbemessung beim Krankheitsunterhalt regelmäßig nur bei einer nicht (besonders ) langen Ehedauer in Erwägung gezogen (vgl. OLG München FamRZ 2003, 1110 f.; OLG Hamm FamRZ 1998, 295, 296). Einen vollständigen Wegfall des - auch herabgesetzten - Unterhalts erlaubte § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. ohnehin nicht (Senatsurteil vom 27. Januar 1999 - XII ZR 89/97 - FamRZ 1999, 710, 712).
18
2. Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB in der seit dem 1. März 2013 geltenden Fassung auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Gemäß § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung sind aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB zu entnehmen. Danach ist neben der Dauer der Ehe vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes und aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben. Ein ehebedingter Nachteil äußert sich in der Regel darin, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde.
19
a) Zutreffend ist zunächst die Beurteilung des Beschwerdegerichts, dass der Antragsgegnerin keine ehebedingten Nachteile entstanden sind.
20
aa) Mit Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass das Krankheitsbild der Antragsgegnerin nicht im Zusammenhang mit der Rollenverteilung in der Ehe oder sonstigen mit der Ehe verbundenen Umständen steht. Soweit dies den Ausbruch der erstmals im Jahre 1993 diagnostizierten Multiplen Sklerose betrifft, wird diese Beurteilung von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt. Doch auch für die - in Korrelation zur organischen Erkrankung - aufgetretenen Angstzustände und Belastungsstörungen der Antragstellerin lassen sich keine ehebedingten Ursachen finden. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass eine psychische Erkrankung selbst dann, wenn sie durch eine Ehekrise ausgelöst worden ist, für sich genommen keinen ehebedingten Nachteil im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB begründen kann. Bereits aus der Formulierung des Gesetzes geht hervor, dass ehebedingte Nachteile "durch" die Ehe verursacht sein müssen und hierfür die Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes sowie die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit bedeutsam sind (§ 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB). Daraus erschließt sich, dass unter ehebedingten Nachteilen vornehmlich solche Einbußen zu verstehen sind, die sich aus der ehelichen Rollenverteilung (§ 1356 BGB) ergeben, nicht aber aus sonstigen persönlichen Umständen, die insbesondere mit dem Scheitern der Ehe zusammenhängen (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 18 und vom 7. Juli 2010 - XII ZR 157/08 - FamRZ 2011, 188 Rn. 20). Die Erkrankung des Unterhaltsberechtigten wird daher in aller Regel nicht ehebedingt sein. Auch wenn im vorliegenden Fall - was der Antragsteller allerdings bestreitet - die organische Krankheit der Antragsgegnerin durch die im Zusammenhang mit der Ehekrise aufgetretenen psychischen Belastungen einen ungünstigeren Verlauf genommen haben sollte, wäre die Ursache dafür immer noch nicht in der Ehe als solcher oder der mit ihr verbundenen Rollenverteilung zu suchen, sondern in den persönlichen Umständen der Beteiligten und ihrer schicksalhaften Entwicklung beim Scheitern der Partnerschaft.
21
Dadurch ist es allerdings nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall der Unterhaltspflichtige auch unabhängig von der Ehe für die Krankheit des Unterhaltsberechtigten (mit-)verantwortlich sein und dies als Billigkeitsgesichtspunkt im Rahmen der nach § 1578 b Abs. 1 BGB gebotenen Abwägung berücksichtigt werden kann (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 20 und vom 7. Juli 2010 - XII ZR 157/08 - FamRZ 2011, 188 Rn. 22). Auch bei dieser Würdigung wird indessen Zurückhaltung geboten sein. Da im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1578 b Abs. 1 BGB generell keine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens nach Kriterien subjektiver Vorwerfbarkeit stattfinden soll, wird ein zur Ehekrise oder zur Trennung führendes Verhalten des Unterhaltspflichtigen in den meisten Fällen kein zusätzliches Maß an nachehelicher Solidarität gegenüber einem im Zusammenhang mit dem Scheitern der Ehe psychisch belasteten Ehegatten begründen können.
22
bb) Wenn beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB - wie regelmäßig - die Krankheit selbst keine ehebedingten Ursachen hat, ist ein ehebedingter Nachteil denkbar, soweit ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsminderungsrente infolgedessen geringer ist, als sie es gewesen wäre, wenn er seine Erwerbstätigkeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalls fortgesetzt hätte. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist allerdings vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs , durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten - von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen - ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB können daher regelmäßig nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen (grundlegend Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 43; vgl. zuletzt Senatsurteil vom 20. März 2013 - XII ZR 72/11 - FamRZ 2013, 853 Rn. 37). Im Übrigen ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin ohne die Ehe - unter keinem denkbaren Verlauf ihrer beruflichen Karriere und unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik - durch eigene versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit keine höheren Rentenanwartschaften hätte erwerben können, als ihr nach der Ehe und nach der Durchführung des Versorgungsausgleiches tatsächlich zur Verfügung standen. Auch gegen diese Beurteilung erinnert die Rechtsbeschwerde nichts.
23
b) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzes allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass auch dann, wenn keine ehebedingten Nachteile feststellbar sind, eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet ist. Bei der insoweit gebotenen umfassenden Billigkeitsabwägung ist das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen.
24
Wesentliche Aspekte im Rahmen der Billigkeitsabwägung sind neben der Dauer der Ehe insbesondere die in der Ehe gelebte Rollenverteilung wie auch die vom Unterhaltsberechtigten während der Ehe erbrachte Lebensleistung (vgl. Senatsurteil vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 - FamRZ 2012, 197 Rn. 31); dies gilt auch beim Krankheitsunterhalt (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Rn. 39). Bei der Beurteilung der Unbilligkeit einer fortwährenden Unterhaltszahlung sind ferner die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien von Bedeutung, so dass der Tatrichter in seine Abwägung einzubeziehen hat, wie dringend der Unterhaltsberechtigte neben seinen eigenen Einkünften auf den Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige - auch unter Berücksichtigung weiterer Unterhaltspflichten - durch diese Unterhaltszahlungen belastet wird (Senatsurteile vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 24 und vom 20. März 2013 - XII ZR 72/11 - FamRZ 2013, 853 Rn. 42). In diesem Zusammenhang kann auch die lange Dauer von Trennungsunterhaltszahlungen bedeutsam sein (Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 22). Bereits bei der Prüfung der Unbilligkeit nach § 1578 b BGB ist außerdem zu berücksichtigen , ob der Unterhaltsanspruch tituliert ist, denn einem titulierten oder durch Vereinbarung festgelegten Unterhalt kommt ein größerer Vertrauensschutz zu, was - wie das Gesetz in § 36 Nr. 1 EGZPO klarstellt - bei Unterhaltstiteln oder Unterhaltsvereinbarungen nach der bis zum 31. Dezember 2007 bestehenden Rechtslage in noch stärkerem Maße gilt.
25
Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie ist vom Rechtsbeschwerdegericht aber daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Der rechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Verfahrensstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 14 und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 37). Die Entscheidung des Beschwerdegerichts erscheint auch nach diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab rechtlich nicht völlig bedenkenfrei.
26
aa) Im Ausgangspunkt zutreffend ist allerdings die Ansicht des Beschwerdegerichts , dass es unter den obwaltenden Umständen die lange Ehedauer von rund zwanzig Jahren nicht allein rechtfertigt, aus Billigkeitsgründen von einer Begrenzung des Unterhalts abzusehen. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass in solchen Fällen, in denen die fortwirkende nacheheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, die Ehedauer vor allem durch die wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht gewinnt, welche insbesondere durch den Verzicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder wegen der Haushaltsführung eingetreten ist; diese Grundsätze haben durch die am 1. März 2013 in Kraft getretene Neufassung des § 1578 b Abs. 1 BGB keine grundlegenden Änderungen erfahren (Senatsurteil vom 20. März 2013 - XII ZR 72/11 - FamRZ 2013, 853 Rn. 34 f.; vgl. auch Senatsurteil vom 20. März 2013 - XII ZR 120/11 - FamRZ 2013, 864 Rn. 35).
27
Soweit in der Ehezeit eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Antragsgegnerin von dem beruflich erfolgreichen Antragsteller eingetreten ist, beruhte dies entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde gerade nicht in einem besonderen Maße auf der Rollenverteilung in der kinderlosen Ehe der Beteiligten. Vor der Ausreise aus der ehemaligen Tschechoslowakei im Jahre 1985 stand die Antragsgegnerin durchgehend in der beruflichen Ausbildung und im Erwerbsleben. Nach der Übersiedlung hatte die Antragsgegnerin in Deutschland zwischen 1987 und 1990 eine mehrjährige berufliche Fortbildung zur Krankengymnastin durchlaufen. Sie war anschließend im Umschulungsberuf - wenn auch nur kurzfristig und teilschichtig - berufstätig, so dass jedenfalls nicht davon ausgegan- gen werden kann, dass die Antragsgegnerin wegen der gemeinsamen Übersiedlung der Eheleute in die Bundesrepublik oder wegen des zeitweiligen Verzichts auf eigene Berufstätigkeit in den Jahren zwischen 1985 und 1987 sowie zwischen 1991 und 1993 bereits vor dem Ausbruch ihrer Erkrankung den Anschluss an den (deutschen) Arbeitsmarkt verloren hätte. Die wirtschaftliche Verflechtung der Beteiligten beruhte daher im Wesentlichen darauf, dass die Antragsgegnerin bereits sehr früh, nämlich im Alter von 33 Jahren, erwerbsunfähig erkrankte, mithin auf einer schicksalhaften Entwicklung, die ein unterhaltspflichtiger Ehegatte auch bei langer Ehedauer nicht ohne weiteres unbegrenzt mitzutragen hat.
28
bb) Eine umfassende Würdigung aller für die Billigkeitsentscheidung maßgebenden Gesichtspunkte hat allerdings auch in den Blick zu nehmen, inwieweit der unterhaltspflichtige Ehegatte seinen beruflichen Aufstieg und sein heute erzieltes Einkommen in einem besonderen Maße der geschiedenen Ehe mit dem Unterhaltsberechtigten zu verdanken hat (vgl. auch Senatsurteil vom 21. September 2011 - XII ZR 121/09 - FamRZ 2011, 1851 Rn. 24). Insoweit hat das Beschwerdegericht einen möglicherweise erheblichen Verfahrensstoff nicht in seine Abwägung einfließen lassen. Die Antragsgegnerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Antragsteller nur aufgrund seiner Ehe mit ihr im Jahre 1985 und damit lange vor den politischen Veränderungen in Osteuropa aus der ehemaligen Tschechoslowakei in das Gebiet der alten Bundesrepublik auswandern und dadurch die Grundlagen seiner erfolgreichen beruflichen Laufbahn in Deutschland legen konnte. Zudem ist es nicht streitig gewesen, dass sich der Antragsgegnerin bereits im Jahre 1982 die Möglichkeit geboten hätte, mit ihren Eltern in die Bundesrepublik überzusiedeln, sie von dieser Möglichkeit aber deshalb Abstand genommen hatte, weil der Antragsteller in der damaligen ČSSRnoch seinen Wehrdienst ableisten und sein Studium beenden musste. Stellen sich, was gegebenenfalls näherer Sachaufklärung bedarf, die heutigen Einkommensverhältnisse des Antragstellers indessen als Fortwirkung von Karrierechancen dar, die sich ihm - gleichsam als ehebedingter Vorteil - nur durch die Übersiedlung nach Deutschland eröffnen konnten, vermag dies grundsätzlich ein höheres Maß an nachehelicher Solidarität gegenüber dem geschiedenen Ehegatten zu begründen.
29
Mit Recht wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Erwägungen des Beschwerdegerichts zum Lebensbedarf der Antragsgegnerin. Diese hat geltend gemacht, monatlich 180 € für Medikamente zu benötigen. Die Annahme des Beschwerdegerichts, dass die von der Antragsgegnerin behaupteten Aufwendungen keine notwendigen, sondern lediglich nützliche Medikamente wie beispielsweise Vitaminpräparate beträfen, findet im Vortrag der Beteiligten und im sonstigen Akteninhalt keine Stütze. Träfe es aber zu, dass die Antragsgegnerin krankheitsbedingte Aufwendungen in einer solchen Größenordnung zu bestreiten hat, würde dadurch der über dem Existenzminimum liegende Teil der Erwerbsunfähigkeitsrente der Antragsgegnerin weitgehend aufgezehrt; in diesem Falle würden ihr aus den laufenden Renteneinkünften die Mittel für die Haltung eines Kraftfahrzeuges und für die Aufrechterhaltung ihrer bisherigen, nach sozialhilferechtlichen Maßstäben möglicherweise unangemessenen, aber keineswegs übertrieben luxuriösen Wohnverhältnisse tatsächlich nicht mehr verbleiben.
30
cc) Es erscheint daher möglich, dass das Beschwerdegericht, welches selbst davon ausgeht, dass der Antragsteller aufgrund seiner überdurchschnittlich günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse auch in Ansehung der Unterhaltspflicht für seine zweite Ehefrau und die beiden aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder durch Unterhaltszahlungen an die Antragsgegnerin "nicht übermäßig" belastet werden würde, bei vollständiger Berücksichtigung der vorstehenden Aspekte zu dem Ergebnis gelangt, der Antragsgegnerin einen - gegebe- nenfalls deutlich herabgesetzten - Krankheitsunterhalt für einen längeren Zeitraum zu belassen. Dose Klinkhammer Schilling Günter Botur
Vorinstanzen:
AG Worms, Entscheidung vom 05.11.2010 - 6 F 39/10 -
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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Sept. 2011 - XII ZR 121/09

bei uns veröffentlicht am 21.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 121/09 Verkündet am: 21. September 2011 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Feb. 2010 - XII ZR 140/08

bei uns veröffentlicht am 17.02.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 140/08 Verkündet am: 17. Februar 2010 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2011 - XII ZR 63/09

bei uns veröffentlicht am 30.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 63/09 Verkündet am: 30. März 2011 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08

bei uns veröffentlicht am 27.05.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 111/08 Verkündet am: 27. Mai 2009 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Nov. 2011 - XII ZR 47/10

bei uns veröffentlicht am 23.11.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 47/10 Verkündet am: 23. November 2011 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Apr. 2008 - XII ZR 107/06

bei uns veröffentlicht am 16.04.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 107/06 Verkündet am: 16. April 2008 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 02. März 2011 - XII ZR 44/09

bei uns veröffentlicht am 02.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 44/09 Verkündet am: 2. März 2011 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09

bei uns veröffentlicht am 30.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 9/09 Verkündet am: 30. Juni 2010 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juli 2010 - XII ZR 157/08

bei uns veröffentlicht am 07.07.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 157/08 Verkündet am: 7. Juli 2010 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2013 - XII ZB 309/11.

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juni 2016 - XII ZB 84/15

bei uns veröffentlicht am 08.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS XII ZB 84/15 Verkündet am: 8. Juni 2016 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: n

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Feb. 2015 - XII ZR 80/13

bei uns veröffentlicht am 18.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR80/13 Verkündet am: 18. Februar 2015 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Mai 2014 - XII ZB 301/12

bei uns veröffentlicht am 14.05.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS XII ZB301/12 Verkündet am: 14. Mai 2014 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2014 - XII ZB 235/12

bei uns veröffentlicht am 26.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS XII ZB235/12 Verkündet am: 26. Februar 2014 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Referenzen

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt

1.
der Scheidung,
2.
der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes,
3.
der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder
4.
des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573
an wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.

(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

(1) Enthält eine in der Hauptsache ergangene Endentscheidung des Gerichts eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Der Antrag ist zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Der Antrag kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Antrags. Ist der Antrag auf Erhöhung des Unterhalts gerichtet, ist er auch zulässig für die Zeit, für die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts Unterhalt für die Vergangenheit verlangt werden kann. Ist der Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts gerichtet, ist er auch zulässig für die Zeit ab dem Ersten des auf ein entsprechendes Auskunfts- oder Verzichtsverlangen des Antragstellers folgenden Monats. Für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit liegende Zeit kann eine Herabsetzung nicht verlangt werden.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.

(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt

1.
der Scheidung,
2.
der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes,
3.
der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder
4.
des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573
an wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.

(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

(1) Die Ehegatten regeln die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen. Ist die Haushaltsführung einem der Ehegatten überlassen, so leitet dieser den Haushalt in eigener Verantwortung.

(2) Beide Ehegatten sind berechtigt, erwerbstätig zu sein. Bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit haben sie auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen.

18
Dass eine psychische Erkrankung - wie im vorliegenden Fall - in der Ehekrise aufgetreten oder durch diese sogar ausgelöst worden ist, begründet für sich genommen keinen ehebedingten Nachteil im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB. Bereits aus der Formulierung des Gesetzes geht hervor, dass ehebedingte Nachteile durch die Ehe verursacht sein müssen und hierfür insbesondere die Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes sowie die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit bedeutsam sind (§ 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB). Daraus wird deutlich, dass unter ehebedingten Nachteilen vornehmlich solche Einbußen zu verstehen sind, die sich aus der Rollenverteilung (vgl. § 1356 BGB) ergeben, nicht aber aus sonstigen persönlichen Umständen, die etwa mit dem Scheitern der Ehe zusammenhängen.
20
bb) Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts litt die Antragsgegnerin schon lange vor der Heirat an einer depressiven Störung. Dass die Erkrankung gleichwohl - ausnahmsweise - ehebedingt ist, hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Die Erkrankung steht nicht im Zusammenhang mit der Rollenverteilung in der Ehe oder sonstigen mit der Ehe verbundenen Umständen (vgl. zu diesem Aspekt Senatsurteil vom 28. April 2010 - XII ZR 141/08 - FamRZ 2010, 1057 Rn. 15 mN). Dass sich eine psychische Erkrankung - wie im vorliegenden Fall - im Zusammenhang mit Ehekrise und Trennung verstärkt, begründet für sich genommen keinen ehebe- dingten Nachteil. Bereits aus der Formulierung des § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB geht hervor, dass ehebedingte Nachteile durch die Ehe verursacht sein müssen und hierfür insbesondere die Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes sowie die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit bedeutsam sind. Daraus wird deutlich, dass unter ehebedingten Nachteilen vornehmlich solche Einbußen zu verstehen sind, die sich aus der Rollenverteilung in der Ehe (vgl. § 1356 BGB) ergeben, nicht aber aus sonstigen persönlichen Umständen, die im Verlauf der Ehe eingetreten sind oder mit dem Scheitern der Ehe zusammenhängen (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 18).
18
Dass eine psychische Erkrankung - wie im vorliegenden Fall - in der Ehekrise aufgetreten oder durch diese sogar ausgelöst worden ist, begründet für sich genommen keinen ehebedingten Nachteil im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB. Bereits aus der Formulierung des Gesetzes geht hervor, dass ehebedingte Nachteile durch die Ehe verursacht sein müssen und hierfür insbesondere die Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes sowie die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit bedeutsam sind (§ 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB). Daraus wird deutlich, dass unter ehebedingten Nachteilen vornehmlich solche Einbußen zu verstehen sind, die sich aus der Rollenverteilung (vgl. § 1356 BGB) ergeben, nicht aber aus sonstigen persönlichen Umständen, die etwa mit dem Scheitern der Ehe zusammenhängen.
20
bb) Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts litt die Antragsgegnerin schon lange vor der Heirat an einer depressiven Störung. Dass die Erkrankung gleichwohl - ausnahmsweise - ehebedingt ist, hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Die Erkrankung steht nicht im Zusammenhang mit der Rollenverteilung in der Ehe oder sonstigen mit der Ehe verbundenen Umständen (vgl. zu diesem Aspekt Senatsurteil vom 28. April 2010 - XII ZR 141/08 - FamRZ 2010, 1057 Rn. 15 mN). Dass sich eine psychische Erkrankung - wie im vorliegenden Fall - im Zusammenhang mit Ehekrise und Trennung verstärkt, begründet für sich genommen keinen ehebe- dingten Nachteil. Bereits aus der Formulierung des § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB geht hervor, dass ehebedingte Nachteile durch die Ehe verursacht sein müssen und hierfür insbesondere die Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes sowie die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit bedeutsam sind. Daraus wird deutlich, dass unter ehebedingten Nachteilen vornehmlich solche Einbußen zu verstehen sind, die sich aus der Rollenverteilung in der Ehe (vgl. § 1356 BGB) ergeben, nicht aber aus sonstigen persönlichen Umständen, die im Verlauf der Ehe eingetreten sind oder mit dem Scheitern der Ehe zusammenhängen (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 18).

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt

1.
der Scheidung,
2.
der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes,
3.
der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder
4.
des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573
an wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

43
Unabhängig von der Höhe der im Versorgungsausgleich übertragenen Anrechte können ehebedingte Nachteile i.S. von § 1578 b BGB regelmäßig nicht mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe und den dadurch bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit der Versorgungsausgleich vollständig durchgeführt worden ist. Der Nachteil in der Versorgungsbilanz ist dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und damit in der Regel vollständig ausgeglichen, was einen zusätzlichen unterhaltsrechtlichen Ausgleich ausschließt.
37
Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1578 b BGB wird der Ehedauer im vorliegenden Fall ein erhebliches Gewicht beizumessen sein, weil sich die Beklagte während der mehr als dreiunddreißig Jahre währenden Ehezeit nach Lage der Dinge allein um die Führung des Haushalts und um die Betreuung der beiden Kinder gekümmert haben dürfte. Andererseits folgt selbst aus dem Umstand, dass eine Hausfrauenehe von (sehr) langer Dauer geführt worden ist, noch nicht zwangsläufig, dass die mit einer Herabsetzung oder Befristung verbundene Absenkung des Lebensniveaus des Unterhaltsberechtigten stets unterbleiben müsste. Vielmehr sind im Rahmen der Billigkeitsabwägung auch alle weiteren Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen. Insbesondere hat der Tatrichter zu ermitteln, wie dringend der Unterhaltsberechtigte neben seinen eigenen Einkünften auf die Zahlung von Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige - auch unter Berücksichtigung weiterer, gegebenenfalls nachrangiger Unterhaltspflichten - durch diese Unterhaltszahlungen belastet wird (Senatsurteil vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 24); dabei wird insbesondere die Belastung des Unterhaltsschuldners durch die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten mit zunehmender Dauer der Zweitehe an Gewicht gewinnen. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts lassen eine solche umfassende Billigkeitsabwägung nicht zu, weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - insbesondere zu den Einkommensverhältnissen der Parteien im Unterhaltszeitraum seit dem 1. Februar 2011 und zur Unterhaltsbedürftigkeit der zweiten Ehefrau des Klägers keine Feststellungen getroffen hat.
31
(1) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung hat das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Die Ehedauer gewinnt im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt (Senatsurteil vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 21 ff.).
39
Andererseits hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit oder Gebrechen in § 1572 BGB ein besonderes Maß an nachehelicher Solidarität festgeschrieben, das auch im Rahmen der Begrenzung oder Befristung dieses nachehelichen Unterhalts nicht unberücksichtigt bleiben kann. Auch in solchen Fällen, in denen die fortwirkende eheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, fällt den in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB genannten Umständen besondere Bedeutung zu (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Auf deren Grundlage, insbesondere der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ist auch der Umfang einer geschuldeten nachehelichen Solidarität zu bemessen.
24
bb) Im Rahmen der Billigkeitsabwägung sind allerdings auch alle weiteren Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen. Insbesondere hat der Tatrichter zu ermitteln, wie dringend der Unterhaltsberechtigte, gegebenenfalls neben eigenen Einkünften aus Erwerbsunfähigkeitsrente, auf den Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige durch den Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen oder den angemessenen Unterhalt belastet wird. Auch die Unterhaltspflichten gegenüber gemeinsamen Kindern sind im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen, selbst wenn diese nach § 1609 Nr. 4 BGB gegenüber dem Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nachrangig sind.
22
Dass das Berufungsgericht auch die Dauer der Trennungsunterhaltszahlungen einbezogen hat, entspricht ebenfalls der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 31, 35). Das findet seine Rechtfertigung darin, dass im Rahmen von § 1578 b BGB die Gesamtbelastung des Unterhaltspflichtigen durch den Unterhalt ein Billigkeitskriterium ist und diese auch durch den - etwa längere Zeit gezahlten - Trennungsunterhalt mit beeinflusst wird. Dass die Zahlungen, wie die Revision ein- wendet, der gesetzlichen Verpflichtung des Antragstellers entsprachen, steht dem ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass der Trennungsunterhalt selbst nicht entsprechend § 1578 b BGB herabgesetzt oder befristet werden kann.
24
bb) Im Rahmen der Billigkeitsabwägung sind allerdings auch alle weiteren Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen. Insbesondere hat der Tatrichter zu ermitteln, wie dringend der Unterhaltsberechtigte, gegebenenfalls neben eigenen Einkünften aus Erwerbsunfähigkeitsrente, auf den Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige durch den Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen oder den angemessenen Unterhalt belastet wird. Auch die Unterhaltspflichten gegenüber gemeinsamen Kindern sind im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen, selbst wenn diese nach § 1609 Nr. 4 BGB gegenüber dem Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nachrangig sind.
37
c) Gleichwohl kann die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Begrenzung des Anspruchs auf nachehelichen Krankheitsunterhalt keinen Bestand haben. Zwar ist die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte Aufgabe des Tatrichters (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 19). Sie ist vom Revisionsgericht aber daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere , ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Das ist hier nicht der Fall.
37
Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1578 b BGB wird der Ehedauer im vorliegenden Fall ein erhebliches Gewicht beizumessen sein, weil sich die Beklagte während der mehr als dreiunddreißig Jahre währenden Ehezeit nach Lage der Dinge allein um die Führung des Haushalts und um die Betreuung der beiden Kinder gekümmert haben dürfte. Andererseits folgt selbst aus dem Umstand, dass eine Hausfrauenehe von (sehr) langer Dauer geführt worden ist, noch nicht zwangsläufig, dass die mit einer Herabsetzung oder Befristung verbundene Absenkung des Lebensniveaus des Unterhaltsberechtigten stets unterbleiben müsste. Vielmehr sind im Rahmen der Billigkeitsabwägung auch alle weiteren Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen. Insbesondere hat der Tatrichter zu ermitteln, wie dringend der Unterhaltsberechtigte neben seinen eigenen Einkünften auf die Zahlung von Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige - auch unter Berücksichtigung weiterer, gegebenenfalls nachrangiger Unterhaltspflichten - durch diese Unterhaltszahlungen belastet wird (Senatsurteil vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 24); dabei wird insbesondere die Belastung des Unterhaltsschuldners durch die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten mit zunehmender Dauer der Zweitehe an Gewicht gewinnen. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts lassen eine solche umfassende Billigkeitsabwägung nicht zu, weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - insbesondere zu den Einkommensverhältnissen der Parteien im Unterhaltszeitraum seit dem 1. Februar 2011 und zur Unterhaltsbedürftigkeit der zweiten Ehefrau des Klägers keine Feststellungen getroffen hat.
35
Dass das Berufungsgericht die Ehedauer nur bis zur Trennung statt bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 35 mwN) berechnet hat, kann sich nicht zum Nachteil des Antragstellers als Revisionskläger ausgewirkt haben. Die stärkere Betonung der Ehedauer in der seit 1. März 2013 geltenden Neufassung von § 1578 b Abs. 1 BGB dient nach der Gesetzesbegründung der Klarstellung und soll jedenfalls keine wesentliche Änderung des nach der Senatsrechtsprechung bestehenden Rechtszustands bewirken (vgl. BT-Drucks. 17/11885 S. 6; Senatsurteil vom 20. März 2013 - XII ZR 72/11 - zur Veröffentlichung bestimmt; Borth FamRZ 2013, 165, 167; Born NJW 2013, 561). Sie könnte sich überdies aber auch nicht zu Gunsten des Ehemannes - als Revisionskläger - auswirken, weil das Berufungsgericht der Ehedauer im Gegensatz zu den ehebedingten Nachteilen im Hinblick auf eine längere Fortdauer der - ungeschmälerten - Unterhaltspflicht ersichtlich kein wesentliches Gewicht beigemessen hat.
24
In dieser Hinsicht hat das Berufungsgericht lediglich die Dauer der Ehe, die Kindererziehung (und Haushaltsführung) sowie die Dauer der Unterhaltszahlungen einbezogen. Das erscheint nicht ausreichend. Eine umfassende Würdigung hat vielmehr auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte - wie für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist - seine während der Ehe durchgeführte berufliche Fortbildung und sein heute erzieltes Einkommen jedenfalls auch der Unterstützung durch die Klägerin zu verdanken hat. Nicht berücksichtigt ist auch, dass die Klägerin während der Arbeitslosigkeit des Beklagten nur einen reduzierten Unterhalt bezogen hat. Dieser Umstand rechtfertigt es, dass sie auch an einem später verbesserten Einkommen länger teilhaben kann. Zudem offenbarte der Beklagte seine wiederum erlangte Tätigkeit als IT-Berater erst mit erheblicher Verzögerung, was seine Unterhaltsbelastung vermindert hat. Es erscheint demnach naheliegend, dass das Berufungsgericht bei einer vollständigen Berücksichtigung der vorstehenden Aspekte selbst bei - unterstellt - fehlenden ehebedingten Nachteilen zu einer längeren als der von ihm angenommenen Unterhaltsdauer gelangt wäre.