vorgehend
Amtsgericht Wolfsburg, 20 F 2245/08, 20.10.2009
Oberlandesgericht Braunschweig, 2 UF 171/09, 25.10.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 120/11 Verkündet am:
20. März 2013
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur sekundären Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten hinsichtlich ehebedingter
Nachteile (hier: ehebedingte Übersiedlung einer Diplomingenieurin für
Postbetrieb und Ökonomie von Tschechien nach Deutschland).

b) Beruft sich der Unterhaltsberechtigte für seinen hypothetischen beruflichen Werdegang
ohne die Ehe auf eine regelmäßige, vorwiegend von der Berufserfahrung
abhängige Entwicklung im vor der Eheschließung erlernten Beruf, so trifft ihn im
Gegensatz zu einem behaupteten beruflichen Aufstieg keine erweiterte Darlegungspflicht
(im Anschluss an Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR
53/09 - FamRZ 2010, 2059 und vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010,
1633).
BGH, Urteil vom 20. März 2013 - XII ZR 120/11 - OLG Braunschweig
AG Wolfsburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin
Dr. Vézina und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Botur

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 25. Oktober 2011 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
2
Der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) ist deutscher Staatsangehöriger , die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) hat die tschechische Staatsangehörigkeit. Die Parteien schlossen im Juli 1994 in Prag die Ehe und siedelten später nach Deutschland über. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Im Juli oder August 2007 trennten sich die Parteien. Die im vorliegenden Verbundverfahren auf den im August 2008 zugestellten Antrag ausgesprochene Scheidung ist seit Februar 2010 rechtskräftig.
3
Die 1966 geborene Ehefrau erwarb im Jahr 1989 in der damaligen Tschechoslowakei nach Abitur und Studium den Abschluss einer Diplomingenieurin für Postbetrieb und Ökonomie. Anschließend arbeitete sie bei der staatli- chen Post- und Telekommunikationsverwaltung (Telekom) in Prag in der Finanzbuchhaltung , zunächst als Sachbearbeiterin, nach einem Jahr vertrat sie vorübergehend die Abteilungsleiterin. Weil sie nach deren Rückkehr keine Aufstiegsmöglichkeiten sah, arbeitete sie in der Folgezeit "schwarz" in der Buchhaltung eines Bauunternehmens, wo sie nach ihrem Vorbringen bessere Verdienstmöglichkeiten sah. 1993 lernten sich die Parteien kennen. Nach der Heirat zogen sie im Herbst 1994 nach Wolfsburg. Während des Zusammenlebens führte die Ehefrau den Haushalt und war nicht erwerbstätig. Nach der Trennung arbeitete sie zunächst teilschichtig als Verkäuferin und Kassiererin in einem Lebensmittelmarkt, seit Ende 2009 arbeitet sie mit 120 Stunden im Monat (zuzüglich Überstunden) in einer Tankstelle.
4
Der 1964 geborene Ehemann ist bei der V. AG beschäftigt und erzielt ein monatliches bereinigtes Nettoeinkommen von 3.423 €. Er wohnt im ehemaligen Familienheim.
5
Das Amtsgericht hat den Ehemann im Verbundurteil zu einem zeitlich gestaffelten Unterhalt verurteilt und den Wegfall des Unterhalts ab Juli 2011 angeordnet. Auf die Berufung der Ehefrau hat das Berufungsgericht den Ehemann zum Unterhalt von zunächst monatlich rund 1.220 € und nach einer stufenweisen Herabsetzung schließlich von monatlich 320 € ab März 2013 verurteilt. Die Befristung hat es entfallen lassen.
6
Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Ehemanns, der die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat keinen Erfolg.
8
Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis 31. August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).

I.

9
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Ehefrau ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zu. Dieser könne wegen fortbestehender ehebedingter beruflicher Nachteile noch nicht befristet werden, weil nicht absehbar sei, ob und gegebenenfalls wann die Ehefrau diese Nachteile noch ausgleichen könne.
10
Der nach den beiderseitigen Einkommen bemessene Unterhaltsanspruch stehe der Ehefrau nur im ersten Jahr nach Rechtskraft der Scheidung ungekürzt zu. Der Ehefrau müsse zunächst Gelegenheit gegeben werden, sich auf die eingeschränkten finanziellen Verhältnisse nach der Scheidung allmählich einzustellen. Eine Abschmelzung des Unterhaltsanspruchs im Jahresrhythmus um jeweils 300 € bis zur Höhe des angemessenen Bedarfs nach § 1578 b BGB sei gerechtfertigt, weil die mit 13 (richtig: 14) Jahren relativ kurze Dauer der kinderlos gebliebenen Ehe keinen unbefristeten ungekürzten nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen Unterhalt rechtfertige. Von der Ehefrau könne vielmehr verlangt werden, dass sie sich auf eine Verschlechterung ihrer finanziellen Situation im Lauf der nächsten Jahre einstelle und sich spätestens ab März 2014 (richtig: 2013) nur noch mit einem nachehelichen Unterhalt in Höhe der ihr verbliebenen ehebedingten Nachteile zufrieden gebe.
11
Für die Beurteilung, ob ehebedingte Nachteile vorlägen, sei eine Prognose anzustellen, wie sich der berufliche Werdegang der Ehefrau ohne die Ehe entwickelt hätte. Ausgangspunkt der Prüfung seien regelmäßig die Ausbildung sowie die erworbenen beruflichen Fähigkeiten im Zeitpunkt der Eheschließung. Die Ehefrau hätte nach Durchlaufen einer Orientierungsphase eine Arbeitsstelle auf dem "normalen" Arbeitsmarkt in Tschechien finden können, in der sie ihre erworbenen Qualifikationen hätte nutzen können. Die Ehefrau habe erklärt, ihre Pläne seien in Richtung Finanzbuchhaltung, möglichst in einer Leitungsposition, in einem größeren Unternehmen gegangen, wo sie ohne besondere Karriereentwicklung als Finanzbuchhalterin mit Hochschulabschluss in Tschechien rund 50.000 Kronen (rund 1.986 €) hätte verdienen können.
12
Dieser Argumentation sei zu folgen. Daraus, dass die Ehefrau nur gut zwei Jahre "offiziell" in einem ihrer Ausbildung entsprechenden Beruf gearbeitet habe, danach einige Monate "schwarz" für eine Baufirma tätig gewesen sei und auch diese Tätigkeit Ende des Jahres 1993 im Hinblick auf die Beziehung zu dem Ehemann aufgegeben habe, rechtfertige sich nicht der Schluss, dass sie auch ohne die Eheschließung nie wieder in ihrem erlernten Beruf gearbeitet und ohne berufliche Qualifikation in Tschechien dagestanden hätte. Zwar könnten berufliche Dispositionen vor der Eheschließung grundsätzlich keinen ehebedingten Nachteil darstellen. Diese generalisierende Betrachtungsweise werde aber den Besonderheiten des Falls nicht gerecht. Es sei vielmehr davon auszugehen , dass die Ehefrau nach Durchlaufen einer beruflichen Orientierungsphase wieder auf das Berufsfeld zurückgekehrt wäre, auf dem sie eine hohe Qualifikation nachweisen und dauerhaft ein gesichertes Einkommen erzielen könnte. Es erscheine nachvollziehbar und nicht karriereschädlich, dass sie sich nach Rückkehr ihrer ursprünglichen Vorgesetzten einen anderen Arbeitgeber gesucht habe, weil sie keine Aufstiegschancen gesehen habe. Dass sie eine Zeit lang "schwarz" gearbeitet habe, könne für die Prognose keine entscheidende Rolle spielen. Die Ehefrau habe erklärt, dass sie bei dem Bauunternehmen ein deutlich höheres Einkommen habe erzielen können als bei der tschechischen Telekom. Sie sei noch relativ jung gewesen und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes sei nur schwer abzuschätzen gewesen. In den europäischen Ostblockstaaten habe Anfang der Neunziger Jahre "eine Art Goldgräberstimmung" geherrscht , und die jedem Berufsanfänger zuzubilligende Orientierungsphase sei unter besonderen Bedingungen abgelaufen, wobei für die Ehefrau noch hinzugekommen sei, dass sie ausgerechnet in dieser Zeit den Ehemann kennengelernt und mit ihm eine gemeinsame Zukunft im Westen geplant habe.
13
Unter diesen Umständen könne der Argumentation des Ehemanns, dass die Ehefrau ohne die Eheschließung weiterhin als Schwarzarbeiterin tätig geblieben wäre, in undurchschaubaren Arbeitsverhältnissen ihre "Karriere" fortgesetzt hätte und sich deshalb heute in Tschechien auf keinerlei Berufserfahrung berufen könnte, nicht gefolgt werden. Es komme hinzu, dass man auch bei der Ausübung von "Schwarzarbeit" durchaus Berufserfahrung sammeln und lediglich Schwierigkeiten haben könne, diese bei Bewerbungen zu dokumentieren. Im Übrigen sei unstreitig, dass die Ehefrau nach der Eheschließung und Übersiedlung nach Deutschland versucht habe, sich weiterzubilden und sich auf zahlreiche Bürostellen beworben habe. Das spreche dafür, dass die Ehefrau durchaus leistungsbereit und leistungswillig gewesen sei und sich auch in Tschechien um eine ordentlich dotierte und ihrer Qualifikation entsprechende Stelle beworben hätte, dort aber mit Erfolg, weil die Hochschulqualifikation dort anerkannt worden wäre und sich in Deutschland nicht nur sprachliche Probleme stellten, sondern ihre im Ausland erworbene Qualifikation bei "mehr oder weniger völliger" Unkenntnis des deutschen Steuerrechts nahezu wertlos sei.
14
Demnach sei davon auszugehen, dass die Ehefrau ohne die Eheschließung über kurz oder lang in ihren erlernten Beruf zurückgekehrt wäre und dort zumindest eine normale Entwicklung genommen hätte. Dann hätte sie das vom Ehemann insoweit nicht in Frage gestellte Einkommen von 1.990 € erzielen können. Dieses Einkommen entspreche unter Berücksichtigung der Kaufgeldparität in Deutschland einem Einkommen von 2.250 € und netto sowie bereinigt um 5% für berufsbedingte Aufwendungen rund 1.377 €. Einer exakteren Feststellung des fiktiven Einkommens bedürfe es nicht, es genüge eine Schätzung des ungefähren Ausmaßes der ehebedingten Erwerbseinbuße. Das (hypothetische ) Einkommen liege rund 320 € über dem derzeit von der Ehefrau erzielten bereinigten Nettoeinkommen von 1.045 €. In diesem Umfang bestünden derzeit ehebedingte berufliche Nachteile. Die Berücksichtigung der Kaufgeldparität sei gerechtfertigt, weil der Ehefrau eine Rückkehr nach Tschechien nicht abverlangt werden könne und ihre ehebedingten Nachteile nach längerer Berufsabstinenz dort nicht geringer wären.
15
Neben weiteren Umständen sei für die Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen , dass eine Unterhaltsverpflichtung in dem zuerkannten Umfang den Ehemann in Anbetracht seines relativ hohen Einkommens nicht in einem Maße belaste, das als unbillig angesehen werden könne.

II.

16
Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
17
Das Berufungsgericht hat zu Recht von einer weiteren Herabsetzung sowie einer Befristung des Unterhalts (hier: Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB) abgesehen.
18
Nach § 1578 b Abs. 1 BGB in der seit 1. März 2013 geltenden Fassung ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemesse- nen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen , inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre.
19
1. Ehebedingte Nachteile in diesem Sinne können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.
20
a) Nach der Rechtsprechung des Senats begründen allerdings eine Arbeitsplatzaufgabe oder ein Arbeitsplatzwechsel keinen ehebedingten Nachteil, wenn sie geraume Zeit vor der Eheschließung erfolgt sind (vgl. Senatsurteile vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776 Rn. 19 und vom 20. Februar 2013 - XII ZR 148/10 - zur Veröffentlichung bestimmt jeweils mwN). Ein ehebedingter Nachteil kann sich dann aber aus der Fortsetzung der Rollenverteilung in der Ehe und dem damit verbundenen Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit ergeben (vgl. Senatsurteile vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776 Rn. 19 und vom 20. Februar 2013 - XII ZR 148/10 - zur Veröffentlichung bestimmt jeweils mwN).
21
Das Berufungsgericht hat seine - in den Entscheidungsgründen enthaltene - tatbestandliche Feststellung, dass die Ehefrau ihre Erwerbstätigkeit aufgrund der Beziehung zum Ehemann aufgegeben habe, im Wege der Tatbestandsberichtigung dahin korrigiert, dass der Zeitpunkt, zu dem die Ehefrau ihre Tätigkeit im Jahr 1993 aufgab, zwischen den Parteien streitig sei. Es ist aber dessen ungeachtet davon ausgegangen, dass die Ehefrau nach der Eheschließung von einer weiteren Erwerbstätigkeit wegen der von ihr in der Ehe übernommenen Hausfrauenrolle absah. Dem entspricht seine Annahme, dass die Ehefrau ohne die Eheschließung weiterhin in Tschechien geblieben und dort erwerbstätig gewesen wäre. Diese Feststellungen werden, was die Erwerbstätigkeit als solche angeht, von der Revision nicht in Frage gestellt.
22
b) Hinsichtlich der Frage, mit welcher Qualifikation die Ehefrau ohne die Eheschließung gearbeitet hätte und heute arbeiten würde, ist das Berufungsgericht dem Vortrag der Ehefrau gefolgt, dass sie bei ununterbrochener Erwerbsbiografie in Tschechien als Finanzbuchhalterin mit Hochschulabschluss nunmehr ein (Brutto-)Einkommen von monatlich bis zu 50.000 Tschechische Kronen (CZK; umgerechnet 1.956 €) erzielen könnte. Dass das Berufungsgericht nicht den anderslautenden Vortrag des Ehemanns zugrunde gelegt hat, wonach die Ehefrau weiterhin als Schwarzarbeiterin in undurchschaubaren Arbeitsverhältnissen gearbeitet hätte und heute keinerlei Berufserfahrung vorweisen könnte, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
23
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist im Rahmen der Herabsetzung und Befristung des Unterhalts der Unterhaltspflichtige für die Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet, die für eine Begrenzung sprechen. Hinsichtlich der Tatsache, dass ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind, trifft den Unterhaltsberechtigten aber nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen eine sogenannte sekundäre Darlegungslast. Der Unterhaltsberechtigte muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (Senatsurteile BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 18 ff.; vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 24; vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 - FamRZ 2012, 93 Rn. 22 ff. und vom 11. Juli 2012 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 40; Senatsbeschluss vom 13. März 2013 - XII ZB 650/11 - zur Veröffentlichung bestimmt

).

24
Damit dürfte zwar nicht übereinstimmen, dass das Berufungsgericht die Ehefrau offenbar als beweisbelastet angesehen hat. In der Sache entsprechen die vom Berufungsgericht angestellten Überlegungen aber den vom Senat aufgestellten Grundsätzen.
25
Aufgrund der gegebenen Sachlage ist der Vortrag der Ehefrau, sie hätte ohne die Eheschließung als Finanzbuchhalterin gearbeitet, als ausreichend substantiiert zu betrachten. Die vor der Eheschließung von ihr zuletzt ausgeübte Schwarzarbeit steht dem nicht entgegen und macht ihren Prozessvortrag nicht widersprüchlich. Denn zum einen wurde diese Tätigkeit nach ihrem Vorbringen besser bezahlt als die vorangegangene Beschäftigung bei der Tschechischen Telekom. Zum anderen war die Ehefrau ebenfalls in der Buchhaltung tätig, sie arbeitete also weder fachfremd noch ohne weiteres unterhalb der von ihr erworbenen beruflichen Qualifikation. Demnach ist auch nicht ausschlaggebend , dass die Ehefrau ihre Tätigkeit bei der Tschechischen Telekom aufgegeben hatte, weil sie dort zunächst keine Aufstiegsmöglichkeiten gesehen hatte.
26
Schon aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts zur Bedürftigkeit (vgl. Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 25 mwN und Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 229/11 - FamRZ 2013, 109 Rn. 35) ist davon auszugehen, dass die Ehefrau in Deutschland keine ihrer beruflichen Qualifikation entsprechende Stelle finden kann. Dass das Berufungsgericht zudem keine Obliegenheit der Ehefrau angenommen hat, in ihr Heimat- land zurückzukehren, bewegt sich im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung und steht mit der Senatsrechtsprechung im Einklang (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2013 - XII ZR 39/10 - FamRZ 2013, 534 Rn. 26). Demnach ist vom Bestehen ehebedingter Nachteile auszugehen.
27
bb) Um einen ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können , muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs bemisst sich dabei regelmäßig nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Haushaltsführung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte, wobei eine Schätzung entsprechend § 287 ZPO bei ausreichenden Grundlagen zulässig ist (vgl. zuletzt Senatsurteile vom 11. Juli 2012 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 43 mwN und vom 20. Februar 2013 - XII ZR 148/10 - zur Veröffentlichung bestimmt).
28
Das Berufungsgericht hat ein ohne ehebedingte Nachteile erzielbares Monatseinkommen von 1.956 € brutto zugrunde gelegt. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch.
29
Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Ehefrau ohne die Eheschließung heute in Tschechien eine Arbeitsstelle als Finanzbuchhalterin mit Berufserfahrung innehaben könnte, entspricht den nach der Senatsrechtsprechung geltenden Maßstäben. Die Ehefrau hat das erzielbare Einkommen mit Hilfe einer Stellenanzeige näher substantiiert. Da die Ehefrau über einen Hochschulabschluss verfügt, es sich um eine in ihr Berufsfeld fallende Tätigkeit handelt und die Höhe des Arbeitslohns nicht von einem vorausgegangenen beruflichen Aufstieg, sondern nur von einer entsprechenden Berufserfahrung abhän- gig ist (zur Abgrenzung vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 31 ff. und vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 39), ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht einen weiteren Vortrag der Ehefrau nicht fürerforderlich gehalten hat. Denn unter diesen Umständen sind die mit der Widerlegung einer negativen Tatsache verbundenen spezifischen Schwierigkeiten ausgeräumt und ist die den Ehemann treffende Beweislast nicht mit überzogenen Anforderungen verbunden. Auf ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen konnte dieser sich demnach nicht mehr beschränken.
30
Eine exakte Feststellung des hypothetisch erzielbaren Einkommens des Unterhaltsberechtigten ist bei feststehenden Nachteilen schließlich nicht notwendig. Die Tatsachengerichte können sich vielmehr insoweit bei geeigneter Grundlage einer Schätzung entsprechend § 287 ZPO bedienen. Für die Billigkeitsbetrachtung wird es dann in der Regel genügen, wenn das ungefähre Ausmaß der Einbuße feststeht (Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 39), was im vorliegenden Fall aufgrund der bereits genannten Rahmenbedingungen gegeben ist.
31
cc) Das Berufungsgericht hat das Bruttoeinkommen unter Berücksichtigung der Kaufgeldparität auf die Verhältnisse in Deutschland umgerechnet (2.250 €) und sodann das Nettoeinkommen aufgrund der Steuerklasse 1 auf rund 1.450 € berechnet. Das wird von der Revision nicht angegriffen und ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
32
Der Ausgangspunkt, dass das vom unterhaltsberechtigten Ehegatten in seinem Heimatland hypothetisch erzielbare Einkommen im Hinblick auf Kaufkraftunterschiede an das deutsche Preisniveau anzupassen ist, entspricht der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 16. Januar 2013 - XII ZR 39/10 - FamRZ 2013, 534 Rn. 24). Dass das Berufungsgericht das Bruttoeinkommen auf der Grundlage des deutschen Steuer- und Sozialversicherungsrechts in ein Nettoeinkommen umgerechnet hat, ist demgegenüber zwar nicht folgerichtig, weil es auch insoweit auf die Verhältnisse in Tschechien ankommt. Die Revision macht aber nicht geltend, dass eine Berechnung nach den entsprechenden Vorschriften in Tschechien zu einem niedrigeren Nettoeinkommen geführt hätte.
33
Demnach ist auch die konkrete Bemessung des am ehebedingten Nachteil orientierten angemessenen Lebensbedarfs im Sinne von § 1578 b Abs. 1 BGB nicht zu beanstanden, auf den das Berufungsgericht den Unterhalt ab März 2013 herabgesetzt hat.
34
2. Aus weiteren Billigkeitsaspekten, die aus der nachehelichen Solidarität folgen, ergibt sich nicht die Notwendigkeit einer früheren Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB oder einer Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB.
35
Dass das Berufungsgericht die Ehedauer nur bis zur Trennung statt bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 35 mwN) berechnet hat, kann sich nicht zum Nachteil des Antragstellers als Revisionskläger ausgewirkt haben. Die stärkere Betonung der Ehedauer in der seit 1. März 2013 geltenden Neufassung von § 1578 b Abs. 1 BGB dient nach der Gesetzesbegründung der Klarstellung und soll jedenfalls keine wesentliche Änderung des nach der Senatsrechtsprechung bestehenden Rechtszustands bewirken (vgl. BT-Drucks. 17/11885 S. 6; Senatsurteil vom 20. März 2013 - XII ZR 72/11 - zur Veröffentlichung bestimmt; Borth FamRZ 2013, 165, 167; Born NJW 2013, 561). Sie könnte sich überdies aber auch nicht zu Gunsten des Ehemannes - als Revisionskläger - auswirken, weil das Berufungsgericht der Ehedauer im Gegensatz zu den ehebedingten Nachteilen im Hinblick auf eine längere Fortdauer der - ungeschmälerten - Unterhaltspflicht ersichtlich kein wesentliches Gewicht beigemessen hat.
Dose Vézina Klinkhammer Schilling Botur

Vorinstanzen:
AG Wolfsburg, Entscheidung vom 20.10.2009 - 20 F 2245/08 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 25.10.2011 - 2 UF 171/09 -

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS XII ZB301/12 Verkündet am: 14. Mai 2014 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

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(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.

(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

10
aa) Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG ist nicht nur das Verfahren bis zum Abschluss einer Instanz. Vielmehr bezeichnet der Begriff die gesamte, bei Einlegung entsprechender Rechtsmittel auch mehrere Instanzen umfassende gerichtliche Tätigkeit in einer Sache (BGH Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10 - FamRZ 2010, 639 Rn. 8). Zwar könnte der Wortlaut des Art. 111 Abs. 2 FGG-RG, der auf das Vorhandensein einer Endentscheidung verweist, zu der Fehldeutung verleiten, gerichtliches Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG sei das Verfahren innerhalb eines Rechts- zugs, nicht das gerichtliche Verfahren über den Instanzenzug hinweg, weil nach der Legaldefinition in § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Endentscheidung als instanzbeendende Entscheidung konzipiert sei. Dass der Gesetzgeber das Verfahren jedoch instanzübergreifend verstanden hat, ergibt sich eindeutig sowohl aus der Entstehungsgeschichte der Gesetzesvorschrift als auch aus deren Sinn und Zweck, während die Regelung in Art. 111 Abs. 2 FGG-RG nur der Klarstellung in Bestandsverfahren wie Betreuung oder Vormundschaft dienen sollte (BGH Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10 - FamRZ 2010, 639 Rn. 9 ff. mwN).

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 148/10 Verkündet am:
20. Februar 2013
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die geraume Zeit vor Eheschließung aufgenommene Betreuung eines gemeinsamen
Kindes und eine damit verbundene Aufgabe des Arbeitsplatzes begründen
keinen ehebedingten Nachteil.

b) Ein ehebedingter Nachteil kann sich allerdings aus der Fortsetzung der Kinderbetreuung
nach der Eheschließung ergeben, soweit ein Ehegatte mit Rücksicht auf
die eheliche Rollenverteilung und die Kinderbetreuung während der Ehe auf die
Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verzichtet. Demgegenüber haben Erwerbsnachteile
, die bei dem betreuenden Elternteil bereits infolge der Geburt des Kindes
oder durch die in der Zeit vorehelicher Kinderbetreuung getroffenen beruflichen
Dispositionen endgültig eingetreten sind und nicht mehr ausgeglichen werden
können, weiterhin keine ehebedingten Ursachen (Fortführung des Senatsurteils
vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776).
BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - XII ZR 148/10 - OLG Karlsruhe
AG Lörrach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Februar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Antragsgegners wird das Urteil des 5. Zivilsenats - Senat für Familiensachen in Freiburg - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. September 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zum Nachteil des Antragsgegners erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
2
Die 1959 geborene Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und der 1962 geborene Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) heirateten am 17. September 1993, nachdem sie zuvor in nichtehelicher Partnerschaft zusammengelebt hatten. Aus ihrer Verbindung entstammt ein am 28. Mai 1991 geborener und mittlerweile wirtschaftlich selbständig gewordener Sohn. Die Parteien trennten sich im Mai 2005. Ihre Ehe wurde auf einen am 10. Juni 2006 zugestellten Scheidungsantrag durch Urteil des Amtsgerichts vom 20. Januar 2009 geschieden, das hinsichtlich des Scheidungsausspruchs seit Mai 2009 rechtskräftig ist.
3
Die Ehefrau durchlief in der ehemaligen DDR eine Ausbildung zur Facharbeiterin für Betriebs- und Verkehrsdienst bei der Deutschen Reichsbahn. Nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes im Jahre 1991 gab sie ihre bis dahin innegehabte Stellung als Bahnfacharbeiterin auf und übte anschließend bis zum Jahre 1995 keine Beschäftigung mehr aus. Zwischen 1995 und 1997 absolvierte die Ehefrau eine Umschulung zur Familienpflegerin; im Anschluss daran war sie in verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen - auch im pflegerischen Bereich - erwerbstätig. Im Sommer 2007 wurde bei der Ehefrau eine Epilepsie diagnostiziert, die in der Folgezeit zu einer längeren Arbeitsunfähigkeit führte. Seit Mai 2009 ist die Ehefrau im zeitlichen Umfang einer dreiviertel Stelle als Pflegehelferin tätig; das monatliche Nettoeinkommen aus ihrer teilschichtigen Tätigkeit beträgt rund 932 €.
4
Der Ehemann ist als Lehr-Lokomotivführer für eine private Eisenbahngesellschaft tätig; sein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen beträgt rund 1.598 €.
5
Im Scheidungsverbund hat das Amtsgericht den Ehemann dazu verurteilt , der Ehefrau einen unbefristeten monatlichen Nachscheidungsunterhalt von insgesamt 377,92 € (davon 75,48 € Altersvorsorgeunterhalt) zu zahlen. Auf die dagegen gerichtete Berufung des Ehemannes hat das Oberlandesgericht die Entscheidung abgeändert und den Ehemann unter Berücksichtigung geleisteter Zahlungen nur noch für verpflichtet gehalten, der Ehefrau seit Oktober 2010 einen monatlichen Gesamtunterhalt in Höhe von 232 € (davon 47 € Altersvorsorgeunterhalt ) zu zahlen; eine Befristung des Unterhaltsanspruchs hat das Oberlandesgericht abgelehnt.
6
Hiergegen wendet sich die zugelassene Revision des Ehemannes, der weiterhin eine vollständige Zurückweisung des Unterhaltsbegehrens der Ehefrau , hilfsweise eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs erstrebt.

Entscheidungsgründe:

7
Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis zum 31. August 2009 geltende Prozessrecht anzuwenden, weil das Verfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).

I.

9
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Ehefrau für die Zeit zwischen Mai 2009 und September 2010 kein Unterhalt mehr zustehe, weil der sich in diesem Zeitraum rechnerisch ergebende Unterhaltsanspruch durch die in der Vergangenheit bereits geleisteten Zahlungen des Ehemannes erloschen sei. Es ist ferner davon ausgegangen, dass sich die Ehefrau für den Zeitraum seit Oktober 2010 ein fiktives Einkommen aus einer Vollzeittätigkeit als Pflegehelferin zurechnen lassen müsse, und es hat mit dieser Maßgabe für die Ehe- frau nach Bereinigung der beiderseitigen Einkünfte um eine Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen, Gewerkschaftsbeiträge sowie um einen Erwerbstätigenbonus einen Unterhaltsanspruch in Höhe von 232 € (185 € Elementarunterhalt zuzüglich 47 € Altersvorsorgeunterhalt) ermittelt.
10
Das Berufungsgericht vertritt die Ansicht, dass dieser Anspruch weder zeitlich zu begrenzen noch herabzusetzen sei. Insoweit hat das Oberlandesgericht seine Entscheidung, die auszugsweise in FamRZ 2011, 818 veröffentlicht ist, im Wesentlichen wie folgt begründet:
11
Eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs komme nicht in Betracht. Die Ehefrau habe ehebedingte Nachteile erlitten. Sie habe mit Rücksicht auf die Ehe in ihrem beruflichen Fortkommen Einschränkungen hingenommen, die auch künftig nicht mehr ausgeglichen werden könnten. Sie habe ihren Beruf als Bahnfacharbeiterin aufgegeben, um das gemeinsame Kind der Parteien zu betreuen und während intakter Ehe eine Umschulung zur Familienpflegerin absolviert. Angesichts der nunmehr sechzehnjährigen Berufspause, in der sich der Übergang von der Deutschen Reichsbahn zur Deutschen Bahn AG sowie ein erheblicher technologischer Wandel vollzogen hätten, könne sie mangels ausreichender Qualifikationen nicht mehr in ihren Ausbildungsberuf zurückkehren und auch nicht mehr an das dort gebotene Einkommensniveau anknüpfen. In ihrem neuen Beruf könne die Ehefrau bei unterstellter Vollzeittätigkeit monatlich 1.472 € brutto erzielen. Demgegenüber ergebe sich aus dem Versicherungsverlauf ihrer Versorgungsauskunft, dass sie bereits zwischen Juli und Dezember 1990 als Bahnfacharbeiterin ein monatliches Bruttoeinkommen von 1.774 € erzielt habe.
12
Hiergegen könne der Ehemann nicht einwenden, dass die Ehefrau ohne die Ehe heute nicht mehr als Bahnfacharbeiterin, sondern allenfalls als Kun- denbetreuerin arbeiten und dabei kein höheres Einkommen als eine Familienhelferin erzielen könnte. Diese Feststellung, für die der Ehemann darlegungsund beweispflichtig sei, könne nicht getroffen werden. Beide Parteien hätten eine ähnliche Berufsausbildung, ursprünglich bei dem gleichen Arbeitgeber gearbeitet und vor der Geburt des gemeinsamen Sohnes Einkünfte in vergleichbarer Höhe bezogen. Der Ehemann arbeite noch heute im Ausbildungsberuf und erziele dabei ein monatliches Bruttoeinkommen von 2.360 €. Bei dieser Situation sprächen keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass sich die Ehefrau ohne die Ehe beruflich verschlechtert hätte. Solche Anhaltspunkte ließen sich auch nicht daraus gewinnen, dass die Umschulung zur Familienhelferin möglicherweise nicht aus einer seinerzeitigen beruflichen Notwendigkeit, sondern aus Neigung erfolgt sei. Ein solcher Zusammenhang sei schon nicht bewiesen, zumal der Ehemann selbst nicht behaupte, dass eine Tätigkeit als Bahnfacharbeiterin im Schichtdienst mit der Betreuung des seinerzeit vierjährigen Sohnes vereinbar gewesen sei. Zudem könnten aus der gemeinsamen und während intakter Ehe getroffenen Entscheidung zur Umschulung keine Nachteile für die Ehefrau erwachsen.
13
Das Vorliegen ehebedingter Nachteile sei auch nicht deshalb zu verneinen , weil der gemeinsame Sohn der Parteien schon mehr als zwei Jahre vor der Eheschließung geboren sei. Durch die Eheschließung mit der Mutter seines Kindes habe der Ehemann die Verantwortung für Mutter und Kind als eheliche Verantwortung in der Form übernommen, wie er die Mutter im Zeitpunkt der Hochzeit angetroffen habe, nämlich mit Erwerbsnachteilen aufgrund der Geburt des gemeinsamen Kindes. § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB unterscheide den dort definierten Nachteil nicht danach, ob das gemeinschaftliche Kind aus der Ehe hervorgegangen sei oder nicht. Die voreheliche Geburt eines gemeinschaftlichen Kindes gehöre - anders als etwa eine voreheliche Erkrankung - nicht zu solchen "Schadensanlagen", die aus der nachehelichen Solidarität herausge- nommen werden könnten. Zudem habe die Geburt eines Kindes, auch wenn diese vorehelich erfolgt sei, regelmäßig unmittelbare Auswirkungen auf die in der Ehe gewählte Rollenverteilung. Die aus dieser Rollenverteilung resultierenden Erwerbsnachteile des betreuenden Elternteils träten in der Ehe jederzeit wieder neu auf und seien deshalb als ehebedingt zu verstehen. Der betreuende Elternteil, der im Vertrauen auf die Ehe und die in der Ehe gegenseitig geschuldete Solidarität solche Erwerbsnachteile aufgrund der gewählten Rollenverteilung auf sich nehme, dürfe darauf vertrauen, dass er diejenigen Nachteile, die ihm auch nachehelich verbleiben, nicht allein tragen müsse. Schließlich sei im vorliegenden Einzelfall durch die während intakter Ehe einvernehmlich getroffene Entscheidung der Parteien, dass die Ehefrau eine Umschulung zur Familienhelferin absolvieren solle, eine weitere Nachteilsursache gesetzt worden. Denn der neue Beruf habe der Ehefrau nur geringere Erwerbsmöglichkeiten geboten.
14
Auch eine Herabsetzung des Unterhalts komme nicht in Betracht, weil hier mit dem Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen in der Sache lediglich ein Nachteilsausgleich bewirkt werde. Um aus eigener Kraft ihren Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestreiten zu können, müsste die Ehefrau ein Bruttoeinkommen in Höhe von rund 1.900 € erzielen. Der Unterschied zwischen dem heute zur Bedarfsdeckung erforderlichen Bruttoeinkommen (1.900 €) und dem im Jahre 1990 erzielten Einkommen (1.774 €) betrage lediglich 126 €. Es sei davon auszugehen, dass die Ehefrau ohne die Ehe und die ehebedingten Nachteile eine Erhöhung ihres Bruttoeinkommens in mindestens dieser Höhe erzielt hätte, was auch der Vergleich mit der Einkommensentwicklung auf Seiten des Ehemannes verdeutliche.

II.

15
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
16
Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt - hier der vom Berufungsgericht zugesprochene Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) - ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen , wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes , aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
17
1. Die geraume Zeit vor Eheschließung (hier: rund zweieinhalb Jahre) aufgenommene Betreuung eines gemeinsamen Kindes kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keinen "ehebedingten" Erwerbsnachteil begründen.
18
Die gesetzliche Regelung stellt in § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB darauf ab, inwiefern "durch die Ehe" Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Auch die Nachteile gemäß § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB, die infolge der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes entstanden sind, beziehen sich auf "solche Nachteile", d.h. durch die Ehe entstandene Nachteile und zudem auf die Kindererziehung "während der Ehe". Auch wenn damit nicht ausgeschlossen ist, dass noch durch die nacheheliche Kinderbetreuung Nachteile entstehen oder vergrößert werden können, ist jedenfalls eine über einen längeren Zeitraum praktizierte voreheliche Kinderbetreuung davon nicht erfasst (Senatsurteil vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776 Rn. 19). Ebenso wenig vermögen die längere Zeit vor der Eheschließung getroffenen beruflichen Dispositionen des späteren Ehegatten für ihn einen ehebedingten Nachteil zu begründen, und zwar auch dann nicht, wenn diese unmittelbar durch das voreheliche Zusammenleben veranlasst worden waren (vgl. Senatsurteile vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 25 und vom 2. Februar 2011 - XII ZR 11/09 - FamRZ 2011, 1377 Rn. 20).
19
Damit steht im Einklang, dass allein das Zusammenleben in nichtehelicher Lebensgemeinschaft vor der Eheschließung keine rechtlich gesicherte Position begründet. Ein Unterhaltsanspruch gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB beruht allein auf der Betreuung gemeinsamer Kinder, während ein über die Kindesbetreuung hinausgehender Unterhalt selbst dann nicht geschuldet ist, wenn dem Elternteil durch die Betreuung bleibende Nachteile entstanden sind. Die spätere Eheschließung wirkt nicht auf die Zeit des vorherigen Zusammenlebens und der Betreuung gemeinschaftlicher Kinder zurück (Senatsurteil vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776 Rn. 20). Anders als das Berufungsgericht meint, kann die Eheschließung deshalb auch keine rückwirkende Haftung für solche auf der Kinderbetreuung beruhenden Erwerbsnachteile begründen, die dem betreuenden Elternteil im Zeitpunkt der Eheschließung bereits entstanden waren.
20
Richtig ist allerdings, dass sich ein ehebedingter Nachteil aus der Fortsetzung der Kinderbetreuung nach der Eheschließung ergeben kann, wenn und soweit ein Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene oder fortgeführte Rollenverteilung auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet. Ein Nachteil entsteht dem Ehegatten in diesem Fall, wenn er bei Eheschließung aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe keine (weitergehende) Erwerbstätigkeit aufnimmt und ihm dadurch eine dauerhafte Einkommenseinbuße entsteht (vgl. Senatsurteil vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776 Rn. 21). Demgegenüber bleibt es allerdings dabei, dass solche Erwerbsnachteile, die bei dem betreuenden Elternteil bereits infolge der vorehelichen Geburt des Kindes oder durch die in der Zeit vorehelicher Kinderbetreuung getroffenen beruflichen Dispositionen endgültig eingetreten sind und nicht mehr ausgeglichen werden können , keine ehebedingten Ursachen haben.
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2. Dieser Rechtsirrtum ergreift die weitergehenden Erwägungen des Berufungsgerichts zur Höhe eines bei der Ehefrau entstandenen ehebedingten Nachteils.
22
Um einen ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. bei Ausschöpfung seiner Erwerbsmöglichkeiten nach §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs bemisst sich dabei regelmäßig nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dieses Einkommen hat das Berufungsgericht mit mindestens 1.900 € (brutto) bemessen, was sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen allerdings nicht als tragfähig erweist.
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a) Bei seinen Erwägungen zum Verlauf einer hypothetischen Erwerbsbiographie der Ehefrau konnte das Berufungsgericht schon im gedanklichen Ausgangspunkt nicht - wie geschehen - an die Überlegung anknüpfen, dass die Ehefrau ohne die Geburt des gemeinsamen Sohnes im Jahre 1991 ihren Arbeitsplatz als Bahnfacharbeiterin bei der Deutschen Reichsbahn nicht aufgegeben und voraussichtlich weiter durchgehend in ihrem erlernten Beruf beschäftigt gewesen wäre. Denn die Kündigung des Arbeitsplatzes im Jahre 1991 beruhte aus den oben dargestellten Gründen weder auf der Ehe noch auf der Kinderbetreuung während der Ehe.
24
Nicht zutreffend sind im Übrigen die Feststellungen des Berufungsgerichts zu den von der Ehefrau vor der Geburt des Kindes im Jahre 1991 erzielten Erwerbseinkünften als Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn. Soweit das Berufungsgericht der von der DRV Knappschaft-Bahn-See für die Ehefrau erteilten Versorgungsauskunft vom 25. August 2006 entnehmen will, dass diese im Zeitraum zwischen dem 1. Juli 1990 (Inkrafttreten des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion) und dem 31. Dezember 1990 ein gesamtes Bruttoeinkommen von 20.813 DM erzielt habe , liegt diesem Betrag kein tatsächlich erzielter Arbeitsverdienst in gleicher Höhe zugrunde. Vielmehr handelt es sich bei diesem Wert um eine Rechengröße , welche die Ermittlung von Entgeltpunkten für die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten nach Maßgabe der Sondervorschrift des § 256 a Abs. 1 Satz 1 SGB VI ermöglichen soll. Für diese Berechnung (sog. Hochwertung) wird der Betrag, der nach § 256 a Abs. 2 und Abs. 3 SGB VI rentenrechtlich als Verdienst des Versicherten behandelt wird, mit dem sich für den maßgeblichen Zeitraum aus Anlage 10 zum SGB VI ergebenden Faktor (hier: 2,3473) multipliziert. Daher dürfte die Ehefrau unmittelbar vor der Aufgabe ihres Arbeitsplatzes bei der Deutschen Reichsbahn im Jahre 1991 tatsächlich nicht das vom Berufungsgericht angenommene monatliche Bruttoeinkommen in Höhe von 3.468 DM oder 1.774 €, sondern einen deutlich darunter liegenden Verdienst erzielt haben.
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b) Abzustellen war vielmehr auf die konkreten Erwerbsmöglichkeiten, die sich der Ehefrau nach rund zweieinhalbjähriger Arbeitslosigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung im September 1993 geboten hätten, weil ihr Verzicht auf die Wiederaufnahme einer eigenen Erwerbstätigkeit erst von diesem Zeitpunkt an (auch) auf die eheliche Rollenverteilung und damit auf eine ehebedingte Ursache zurückzuführen war. Hierzu lassen sich der Entscheidung des Berufungsgerichts keine hinreichenden Feststellungen entnehmen.
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (grundlegend Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 18 ff.) trifft den Unterhaltsberechtigten im Rahmen von § 1578 b BGB eine sekundäre Darlegungslast, die zum Inhalt hat, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substanziiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.
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Der Ehemann hat in diesem Zusammenhang geltend gemacht, dass die ursprünglich von der Ehefrau bei der Deutschen Reichsbahn bis zum Jahre 1991 ausgeübte Tätigkeit der Bahnhofsaufsicht infolge der Strukturänderungen bei der Bahn weitgehend weggefallen sei und sich im erlernten Beruf für die Ehefrau angesichts ihrer Vorbildung nur noch solche Beschäftigungsmöglichkeiten (Kundenbetreuerin im Regionalverkehr) geboten hätten, mit denen ein höheres Einkommen als im tatsächlich ausgeübten Pflegeberuf nicht erzielt werden könne. Angesichts dieses Vorbringens oblag es der Ehefrau, einerseits darzulegen, dass - aus der Sicht des Jahres 1993 - für sie noch eine reale Möglichkeit zur Rückkehr in ihren erlernten Beruf bestanden habe und andererseits substanziiert dazu vorzutragen, welche beruflichen Entwicklungs- und Verdienstmöglichkeiten sich dort für sie ergeben hätten.
28
bb) Die von dem Berufungsgericht in diesem Zusammenhang angestellten Plausibilitätsüberlegungen auf der Grundlage eines Vergleiches mit der Einkommensentwicklung aufseiten des Ehemannes vermögen einen substanziierten Vortrag zu den konkreten beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten der Ehefrau nicht zu ersetzen. Zwar kann sich der Unterhaltsberechtigte im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch des Hinweises auf vergleichbare Karriereverläufe bedienen, um sein Vorbringen zu den seinerzeit vorhandenen beruflichen Entwicklungschancen plausibel zu machen (Senatsurteile vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 - FamRZ 2012, 93 Rn. 24 und vom 11. Juli 2012 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 41), was aber schon im Ausgangspunkt voraussetzt, dass die Erwerbsbiographien der Vergleichspersonen überhaupt genügend Berührungspunkte aufweisen (vgl. Senatsurteil vom 11. Juli 2012 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 41). Davon ist unter den obwaltenden Umständen schon deshalb nicht auszugehen, weil der Ehemann (Lokführer) und die Ehefrau (Bahnhofsaufsicht) schon bei der Deutschen Reichsbahn in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen beschäftigt waren und die berufliche Laufbahn der Ehefrau bei der Bahn durch die - nicht als ehebedingt anzusehende - Aufgabe des Arbeitsplatzes im Jahr 1991 und die daran anschließende Arbeitslosigkeit für mehrere Jahre unterbrochen war.
29
cc) Bei der Entwicklung einer hypothetischen Erwerbsbiographie wird das Berufungsgericht in tatrichterlicher Verantwortung auch darüber zu befinden haben, ob die von der Ehefrau absolvierte zweijährige Umschulung zur Familienpflegerin angesichts der Erwerbsaussichten der Ehefrau im Zeitpunkt bei Eheschließung auch unabhängig von ehelicher Rollenverteilung und Kinderbetreuung durchlaufen worden wäre, wenn sich dazu die Gelegenheit geboten hätte. Die Bewilligung einer öffentlich geförderten Umschulungsmaßnahme durch die Arbeitsverwaltung wird als Indiz dafür auszuwerten sein, dass die Umschulung für die Ehefrau sowohl im Hinblick auf die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt als auch im Hinblick auf ihre individuellen Verhältnisse jedenfalls kurze Zeit nach Eheschließung im Jahre 1995 sinnvoll gewesen sein muss, um ihr bessere Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu vermitteln. Zudem hat der Ehemann geltend gemacht, dass die Hinwendung zu einem pflegerischen Beruf den Neigungen der Ehefrau entsprochen habe und in diesem Zusammenhang geltend gemacht, dass die Ehefrau schon in den 1980er Jahren in der ehemaligen DDR für mehrere Jahre den Bahnberuf aufgegeben hatte, um in einem Kreispflegeheim zu arbeiten. Freilich würde der Umstand, dass die Ehefrau ohne die in der Ehe übernommene Rollenverteilung eine Umschulung absolviert hätte und anschließend im pflegerischen Bereich tätig geworden wäre, das Vorhandensein solcher, an entgangene Verdienstmöglichkeiten im Umschulungsberuf anknüpfender ehebedingter Nachteile nicht ausschließen. Auch hierzu fehlt es allerdings bislang an einem hinreichend substanziierten Vortrag der Ehefrau.
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3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, den Unterhaltsanspruch der Ehefrau nach § 1578 b BGB weder herabzusetzen noch zu befristen, erweist sich nach dem bisherigen Streitstand auch nicht aus anderen Gründen als richtig.
31
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass auch dann, wenn keine ehebedingten Nachteile feststellbar sind, eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts insoweit ausscheidet, als das Maß der von dem Unterhaltspflichtigen geschuldeten nachehelichen Solidarität einen fortdauernden Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Bei der insoweit gebotenen Abwägung sind insbesondere die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB genannten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 30. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 16 und vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 22). Nach diesen Maßstäben stehen die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts - auch unter Berücksichtigung der rund dreizehnjährigen Ehedauer und der von der Ehefrau erbrachten Betreuungsleistungen für das gemeinsame Kind - der Annahme nicht entgegen, dass ein unbefristet fortdauernder Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig erscheinen könnte. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die vom Berufungsgericht festgestellten Einkommensverhältnisse der Parteien, weil die Ehefrau aus eigenen Einkünften auch ohne Unterhaltszahlungen des Ehemannes einen über ihrem Mindestbedarf liegenden Lebensbedarf sicherzustellen vermag und die Einkommensverhältnisse des Ehemannes bestenfalls durchschnittlich sind. Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
AG Lörrach, Entscheidung vom 21.01.2009 - 11 F 433/06 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 22.10.2010 - 5 UF 42/09 -
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bb) Der Umstand, dass der Unterhaltsberechtigte eine vollschichtige Tätigkeit in seinem erlernten Beruf ausübt, ist ein Indiz gegen fortdauernde ehebedingte Nachteile (vgl. Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 41). Hat der Unterhaltsschuldner, der die Darlegungsund Beweislast hinsichtlich der für eine Begrenzung sprechenden Tatsachen trägt, eine solche Beschäftigung behauptet, trifft daher den Unterhaltsberechtigten die so genannte sekundäre Darlegungslast. Er muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen (Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 Rn. 23). Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 Rn. 23).
22
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger als Unterhaltsschuldner, der sich mit der Befristung auf eine prozessuale Einwendung beruft, die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der für eine Befristung sprechenden Tatsachen trägt (Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 18 mwN). In die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltspflichtigen fällt grundsätzlich auch der Umstand, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB entstanden sind.
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aa) Das angefochtene Urteil lässt nicht erkennen, von welcher Verteilung der Darlegungs- und Beweislast das Berufungsgericht im Rahmen des § 1578 b BGB ausgegangen ist. Im Ausgangspunkt trägt der Kläger als Unterhaltsschuldner , der sich mit der Befristung auf eine prozessuale Einwendung beruft, die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der für eine Befristung sprechenden Tatsachen (Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 18 mwN). In die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltspflichtigen fällt deshalb grundsätzlich auch der Umstand, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB entstanden sind. Die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast erfährt jedoch Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen. Nach diesen Grundsätzen trifft den Unterhaltsberechtigten eine sekundäre Darlegungslast, die im Rahmen von § 1578 b BGB zum Inhalt hat, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substanziiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (Senatsurteile BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 23 und vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 - FamRZ 2012, 93 Rn. 22 ff.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
XII ZB 650/11 Verkündet am:
13. März 2013
Leßmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein ehebedingter Nachteil im Sinne des § 1578 b BGB liegt nicht nur vor, wenn der
unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingt von der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
absieht oder eine bereits ausgeübte Erwerbstätigkeit aufgibt, sondern auch dann,
wenn er ehebedingt seinen Arbeitsplatz wechselt und dadurch Nachteile erleidet.
BGH, Beschluss vom 13. März 2013 - XII ZB 650/11 - OLG Brandenburg
AG Cottbus
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Schilling, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Senats für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 17. November 2011 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Die Antragsgegnerin begehrt von dem Antragsteller, ihrem geschiedenen Ehemann, Zahlung nachehelichen Unterhalts.
2
Die Beteiligten heirateten im Oktober 1984. Aus ihrer Verbindung sind zwei in den Jahren 1983 und 1986 geborene Kinder hervorgegangen. Die Beteiligten trennten sich (spätestens) im Januar 2009. Aufgrund einer notariell beurkundeten Vereinbarung zahlte der Antragsteller einen Trennungsunterhalt von monatlich 832,75 €.
3
Der 1959 geborene Antragsteller ist Schichtleiter in einem Kraftwerk. Er arbeitet im Drei-Schicht-System. Die 1956 geborene Antragsgegnerin absolvierte nach Beendigung der Oberschule eine Ausbildung als Maschinistin für Wärmekraftwerke. Anschließend war sie in demselben Kraftwerk tätig. 1978 erwarb sie die Qualifikation als Meister in der Fachrichtung Kraftwerkstechnik. Ab 1980 wurde sie als Leitstandsmaschinistin eingesetzt und ab 1987 als OperativTechnologin. Zuletzt erhielt die Antragsgegnerin für ihre Tätigkeit im Kraftwerk eine Entlohnung nach Lohngruppe 9. Ende Februar 1990 kündigte sie ihr Arbeitsverhältnis bei dem V. und nahm anschließend eine Tätigkeit als Abstimmerin nach Lohngruppe 6 bei dem W. (W. ) Cottbus auf. Zum 1. Mai 1993 wurde die Antragsgegnerin arbeitslos. In der Folgezeit absolvierte sie eine Umschulung zur Bauzeichnerin. Nach Abschluss dieser Ausbildung nahm sie nach vorübergehenden anderweitigen Beschäftigungen und teilweiser Arbeitslosigkeit im Oktober 2005 eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst mit einer wöchentlichen Grundarbeitszeit von 35 Stunden zuzüglich Überstunden an.
4
Auf den im Dezember 2009 zugestellten Scheidungsantrag hat das Amtsgericht mit Verbundbeschluss die Ehe - rechtskräftig seit dem 21. Juli 2011 - geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Ferner hat es dem Folgeantrag der Antragsgegnerin, den Antragsteller zu verpflichten, ihr einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 857,50 € zu zahlen, teilweise stattgegeben und der Antragsgegnerin einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 555,35 € befristet bis einschließlich Dezember 2014 zugesprochen. Auf ihre Beschwerde hat das Oberlandesgericht den Beschluss teilweise abgeändert und ihr antragsgemäß Unterhalt zugesprochen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
6
1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts hat die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB in der beantragten Höhe, der zurzeit nicht der Begrenzung nach § 1578 b BGB unterliege.
7
Zur Feststellung der maßgeblichen Einkommensverhältnisse der Beteiligten sei auf den Zeitraum von einem Jahr vor der Rechtskraft der Ehescheidung abzustellen (1. Juli 2010 bis 30. Juni 2011). Dies gelte insbesondere, weil ein weiter zurückliegender Zeitraum auch dadurch gekennzeichnet gewesen sei, dass der Ehemann aufgrund seiner Erkrankung nur ein niedrigeres Einkommen habe erwirtschaften können, was jedoch letztendlich nicht als eheprägend angesehen werden könne. Die monatlich gezahlten Leistungszulagen, die Jahressonderzahlung wie auch die gewährten jährlichen Prämien (Leistungsprämie und erfolgsabhängige Prämie) seien für den unterhaltspflichtigen Antragsteller übliche Einkommensbestandteile und damit bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens zu berücksichtigen. Die Arbeit in dem Schichtdienst habe die Ehe der Beteiligten geprägt.
8
Die gezahlten Zulagen und Prämien seien nicht auf drei Jahre zu verteilen , weil es sich um jährliche Zuwendungen handele, die der Arbeitgeber in der Vergangenheit auch jeweils erbracht habe. Soweit das Amtsgericht die steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit nur zu zwei Dritteln in die Unterhaltsberechnung eingestellt habe, sei dies nicht zu beanstanden.
9
Es ergebe sich im Ergebnis ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 3.865,14 €. Hiervon sei neben den Fahrtkosten von 201,66 € auch der bislang monatlich gezahlte Unterhalt für den volljährigen Sohn von 400 € abzuziehen. Damit betrage das Nettoeinkommen des Antragstellers 3.263,48 €. Hierzu sei die durchschnittliche monatliche Steuererstattung in Höhe von 376,74 € hinzuzurechnen. Der Antragsteller könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die im Vergleich zu den Vorjahren deutlich höhere Erstattung beruhe auf außergewöhnlichen Belastungen, die der Antragsgegnerin nicht zugutekommen dürften. Worin diese außergewöhnlichen Belastungen bestanden hätten , habe der Antragsteller nicht dargelegt. Es spreche jedoch sehr viel dafür, dass es sich um eine Belastung aus Realsplitting handele, hier also Unterhaltszahlungen an die damals getrennt lebende Ehefrau und/oder das Kind berücksichtigt worden seien. Da der Antragsteller auch weiterhin Unterhalt an die Antragsgegnerin zu leisten habe, sei für die Prognose seiner künftigen Einkünfte davon auszugehen, dass entsprechende Steuervorteile weiterhin erlangt würden bzw. werden könnten. Nach alledem verbleibe dem Antragsteller nach Abzug des Erwerbstätigensiebtels ein Nettoeinkommen von monatlich 3.097,05 €.
10
Demgegenüber belaufe sich das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen der Antragsgegnerin aus einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden nebst Überstunden unter Berücksichtigung ihrer Fahrtkosten, der anteiligen monatlichen Steuererstattung und des Abzugs des Erwerbstätigensiebtels auf 1.223,89 €. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sie jedenfalls seit November 2010 eine erhebliche Anzahl von Überstunden geleistet habe, und zwar monatlich zwischen 19 und 21 Stunden, die gesondert vergütet worden seien. Für die Zeit ab November 2010 habe sie mithin mindestens in Vollzeit gearbeitet.
11
Hinsichtlich des vorangegangenen Zeitraums komme eine fiktive Zurechnung weiteren Einkommens nicht in Betracht. Es könne nicht unterstellt werden, dass es der Antragsgegnerin möglich gewesen wäre, bei demselben Arbeitgeber einen Vertrag mit einer höheren Arbeitszeit zu erlangen. Bei einer Vollzeittätigkeit in ihrem erlernten Beruf als Bauzeichnerin betrage der mögliche Verdienst nach einer Internetrecherche 1.914 €, während sie für ihre Teilzeittätigkeit im öffentlichen Dienst Bruttobezüge von 1.980,27 € erhalte. Deshalb sei sie ihrer Obliegenheit zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit in vollem Umfang nachgekommen.
12
Nach alledem ergebe sich ein rechnerischer Unterhaltsanspruch von 936,58 € (3.097,05 € + 1.223,89 € = 4.320,94 €/2 = 2.160,47 € abzüglich eigener Einkünfte i.H.v. 1.223,89 €). Die Antragsgegnerin habe einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 857,50 € beantragt, der mithin zuzusprechen sei.
13
Die Voraussetzungen einer Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB lägen derzeit nicht vor. Der Behauptung des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe keine ehebedingten Nachteile erlitten, habe sie entgegengesetzt , der Arbeitsplatzwechsel habe der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie gedient. Da der neue Arbeitsort näher am Wohnort gelegen und besser erreichbar gewesen sei, was der Antragsteller bei seiner persönlichen Anhörung eingeräumt habe, habe sie anlässlich der bevorstehenden Einschulung der Tochter J. diese besser betreuen können. Ohne den Arbeitsplatzwechsel hätte das Kind mit Schulbeginn sowohl den Frühhort als auch den Nachmittagshort besuchen müssen. Andere Gründe für den Arbeitsplatzwechsel hätten nicht vorgelegen. Insbesondere sei zum damaligen Zeitpunkt noch nicht absehbar gewesen, wie sich die erst bevorstehende wirtschaftliche Wende auf den Betrieb auswirken werde. Von bestehenden Ängsten betreffend den Bestand des Arbeitsplatzes im Kraftwerksbereich habe keine Rede sein können.
14
Dieses Vorbringen der Antragsgegnerin sei für sich genommen schlüssig. Auch wenn die Antragsgegnerin zuletzt bei ihrem früheren Arbeitgeber lediglich in Frühschicht gearbeitet habe, so sei doch eine bessere Versorgung und Betreuung der Kinder gewährleistet, wenn sich der Weg von und zur Arbeit deutlich verkürze. Nicht nur eine Aufgabe des Arbeitsplatzes zugunsten einer vollständigen Kinderbetreuung durch einen Ehepartner stelle eine ehebedingte Entscheidung dar, die sich auf das berufliche Fortkommen auswirke, sondern auch eine sonstige Veränderung des Arbeitsplatzes, die aus Gründen geschehe , die der Familie dienten.
15
Es stehe außer Frage, dass die Antragsgegnerin durch den Wechsel des Arbeitsplatzes erhebliche berufliche Nachteile erlitten habe. Während der berufliche Werdegang der Antragsgegnerin seit März 1990 von Brüchen gekennzeichnet gewesen sei, sei die Zeit davor von großer beruflicher Stabilität und Kontinuität sowie einem Aufstieg in Tätigkeit und Bezahlung geprägt gewesen.
16
Die Erklärung der Antragsgegnerin könne der Antragsteller auch nicht widerlegen. Es könne nicht unterstellt werden, die Erwerbsbiografie der Antragsgegnerin habe sich allein "wendebedingt" ungünstig entwickelt. Auf die Behauptung, der Antragsteller sei mit der Entscheidung zum Arbeitsplatzwechsel nicht einverstanden gewesen, komme es nicht an; die Partner hätten nach der Kündigung des Arbeitsplatzes und der Aufnahme einer neuen beruflichen Tätigkeit durch die Ehefrau noch weitere 19 Jahre zusammengelebt und auf der Basis dieser Entscheidung gewirtschaftet. Die berufliche Umorientierung habe somit im Zusammenhang mit der praktizierten Ehegestaltung gestanden. Dass der Wechsel der Arbeitsstelle ausschließlich auf Gründen beruht habe, die außerhalb der Ehegestaltung gelegen hätten, lasse sich nicht feststellen. Dies wirke sich zu Lasten des Antragstellers aus.
17
Berücksichtige man zusätzlich die lange Dauer der Ehe (25 Jahre), so sei vom Fortbestehen ehebedingter Nachteile auszugehen, die einer Befristung entgegenstünden. Da nicht absehbar sei, ob und gegebenenfalls wann diese Nachteile ausgeglichen sein könnten, könne eine Befristung des nachehelichen Unterhalts nicht ausgesprochen werden.
18
Auch eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs komme nicht in Betracht. Die Antragsgegnerin könne ohne die ehebedingten Nachteile ein Einkommen erzielen, das den eheangemessenen Bedarf mindestens erreichte. Aufgrund der Erwerbsbiografie der Antragsgegnerin könne davon ausgegangen werden, dass sie ohne Kinder und ohne Ehe ihre berufliche Tätigkeit weiter so wahrgenommen hätte, wie dies vor der Geburt ihrer Kinder der Fall gewesen sei. Die Antragsgegnerin habe damals im Schichtdienst gearbeitet und sich ständig fortgebildet. Sie sei entsprechend befördert worden, was mit einer fortschreitend guten Lohnentwicklung einhergegangen sei. Sie habe behauptet, ohne ehebedingte Nachteile hätte sie denselben Arbeitsplatz erreichen können wie der Antragsteller. Davon sei aufgrund einer Würdigung gemäß § 287 ZPO bei aller gebotenen Vorsicht hinsichtlich einer hypothetischen Entwicklung auch auszugehen. Da beide Ehepartner in der Frühphase der Ehe und vor der Geburt der Kinder erhebliche Anstrengungen unternommen hätten, um sich beruflich fortzuentwickeln, müsse zugunsten der Antragsgegnerin angenommen werden, dass sie dieses Verhalten ohne ehebedingte Nachteile auch weiterhin an den Tag gelegt hätte. Selbst wenn sie nicht genau dieselben Einkommensverhältnisse hätte erreichen können, wie sie der Antragssteller erreicht habe, so könne doch davon ausgegangen werden, dass sie jedenfalls ein Einkommen hätte erwirtschaften können, wie es ihrem eheangemessenen Bedarf von rund 2.160 € netto entspreche.
19
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
20
a) Die Ermittlung der Höhe des Aufstockungsunterhaltsanspruchs nach § 1573 Abs. 2 BGB ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
21
aa) Dies gilt zunächst für die Ermittlung des durchschnittlichen unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens des Antragstellers.
22
(1) Bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens aus abhängiger Arbeit ist grundsätzlich das zuletzt erwirtschaftete Jahreseinkommen zugrunde zu legen. Dabei können auch die Gehaltsabrechnungen für die letzten zwölf Monate herangezogen werden. Dies empfiehlt sich insbesondere dann, wenn seit Beendigung des letzten Kalenderjahres nicht unerhebliche Änderungen des relevanten Einkommens eingetreten sind (Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 69).
23
Als Arbeitseinkommen des Unterhaltspflichtigen sind regelmäßig alle Leistungen anzusehen, die im Hinblick auf das Arbeits- oder Dienstverhältnis erbracht werden. Überstundenvergütungen im Rahmen des Üblichen gehören ebenso dazu wie Prämien, Zulagen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie sonstige Nebeneinnahmen (Senatsurteil vom 23. Dezember 1981 - IVb ZR 604/80 - FamRZ 1982, 250, 251 mwN; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 74).
24
Auch Zuschläge für Schicht-, Nacht-, Feiertags- und Sonntagsarbeit sind in der Regel voll anzurechnen, wenn sie berufstypisch sind und entweder in geringem Umfang anfallen oder zumindest das im Beruf des Pflichtigen übliche Maß nicht übersteigen (Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 86 mwN).
25
(2) Gemessen hieran sind die vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen zur Bemessung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens des Antragstellers im Ergebnis nicht zu beanstanden.
26
(a) Vor allem ist nichts dagegen zu erinnern, dass das Beschwerdegericht davon abgesehen hat, das durchschnittliche Einkommen des Antragstellers im Kalenderjahr 2010 zugrunde zu legen. Insoweit hat das Oberlandesgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser Zeitraum unter anderem dadurch gekennzeichnet war, dass der Antragsteller aufgrund seiner - vorübergehenden - Erkrankung nur ein niedrigeres Einkommen erwirtschaften konnte.
27
Ebenso wenig ist etwas dagegen einzuwenden, dass das Beschwerdegericht bei der Ermittlung des Einkommens die vom Arbeitgeber des Antragstellers erbrachten Zulagen, die Jahressonderzahlung, die Jahresprämien sowie die steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit zugrunde gelegt hat. Es hat hierzu festgestellt, dass diese Vergünstigungen übliche Einkommensbestandteile dargestellt bzw. die Ehe der Beteiligten geprägt hätten.
28
Dass das Beschwerdegericht die Zulagen und Prämien nicht auf drei Jahre umgelegt hat, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts handelt es sich insoweit um jährliche Zuwendungen, die der Arbeitgeber auch in den vergangenen Jahren jeweils geleistet hat.
29
Soweit die Rechtsbeschwerde meint, das Beschwerdegericht habe seiner Einkommensberechnung eine einmalige Prämie zugrunde gelegt, findet das in der angefochtenen Entscheidung keine Grundlage. Zwar hatte das Amtsgericht für den Zeitraum von Juli 2009 bis Juni 2010 noch eine tarifliche Einmalzahlung von 899,35 € in Höhe eines Drittels in seine Einkommensermittlung eingestellt. Demgegenüber hat das Beschwerdegericht eine solche Zahlung, die in dem von ihm zugrunde gelegten Zeitraum (Juli 2010 bis Juni 2011) ersichtlich nicht erfolgt war, seinen Berechnungen nicht zugrunde gelegt, was sich ausschließlich zugunsten des Antragstellers auswirkt. Soweit die Rechtsbeschwerde darauf abstellt, dass das vom Amtsgericht ermittelte durchschnittliche Einkommen des Antragstellers deutlich geringer ausgefallen sei, hat sie nicht hinreichend beachtet, dass der Antragsteller nach den Feststellungen des Be- schwerdegerichts von Oktober 2009 bis März 2010 lediglich Krankengeld bezogen hatte.
30
Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht nach dem so genannten In-Prinzip die Steuererstattung auf den von ihm zugrunde gelegten Beurteilungszeitraum umgelegt hat (vgl. Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 1011).
31
(b) Allerdings liegt der Berechnung des Beschwerdegerichts ein Rechenfehler zugrunde, der den Antragsteller als Rechtsbeschwerdeführer jedoch nicht beschwert. Das Beschwerdegericht ist bei einem durchschnittlichen Nettoeinkommen von 3.865,14 € nach Abzug der Fahrtkosten von 201,67 € und des Unterhalts für das volljährige Kind von 400 € sowie unter Hinzurechnung der monatlichen durchschnittlichen Steuererstattung von 376,74 € zu einem monatlichen bereinigten Nettoeinkommen von 3.613,22 € gelangt. Tatsächlich beläuft sich die Summe auf 3.640,21 €.
32
bb) Im Übrigen wird die Unterhaltsberechnung von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen. Sie ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden, auch soweit das Beschwerdegericht von der Zurechnung fiktiven Einkommens zu Lasten der Antragsgegnerin abgesehen hat.
33
b) Dass das Beschwerdegericht eine Begrenzung des Unterhalts nach § 1578 b BGB gegenwärtig abgelehnt hat, hält ebenfalls rechtlicher Überprüfung stand.
34
aa) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder - nach der am 1. März 2013 in Kraft getretenen Neufassung des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB - eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre (siehe § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB in der Fassung von Art. 3 des Gesetzes zur Durchführung des Haager Übereinkommens vom 23. November 2007 über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen sowie zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des internationalen Unterhaltsverfahrensrechts und des materiellen Unterhaltsrechts vom 20. Februar 2013 BGBl. I S. 273 - vgl. BTDrucks. 17/11885 und BR-Drucks. 9/13). Nachteile i.S.d. Satzes 2 können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB nF).
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(1) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b Abs. 1 BGB die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b BGB nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit aber bis auf den ehebedingten Nachteil her- abgesetzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt, was freilich voraussetzt, dass der eheangemessene Bedarf den angemessenen Lebensbedarf übersteigt. Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz aus den beiden Positionen ergibt den ehebedingten Nachteil (Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 22 f.).
36
(2) Ehebedingte Nachteile sind vor allem Erwerbsnachteile, die durch die von den Ehegatten praktizierte Rollenverteilung während der Ehe entstanden sind. Sie können sich ergeben, wenn ein Ehegatte sich entschließt, seinen Arbeitsplatz aufzugeben, um die Haushaltsführung und Kinderbetreuung zu übernehmen. Ab welchem Zeitpunkt die Rollenverteilung praktiziert wird, ist nicht von Bedeutung. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob die Ehegatten die Rollenverteilung zu Beginn der Ehe, bei der ehelichen Geburt eines Kindes oder erst später planten und praktizierten (Senatsurteil vom 16. Februar 2011 - XII ZR 108/09 - FamRZ 2011, 628 Rn. 18). Nach der Gesetzesformulierung kommt es vielmehr darauf an, ob sich die Nachteile (vor allem) aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes oder aus der Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB). Somit ist auf die tatsächliche Gestaltung von Kinderbetreuung und Haushaltsführung abzustellen, weshalb der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht einwenden kann, dass er den Unterhaltsberechtigten während der Ehe zur Berufstätigkeit angehalten habe (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 2011 - XII ZR 108/09 - FamRZ 2011, 628 Rn. 20 mwN). Ein Nachteil ist nur dann nicht ehebedingt, wenn die Ehegestaltung für den Erwerbs- nachteil nicht ursächlich geworden ist. Das wäre der Fall, wenn der Unterhaltsberechtigte seinen Arbeitsplatz ausschließlich aus Gründen aufgegeben oder verloren hätte, die außerhalb der Ehegestaltung liegen, so etwa aufgrund einer von ihm persönlich beschlossenen beruflichen Neuorientierung oder wegen einer betriebs- oder krankheitsbedingten Kündigung seitens des Arbeitgebers (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 2011 - XII ZR 108/09 - FamRZ 2011, 628 Rn. 22).
37
(3) Der Unterhaltspflichtige, der sich auf eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts beruft, trägt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der hierfür sprechenden Tatsachen. In die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltspflichtigen fällt deshalb grundsätzlich auch der Umstand, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile im Sinne des § 1578 b BGB entstanden sind. Die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast erfährt jedoch eine Erleichterung nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen. Nach diesen Grundsätzen trifft den Unterhaltsberechtigten eine sekundäre Darlegungslast, die im Rahmen von § 1578 b BGB zum Inhalt hat, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (Senatsurteil vom 11. Juli 2012 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 40). Dabei kann sich der Unterhaltsberechtigte im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch des Hinweises auf vergleichbare Karriereverläufe bedienen, um sein Vorbringen zu den seinerzeit vorhandenen beruflichen Entwicklungschancen plausibel zu machen (Senatsurteil vom 11. Juli 2012 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 42; vgl. auch Senatsurteil vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 - FamRZ 2012, 93 Rn. 24).
38
bb) Gemessen hieran begegnet die Auffassung des Beschwerdegerichts, dass derzeit die Voraussetzungen für eine Begrenzung nach § 1578 b BGB - namentlich wegen des vorliegenden ehebedingten Erwerbsnachteils - nicht vorliegen, keinen Bedenken.
39
(1) Das Beschwerdegericht hat im Einzelnen dargetan, warum die Antragsgegnerin wegen ihres Arbeitsplatzwechsels im Jahre 1990 erhebliche Einkommensnachteile erlitten hat. Es hat in aus Rechtsgründen nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass die Antragsgegnerin ihrer sekundären Darlegungslast gerecht geworden ist. Dabei hat es maßgeblich auf ihren Vortrag abgestellt , wonach sie einen wohnortnahen Arbeitsplatz habe aufnehmen wollen, um ihre Erwerbstätigkeit besser mit der Betreuung des nunmehr schulpflichtigen Kindes vereinbaren zu können.
40
Auch die Würdigung des Beschwerdegerichts, dass der Antragsteller es nicht vermocht hat, diesen Vortrag der Antragsgegnerin zu widerlegen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Seine Behauptung, die Antragsgegnerin habe nur aus Angst vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes gehandelt, hat das Beschwerdegericht im Ergebnis zu Recht als nicht hinreichend substantiiert angesehen , zumal der Antragsteller schon nicht dargelegt hat, warum die Antragsgegnerin in eine ausbildungsfremde und noch dazu deutlich schlechter bezahlte Beschäftigung hätte wechseln sollen, wenn nicht Gründe der Kinderbetreuung dies erforderten.
41
Bereits nach den insoweit getroffenen Feststellungen kann nicht von einem Beschäftigungswechsel ausgegangen werden, dem allein eine von der Antragsgegnerin persönlich beschlossene berufliche Neuorientierung zugrunde lag. Dem Vorliegen eines damit einhergehenden ehebedingten Nachteils steht auch nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin nach dem Arbeitsplatzwechsel weiterhin Vollzeit beschäftigt war, also nicht ganz oder teilweise in eine Hausfrauenrolle gewechselt ist. Denn unter Berücksichtigung ihres - vom Antragsteller nicht widerlegten - Vortrages ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin ihre Erwerbstätigkeit umgestaltet hat, um die Tochter besser betreuen zu können. Die aus einer solchen Fallkonstellation entstehenden Erwerbsnachteile fallen ebenso unter den Schutz des § 1578 b BGB wie die durch eine Arbeitsplatzaufgabe bedingten. Denn in beiden Fällen sind die Nachteile letztlich der Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse geschuldet.
42
Schließlich ist das Beschwerdegericht zu Recht davon ausgegangen, dass es auf die Behauptung des Antragstellers, er sei mit der Entscheidung zum Arbeitsplatzwechsel nicht einverstanden gewesen, nicht ankomme (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 2011 - XII ZR 108/09 - FamRZ 2011, 628 Rn. 20 mwN).
43
(2) Die Annahme des Beschwerdegerichts, wonach die Antragsgegnerin ohne ehebedingten Nachteil den gleichen Arbeitsplatz wie der Antragsteller hätte besetzen, jedenfalls aber ein Einkommen hätte erwirtschaften können, wie es ihrem eheangemessenen Bedarf von 2.160 € netto entspreche, ist ebenfalls von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
44
Nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen haben die Beteiligten, die bis zum Arbeitsplatzwechsel der Antragsgegnerin im selben Kraftwerk gearbeitet haben, über dieselbe Ausbildung verfügt und in der Frühphase der Ehe erhebliche Anstrengungen unternommen, um sich beruflich fortzuentwickeln. Ausweislich der - vom Oberlandesgericht in Bezug genommenen - Feststellungen des Amtsgerichts hat die Antragsgegnerin "zu DDR- Zeiten" bis zur Aufgabe ihres Arbeitsplatzes Ende Februar 1990 ein gleich hohes , zeitweise sogar höheres Einkommen erzielt als der Antragsteller. Nach den weiteren Feststellungen des Beschwerdegerichts hatte sich die Antragsgegnerin seinerzeit ständig fortgebildet und ist entsprechend befördert worden. Wenn das Beschwerdegericht bei dieser Sachlage das aktuelle Einkommen des Antragstellers, der noch immer in dem Kraftwerk arbeitet, im Ergebnis unter dem Gesichtspunkt eines vergleichbaren Karriereverlaufs als Maßstab heranzieht , ist dies von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Hinzu kommt, dass sich der Bedarf der Antragsgegnerin nach § 1578 BGB lediglich auf 2.160 € beläuft und damit deutlich niedriger ist, als das vom Antragsteller bezogene Nettoeinkommen von weit über 3.000 €.
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(3) Ebenso wenig ist etwas dagegen zu erinnern, dass das Beschwerdegericht bei seiner Entscheidung zusätzlich die lange Dauer der Ehe von 25 Jahren berücksichtigt hat (vgl. § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aF und § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB in der seit 1. März 2013 geltenden Fassung).
46
cc) Es ist schließlich auch folgerichtig, dass das Beschwerdegericht auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen eine Herabsetzung des Unterhalts gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB abgelehnt hat.
47
Zu Recht hat das Oberlandesgericht ausgeführt, dass gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB der Unterhalt nur bis zum angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt werden kann. Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b Abs. 1 BGB die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhaltes bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Deswegen ist Voraussetzung für eine Herabsetzung, dass der eheangemessene Bedarf nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB den ange- messenen Lebensbedarf gemäß § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB übersteigt. Nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Beschwerdegerichts ist das hier jedoch nicht der Fall. Vielmehr entspricht der angemessene Lebensbedarf hier auch (mindestens) dem eheangemessenen Lebensbedarf, so dass kein Raum für eine Herabsetzung nach § 1578 b Abs. 1 BGB bleibt.
Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
AG Cottbus, Entscheidung vom 05.04.2011 - 51 F 317/09 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 17.11.2011 - 9 UF 115/11 -
35
aa) Das vom Unterhaltsberechtigten aufgrund der aktuellen Gegebenheiten erzielbare Einkommen ist bereits im Rahmen der Bedürftigkeit zu überprüfen , welche vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und zu beweisen ist (Senatsurteile BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 25; vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 42 und vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 62). Hierfür gelten dieselben Kriterien wie für die Obliegenheit zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nach § 1574 BGB. Wer die Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit unterlässt, muss sich das daraus erzielbare Einkommen im Rahmen der Prüfung der Bedürftigkeit nach § 1577 Abs. 1 BGB fiktiv zurechnen lassen (Hoppenz FamRZ 2010, 541).
26
bb) Allerdings folgt aus dem Begriff der "Angemessenheit" des Lebensbedarfs in § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB zugleich, dass es sich um einen Bedarf handeln muss, der das Existenzminimum mindestens erreicht. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass dieser Bedarf dem in den Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen notwendigen Selbstbehalt eines nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldners von 770 € (seit dem 1. Januar 2013: 800 €) entspricht, und zwar auch dann, wenn von dem Unterhaltsgläubiger noch eine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. Denn der darüber hinausgehende notwendige Selbstbehalt eines erwerbstätigen Unterhaltsschuldners schließt einen Erwerbsanreiz ein, der aufseiten des Unterhaltsgläubigers keine Berechtigung hat (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 33; vgl. auch Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123/08 - FamRZ 2010, 444 Rn. 18 zum Mindestbedarf beim Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB). Diesen Bedarf kann auch ein im Hinblick auf die Eheschließung in Deutschland ansässig gewordener Ehegatte als Mindestbedarf verteidigen, weil der unterhaltspflichtige Ehegatte ihn nicht auf eine Rückkehr in sein Heimatland und deshalb nicht darauf verweisen kann, dass sein Existenzminimum unter den dortigen wirtschaftlichen Bedingungen gesichert werden könnte.

(1) Dem geschiedenen Ehegatten obliegt es, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben.

(2) Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht, soweit eine solche Tätigkeit nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Bei den ehelichen Lebensverhältnissen sind insbesondere die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen.

(3) Soweit es zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich ist, obliegt es dem geschiedenen Ehegatten, sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, wenn ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist.

(1) Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann.

(2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§§ 1578 und 1578b) leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht.

(3) Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

(4) War zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu erwarten, dass der Unterhalt des Berechtigten aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg, so besteht kein Anspruch auf Unterhalt. Dies gilt nicht, wenn im Zeitpunkt des Vermögenswegfalls von dem Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 148/10 Verkündet am:
20. Februar 2013
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die geraume Zeit vor Eheschließung aufgenommene Betreuung eines gemeinsamen
Kindes und eine damit verbundene Aufgabe des Arbeitsplatzes begründen
keinen ehebedingten Nachteil.

b) Ein ehebedingter Nachteil kann sich allerdings aus der Fortsetzung der Kinderbetreuung
nach der Eheschließung ergeben, soweit ein Ehegatte mit Rücksicht auf
die eheliche Rollenverteilung und die Kinderbetreuung während der Ehe auf die
Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verzichtet. Demgegenüber haben Erwerbsnachteile
, die bei dem betreuenden Elternteil bereits infolge der Geburt des Kindes
oder durch die in der Zeit vorehelicher Kinderbetreuung getroffenen beruflichen
Dispositionen endgültig eingetreten sind und nicht mehr ausgeglichen werden
können, weiterhin keine ehebedingten Ursachen (Fortführung des Senatsurteils
vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776).
BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - XII ZR 148/10 - OLG Karlsruhe
AG Lörrach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Februar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Antragsgegners wird das Urteil des 5. Zivilsenats - Senat für Familiensachen in Freiburg - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. September 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zum Nachteil des Antragsgegners erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
2
Die 1959 geborene Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und der 1962 geborene Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) heirateten am 17. September 1993, nachdem sie zuvor in nichtehelicher Partnerschaft zusammengelebt hatten. Aus ihrer Verbindung entstammt ein am 28. Mai 1991 geborener und mittlerweile wirtschaftlich selbständig gewordener Sohn. Die Parteien trennten sich im Mai 2005. Ihre Ehe wurde auf einen am 10. Juni 2006 zugestellten Scheidungsantrag durch Urteil des Amtsgerichts vom 20. Januar 2009 geschieden, das hinsichtlich des Scheidungsausspruchs seit Mai 2009 rechtskräftig ist.
3
Die Ehefrau durchlief in der ehemaligen DDR eine Ausbildung zur Facharbeiterin für Betriebs- und Verkehrsdienst bei der Deutschen Reichsbahn. Nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes im Jahre 1991 gab sie ihre bis dahin innegehabte Stellung als Bahnfacharbeiterin auf und übte anschließend bis zum Jahre 1995 keine Beschäftigung mehr aus. Zwischen 1995 und 1997 absolvierte die Ehefrau eine Umschulung zur Familienpflegerin; im Anschluss daran war sie in verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen - auch im pflegerischen Bereich - erwerbstätig. Im Sommer 2007 wurde bei der Ehefrau eine Epilepsie diagnostiziert, die in der Folgezeit zu einer längeren Arbeitsunfähigkeit führte. Seit Mai 2009 ist die Ehefrau im zeitlichen Umfang einer dreiviertel Stelle als Pflegehelferin tätig; das monatliche Nettoeinkommen aus ihrer teilschichtigen Tätigkeit beträgt rund 932 €.
4
Der Ehemann ist als Lehr-Lokomotivführer für eine private Eisenbahngesellschaft tätig; sein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen beträgt rund 1.598 €.
5
Im Scheidungsverbund hat das Amtsgericht den Ehemann dazu verurteilt , der Ehefrau einen unbefristeten monatlichen Nachscheidungsunterhalt von insgesamt 377,92 € (davon 75,48 € Altersvorsorgeunterhalt) zu zahlen. Auf die dagegen gerichtete Berufung des Ehemannes hat das Oberlandesgericht die Entscheidung abgeändert und den Ehemann unter Berücksichtigung geleisteter Zahlungen nur noch für verpflichtet gehalten, der Ehefrau seit Oktober 2010 einen monatlichen Gesamtunterhalt in Höhe von 232 € (davon 47 € Altersvorsorgeunterhalt ) zu zahlen; eine Befristung des Unterhaltsanspruchs hat das Oberlandesgericht abgelehnt.
6
Hiergegen wendet sich die zugelassene Revision des Ehemannes, der weiterhin eine vollständige Zurückweisung des Unterhaltsbegehrens der Ehefrau , hilfsweise eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs erstrebt.

Entscheidungsgründe:

7
Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis zum 31. August 2009 geltende Prozessrecht anzuwenden, weil das Verfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).

I.

9
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Ehefrau für die Zeit zwischen Mai 2009 und September 2010 kein Unterhalt mehr zustehe, weil der sich in diesem Zeitraum rechnerisch ergebende Unterhaltsanspruch durch die in der Vergangenheit bereits geleisteten Zahlungen des Ehemannes erloschen sei. Es ist ferner davon ausgegangen, dass sich die Ehefrau für den Zeitraum seit Oktober 2010 ein fiktives Einkommen aus einer Vollzeittätigkeit als Pflegehelferin zurechnen lassen müsse, und es hat mit dieser Maßgabe für die Ehe- frau nach Bereinigung der beiderseitigen Einkünfte um eine Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen, Gewerkschaftsbeiträge sowie um einen Erwerbstätigenbonus einen Unterhaltsanspruch in Höhe von 232 € (185 € Elementarunterhalt zuzüglich 47 € Altersvorsorgeunterhalt) ermittelt.
10
Das Berufungsgericht vertritt die Ansicht, dass dieser Anspruch weder zeitlich zu begrenzen noch herabzusetzen sei. Insoweit hat das Oberlandesgericht seine Entscheidung, die auszugsweise in FamRZ 2011, 818 veröffentlicht ist, im Wesentlichen wie folgt begründet:
11
Eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs komme nicht in Betracht. Die Ehefrau habe ehebedingte Nachteile erlitten. Sie habe mit Rücksicht auf die Ehe in ihrem beruflichen Fortkommen Einschränkungen hingenommen, die auch künftig nicht mehr ausgeglichen werden könnten. Sie habe ihren Beruf als Bahnfacharbeiterin aufgegeben, um das gemeinsame Kind der Parteien zu betreuen und während intakter Ehe eine Umschulung zur Familienpflegerin absolviert. Angesichts der nunmehr sechzehnjährigen Berufspause, in der sich der Übergang von der Deutschen Reichsbahn zur Deutschen Bahn AG sowie ein erheblicher technologischer Wandel vollzogen hätten, könne sie mangels ausreichender Qualifikationen nicht mehr in ihren Ausbildungsberuf zurückkehren und auch nicht mehr an das dort gebotene Einkommensniveau anknüpfen. In ihrem neuen Beruf könne die Ehefrau bei unterstellter Vollzeittätigkeit monatlich 1.472 € brutto erzielen. Demgegenüber ergebe sich aus dem Versicherungsverlauf ihrer Versorgungsauskunft, dass sie bereits zwischen Juli und Dezember 1990 als Bahnfacharbeiterin ein monatliches Bruttoeinkommen von 1.774 € erzielt habe.
12
Hiergegen könne der Ehemann nicht einwenden, dass die Ehefrau ohne die Ehe heute nicht mehr als Bahnfacharbeiterin, sondern allenfalls als Kun- denbetreuerin arbeiten und dabei kein höheres Einkommen als eine Familienhelferin erzielen könnte. Diese Feststellung, für die der Ehemann darlegungsund beweispflichtig sei, könne nicht getroffen werden. Beide Parteien hätten eine ähnliche Berufsausbildung, ursprünglich bei dem gleichen Arbeitgeber gearbeitet und vor der Geburt des gemeinsamen Sohnes Einkünfte in vergleichbarer Höhe bezogen. Der Ehemann arbeite noch heute im Ausbildungsberuf und erziele dabei ein monatliches Bruttoeinkommen von 2.360 €. Bei dieser Situation sprächen keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass sich die Ehefrau ohne die Ehe beruflich verschlechtert hätte. Solche Anhaltspunkte ließen sich auch nicht daraus gewinnen, dass die Umschulung zur Familienhelferin möglicherweise nicht aus einer seinerzeitigen beruflichen Notwendigkeit, sondern aus Neigung erfolgt sei. Ein solcher Zusammenhang sei schon nicht bewiesen, zumal der Ehemann selbst nicht behaupte, dass eine Tätigkeit als Bahnfacharbeiterin im Schichtdienst mit der Betreuung des seinerzeit vierjährigen Sohnes vereinbar gewesen sei. Zudem könnten aus der gemeinsamen und während intakter Ehe getroffenen Entscheidung zur Umschulung keine Nachteile für die Ehefrau erwachsen.
13
Das Vorliegen ehebedingter Nachteile sei auch nicht deshalb zu verneinen , weil der gemeinsame Sohn der Parteien schon mehr als zwei Jahre vor der Eheschließung geboren sei. Durch die Eheschließung mit der Mutter seines Kindes habe der Ehemann die Verantwortung für Mutter und Kind als eheliche Verantwortung in der Form übernommen, wie er die Mutter im Zeitpunkt der Hochzeit angetroffen habe, nämlich mit Erwerbsnachteilen aufgrund der Geburt des gemeinsamen Kindes. § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB unterscheide den dort definierten Nachteil nicht danach, ob das gemeinschaftliche Kind aus der Ehe hervorgegangen sei oder nicht. Die voreheliche Geburt eines gemeinschaftlichen Kindes gehöre - anders als etwa eine voreheliche Erkrankung - nicht zu solchen "Schadensanlagen", die aus der nachehelichen Solidarität herausge- nommen werden könnten. Zudem habe die Geburt eines Kindes, auch wenn diese vorehelich erfolgt sei, regelmäßig unmittelbare Auswirkungen auf die in der Ehe gewählte Rollenverteilung. Die aus dieser Rollenverteilung resultierenden Erwerbsnachteile des betreuenden Elternteils träten in der Ehe jederzeit wieder neu auf und seien deshalb als ehebedingt zu verstehen. Der betreuende Elternteil, der im Vertrauen auf die Ehe und die in der Ehe gegenseitig geschuldete Solidarität solche Erwerbsnachteile aufgrund der gewählten Rollenverteilung auf sich nehme, dürfe darauf vertrauen, dass er diejenigen Nachteile, die ihm auch nachehelich verbleiben, nicht allein tragen müsse. Schließlich sei im vorliegenden Einzelfall durch die während intakter Ehe einvernehmlich getroffene Entscheidung der Parteien, dass die Ehefrau eine Umschulung zur Familienhelferin absolvieren solle, eine weitere Nachteilsursache gesetzt worden. Denn der neue Beruf habe der Ehefrau nur geringere Erwerbsmöglichkeiten geboten.
14
Auch eine Herabsetzung des Unterhalts komme nicht in Betracht, weil hier mit dem Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen in der Sache lediglich ein Nachteilsausgleich bewirkt werde. Um aus eigener Kraft ihren Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestreiten zu können, müsste die Ehefrau ein Bruttoeinkommen in Höhe von rund 1.900 € erzielen. Der Unterschied zwischen dem heute zur Bedarfsdeckung erforderlichen Bruttoeinkommen (1.900 €) und dem im Jahre 1990 erzielten Einkommen (1.774 €) betrage lediglich 126 €. Es sei davon auszugehen, dass die Ehefrau ohne die Ehe und die ehebedingten Nachteile eine Erhöhung ihres Bruttoeinkommens in mindestens dieser Höhe erzielt hätte, was auch der Vergleich mit der Einkommensentwicklung auf Seiten des Ehemannes verdeutliche.

II.

15
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
16
Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt - hier der vom Berufungsgericht zugesprochene Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) - ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen , wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes , aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
17
1. Die geraume Zeit vor Eheschließung (hier: rund zweieinhalb Jahre) aufgenommene Betreuung eines gemeinsamen Kindes kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keinen "ehebedingten" Erwerbsnachteil begründen.
18
Die gesetzliche Regelung stellt in § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB darauf ab, inwiefern "durch die Ehe" Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Auch die Nachteile gemäß § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB, die infolge der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes entstanden sind, beziehen sich auf "solche Nachteile", d.h. durch die Ehe entstandene Nachteile und zudem auf die Kindererziehung "während der Ehe". Auch wenn damit nicht ausgeschlossen ist, dass noch durch die nacheheliche Kinderbetreuung Nachteile entstehen oder vergrößert werden können, ist jedenfalls eine über einen längeren Zeitraum praktizierte voreheliche Kinderbetreuung davon nicht erfasst (Senatsurteil vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776 Rn. 19). Ebenso wenig vermögen die längere Zeit vor der Eheschließung getroffenen beruflichen Dispositionen des späteren Ehegatten für ihn einen ehebedingten Nachteil zu begründen, und zwar auch dann nicht, wenn diese unmittelbar durch das voreheliche Zusammenleben veranlasst worden waren (vgl. Senatsurteile vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 25 und vom 2. Februar 2011 - XII ZR 11/09 - FamRZ 2011, 1377 Rn. 20).
19
Damit steht im Einklang, dass allein das Zusammenleben in nichtehelicher Lebensgemeinschaft vor der Eheschließung keine rechtlich gesicherte Position begründet. Ein Unterhaltsanspruch gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB beruht allein auf der Betreuung gemeinsamer Kinder, während ein über die Kindesbetreuung hinausgehender Unterhalt selbst dann nicht geschuldet ist, wenn dem Elternteil durch die Betreuung bleibende Nachteile entstanden sind. Die spätere Eheschließung wirkt nicht auf die Zeit des vorherigen Zusammenlebens und der Betreuung gemeinschaftlicher Kinder zurück (Senatsurteil vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776 Rn. 20). Anders als das Berufungsgericht meint, kann die Eheschließung deshalb auch keine rückwirkende Haftung für solche auf der Kinderbetreuung beruhenden Erwerbsnachteile begründen, die dem betreuenden Elternteil im Zeitpunkt der Eheschließung bereits entstanden waren.
20
Richtig ist allerdings, dass sich ein ehebedingter Nachteil aus der Fortsetzung der Kinderbetreuung nach der Eheschließung ergeben kann, wenn und soweit ein Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene oder fortgeführte Rollenverteilung auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet. Ein Nachteil entsteht dem Ehegatten in diesem Fall, wenn er bei Eheschließung aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe keine (weitergehende) Erwerbstätigkeit aufnimmt und ihm dadurch eine dauerhafte Einkommenseinbuße entsteht (vgl. Senatsurteil vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776 Rn. 21). Demgegenüber bleibt es allerdings dabei, dass solche Erwerbsnachteile, die bei dem betreuenden Elternteil bereits infolge der vorehelichen Geburt des Kindes oder durch die in der Zeit vorehelicher Kinderbetreuung getroffenen beruflichen Dispositionen endgültig eingetreten sind und nicht mehr ausgeglichen werden können , keine ehebedingten Ursachen haben.
21
2. Dieser Rechtsirrtum ergreift die weitergehenden Erwägungen des Berufungsgerichts zur Höhe eines bei der Ehefrau entstandenen ehebedingten Nachteils.
22
Um einen ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. bei Ausschöpfung seiner Erwerbsmöglichkeiten nach §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs bemisst sich dabei regelmäßig nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dieses Einkommen hat das Berufungsgericht mit mindestens 1.900 € (brutto) bemessen, was sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen allerdings nicht als tragfähig erweist.
23
a) Bei seinen Erwägungen zum Verlauf einer hypothetischen Erwerbsbiographie der Ehefrau konnte das Berufungsgericht schon im gedanklichen Ausgangspunkt nicht - wie geschehen - an die Überlegung anknüpfen, dass die Ehefrau ohne die Geburt des gemeinsamen Sohnes im Jahre 1991 ihren Arbeitsplatz als Bahnfacharbeiterin bei der Deutschen Reichsbahn nicht aufgegeben und voraussichtlich weiter durchgehend in ihrem erlernten Beruf beschäftigt gewesen wäre. Denn die Kündigung des Arbeitsplatzes im Jahre 1991 beruhte aus den oben dargestellten Gründen weder auf der Ehe noch auf der Kinderbetreuung während der Ehe.
24
Nicht zutreffend sind im Übrigen die Feststellungen des Berufungsgerichts zu den von der Ehefrau vor der Geburt des Kindes im Jahre 1991 erzielten Erwerbseinkünften als Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn. Soweit das Berufungsgericht der von der DRV Knappschaft-Bahn-See für die Ehefrau erteilten Versorgungsauskunft vom 25. August 2006 entnehmen will, dass diese im Zeitraum zwischen dem 1. Juli 1990 (Inkrafttreten des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion) und dem 31. Dezember 1990 ein gesamtes Bruttoeinkommen von 20.813 DM erzielt habe , liegt diesem Betrag kein tatsächlich erzielter Arbeitsverdienst in gleicher Höhe zugrunde. Vielmehr handelt es sich bei diesem Wert um eine Rechengröße , welche die Ermittlung von Entgeltpunkten für die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten nach Maßgabe der Sondervorschrift des § 256 a Abs. 1 Satz 1 SGB VI ermöglichen soll. Für diese Berechnung (sog. Hochwertung) wird der Betrag, der nach § 256 a Abs. 2 und Abs. 3 SGB VI rentenrechtlich als Verdienst des Versicherten behandelt wird, mit dem sich für den maßgeblichen Zeitraum aus Anlage 10 zum SGB VI ergebenden Faktor (hier: 2,3473) multipliziert. Daher dürfte die Ehefrau unmittelbar vor der Aufgabe ihres Arbeitsplatzes bei der Deutschen Reichsbahn im Jahre 1991 tatsächlich nicht das vom Berufungsgericht angenommene monatliche Bruttoeinkommen in Höhe von 3.468 DM oder 1.774 €, sondern einen deutlich darunter liegenden Verdienst erzielt haben.
25
b) Abzustellen war vielmehr auf die konkreten Erwerbsmöglichkeiten, die sich der Ehefrau nach rund zweieinhalbjähriger Arbeitslosigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung im September 1993 geboten hätten, weil ihr Verzicht auf die Wiederaufnahme einer eigenen Erwerbstätigkeit erst von diesem Zeitpunkt an (auch) auf die eheliche Rollenverteilung und damit auf eine ehebedingte Ursache zurückzuführen war. Hierzu lassen sich der Entscheidung des Berufungsgerichts keine hinreichenden Feststellungen entnehmen.
26
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (grundlegend Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 18 ff.) trifft den Unterhaltsberechtigten im Rahmen von § 1578 b BGB eine sekundäre Darlegungslast, die zum Inhalt hat, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substanziiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.
27
Der Ehemann hat in diesem Zusammenhang geltend gemacht, dass die ursprünglich von der Ehefrau bei der Deutschen Reichsbahn bis zum Jahre 1991 ausgeübte Tätigkeit der Bahnhofsaufsicht infolge der Strukturänderungen bei der Bahn weitgehend weggefallen sei und sich im erlernten Beruf für die Ehefrau angesichts ihrer Vorbildung nur noch solche Beschäftigungsmöglichkeiten (Kundenbetreuerin im Regionalverkehr) geboten hätten, mit denen ein höheres Einkommen als im tatsächlich ausgeübten Pflegeberuf nicht erzielt werden könne. Angesichts dieses Vorbringens oblag es der Ehefrau, einerseits darzulegen, dass - aus der Sicht des Jahres 1993 - für sie noch eine reale Möglichkeit zur Rückkehr in ihren erlernten Beruf bestanden habe und andererseits substanziiert dazu vorzutragen, welche beruflichen Entwicklungs- und Verdienstmöglichkeiten sich dort für sie ergeben hätten.
28
bb) Die von dem Berufungsgericht in diesem Zusammenhang angestellten Plausibilitätsüberlegungen auf der Grundlage eines Vergleiches mit der Einkommensentwicklung aufseiten des Ehemannes vermögen einen substanziierten Vortrag zu den konkreten beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten der Ehefrau nicht zu ersetzen. Zwar kann sich der Unterhaltsberechtigte im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch des Hinweises auf vergleichbare Karriereverläufe bedienen, um sein Vorbringen zu den seinerzeit vorhandenen beruflichen Entwicklungschancen plausibel zu machen (Senatsurteile vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 - FamRZ 2012, 93 Rn. 24 und vom 11. Juli 2012 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 41), was aber schon im Ausgangspunkt voraussetzt, dass die Erwerbsbiographien der Vergleichspersonen überhaupt genügend Berührungspunkte aufweisen (vgl. Senatsurteil vom 11. Juli 2012 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 41). Davon ist unter den obwaltenden Umständen schon deshalb nicht auszugehen, weil der Ehemann (Lokführer) und die Ehefrau (Bahnhofsaufsicht) schon bei der Deutschen Reichsbahn in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen beschäftigt waren und die berufliche Laufbahn der Ehefrau bei der Bahn durch die - nicht als ehebedingt anzusehende - Aufgabe des Arbeitsplatzes im Jahr 1991 und die daran anschließende Arbeitslosigkeit für mehrere Jahre unterbrochen war.
29
cc) Bei der Entwicklung einer hypothetischen Erwerbsbiographie wird das Berufungsgericht in tatrichterlicher Verantwortung auch darüber zu befinden haben, ob die von der Ehefrau absolvierte zweijährige Umschulung zur Familienpflegerin angesichts der Erwerbsaussichten der Ehefrau im Zeitpunkt bei Eheschließung auch unabhängig von ehelicher Rollenverteilung und Kinderbetreuung durchlaufen worden wäre, wenn sich dazu die Gelegenheit geboten hätte. Die Bewilligung einer öffentlich geförderten Umschulungsmaßnahme durch die Arbeitsverwaltung wird als Indiz dafür auszuwerten sein, dass die Umschulung für die Ehefrau sowohl im Hinblick auf die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt als auch im Hinblick auf ihre individuellen Verhältnisse jedenfalls kurze Zeit nach Eheschließung im Jahre 1995 sinnvoll gewesen sein muss, um ihr bessere Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu vermitteln. Zudem hat der Ehemann geltend gemacht, dass die Hinwendung zu einem pflegerischen Beruf den Neigungen der Ehefrau entsprochen habe und in diesem Zusammenhang geltend gemacht, dass die Ehefrau schon in den 1980er Jahren in der ehemaligen DDR für mehrere Jahre den Bahnberuf aufgegeben hatte, um in einem Kreispflegeheim zu arbeiten. Freilich würde der Umstand, dass die Ehefrau ohne die in der Ehe übernommene Rollenverteilung eine Umschulung absolviert hätte und anschließend im pflegerischen Bereich tätig geworden wäre, das Vorhandensein solcher, an entgangene Verdienstmöglichkeiten im Umschulungsberuf anknüpfender ehebedingter Nachteile nicht ausschließen. Auch hierzu fehlt es allerdings bislang an einem hinreichend substanziierten Vortrag der Ehefrau.
30
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, den Unterhaltsanspruch der Ehefrau nach § 1578 b BGB weder herabzusetzen noch zu befristen, erweist sich nach dem bisherigen Streitstand auch nicht aus anderen Gründen als richtig.
31
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass auch dann, wenn keine ehebedingten Nachteile feststellbar sind, eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts insoweit ausscheidet, als das Maß der von dem Unterhaltspflichtigen geschuldeten nachehelichen Solidarität einen fortdauernden Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Bei der insoweit gebotenen Abwägung sind insbesondere die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB genannten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 30. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 16 und vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 22). Nach diesen Maßstäben stehen die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts - auch unter Berücksichtigung der rund dreizehnjährigen Ehedauer und der von der Ehefrau erbrachten Betreuungsleistungen für das gemeinsame Kind - der Annahme nicht entgegen, dass ein unbefristet fortdauernder Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig erscheinen könnte. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die vom Berufungsgericht festgestellten Einkommensverhältnisse der Parteien, weil die Ehefrau aus eigenen Einkünften auch ohne Unterhaltszahlungen des Ehemannes einen über ihrem Mindestbedarf liegenden Lebensbedarf sicherzustellen vermag und die Einkommensverhältnisse des Ehemannes bestenfalls durchschnittlich sind. Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
AG Lörrach, Entscheidung vom 21.01.2009 - 11 F 433/06 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 22.10.2010 - 5 UF 42/09 -
24
bb) Der Umstand, dass der Unterhaltsberechtigte eine vollschichtige Tätigkeit in seinem erlernten Beruf ausübt, ist ein Indiz gegen fortdauernde ehebedingte Nachteile (vgl. Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 41). Hat der Unterhaltsschuldner, der die Darlegungsund Beweislast hinsichtlich der für eine Begrenzung sprechenden Tatsachen trägt, eine solche Beschäftigung behauptet, trifft daher den Unterhaltsberechtigten die so genannte sekundäre Darlegungslast. Er muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen (Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 Rn. 23). Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 Rn. 23).

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

26
bb) Allerdings folgt aus dem Begriff der "Angemessenheit" des Lebensbedarfs in § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB zugleich, dass es sich um einen Bedarf handeln muss, der das Existenzminimum mindestens erreicht. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass dieser Bedarf dem in den Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen notwendigen Selbstbehalt eines nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldners von 770 € (seit dem 1. Januar 2013: 800 €) entspricht, und zwar auch dann, wenn von dem Unterhaltsgläubiger noch eine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. Denn der darüber hinausgehende notwendige Selbstbehalt eines erwerbstätigen Unterhaltsschuldners schließt einen Erwerbsanreiz ein, der aufseiten des Unterhaltsgläubigers keine Berechtigung hat (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 33; vgl. auch Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123/08 - FamRZ 2010, 444 Rn. 18 zum Mindestbedarf beim Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB). Diesen Bedarf kann auch ein im Hinblick auf die Eheschließung in Deutschland ansässig gewordener Ehegatte als Mindestbedarf verteidigen, weil der unterhaltspflichtige Ehegatte ihn nicht auf eine Rückkehr in sein Heimatland und deshalb nicht darauf verweisen kann, dass sein Existenzminimum unter den dortigen wirtschaftlichen Bedingungen gesichert werden könnte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 72/11 Verkündet am:
20. März 2013
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Unterhaltsvereinbarungen, die auf der durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vom 25. Januar 2011 (BVerfG FamRZ 2011, 437) beanstandeten Rechtsprechung
des Senats zur Bedarfsermittlung durch Dreiteilung des zur Verfügung stehenden Gesamteinkommens
des Unterhaltspflichtigen sowie des früheren und des jetzigen unterhaltsberechtigten
Ehegatten beruhen (BGHZ 177, 356), sind weder nach § 779 Abs. 1
BGB unwirksam noch nach §§ 119 ff. BGB anfechtbar.

b) Die Anpassung solcher Vereinbarungen richtet sich nach den Grundsätzen des Wegfalls
der Geschäftsgrundlage; sie kann frühestens für solche Unterhaltszeiträume verlangt
werden, die der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Januar 2011
nachfolgen.

c) In Fällen, in denen die nacheheliche Solidarität das wesentliche Billigkeitskriterium bei der
Abwägung nach § 1578 b BGB darstellt, gewinnt die Ehedauer ihren wesentlichen Stellenwert
bei der Bestimmung des Maßes der gebotenen nachehelichen Solidarität aus der
Wechselwirkung mit der in der Ehe einvernehmlich praktizierten Rollenverteilung und der
darauf beruhenden Verflechtung der wirtschaftlichen Verhältnisse; hieran hat die am
1. März 2013 in Kraft getretene Neufassung des § 1578 b Abs. 1 BGB nichts geändert.
BGH, Urteil vom 20. März 2013 - XII ZR 72/11 - OLG Zweibrücken
AG Kaiserslautern
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin
Dr. Vézina und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Botur

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat vom 31. Mai 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin die mit der Anschlussberufung erhobene Widerklage der Beklagten auf Zahlung eines nachehelichen Unterhalts in monatlicher Höhe von 138 € für die Zeit ab dem 1. Februar 2011 abgewiesen worden ist. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die im Rentenalter stehenden Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab dem 30. Juli 2008.
2
Der 1940 geborene Kläger und die 1939 geborene Beklagte heirateten am 1. Juni 1962. Ihre Ehe, aus der zwei mittlerweile volljährige Kinder hervorgegangen sind, wurde auf einen am 29. Januar 1996 zugestellten Scheidungsantrag durch Urteil vom 18. Juni 1998 geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt. Zuvor hatten die Parteien im Scheidungsverbund zur Folgesache Unterhalt am 28. April 1998 einen gerichtlich protokollierten Vergleich geschlossen, wonach der Kläger an die Beklagte einen monatlichen Nachscheidungsunterhalt in einer Gesamthöhe von 2.004,07 DM zu zahlen hatte. Im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung hatte die Beklagte für einen Kaufpreis von 200.000 DM den hälftigen Miteigentumsanteil des Klägers an dem vormaligen Familienheim der Parteien übernommen. Den Kaufpreis brachte der Kläger in die Finanzierung eines Einfamilienhauses ein, welches im gemeinschaftlichen Eigentum des seit dem Jahre 2000 wiederverheirateten Klägers und seiner zweiten Ehefrau steht.
3
Der Kläger verfügt über eine gesetzliche Rente sowie über eine Betriebsrente , und er lebt mit seiner zweiten Ehefrau mietfrei in dem gemeinsamen Einfamilienhaus. Die Beklagte bezieht eine gesetzliche Rente. Auch sie wohnt mietfrei in dem - allerdings noch nicht schuldenfreien - eigenen Haus und erzielt zudem Miet- und Kapitaleinkünfte.
4
Mit seiner am 16. Januar 2008 erhobenen Klage hat der Kläger zunächst beantragt, die Unterhaltspflicht gegenüber der Beklagten in Abänderung des Vergleiches vom 28. April 1998 mit Rechtshängigkeit der Abänderungsklage entfallen zu lassen. Das Amtsgericht hat der Klage nur teilweise stattgegeben und den Prozessvergleich vom 28. April 1998 für den Zeitraum seit dem 16. Januar 2008 dahin abgeändert, dass der Kläger nur noch zur Zahlung eines nachehelichen Unterhalts in Höhe von 451 € verpflichtet ist. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt und in der Berufungsinstanz - klageerweiternd - auf einen vollständigen Wegfall seiner Unterhaltspflicht bereits seit dem 1. März 2007 angetragen. Im Laufe des Berufungsverfahrens haben die Parteien am 2. Februar 2010 vor dem Berufungsgericht einen Teilvergleich geschlossen, wonach zwischen den Parteien Einigkeit darüber besteht, dass seit dem 30. Juli 2008 keine Ansprüche auf Ehegattenunterhalt mehr begründet seien und der ursprüngliche Unterhaltstitel insoweit abgeändert wird. Diesem Vergleichsschluss hat ein Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts vom 15. Juni 2009 zugrunde gelegen, wonach sich jedenfalls für den Zeitraum seit der Verkündung der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30. Juli 2008 (BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911) zur "Bedarfsbemessung durch Dreiteilung" angesichts der Einkommensverhältnisse der zweiten Ehefrau des Klägers voraussichtlich kein offener Unterhaltsbedarf der Beklagten mehr ergeben werde.
5
Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2011 hat die Beklagte den am 2. Februar 2010 geschlossenen Teilvergleich mit der Begründung angefochten, dass das Bundesverfassungsgericht durch seine Entscheidung vom 25. Januar 2011 (BVerfG FamRZ 2011, 437) die Dreiteilungsmethode für verfassungswidrig erklärt habe. Daneben hat sie hilfsweise Anschlussberufung und Widerklage erhoben und beantragt, den Teilvergleich vom 2. Februar 2010 dahin abzuändern , dass ihr auch für die Zeit nach dem 30. Juli 2008 der durch das Amtsgericht noch zugesprochene Unterhaltsanspruch in Höhe von 451 € zustehe. Das Oberlandesgericht hat die hilfsweise erhobene Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen und der Berufung des Klägers insoweit stattgegeben, als es den Prozessvergleich vom 28. April 1998 dahingehend abgeändert hat, dass der Kläger für die Zeit vom 1. März 2007 bis zum 29. Juli 2008 nur noch einen monatlichen Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 138 € zu zahlen habe und seit dem 30. Juli 2008 keinen Unterhalt mehr schulde.
6
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer zugelassenen Revision. Sie nimmt das Berufungsurteil für den Zeitraum bis zum 29. Juli 2008 hin und verfolgt mit ihrer Revision einen unbefristeten Unterhaltsanspruch in eingeschränkter monatlicher Höhe von 138 € seit dem 30. Juli 2008 weiter.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat teilweise Erfolg.
8
Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis zum 31. August 2009 geltende Prozessrecht anzuwenden, weil das Verfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).

I.

9
Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zu den Einkommensverhältnissen der Parteien mit der Additionsmethode für die Jahre 2007 und 2008 einen "eheangemessenen offenen Unterhaltsbedarf" der Beklagten in Höhe von monatlich 138 € errechnet und die Ansicht vertreten, dass dieser Anspruch jedenfalls bis zum 29. Juli 2008 nicht befristet werden könne. Insoweit hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 2 BGB zwar vorlägen, weil fortwirkende ehebedingte Nachteile der Beklagten nicht gegeben seien. Soweit die Beklagte durch die Aufgabe ihrer früheren Erwerbstätigkeit und Auszahlung von Rentenanwartschaften in der Ehezeit versorgungsrechtliche Nachteile erlitten habe, seien diese durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen worden. Weitergehende unterhaltsrechtlich ins Gewicht fallende Nachteile seien nicht substantiiert dargetan oder erkennbar. Allein der langen Ehedauer von über 30 Jahren komme nach der Unterhaltsrechtsreform von 2008 und der dazu ergangenen Rechtsprechung keine ausschlaggebende Bedeutung mehr zu. Allerdings stünden der nachträglichen Befristung der mit Vergleich vom 28. April 1998 unbefristet vereinbarten Unterhaltspflicht Aspekte des Vertrauensschutzes nach § 36 Nr. 1 EGZPO entgegen. Der 1939 geborenen Beklagten sei es jedenfalls für vergangene Unterhaltszeiträume bis zum 29. Juli 2008 nicht zuzumuten gewesen, sich im Rentenalter auf einen niedrigeren Lebensstandard "entsprechend den eigenen Lebensverhältnissen vor der Eheschließung im Jahre 1962" einzustellen. Die Beklagte könne durch eigene Erwerbsbemühungen eine Reduzierung des Unterhaltsanspruches nicht mehr abmildern, und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien seien durch die langen Jahre des Zusammenlebens und die bis zur Anhängigkeit der vorliegenden Abänderungsklage im Jahre 2007 festgeschriebenen Unterhaltsansprüche so miteinander verwoben, dass sich eine Begrenzung des Anspruches verbiete. Auch seien die finanziellen Verhältnisse der Beklagten keineswegs so günstig gestaltet, dass der Wegfall eines - wenn auch relativ geringen - Unterhaltsanspruches ohne spürbare Auswirkungen auf ihren Lebensstandard bliebe.
10
Ein Unterhaltsanspruch für die Zeit seit dem 30. Juli 2008 besteht nach Ansicht des Berufungsgerichts dagegen nicht mehr. Der Teilvergleich vom 2. Februar 2010 sei nicht wegen eines Irrtums über die Vergleichsgrundlage nach § 779 Abs. 1 BGB unwirksam. Zwar seien sowohl Gericht als auch Parteien bei Abschluss des Vergleiches von der Verfassungsmäßigkeit der Bedarfsbestimmung nach der sog. Dreiteilungsmethode beim Zusammentreffen mehrerer berechtigter - früherer und jetziger - Ehegatten ausgegangen. Die bei Vergleichsschluss unzutreffende Beurteilung der Rechtslage beinhalte aber ledig- lich einen für die Wirksamkeit des Vergleiches unmaßgeblichen Rechtsirrtum, nicht aber einen erheblichen Sachverhaltsirrtum. Zudem habe auch kein streitausschließender Irrtum vorgelegen, der allein zur Unwirksamkeit des Vergleiches habe führen können. Eine Irrtumsanfechtung komme nicht in Betracht, weil beide Parteien dem gleichen Rechtsirrtum unterlegen seien.
11
Auch die im Wege der Hilfsanschlussberufung eingelegte Widerklage der Beklagten führe wegen der Unterhaltsansprüche seit dem 30. Juli 2008 nicht zum Erfolg. Unterhaltstitel, die nach der verfassungswidrigen Dreiteilungsmethode berechnet worden seien, unterlägen zwar grundsätzlich der Abänderung nach § 323 ZPO i.V.m. § 313 BGB bzw. nach §§ 238, 239 FamFG. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Januar 2011 beinhalte auch eine wesentliche Veränderung der für Grund und Höhe der Unterhaltspflicht bedeutsamen Verhältnisse. Allerdings sei für die Beklagte wegen der Unterhaltsansprüche seit dem 30. Juli 2008 keine Abänderungsklage gegen den Teilvergleich vom 2. Februar 2011 eröffnet, weil ihr durch diesen Vergleich Unterhaltsansprüche aberkannt worden seien. Eine Leistungsklage sei für den Zeitraum vom 30. Juli 2008 bis zum 31. Januar 2011 aber schon deshalb unbegründet , weil es insoweit an einem Verzug des Klägers (§§ 1585 b Abs. 2, 1613 Abs. 1 BGB) fehle. Auch für den Zeitraum seit dem 1. Februar 2011 seien Ansprüche der Beklagten auf Zahlung nachehelichen Unterhalts nicht mehr begründet. Da die Tatbestandsvoraussetzungen eines Anspruches auf Altersbzw. Aufstockungsunterhalt durchgehend gegeben seien, stünde einem Anspruch zwar nicht ein fehlender Einsatzzeitpunkt entgegen, wobei es für diese Beurteilung unerheblich sei, dass für die Zeit vom 30. Juli 2008 bis zum 31. Januar 2011 mangels Verzuges kein Unterhaltsanspruch habe geltend gemacht werden können. Dieser Umstand erlange allerdings hinsichtlich der zeitlichen Befristung des Unterhaltsanspruches maßgebliche Bedeutung. Der Beklagten sei es jedenfalls für die Zeit seit dem 1. Februar 2011 zuzumuten, ihren Le- bensunterhalt entsprechend den eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen unter Verzicht auf Unterhaltsansprüche zu bestreiten. Der ursprünglich titulierte Unterhaltsanspruch habe sich wegen der veränderten Verhältnisse der Parteien bis zum 29. Juli 2008 ohnehin auf einen relativ geringen, die Lebensverhältnisse nicht grundlegend bestimmenden Betrag reduziert; es lasse sich auch für die Folgezeit (nur) ein Unterhaltsanspruch in vergleichbarer Höhe errechnen. Hinzu komme, dass sich die Beklagte für die Zeit nach dem 30. Juli 2008 auf einen Wegfall der Unterhaltsansprüche bereits eingerichtet und sich damit abgefunden habe. Es sei ihr daher zuzumuten, dies auch künftig hinzunehmen.

II.

12
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
13
1. Allerdings ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der am 2. Februar 2010 geschlossene Prozessvergleich der Parteien einen Teil des mit dem Rechtsmittel des Klägers bei dem Berufungsgericht angefallenen Rechtsstreits - nämlich in Bezug auf die Unterhaltszeiträume seit dem 30. Juli 2008 - beendet hatte.
14
Wegen der Doppelnatur des Prozessvergleiches würde einem vor Gericht geschlossenen Vergleich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zwar auch seine verfahrensrechtliche Wirkung der Prozessbeendigung entzogen, wenn er aus materiell-rechtlichen Gründen nichtig oder anfechtbar wäre (vgl. Senatsurteil vom 6. April 2011 - XII ZR 79/09 - FamRZ 2011, 1140 Rn. 10; BGHZ 79, 71, 74 = NJW 1981, 823). Dies hat das Berufungsgericht indessen mit Recht verneint.
15
a) Entgegen der Auffassung der Revision liegt kein rechtserheblicher Irrtum über die Vergleichsgrundlage (§ 779 Abs. 1 BGB) vor.
16
aa) Richtig ist, dass dem Vergleichsschluss vom 2. Februar 2010 erkennbar die frühere Rechtsprechung des Senats zugrunde lag, wonach der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten grundsätzlich unter Berücksichtigung aller nachehelich eingetretenen tatsächlichen Umstände, dabei insbesondere der Wiederverheiratung des Unterhaltsschuldners und der damit verbundenen Unterhaltspflichten gegenüber dem neuen Ehegatten, zu bestimmen sei (Senatsurteil BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 30 ff.). Diese auf dem Wegfall des Stichtagsprinzips basierende Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht für nicht mit dem geltenden Recht vereinbar erklärt (BVerfG FamRZ 2011, 437, 441 ff.). Im Anschluss an diese Entscheidung hat der Senat diese Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen aufgegeben und ist zu dem - seiner früheren Rechtsprechung zugrunde liegenden - Stichtagsprinzip zurückgekehrt (Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 16 ff.).
17
bb) Damit lässt sich jedoch ein Irrtum über die Vergleichsgrundlage nach § 779 Abs. 1 BGB nicht begründen. Voraussetzung für die Unwirksamkeit eines Vergleichs nach § 779 Abs. 1 BGB ist es, dass der von beiden Parteien nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt nicht der Wirklichkeit entspricht und der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde. Ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, dass ein Rechtsirrtum, wenn er nicht gleichzeitig einen Irrtum über relevante Tatsachen umschließt, von vornherein nicht in den Anwendungsbereich von § 779 Abs. 1 BGB fallen kann (so zuletzt BGH Urteil vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 76/06 - NJW-RR 2008, 643 Rn. 14; offen gelassen in BGH Urteil vom 21. Dezember 2006 - VII ZR 275/05 - NJW 2007, 838 Rn. 10 m.N. zum Streitstand), braucht unter den hier obwaltenden Umständen nicht entschieden zu werden. Selbst wenn der Begriff des Sachverhalts weit auszulegen sein sollte und nicht nur Tatsachen, sondern auch (reine) Rechtsfragen umfasst, muss der Irrtum der Parteien nach allgemeiner Ansicht das gegenwärtige Bestehen des Sachverhalts betreffen, nicht dagegen das Eintreten oder Ausbleiben künftiger Ereignisse (Senatsurteile vom 19. Februar 1986 - IVb ZR 7/85 - NJW-RR 1986, 945, 946 und vom 24. April 1985 - IVb ZR 17/84 - NJW 1985, 1835, 1836; BGH Urteile vom 13. Juni 1961 - VI ZR 215/60 - JZ 1963, 129 und vom 8. Februar 1984 - VIII ZR 254/82 - NJW 1984, 1746; BAG NZA 2000, 1097, 1101). Aus diesem Grunde kann schon ein Irrtum über die Entwicklung der künftigen Gesetzgebung nicht in den Anwendungsbereich des § 779 Abs. 1 BGB fallen (vgl. bereits RGZ 117, 306, 310); in gleicher Weise betrifft auch die unrichtige Vorstellung über den Fortbestand einer bestimmten Rechtsprechung einen Umstand, der dem Abschluss des Vergleiches erst nachfolgt und ihm schon daher nicht als feststehend zugrunde gelegt werden kann (vgl. BGHZ 58, 355, 361 f. = NJW 1972, 1577; OLG Schleswig OLGR 2000, 285, 286; vgl. auch Erman/H.-F. Müller BGB 13. Aufl. § 779 Rn. 30). An dieser Beurteilung ändert sich auch in dem Fall nichts, in dem der Fortgeltung der dem Vergleich zugrunde gelegten Rechtsprechung (erst) durch eine dem Vergleichsschluss nachfolgende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts der Boden entzogen worden ist.
18
b) Richtig ist ferner die Auffassung des Berufungsgerichts, dass auch die von der Beklagten erklärte Anfechtung wegen Irrtums (§ 119 BGB) nicht durchgreifen kann, weil beide Parteien der gleichen unrichtigen Vorstellung über die Fortgeltung der Senatsrechtsprechung unterlegen sind. Solche Fehlvorstellungen sind nach den zum Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) entwickelten Grundsätzen zu behandeln (vgl. BGH Urteil vom 5. Februar 1986 - VIII ZR 72/85 - NJW 1986, 1348, 1349; OLG Hamm NJW-RR 2006, 65, 66). Hiergegen erinnert auch die Revision nichts.
19
2. Im Weiteren hat sich das Berufungsgericht folgerichtig mit der Zulässigkeit der Anschlussberufung befasst und diese mit Recht bejaht. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Beklagte der Berufung des Klägers zulässigerweise auch unter einer Bedingung anschließen konnte. Es entspricht allgemeiner Ansicht, dass der Berufungsbeklagte die Anschließung von dem Erfolg oder Misserfolg seines Antrages auf Zurückweisung der gegnerischen Berufung oder von einem sonstigen "innerprozessualen" Vorgang - hier von der gerichtlichen Entscheidung über den Streit bezüglich der Wirksamkeit des Teilvergleiches - abhängig machen kann, dessen Eintritt oder Ausfall bis zur sachlichen Entscheidung über die Berufung feststeht (vgl. BGH Urteile vom 10. November 1983 - VII ZR 72/83 - NJW 1984, 1240, 1241 und vom 19. Januar 2001 - V ZR 437/99 - NJW 2001, 1127, 1131). Richtig ist es ebenfalls , dass sich der Berufungsbeklagte der Berufung auch (allein) mit dem Ziel der Erhebung einer Widerklage anschließen kann (vgl. bereits BGHZ 4, 229,

234).

20
3. Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht ferner erkannt, dass die Beklagte ihre Unterhaltsansprüche für die Zeit seit dem 30. Juli 2008 nicht mit einer gegen den Teilvergleich vom 2. Februar 2010 gerichteten Abänderungsklage (§ 323 Abs. 1 ZPO aF), sondern nur mit einer Leistungsklage als statthafter Klageart verfolgen konnte und das ursprüngliche Abänderungsbegehren der Beklagten in verfahrensrechtlich nicht zu beanstandender Weise (vgl. dazu Senatsurteil vom 1. Juni 1983 - IVb ZR 365/81 - FamRZ 1983, 892, 893 f.) in einen Leistungsantrag umgedeutet.
21
a) Nach der Rechtsprechung des Senats kommt § 323 ZPO aF (bzw. nunmehr § 238 FamFG) zwar auch dann zur Anwendung, wenn ein Unterhaltsgläubiger , dessen - durch gerichtliche Entscheidung oder durch Prozessvergleich - titulierter Unterhalt nachträglich durch eine gerichtliche Abänderungsentscheidung aberkannt worden ist, in der Folgezeit erneut Unterhalt verlangt. Kommt es zu einer solchen Abänderungsentscheidung, hat das Gericht - im Rahmen der Korrektur der ursprünglichen Prognose - seinerseits die künftige Entwicklung der Verhältnisse vorausschauend zu berücksichtigen. Demgemäß beruht die abändernde Entscheidung sowohl im Falle der Reduzierung als auch beim völligen Wegfall des Unterhalts weiterhin auf einer Prognose der zukünftigen Entwicklung und stellt den Rechtszustand auch für die Zukunft fest. Das spätere Begehren auf Wiedergewährung des Unterhalts stellt daher abermals die Geltendmachung einer von der Prognose abweichenden tatsächlichen Entwicklung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse dar, für die das Gesetz das gerichtliche Abänderungsverfahren vorsieht, um die (erneute) Anpassung der Entscheidung an die veränderten Entscheidungsgrundlagen zu ermöglichen (Senatsurteile BGHZ 172, 22 = FamRZ 2007, 983 Rn. 19 und vom 30. Januar 1985 - IVb ZR 63/83 - FamRZ 1985, 376, 377).
22
b) Diese Rechtsprechung ist jedoch nicht auf die Fälle übertragbar, in denen dem Unterhaltsgläubiger ein titulierter Unterhalt durch einen Prozessvergleich aberkannt wird. Nach § 323 Abs. 4 ZPO aF sind die Bestimmungen über die Abänderungsklage (§ 323 Abs. 1 bis Abs. 3 ZPO aF) auf Prozessvergleiche (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder auf Schuldurkunden nach § 794 Abs. 1 Nr. 2a und Nr. 5 ZPO nur insoweit entsprechend anzuwenden, als darin künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen übernommen oder festgesetzt worden sind. § 323 Abs. 4 ZPO aF erfasst mithin gerade nicht die Fälle, in denen für die Zukunft keine Leistungspflicht festgelegt worden ist. Eine analoge Anwendung über den Wortlaut des § 323 Abs. 4 ZPO aF hinaus kommt nicht in Betracht.
Denn die verfahrensrechtliche Situation nach Erlass einer rechtskräftigen Entscheidung ist mit derjenigen nach Abschluss eines Prozessvergleichs nicht vergleichbar. Auch wenn die Parteien mit der getroffenen Regelung zum Ausdruck bringen wollten, dass für die Zukunft kein Unterhaltsanspruch mehr besteht, beschränkt sich die Vereinbarung auf den materiellen Anspruch; sein Nichtbestehen ist nicht rechtskräftig festgestellt (vgl. Senatsurteil BGHZ 172, 22 = FamRZ 2007, 983 Rn. 20; OLG Hamm NJWE-FER 2000, 129).
23
An dieser rechtlichen Beurteilung hat sich im Übrigen durch die Reform des familiengerichtlichen Verfahrens nichts geändert. Nach § 239 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann jeder Teil die Abänderung eines Vergleiches nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO oder einer vollstreckbaren Urkunde beantragen, wenn diese eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden Leistungen enthält. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber keine vom früheren Rechtszustand abweichende Rechtslage schaffen wollen (vgl. BT-Drucks. 16/6308, S. 258), so dass nach den zu § 323 Abs. 4 ZPO aF entwickelten Grundsätzen auch unter der Geltung des neuen Verfahrensrechts keine Abänderung beantragt werden kann, wenn durch einen Prozessvergleich ein titulierter Anspruch aberkannt worden ist (vgl. Keidel/Meyer-Holz FamFG 17. Aufl. § 239 Rn. 28; Prütting/Helms/Bömelburg FamFG 2. Aufl. § 239 Rn. 12; Haußleiter/Fest FamFG § 239 Rn. 10).
24
4. Selbst wenn die Beklagte danach in verfahrensrechtlicher Hinsicht gehalten war, ihr Unterhaltsbegehren für den Zeitraum seit dem 30. Juli 2008 mit der Leistungsklage (§ 258 ZPO) zu verfolgen, ist der zwischen den Parteien am 2. Februar 2010 geschlossene Teilvergleich für den materiellen Unterhaltsanspruch der Beklagten weiterhin von Bedeutung. Er wirkt sich für diesen Zeitraum auf das Unterhaltsrechtsverhältnis aus, solange und soweit seine Geschäftsgrundlage nicht weggefallen ist und die Regelung deshalb einer Anpas- sung an die veränderten Verhältnisse unterliegt (vgl. Senatsurteil BGHZ 172, 22 = FamRZ 2007, 983 Rn. 22 ff.).
25
a) Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, dass der Vergleich bereits für den Zeitraum zwischen dem 30. Juli 2008 und dem 31. Januar 2011 anzupassen sei.
26
aa) Bei Prozessvergleichen über Dauerschuldverhältnisse kann die Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung nach allgemeiner Ansicht zwar zu Störungen vertraglicher Vereinbarungen führen, die nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Wege der Anpassung zu bereinigen sind. Für diese Fälle hat der Senat bereits mehrfach ausgesprochen , dass eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Unterhaltsrecht nur für solche Unterhaltszeiträume zu einer Anpassung des Vergleiches führen kann, die auf die Verkündung des die bisherige Rechtsprechung aufgebenden Urteils des Senats folgen. Für die Zeit davor verbleibt es bei der bisherigen Rechtslage, welche die Parteien ihrem Vergleich zugrunde gelegt haben (Senatsurteile BGHZ 148, 368 = FamRZ 2001, 1687, 1690 f. und vom 22. Januar 2003 - XII ZR 186/01 - FamRZ 2003, 518, 520). Denn der in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung beruhende Prozessvergleich stellt einen Vertrauenstatbestand für beide Parteien dar, in den eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich nicht rückwirkend zu Lasten des Unterhaltspflichtigen eingreifen darf, zumal erst sie zu einer die Vertragsanpassung rechtfertigenden Äquivalenzstörung führt (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 186/01 - FamRZ 2003, 518, 520).
27
bb) Die gleichen Grundsätze gelten auch dann, wenn das Bundesverfassungsgericht eine bestimmte, auf der Rechtsprechung der Fachgerichte beruhende Rechtsanwendung, die von den Parteien ihrem Vergleich zugrunde ge- legt worden ist, aus verfassungsrechtlichen Gründen beanstandet. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seinem Urteil zur (Nicht-) Berücksichtigung des aus neuer Ehe herrührenden steuerlichen Splittingvorteils bei der Bemessung des an den geschiedenen Ehegatten zu leistenden Unterhalts darauf hingewiesen , dass seine Entscheidung für bereits bestehende Unterhaltstitel, die nicht Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde waren, lediglich eine auf die Zukunft beschränkte Rechtsfolgenwirkung entfaltet (BVerfG FamRZ 2003, 1821, 1825; vgl. auch Senatsurteile vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - FamRZ 2007, 882 Rn. 25 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793 Rn. 36) und in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Senatsrechtsprechung zur Anpassung von Unterhaltsvergleichen an eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung Bezug genommen (BVerfG FamRZ 2003, 1821, 1825). Eine Anpassung von vertraglichen Unterhaltsvereinbarungen, die auf der früheren Rechtsprechung des Senats zur Bedarfsermittlung durch Dreiteilung des zur Verfügung stehenden Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und beider unterhaltsberechtigten Ehegatten beruhen, kommt daher frühestens für solche Unterhaltszeiträume in Betracht, die der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Januar 2011 nachfolgen, mithin für den Zeitraum seit dem 1. Februar 2011. Richtig ist deshalb auch der Hinweis der Revisionserwiderung darauf, dass es für diese Beurteilung auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage nach den Voraussetzungen für die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit (§§ 1585 b Abs. 2, 1613 Abs. 1 BGB) nicht einmal angekommen wäre.
28
b) Mit Recht wendet sich die Revision indessen gegen dieEntscheidung des Berufungsgerichts, der Beklagten einen Unterhaltsanspruch auch für die Zeit ab dem 1. Februar 2011 zu versagen.
29
Richtig ist im Ausgangspunkt, dass die Anpassung einer Unterhaltsvereinbarung an veränderte Verhältnisse nicht schematisch und automatisch erfolgt , sondern nur dann, wenn dem benachteiligten Vertragsteil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann. Die in diesen Zusammenhang zu stellenden Zumutbarkeitserwägungen des Berufungsgerichts können dessen Entscheidung, die Beklagte an dem Teilvergleich vom 1. Februar 2010 und damit an der vollständigen Aberkennung des Unterhaltsanspruches festzuhalten, allerdings nicht tragen. Die Anpassung eines Unterhaltstitels an veränderte Umstände kann sowohl von dem Unterhaltspflichtigen als auch von dem Unterhaltsberechtigten verlangt werden. Der Anpassungsanspruch des Unterhaltsberechtigten würde aber weitgehend ausgehöhlt werden, wenn man ihm im Anpassungsverfahren ohne weiteres entgegenhalten könnte, er habe seine Lebensführung während der - hier nicht einmal besonders langen - Geltungsdauer der Unterhaltsvereinbarung auf das bisherige geringe Unterhaltsniveau oder sogar auf das Ausbleiben von Unterhaltszahlungen einrichten können. Auch der Hinweis des Berufungsgerichts auf die "relativ geringe" Höhe des sich nunmehr zugunsten der Beklagten ergebenden Unterhaltsanspruches vermag insoweit nicht zu überzeugen, zumal sich das Berufungsgericht damit auch in Widerspruch zu seinen eigenen Ausführungen betreffend die vorherigen Unterhaltszeiträume setzt. Seine Entscheidung, der Beklagten den zur Höhe von monatlich 138 € errechneten Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen für den Zeitraum bis zum 29. Juli 2008 zu gewähren, hat das Berufungsgericht insbesondere damit begründet, dass die finanziellen Verhältnisse der Beklagten keineswegs so günstig gestaltet seien, dass der Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs keine spürbaren Auswirkungen auf ihren Lebensstandard hätte. Dann ist es nicht nachvollziehbar, warum bei einem Wegfall des Unterhaltsanspru- ches im Jahre 2011 insoweit eine abweichende Beurteilung geboten sein sollte, zumal das Berufungsgericht selbst davon ausgeht, dass sich für den Unterhaltszeitraum seit Februar 2011 für die Beklagte rechnerisch ein Unterhaltsanspruch in vergleichbarer Höhe ergeben würde.
30
Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen auch nicht deshalb als richtig, weil die im Rahmen der Anpassung des Prozessvergleiches zu berücksichtigenden Maßstäbe des § 1578 b BGB eine Begrenzung des Unterhalts geboten hätten.
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aa) Zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen, dass bei einem Altersrentner rechtlich erhebliche ehebedingte Nachteile nicht mit den durch die Unterbrechung oder die Aufgabe der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden können, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen (grundlegend Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 43). Einen Sachverhalt, der eine Ausnahme von dieser Regel rechtfertigen könnte (vgl. etwa Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 25: Versorgungsausgleich erfasst nur einen Teil der Ehezeit) hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und die Beklagte nicht geltend gemacht.
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bb) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht allerdings in der Beurteilung, dass die Voraussetzungen für eine Begrenzung des Unterhaltsanspruches schon deshalb gegeben seien, weil aufseiten der Beklagten keine fortwirkenden ehebedingten Nachteile vorlägen und allein der langen Ehedauer keine entscheidende Bedeutung mehr beizumessen sei. Damit trägt das Berufungsgericht dem Umstand, dass § 1578 b BGB nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile beschränkt ist, sondern auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität erfasst, nicht hinreichend Rechnung.
33
(1) Der Senat hat mehrfach betont, dass auch dann, wenn keine ehebedingten Nachteile feststellbar sind, eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet ist. Es ist Aufgabe des Tatrichters, bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen. In solchen Fällen, in denen die fortwirkende nacheheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, gewinnt die Ehedauer durch die wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch den Verzicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder wegen der Haushaltsführung eingetreten ist. Schon dieser Gesichtspunkt kann in Fällen, in denen keine ehebedingten Nachteile vorliegen, aus Billigkeitsgründen gegen eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts sprechen (vgl. Senatsurteile vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 48 und vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 33).
34
(2) Die vorgenannten, von der Rechtsprechung des Senats entwickelten Grundsätze erfahren auch durch die am 1. März 2013 in Kraft getretene Neufassung des § 1578 b Abs. 1 BGB (vgl. Art. 3 und Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Durchführung des Haager Übereinkommens vom 23. November 2007 über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen sowie zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des internationalen Unterhaltsverfahrensrechts und des materiellen Unterhaltsrechts vom 20. Februar 2013, BGBl. I S. 273) keine grundlegenden Änderungen.
35
Nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB ist nunmehr das Tatbestandsmerkmal der Ehedauer als weiterer konkret benannter Billigkeitsmaßstab neben das Bestehen ehebedingter Nachteile getreten. Demgegenüber ist der Begriff der "Dauer der Ehe" bei der beispielhaften Aufzählung der Gründe für das Entstehen ehebedingter Nachteile (§ 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB) gestrichen worden, da es einer zusätzlichen Erwähnung der Ehedauer in diesem Zusammenhang nicht mehr bedurfte. In der Gesetzesbegründung wird dazu ausdrücklich hervorgehoben , dass die tatbestandliche Neufassung des § 1578 b Abs. 1 BGB eine (lediglich) klarstellende Funktion erfüllt, um einer - dem Willen des Gesetzgebers der Unterhaltsrechtsreform 2008 nicht entsprechenden und auch vom Bundesgerichtshof missbilligten - Praxis entgegenzuwirken, beim Fehlen ehebedingter Nachteile automatisch zu einer Begrenzung des Unterhaltsanspruches zu gelangen, ohne bei der Billigkeitsabwägung die sonstigen Umstände des Einzelfalls, darunter insbesondere die lange Ehedauer, zu berücksichtigen (BT-Drucks. 17/11885 S. 5 f.). Aus der Begründung des Gesetzes ergibt sich demgegenüber nicht, dass dem Begriff der "Dauer der Ehe" durch die Aufnahme als selbständiges Billigkeitskriterium in § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB ein anderer Inhalt hätte verliehen werden sollen und der Gesetzgeber den Begriff der Ehedauer abweichend von der - in der Gesetzesbegründung ausdrücklich in Bezug genommenen - Senatsrechtsprechung zur Berücksichtigung der Ehedauer im Rahmen der nachehelichen Solidarität interpretieren wollte (ebenso Borth FamRZ 2013, 165, 167). Es bleibt daher dabei, dass die Ehedauer ihren wesentlichen Stellenwert bei der Bestimmung des Maßes der gebotenen nachehelichen Solidarität aus der Wechselwirkung mit der in der Ehe einvernehmlich praktizierten Rollenverteilung und der darauf beruhenden Verflechtung der wirtschaftlichen Verhältnisse gewinnt (vgl. auch Born NJW 2013, 561, 562). Weiterhin rechtfertigt eine lange Ehedauer für sich genommen insbesondere dann keinen fortdauernden Unterhalt nach den - die eigene Lebensstellung überstei- genden - ehelichen Lebensverhältnissen, wenn beide Ehegatten während der Ehe vollschichtig berufstätig waren und die Einkommensdifferenz lediglich auf ein unterschiedliches Qualifikationsniveau zurückzuführen ist, das bereits zu Beginn der Ehe vorlag (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 21).
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cc) Nach diesen Maßstäben kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben.
37
Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1578 b BGB wird der Ehedauer im vorliegenden Fall ein erhebliches Gewicht beizumessen sein, weil sich die Beklagte während der mehr als dreiunddreißig Jahre währenden Ehezeit nach Lage der Dinge allein um die Führung des Haushalts und um die Betreuung der beiden Kinder gekümmert haben dürfte. Andererseits folgt selbst aus dem Umstand, dass eine Hausfrauenehe von (sehr) langer Dauer geführt worden ist, noch nicht zwangsläufig, dass die mit einer Herabsetzung oder Befristung verbundene Absenkung des Lebensniveaus des Unterhaltsberechtigten stets unterbleiben müsste. Vielmehr sind im Rahmen der Billigkeitsabwägung auch alle weiteren Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen. Insbesondere hat der Tatrichter zu ermitteln, wie dringend der Unterhaltsberechtigte neben seinen eigenen Einkünften auf die Zahlung von Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige - auch unter Berücksichtigung weiterer, gegebenenfalls nachrangiger Unterhaltspflichten - durch diese Unterhaltszahlungen belastet wird (Senatsurteil vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 24); dabei wird insbesondere die Belastung des Unterhaltsschuldners durch die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten mit zunehmender Dauer der Zweitehe an Gewicht gewinnen. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts lassen eine solche umfassende Billigkeitsabwägung nicht zu, weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - insbesondere zu den Einkommensverhältnissen der Parteien im Unterhaltszeitraum seit dem 1. Februar 2011 und zur Unterhaltsbedürftigkeit der zweiten Ehefrau des Klägers keine Feststellungen getroffen hat.

III.

38
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die von einem Hauseigentümer zu tragenden verbrauchsunabhängigen Kosten grundsätzlich nur dann von seinem Wohnvorteil abgezogen werden können, wenn es sich bei ihnen um nicht umlagefähige Betriebskosten im Sinne von § 556 Abs. 1 BGB, §§ 1, 2 BetrKV handelt (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 29 ff.).
Dose Vézina Klinkhammer Schilling Botur Vorinstanzen:
AG Kaiserslautern, Entscheidung vom 09.07.2008 - 3 F 260/07 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 31.05.2011 - 5 UF 117/08 -