Bundesgerichtshof Beschluss, 30. März 2011 - XII ZB 212/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für ein Verfahren auf Aufhebung der mit dem Antragsgegner geschlossenen Ehe.
- 2
- Die 1968 geborene Antragstellerin schloss am 7. März 2008 vor dem Standesamt A. (Türkei) eine Scheinehe mit dem Antragsgegner , einem türkischen Staatsangehörigen. Hierfür versprach ihr der Antragsgegner einen Betrag von 10.000 €, den die Antragstellerin nach ihrer Darstellung jedoch nicht erhalten hat. Eine eheliche Lebensgemeinschaft wurde nicht begründet.
- 3
- Das Amtsgericht - Familiengericht - hat der Antragstellerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe versagt. Ihre sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihr Begehren weiter.
II.
- 4
- Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
- 5
- Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Verfahrensrecht anwendbar, weil das Verfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 50/08 - FamRZ 2010, 357 - Rn. 7 mwN).
- 6
- 1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil das Beschwerdegericht sie gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
- 7
- Zwar kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeu- tung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (Senatsbeschluss vom 22. Juni 2005 - XII ZB 247/03 - FamRZ 2005, 1477 mwN). Das ist hier indessen der Fall, da die Antragstellerin geltend macht, die personenbezogene Beurteilung ihrer Rechtsverfolgung als rechtsmissbräuchlich sei nicht gerechtfertigt.
- 8
- 2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Zurückverweisung an das Beschwerdegericht.
- 9
- a) Das Beschwerdegericht (OLG Koblenz NJW-RR 2009, 1308) hat die Auffassung vertreten, die nachgesuchte Prozesskostenhilfe sei wegen Rechtsmissbrauchs zu versagen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Rechtsverfolgung sei mutwillig, wenn die Ehe nur zu dem Zweck geschlossen wurde, einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zu verschaffen. In diesem Fall könnten die Erschleichung der Aufenthaltserlaubnis, die Heirat und das Scheidungsbegehren nicht voneinander isoliert betrachtet, sondern müssten als Gesamtplan gewürdigt werden. Die Antragstellerin habe eine Ehe geschlossen , die nach den Vorstellungen beider Parteien nie vollzogen werden sollte. Sie habe daher das Rechtsinstitut der Ehe in Erwartung eines finanziellen Vorteils missbraucht. Dass dieser Vorteil nicht eingetreten sei, weil das versprochene Entgelt nach ihrer Darstellung nicht bezahlt wurde, ändere hieran nichts. Auch einer Partei, die nur aus Gefälligkeit eine Ehe mit einem Ausländer schließe, um diesem zu einer Aufenthaltserlaubnis zu verhelfen, könne Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden.
- 10
- b) Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Erfolg.
- 11
- Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 Satz 1 ZPO). Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen nach dieser Bestimmung Prozesskostenhilfe für ein auf Aufhebung einer Scheinehe gerichtetes Verfahren zu gewähren ist, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet (vgl. die Darstellung im Senatsbeschluss vom 22. Juni 2005 - XII ZB 247/03 - FamRZ 2005, 1477).
- 12
- Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage, welche Auswirkungen die Rechtsmissbräuchlichkeit des Eingehens einer Scheinehe auf das Prozesskostenhilfebegehren für die anschließende Scheidung der Ehe hat, offen gelassen (BVerfG FamRZ 1984, 1206, 1207). Nach Ansicht der Richter, deren Auffassung die vorgenannte Entscheidung nicht getragen hat, ist Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die erforderlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind. Die Ablehnung des Prozesskostenhilfegesuchs mit der Begründung, wegen des Missbrauchs des Rechtsinstituts der Ehe dürfe der Steuerzahler nicht mit den Kosten des Scheidungsverfahrens belastet werden, finde im Gesetz keine Stütze. Eine solche Entscheidung führe dazu, dass die bedürftige Partei unter Verletzung des Grundsatzes der Rechtsanwendungsgleichheit schlechter gestellt werde als die nicht bedürftige. Da rechtsmissbräuchlich zwar die Eingehung einer Scheinehe, nicht aber deren Scheidung sei, wäre eine reiche Partei nicht gehindert, im Wege des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens die Aufhebung einer Scheinehe zu erreichen. Die arme Partei werde hingegen an der Scheinehe festgehalten (BVerfG aaO).
- 13
- Dieser Betrachtungsweise schließt sich der erkennende Senat an (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 22. Juni 2005 - XII ZB 247/03 - FamRZ 2005, 1477; dem folgend OLG Frankfurt FamRZ 2006, 1128; OLG Köln FamRZ 2008, 1260; OLG Saarbrücken FamRZ 2009, 626; OLG Hamm Beschluss vom 5. Oktober 2010 - II-2 WF 218/10 - Juris; Johannsen/Henrich/Jaeger Familienrecht 5. Aufl. § 1565 BGB Rn. 18; Staudinger/Rauscher BGB [2010] § 1564 Rn. 141). Wenn die Rechtsordnung die zu ehefremden Zwecken geschlossene Ehe als wirksam ansieht, stellt ein Eheaufhebungs- oder Scheidungsbegehren die einzige Möglichkeit zur Auflösung einer solchen Ehe dar. Bereits das spricht dagegen , das Prozesskostenhilfegesuch als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Auch eine bemittelte Partei könnte die Auflösung einer Scheinehe nicht auf anderem Weg erreichen. Als rechtsmissbräuchlich kann daher grundsätzlich nur die Eingehung der Scheinehe als solche gesehen werden, nicht aber die Beseitigung der dadurch eingetretenen Rechtsfolgen durch die Eheaufhebungsklage.
- 14
- c) Ob Prozesskostenhilfe wegen Mutwillens versagt werden könnte, wenn die Parteien schon bei der Heirat die Scheidung beabsichtigt und gewusst hätten, dass sie diese nicht würden bezahlen können (so OLG Hamm Beschluss vom 4. Februar 2000 - 11 WF 407/99 - Juris; OLG Koblenz FamRZ 2004, 548; OLG Naumburg FamRZ 2004, 548, 549; OLG Rostock FamRZ 2007, 1335; Philippi FPR 2002, 479, 484; Johannsen/Henrich/Markwardt Familienrecht 5. Aufl. § 114 ZPO Rn. 19) bedarf hier keiner Entscheidung. Denn der Antragstellerin wurde nach eigener Darstellung ein Entgelt für die Eingehung der Scheinehe versprochen, von dem sie eine Rücklage für das Eheanfechtungsverfahren hätte bilden können und müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Juni 2005 - XII ZB 247/03 - FamRZ 2005, 1477). Es kann daher nicht festgestellt werden, dass ihr Gesamtplan von vornherein darauf angelegt war, die spätere Eheaufhebungsklage unter Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe zu führen. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin das versprochene Ent- gelt nach ihrer Darstellung nicht erhielt und sie die Prozesskostenrücklage somit nicht bilden konnte, begründet keinen Mutwillen in ihrer Person.
- 15
- d) Danach hat das Oberlandesgericht der Antragstellerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe jedenfalls zu Unrecht wegen rechtsmissbräuchlicher Inanspruchnahme versagt. Die Sache ist daher an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO), um diesem eine abschließende Prüfung der wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu ermöglichen (§ 115 ZPO). Diese Prüfung kann der Senat nicht selbst vornehmen, da es hierzu noch weiterer Aufklärung bedarf.
- 16
- e) Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 17
- aa) Eine Partei, die rechtsmissbräuchlich eine Ehe geschlossen und hierfür ein Entgelt erhalten hat, trifft die Verpflichtung, hiervon Rücklagen zu bilden, um die Kosten eines - regelmäßig absehbaren - Eheaufhebungsverfahrens finanzieren zu können (Senatsbeschluss vom 22. Juni 2005 - XII ZB 247/03 - FamRZ 2005, 1477). Nur wenn die Partei zur Bildung von Rücklagen nicht imstande war, können die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfüllt sein. Dass die Partei nach diesen Grundsätzen hilfsbedürftig ist, hat sie im Einzelnen darzulegen. Sie muss deshalb angeben, welche Beträge sie erhalten und wie sie die Mittel verwendet hat.
- 18
- Behauptet die Partei, das für die Eingehung der Scheinehe versprochene Entgelt nicht erhalten zu haben, hat sie dieses dem Gericht auf Verlangen glaubhaft zu machen. Das Gericht kann dazu Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen (§ 118 Abs. 2 Satz 1, 2 ZPO). Wie weit die Glaubhaftmachung verlangt wird, steht grundsätzlich im Ermessen des Gerichts (Zöller/Philippi ZPO 28. Aufl. § 118 Rn. 16). Allerdings besteht bei einer Partei, die sich bereits durch die Einge- hung der Scheinehe gegen die Rechtsordnung gestellt hat, regelmäßig Veranlassung , ihre weitere Darstellung, das dafür versprochene Entgelt nicht erhalten zu haben, einer genaueren Überprüfung zu unterziehen.
- 19
- bb) Ferner hat sich die Bedürftigkeitsprüfung darauf zu erstrecken, dass ein Unterhaltsanspruch oder ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen den Ehemann nicht besteht (OLG Celle FamRZ 2007, 762) oder nicht durchzusetzen ist (OLG Köln FamRZ 1994, 1409). Die Darlegungen hierzu, die die Antragstellerin bereits von sich aus hätte erbringen müssen (Zöller/Philippi ZPO 28. Aufl. § 117 Rn. 14), kann das Oberlandesgericht nachfordern.
Vorinstanzen:
AG Bingen am Rhein, Entscheidung vom 05.02.2009 - 9 F 1/09 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 20.04.2009 - 11 WF 274/09 -
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Eine Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung auf Antrag aufgehoben werden. Die Ehe ist mit der Rechtskraft der Entscheidung aufgelöst. Die Voraussetzungen, unter denen die Aufhebung begehrt werden kann, ergeben sich aus den folgenden Vorschriften.
Eine Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung auf Antrag eines oder beider Ehegatten geschieden werden. Die Ehe ist mit der Rechtskraft der Entscheidung aufgelöst. Die Voraussetzungen, unter denen die Scheidung begehrt werden kann, ergeben sich aus den folgenden Vorschriften.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.
(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.
(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.
(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.
(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:
- 1.
- a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge; - b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 2.
- a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist; - b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen; - 4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; - 5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.
(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.
(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.
(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.
(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.
(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.