Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Sept. 2017 - XII ZB 180/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:060917BXIIZB180.17.0
06.09.2017
vorgehend
Amtsgericht Neuss, 116 XVII 165/16 P, 21.11.2016
Landgericht Düsseldorf, 19 T 13/17, 14.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 180/17
vom
6. September 2017
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Durchführung von weiteren Ermittlungen in einem Betreuungsverfahren
setzt hinreichende Anhaltspunkte dafür voraus, dass Betreuungsbedarf besteht
oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts in Betracht kommt (im Anschluss
an Senatsbeschluss vom 18. März 2015 - XII ZB 370/14 - FamRZ 2015,
844).
BGH, Beschluss vom 6. September 2017 - XII ZB 180/17 - LG Düsseldorf
AG Neuss
ECLI:DE:BGH:2017:060917BXIIZB180.17.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. September 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Nedden-Boeger, Dr. Botur und Guhling

beschlossen:
Der Antrag der weiteren Beteiligten zu 1 auf Verfahrenskostenhilfe wird abgelehnt, weil ihre Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 14. März 2017 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Wert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Die Schwester des Betroffenen, die Beteiligte zu 1, wendet sich gegen die Ablehnung der von ihr angeregten Bestellung eines Betreuers für ihren Bruder.
2
Im September 2016 hat die Beteiligte zu 1 beim Amtsgericht angeregt, für ihren Bruder eine Betreuung einzurichten, weil dieser an einer psychischen Störung leide. Das Amtsgericht hat die zuständige Betreuungsstelle um eine Stellungnahme gebeten und nach deren Eingang die Bestellung eines Betreuers abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Landgericht zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen für eine Betreuungseinrichtung nicht vorlägen. Ausweislich der Stellungnahme der Betreuungsbehörde sei der Betroffene in der Lage, seine Angelegenheiten selbst zu regeln. Eine kognitive Einschränkung bestehe nicht. Er sei bei der Anhörung durch die Betreuungsstelle geordnet und umfassend orientiert gewesen. Auch aus seinem Stellungnahmeschreiben im Beschwerdeverfahren ergebe sich nichts Gegenteiliges.
3
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Ausführungen des Landgerichts halten der rechtlichen Überprüfung und insbesondere der von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rüge, das Landgericht habe der aus § 26 FamFG folgenden Amtsermittlungspflicht nicht genügt, stand.
5
1. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, das Landgericht habe die Einrichtung einer Betreuung nicht ablehnen dürfen, ohne den Betroffenen persönlich anzuhören.
6
a) Die Vorschrift des § 278 Abs. 1 Satz 1 FamFG ordnet eine persönliche Anhörung nur vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für den Betroffenen an. Damit ist allerdings nicht die Aussage verbunden, dass es einer Anhörung dann, wenn es nicht zur Betreuerbestellung oder Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts kommt, generell nicht bedarf. Denn die persönliche Anhörung dient nicht nur der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 1 FamFG), sondern hat - wie sich auch aus § 278 Abs. 1 Satz 2 FamFG ergibt - vor allem den Zweck, dem Gericht ei- nen unmittelbaren Eindruck von dem Betroffenen zu verschaffen. Ihr kommt damit auch in den Fällen, in denen sie nicht durch Gesetz vorgeschrieben ist (§ 34 Abs. 1 Nr. 2 FamFG), eine zentrale Stellung im Rahmen der gemäß § 26 FamFG in einem Betreuungsverfahren von Amts wegen durchzuführenden Ermittlungen zu (Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2016 - XII ZB 603/15 - FamRZ 2016, 1663 Rn. 16 und vom 29. Januar 2014 - XII ZB 519/13 - FamRZ 2014, 652 Rn. 15 mwN).
7
Wird dem Betroffenen ohne die erforderlichen Ermittlungen die Bestellung eines Betreuers versagt, so wird ihm der durch das Betreuungsrecht gewährleistete Erwachsenenschutz ohne ausreichende Grundlage entzogen (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 519/13 - FamRZ 2014, 652 Rn. 15 mwN). Auf der anderen Seite ist in den Blick zu nehmen, dass die Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen in einem Betreuungsverfahren hinreichende Anhaltspunkte dafür voraussetzt, dass Betreuungsbedarf besteht oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts in Betracht kommt. Denn schon die Prüfung einer Betreuungsbedürftigkeit kann für den Betroffenen eine erhebliche Belastung darstellen und mit ihr kann zudem eine stigmatisierende Wirkung verbunden sein, wenn Dritte hiervon Kenntnis erlangen (vgl. Senatsbeschluss vom 18. März 2015 - XII ZB 370/14 - FamRZ 2015, 844 Rn. 13 mwN).
8
Über Art und Umfang dieser Ermittlungen entscheidet der Tatrichter nach pflichtgemäßem Ermessen. Das Rechtsbeschwerdegericht hat lediglich nachzuprüfen , ob das Beschwerdegericht die Grenzen seines Ermessens eingehalten hat, ferner, ob es von zutreffenden Tatsachenfeststellungen ausgegangen ist (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 519/13 - FamRZ 2014, 652 Rn. 16 mwN).
9
b) Bei Anlegung dieses Maßstabs ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht - wie auch das Amtsgericht - den Betroffenen nicht angehört hat. Jedenfalls nach der zwar sehr knappen, aber eindeutigen und auf ein ausführliches Gespräch mit dem Betroffenen gestützten Stellungnahme der Betreuungsbehörde , dass eine rechtliche Betreuung nicht erforderlich sei, fehlte es an hinreichenden Anhaltspunkten für eine Fortführung der Ermittlungen.
10
Solche ergaben sich auch nicht aus den schriftlichen Stellungnahmen seiner Schwester, die nach ihren eigenen Angaben seit Jahrzehnten keinen persönlichen Kontakt zu ihrem Bruder hat. Sie schilderte vor allem ihre verschiedenen - auch mittels Anzeigeerstattungen und vor Gerichten ausgetragenen - Streitigkeiten mit dem Betroffenen. Angelegenheiten, die er nicht selbst besorgen könnte, ergaben sich aus diesen Ausführungen jedoch unabhängig davon, ob der Betroffene tatsächlich unter der von seiner Schwester behaupteten psychischen Erkrankung leidet, nicht. Dies gilt auch für den Bereich der Vermögenssorge, zumal die behaupteten Schulden in Höhe von 300.000 € zum einen für einen Hausbau angefallen sein sollen und zum anderen nach der Darstellung der Beteiligten zu 1 nicht den Betroffenen, sondern sie selbst belasten. Die von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommenen Schreiben der Beteiligten zu 1 sprechen eher dafür, dass es ihr mit der Betreuungsanregung vor allem darum ging, den Betroffenen in dem Geschwisterstreit durch einen familienfremden Betreuer kontrollieren zu lassen und auf diese Weise selbst den von ihr so bezeichneten Rechtsfrieden zu erlangen. Dementsprechend hat das Amtsgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss auch zutreffend angemerkt, "dass die Anregung zur Einrichtung einer Betreuung auf sachfremden Erwägungen" beruhe.
11
2. Nicht anders verhält es sich mit der Rüge der Rechtsbeschwerde, das Landgericht habe nicht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens entscheiden dürfen.
12
§ 280 Abs. 1 Satz 1 FamFG verpflichtet nach seinem Wortlaut das Gericht nur dann zur Einholung eines Sachverständigengutachtens, wenn das Verfahren mit einer Betreuerbestellung oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts endet. Wird davon abgesehen, ist die Einholung eines Gutachtens nach § 280 Abs. 1 Satz 1 FamFG nicht zwingend erforderlich. Das Gericht hat daher vor der Anordnung der Gutachtenerstattung zu prüfen, ob es das Verfahren im Hinblick auf eine Betreuerbestellung oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes weiter betreiben will, wofür es ebenfalls entsprechender hinreichender Anhaltspunkte bedarf (Senatsbeschluss vom 18. März 2015 - XII ZB 370/14 - FamRZ 2015, 844 Rn. 13 mwN). Solche waren hier nach der rechtlich nicht zu beanstandenden Einschätzung des Landgerichts aber nicht gegeben.
13
3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Dose Klinkhammer Nedden-Boeger Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Neuss, Entscheidung vom 21.11.2016 - 116 XVII 165/16 P -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 14.03.2017 - 19 T 13/17 -

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Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Das Gericht hat einen Beteiligten persönlich anzuhören,

1.
wenn dies zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs des Beteiligten erforderlich ist oder
2.
wenn dies in diesem oder in einem anderen Gesetz vorgeschrieben ist.

(2) Die persönliche Anhörung eines Beteiligten kann unterbleiben, wenn hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder der Beteiligte offensichtlich nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun.

(3) Bleibt der Beteiligte im anberaumten Anhörungstermin unentschuldigt aus, kann das Verfahren ohne seine persönliche Anhörung beendet werden. Der Beteiligte ist auf die Folgen seines Ausbleibens hinzuweisen.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

16
aa) Zwar ordnet § 278 Abs. 1 Satz 1 FamFG eine persönliche Anhörung nur vor der Bestellung eines Betreuers für den Betroffenen an. Damit ist aber nicht die Aussage verbunden, dass es einer Anhörung dann, wenn es nicht zur Betreuerbestellung kommt, generell nicht bedarf. Die persönliche Anhörung dient nicht nur der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 1 FamFG), sondern hat - wie sich auch aus § 278 Abs. 1 Satz 2 FamFG ergibt - vor allem den Zweck, dem Gericht einen unmittelbaren Eindruck von dem Betroffenen zu verschaffen. Ihr kommt damit auch in den Fällen, in denen sie nicht durch Gesetz vorgeschrieben ist, eine zentrale Stellung im Rahmen der gemäß § 26 FamFG in einem Betreuungsverfahren von Amts wegen durchzuführenden Ermittlungen zu (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 519/13 - FamRZ 2014, 652 Rn. 15 mwN).
15
aa) Zwar ordnet § 278 Abs. 1 Satz 1 FamFG, der gemäß § 293 Abs. 1 FamFG für die Erweiterung und gemäß § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG für die Verlängerung der Betreuung entsprechend anwendbar ist, eine persönliche Anhörung nur vor der Bestellung eines Betreuers für den Betroffenen an. Damit ist aber nicht die Aussage verbunden, dass es einer Anhörung dann, wenn es nicht zur Betreuerbestellung kommt, generell nicht bedarf. Die persönliche Anhörung dient nicht nur der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 1 FamFG), sondern hat - wie sich auch aus § 278 Abs. 1 Satz 2 FamFG ergibt - vor allem den Zweck, dem Gericht einen unmittelbaren Eindruck von dem Betroffenen zu verschaffen (Senatsbeschluss vom 6. November 2013 - XII ZB 650/12 - juris Rn. 13; vgl. auch BT-Drucks. 11/4528 S. 172 sowie Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 278 Rn. 2; Schulte-Bunert/Weinreich/ Brinkmann FamFG 4. Aufl. § 26 Rn. 24; Bienwald in Bienwald/Sonnenfeld/ Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 278 FamFG Rn. 18). Ihr kommt damit auch in den Fällen, in denen sie nicht durch Gesetz vorgeschrieben ist (§ 34 Abs. 1 Nr. 2 FamFG), eine zentrale Stellung im Rahmen der gemäß § 26 FamFG in einem Betreuungsverfahren von Amts wegen durchzuführenden Ermittlungen zu (vgl. Grabow in Holzer FamFG § 278 Rn. 4). Dies gilt auch bei einem Eigenantrag des Betroffenen auf Betreuungserrichtung. Wird dieser ohne die erforderlichen Ermittlungen, zu denen regelmäßig auch eine persönliche Anhörung gehören wird, abgelehnt, so wird dem Betroffenen der ihm durch das Betreuungsrecht gewährleistete Erwachsenenschutz (vgl. hierzu Lipp FamRZ 2013, 913, 917 f.) ohne ausreichende Grundlage entzogen.
13
a) § 280 Abs. 1 FamFG verpflichtet nach seinem Wortlaut das Gericht nur dann zur Einholung eines Sachverständigengutachtens, wenn das Verfahren mit einer Betreuerbestellung oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts endet. Wird davon abgesehen, ist die Einholung eines Gutachtens nach § 280 Abs. 1 Satz 1 nicht zwingend erforderlich (Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 280 Rn. 2; MünchKommFamFG/Schmidt-Recla 2. Aufl. § 280 Rn. 1; BeckOK FamFG/ Günter [Stand: 1. Januar 2015] § 280 Rn. 3). Das Gericht hat daher vor der Anordnung der Gutachtenerstattung zu prüfen, ob es das Verfahren im Hinblick auf eine Betreuerbestellung oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes weiter betreiben will. Dies setzt hinreichende Anhaltspunkte voraus, dass Betreuungsbedarf besteht oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts in Betracht kommt (vgl. Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 280 Rn. 3; BeckOK FamFG/Günter [Stand: 1. Januar 2015] § 280 Rn. 6), zumal bereits die Beauftragung eines Sachverständigen zur Prüfung einer möglichen Betreuungsbedürftigkeit eine stigmatisierende Wirkung haben kann, wenn Dritte von ihr Kenntnis erlangen (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 272 Rn. 31).
15
aa) Zwar ordnet § 278 Abs. 1 Satz 1 FamFG, der gemäß § 293 Abs. 1 FamFG für die Erweiterung und gemäß § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG für die Verlängerung der Betreuung entsprechend anwendbar ist, eine persönliche Anhörung nur vor der Bestellung eines Betreuers für den Betroffenen an. Damit ist aber nicht die Aussage verbunden, dass es einer Anhörung dann, wenn es nicht zur Betreuerbestellung kommt, generell nicht bedarf. Die persönliche Anhörung dient nicht nur der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 1 FamFG), sondern hat - wie sich auch aus § 278 Abs. 1 Satz 2 FamFG ergibt - vor allem den Zweck, dem Gericht einen unmittelbaren Eindruck von dem Betroffenen zu verschaffen (Senatsbeschluss vom 6. November 2013 - XII ZB 650/12 - juris Rn. 13; vgl. auch BT-Drucks. 11/4528 S. 172 sowie Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 278 Rn. 2; Schulte-Bunert/Weinreich/ Brinkmann FamFG 4. Aufl. § 26 Rn. 24; Bienwald in Bienwald/Sonnenfeld/ Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 278 FamFG Rn. 18). Ihr kommt damit auch in den Fällen, in denen sie nicht durch Gesetz vorgeschrieben ist (§ 34 Abs. 1 Nr. 2 FamFG), eine zentrale Stellung im Rahmen der gemäß § 26 FamFG in einem Betreuungsverfahren von Amts wegen durchzuführenden Ermittlungen zu (vgl. Grabow in Holzer FamFG § 278 Rn. 4). Dies gilt auch bei einem Eigenantrag des Betroffenen auf Betreuungserrichtung. Wird dieser ohne die erforderlichen Ermittlungen, zu denen regelmäßig auch eine persönliche Anhörung gehören wird, abgelehnt, so wird dem Betroffenen der ihm durch das Betreuungsrecht gewährleistete Erwachsenenschutz (vgl. hierzu Lipp FamRZ 2013, 913, 917 f.) ohne ausreichende Grundlage entzogen.

(1) Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.

(2) Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Ergebnis einer Anhörung nach § 279 Absatz 2 Satz 2 hat der Sachverständige zu berücksichtigen, wenn es ihm bei Erstellung seines Gutachtens vorliegt.

(3) Das Gutachten hat sich auf folgende Bereiche zu erstrecken:

1.
das Krankheits- oder Behinderungsbild einschließlich dessen Entwicklung,
2.
die durchgeführten Untersuchungen und die diesen zugrunde gelegten Forschungserkenntnisse,
3.
den körperlichen und psychischen Zustand des Betroffenen,
4.
den aus medizinischer Sicht aufgrund der Krankheit oder Behinderung erforderlichen Unterstützungsbedarf und
5.
die voraussichtliche Dauer der Maßnahme.

13
a) § 280 Abs. 1 FamFG verpflichtet nach seinem Wortlaut das Gericht nur dann zur Einholung eines Sachverständigengutachtens, wenn das Verfahren mit einer Betreuerbestellung oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts endet. Wird davon abgesehen, ist die Einholung eines Gutachtens nach § 280 Abs. 1 Satz 1 nicht zwingend erforderlich (Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 280 Rn. 2; MünchKommFamFG/Schmidt-Recla 2. Aufl. § 280 Rn. 1; BeckOK FamFG/ Günter [Stand: 1. Januar 2015] § 280 Rn. 3). Das Gericht hat daher vor der Anordnung der Gutachtenerstattung zu prüfen, ob es das Verfahren im Hinblick auf eine Betreuerbestellung oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes weiter betreiben will. Dies setzt hinreichende Anhaltspunkte voraus, dass Betreuungsbedarf besteht oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts in Betracht kommt (vgl. Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 280 Rn. 3; BeckOK FamFG/Günter [Stand: 1. Januar 2015] § 280 Rn. 6), zumal bereits die Beauftragung eines Sachverständigen zur Prüfung einer möglichen Betreuungsbedürftigkeit eine stigmatisierende Wirkung haben kann, wenn Dritte von ihr Kenntnis erlangen (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 272 Rn. 31).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.