Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Dez. 2008 - X ZB 32/08

bei uns veröffentlicht am01.12.2008
vorgehend
Oberlandesgericht Dresden, WVerg 4/08, 04.07.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 32/08
vom
1. Dezember 2008
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Dezember 2008
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin
Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Gröning

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen beim Regierungspräsidium Leipzig vom 26. März 2008 wird zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Beschluss des Oberlandesgerichts vorbehalten.

Gründe:


1
A. Der Antragsgegner ist ein von mehreren sächsischen Kommunalkörperschaften gebildeter Zweckverband. Er hat als öffentliche Aufgabe den Rettungsdienst. Diese Aufgabe umfasst gemäß § 3 Nr. 3 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 des im Wesentlichen am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz (SächsBRKG) vom 24. Juni 2004 (SächsGVBl. S. 245) die Notfallrettung und den Krankentransport im Gebiet der angeschlossenen Körperschaften, daneben aber auch etwa noch die Unterhaltung von Leitstellen (§ 34 SächsBRKG).
2
Dieses Gesetz sieht in seinem erst am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen § 31 vor, dass der Aufgabenträger des Rettungsdienstes die dazu nötigen Leistungen selbst durchführt (Abs. 7) oder dass er die Durchführung der Notfallrettung und des Krankentransports nach einem Auswahlverfahren durch öffentlich -rechtlichen Vertrag auf private Hilfsorganisationen oder andere Unternehmer , die so genannten Leistungserbringer, überträgt (Abs. 1). Das Auswahlverfahren ist in § 31 und in der aufgrund dessen Absatz 3 erlassenen Landesrettungsdienstplanverordnung vom 24. Januar 2008 (SächsLRettDPVO, SächsGVBl. S. 79) näher geregelt. Diese Regeln sind nicht identisch mit denen der Verdingungsordnung für Leistungen - Teil A (VOL/A Ausgabe 2006) vom 6. April 2006. So heißt es in § 12 Abs. 6 SächsLRettDPVO nur, dass im Übrigen die allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätze des § 97 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten. Im Übertragungsvertrag ist unter anderem die Höhe der Vergütung des Leistungserbringers zu regeln (§ 31 Abs. 4 SächsBRKG). Diese Vergütung ist gemäß § 32 SächsBRKG Teil der Benutzungsentgelte , die der Aufgabenträger mit Kostenträgern vereinbart und die für alle in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Benutzer verbindlich sind und für andere Benutzer durch Satzung als Gebühr festgelegt werden können.
3
Der Antragsgegner gab am 17. Januar 2008 im Sächsischen Amtsblatt bekannt, ein Auswahlverfahren nach § 31 SächsBRKG zur Übertragung der Notfallrettung nebst Krankentransport ab 1. Januar 2009 durchzuführen.
4
Die Antragstellerin ist der Meinung, dass die Leistungen nach Maßgabe des Kartellvergaberechts und europaweit auszuschreiben seien. Sie hat deshalb von dem Antragsgegner Abhilfe verlangt und das Nachprüfungsverfahren eingeleitet, in dem sie u.a. auch die vom Antragsgegner beabsichtigte losweise Aufteilung der Leistungen beanstandet hat. Der Antragsgegner ist hingegen der Auffassung, nach § 12 Abs. 6 SächsLRettDPVO sei nur ein öffentlich-rechtliches Auswahlverfahren nötig; eine Vergabe nach den Regeln des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und der Verdingungsordnung für Leistungen komme daher nicht in Betracht.
5
Die Vergabekammer hat den Antragsgegner als zur Beachtung des aufgrund des Ersten Abschnitts des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen einzuhaltenden Vergabeverfahrens (zukünftig auch kurz: GWB-Vergaberegime) verpflichtet angesehen. Allerdings bedürfe es keines europaweiten Vergabeverfahrens, weil Rettungsdienstleistungen als anteilig überwiegend medizinischen Inhalts nur nach § 1a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A 2006 zu vergeben seien.
6
Gegen den teils stattgebenden, teils zurückweisenden Beschluss der Vergabekammer haben der Antragsgegner sofortige Beschwerde und die Antragstellerin Anschlussbeschwerde eingelegt.
7
Das Oberlandesgericht hat (ausschließlich) die sofortige Beschwerde dem Senat zur Entscheidung vorgelegt (Beschl. abgedr. u.a. VergabeR 2008, 809). In Streit stehe ein Dienstleistungsauftrag im Sinne von § 99 Abs. 1 und 4 GWB, keine Dienstleistungskonzession, weil der Leistungserbringer die ihm zustehende Vergütung ausschließlich und unmittelbar vom öffentlichen Aufgabenträger erhalte. Die beabsichtigte Auftragserteilung sei auch nicht wegen Art. 45, 55 EG-Vertrag von den Vorschriften des GWB-Vergaberegimes ausgenommen. Rettungsdienstleistungen trügen aus der Natur der Sache heraus keinen hoheitlichen Charakter. An der deshalb gebotenen Zurückweisung der sofortigen Beschwerde sehe man sich jedoch durch einen Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. April 2006 (abgedr. u.a. VergabeR 2006, 787) gehindert; denn dem liege die Auffassung zugrunde, dass das Handeln am Rettungsdienst beteiligter Privater der hoheitlichen Betätigung des Staates zuzurechnen sei mit der Folge, dass die Vergabe derartiger Leistungen nicht dem GWB-Vergaberegime unterworfen sei.
8
B. Die Vorlage ist zulässig.
9
Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 GWB liegen vor, wenn das vorlegende Oberlandesgericht als tragende Begründung seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt (BGHZ 154, 32, 35 f. m.w.N.).
10
Eine solche Divergenz ist hier gegeben. Das vorlegende Oberlandesgericht will die sofortige Beschwerde des Antragsgegners mit der Begründung zurückweisen , Rettungsdienstleistungen, die an Private nicht im Wege eines Konzessionsmodells vertraglich übertragen werden sollen, seien nach Maßgabe des GWB-Vergaberegimes zu vergeben. Dieser Rechtssatz stimmt nicht mit der die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. April 2006 tragenden Begründung überein. Dieses Oberlandesgericht stützt seinen Beschluss auf den Rechtssatz, dass solche Rettungsdienstleistungen wegen Art. 45, 55 EG-Vertrag von dem GWB-Vergaberegime ausgenommen sind.
11
C. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere in rechter Frist und Form erhoben; sie ist aber unbegründet. Zu Recht hat die Vergabekammer auf den zulässigen Nachprüfungsantrag hin festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist, weil der Antragsgegner die im Januar 2008 angekündigte Übertragung der Notfallrettung nebst Krankentransport nicht in einem Vergabeverfahren vornehmen will, das die Regeln des Ersten Abschnitts des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und der wegen § 4 VgV ferner geltenden Verdingungsordnung für Leistungen - Teil A einhält.
12
I. Gegen das Erreichen des nach § 100 Abs. 1 GWB erforderlichen Schwellenwerts und gegen die Antragsbefugnis der Antragstellerin (§ 107 Abs. 2 GWB) gibt es ebenso wenig Bedenken wie Anhaltspunkte dafür bestehen , dass die Antragstellerin mit ihrem Begehren nach § 107 Abs. 3 GWB präkludiert sein könnte. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Oberlandesgerichts im Vorlagebeschluss verwiesen werden.
13
II. Näherer Ausführungen bedarf es hingegen im Hinblick darauf, dass sich der Regelungsgehalt des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB beschränkt. Nach der dort gegebenen gesetzlichen Definition sind das entgeltliche Verträge zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen, die, soweit es hier interessiert, Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Auch die sich hieraus ergebenden Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
14
1. Der Antragsgegner ist als Verband im Sinne des § 98 Nr. 3 GWB öffentlicher Auftraggeber.
15
2. Er will mit einem Dritten einen Vertrag abschließen, damit dessen Unternehmen verpflichtet ist, Notfallrettung und Krankentransporte im Sinne des § 2 Abs. 2 SächsBRKG durchzuführen. Ein solcher Vertrag hat Leistungen des Unternehmens zum Gegenstand, die, da keine Waren zu liefern sind und keine Bauausführung oder -planung geschuldet sein soll, gem. § 99 Abs. 4 GWB als Dienstleistungen einzustufen sind.
16
a) Der Feststellung, dass der Vertrag (Dienst)Leistungen zum Gegenstand hat, steht nicht entgegen, dass in Übereinstimmung mit § 31 Abs. 1 SächsBRKG nach dem Wortlaut des zu den Akten gereichten Entwurfs des abzuschließenden Vertrags (dort § 1) die Durchführung der Notfallrettung und des Krankentransports übertragen werden soll, was möglicherweise als Übertragung jedenfalls eines Teils der öffentlichen Aufgabe selbst bzw. als Anvertrauen eines öffentlichen Amts verstanden werden könnte. Ein solcher Inhalt der Vereinbarung änderte nämlich nichts daran, dass der Vertrag sich über Leistungen verhält, zu denen ein Dritter aufgrund der vertraglichen Vereinbarung verpflichtet sein soll, was nach der Rechtsprechung des Senats bereits zur Anwendung von § 99 Abs. 1 GWB führt (BGHZ 162, 116, 128). Denn der Leistungserbringer soll - wie es in § 2 Abs. 2 Satz 2 SächsBRKG heißt - lebensrettende Maßnahmen bei Notfallpatienten durchführen, deren Transportfähigkeit herstellen, sie unter fachgerechter Betreuung in ein Krankenhaus befördern, anderen Kranken , Verletzten oder sonstigen Hilfsbedürftigen Hilfe leisten und auch diese Personen befördern. Dass es bei dem abzuschließenden Vertrag um die Pflicht zur Erbringung gerade auch dieser Dienstleistungen geht, wird nicht zuletzt daran deutlich, dass der Antragsgegner nach § 31 Abs. 7 SächsBRKG diese Tätigkeiten ansonsten mit eigenen Kräften durchführen müsste (vgl. auch hierzu BGHZ 162, 115, 126).
17
b) Unerheblich ist auch, dass § 31 Abs. 1 SächsBRKG den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags vorschreibt und auch der Vertragsentwurf eine Vereinbarung dieser rechtlichen Art vorsieht. Denn § 99 Abs. 1 GWB unterscheidet nicht nach der Rechtsnatur des abzuschließenden Vertrags. Er weist Rechtsgeschäfte allein deshalb dem GWB-Vergaberegime zu, weil der öffentliche Auftraggeber Leistungen durch einen Dritten für wünschenswert oder notwendig erachtet und dies zum Anlass nimmt, deren Erbringung auf vertraglichem Weg und nicht in anderer Weise, etwa durch einen Beleihungsakt (vgl. hierzu Burgi, NVwZ 2007, 383), sicherzustellen (vgl. BGHZ 148, 55, 61), wobei angesichts des zu beurteilenden Sachverhalts dahinstehen kann, ob fallweise - etwa zur Vermeidung von Umgehungsmöglichkeiten - auch eine Beauftragung auf vertragsähnlichem Wege ausreichen kann.
18
3. Da in dem Vertragsentwurf vorgesehen ist (dort § 5), dass der Leistungserbringer vom Aufgabenträger für die Durchführung der übernommenen Tätigkeiten bzw. Aufgabe den im Angebot geforderten Eurobetrag als Vergütung erhält, soll schließlich auch ein entgeltlicher Vertrag abgeschlossen werden. Denn die erforderliche Entgeltlichkeit liegt jedenfalls dann vor, wenn der öffentliche Auftraggeber sich durch ein einheitliches Leistungsaustauschgeschäft zu einer geldwerten Gegenleistung für die Leistung des Unternehmens verpflichtet (vgl. BGHZ 162, 116, 129 m.w.N.).
19
4. Auf die von dem vorlegenden Oberlandesgericht einerseits und dem Oberlandesgericht Düsseldorf (aus der vergaberechtlichen Rspr. wie oder ähnlich wie dieses OLG Celle NZBau 2000, 299; OLG Naumburg VergabeR 2001, 134 u. Beschl. v. 11.07.2008 - 1 Verg 5/08; BayObLG VergabeR 2003, 563 f.; OLG Brandenburg NZBau 2005, 236 u. Beschl. v. 18.09.2008 - VergW 9/04) andererseits kontrovers diskutierte und den eigentlichen Grund für die Divergenzvorlage bildende Frage, ob von der Ankündigung des Antragsgegners betroffene Tätigkeiten dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, so dass durch sie nach der Vorgabe von Art. 45, 55 EG-Vertrag weder die Niederlassungsfreiheit noch die Dienstleistungsfreiheit in den Mitgliedstaaten berührt wird, kommt es nicht an.
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Die sich aus Art. 45, 55 EG-Vertrag ergebende so genannte Bereichsausnahme beschränkt sich nach dem Wortlaut von Art. 45 und dessen Zweck darauf, die Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, Ausländer von den dort genannten Tätigkeiten im Inland fernzuhalten (EuGH, Urt. v. 21.06.1974 - 2/74, Slg. 1974, 631 Rdn. 44); ein Zwang für den nationalen Gesetzgeber ist damit nicht verbunden. Die Reichweite des durch den Ersten Abschnitt des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eröffneten Vergaberegimes bestimmt sich mithin nach deutschem Recht. Nur wenn oder soweit das deutsche Gesetz einen bestimmten Dienstleistungsverkehr hiervon ausnähme, könnten der EG-Vertrag oder auf seiner Grundlage erlassene europäische Rechtsakte noch Bedeutung erlangen, nämlich dann, wenn das Gemeinschaftsrecht der Bundesrepublik Deutschland Derartiges untersagte (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 18.12.2007 - C-357/06, ZfBR 2008, 400, 403). Die Vergabe von Dienstleistungen der hier interessierenden Art ist nach nationalem Recht jedoch nicht von dem GWB-Vergaberegime ausgenommen, wie die Auslegung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen ergibt.
21
a) Ausgangspunkt für diese Auslegung ist - wie stets - der Gesetzeswortlaut. Dieser weist die beabsichtigte Vergabe von Rettungsdienstleistungen aber eindeutig dem GWB-Vergaberegime zu, weil § 99 Abs. 1 GWB allein darauf abstellt, dass die Leistung in dem bereits erörterten Sinne Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags zwischen öffentlichem Auftraggeber und Unterneh- men werden soll. Es kommt hinzu, dass das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen selbst in § 100 Abs. 2 einen allgemein als abschließend angesehenen Katalog von Verträgen benennt, für die das GWB-Vergaberegime nicht gelten soll, ohne darin Aufträge der im Januar 2008 vom Antragsgegner angekündigten Art aufgenommen zu haben.
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b) Die Geltung des GWB-Vergaberegimes auch für die Vergabe dieser Verträge und das dabei einzuhaltende Verfahren kann auch nicht als mit dem Zweck des Gesetzes unvereinbar angesehen werden, der zur Auslegung ebenfalls herangezogen werden muss (BGHZ 162, 116, 126). Die hierzu ergangenen Vorschriften dienen dazu, unter Wahrung von Transparenz und Gleichbehandlung am Auftrag Interessierter der öffentlichen Hand zu ermöglichen und sie anzuhalten, möglichst unter Nutzung vorhandenen Wettbewerbs das wirtschaftlichste Angebot zu erhalten und wahrzunehmen. Dieser Zweck kann ohne weiteres auch für die im Streitfall interessierenden Verträge Geltung beanspruchen. Es erscheint geradezu sinnvoll, auch diese Nachfrage der öffentlichen Hand in der nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorgesehenen Weise abzuwickeln, nicht zuletzt angesichts des auch vom vorlegenden Oberlandesgericht herangezogenen Umstands, dass es bekanntermaßen althergebrachter Praxis entspricht, die fraglichen Leistungen durch außerhalb des Staates stehende Organisationen oder Unternehmen, häufig sogar auf rein privatrechtlicher Grundlage, erbringen zu lassen. Insoweit besteht ein wesentlicher Unterschied zu Verträgen, die nach der Rechtsprechung des Senats § 99 Abs. 1 GWB nicht unterfallen, obwohl auch sie in den Ausnahmekatalog des § 100 Abs. 2 GWB nicht aufgenommen sind (BGHZ 148, 155), nämlich zu Verträgen mit Unternehmen, deren alleiniger Anteilseigner der öffentliche Auftraggeber ist, über die er eine Kontrolle wie über eigene Dienststellen ausübt und die ihre Tätigkeit im Wesentlichen für diesen öffentlichen Auftraggeber verrichten. Denn dann wird der Sache nach kein anderer beauftragt; die Tätigkeit wird vielmehr von einer Stelle erbracht, die der öffentlichen Verwaltung bzw. dem Geschäftsbetrieb des öffentlichen Auftraggebers zuzurechnen ist, so dass für einen geregelten Wettbewerb schon von vornherein kein Raum ist.
23
c) Schließlich führt auch die historische Auslegungsmethode zu keinem anderen Ergebnis. Ein vom Wortlaut her gebotenes und vom Gesetzeszweck getragenes Auslegungsergebnis bedarf nicht des Nachweises entsprechenden gesetzgeberischen Willens. Es kann lediglich dann in Frage gestellt sein, wenn ein entgegenstehender gesetzgeberischer Wille feststeht. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, wobei der Senat unterstellt, dass die bereits erwähnte Bereichsausnahme europarechtlich die Vergabe von Aufträgen über Rettungsdienstleistungen nach Maßgabe des § 31 SächsBRKG erfasst.
24
Es kann nicht schon deshalb angenommen werden, das sich unter dieser Prämisse ergebende Hinausgehen über das nach dem Gemeinschaftsrecht Notwendige sei nicht vom Willen des deutschen Gesetzgebers gedeckt, weil Anlass für das am 1. Januar 1999 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung der Rechtsgrundlagen für die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergaberechtsänderungsgesetz - VgRÄG) vom 26. August 1998 (BGBl. I 2512) europarechtliche Vorgaben waren (vgl. EuGH, Urt. v. 11.08.1995 - C-433/93, Slg. 1995, 2317 Rdn. 18 f.; Urt. v. 02.05.1996 - C-253/95, Slg. 1996, 2430 Rdn. 15). Denn der vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften angemahnte Umsetzungsbedarf betraf nicht den Umfang der vom nationalen Vergaberecht erfassten Geschäfte, sondern ein Defizit an Rechtsschutz für die Bieter, weil die so genannte haushaltsrechtliche Lösung (2. Gesetz zur Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes v. 26.11.1993, BGBl. 1993 I 1928) keine individuellen einklagbaren Rechtsansprüche der am Auftrag interessierten Unternehmen begründet hatte (vgl. BT-Drucks. 12/4636, S. 12). Ebenso wenig folgt ein der vorgenommenen Auslegung entgegenstehender gesetzgeberischer Wille daraus, dass im Gesetzgebungsverfahren wiederholt der Wunsch geäußert worden ist, ausschließlich europarechtliche Vorgaben, insbesondere diejenigen der Vergaberichtlinien, umzusetzen. Denn dieser Wunsch hat tatsächlich keine vollständige Erfüllung gefunden. Das zeigt sich schon daran, dass im Falle einer echten Chance auf den Zuschlag die Richtlinie 92/13/EWG vom 25. Februar 1992 (ABl. Nr. L 76 v. 23.02.1992, S. 14; dort Art. 2 Abs. 7) nur den Nachweis eines ursächlichen Schadens im Streit um die Kosten der Vorbereitung des Angebots oder der Teilnahme an einem Vergabeverfahren erleichtert wissen wollte, und dies auch nur bei Auftragsvergaben im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor, während nach § 126 GWB die echte Chance auf den Zuschlag und deren Beeinträchtigung den Anspruch bereits auslösen, und zwar in allen Fällen, in denen ein Bieter Kostenerstattung verlangt, der sich durch eine erfolgte fehlerhafte Vergabe benachteiligt fühlt. Im Gesetzgebungsverfahren hätte demgemäß schon hervorgetreten sein müssen, dass vom GWB-Vergaberechtsregime trotz des entgegenstehenden allgemeinen Wortlauts von § 99 Abs. 1 GWB der sogenannten Bereichsausnahme unterfallende Verträge oder konkret solche der hier interessierenden Art ausgenommen sein sollen (a.A. z.B. Burgi, NVwZ 2007, 383, 385). Hieran fehlt es jedoch.
25
5. Diese Ausnahme ergibt sich schließlich auch nicht, wenn man die auch für das nationale Recht weitverbreitete Auffassung zu Grunde legt, Dienstleistungskonzessionen seien - sehe man davon ab, dass die sogenannten Grundfreiheiten des EG-Vertrags und der von dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hieraus abgeleitete Transparenzgrundsatz zu beachten seien - "vergaberechtsfrei" (so wörtlich Dreher/Stockmann, Kartellvergaberecht, § 99 GWB Rdn. 121). Denn zu Recht hat das vorlegende Oberlandesgericht festgestellt, dass im Streitfall keine Dienstleistungskonzession betroffen ist. Als ein derartiges Rechtsgeschäft werden in Übereinstimmung mit der Definition in Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 2004/18/EG vom 31. März 2004 (ABl. Nr. L 134 S. 114) Verträge angesehen, bei denen die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistung ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. Notwendig ist danach, dass der Auftragnehmer ein Nutzungsrecht an der Dienstleistung erhält, die erbracht werden soll. Die Einräumung eines solchen Rechts ist nach dem bereits mehrfach erwähnten Vertragsentwurf im Streitfall jedoch nicht vorgesehen. Der Leistungserbringer soll nicht hierdurch in die Lage versetzt werden, von dem Benutzer oder dessen Krankenkasse eine Vergütung zu verlangen, sondern die Vergütung ausschließlich durch Geldzahlung des Aufgabenträgers erhalten. Nach § 5 des Vertragsentwurfs soll die so zu erbringende jährliche Vergütung zudem für die gesamte Laufzeit des Vertrags mit der Möglichkeit einer Anpassung im Falle wesentlicher tatsächlicher Veränderungen festgelegt sein. Demgemäß kann auch keine Rede davon sein, dass der Leistungserbringer ein Betriebs- oder Vergütungsrisiko trage. Er hat ausschließlich die öffentliche Hand als Schuldner. Wie diese ihrerseits die für die im Vorhinein vereinbarte Vergütung erforderlichen Mittel beschafft, berührt das Verhältnis zum Leistungserbringer nicht.
26
6. Nach allem darf der Antragsgegner sich nicht darauf beschränken, die mit seiner Bekanntmachung vom 17. Januar 2008 nachgefragten Dienstleistungen nach Maßgabe des in der Sächsischen Landesrettungsdienstplanverordnung näher geregelten Auswahlverfahrens zu vergeben. Angesichts der Feststellung der Vergabekammer, dass Leistungen der Kategorie 25 des Anhangs I B zur VOL/A 2006 betroffen sind und des mit der sofortigen Beschwerde nicht angegriffenen und daher hier auch nicht zur Überprüfung stehenden Ausspruchs, dass deshalb § 1a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A 2006 eingreift, hat der Antragsgegner vielmehr - vorbehaltlich einer anderen Anschlussbeschwerdeentscheidung - jedenfalls nach Maßgabe der Basisparagraphen des Abschnitts 2 der VOL/A 2006 sowie der §§ 8a und 28a dieses Abschnitts im Rahmen des durch den Ersten Abschnitt des Vierten Teils des GWB geschaffenen Vergaberegimes zu verfahren.
27
Der Umstand, dass der Landesgesetzgeber ein besonderes Auswahlverfahren geschaffen hat, entbindet hiervon (entgegen dem vom OLG Naumburg VergabeR 2008, 821 hieraus gezogenen Schluss) nicht, weil eine Kompetenz des Freistaates Sachsen zur Einschränkung des bundeseinheitlichen Vergaberechts nicht mehr bestand, nachdem der Bund den Vierten Teil des GWB geschaffen hatte (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1, 11, 16, Art. 109 Abs. 3 GG).
28
D. Entgegen der Meinung der Antragstellerin hat der Senat nicht über die Anschlussbeschwerde zu entscheiden. Wenn es in § 124 Abs. 2 GWB heißt, im Falle einer Divergenz lege das Oberlandesgericht die Sache dem Bundesgerichtshof vor, so bedeutet dies nicht, dass immer und ausnahmslos der gesamte noch anhängige Nachprüfungsstreit dem Bundesgerichtshof vorzulegen ist. Die Vorlagepflicht besteht nur, soweit die Entscheidung des Bundesgerichtshofs anstelle des Oberlandesgerichts notwendig ist, um den abtrennbaren Teil des Streits zu erledigen, dessen Bescheidung nach Ansicht des vorlegenden Oberlandesgerichts von der zum Anlass der Vorlage genommenen Divergenz abhängt. Dementsprechend hat das Oberlandesgericht die Vorlage zu Recht auf die sofortige Beschwerde beschränkt. Ob der Senat, etwa aus Gründen der Prozessökonomie, befugt wäre, die Anschlussbeschwerde an sich zu ziehen, kann dahinstehen, weil der Senat im Streitfall keine Gründe für eine solche Maßnahme zu erkennen vermag.
29
E. In Anbetracht der Tatsache, dass nach allem das Oberlandesgericht über die Anschlussbeschwerde noch zu beschließen hat, bleibt die Kostenentscheidung insgesamt der Schlussentscheidung des Oberlandesgerichts überlassen.
30
F. Von einer mündlichen Verhandlung sieht der Senat ab, weil die Sache eilbedürftig und angesichts des unstreitigen Sachverhalts von einem Termin vor dem Senat eine weitere Sachaufklärung nicht zu erwarten ist. Hier kommt noch hinzu, dass der durch die Entscheidung des Senats allein beschwerte Antragsgegner vorgebracht hat, "eine mündliche Verhandlung dürfte entbehrlich sein".
Melullis Scharen Mühlens
Gröning Meier-Beck
Vorinstanz:
OLG Dresden, Entscheidung vom 04.07.2008 - WVerg 4/08 -

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(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn

1.
das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat,
2.
das Unternehmen zahlungsunfähig ist, über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder eröffnet worden ist, die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, sich das Unternehmen im Verfahren der Liquidation befindet oder seine Tätigkeit eingestellt hat,
3.
das Unternehmen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, durch die die Integrität des Unternehmens infrage gestellt wird; § 123 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden,
4.
der öffentliche Auftraggeber über hinreichende Anhaltspunkte dafür verfügt, dass das Unternehmen mit anderen Unternehmen Vereinbarungen getroffen oder Verhaltensweisen aufeinander abgestimmt hat, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken,
5.
ein Interessenkonflikt bei der Durchführung des Vergabeverfahrens besteht, der die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit einer für den öffentlichen Auftraggeber tätigen Person bei der Durchführung des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte und der durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam beseitigt werden kann,
6.
eine Wettbewerbsverzerrung daraus resultiert, dass das Unternehmen bereits in die Vorbereitung des Vergabeverfahrens einbezogen war, und diese Wettbewerbsverzerrung nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen beseitigt werden kann,
7.
das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat,
8.
das Unternehmen in Bezug auf Ausschlussgründe oder Eignungskriterien eine schwerwiegende Täuschung begangen oder Auskünfte zurückgehalten hat oder nicht in der Lage ist, die erforderlichen Nachweise zu übermitteln, oder
9.
das Unternehmen
a)
versucht hat, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen,
b)
versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die es unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder
c)
fahrlässig oder vorsätzlich irreführende Informationen übermittelt hat, die die Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers erheblich beeinflussen könnten, oder versucht hat, solche Informationen zu übermitteln.

(2) § 21 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, § 98c des Aufenthaltsgesetzes, § 19 des Mindestlohngesetzes, § 21 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 22 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2959) bleiben unberührt.

(1) Mehrere öffentliche Auftraggeber können vereinbaren, bestimmte öffentliche Aufträge gemeinsam zu vergeben. Dies gilt auch für die Auftragsvergabe gemeinsam mit öffentlichen Auftraggebern aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die Möglichkeiten zur Nutzung von zentralen Beschaffungsstellen bleiben unberührt.

(2) Soweit das Vergabeverfahren im Namen und im Auftrag aller öffentlichen Auftraggeber insgesamt gemeinsam durchgeführt wird, sind diese für die Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren gemeinsam verantwortlich. Das gilt auch, wenn ein öffentlicher Auftraggeber das Verfahren in seinem Namen und im Auftrag der anderen öffentlichen Auftraggeber allein ausführt. Bei nur teilweise gemeinsamer Durchführung sind die öffentlichen Auftraggeber nur für jene Teile gemeinsam verantwortlich, die gemeinsam durchgeführt wurden. Wird ein Auftrag durch öffentliche Auftraggeber aus verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinsam vergeben, legen diese die Zuständigkeiten und die anwendbaren Bestimmungen des nationalen Rechts durch Vereinbarung fest und geben das in den Vergabeunterlagen an.

(3) Die Bundesregierung kann für Dienststellen des Bundes in geeigneten Bereichen allgemeine Verwaltungsvorschriften über die Einrichtung und die Nutzung zentraler Beschaffungsstellen sowie die durch die zentralen Beschaffungsstellen bereitzustellenden Beschaffungsdienstleistungen erlassen.

(1) Sektorenauftraggeber sind

1.
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben,
2.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, wenn
a)
diese Tätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt wird, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder
b)
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3 auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können.

(2) Besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a sind Rechte, die dazu führen, dass die Ausübung dieser Tätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Keine besonderen oder ausschließlichen Rechte in diesem Sinne sind Rechte, die aufgrund eines Verfahrens nach den Vorschriften dieses Teils oder aufgrund eines sonstigen Verfahrens gewährt wurden, das angemessen bekannt gemacht wurde und auf objektiven Kriterien beruht.

(3) Die Ausübung eines beherrschenden Einflusses im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b wird vermutet, wenn ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3

1.
unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt,
2.
über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder
3.
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

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Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsstellerin gegen die Kostengrundentscheidung der Vergabekammer Rheinland Pfalz im Beschluss vom 11. Dezember 2008 wird als unbegründet verworfen.

2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Beschwerdegegnerin.

3. Der Beschwerdewert wird auf 20.078 € festgesetzt.

Gründe

1

1. Die Beschwerdegegnerin ist eine Kapitalgesellschaft ohne staatliche oder kommunale Anteilseigner. Sie betreibt derzeit mit eigenen Anlagen das Container-Terminal auf dem im Eigentum der Stadtwerke Mainz AG stehenden Gelände des vor rund 120 Jahren erbauten Zoll- und Binnenhafens in Mainz.

2

Das Hafengelände soll in ein neues Stadtviertel umgewandelt werden. Flussabwärts auf der Ingelheimer Aue entsteht ein moderner Hafen. Das neue Container-Terminal wird von der Beschwerdegegnerin errichtet, die Fördermittel des Bundes in einer Größenordnung von 30 % der Gesamtinvestitionskosten (> 5,15 Mio. €) erhalten soll. Die notwendige Grundfläche wird von der Stadtwerke Mainz AG durch Einräumung eines Erbbaurechts zur Verfügung gestellt.

3

Im Juli 2008 schrieb die Beschwerdegegnerin als ersten Bauabschnitt die Errichtung einer Kaiumschlagsanlage EU-weit aus. Möglicherweise vor dem Hintergrund der „Ahlhorn-Rechtsprechung“ des OLG Düsseldorf bezeichnete sie sich in der Bekanntmachung als Baukonzessionär…, der kein öffentlicher Auftraggeber ist.“ Einen Hinweis auf das Nachprüfungsverfahren und die zuständige Vergabekammer enthielt die Bekanntmachung nicht.

4

In Teil A der von der Beschwerdeführerin angeforderten Verdingungsunterlagen heißt es unter der Überschrift „Auftraggeber“:

5

"Die F. Container Terminals GmbH ist eine Gesellschaft privaten Rechts ohne Beteiligung öffentlicher Auftraggeber. Die Verpflichtung der F. Container Terminals GmbH zur europaweiten Ausschreibung dieses Auftrages ergibt sich aus § 98 Nr. 6 GWB, § 32a Nr. 2 VOB/A, aufgrund der Übertragung einer Baukonzession. Die F. Container Terminals GmbH ist der Baukonzessionär".

6

An anderer Stelle ist zu lesen:

7

„Das Verfahren zur Nachprüfung … richtet sich nach den Vorschriften der §§ 102 ff GWB. Zuständig ist die Vergabekammer Rheinland-Pfalz …“

8

Nachdem der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden war, dass die Beigeladene den Auftrag erhalten solle, und ihre Rüge erfolglos geblieben war, stellte sie mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 24. Oktober 2008 einen Nachprüfungsantrag. Zur Auftraggebereigenschaft der Beschwerdegegnerin und damit zum Anwendbarkeit des 4. Teils des GWB trug sie vor:

9

„Die Antragsgegnerin ist öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 5 GWB. § 98 Nr. 5 GWB findet Anwendung, wenn ein Baukonzessionär Bauaufträge vergibt und diese Maßnahme durch öffentliche Stellen mit einem Anteil von über 50% der Baukosten bezuschusst ist; § 98 Nr. 5 GWB ist in diesem Fall vorrangig vor § 98 Nr. 6 GWB (VK Rheinland- Pfalz, Beschluss vom 09. Februar 2002, Az. VK 24/02; Weyand, Praxiskommentar 2007, § 98 GWB Rn 949). Baukonzessionäre, die nach anderen Vorschriften als § 98 Nr. 6 GWB öffentliche Auftraggeber sind, müssen ab Überschreitung des Schwellenwertes die a- §§ der VOB/A anwenden (Weyand, aaO, § 32a VOB/A, Rn 6135). Wie allgemein bekannt ist, ist die gesamte Entwicklung des Hafengebietes Mainz mit öffentlichen Mitteln bezuschusst, so dass von einer Förderung der Baukosten zu mehr als 50% auszugehen ist.

10

Daneben wäre die Antragsgegnerin auch als nichtöffentlicher Baukonzessionär nach den Grundsätzen eines vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses zur Anwendung der Vorschriften der VOB/A verpflichtet, da die Antragsgegnerin in Teil A – Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes – unter Ziffer 1 ausführt, dass sie zur „europaweiten Ausschreibung gemäß § 98 Nr. 6 GWB, § 32a Nr. 2 VOB/A verpflichtet‘ sei und sich im Verfahren so geriert, als ob sie sämtliche Vorschriften der VOB/A zu beachten habe.“

11

In ihrer Erwiderung trug die Beschwerdegegnerin vor, dass die öffentlichen Fördermittel weit unter der 50%-Marke blieben. Auch sei sie kein Baukonzessionär im Sinne des § 98 Nr. 6 GWB, weil sie mit keinem öffentlichen Auftraggeber einen Vertrag über die Errichtung eines Bauwerks geschlossen habe. Die gegenteilige Angabe in den Verdingungsunterlagen beruhe auf einem Irrtum.

12

Im weiteren Verlauf des Nachprüfungsverfahrens argumentierte die Beschwerdeführerin, die Beschwerdegegnerin wolle den Auftrag zwar in eigenem Namen, aber im Interesse und auf Rechnung des Hafeneigentümers und damit eines öffentlichen Auftraggebers vergeben, weshalb nach einer Entscheidung der VK Bund vom 8. Juni 2006 (VK2-114/05) der Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB eröffnet sei. Sollte es sich aber bei der Antragsgegnerin weder um eine mittelbare Vertreterin der Stadtwerke Mainz AG noch um eine öffentliche Auftraggeberin in Sinne des § 98 Nr. 5 GWB handeln, lasse die vorliegende Sachverhaltskonstellation jedenfalls den Schluss zu, dass der Antragsgegnerin eine Baukonzession erteilt worden sei. Die Verlegung des Hafens sei integraler Bestandteil der städtebaulichen Entwicklung in Mainz. Es müsse also einen Vertrag geben, auf den die Ahlhorn-Rechtsprechung anwendbar sei.

13

Die Beschwerdegegnerin legte daraufhin schriftsätzlich dar, dass sie von der Stadt oder den Stadtwerken keinen einzigen Euro erhalte, sondern den Auftrag auf eigene Rechnung und in eigenem Interesse als künftige Betreiberin des Container-Terminals erteilen werde. Auch existierten keine Verträge, die sie direkt oder indirekt verpflichteten, auf der Ingelheimer Au zu bauen; der Abschluss entsprechender Verträge sei auch nicht beabsichtigt.

14

Hierauf erwiderte die Beschwerdeführerin mit der Vermutung, die Vereinbarung einer Bauverpflichtung sei für die Zeit nach der Zuschlagserteilung geplant. Weiterhin legte sie dar, warum aus ihrer Sicht eine 50% übersteigende öffentliche Förderung vorliege. Schließlich berief sie sich erstmal darauf, die Beschwerdegegnerin sei auch Sektorenauftraggeberin nach § 98 Nr. 4 GWB, weil sie eine Tätigkeit im Verkehrsbereich ausübe.

15

In den Schriftsätzen vom 3. und 11. Dezember 2008 (S. 5 bzw. S. 3) hob der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin durch entsprechende Formatierung hervor, er berufe sich nur „ hilfsweise “ darauf, dass die Beschwerdegegnerin öffentliche Auftraggeberin gemäß § 98 Nr. 6 GWB sei.

16

Die Beigeladene beteiligte sich mit Schriftsätzen und Anträgen an dem Verfahren vor der Vergabekammer. Ihr Ziel war die Zurückweisung des Nachprüfungsantrags als unzulässig, hilfsweise als unbegründet.

17

2. Am 11. Dezember 2008 erließ die Vergabekammer einen Beschluss mit folgendem Tenor:

18

„1. Der Nachprüfungsantrag wird als unzulässig verworfen.

19

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Vergabestelle und der Beigeladenen.

20

3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten war sowohl für die Vergabestelle als auch für die Beigeladene notwendig.“

21

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde greift die Beschwerdeführerin – was zulässig ist – nur die Kostengrundentscheidung an mit dem Ziel, den Tenor der angefochtenen Entscheidung unter 2. wie folgt zu ändern:

22

„Die Antragsgegnerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin und der Beigeladenen.“

23

Außerdem soll festgestellt werden, dass ihre anwaltliche Vertretung im Nachprüfungsverfahren notwendig gewesen war.

24

Sie ist der Auffassung, die gesamten Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer müssten der Beschwerdegegnerin auferlegt werden, weil diese durch ihr Auftreten als Baukonzessionärin den Nachprüfungsantrag provoziert habe. Zwar sei nach § 128 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 GWB grundsätzlich der Unterlegene kostentragungspflichtig. Etwas anderes müsse aber hier gelten, weil die Beschwerdegegnerin als Verursacher des Nachprüfungsverfahrens anzusehen sei. Sie selbst habe sich als Baukonzessionärin nach § 98 Nr. 6 GWB bezeichnet und auch auf die Möglichkeit eines Nachprüfungsverfahrens hingewiesen. In Anwendung des § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB in Verbindung mit § 80 Abs. 1 Satz 4 VwVfG oder in entsprechender Anwendung des § 155 Abs. 4 VwGO müsse die Beschwerdegegnerin alle Kosten als von ihr verschuldet tragen.

25

3. Das Rechtsmittel, über das der Senat mit Zustimmung aller Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung folgt den Vorgaben des § 128 GWB, der abschließend bestimmt, wie die Kostengrundentscheidung zu treffen ist. Die entsprechende Anwendung von Kostennormen anderer Verfahrensordnungen, die eine abweichende Kostenverteilung zuließen, kommt mangels einer (planwidrigen) Regelungslücke nicht in Betracht. Eine von den gesetzlichen Vorgaben abweichende Kostenentscheidung aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit sieht das geltende Recht nicht vor.

26

a) Nach § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB trägt der Unterlegene – hier also die Beschwerdeführerin – die Verfahrenskosten (Gebühren und Auslagen der Vergabekammer). Diese eindeutige, weder lückenhafte noch einer vom Wortlaut abweichenden Auslegung zugängliche Regelung schließt eine an Billigkeitserwägungen orientierte Kostengrundentscheidung aus (siehe auch OLG Düsseldorf v. 02.07.2003 - Verg 29/03 - juris).

27

b) Nach § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB, einer ebenfalls eindeutigen Norm, hat der Unterlegene die notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. Hat eine Antragstellerin wie hier mit ihrem Nachprüfungsantrag keinen Erfolg, muss sie der Vergabestelle, aber auch einem aktiven Beigeladenen, der sich ebenfalls mit Erfolg gegen den Nachprüfungsantrag gewandt hat, die notwendigen Auslagen erstatten (siehe auch BGH v. 26.09.2006 - X ZB 14/06 - juris zu dem umgekehrten Fall des gemeinsamen Unterliegens der Vergabestelle und des Beigeladenen).

28

c) Eine Kostengrundentscheidung zugunsten der Vergabestelle ist auch nicht nach § 128 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. der § 80 Abs. 1 Satz 4 VwVfG entsprechenden landesgesetzlichen Regelung des § 19 Abs. 1 Satz 4 AGVwGO ausgeschlossen. Diese Vorschrift regelt überhaupt nicht die grundsätzliche Kostentragungspflicht, sondern bestimmt, dass ein Erstattungsberechtigter die durch sein Verschulden entstandenen Aufwendungen selbst zu tragen hat. Gemeint sind also einzelne ausscheidbare Aufwendungen, die im Verfahren entstanden sind und vermeidbar gewesen wären. § 19 Abs. 1 Satz 4 AGVwGO bietet somit keine Rechtsgrundlage für eine von § 128 Abs. 2 GWB abweichende Kostengrundentscheidung mit der Begründung, das Nachprüfungsverfahren als solches sei vermeidbar gewesen (siehe auch BVerwG NVwZ 1988, 249; VG München v. 13.06.2001 - M 17 K 98.5674 - juris).

29

4. Eine Vorlage zum BGH gemäß § 124 Abs. 2 GWB ist nicht veranlasst. Zwar hat das OLG Rostock mit Beschluss vom 20.09.2006 (17 Verg 8/06 - juris - VergabeR 2007, 394) einer Vergabestelle, die einen erfolglosen Nachprüfungsantrag „provoziert“ hatte, in entsprechender Anwendung des § 155 Abs. 4 VwGO die Kosten des Verfahrens auferlegt (ohne eine durch Analogie zu schließende Regelungslücke aufzuzeigen). Dem vorliegenden Fall liegt jedoch ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde.

30

Auch wenn man eine analoge Anwendung des § 155 Abs. 4 VwGO (oder des § 93 ZPO) grundsätzlich für möglich hielte, wäre hier eine von § 128 Abs. 3 u. 4 GWB abweichende Kostengrundentscheidung nicht geboten. Zwar hatte sich die Beschwerdegegnerin in der Bekanntmachung – nach der insoweit bestandskräftigen Entscheidung der Vergabekammer zu Unrecht – als öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 6 GWB (Baukonzessionär) bezeichnet. Der Nachprüfungsantrag und die nachfolgenden Schriftsätze des Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin erwecken aber nicht gerade den Eindruck, dies sei ursächlich für die Entscheidung gewesen, ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten. Vielmehr spielte der Fehler der Beschwerdegegnerin bei der Argumentation der Beschwerdeführerin eine eher untergeordnete Rolle (Stichwort: „ hilfsweise “).

31

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Beschwerdeführerin durch eine Erledigungserklärung oder Rücknahme des aussichtslosen Nachprüfungsantrags eine für sie günstigere Kostengrundentscheidung hätte erreichen können, weil dann nach § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 5 AGVwGO zu entscheiden gewesen wäre (siehe Senatsbeschl. v. 08.06.2006 - 1 Verg 4 u. 5/06 - juris).

32

5. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Beschwerdegegnerin (§ 97 Abs. 1 ZPO analog). Die Beigeladene hat sich nicht aktiv am Beschwerdeverfahren beteiligt und ist deshalb bei der Kostenentscheidung nicht zu berücksichtigen (Summa in: jurisPK-VergR, 2. Aufl. 2008, § 128 GWB Rn. 89 f.)

33

6. Da § 50 Abs. 2 GKG keine Anwendung findet, wenn sich die Beschwerde nur gegen eine selbstständig anfechtbare Nebenentscheidung richtet (Summa in: jurisPK-VergR, 2. Aufl. 2008, VT 3 zu § 128 GWB Rn. 16), ist der Beschwerdewert in entsprechender Anwendung des § 3 ZPO auf 20.078 € festzusetzen. Er ergibt sich aus den Kosten und Auslagen, die die Beschwerdeführerin nach der angefochtenen Entscheidung zahlen soll, aber nicht zahlen will. Dies sind nach Mitteilung der anderen Beteiligten und der Vergabekammer

34

7.900 €

(Regelgebühr nach § 128 Abs. 2 GWB in Anlehnung an die Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes)

8.112 €

(Beigelade; 2,0-Gebühr gemäß §§ 13, 14 RVG; Nr. 2300 VV-RVG und Pauschale nach Nr. 7002 VV-RVG)

4.066 €

(Beschwerdegegnerin; 1,0-Gebühr gemäß §§ 13, 14 RVG; Nr. 2301 VV-RVG und Pauschale nach Nr. 7002 VV-RVG)

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Sektorenauftraggeber sind

1.
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben,
2.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, wenn
a)
diese Tätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt wird, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder
b)
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3 auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können.

(2) Besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a sind Rechte, die dazu führen, dass die Ausübung dieser Tätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Keine besonderen oder ausschließlichen Rechte in diesem Sinne sind Rechte, die aufgrund eines Verfahrens nach den Vorschriften dieses Teils oder aufgrund eines sonstigen Verfahrens gewährt wurden, das angemessen bekannt gemacht wurde und auf objektiven Kriterien beruht.

(3) Die Ausübung eines beherrschenden Einflusses im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b wird vermutet, wenn ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3

1.
unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt,
2.
über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder
3.
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.

Wenn ein Unternehmen, bei dem ein Ausschlussgrund vorliegt, keine oder keine ausreichenden Selbstreinigungsmaßnahmen nach § 125 ergriffen hat, darf es

1.
bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 123 höchstens fünf Jahre ab dem Tag der rechtskräftigen Verurteilung von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen werden,
2.
bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 124 höchstens drei Jahre ab dem betreffenden Ereignis von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Bund und Länder sind in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig und voneinander unabhängig.

(2) Bund und Länder erfüllen gemeinsam die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft auf Grund des Artikels 104 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin und tragen in diesem Rahmen den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung.

(3) Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Bund und Länder können Regelungen zur im Auf- und Abschwung symmetrischen Berücksichtigung der Auswirkungen einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung sowie eine Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, vorsehen. Für die Ausnahmeregelung ist eine entsprechende Tilgungsregelung vorzusehen. Die nähere Ausgestaltung regelt für den Haushalt des Bundes Artikel 115 mit der Maßgabe, dass Satz 1 entsprochen ist, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. Die nähere Ausgestaltung für die Haushalte der Länder regeln diese im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen mit der Maßgabe, dass Satz 1 nur dann entsprochen ist, wenn keine Einnahmen aus Krediten zugelassen werden.

(4) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können für Bund und Länder gemeinsam geltende Grundsätze für das Haushaltsrecht, für eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft und für eine mehrjährige Finanzplanung aufgestellt werden.

(5) Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Gemeinschaft im Zusammenhang mit den Bestimmungen in Artikel 104 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin tragen Bund und Länder im Verhältnis 65 zu 35. Die Ländergesamtheit trägt solidarisch 35 vom Hundert der auf die Länder entfallenden Lasten entsprechend ihrer Einwohnerzahl; 65 vom Hundert der auf die Länder entfallenden Lasten tragen die Länder entsprechend ihrem Verursachungsbeitrag. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(1) Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn

1.
das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat,
2.
das Unternehmen zahlungsunfähig ist, über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder eröffnet worden ist, die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, sich das Unternehmen im Verfahren der Liquidation befindet oder seine Tätigkeit eingestellt hat,
3.
das Unternehmen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, durch die die Integrität des Unternehmens infrage gestellt wird; § 123 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden,
4.
der öffentliche Auftraggeber über hinreichende Anhaltspunkte dafür verfügt, dass das Unternehmen mit anderen Unternehmen Vereinbarungen getroffen oder Verhaltensweisen aufeinander abgestimmt hat, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken,
5.
ein Interessenkonflikt bei der Durchführung des Vergabeverfahrens besteht, der die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit einer für den öffentlichen Auftraggeber tätigen Person bei der Durchführung des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte und der durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam beseitigt werden kann,
6.
eine Wettbewerbsverzerrung daraus resultiert, dass das Unternehmen bereits in die Vorbereitung des Vergabeverfahrens einbezogen war, und diese Wettbewerbsverzerrung nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen beseitigt werden kann,
7.
das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat,
8.
das Unternehmen in Bezug auf Ausschlussgründe oder Eignungskriterien eine schwerwiegende Täuschung begangen oder Auskünfte zurückgehalten hat oder nicht in der Lage ist, die erforderlichen Nachweise zu übermitteln, oder
9.
das Unternehmen
a)
versucht hat, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen,
b)
versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die es unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder
c)
fahrlässig oder vorsätzlich irreführende Informationen übermittelt hat, die die Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers erheblich beeinflussen könnten, oder versucht hat, solche Informationen zu übermitteln.

(2) § 21 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, § 98c des Aufenthaltsgesetzes, § 19 des Mindestlohngesetzes, § 21 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 22 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2959) bleiben unberührt.