vorgehend
Oberlandesgericht Nürnberg, 3 AR 1345/07, 02.08.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 247/07
vom
20. August 2007
in dem Gerichtsstandsbestimmungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Bindungswirkung der fehlerhaften Verweisung einer energiewirtschaftsrechtlichen
Verwaltungssache.
BGH, Beschl. v. 20. August 2007 - X ARZ 247/07 - OLG Nürnberg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 20. August 2007
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richterin Mühlens und die
Richter Prof. Dr. Meier-Beck, Asendorf und Gröning

beschlossen:
Zuständiges Gericht ist das Oberlandesgericht München.

Gründe:


1
I. Die Beschwerdeführerin hat beim Oberlandesgericht Nürnberg Beschwerde gegen den Genehmigungsbescheid der Beschwerdegegnerin, der Regierung der Oberpfalz, für die Entgelte für den Stromnetzzugang gemäß § 23a EnWG eingelegt.
2
Mit Beschluss vom 9. März 2007 hat sich das Oberlandesgericht Nürnberg (4. Zivilsenat) nach Anhörung der Beteiligten für unzuständig erklärt und das Beschwerdeverfahren auf Antrag der Beschwerdeführerin an den Kartellsenat des Oberlandesgerichts München verwiesen. Das Oberlandesgericht München (Kartellsenat) hat sich seinerseits mit Beschluss vom 12. Juni 2007 für unzuständig erklärt und das Verfahren an das Oberlandesgericht Nürnberg zurückverwiesen. Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg hat die erneute Übernahme des Beschwerdeverfahrens abgelehnt und die Sache dem 3. Zivilsenat desselben Gerichts zur gerichtlichen Bestimmung der Zuständig- keit vorgelegt. Dieser Senat hat mit Beschluss vom 2. August 2007 die Sache dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
3
II. Der Bundesgerichtshof ist zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen. Dabei kann offenbleiben, ob sich die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs unmittelbar aus § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO oder, wie der vorlegende 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg angenommen hat, aus § 36 Abs. 3 ZPO ergibt. Für ersteres könnte eine gebotene teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 36 Abs. 2 ZPO sprechen. Denn da bei einem Zuständigkeitskonflikt zweier Oberlandesgerichte über ihre erstinstanzliche Zuständigkeit ein nach § 36 Abs. 2 zur Entscheidung berufenes Oberlandesgericht notwendigerweise - wie auch das vorlegende Oberlandesgericht im Streitfall angenommen hat - von der Rechtsauffassung eines der beteiligten Oberlandesgerichte abweichen muss, ergibt sich letztlich ohnehin zwangsläufig die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs, so dass eine vorgeschaltete oberlandesgerichtliche Zuständigkeit nur zu einer Verfahrensverzögerung führt.
4
III. Zuständig ist das Oberlandesgericht München.
5
Allerdings hat dieses zutreffend angenommen, dass die gesetzliche Zuständigkeit an sich beim Oberlandesgericht Nürnberg liegt. Nach § 75 Abs. 4 EnWG entscheidet über die Beschwerde ausschließlich das für den Sitz der Regulierungsbehörde zuständige Oberlandesgericht; dies ist im Streitfall das Oberlandesgericht Nürnberg. Von der durch § 106 Abs. 2 EnWG i.V.m. § 92 Abs. 1 GWB eröffneten Möglichkeit, energiewirtschaftsrechtliche Verfahren durch Rechtsverordnung einem oder einigen der zuständigen Oberlandesgerichte zuzuweisen, hatte die Bayerische Staatsregierung zum Zeitpunkt des Eingangs der Streitsache noch keinen Gebrauch gemacht. An dieser Zuständigkeit ändert auch der Umstand nichts, dass nach § 106 Abs. 1 EnWG die nach § 91 GWB bei den Oberlandesgerichten gebildeten Kartellsenate über die nach dem Energiewirtschaftsgesetz den Oberlandesgerichten zugewiesenen Rechtssachen sowie in den Fällen des § 102 EnWG über die Berufung gegen Endurteile und die Beschwerde gegen sonstige Entscheidungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten entscheiden. Denn § 106 Abs. 1 EnWG regelt wie § 91 GWB lediglich die funktionale Zuständigkeit des bei einem Oberlandesgericht zu bildenden Kartellsenats für die kartell- und energiewirtschaftsrechtlichen Streitverfahren, für die dieses Oberlandesgericht zuständig ist.
6
Gleichwohl ist im Streitfall das Oberlandesgericht München zuständig, weil dieses entsprechend § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO an die Verweisung der Streitsache durch das Oberlandesgericht Nürnberg gebunden ist. Durch die Bindungswirkung hat der Gesetzgeber die Überprüfung der sachlichen Richtigkeit einer Verweisungsentscheidung grundsätzlich ausgeschlossen, um zu vermeiden , dass mehrere Gerichte ihre Zuständigkeit mit der Folge verneinen, dass die Sachprüfung des Rechtsschutzbegehrens zum Nachteil der Verfahrensbeteiligten verzögert wird. Die Bindungswirkung tritt daher nur dann nicht ein, wenn ein Verweisungsbeschluss auf Willkür beruht. Hierfür genügt es aber nicht, dass der Verweisungsbeschluss inhaltlich unrichtig oder sonst fehlerhaft ist; Willkür liegt vielmehr erst dann vor, wenn dem Beschluss jede rechtliche Grundlage fehlt (Sen.Beschl. v. 9.7.2002 - X ARZ 110/02, NJW-RR 2002, 1498; Sen.Beschl. v. 19.1.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Verweisungsbeschluss bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (BVerfGE 29, 45, 49; Sen.Beschl. v. 10.6.2003 - X ARZ 92/03, NJW 2003, 3201; Sen.Beschl. v. 23.1.1996 - X ZB 3/95, MDR 1996, 1032). Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist der Verweisungsbeschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg nicht willkürlich. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat § 106 EnWG unter Berufung auf Kommentarliteratur entnommen, dass die Vorschrift eine Parallelität der Zuständigkeiten nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und dem Energiewirtschaftsgesetz gebiete. Es hat ferner angenommen, dass der Umstand, dass das bayerische Landesrecht keine Zuständigkeitskonzentration für Kartellverwaltungssachen enthalte, ohne Bedeutung sei, weil sich aus dem Sitz der Landeskartellbehörde in München ohnehin eine zu der ausschließlichen Zuständigkeit in Kartellzivilsachen parallele alleinige Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München ergebe. Wenn das Oberlandesgericht Nürnberg hieraus abgeleitet hat, dass in Bayern eine ausschließliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München für sämtliche Kartell- und Energiewirtschaftsrechtssachen bestehe, so kann dies noch nicht als willkürlich angesehen werden.
Melullis Mühlens Meier-Beck
Asendorf Gröning
Vorinstanz:
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 02.08.2007 - 3 AR 1345/07 -

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Tenor Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 23. Juni 2017 aufgehoben.

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(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(1) Die nach § 91 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen bei den Oberlandesgerichten gebildeten Kartellsenate entscheiden über die nach diesem Gesetz den Oberlandesgerichten zugewiesenen Rechtssachen sowie in den Fällen des § 102 über die Berufung gegen Endurteile und die Beschwerde gegen sonstige Entscheidungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten.

(2) Die §§ 92 und 93 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten entsprechend.

(1) Soweit eine kostenorientierte Entgeltbildung im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 erfolgt, bedürfen Entgelte für den Netzzugang nach § 21 einer Genehmigung, es sei denn, dass in einer Rechtsverordnung nach § 21a Abs. 6 die Bestimmung der Entgelte für den Netzzugang im Wege einer Anreizregulierung durch Festlegung oder Genehmigung angeordnet worden ist.

(2) Die Genehmigung ist zu erteilen, soweit die Entgelte den Anforderungen dieses Gesetzes und den auf Grund des § 24 erlassenen Rechtsverordnungen entsprechen. Die genehmigten Entgelte sind Höchstpreise und dürfen nur überschritten werden, soweit die Überschreitung ausschließlich auf Grund der Weitergabe nach Erteilung der Genehmigung erhöhter Kostenwälzungssätze einer vorgelagerten Netz- oder Umspannstufe erfolgt; eine Überschreitung ist der Regulierungsbehörde unverzüglich anzuzeigen.

(3) Die Genehmigung ist mindestens sechs Monate vor dem Zeitpunkt schriftlich oder elektronisch zu beantragen, an dem die Entgelte wirksam werden sollen. Dem Antrag sind die für eine Prüfung erforderlichen Unterlagen beizufügen; auf Verlangen der Regulierungsbehörde haben die Antragsteller Unterlagen auch elektronisch zu übermitteln. Die Regulierungsbehörde kann ein Muster und ein einheitliches Format für die elektronische Übermittlung vorgeben. Die Unterlagen müssen folgende Angaben enthalten:

1.
eine Gegenüberstellung der bisherigen Entgelte sowie der beantragten Entgelte und ihrer jeweiligen Kalkulation,
2.
die Angaben, die nach Maßgabe der Vorschriften über die Strukturklassen und den Bericht über die Ermittlung der Netzentgelte nach einer Rechtsverordnung über die Entgelte für den Zugang zu den Energieversorgungsnetzen nach § 24 erforderlich sind, und
3.
die Begründung für die Änderung der Entgelte unter Berücksichtigung der Regelungen nach § 21 und einer Rechtsverordnung über die Entgelte für den Zugang zu den Energieversorgungsnetzen nach § 24.
Die Regulierungsbehörde hat dem Antragsteller den Eingang des Antrags zu bestätigen. Sie kann die Vorlage weiterer Angaben oder Unterlagen verlangen, soweit dies zur Prüfung der Voraussetzungen nach Absatz 2 erforderlich ist; Satz 5 gilt für nachgereichte Angaben und Unterlagen entsprechend. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verfahren und die Anforderungen an die nach Satz 4 vorzulegenden Unterlagen näher auszugestalten.

(4) Die Genehmigung ist zu befristen und mit einem Vorbehalt des Widerrufs zu versehen; sie kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden. Trifft die Regulierungsbehörde innerhalb von sechs Monaten nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen nach Absatz 3 keine Entscheidung, so gilt das beantragte Entgelt als unter dem Vorbehalt des Widerrufs für einen Zeitraum von einem Jahr genehmigt. Satz 2 gilt nicht, wenn

1.
das beantragende Unternehmen einer Verlängerung der Frist nach Satz 2 zugestimmt hat oder
2.
die Regulierungsbehörde wegen unrichtiger Angaben oder wegen einer nicht rechtzeitig erteilten Auskunft nicht entscheiden kann und dies dem Antragsteller vor Ablauf der Frist unter Angabe der Gründe mitgeteilt hat.

(5) Ist vor Ablauf der Befristung oder vor dem Wirksamwerden eines Widerrufs nach Absatz 4 Satz 1 oder 2 eine neue Genehmigung beantragt worden, so können bis zur Entscheidung über den Antrag die bis dahin genehmigten Entgelte beibehalten werden. Ist eine neue Entscheidung nicht rechtzeitig beantragt, kann die Regulierungsbehörde unter Berücksichtigung der §§ 21 und 30 sowie der auf Grund des § 24 erlassenen Rechtsverordnungen ein Entgelt als Höchstpreis vorläufig festsetzen.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde ist die Beschwerde zulässig. Sie kann auch auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden.

(2) Die Beschwerde steht den am Verfahren vor der Regulierungsbehörde Beteiligten zu.

(3) Die Beschwerde ist auch gegen die Unterlassung einer beantragten Entscheidung der Regulierungsbehörde zulässig, auf deren Erlass der Antragsteller einen Rechtsanspruch geltend macht. Als Unterlassung gilt es auch, wenn die Regulierungsbehörde den Antrag auf Erlass der Entscheidung ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden hat. Die Unterlassung ist dann einer Ablehnung gleich zu achten.

(4) Über die Beschwerde entscheidet ausschließlich das für den Sitz der Regulierungsbehörde zuständige Oberlandesgericht, in den Fällen des § 51 ausschließlich das für den Sitz der Bundesnetzagentur zuständige Oberlandesgericht, und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen eine Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie richtet. § 36 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) Die nach § 91 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen bei den Oberlandesgerichten gebildeten Kartellsenate entscheiden über die nach diesem Gesetz den Oberlandesgerichten zugewiesenen Rechtssachen sowie in den Fällen des § 102 über die Berufung gegen Endurteile und die Beschwerde gegen sonstige Entscheidungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten.

(2) Die §§ 92 und 93 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten entsprechend.

(1) Sind in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet, so können die Rechtssachen, für die nach § 57 Absatz 2 Satz 2, § 73 Absatz 4, §§ 83, 85 und 86 ausschließlich die Oberlandesgerichte zuständig sind, von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung einem oder einigen der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zugewiesen werden, wenn eine solche Zusammenfassung der Rechtspflege in Kartellsachen, insbesondere der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, dienlich ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(2) Durch Staatsverträge zwischen Ländern kann die Zuständigkeit eines Oberlandesgerichts oder Obersten Landesgerichts für einzelne Bezirke oder das gesamte Gebiet mehrerer Länder begründet werden.

(1) Die nach § 91 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen bei den Oberlandesgerichten gebildeten Kartellsenate entscheiden über die nach diesem Gesetz den Oberlandesgerichten zugewiesenen Rechtssachen sowie in den Fällen des § 102 über die Berufung gegen Endurteile und die Beschwerde gegen sonstige Entscheidungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten.

(2) Die §§ 92 und 93 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten entsprechend.

Bei den Oberlandesgerichten wird ein Kartellsenat gebildet. Er entscheidet über die ihm gemäß § 57 Absatz 2 Satz 2, § 73 Absatz 4, §§ 83, 85 und 86 zugewiesenen Rechtssachen sowie über die Berufung gegen Endurteile und die Beschwerde gegen sonstige Entscheidungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach § 87.

(1) Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die sich aus diesem Gesetz ergeben, sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes die Landgerichte ausschließlich zuständig. Satz 1 gilt auch, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer Entscheidung abhängt, die nach diesem Gesetz zu treffen ist.

(2) Die Rechtsstreitigkeiten sind Handelssachen im Sinne der §§ 93 bis 114 des Gerichtsverfassungsgesetzes.

(1) Die nach § 91 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen bei den Oberlandesgerichten gebildeten Kartellsenate entscheiden über die nach diesem Gesetz den Oberlandesgerichten zugewiesenen Rechtssachen sowie in den Fällen des § 102 über die Berufung gegen Endurteile und die Beschwerde gegen sonstige Entscheidungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten.

(2) Die §§ 92 und 93 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten entsprechend.

Bei den Oberlandesgerichten wird ein Kartellsenat gebildet. Er entscheidet über die ihm gemäß § 57 Absatz 2 Satz 2, § 73 Absatz 4, §§ 83, 85 und 86 zugewiesenen Rechtssachen sowie über die Berufung gegen Endurteile und die Beschwerde gegen sonstige Entscheidungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach § 87.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 110/02
vom
9. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Ein Verweisungsbeschluß ist nicht schon deshalb willkürlich, weil er von einer "ganz
überwiegenden" oder "fast einhelligen" Rechtsauffassung abweicht.
BGH, Beschl. v. 9. Juli 2002 - X ARZ 110/02 - OLG Dresden
AG Weißwasser
AG Alsfeld
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 9. Juli 2002 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen,
Keukenschrijver und die Richterin Mühlens

beschlossen:
Zuständig ist das Amtsgericht Alsfeld.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die Erstattung der sonstigen Kosten richtet nach der Kostentscheidung in der Hauptsache.

Gründe:


I. Die Klägerin nimmt den im Bezirk des Amtsgerichts Alsfeld wohnenden Beklagten auf Zahlung von Werklohn in Höhe von 2.154,19 DM (= 1.101,42 ?) für Fliesenlegerarbeiten an einem Bauvorhaben in W. in Anspruch. Das zunächst angerufene Amtsgericht Weiûwasser hat sich nach Anhörung der Parteien mit Beschluû vom 18. Dezember 2001 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Alsfeld verwiesen. Das Amtsgericht Alsfeld hat sich mit Beschluû vom 12. Februar 2002 ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt und die Sache dem Oberlandesgericht Dresden zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
Das Oberlandesgericht Dresden möchte das Amtsgericht Alsfeld als zuständiges Gericht bestimmen. Es sieht sich hieran durch Entscheidungen der Oberlandesgerichte Schleswig (Beschl. v. 24.5.2000 - 2 W 83/00, MDR 2000, 1453) und Naumburg (Beschl. v. 4.1.2001 - 1 AR 54/00, MDR 2001, 769) gehindert. Deshalb hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
II. Die Vorlage ist zulässig. Das Oberlandesgericht Dresden würde sich mit der von ihm beabsichtigten Entscheidung in Widerspruch zu den zitierten Beschlüssen der Oberlandesgerichte Schleswig und Naumburg setzen. Diese haben entschieden, ein Verweisungsbeschluû sei willkürlich und deshalb nicht bindend, wenn das verweisende Gericht von der "fast einhelligen" (so das OLG Schleswig aaO) bzw. "ganz überwiegenden" (so das OLG Naumburg aaO) Auffassung abgewichen ist, wonach Erfüllungsort für eine Werklohnforderung regelmäûig der Ort des Bauwerks ist. Das vorlegende Oberlandesgericht Dresden hält es hingegen mit dem Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit für unvereinbar, eine Verweisung als willkürlich anzusehen, die auf einer vertretbaren Mindermeinung beruht, mag diese auch zahlenmäûig wenig Befürworter haben.
III. Zuständiges Gericht ist das Amtsgericht Alsfeld.
1. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäû § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl das Amtsgericht Weiûwasser als auch das Amtsgericht Alsfeld haben sich in unanfechtbaren Beschlüssen für örtlich unzuständig erklärt.
2. Das Amtsgericht Alsfeld ist örtlich zuständig. Der Verweisungsbeschluû des Amtsgerichts Weiûwasser ist gemäû § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO bindend.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Verweisungsbeschluû nicht als verbindlich hingenommen werden, wenn er auf Willkür beruht. Hierfür genügt es aber nicht, daû der Beschluû inhaltlich unrichtig oder sonst fehlerhaft ist. Willkür liegt vor, wenn dem Beschluû jede rechtliche Grundlage fehlt (Sen.Beschl. v. 19.1.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273). Dies ist auch dann der Fall, wenn die Entscheidung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständig erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (BVerfGE 29, 45, 49; vgl. auch Sen.Beschl. v. 23.1.1996 - X ZB 3/95, MDR 1996, 1032).
Bei Anlegung dieser Maûstäbe ist der Verweisungsbeschluû des Amtsgerichts Weiûwassers nicht willkürlich. Das Amtsgericht Weiûwasser ist in se inem Verweisungsbeschluû zwar von einer Rechtsauffassung abgewichen, die sowohl vom Bundesgerichtshof als auch von zahlreichen Oberlandesgerichten vertreten wird. Dies vermag den Vorwurf der Willkür indes schon deshalb nicht zu begründen, weil dem deutschen Recht eine Präjudizienbindung grundsätzlich fremd ist, eine bloûe Abweichung von einer höchstrichterlichen oder obergerichtlichen Rechtsprechung kann daher nicht schon allein aus diesem Grunde als willkürlich in diesem Sinne angesehen werden. Es bedarf vielmehr zusätzlicher Umstände, die die getroffene Entscheidung als schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar erscheinen lassen (vgl. Sen.Beschl. v. 19.1.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273; BayObLG, Beschl. v. 22.7.1986 - Allg. Reg. 88/85, MDR 1987, 59; OLG Celle, Beschl. v. 15.11.2001 - 4 AR 79/01,
OLGRep. Celle 2002, 11; KG, Beschl. v. 10.2.1999 - 28 AR 13/99, KGRep. Berlin 1999, 242; OLG Brandenburg, Beschl. v. 8.3.2001 - 1 AR 7/01, OLGRep. Brandenburg 2001, 247, 249).
Derartige Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Das Amtsgericht Weiûwasser hat sich mit der herrschenden Auffassung auseinandergesetzt und kurz begründet, warum es diese für nicht zutreffend hält. Es hat zudem mehrere Entscheidungen von Landgerichten zitiert, die ebenfalls seiner Auffassung sind. Seine Entscheidung mag rechtlich unzutreffend sein. Willkürlich ist sie nicht.
Einer weitergehenden Ausdehnung des Willkür-Begriffs vermag sich der Senat nicht anzuschlieûen. Allerdings haben die eingangs zitierten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Schleswig und Naumburg zum Teil auch in der Literatur Zustimmung gefunden. Die ihnen zugrunde liegende Rechtsauffassung wird dort als geeignetes Mittel angesehen, um einer miûbräuchlichen Anwendung der Verweisungsmöglichkeit des § 281 ZPO Einhalt gebieten zu können (Zöller/Greger, 23. Aufl., § 281 ZPO Rdn. 17; vgl. auch Musielak/Foerste, 3. Aufl., § 281 ZPO Rdn. 17). Selbst wenn dies zuträfe, stünde die damit verbundene Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit aber in keinem Verhältnis zu dem angestrebten Ziel. Sofern es zu einer miûbräuchlichen Anwendung von Verfahrensvorschriften kommt, muû diese im Einzelfall festgestellt und unterbunden werden. Es ginge hingegen zu weit, eine Entscheidung
schon deshalb als willkürlich anzusehen, weil sie von einer als herrschend bezeichneten Auffassung abweicht (ebenso Womelsdorf, MDR 2001, 1161 f.; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, 60. Aufl., § 281 ZPO Rdn. 39; vgl. auch MünchKomm.ZPO/Prütting, 2. Aufl., § 281 ZPO Rdn. 54; Stein/Jonas/Leipold, 21. Aufl., § 281 ZPO Rdn. 30).
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Mühlens

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 92/03
vom
10. Juni 2003
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin Mühlens und die Richter
Dr. Meier-Beck und Asendorf
am 10. Juni 2003

beschlossen:
Als zuständiges Gericht wird das Amtsgericht Berlin-Mitte bestimmt.

Gründe:


I. Die Beklagte wohnt in Berlin. Die Kläger sind Steuerberater in Hamburg und verlangen von der Beklagten Zahlung von Honorar für Steuerberatungsleistungen.
Nach Erlaß eines Mahnbescheids, Einlegung des Widerspruchs und Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Hamburg-Altona haben die Kläger beantragt, "die Klage an das zuständige Amtsgericht in Berlin-Mitte" zu verweisen. Mit Beschluß vom 13. Dezember 2002 hat sich das Amtsgericht HamburgAltona daraufhin für örtlich unzuständig erklärt und "den Rechtsstreit auf Antrag der Kläger gemäß § 281 ZPO an das für den Wohnsitz/Geschäftssitz der Beklagten örtlich zuständige Amtsgericht Berlin-Mitte" verwiesen. Dieses Gericht hat sich mit Beschluß vom 15. Januar 2003 für örtlich unzuständig erklärt und
das Verfahren dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg zur Bestim- mung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg möchte das Amtsgericht Berlin-Mitte als zuständiges Gericht bestimmen. Es verneint zwar eine Bindungswirkung des durch das Amtsgericht Hamburg-Altona ausgesprochenen Verweisungsbeschlusses, weil dieser jeglicher Rechtsgrundlage entbehre und sich damit als willkürlich darstelle. Da der Sozietätssitz der Kläger in Hamburg nicht der Erfüllungsort für die Klageforderung sei, sei jedoch gemäß § 13 ZPO das Wohnsitzgericht der Beklagten zuständig.
Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg sieht sich an einer entsprechenden Bestimmung durch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Juli 1998 - 1 Sbd 46/98 - gehindert, nach der Steuerberater ihre Forderungen gemäß § 29 ZPO am Sitz ihrer Beraterpraxis gerichtlich geltend machen können.
II. Die Vorlage ist zulässig.
1. Gemäß § 36 Abs. 3 ZPO hat ein Oberlandesgericht, das nach § 36 Abs. 2 ZPO mit einer Zuständigkeitsbestimmung befaßt ist, die Sache dem Bundesgerichtshof unter anderem dann vorzulegen, wenn es in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen will. Diese Voraussetzung ist hier gegeben.
Das vorlegende Oberlandesgericht will seiner Entscheidung die Auffassung zugrunde legen, daß Steuerberaterforderungen nicht gemäß § 29 ZPO am Geschäftssitz des Steuerberaters geltend gemacht werden können. Damit wür-
de es von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte (außer der vom vorlegenden Gericht genannten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm, abgedr. in Gl 1999, 241; OLG Köln NJW-RR 1997, 825; BayObLG NJW 2003, 1196, 1197; vgl. für Schadensersatzansprüche gegen Steuerberater auch BayObLG ZIP 1992, 1652, 1653; MDR 1996, 850) abweichen. Daß es - wie die nachfolgenden Ausführungen ergeben - auf die Frage der Anwendbarkeit des § 29 ZPO im Streitfall nicht ankommt, steht der Zulässigkeit der Vorlage nicht entgegen. Sinn des § 36 ZPO ist es, jedem langwierigen Streit der Gerichte untereinander über die Grenzen ihrer Zuständigkeit ein Ende zu machen und eine Ausweitung von solchen Streitigkeiten tunlichst zu vermeiden. Angesichts dessen muß es für die Zulässigkeit einer Vorlage gemäß § 36 Abs. 3 ZPO ausreichen , wenn die Rechtsfrage, die zur Vorlage an den Bundesgerichtshof führt, nach Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts entscheidungserheblich ist und wenn dies in den Gründen des Vorlagebeschlusses nachvollziehbar dargelegt wird (Sen.Beschl. v. 19.2.2002 - X ARZ 334/01, NJW 2002, 1425, 1426).
2. Zuständig zur Entscheidung über das Klagebegehren ist das Amtsgericht Berlin-Mitte, weil es an den Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts Hamburg -Altona vom 13. Dezember 2002 gebunden ist.

a) Nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist ein Verweisungsbeschluß für das Gericht, an das verwiesen wird, bindend. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Verweisungsbeschluß allerdings nicht als verbindlich hingenommen werden, wenn er auf Willkür beruht. Hierfür genügt es aber nicht, daß der Verweisungsbeschluß inhaltlich unrichtig oder sonst fehlerhaft ist. Willkür liegt vor, wenn dem Beschluß jede rechtliche Grundlage fehlt (Sen.Beschl. v. 9.7.2002 - X ARZ 110/02, NJW-RR 2002, 1498; Sen.Beschl. v.
19.1.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273). Dies ist auch dann der Fall, wenn der Verweisungsbeschluß bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (BVerfGE 29, 45, 49; Sen.Beschl. v. 23.1.1996 - X ZB 3/95, MDR 1996, 1032). Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist der Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 13. Dezember 2002 nicht willkürlich.
Das Amtsgericht Hamburg-Altona ist in diesem Beschluß zwar von einer Rechtsauffassung abgewichen, die sowohl von der Literatur vielfach vertreten wird (Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 29 ZPO Rdn. 25; Baumbach/Lauterbach /Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 29 ZPO Rdn. 31; Münchner Kommentar /Patzina, ZPO, 2. Aufl., § 29 ZPO Rdn. 81; Musielak/Schmid, ZPO, 3. Aufl., § 29 ZPO Rdn. 22) als auch der Rechtsprechung (BayObLG aaO; OLG Köln aaO; OLG Hamm NJW 2000, 1347; LG Darmstadt AnwBl 1984, 503) zugrunde gelegt worden ist. Allein dies vermag den Vorwurf der Willkür jedoch nicht zu begründen, weil dem deutschen Recht eine Präjudizienwirkung grundsätzlich fremd ist (Sen.Beschl. v. 9.7.2002, aaO, m.w.N.). Für die Annahme, daß der Verweisungsbeschluß vom 13. Dezember 2002 jeder rechtlichen Grundlage entbehre, bedarf es deshalb zusätzlicher Umstände. Solche sind hier nicht gegeben.
Das vorlegende Hanseatische Oberlandesgericht hat in tatsächlicher Würdigung der beruflichen Tätigkeit eines Steuerberaters deren Erbringung nicht als ortsgebunden angesehen und deshalb die Anwendbarkeit des § 29 Abs. 1 ZPO im Falle der gerichtlichen Geltendmachung der Vergütungsforderung am Sitz der Kanzlei des Steuerberaters verneint. Unabhängig davon, ob dem in der Begründung und/oder dem Ergebnis beigetreten werden kann, ist dies eine sachbezogene, nachvollziehbare Begründung für die Unzuständigkeit
des verweisenden Amtsgerichts Hamburg-Altona im Streitfall. Das schließt es aus, die Annahme einer Zuständigkeit des Amtsgerichts Berlin-Mitte als Gericht des Erfüllungsorts als in der Sache schlechthin unhaltbar zu erachten. Etwas anderes läßt sich dann aber auch für den diese Verweisung an dieses Gericht aussprechenden Beschluß des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 13. Dezember 2002 nicht feststellen. Denn die vom Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg zur Rechtfertigung seiner Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gegebene Begründung kann auch dieser Verweisungsbeschluß für sich in Anspruch nehmen.
Demgegenüber ist es in dem hier interessierenden Zusammenhang ohne Belang, daß das Amtsgericht Hamburg-Altona in seinem Beschluß vom 13. Dezember 2002 eine den Ausführungen des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg entsprechende Begründung tatsächlich nicht gegeben hat, dem Verweisungsbeschluß als Begründung vielmehr nur entnommen werden kann, daß das Amtsgericht Hamburg-Altona das Wohnsitzgericht der Beklagten für örtlich zuständig hält. Denn selbst bei gänzlichem Fehlen einer Begründung ist ein Verweisungsbeschluß wegen dieses Mangels noch nicht offensichtlich gesetzwidrig , wenn die Entscheidung im Einvernehmen beider Parteien ergangen ist (vgl. Sen.Beschl. v. 26.2.2002 - X ARZ 9/02; BGH, Beschl. v. 23.3.1998 - IVb ARZ 8/88, FamRZ 1988, 943; Schmidt/Assmann in Maunz/Dürig, Grundgesetz , Art. 103 GG Rdn. 100). Das ist hier der Fall. Denn auch die Beklagte hat gegenüber dem Amtsgericht Hamburg-Altona beantragt, den Rechtsstreit an das Amtsgericht Berlin-Mitte zu verweisen.
Ob der oben wiedergegebenen Auffassung, daß Steuerberater ihre Forderungen am Sitz ihrer Beraterpraxis gemäß § 29 ZPO gerichtlich geltend machen können, insbesondere unter den tatsächlichen Umständen der heutigen
Zeit (noch) beigetreten werden kann, braucht daher im Streitfall nicht entschei- den werden. Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Berlin-Mitte ist unabhängig davon, ob diese Frage zu verneinen ist, aufgrund des bindenden Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 13. Dezember 2002 gegeben.
Melullis Scharen Mühlens
Meier-Beck Asendorf

(1) Die nach § 91 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen bei den Oberlandesgerichten gebildeten Kartellsenate entscheiden über die nach diesem Gesetz den Oberlandesgerichten zugewiesenen Rechtssachen sowie in den Fällen des § 102 über die Berufung gegen Endurteile und die Beschwerde gegen sonstige Entscheidungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten.

(2) Die §§ 92 und 93 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten entsprechend.