Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2016 - VIII ZR 247/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:200916BVIIIZR247.15.0
20.09.2016
vorgehend
Landgericht Limburg a. d. Lahn, 2 O 23/14, 16.06.2014
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 6 U 136/14, 15.09.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 247/15
vom
20. September 2016
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Änderung oder Erweiterung einer Klage stellt einen selbstständigen prozessualen
Angriff dar, dessen Zulassung sich nicht nach den §§ 296, 530,
531 ZPO, sondern nach den §§ 263, 264, 533 ZPO bestimmt (Bestätigung
von BGH, Urteile vom 23. April 1986 - VIII ZR 93/85, WM 1986, 864; vom
15. Januar 2001 - II ZR 48/99, NJW 2001, 1210).

b) Dementsprechend können die gleichzeitig zur Begründung derart erweiterter
Anträge vorgetragenen Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht als verspätet
zurückgewiesen werden, weil dies andernfalls in unzulässiger Weise die
nach dem Gesetz grundsätzlich ausgeschlossene Präklusion des Angriffs
selbst zur Folge hätte (Bestätigung von BGH, Urteile vom 23. April 1986
- VIII ZR 93/85, aaO; vom 15. Dezember 1994 - VII ZR 13/94, WM 1995,
818). Das gilt auch in Fällen, in denen eine an sich zulässige Klageänderung
oder -erweiterung in erster Linie darauf abzielt, mit den dazu vorgebrachten
Angriffs- und Verteidigungsmitteln den bisherigen unzureichenden Klageantrag
, wenn auch insoweit verspätet, zu rechtfertigen.
BGH, Beschluss vom 20. September 2016 - VIII ZR 247/15 - OLG Frankfurt am Main
LG Limburg
ECLI:DE:BGH:2016:200916BVIIIZR247.15.0

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. September 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Prof. Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. September 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Limburg/Lahn vom 16. Juni 2014 durch das Versäumnisurteil vom 19. Mai 2015 hinsichtlich der nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 14. September 2015 gestellten Hilfsanträge und der darin enthaltenen Klageerweiterung zurückgewiesen worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert wird für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde auf 173.361,64 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um den Restkaufpreis für ein in S. unter der Geschäftsbezeichnung L. (A. Bar & Restaurant) vom Kläger bis zum 1. Dezember 2012 über eine Betreibergesellschaft geführtes Gastrono- mieobjekt. Dieses verkaufte er für 500.000 € an die Beklagten, die darauf im Januar 2013 einen Teilbetrag von 150.000 € leisteten. Der Restbetrag, für den noch eine Reihe von Abzugsposten vorgesehen war, sollte nach einer am 19. März 2013 getroffenen Vereinbarung in vier gleichen, jeweils zum Jahresende fälligen Raten beglichen werden, deren Höhe der Kläger zuletzt mit je- weils 73.352,06 € bemessen hat.
2
Neben einem Abzugsposten, der nach Überprüfung der betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) 12/2012 namentlich die erwirtschafteten Gewinne im Dezember 2012 betrifft, streiten die Parteien vor allem um die Frage, ob Geschäftsgrundlage der Kaufpreisbemessung ein Fortbestand des Mietvertrages über die Gaststättenräume bis mindestens Juni 2018 war. Diese Räumlichkeiten hatte die A. Franchise GmbH (im Folgenden: Lizenzgeberin) für die Zeit bis einschließlich Mai 2015 mit einer einmaligen Verlängerungsoption um drei Jahre von der K. Brauerei angemietet und an die Betreibergesellschaft des Klägers untervermietet, mit der sie zugleich einen Franchisevertrag geschlossen hatte. Die von den Beklagten gegründete Betreibergesellschaft schloss mit der Lizenzgeberin für die Zeit ab Januar 2013 entsprechende Verträge. Die ihr zustehende Verlängerungsoption gegenüber der K. Brauerei übte die Lizenzgeberin jedoch nicht aus; vielmehr kündigte sie den mit der Betreibergesellschaft der Beklagten geschlossenen Untermiet- und Franchisevertrag zum Ablauf des Monats Mai 2015.
3
Das Landgericht hat die zunächst im Urkundenprozess erhobene Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht, vor dem der Kläger nach Abstandnahme vom Urkundenprozess zunächst beantragt hatte, die Beklagten als Gesamt- schuldner zur Zahlung von 100.000 € nebst Zinsen seitdem 1. Februar 2014, hilfsweise zur Zahlung von 73.352,06 € nebst Zinsen seit dem 1. Februar 2014 und am 31. Dezember 2014 zur Zahlung eines weiteren Betrages von 26.657,52 € nebst Zinsen seit dem 1. Januar 2015 an ihn zu verurteilen, hat die Berufung des zum Verhandlungstermin vom 19. Mai 2015 nicht erschienenen Klägers durch Versäumnisurteil vom gleichen Tage zurückgewiesen.
4
Gegen das ihm am 22. Mai 2015 zugestellte Urteil hat er am 5. Juni 2015 Einspruch eingelegt und zunächst seine ursprünglichen Berufungsanträge wiederholt. Nachdem trotz Verlängerung der Begründungsfrist eine Einspruchsbegründung nicht eingegangen war, hat das Berufungsgericht schließlich einen Verhandlungstermin auf den 15. September 2015 anberaumt. Mit einem am Vortage eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger eine Einspruchsbegründung und Klageerweiterung vorgelegt und nunmehr beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 100.000 € nebst Zinsen seit dem 1. Febru- ar 2014 und am 31. Dezember 2014 weitere 73.152,06 € nebst Zinsen ab dem 1. Januar 2016 zu zahlen, hilfsweise die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 73.352,06 € nebst Zinsen seit dem 1. Februar 2014, weitere 26.657,52 € nebst Zinsen seit dem 1. Januar 2015 und am 31. Dezember 2015 weitere 73.352,06 € nebst Zinsen seit dem 1. Januar 2016 zu zahlen.
5
Das Oberlandesgericht hat das Versäumnisurteil vom 19. Mai 2015 aufrechterhalten und die Berufung des Klägers auch hinsichtlich der genannten Klageerweiterung zurückgewiesen. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt der Kläger seine zuletzt als Hilfsanträge formulierten Zahlungsanträge weiter.

II.

6
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist begründet, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Dies führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
1. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht, soweit für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
8
Die mit den im Berufungsrechtszug gestellten Hilfsanträgen erstmals auf die Vereinbarung vom 19. März 2013 gestützte und erweiterte Klage sei zwar als Klageerweiterung und -änderung sachdienlich. Aus dieser Vereinbarung, durch die gegenüber den vorangegangenen Absprachen ein neues Schuldverhältnis begründet worden sei, ergebe sich jedoch kein über die bereits gezahl- ten 150.000 € hinausgehender Zahlungsanspruch des Klägers. Denn die Be- klagten hätten bewiesen, dass Geschäftsgrundlage für das Zustandekommen des Kaufvertrages sowie eine für beide Seiten maßgebliche Grundlage der Bemessung des Kaufpreises für die Übernahme des Geschäftsbetriebs und der Modalitäten seiner Berechnung ein Fortbestand des Untermiet- und Franchisevertrages mit der Lizenzgeberin bis mindestens Juni 2018 gewesen sei. Dies ergebe sich aus einer Gesamtschau des Vertragstextes und der dem Vertragsschluss vorangegangenen Verhandlungen sowie der für beide Seiten ersichtlichen Intention des Vertragsschlusses, ohne dass es entscheidend darauf ankomme , ob die dahingehende gemeinsame Vorstellung beziehungsweise Erwartung der Parteien ausdrücklich in den Vertragstext aufgenommen worden sei und ob dies unmittelbar vor Vertragsunterzeichnung ausdrücklich zur Sprache gekommen sei oder nicht. Demgemäß komme es auch nicht entscheidend auf die in das Wissen zweier Zeugen gestellte Behauptung des Klägers an, bei den am 19. November 2012 und am 19. März 2013 geführten Vertragsverhandlungen sei nie davon die Rede gewesen, dass die Ausübung der Verlängerungsoption durch die Lizenzgeberin Geschäftsgrundlage der Absprachen gewesen sei.
9
Dafür, dass der genannte Umstand Geschäftsgrundlage des Kaufs habe sein sollen, ergäben sich nicht nur eine Reihe von Indizien in den Vertragsurkunden sowie den ihnen vorangegangenen Verhandlungsdokumenten. Zudem hätten die Beklagten substantiiert und unter Zeugenbeweisantritt vorgetragen, der Kläger habe ihnen in mehreren Vorgesprächen im Beisein ihres Steuerberaters B. zugesichert, dass die ungehinderte Weiterführung des Geschäftsbetriebs bis 2018 Geschäftsgrundlage des Übergabevertrags habe sein sollen, weil die Ausübung der Option durch die Lizenzgeberin sicher beziehungsweise reine Formsache sei und dass auch er nach Juni 2015 im Wege des Schuldbeitritts persönlich haften werde. Vor diesem Hintergrund sei es verständlich, dass die Beklagten sich auf diese Zusage des Klägers verlassen und deshalb davon abgesehen hätten, den Fortbestand des Untermiet- und Franchisevertrages ausdrücklich zur Bedingung für die Kaufpreiszahlung zu machen.
10
Letztgenannten Vortrag zum Inhalt der Vorgespräche habe der Kläger erstmals in seinem Schriftsatz vom 14. September 2015 bestritten. Dies sei jedoch verspätet erfolgt und deshalb gemäß § 296 Abs. 2, §§ 282, 340 Abs. 3 Satz 3 ZPO prozessual unbeachtlich. Denn der Kläger habe aufgrund des vorangegangenen Versäumnisurteils gewusst, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten zur Geschäftsgrundlage für ausreichend halte und es nunmehr an ihm sei, dazu alsbald substantiiert Stellung zu nehmen. Wäre dies rechtzeitig und nicht unter grob nachlässiger Verletzung der Prozessförderungspflicht erst einen Tag vor dem anberaumten Verhandlungstermin geschehen , hätte der Steuerberater B. noch zu diesem Termin zwecks Vernehmung über die Behauptung der Beklagten geladen werden können.
11
Einer Zurückweisung des verspäteten Bestreitens stehe auch nicht die im Schriftsatz vom 14. September 2015 erfolgte Klageerweiterung entgegen. Zwar erfasse § 282 Abs. 1 ZPO nur Angriffs- und Verteidigungsmittel, wozu weder die Klageänderung noch die Klageerweiterung gehörten, so dass auch die zur Klageerweiterung vorgetragenen Angriffs- und Verteidigungsmittel unabhängig davon, ob sie für den ursprünglichen Antrag bedeutsam seien, grundsätzlich nicht wegen Verspätung zurückgewiesen werden dürften. Eine andere Beurteilung sei aber dann geboten, wenn die Klageerweiterung rechtsmissbräuchlich sei, weil sie erkennbar nur den Sinn habe, den Verspätungsfolgen zu entgehen. Das sei hier der Fall. Denn der Kläger, der zudem auch durch Verfügung vom 18. Juni 2015 auf die Verspätungsfolgen hingewiesen worden sei, habe mit der Präklusion seines Vortrags rechnen müssen, ohne dass ihm nochmals die Möglichkeit einer "Flucht in die Säumnis" offen gestanden hätte. Außerdem wäre die Erweiterung der Klageanträge auf Zahlungsraten, die derzeit noch gar nicht fällig seien, ungeachtet ihrer grundsätzlichen Zulässigkeit wirtschaftlich nicht nötig gewesen und zugleich mit einem weiteren Kostenrisiko des Klägers verbunden gewesen.
12
In einer Gesamtschau habe das Vorgehen des Klägers deshalb einzig darauf abgezielt, durch die Erweiterung seiner Klageanträge die Präklusion seines Vortrags zu verhindern. Dieses Vorgehen sei jedoch rechtsmissbräuchlich, so dass der danach auf der Grundlage des bisherigen Vortrags festzustellende Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen der durch die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses eingetretenen gravierenden Störung des Äquivalenzver- hältnisses hinsichtlich des Kaufpreises eine Anpassung dahin zur Folge habe, dass jedenfalls über die gezahlten 150.000 € hinaus nichts mehr geschuldet sei.
13
Unabhängig davon sei der Zahlungsanspruch des Klägers auch deshalb nicht begründet, weil der Kläger es bislang versäumt habe, seine Vorleistungspflichten hinsichtlich der in der genannten Vereinbarung als Abzugsposten vorgesehenen BWA 12/2012 durch Vorlage einer nachvollziehbaren betriebswirtschaftlichen Auswertung zu erfüllen. Soweit er den substantiierten Einwendungen der Beklagten durch die erstmals mit Schriftsatz vom 14. September 2015 vorgelegten Kontenblätter und weitere Unterlagen zu begegnen versucht habe, könne dieses Material zur Sachverhaltsermittlung nicht herangezogen werden, weil sein darin liegender Vortrag aus den genannten Gründen präkludiert sei und deshalb keine Berücksichtigung mehr finden könne.
14
2. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat. Bleiben Angriffs- oder Verteidigungsmittel einer Partei deswegen unberücksichtigt, weil der Tatrichter sie in offenkundig fehlerhafter Anwendung von Präklusionsnormen zu Unrecht zurückgewiesen hat, so ist zugleich das rechtliche Gehör der Partei verletzt (st. Rspr.; vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Mai 2016 - VIII ZR 97/15,juris Rn. 9; vom 27. Oktober 2015 - VIII ZR 288/14, WuM 2016, 98 Rn. 8; jeweils mwN). So verhält es sich im Streitfall.
15
a) Das Berufungsgericht ist - wie die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht rügt - bereits zu Unrecht davon ausgegangen, der Kläger sei dem von den Beklagten vorgetragenen und unter Zeugenbeweis gestellten Inhalt der Vorgespräche betreffend die Ausübung der Mietverlängerungsoption durch die Lizenzgeberin erstmals im Schriftsatz vom 14. September 2015 durch Bestrei- ten entgegengetreten. Der Kläger hat vielmehr schon in seiner Berufungsbegründung vom 18. September 2014 vorgetragen, von den vorhandenen Dauerschuldverhältnissen (Mietverträge und Franchiseverträge) sei bei den Vertragsverhandlungen nie die Rede gewesen; irgendwelche Bedingungen oder sonstige Absprachen über diejenigen hinaus, die in den Urkunden vom 19. November 2012 und 19. März 2013 aufgeführt sind, seien nicht vereinbart oder getroffen worden. Der von den Beklagten zum Beleg des von ihnen geltend gemachten Wegfalls der Geschäftsgrundlage gehaltene gegenteilige Vortrag war mithin von Anfang an bestritten.
16
Bereits dieses Bestreiten hätte das Berufungsgericht deshalb nicht ohne Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör übergehen dürfen , um den von ihm nach seinem Rechtsstandpunkt für entscheidungserheblich gehaltenen Vortrag der Beklagten zur ungehinderten Weiterführung des Geschäftsbetriebs bis 2018 für unstreitig beziehungsweise ohne Erhebung des von den Beklagten angetretenen Zeugenbeweises für bewiesen zu erachten. Zumindest hätte das Berufungsgericht danach aber das nahezu inhaltsgleiche Bestreiten des Klägers in seinem Schriftsatz vom 14. September 2015 nicht als neu und damit als für eine sonst mögliche alsbaldige Beweisaufnahme verspätet behandeln dürfen, sondern ihm durch Berücksichtigung und Erhebung des danach erforderlichen Beweises Rechnung tragen müssen.
17
b) Auch sonst hätte das Berufungsgericht weder das genannte Bestreiten noch den im Schriftsatz des Klägers vom 14. September 2015 gehaltenen Vortrag zur BWA 12/2012 einschließlich der zum Beleg eingereichten Kontenblätter und weiteren Unterlagen bei seiner Sachverhaltsermittlung unberücksichtigt lassen dürfen. Denn seine Auffassung, das in diesem Schriftsatz enthaltene neue Vorbringen könne wegen Rechtsmissbrauchs insgesamt, also sowohl für die schon rechtshängigen Forderungen als auch für die neu hinzukommenden Forderungen oder Forderungsteile, außer Betracht bleiben, wenn die mit Einreichung des Schriftsatzes einhergehende Klageerweiterung - wie im Streitfall - erkennbar nur den Sinn verfolge, den Verspätungsfolgen zu entgehen, findet im Prozessrecht keine Stütze.
18
aa) Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass die Änderung oder Erweiterung einer Klage einen selbstständigen prozessualen Angriff darstellen, der von den Angriffsmitteln im Sinne von §§ 296, 530, 531 ZPO zu unterscheiden ist und deshalb nicht den in diesen Bestimmungen genannten Voraussetzungen über die Zurückweisung oder Zulassung verspäteter Angriffsmittel unterliegt (BGH, Urteile vom 23. April 1986 - VIII ZR 93/85, WM 1986, 864 unter II 2 b aa; vom 15. Januar 2001 - II ZR 48/99, NJW 2001, 1210 unter B II; BAG, NJW 2006, 2716 Rn. 12; MünchKommZPO/Prütting, 4. Aufl., § 296 Rn. 41 mwN). Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Klageänderung oder Klageerweiterung richten sich stattdessen nach den §§ 263, 264, 533 ZPO (BGH, Urteil vom 15. Januar 2001 - II ZR 48/99, aaO unter B II 1; BeckOKZPO /Bacher, Stand: Juli 2016, § 296 Rn. 13). Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen, das hinsichtlich der Stützung der Klageansprüche auf die Vereinbarung vom 19. März 2013 einschließlich der im Schriftsatz vom 14. September 2015 zusätzlich gestellten (Hilfs-)Anträge auf Zahlung eines erst am 31. Dezember 2015 fällig werdenden weiteren Betrages deren Sachdienlichkeit angenommen hat. Dementsprechend können - was das Berufungsgericht ebenfalls nicht verkannt hat - die gleichzeitig zur Begründung dieser erweiterten Anträge vorgetragenen Tatsachen und Beweismittel einschließlich eines Bestreitens, auch wenn es sich dabei um Angriffs- oder Verteidigungsmittel handelt, nicht als verspätet zurückgewiesen werden, weil dies andernfalls in unzulässiger Weise auch die nach dem Gesetz grundsätzlich ausgeschlossene Präklusion des Angriffs selbst zur Folge hätte (vgl. BGH, Urteile vom 23. April 1986 - VIII ZR 93/85, aaO; vom 15. Dezember 1994 - VII ZR 13/94, WM 1995, 818 unter I 2 b; MünchKommZPO/Prütting, aaO Rn. 42).
19
bb) Gleichwohl hat das Berufungsgericht gemeint, dem Senatsurteil vom 23. April 1986 (VIII ZR 93/85, aaO unter II 2 b bb) entnehmen zu können, die im Zuge der im Schriftsatz vom 14. September 2015 vorgenommenen Klageerweiterung und/oder -änderung neu vorgetragenen Tatsachen einschließlich des darin enthaltenen Bestreitens auch dann insgesamt unberücksichtigt lassen zu können, wenn die Erweiterung/Änderung - wie im Streitfall - nur den Sinn haben könne, den Verspätungsfolgen zu entgehen, und deshalb als rechtsmissbräuchlich einzustufen sei. Das trifft ersichtlich nicht zu.
20
Der Senat hat - was das Berufungsgericht nicht berücksichtigt hat - unter Hinweis auf vorangegangene Rechtsprechung deutlich gemacht, dass in Bezug auf den neuen Angriff der diesen Angriff tragende Sachvortrag schon begrifflich nicht verspätet sein könne, und es abgelehnt hat, insoweit die Präklusionsvorschriften im Wege der Rechtsfortbildung durch eine verschärfende analoge Anwendung auch auf den Angriff selbst auszudehnen (Senatsurteil vom 23. April 1986 - VIII ZR 93/85, aaO unter II 2 b aa). Dementsprechend ist auch der VII. Zivilsenat in seinem Urteil vom 15. Dezember 1994 (VII ZR 13/94, aaO) davon ausgegangen, dass eine solche auf Verzögerungsgesichtspunkte gestützte Beschränkung als rechtsmissbräuchlich mittelbar die Präklusion des Angriffs selbst zur Folge hätte, welche nach dem Gesetz jedoch ausgeschlossen sei. Das Vorgehen des Berufungsgerichts, den im Schriftsatz vom 14. September 2015 vom Kläger gehaltenen Sachvortrag gleichwohl zu übergehen, findet mithin im Gesetz keine Stütze.
21
Soweit der Senat in seinem Urteil vom 23. April 1986 (VIII ZR 93/85, aaO unter II 2 b bb) - ohne dies nach der dortigen Fallkonstellation abschließend entscheiden zu müssen - erwogen hat, ob neues Vorbringen im Rahmen einer Widerklageerweiterung in Bezug auf das bisherige Vorbringen zur Widerklage und ein damit deckungsgleiches Verteidigungsvorbringen gegen die Klage als rechtsmissbräuchlich behandelt werden könne, hat dies schon nach dem Argumentationszusammenhang nur auf die Frage abgezielt, ob das neue Vorbringen nicht ausnahmsweise auch durch Teilurteil allein zur Klage hätte zurückgewiesen werden können (vgl. MünchKommZPO/Prütting, aaO Rn. 109, 111; Gounalakis, MDR 1997, 216, 220). Aber selbst diese Erwägung hätte es in keinem Fall rechtfertigen können, den neuen Vortrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 14. September 2015 einschließlich des darin enthaltenen Bestreitens gänzlich unberücksichtigt zu lassen.
22
3. Das angefochtene Urteil beruht auf der dargestellten Verletzung des rechtlichen Gehörs. Es kann insbesondere nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht nach Beweisaufnahme zur Frage der Behandlung der Verlängerungsoption durch die Parteien zu einem dem Kläger günstigeren Ergebnis gekommen wäre. Entsprechendes gilt für die Behandlung der BWA 12/2012, bei der sich zudem auch die Frage gestellt hätte, ob eine Verletzung von Mitwirkungspflichten des Klägers eine endgültige Klageabweisung insgesamt hätte rechtfertigen können. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuhe- ben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 7 ZPO). Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Limburg, Entscheidung vom 16.06.2014 - 2 O 23/14 -
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3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt.

(2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

(3) In der Einspruchsschrift hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende für die Begründung die Frist verlängern, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt. § 296 Abs. 1, 3, 4 ist entsprechend anzuwenden. Auf die Folgen einer Fristversäumung ist bei der Zustellung des Versäumnisurteils hinzuweisen.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

9
2. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat. Bleibt wie im vorliegenden Fall ein Angriffsoder Verteidigungsmittel einer Partei deswegen unberücksichtigt, weil der Tatrichter es in offenkundig fehlerhafter Anwendung von Präklusionsnormen zu Unrecht zurückgewiesen hat, so ist zugleich das rechtliche Gehör der Partei verletzt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Juli 2012 - VIII ZR 273/11, NJW 2012, 3787 Rn. 9; vom 2. September 2013 - VII ZR 242/12, juris Rn. 7; vom 15. Juli 2014 - VI ZR 145/14, juris Rn. 5; jeweils mwN).
8
2. Die angefochtene Entscheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), indem sie die während des Berufungsverfahrens mit Schriftsatz vom 5. August 2014 ausgesprochene Kündigung in offensichtlich verfahrensfehlerhafter Weise unberücksichtigt lässt (vgl. Senatsbeschluss vom 20. November 2012 - VIII ZR 157/12, GE 2013, 117 Rn. 7 ff.).

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 48/99 Verkündet am:
15. Januar 2001
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Veräußert ein Gesellschafter in Erfüllung einer ihm gegenüber der Gesellschaft obliegenden
Beitragspflicht der Gesellschaft ein Grundstück, so steht auch die im
Rücktrittsfalle eintretende Verpflichtung zur Verzinsung des Kaufpreises in unmittelbarem
Zusammenhang mit der Beitragspflicht, so daß der Zinsanspruch im Wege
der actio pro socio geltend gemacht werden kann.
Zu den Anforderungen an die Substantiierungspflicht.
Begründet der Kläger einen zunächst auf Vertrag gestützten Zahlungsanspruch im
Laufe des Rechtsstreits zusätzlich damit, daß der Beklagte ihm wegen vorsätzlichen
Verschuldens bei Vertragsschluß Schadensersatz zu zahlen habe, kommt eine Zu-
rückweisung des neuen Vorbringens als verspätet nicht in Betracht, weil es sich dabei
nicht um ein Angriffsmittel i.S. von § 296 ZPO handelt, sondern wegen der Verschiedenheit
der zugrunde liegenden Streitgegenstände eine nachträgliche objektive
Klagehäufung vorliegt.
BGH, Urteil vom 15. Januar 2001 - II ZR 48/99 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin
Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 29. Januar 1999 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von 10.744.065,-- DM nebst Zinsen an die S. GmbH & Co. E. KG verurteilt worden ist. Auf die Anschlußrevision der Klägerin wird das vorbezeichnete Urteil weiter aufgehoben, soweit es die Klage in Höhe von 6.410.482,43 DM nebst Zinsen abgewiesen und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 6.410.482,43 DM an die S. GmbH & Co. E. KG nur Zug um Zug gegen eine Zahlung in gleicher Höhe durch die Klägerin angeordnet hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte - zum Teil im Wege der actio pro socio - auf Zahlung von insgesamt 23.632.229,86 DM an die S. GmbH & Co. E. KG (im folgenden: S. ) in Anspruch.
Die Parteien sind aufgrund Gesellschaftsvertrages vom 9. Mai 1990 mit einer Einlage von je 1 Mio. DM alleinige Kommanditisten der S. und zugleich an deren ebenfalls am 9. Mai 1990 gegründeten Komplementärin, der S. I. GmbH, jeweils hälftig beteiligt. Die S. wurde zu dem Zweck gegründet, im Bereich von F. gelegene Betriebsgrundstücke der Beklagten, die nicht mehr benötigt wurden, gemeinsam zu entwickeln und einer optimalen baulichen Verwertung zuzuführen.
In einer zugleich mit den Gesellschaftsverträgen geschlossenen Rahmenvereinbarung (im folgenden: RV) legten die Parteien die für ihre Zusammenarbeit maßgebenden Grundsätze fest. Die Beklagte verpflichtete sich, bestimmte Grundstücke an die S. zu veräußern; die Klägerin als Immobiliengesellschaft sollte ihr Know-how einbringen und die S. bei der Verwertung der Grundstücke gegen Entgelt beraten.
Am selben Tage schlossen die Beklagte und die S. in Ausführung der Rahmenvereinbarung einen notariellen Kaufvertrag, u.a. über die Grundstücke "Fr. ". Von diesem Kaufvertrag trat die S. , der entsprechend den Bestimmungen der RV ein Rücktrittsrecht eingeräumt worden war, mit Schreiben vom 20. März 1996 hinsichtlich der Grundstücke "Fr. " zurück. Die Wirksamkeit des Rücktritts steht zwischen den Parteien und der
D. (im folgenden: D. ), die den Kaufpreis finanziert hatte, außer Streit. Der auf die Grundstücke "Fr. " nach der RV der Parteien entfallende Kaufpreis von 23,5 Mio. DM war am 28. Februar 1991 an die Beklagte ausgezahlt worden. Nach dem Rücktritt der S. zahlte die Beklagte diesen Betrag unmittelbar an die D. zurück.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Wege der actio pro socio die Verzinsung des Kaufpreises und aus eigenem Recht den Ausgleich aller Aufwendungen der S. für die Grundstücke "Fr. ". Erstinstanzlich hat sie Teilklage über jeweils 10 % ihrer Forderungen, insgesamt 1.976.649,78 DM erhoben. Das Landgericht hat der Klage bezüglich der geltend gemachten Zinsforderung vollen Umfangs stattgegeben, hinsichtlich der Aufwendungen hat es einen Betrag von 67.200,-- DM nicht anerkannt und die Beklagte zur Zahlung der Hälfte der verbleibenden Summe verurteilt, jedoch nur Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages in gleicher Höhe durch die Klägerin. Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin hat sich gegen die teilweise Abweisung ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz gewandt und im Wege der Klageerweiterung sowohl hinsichtlich des Aufwendungsersatzes als auch hinsichtlich des Zinsanspruchs jeweils ihre Gesamtforderung geltend gemacht. Außerdem hat sie für die Zinsforderung nicht mehr 5 % wie in erster Instanz, sondern 8 % in Ansatz gebracht. Die Beklagte hat ihr Klagabweisungbegehren weiter verfolgt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und sie zur Zahlung des geltend gemachten Zinsanspruchs von 10.744.065,-- DM in voller Höhe verurteilt, hinsichtlich des Aufwendungsersatzanspruchs jedoch nur in Höhe von 6.410.482,43 DM, nämlich der Hälfte der Aufwendungen, Zug um Zug gegen Zahlung des gleichen Betrages durch die Klägerin. Mit der Revision greift die Beklagte ihre Verurtei-
lung zur Zahlung von 10.744.065,-- DM nebst Zinsen durch das Berufungsgericht an. Mit der Anschlußrevision macht die Klägerin den abgewiesenen Teil der Aufwendungsersatzforderung unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen arglistiger Täuschung über Mängel der Grundstücke "Fr. " geltend und wendet sich dagegen, daß die Beklagte - hälftigen - Aufwendungsersatz nur Zug um Zug gegen eine entsprechende hohe Zahlung durch sie, die Klägerin, leisten soll.

Entscheidungsgründe:


Revision und Anschlußrevision sind begründet und führen zur Zurückverweisung.
A. Revision:
I. Das Berufungsgericht hat die Klage bezüglich der Zinsforderung für zulässig erachtet, weil die Voraussetzungen der actio pro socio insoweit gegeben seien. Die sich aus der RV ergebende Verpflichtung der Beklagten, der S. die Grundstücke "Fr. " zur Verfügung zu stellen, sei als Beitragsleistung der Beklagten zu werten, so daß sich auch eine aus der Rückabwicklung des Kaufvertrages über diese Grundstücke ergebende Pflicht zur Verzinsung des Kaufpreises als gesellschaftsvertragliche darstelle. Die S. habe der D. im Darlehensvertrag vom 26./27. Februar 1991 zwar alle Ansprüche aus dem Kaufvertrag, insbesondere den Rücktrittsrechten, sicherungshalber abgetreten. Die D. habe den Zinsanspruch aber konkludent an die S. rückabgetreten unter der aufschiebenden Bedingung der Rückzahlung des Kaufpreises. Das ergebe sich aus der notariellen Abrede vom
15. Mai 1996 zwischen der S. , der Beklagten und der D. , derzufolge die Bank den Rücktritt der S. vorsorglich genehmigt habe und die Beteiligten sich einig geworden seien, daß die Beklagte den Kaufpreis aufgrund der Sicherungsabtretung mit befreiender Wirkung unmittelbar an die D. z urückzahlen solle. Der S. s tünden Zinsen in der geltend gemachten Höhe aufgrund § 347 BGB zu. Dieser Anspruch sei entgegen der Ansicht der Beklagten weder ausdrücklich noch stillschweigend abbedungen worden.
II. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht in allen Punkten stand. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft erhebliches Vorbringen der Beklagten über die vorvertraglich erfolgte Vereinbarung eines Ausschlusses der Bestimmungen des § 347 BGB übergangen und angebotene Beweise nicht erhoben.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings von der Zulässigkeit der Klage nach den Grundsätzen der actio pro socio aus. Die geltend gemachte Zinsforderung ist in diesem Fall als Sozialanspruch der S. z u qualifizieren, weil sie eine aus dem Gesellschaftsverhältnis der Parteien herrührende Verpflichtung der Beklagten betrifft. Nach der RV, in der die Parteien die wesentlichen Vereinbarungen für ihre Zusammenarbeit gleichsam vor die Klammer gezogen haben und deren Inhalt daher zur Bestimmung ihrer gesellschafterlichen Rechte und Pflichten neben dem der eigentlichen Gesellschaftsverträge maßgebend ist, war die Veräußerung u.a. der Grundstücke "Fr. " durch die Beklagte an die S. v orgesehen. Der entsprechende Kaufvertrag konnte nicht mit einem Dritten geschlossen werden. Da die S. eigens zu dem Zweck der gemeinsamen Vermarktung dieser
Grundstücke gegründet worden war, kann die Veräußerungspflicht der Beklagten nur als eine ihr in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin obliegende Verpflichtung verstanden werden. Entgegen der Ansicht der Revision steht die im Rücktrittsfalle eintretende Pflicht zur Verzinsung des Kaufpreises in unmittelbarem Zusammenhang mit der Veräußerungspflicht. Sie beruht damit ebenfalls auf dem Gesellschaftsvertrag der Parteien und ist daher keine Drittforderung.
2. Die Auslegung der notariellen Vereinbarung vom 15. Mai 1996 durch das Berufungsgericht mag auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands vertretbar sein. Darauf kommt es jedoch letztlich nicht an. Denn das Urteil muß aufgehoben werden, weil das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft den - vorrangigen - Vortrag der Beklagten, vor Abschluß der Vertragsverhandlungen seien die Parteien übereingekommen, daß ein Zinsanspruch nach § 347 BGB nicht bestehen sollte, unberücksichtigt gelassen und von der Erhebung der von der Beklagten angebotenen Beweise abgesehen hat.
Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 8. Januar 1999 dargelegt, daß zunächst zwischen ihrem Vorstand und dem Vorstand der D. , anschließend auch mit dem Verhandlungsführer der Klägerin in einer Besprechung am 27. März 1990 in M. Einigkeit erzielt wurde, daß die Beklagte im Gegenzug dazu, daß die Klägerin ihre Dienste gegen Entgelt erbringen sollte, im Rücktrittsfalle keine Zinsen zahlen sollte. Mit diesem Vorbringen hat sie ihre unter Beweis durch Zeugnis des Geschäftsführers B. der S. und Parteivernehmung ihres Vorstands Dr. K. gestellte Darlegung im Schriftsatz vom 4. August 1998 ersichtlich näher substantiiert, so daß das Be-
rufungsgericht ihren Vortrag zu Unrecht als ungenügend konkretisiert und damit unerheblich behandelt hat.
B. Anschlußrevision:
I. Die Klägerin will mit ihrem Anschlußrechtsmittel erreichen, daß die Beklagte der S. nicht nur die Hälfte der Aufwendungen zu erstatten hat, sondern den gesamten Betrag von 12.820.964,86 DM, und dies ohne die Einschränkung , daß die Leistung nur Zug um Zug gegen eine Zahlung der Klägerin zu erbringen sei. Sie hatte die Klage hinsichtlich aller Forderungen mit Schriftsatz vom 18. Dezember 1998 zusätzlich damit begründet, daß die Beklagte sie und die S. über Mängel der Grundstücke "Fr. " arglistig getäuscht und einen wucherisch hohen Kaufpreis verlangt habe; bei pflichtgemäßer Aufklärung hätte die S. die Grundstücke nicht erworben , wäre also nicht mit Darlehenszinsen belastet worden und hätte die Aufwendungen nicht getätigt. Dieses Vorbringen hat das Berufungsgericht gemäß §§ 527, 296 ZPO als verspätet zurückgewiesen. Das ist, wie die Anschlußrevision zu Recht rügt, verfahrensfehlerhaft.
II. Das neue Vorbringen war kein Angriffsmittel i.S. von §§ 527, 296 ZPO, sondern eine nachträgliche objektive Klagehäufung. Die Klägerin machte damit einen auf vorsätzliches Verschulden bei Vertragsschluß gegründeten Schadensersatzanspruch neben dem bisher verfolgten vertraglichen Anspruch geltend. Beiden Ansprüchen liegen verschiedene Lebenssachverhalte zugrunde , so daß es sich um verschiedene Streitgegenstände handelt. Eine Zurückweisung wegen Verspätung kam damit nicht in Betracht. Es liegt - wegen des weiteren Klagegrundes - eine Klagehäufung vor.

1. Die Zulässigkeit einer Klagehäufung beurteilt sich nach § 263 ZPO. Von einer Einwilligung der Beklagten kann nicht ausgegangen werden, da sie den Vortrag als verspätet bezeichnet und damit deutlich gemacht hat, daß sie seiner Berücksichtigung widersprechen wollte. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - die Frage der Sachdienlichkeit nicht geprüft. Unter diesen Umständen kann der Senat darüber selbst befinden, BGHZ 123, 132.
2. Sachdienlichkeit liegt vor, wenn der bisherige Prozeßstoff als Entscheidungsgrundlage verwertbar bleibt und durch die Zulassung der Klagehäufung ein neuer Prozeß vermieden wird. Der bisherige Prozeßstoff genügt für eine Entscheidung über den Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß allerdings nicht. Insoweit bedarf es vielmehr noch einer Beweisaufnahme. Das Berufungsgericht hätte, wie die Ausführungen zur Revision ergeben, aber ohnehin zu dem Komplex Rücktrittszinsen Beweis erheben müssen. Unter diesen Umständen ist die Klagehäufung aus Gründen der Prozeßwirtschaftlichkeit als sachdienlich anzusehen.
III. Entgegen der Anschlußrevisionserwiderung ist das Vorbringen der Klägerin über eine arglistige Täuschung nicht unschlüssig.
Ein aus einer arglistigen Täuschung über Mängel der verkauften Grundstücke resultierender Ersatzanspruch würde ebenso wie ein etwaiger Zinsanspruch aus § 347 BGB auf dem Gesellschaftsvertrag der Parteien beruhen. Denn der Verkauf der Grundstücke durch die Beklagte erfolgte in Erfüllung ihrer gesellschaftsrechtlichen Pflichten.
Nach dem Vortrag der Klägerin kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Geschäftsführer der S. positive Kenntnis von den behaupteten Mängeln hatte.
C. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Beweiserhebungen durchführen kann. Die Zurückverweisung gibt den Parteien zugleich Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vorbringens.

Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 48/99 Verkündet am:
15. Januar 2001
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Veräußert ein Gesellschafter in Erfüllung einer ihm gegenüber der Gesellschaft obliegenden
Beitragspflicht der Gesellschaft ein Grundstück, so steht auch die im
Rücktrittsfalle eintretende Verpflichtung zur Verzinsung des Kaufpreises in unmittelbarem
Zusammenhang mit der Beitragspflicht, so daß der Zinsanspruch im Wege
der actio pro socio geltend gemacht werden kann.
Zu den Anforderungen an die Substantiierungspflicht.
Begründet der Kläger einen zunächst auf Vertrag gestützten Zahlungsanspruch im
Laufe des Rechtsstreits zusätzlich damit, daß der Beklagte ihm wegen vorsätzlichen
Verschuldens bei Vertragsschluß Schadensersatz zu zahlen habe, kommt eine Zu-
rückweisung des neuen Vorbringens als verspätet nicht in Betracht, weil es sich dabei
nicht um ein Angriffsmittel i.S. von § 296 ZPO handelt, sondern wegen der Verschiedenheit
der zugrunde liegenden Streitgegenstände eine nachträgliche objektive
Klagehäufung vorliegt.
BGH, Urteil vom 15. Januar 2001 - II ZR 48/99 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin
Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 29. Januar 1999 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von 10.744.065,-- DM nebst Zinsen an die S. GmbH & Co. E. KG verurteilt worden ist. Auf die Anschlußrevision der Klägerin wird das vorbezeichnete Urteil weiter aufgehoben, soweit es die Klage in Höhe von 6.410.482,43 DM nebst Zinsen abgewiesen und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 6.410.482,43 DM an die S. GmbH & Co. E. KG nur Zug um Zug gegen eine Zahlung in gleicher Höhe durch die Klägerin angeordnet hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte - zum Teil im Wege der actio pro socio - auf Zahlung von insgesamt 23.632.229,86 DM an die S. GmbH & Co. E. KG (im folgenden: S. ) in Anspruch.
Die Parteien sind aufgrund Gesellschaftsvertrages vom 9. Mai 1990 mit einer Einlage von je 1 Mio. DM alleinige Kommanditisten der S. und zugleich an deren ebenfalls am 9. Mai 1990 gegründeten Komplementärin, der S. I. GmbH, jeweils hälftig beteiligt. Die S. wurde zu dem Zweck gegründet, im Bereich von F. gelegene Betriebsgrundstücke der Beklagten, die nicht mehr benötigt wurden, gemeinsam zu entwickeln und einer optimalen baulichen Verwertung zuzuführen.
In einer zugleich mit den Gesellschaftsverträgen geschlossenen Rahmenvereinbarung (im folgenden: RV) legten die Parteien die für ihre Zusammenarbeit maßgebenden Grundsätze fest. Die Beklagte verpflichtete sich, bestimmte Grundstücke an die S. zu veräußern; die Klägerin als Immobiliengesellschaft sollte ihr Know-how einbringen und die S. bei der Verwertung der Grundstücke gegen Entgelt beraten.
Am selben Tage schlossen die Beklagte und die S. in Ausführung der Rahmenvereinbarung einen notariellen Kaufvertrag, u.a. über die Grundstücke "Fr. ". Von diesem Kaufvertrag trat die S. , der entsprechend den Bestimmungen der RV ein Rücktrittsrecht eingeräumt worden war, mit Schreiben vom 20. März 1996 hinsichtlich der Grundstücke "Fr. " zurück. Die Wirksamkeit des Rücktritts steht zwischen den Parteien und der
D. (im folgenden: D. ), die den Kaufpreis finanziert hatte, außer Streit. Der auf die Grundstücke "Fr. " nach der RV der Parteien entfallende Kaufpreis von 23,5 Mio. DM war am 28. Februar 1991 an die Beklagte ausgezahlt worden. Nach dem Rücktritt der S. zahlte die Beklagte diesen Betrag unmittelbar an die D. zurück.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Wege der actio pro socio die Verzinsung des Kaufpreises und aus eigenem Recht den Ausgleich aller Aufwendungen der S. für die Grundstücke "Fr. ". Erstinstanzlich hat sie Teilklage über jeweils 10 % ihrer Forderungen, insgesamt 1.976.649,78 DM erhoben. Das Landgericht hat der Klage bezüglich der geltend gemachten Zinsforderung vollen Umfangs stattgegeben, hinsichtlich der Aufwendungen hat es einen Betrag von 67.200,-- DM nicht anerkannt und die Beklagte zur Zahlung der Hälfte der verbleibenden Summe verurteilt, jedoch nur Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages in gleicher Höhe durch die Klägerin. Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin hat sich gegen die teilweise Abweisung ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz gewandt und im Wege der Klageerweiterung sowohl hinsichtlich des Aufwendungsersatzes als auch hinsichtlich des Zinsanspruchs jeweils ihre Gesamtforderung geltend gemacht. Außerdem hat sie für die Zinsforderung nicht mehr 5 % wie in erster Instanz, sondern 8 % in Ansatz gebracht. Die Beklagte hat ihr Klagabweisungbegehren weiter verfolgt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und sie zur Zahlung des geltend gemachten Zinsanspruchs von 10.744.065,-- DM in voller Höhe verurteilt, hinsichtlich des Aufwendungsersatzanspruchs jedoch nur in Höhe von 6.410.482,43 DM, nämlich der Hälfte der Aufwendungen, Zug um Zug gegen Zahlung des gleichen Betrages durch die Klägerin. Mit der Revision greift die Beklagte ihre Verurtei-
lung zur Zahlung von 10.744.065,-- DM nebst Zinsen durch das Berufungsgericht an. Mit der Anschlußrevision macht die Klägerin den abgewiesenen Teil der Aufwendungsersatzforderung unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen arglistiger Täuschung über Mängel der Grundstücke "Fr. " geltend und wendet sich dagegen, daß die Beklagte - hälftigen - Aufwendungsersatz nur Zug um Zug gegen eine entsprechende hohe Zahlung durch sie, die Klägerin, leisten soll.

Entscheidungsgründe:


Revision und Anschlußrevision sind begründet und führen zur Zurückverweisung.
A. Revision:
I. Das Berufungsgericht hat die Klage bezüglich der Zinsforderung für zulässig erachtet, weil die Voraussetzungen der actio pro socio insoweit gegeben seien. Die sich aus der RV ergebende Verpflichtung der Beklagten, der S. die Grundstücke "Fr. " zur Verfügung zu stellen, sei als Beitragsleistung der Beklagten zu werten, so daß sich auch eine aus der Rückabwicklung des Kaufvertrages über diese Grundstücke ergebende Pflicht zur Verzinsung des Kaufpreises als gesellschaftsvertragliche darstelle. Die S. habe der D. im Darlehensvertrag vom 26./27. Februar 1991 zwar alle Ansprüche aus dem Kaufvertrag, insbesondere den Rücktrittsrechten, sicherungshalber abgetreten. Die D. habe den Zinsanspruch aber konkludent an die S. rückabgetreten unter der aufschiebenden Bedingung der Rückzahlung des Kaufpreises. Das ergebe sich aus der notariellen Abrede vom
15. Mai 1996 zwischen der S. , der Beklagten und der D. , derzufolge die Bank den Rücktritt der S. vorsorglich genehmigt habe und die Beteiligten sich einig geworden seien, daß die Beklagte den Kaufpreis aufgrund der Sicherungsabtretung mit befreiender Wirkung unmittelbar an die D. z urückzahlen solle. Der S. s tünden Zinsen in der geltend gemachten Höhe aufgrund § 347 BGB zu. Dieser Anspruch sei entgegen der Ansicht der Beklagten weder ausdrücklich noch stillschweigend abbedungen worden.
II. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht in allen Punkten stand. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft erhebliches Vorbringen der Beklagten über die vorvertraglich erfolgte Vereinbarung eines Ausschlusses der Bestimmungen des § 347 BGB übergangen und angebotene Beweise nicht erhoben.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings von der Zulässigkeit der Klage nach den Grundsätzen der actio pro socio aus. Die geltend gemachte Zinsforderung ist in diesem Fall als Sozialanspruch der S. z u qualifizieren, weil sie eine aus dem Gesellschaftsverhältnis der Parteien herrührende Verpflichtung der Beklagten betrifft. Nach der RV, in der die Parteien die wesentlichen Vereinbarungen für ihre Zusammenarbeit gleichsam vor die Klammer gezogen haben und deren Inhalt daher zur Bestimmung ihrer gesellschafterlichen Rechte und Pflichten neben dem der eigentlichen Gesellschaftsverträge maßgebend ist, war die Veräußerung u.a. der Grundstücke "Fr. " durch die Beklagte an die S. v orgesehen. Der entsprechende Kaufvertrag konnte nicht mit einem Dritten geschlossen werden. Da die S. eigens zu dem Zweck der gemeinsamen Vermarktung dieser
Grundstücke gegründet worden war, kann die Veräußerungspflicht der Beklagten nur als eine ihr in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin obliegende Verpflichtung verstanden werden. Entgegen der Ansicht der Revision steht die im Rücktrittsfalle eintretende Pflicht zur Verzinsung des Kaufpreises in unmittelbarem Zusammenhang mit der Veräußerungspflicht. Sie beruht damit ebenfalls auf dem Gesellschaftsvertrag der Parteien und ist daher keine Drittforderung.
2. Die Auslegung der notariellen Vereinbarung vom 15. Mai 1996 durch das Berufungsgericht mag auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands vertretbar sein. Darauf kommt es jedoch letztlich nicht an. Denn das Urteil muß aufgehoben werden, weil das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft den - vorrangigen - Vortrag der Beklagten, vor Abschluß der Vertragsverhandlungen seien die Parteien übereingekommen, daß ein Zinsanspruch nach § 347 BGB nicht bestehen sollte, unberücksichtigt gelassen und von der Erhebung der von der Beklagten angebotenen Beweise abgesehen hat.
Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 8. Januar 1999 dargelegt, daß zunächst zwischen ihrem Vorstand und dem Vorstand der D. , anschließend auch mit dem Verhandlungsführer der Klägerin in einer Besprechung am 27. März 1990 in M. Einigkeit erzielt wurde, daß die Beklagte im Gegenzug dazu, daß die Klägerin ihre Dienste gegen Entgelt erbringen sollte, im Rücktrittsfalle keine Zinsen zahlen sollte. Mit diesem Vorbringen hat sie ihre unter Beweis durch Zeugnis des Geschäftsführers B. der S. und Parteivernehmung ihres Vorstands Dr. K. gestellte Darlegung im Schriftsatz vom 4. August 1998 ersichtlich näher substantiiert, so daß das Be-
rufungsgericht ihren Vortrag zu Unrecht als ungenügend konkretisiert und damit unerheblich behandelt hat.
B. Anschlußrevision:
I. Die Klägerin will mit ihrem Anschlußrechtsmittel erreichen, daß die Beklagte der S. nicht nur die Hälfte der Aufwendungen zu erstatten hat, sondern den gesamten Betrag von 12.820.964,86 DM, und dies ohne die Einschränkung , daß die Leistung nur Zug um Zug gegen eine Zahlung der Klägerin zu erbringen sei. Sie hatte die Klage hinsichtlich aller Forderungen mit Schriftsatz vom 18. Dezember 1998 zusätzlich damit begründet, daß die Beklagte sie und die S. über Mängel der Grundstücke "Fr. " arglistig getäuscht und einen wucherisch hohen Kaufpreis verlangt habe; bei pflichtgemäßer Aufklärung hätte die S. die Grundstücke nicht erworben , wäre also nicht mit Darlehenszinsen belastet worden und hätte die Aufwendungen nicht getätigt. Dieses Vorbringen hat das Berufungsgericht gemäß §§ 527, 296 ZPO als verspätet zurückgewiesen. Das ist, wie die Anschlußrevision zu Recht rügt, verfahrensfehlerhaft.
II. Das neue Vorbringen war kein Angriffsmittel i.S. von §§ 527, 296 ZPO, sondern eine nachträgliche objektive Klagehäufung. Die Klägerin machte damit einen auf vorsätzliches Verschulden bei Vertragsschluß gegründeten Schadensersatzanspruch neben dem bisher verfolgten vertraglichen Anspruch geltend. Beiden Ansprüchen liegen verschiedene Lebenssachverhalte zugrunde , so daß es sich um verschiedene Streitgegenstände handelt. Eine Zurückweisung wegen Verspätung kam damit nicht in Betracht. Es liegt - wegen des weiteren Klagegrundes - eine Klagehäufung vor.

1. Die Zulässigkeit einer Klagehäufung beurteilt sich nach § 263 ZPO. Von einer Einwilligung der Beklagten kann nicht ausgegangen werden, da sie den Vortrag als verspätet bezeichnet und damit deutlich gemacht hat, daß sie seiner Berücksichtigung widersprechen wollte. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - die Frage der Sachdienlichkeit nicht geprüft. Unter diesen Umständen kann der Senat darüber selbst befinden, BGHZ 123, 132.
2. Sachdienlichkeit liegt vor, wenn der bisherige Prozeßstoff als Entscheidungsgrundlage verwertbar bleibt und durch die Zulassung der Klagehäufung ein neuer Prozeß vermieden wird. Der bisherige Prozeßstoff genügt für eine Entscheidung über den Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß allerdings nicht. Insoweit bedarf es vielmehr noch einer Beweisaufnahme. Das Berufungsgericht hätte, wie die Ausführungen zur Revision ergeben, aber ohnehin zu dem Komplex Rücktrittszinsen Beweis erheben müssen. Unter diesen Umständen ist die Klagehäufung aus Gründen der Prozeßwirtschaftlichkeit als sachdienlich anzusehen.
III. Entgegen der Anschlußrevisionserwiderung ist das Vorbringen der Klägerin über eine arglistige Täuschung nicht unschlüssig.
Ein aus einer arglistigen Täuschung über Mängel der verkauften Grundstücke resultierender Ersatzanspruch würde ebenso wie ein etwaiger Zinsanspruch aus § 347 BGB auf dem Gesellschaftsvertrag der Parteien beruhen. Denn der Verkauf der Grundstücke durch die Beklagte erfolgte in Erfüllung ihrer gesellschaftsrechtlichen Pflichten.
Nach dem Vortrag der Klägerin kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Geschäftsführer der S. positive Kenntnis von den behaupteten Mängeln hatte.
C. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Beweiserhebungen durchführen kann. Die Zurückverweisung gibt den Parteien zugleich Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vorbringens.

Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.