Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2015 - VII ZB 36/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack und Wimmer
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung. Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2012 hat sie beim Vollstreckungsgericht beantragt, gegen den Schuldner einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen einer Forderung in Höhe von 5.403,90 € zu erlassen. Wegen dieses Anspruches soll die angebliche Forderung des Schuldners gegen die in BadenWürttemberg ansässige "Sparkasse Schwarzwald-Baar, Gerberstraße 45, 78050 Villingen-Schwenningen" gepfändet werden.
- 2
- Mit Beschluss vom 4. Juni 2012 hat das Vollstreckungsgericht den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Bezeichnung der Drittschuldnerin reiche nicht aus. Erforderlich sei die Angabe eines gesetzlichen Vertreters bzw. eines Vertretungsorgans.
- 3
- Gegen diesen Beschluss hat die Gläubigerin sofortige Beschwerde eingelegt. Die sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Gläubigerin mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
- 4
- Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
- 5
- 1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass die Drittschuldnerin nicht hinreichend bestimmt sei. Die Gläubigerin habe weder dargetan, in welcher Rechtsform die Drittschuldnerin auftrete, noch wie die Drittschuldnerin vertreten werde. Das sei aber erforderlich. Wer als Drittschuldner gemeint sei, müsse im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss immer ausreichend und zuverlässig erkennbar sein. Dies sei vorliegend nicht gegeben, da es an einer Angabe der Organstellung fehle. Zwar habe der Bundesgerichtshof entschieden , dass bei einer Aktiengesellschaft das zur Vertretung berechtigte Organ bzw. der gesetzliche Vertreter nicht aufgeführt werden müsse. Denn bei einer Zustellung im Geschäftslokal kämen als Zustellungsempfänger nur die Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft in Betracht. Diese Erwägung könne auf eine Sparkasse aber nicht übertragen werden. In dem Antrag sei bereits nicht ausgeführt, in welcher Rechtsform die Sparkasse handele.
- 6
- 2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Auffassungen des Beschwerdegerichts, der Pfändungsantrag enthalte keine hinreichende Bezeichnung des Drittschuldners und eine Zustellung des Pfändungsbeschlusses könne an die Drittschuldnerin nicht erfolgen, sind von Rechtsirrtümern beeinflusst.
- 7
- a) Für die Wirksamkeit des Pfändungsbeschlusses ist die eindeutige Bezeichnung des Drittschuldners notwendig, um für die am Vollstreckungsverfahren Beteiligten und den Rechtsverkehr klarzustellen, welches Recht Gegenstand der Pfändung ist. Es muss deshalb aus dem Pfändungsbeschluss zweifelsfrei ersichtlich sein, gegen wen dem Schuldner die gepfändete Forderung zusteht (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Oktober 2005 - VII ZB 8/05, NJW-RR 2006, 425 Rn. 8; Urteil vom 9. Juli 1987 - IX ZR 165/86, WM 1987, 1311, 1312, juris Rn. 16; Jurgeleit, Die Haftung des Drittschuldners, 2. Aufl., Rn. 20). Diesen Anforderungen genügt der Antrag der Gläubigerin, der die Drittschuldnerin als "Sparkasse Schwarzwald-Baar" bezeichnet.
- 8
- aa) Soweit das Beschwerdegericht meint, diese Bezeichnung sei unzureichend , weil die Rechtsform der "Sparkasse Schwarzwald-Baar" nicht mitge- teilt werde, ist das unzutreffend. Nach dem Sparkassengesetz (SpG) für BadenWürttemberg in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juli 2005 (GBl. 2005, S. 587) sind Sparkassen in Baden-Württemberg rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts (§ 1 SpG/BW). Es ergibt sich damit aus dem Gesetz, dass die Drittschuldnerin als Sparkasse Trägerin von Rechten und Pflichten ist. Die Bezeichnung "Sparkasse" ist deshalb in Baden-Württemberg die Bezeichnung für eine Rechtsform, ohne dass es eines Zusatzes bedürfte.
- 9
- bb) Ebenso wenig ist es für die hinreichende Bezeichnung der Drittschuldnerin erforderlich, die zur Vertretung berechtigten Personen anzugeben, da diese für die Identität einer (juristischen) Person unerheblich sind.
- 10
- b) Die Angabe des zur Vertretung berechtigten Organs der Drittschuldnerin und die Bezeichnung der zur Vertretung berechtigten Mitglieder des Organs sind auch nicht erforderlich, um mit der vom Gläubiger zu veranlassenden Zustellung des Pfändungsbeschlusses an die Drittschuldnerin die Pfändung zu bewirken (§ 829 Abs. 2 Satz 1, § 829 Abs. 3 ZPO).
- 11
- Nach §§ 191, 182 Abs. 2 Nr. 1 ZPO muss die Zustellungsurkunde die Bezeichnung der Person enthalten, an die zugestellt werden soll. Bei einer juristischen Person wie der Drittschuldnerin ist das ihr gesetzlicher Vertreter. Das ist nach § 23 Abs. 1 Satz 1, 2 SpG/BW der Vorstand für die Geschäfte der Sparkasse. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt es aber, wenn bei einer Zustellung an den gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person in deren Geschäftslokal ausschließlich die Gesellschaft in der Zustellungsurkunde bezeichnet wird. Es bedarf weder einer Bezeichnung des zur Vertretung berechtigten Organs noch der Mitglieder des Organs (BGH, Urteile vom 4. Februar 1997 - VI ZR 306/95, BGHZ 134, 343, 352, juris Rn. 25, für juristische Personen des öffentlichen Rechts; vom 22. Mai 1989 - II ZR 206/88, BGHZ 107, 297, 299, juris Rn. 6, für eine Aktiengesellschaft; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 182 Rn. 5).
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- 3. Der angefochtene Beschluss kann deshalb keinen Bestand haben und ist aufzuheben, § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO. Der Senat entscheidet über die sofortige Beschwerde der Gläubigerin selbst, indem er den angefochtenen Beschluss des Vollstreckungsgerichts wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis aufhebt und die Sache an das Vollstreckungsgericht zurückverweist, § 572 Abs. 3 ZPO.
Vorinstanzen:
AG Villingen-Schwenningen, Entscheidung vom 04.06.2012 - 25 M 2685/12 -
LG Konstanz, Entscheidung vom 08.08.2013 - 62 T 65/12 A -
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(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Die Pfändung mehrerer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner soll auf Antrag des Gläubigers durch einheitlichen Beschluss ausgesprochen werden, soweit dies für Zwecke der Vollstreckung geboten erscheint und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen der Drittschuldner entgegenstehen.
(2) Der Gläubiger hat den Beschluss dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner den Beschluss mit dem Zustellungsnachweis sofort zuzustellen, sofern nicht eine öffentliche Zustellung erforderlich ist. An Stelle einer an den Schuldner im Ausland zu bewirkenden Zustellung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post, sofern die Zustellung nicht nach unmittelbar anwendbaren Regelungen der Europäischen Union zu bewirken ist.
(3) Mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen.
(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.
Ist eine Zustellung auf Betreiben der Parteien zugelassen oder vorgeschrieben, finden die Vorschriften über die Zustellung von Amts wegen entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den nachfolgenden Vorschriften Abweichungen ergeben.
(1) Zum Nachweis der Zustellung nach den §§ 171, 177 bis 181 ist eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen. Für diese Zustellungsurkunde gilt § 418.
(2) Die Zustellungsurkunde muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Person, der zugestellt werden soll, - 2.
die Bezeichnung der Person, an die der Brief oder das Schriftstück übergeben wurde, - 3.
im Falle des § 171 die Angabe, dass die Vollmachtsurkunde vorgelegen hat, - 4.
im Falle der §§ 178, 180 die Angabe des Grundes, der diese Zustellung rechtfertigt und wenn nach § 181 verfahren wurde, die Bemerkung, wie die schriftliche Mitteilung abgegeben wurde, - 5.
im Falle des § 179 die Erwähnung, wer die Annahme verweigert hat und dass der Brief am Ort der Zustellung zurückgelassen oder an den Absender zurückgesandt wurde, - 6.
die Bemerkung, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag, der das zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist, - 7.
den Ort, das Datum und auf Anordnung der Geschäftsstelle auch die Uhrzeit der Zustellung, - 8.
Name, Vorname und Unterschrift des Zustellers sowie die Angabe des beauftragten Unternehmens oder der ersuchten Behörde.
(3) Die Zustellungsurkunde ist der Geschäftsstelle in Urschrift oder als elektronisches Dokument unverzüglich zurückzuleiten.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.
(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.
(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.