Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2012 - VII ZB 12/10

bei uns veröffentlicht am25.10.2012
vorgehend
Amtsgericht Siegburg, 35a M 937/09, 14.01.2010
Landgericht Bonn, 4 T 43/10, 23.02.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 12/10
vom
25. Oktober 2012
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO § 850f Abs. 2 Halbsatz 2; SGB XII (2003) § 19 Abs. 1, SGB XII § 19
Abs. 1, § 27 Abs. 1, Abs. 2

a) Da dem Schuldner im Anwendungsbereich des § 850f Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO
dasjenige belassen werden soll, das er zur Deckung des sozialhilferechtlichen
Existenzminimums im Sinne des SGB XII benötigt, sind die dort für die Anrechnung
von Einkommen und geldwerten Vorteilen maßgebenden Grundsätze
auch bei der Ermittlung des ihm pfandfrei zu belassenden Betrages zu berücksichtigen.

b) Das Vollstreckungsgericht hat zu prüfen, ob der notwendige Bedarf des
Schuldners ganz oder teilweise durch weitere Einnahmen oder geldwerte Naturalleistungen
tatsächlich gedeckt ist. Im Umfang der anderweitigen Deckung ist
der Freibetrag, der dem Schuldner aus seinem gepfändeten Arbeitseinkommen
zu belassen ist, herabzusetzen.

c) Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten muss das Vollstreckungsgericht ohne
Rücksicht auf gesetzliche Unterhaltsansprüche wegen der aus § 19 Abs. 1
SGB XII (2003), § 19 Abs. 1, § 27 Abs. 1, Abs. 2 SGB XII folgenden Wertentscheidung
auch die Einkünfte des Ehegatten in die Prüfung der Bedarfsdeckung
mit einbeziehen.
BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - VII ZB 12/10 - LG Bonn
AG Siegburg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Eick, Halfmeier,
Prof. Leupertz und Kosziol

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubiger wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 23. Februar 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als dort die Anordnung getroffen worden ist, dass dem Schuldner ein monatlicher Betrag von 177,01 € pfandfrei zu belassen ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1
Die Gläubiger betreiben gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Teilversäumnisurteil sowie aus einem in gleicher Sache ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss. Die titulierte Forderung beruht auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Schuldners. Der Schuldner ist verheiratet und seine Ehefrau, von der er nicht getrennt lebt, verfügt über eigene monatliche Einkünfte in Höhe von 2.300 € netto. Er selbst bezieht eine monatliche Altersrente in Höhe von 207,02 € und von der Drittschuldnerin eine monatliche Unfallrente in Höhe von 527,36 €.
2
Auf Antrag der Gläubiger hat das Amtsgericht - Vollstreckungs-gericht - durch Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 17. Juni 2009 und 12. August 2009 die Forderungen des Schuldners gegenüber der Drittschuldnerin gepfändet und den Gläubigern zur Einziehung überwiesen. Das hiergegen eingelegte Rechtsmittel des Schuldners, mit dem er geltend gemacht hat, ihm sei die gepfändete Unfallrente in Höhe von 527,36 € zu belassen, weil sonst sein notwendiger Lebensunterhalt nicht gedeckt sei, hatte Erfolg. Mit Beschlüssen vom 14. Januar 2010 hat das Amtsgericht seine beiden Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse abgeändert und bestimmt, dass dem Schuldner die gepfändete Unfallrente in voller Höhe pfandfrei zu verbleibe habe.
3
Auf die sofortigen Beschwerden der Gläubiger, denen das Amtsgericht nicht abgeholfen hat, hat das Beschwerdegericht mit Beschluss vom 23. Februar 2010 die Beschlüsse des Amtsgerichts teilweise dahingehend abgeändert , dass dem Schuldner aus der bei der Drittschuldnerin gepfändeten Forderung ein monatlicher Betrag von 177,01 € zu belassen sei. Eine weitergehende Pfändung der Unfallrente im Hinblick auf die monatlichen Nettoeinkünfte der Ehefrau des Schuldners und die seitens der Gläubiger behauptete Möglichkeit , ihr gegenüber Unterhaltsansprüche geltend zu machen, hat das Beschwerdegericht abgelehnt. Nur dagegen wenden sich die Gläubiger mit ihrer vom Beschwerdegericht auch nur insoweit zugelassenen Rechtsbeschwerde. - 5 -

II.

5
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist begründet.
6
1. Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, der dem Schuldner gemäß § 850f Abs. 2 ZPO zu belassende notwendige Unterhalt bemesse sich ausschließlich nach den Regelungen des SGB XII. Ihm seien also pfandfrei der monatliche sozialhilferechtliche Satz von 323 € für Personen, die in einer Ehe leben, sowie darüber hinaus ein Mehrbedarf von 61,03 € zu belassen. Unter Berücksichtigung der monatlichen Einkünfte aus der Altersrente ergebe sich ein Betrag von 177,01 €, der dem Schuldner aus der Unfallrente verbleiben müsse. Eine weitergehende Herabsetzung des pfandfreien Betrages mit Blick auf Unterhaltsansprüche des Schuldners gegen seine Ehefrau sei nicht gerechtfertigt. Insoweit handele es sich um fiktive Einkünfte, die bei der Ermittlung des dem Schuldner zur Deckung seines eigenen notwendigen Lebensunterhalts zu belassenden pfandfreien Betrages außer Betracht zu bleiben hätten. Der Schuldner könne nicht über den Umweg einer Herabsetzung pfandfreier Beträge unter den eigenen Lebensbedarf dazu gezwungen werden, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen oder eigene Ansprüche gegenüber Dritten, welche der Gläubiger prinzipiell eigenständig pfänden könne, zu realisieren. Im Bereich des § 850f Abs. 2 ZPO würde eine andere Bewertung dazu führen, dass der Unterhaltsverpflichtete für die aus unerlaubter Handlung resultierenden Forderungen wirtschaftlich einzustehen hätte, was auch unter Billigkeitsgesichtspunkten nicht gerechtfertigt sei.
7
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
Das Beschwerdegericht geht davon aus, dass die Forderung des Schuldners gegen die Drittschuldnerin gemäß § 850b Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet werden kann. Dagegen ist nichts zu erinnern. Unzutreffend ist allerdings die Auffassung des Beschwerdegerichts, dem Schuldner müssten monatlich 177,01 € von der gegenüber der Drittschuldnerin bestehenden Forderung pfändungsfrei verbleiben, weil sonst sein notwendiger Unterhalt nicht gesichert sei. Für eine dahingehende Annahme reichen die getroffenen Feststellungen nicht aus.
9
a) Betreibt der Gläubiger die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, zu der auch der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten gehört (vgl. BGH, Beschluss vom 10. März 2011 - VII ZB 70/08, NJW-RR 2011, 791), darf er nach § 850f Abs. 2 Halbsatz 1 ZPO in einem gegenüber der Vorschrift des § 850c ZPO erweiterten Umfang auf das Arbeitseinkommen des Schuldners zugreifen. Diesem ist jedoch so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen eigenen Unterhalt und zur Erfüllung laufender gesetzlicher Unterhaltspflichten bedarf, § 850f Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO.
10
Die Regelung in § 850f Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO ist Bestandteil der Vorschriften über den Pfändungsschutz bei Arbeitseinkommen. Sie dient als Ausdruck des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 GG) auch dem Zweck, dem Schuldner ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2004 - IXa ZB 321/03, NJW-RR 2004, 789; Stöber, Forderungspfändung , 15. Aufl., Rn. 872; Kindl in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 1. Aufl., § 811 Rn. 1). Darüber hinaus soll im öffentli- chen Interesse verhindert werden, dass dem Schuldner durch Vollstreckungsmaßnahmen das Existenzminimum genommen wird mit der Folge, dass das Fehlende durch Sozialhilfe ersetzt und die Forderung des Gläubigers letztlich von der Allgemeinheit aus Steuermitteln bedient werden müsste (Musielak/ Becker, ZPO, 9. Aufl., § 850c Rn. 1; Schuschke/Walker/Kessal-Wulf, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 850f Rn. 14). Durch den dem Schuldner nach § 850f Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO zu belassenden Freibetrag ist dieser davor geschützt, dass sein verbleibendes Resteinkommen unter den Sozialhilfebedarf absinkt (vgl. Stöber, aaO, Rn. 1196 i.V.m. 1094, 1176 i; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 850f Rn. 2 und 17). Dem Schuldner ist wenigstens der Betrag zu belassen, den er auch seitens der Sozialleistungsträger bekäme (Schuschke/Walker/Kessal-Wulff, aaO, § 850f Rn. 14; Stein/Jonas/Brehm, aaO, § 850f Rn. 17).
11
b) Aus § 850f Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO ergibt sich nicht, wie hoch der dem Schuldner pfandfrei verbleibende Betrag ist. Maßgebend ist, wie viel der Schuldner für seinen notwendigen Unterhalt benötigt. Der Begriff des notwendigen Unterhalts in § 850f Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO stimmt mit demjenigen in § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO überein (BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - VII ZB 111/09, NJW-RR 2011, 706; BGH, Beschluss vom 5. August 2010 - VII ZB 101/09, FamRZ 2010, 1654). Für den Begriff des notwendigen Unterhalts in § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass dieser grundsätzlich dem notwendigen Lebensunterhalt im Sinne des 3. und 11. Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch entspricht (BGH, jeweils aaO; BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - VII ZB 38/07, NJW-RR 2008, 733; BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 - XII ZR 114/03, BGHZ 162, 234).
12
c) Im Einklang mit diesen Grundsätzen hat das Beschwerdegericht errechnet , dass der Schuldner monatlich 384,03 € benötigt, um seinen notwendigen eigenen Unterhalt bestreiten zu können. Der Betrag setzt sich zusammen aus dem für den maßgeblichen Zeitraum geltenden monatlichen sozialhilferechtlichen Regelsatz in Höhe von 323 € für Personen, die in einer Ehe zusammenleben , sowie einem Mehrbedarf in Höhe von 61,03 € gemäß § 30 SGB XII a.F. Einen zusätzlichen Bedarf zur Erfüllung laufender gesetzlicher Unterhaltspflichten hat das Beschwerdegericht mit Recht nicht angenommen.
13
d) Daraus folgt nicht notwendig, dass dem Schuldner monatlich 384,03 € von der gepfändeten Forderung zu belassen sind. Vielmehr muss das Vollstreckungsgericht bei der Ermittlung des pfandfreien Betrages gemäß § 850f Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO prüfen, ob der notwendige Bedarf des Schuldners ganz oder teilweise durch weiteres Einkommen oder geldwerte Naturalleistungen gedeckt ist (vgl. Stein/Jonas/Brehm, aaO, § 850d Rn. 29; Wieczorek/Schütze/Lüke, ZPO, 3. Aufl., § 850d Rn. 31; Musielak/Becker, aaO, § 850d Rn. 11; Zöller/ Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 850e Rn. 3; BeckOK ZPO/Riedel, Stand: 15. Juli 2012, § 850d Rn. 39; Stöber, aaO, Rn. 1104).
14
(aa) Da dem Schuldner im Anwendungsbereich des § 850f Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - VII ZB 111/09, aaO) nicht weniger, aber auch nicht mehr belassen werden soll, als er zur Deckung des sozialhilferechtlichen Existenzminimums im Sinne des SGB XII bedarf, sind die dort für die Anrechnung von Einkommen und geldwerten Vorteilen maßgebenden Grundsätze auch bei der Ermittlung des dem Schuldner nach § 850f Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO pfandfrei zu belassenden Betrages zu berücksichtigen. Ist nämlich der notwen- dige Bedarf des Schuldners und damit sein sozialhilferechtliches Existenzminimum durch andere Einnahmen und geldwerte Vorteile gedeckt, dann besteht die Gefahr des Absinkens des Schuldners unter die Schwelle der Sozialhilfebedürftigkeit durch eine Pfändung seines Arbeitseinkommens und damit eine Befriedigung der Gläubiger zu Lasten des Sozialstaats wegen des aus § 2 Abs. 1 SGB XII folgenden Grundsatzes des Nachranges der Sozialhilfe nicht. Nach diesem Grundsatz, der in § 19 Abs. 1 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung beziehungsweise in § 19 Abs. 1, § 27 Abs. 1 und 2 SGB XII in der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung für die Hilfe zum Lebensunterhalt konkretisiert wird, ist Sozialhilfe nur demjenigen zu leisten , der seinen Bedarf nicht aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten kann. Ist hinreichendes Einkommen oder Vermögen zur Deckung des maßgeblichen Bedarfs vorhanden, entfällt die Hilfebedürftigkeit und damit der Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt (BeckOK SGB XII/Groth, Stand: 1. Juni 2012, § 19 Rn. 2; Kreikebohm/Coseriu, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl., § 19 Rn. 2).
15
Dementsprechend mindern andere Einnahmen und geldwerte Vorteile, soweit sie dem Schuldner tatsächlich zur Verfügung stehen und nicht ein besonderer Zweck des Bezuges dies im Einzelnen ganz oder teilweise verbietet (vgl. Stein/Jonas/Brehm, aaO, § 850d Rn. 29), den Freibetrag, der ihm aus seinem gepfändeten Arbeitseinkommen zu belassen ist. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass die Voraussetzungen für einen Pfändungsfreibetrag nach § 850f Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO gänzlich entfallen (vgl. Stöber, aaO, Rn. 1104; Wieczorek/Schütze/Lüke, aaO, § 850d Rn. 31; Stein/Jonas/Brehm, aaO, § 850d Rn. 29 in Fn. 84).
16
(bb) Ausgehend hiervon begegnet es keinen Bedenken, dass das Beschwerdegericht bei der Bemessung des dem Schuldner nach § 850f Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO zu belassenden notwendigen Betrags die Altersrente in Höhe von monatlich 207,02 € als weitere Einnahmequelle berücksichtigt und in dieser Höhe den Unterhaltsbedarf des Schuldners als gedeckt angesehen hat.
17
(cc) Rechtsfehlerhaft hat das Beschwerdegericht allerdings die Einkünfte der Ehefrau des Schuldners außer Betracht gelassen.
18
(1) Nach Maßgabe von § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung beziehungsweise § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB XII in der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung werden das Einkommen und das Vermögen von nicht getrennt lebenden Ehegatten unmittelbar und unbeschadet zivilrechtlicher Bestimmungen des Unterhaltsrechts wie Einkommen und Vermögen des Hilfesuchenden selbst angesehen (Grube/ Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl., § 27 Rn. 6; Kreikebohm/Coseriu, aaO, § 19 Rn. 3). Die Berücksichtigung auch des Einkommens und Vermögens des nicht getrennt lebenden Ehegatten geht von der rechtlichen oder sittlichen Einstandsund Unterstützungspflicht innerhalb der Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft sowie der Erfahrung aus, dass in einer ehelichen Haushaltsgemeinschaft "aus einem Topf" gewirtschaftet wird und dass die Bedürfnisse des nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten aus den gemeinsamen Beiträgen ohne Rücksicht auf gesetzliche Unterhaltsansprüche befriedigt werden. Die Person der Einsatzgemeinschaft, die Einkommen erzielt, muss ihr Einkommen, das den eigenen Bedarf übersteigt, den anderen Personen zu deren Bedarfsdeckung zur Verfügung stellen (Grube/Wahrendorf, aaO, § 27 Rn. 8). Ist der Bedarf des Hilfebedürftigen durch das Einkommen seines Ehegatten tatsächlich gedeckt, erhält er keine Sozialhilfe.
19
(2) Wegen dieser gesetzgeberischen Wertentscheidung im Sozialhilferecht bestehen auch für den Bereich des Zwangsvollstreckungsrechts keine Bedenken, den pfändungsfreien Betrag für den notwendigen eigenen Unterhalt des Schuldners nach § 850f Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO auf Null festzusetzen und das Arbeitseinkommen des Schuldners dem vollen Zugriff seiner Gläubiger Preis zu geben, wenn der notwendige Bedarf des Schuldners durch die Einkünfte seines Ehegatten tatsächlich gedeckt ist (vgl. zum Tatsächlichkeitsprinzip : Grube/Wahrendorf, aaO, § 27 Rn. 7; Kreikebohm/Coseriu, aaO, § 19 Rn. 3).
20
Der Berücksichtigung der Einkünfte des Ehegatten steht insbesondere nicht entgegen, dass dieser dadurch für die aus unerlaubter Handlung resultierenden Forderungen wirtschaftlich einzustehen hat. Dieses vom Beschwerdegericht angeführte Argument geht auf eine verbreitete Ansicht im Schrifttum zurück, wonach der Eigenverdienst des Ehegatten nicht dazu bestimmt sei, dem Gläubiger des Schuldners Befriedigung zu ermöglichen (Stöber, aaO, Rn. 1105; Musielak/Becker, aaO, § 850d Rn. 11; Wieczorek/Schütze/Lüke, aaO, § 850d Rn. 33; Schuschke/Walker/Kessal-Wulf, aaO, § 850d Rn. 7). Aus diesem Grund sei das Einkommen des Ehegatten nur bei der Feststellung zu berücksichtigen, ob und in welchem Umfang der Schuldner seinem Ehegatten gegenüber noch laufende gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen hat und ob daher über den eigenen notwendigen Unterhalt des Schuldners hinaus in den Freibetrag ein zusätzlicher Betrag zur Erfüllung dieser gesetzlichen Unterhaltspflicht einzustellen ist (Stöber, aaO, Rn. 1105; Zöller/Stöber, aaO, § 850d Rn. 11a; Musielak/Becker, aaO, § 850d Rn. 11; Wieczorek/Schütze/Lüke, aaO, § 850d Rn. 33; BeckOK ZPO/Riedel, aaO, § 850d Rn. 41; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl., § 850d Rn. 13, 15).
21
Diese Sichtweise, die im Wesentlichen mit einem Verweis auf die Entscheidungen verschiedener Land- und Oberlandesgerichte aus dem Zeitraum von 1930 - 1970 (Nachweise bei Musielak/Becker, aaO, § 850d Rn. 11 in Fn. 96; Wieczorek/Schütze/Lüke, aaO, § 850d Rn. 33 in Fn. 121; Schuschke/ Walker/Kessal-Wulf, aaO, § 850d Rn. 7 in Fn. 29; Stein/Jonas/Brehm, aaO, § 850d Rn. 29 in Fn. 96) begründet wird, geht fehl. Das Einkommen des Ehegatten dient nicht dazu, dem Gläubiger des Schuldners Befriedigung zu ermöglichen , sondern es wird lediglich im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 850f Abs. 2 ZPO bei der Frage, ob der notwendige Bedarf des Schuldners ganz oder zum Teil hierdurch gedeckt ist, berücksichtigt. Dies hat seine Rechtfertigung in der oben angeführten gesetzgeberischen Wertentscheidung im Sozialhilferecht , die auch für die Ermittlung des pfandfreien Betrages in § 850f Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO bestimmend ist. Ist der danach maßgebliche notwendige Bedarf des Schuldners durch das Einkommen seines in Einsatzgemeinschaft mit ihm lebenden Ehegatten tatsächlich gedeckt, gibt es keinen Grund, warum der Gläubiger nicht in vollem Umfang privilegierten Zugriff nach § 850f Abs. 2 Halbsatz 1 ZPO auf das Arbeitseinkommen des Schuldners erhalten sollte.
22
(3) Im hier zu entscheidenden Fall ist die mit einem eigenen Einkommen von 2.300 € netto ausgestattete Ehefrau des Schuldners grundsätzlich verpflichtet , denjenigen Teil ihres Einkommens, der ihren eigenen Bedarf übersteigt , zur Deckung des notwendigen Bedarfs des Schuldners zur Verfügung zu stellen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der notwendige eigene Unterhaltsbedarf des Schuldners hierdurch vollständig gedeckt ist. Tatsächliche Feststellungen dazu sind bisher nicht getroffen.
23
3. Soweit das Beschwerdegericht danach eine weitere Herabsetzung des pfandfreien Betrages mit Blick auf etwaige Unterhaltsansprüche des Schuldners gegenüber dessen Ehefrau abgelehnt hat, kann die angefochtene Entscheidung nicht bestehen bleiben.
24
Der Senat vermag in der Sache nicht abschließend selbst zu entscheiden , da sich die zur Beurteilung der Bedarfsdeckung erforderlichen Anknüpfungstatsachen nicht aus dem vom Beschwerdegericht festgestellten Sachver- halt ergeben. Ob und in welcher Höhe der notwendige Bedarf des Schuldners tatsächlich durch die Einkünfte seiner Ehefrau gedeckt ist, ist offen. Insoweit wird das Beschwerdegericht weitere Ermittlungen anzustellen haben.
Kniffka Eick Halfmeier
Leupertz Kosziol

Vorinstanzen:
AG Siegburg, Entscheidung vom 14.01.2010 - 35a M 937/09 -
LG Bonn, Entscheidung vom 23.02.2010 - 4 T 43/10 -

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(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

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(1) Arbeitseinkommen ist unpfändbar, wenn es, je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, nicht mehr als1.1 178,59 Euro monatlich,2.271,24 Euro wöchentlich oder3.54,25 Euro täglichbeträgt. (2) Gewährt der Schuldner auf Grund einer gesetzlichen

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(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozia

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(1) Für Personen, die1.die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder2.die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sindund durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunte

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(1) Hilfe zum Lebensunterhalt ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. (2) Eigene Mittel sind insbesondere das eigene Einkommen und Vermögen. Bei n

Zivilprozessordnung - ZPO | § 850f Änderung des unpfändbaren Betrages


(1) Das Vollstreckungsgericht kann dem Schuldner auf Antrag von dem nach den Bestimmungen der §§ 850c, 850d und 850i pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens einen Teil belassen, wenn1.der Schuldner nachweist, dass bei Anwendung der Pfändungsfreigren

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(1) Wegen der Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes einem Verwandten, dem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, dem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner oder nach §§ 1615l, 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil zustehen, sind da

Zivilprozessordnung - ZPO | § 850b Bedingt pfändbare Bezüge


(1) Unpfändbar sind ferner1.Renten, die wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten sind;2.Unterhaltsrenten, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhen, sowie die wegen Entziehung einer solchen Forderung zu entrichtenden Renten;

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(1) Das Vollstreckungsgericht kann dem Schuldner auf Antrag von dem nach den Bestimmungen der §§ 850c, 850d und 850i pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens einen Teil belassen, wenn

1.
der Schuldner nachweist, dass bei Anwendung der Pfändungsfreigrenzen entsprechend § 850c der notwendige Lebensunterhalt im Sinne des Dritten und Vierten Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch oder nach Kapitel 3 Abschnitt 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für sich und für die Personen, denen er gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist, nicht gedeckt ist,
2.
besondere Bedürfnisse des Schuldners aus persönlichen oder beruflichen Gründen oder
3.
der besondere Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflichten des Schuldners, insbesondere die Zahl der Unterhaltsberechtigten, dies erfordern
und überwiegende Belange des Gläubigers nicht entgegenstehen.

(2) Wird die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die in § 850c vorgesehenen Beschränkungen bestimmen; dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf.

(3) (weggefallen)

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können.

(2) Eigene Mittel sind insbesondere das eigene Einkommen und Vermögen. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern sind das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam zu berücksichtigen. Gehören minderjährige unverheiratete Kinder dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils an und können sie den notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht bestreiten, sind vorbehaltlich des § 39 Satz 3 Nummer 1 auch das Einkommen und das Vermögen der Eltern oder des Elternteils gemeinsam zu berücksichtigen.

(3) Personen, die ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können, jedoch einzelne im Haushalt erforderliche Tätigkeiten nicht verrichten können, erhalten auf Antrag einen angemessenen Zuschuss, wenn ihnen die Aufbringung der für die geleistete Hilfe und Unterstützung notwendigen Kosten nicht in voller Höhe zumutbar ist. Als angemessen gelten Aufwendungen, die üblicherweise als Anerkennung für unentgeltlich geleistete Hilfen und Unterstützungen oder zur Abgeltung des entsprechenden Aufwandes geleistet werden. Den Zuschuss erhält nicht, wer einen entsprechenden Anspruch auf Assistenzleistungen nach § 78 des Neunten Buches hat.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Vollstreckungsgericht kann dem Schuldner auf Antrag von dem nach den Bestimmungen der §§ 850c, 850d und 850i pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens einen Teil belassen, wenn

1.
der Schuldner nachweist, dass bei Anwendung der Pfändungsfreigrenzen entsprechend § 850c der notwendige Lebensunterhalt im Sinne des Dritten und Vierten Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch oder nach Kapitel 3 Abschnitt 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für sich und für die Personen, denen er gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist, nicht gedeckt ist,
2.
besondere Bedürfnisse des Schuldners aus persönlichen oder beruflichen Gründen oder
3.
der besondere Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflichten des Schuldners, insbesondere die Zahl der Unterhaltsberechtigten, dies erfordern
und überwiegende Belange des Gläubigers nicht entgegenstehen.

(2) Wird die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die in § 850c vorgesehenen Beschränkungen bestimmen; dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf.

(3) (weggefallen)

(1) Unpfändbar sind ferner

1.
Renten, die wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten sind;
2.
Unterhaltsrenten, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhen, sowie die wegen Entziehung einer solchen Forderung zu entrichtenden Renten;
3.
fortlaufende Einkünfte, die ein Schuldner aus Stiftungen oder sonst auf Grund der Fürsorge und Freigebigkeit eines Dritten oder auf Grund eines Altenteils oder Auszugsvertrags bezieht;
4.
Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen, die ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden, ferner Ansprüche aus Lebensversicherungen, die nur auf den Todesfall des Versicherungsnehmers abgeschlossen sind, wenn die Versicherungssumme 5 400 Euro nicht übersteigt.

(2) Diese Bezüge können nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet werden, wenn die Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen des Schuldners zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht geführt hat oder voraussichtlich nicht führen wird und wenn nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Art des beizutreibenden Anspruchs und der Höhe der Bezüge, die Pfändung der Billigkeit entspricht.

(3) Das Vollstreckungsgericht soll vor seiner Entscheidung die Beteiligten hören.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 70/08
vom
10. März 2011
in der Zwangsvollstreckungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Sowohl die Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs auf Zahlung von Verzugszinsen
als auch wegen der Ansprüche auf Erstattung von Prozesskosten und Kosten
der Zwangsvollstreckung unterfällt dem Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2
ZPO, wenn diese Ansprüche Folgen der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung
sind.
BGH, Beschluss vom 10. März 2011 - VII ZB 70/08 - LG Hannover
AG Hannover
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. März 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Kuffer, Bauner,
Dr. Eick und Prof. Leupertz

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers wird der Beschluss der 55. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 11. Juli 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1
Der Gläubiger hat am 19. Mai 2008 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt, durch den unter anderem die angeblichen Ansprüche des Schuldners auf Zahlung der nach dem Sozialgesetzbuch fällig werdenden laufenden Geldleistungen gegen den Drittschuldner zu 1 gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen worden sind.
2
Der Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Versäumnisurteil des Amtsgerichts N. vom 4. Januar 2008 unter anderem wegen 102,09 € Hauptforderung, außergerichtlicher Schadenskosten in Höhe von 17 €, außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 39 € und Zinsen hieraus, aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts N. vom 27. Februar 2008 wegen festgesetzter Kosten des Hauptsacheverfahrens in Höhe von 112,75 € nebst Zinsen und wegen Kosten der Zwangsvollstreckung.
3
Unter Ziffer 2 des Versäumnisurteils wird festgestellt, dass der Beklagte die Forderung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung schuldet.
4
Den Antrag des Gläubigers, den unpfändbaren Betrag gemäß § 850f Abs. 2 ZPO auf die jeweilige gesetzliche Größe gemäß §§ 20, 22 SGB II je Monat festzusetzen, hat das Vollstreckungsgericht zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Gläubigers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger seinen Antrag weiter.

II.

5
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
6
1. Das Beschwerdegericht führt aus, die Erhöhung des pfändbaren Betrages nach § 850f Abs. 2 ZPO komme nicht in Betracht, weil es sich bei dem vollstreckbaren Titel um ein Versäumnisurteil handele, das weder Tatbestand noch Entscheidungsgründe enthalte. Dem Vollstreckungsgericht sei es daher nicht möglich, die Voraussetzungen des Vollstreckungsprivilegs (Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung) zu überprüfen. Es hat auf die Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen. Dieses meint, bei Versäumnisurteilen sei das Vollstre- ckungsgericht nicht an die Entscheidung des Prozessgerichts gebunden, weil keine materiell-rechtliche Befassung des Prozessgerichts stattfinde; die rechtliche Einordnung beruhe allein auf einseitigen, vor der Titulierung nicht oder nur auf Schlüssigkeit geprüften Angaben des Gläubigers. Die Berechtigung zum erweiterten Vollstreckungszugriff sei ausschließlich durch das Prozessgericht zu beurteilen; diese Prüfung könne nicht durch die bloße Behauptung, der Anspruch ergebe sich aus unerlaubter Handlung, ersetzt werden. Wolle der Gläubiger dies verhindern, müsse er Titel dieser Art vermeiden oder titelergänzende Feststellungsklage erheben.
7
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
8
a) Die Vorschrift des § 850f Abs. 2 ZPO erweitert den Zugriff des Gläubigers auf das Arbeitseinkommen des Schuldners, wenn er wegen eines Anspruchs aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung vollstreckt. Der Schuldner soll in diesen Fällen bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit auch mit den Teilen seines Arbeitseinkommens einstehen, die ihm sonst nach der Vorschrift des § 850c ZPO zu belassen wären. Über die Herabsetzung des unpfändbaren Betrages entscheidet das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers. Allerdings ist es nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts, auch über das Vorliegen eines Anspruchs aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zu entscheiden. Insoweit ist es an die Auffassung des Prozessgerichts gebunden. Um den Nachweis für die Vollstreckungsprivilegierung zu erbringen, hat der Gläubiger dem Vollstreckungsgericht daher einen Titel vorzulegen , aus dem sich - gegebenenfalls im Wege der Auslegung - der deliktische Schuldgrund und der von § 850f Abs. 2 ZPO vorausgesetzte Grad des Verschuldens ergeben; eine davon abweichende Beurteilung ist dem Vollstreckungsgericht versagt (BGH, Beschluss vom 5. April 2005 - VII ZB 17/05, NJW 2005, 1663 = Rpfleger 2005, 370).
9
b) Nach diesen Grundsätzen hat der Senat bereits entschieden, dass durch die Vorlage eines Vollstreckungsbescheides der Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO durch den Gläubiger nicht geführt werden kann (BGH, Beschluss vom 5. April 2005 - VII ZB 17/05, aaO). Ob dies in gleicher Weise auch für ein Versäumnisurteil gilt, das weder Tatbestand noch Entscheidungsgründe enthält (bejahend: LG Frankenthal, Rpfleger 2006, 29; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 850f Rn. 9; verneinend: OLG Stuttgart, OLGReport 2000, 255; Musielak/Becker, ZPO, 6. Aufl., § 850f Rn. 10; vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. Juni 2006 - VII ZB 161/05, NZI 2006, 593 = Rpfleger 2006, 617), muss der Senat im vorliegenden Fall nicht entscheiden. Denn das Versäumnisurteil des Amtsgerichts N. vom 4. Januar 2008 enthält im Tenor unter Ziffer 2 die Feststellung, dass der Beklagte die Forderung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung schuldet. Diese Feststellung des Prozessgerichts bindet das Vollstreckungsgericht (BGH, Beschluss vom 5. April 2005 - VII ZB 17/05, aaO) Sie genügt entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts für den Nachweis der Voraussetzungen des § 850f Abs. 2 ZPO. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist es unschädlich, dass das Versäumnisurteil lediglich auf eine Behauptung des Gläubigers gestützt wird. Anders als beim Vollstreckungsbescheid (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5. April 2005 - VII ZB 17/05, aaO Rn. 10) findet eine Schlüssigkeitsprüfung aufgrund der vorgetragenen anspruchsbegründenden Tatsachen statt, § 331 Abs. 2 ZPO. Ein auf dieser Grundlage ergangenes Urteil ist eine ausreichende Legitimation für eine Bindung des Vollstreckungsgerichts.
10
Die Feststellung bezieht sich erkennbar auf alle Schadenspositionen, die im Tenor unter Ziffer 1 genannt sind. Dem steht die Formulierung "die Forderung" im Singular nicht entgegen, denn die unter Ziffer 1 mit aufgeführten außergerichtlichen Schadenskosten in Höhe von 17 € sind wie die Hauptforderung in Höhe von 102,09 € ausschließlich aus der Anspruchsgrundlage der unerlaubten Handlung geschuldet und von der Formulierung ebenfalls erfasst.
11
c) Ob auch die Zwangsvollstreckung wegen der durch den Kostenfestsetzungsbeschluss titulierten Prozesskosten nebst Zinsen und wegen der Kosten der Zwangsvollstreckung (§ 788 ZPO) der Privilegierung des § 850f Abs. 2 ZPO unterfällt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
12
aa) So wird die Auffassung vertreten, das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO finde wegen der engen materiell-rechtlichen Verbindung auch auf die Vollstreckung wegen des Zinsanspruchs (LG Stuttgart, Rpfleger 2005, 38 und InVo 2005, 281; KG, Rpfleger 1972, 66 zu § 67 Abs. 2 Nr. 5 BVersG), der Prozesskosten (LG Saarbrücken, JurBüro 2006, 380; LG Ellwangen, JurBüro 2003, 660; LG Dortmund, Rpfleger 1989, 75; MünchKommZPO/Smid, 3. Aufl., § 850f Rn. 14) oder der Vollstreckungskosten (Zöller/Stöber, aaO Rn. 8; Musielak/Becker, aaO Rn. 9; MünchKommZPO/ Smid, aaO Rn. 14) Anwendung. Es handele sich um adäquate Folgen der unerlaubten Handlung.
13
bb) Die Gegenmeinung (betreffend die Zinsen: LG Ellwangen, JurBüro 2003, 660; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 21. Aufl., § 850f Rn. 8; MünchKommZPO/ Smid, aaO Rn. 14; Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn. 1191; Musielak/ Becker, aaO Rn. 9; betreffend die Prozess- und Zwangsvollstreckungskosten: LG Hannover, Rpfleger 1982, 232; Zöller/Stöber, aaO Rn. 8) geht demgegenüber auf der Grundlage einer am Wortlaut orientierten engen Auslegung davon aus, dass Verzugszinsen und Prozesskosten aus einem anderen Rechtsgrund als aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung geschuldet werden und deshalb nicht § 850f Abs. 2 ZPO unterfielen.
14
cc) Der Senat schließt sich der erstgenannten Meinung an. Sowohl die Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs auf Zahlung von Verzugszinsen als auch wegen der Ansprüche auf Erstattung von Prozesskosten und Kosten der Zwangsvollstreckung unterfällt dem Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO, wenn diese Ansprüche Folgen der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung sind.
15
Der Gesetzgeber wollte dem Gläubiger eines Anspruchs aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung eine Vorzugsstellung bei der Zwangsvollstreckung in das Arbeitseinkommen des Schuldners einräumen. Damit sollte einem Grundgedanken unseres Rechts entsprochen werden, der unter anderem nach § 393 BGB für das Recht der Aufrechnung gilt (BT-Drucks. 3/415 unter IV 5). Zu § 393 BGB ist allgemeine Meinung, dass der Zweck des Gesetzes es rechtfertigt, das dort geregelte Aufrechnungsverbot auf Ansprüche auf Erstattung von Folgeschäden eines vorsätzlichen Delikts wie etwa Kostenerstattungsansprüche oder Ansprüche auf Verzugszinsen auszudehnen (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2010 - IX ZR 67/10, WM 2011, 131 m.w.N.). Eine gleichermaßen funktional wie systematisch indizierte Parallele bietet § 302 Nr. 1 InsO (PG/Ahrens, § 850f Rn. 35). Zu dieser Ausnahmeregelung der Restschuldbefreiung bei Ansprüchen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch die durch die unerlaubte Handlung verursachten Nebenforderungen wie Zinsen und Kosten nicht an der Restschuldbefreiung teilnehmen (BGH, Urteil vom 18. November 2010 - IX ZR 67/10, WM 2011, 131). Er hat dazu ausgeführt, dass der Schutz des geschädigten Gläubigers unvollständig bliebe, wenn man nur die Hauptforderung , nicht aber auch die durch die Handlung verursachten Nebenforderungen von der Restschuldbefreiung ausnehme.
16
Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Restschuldbefreiung den durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung geschädigten Gläubiger härter trifft als die Versagung einer Erhöhung des pfändbaren Betrags , besteht kein Anlass, dies insoweit anders zu sehen. Maßgeblich ist die gesetzgeberische Wertung, die den Gläubiger umfassend schützen will. § 850f Abs. 2 ZPO will dem Gläubiger die Kompensation erleichtern und es besteht kein Anlass, abweichend von vergleichbaren Regelungen mit ähnlicher Intention die durch die vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung entstandenen Folgekosten nicht in den Regelungsbereich der Norm einzubeziehen. Die Pflicht des Schuldners, entstandenen Schaden wieder gut zu machen, besteht nicht nur hinsichtlich des Schadensersatzanspruches selbst, sondern auch bezüglich der Folgeschäden wie Kostenerstattungsansprüche für die Durchsetzung und Verzugszinsen für verspätete Zahlung, die eng mit der schädigenden Handlung zusammenhängen. Sie stammen ebenfalls "aus" einer unerlaubten Handlung, sind also Bestandteil des Hauptanspruchs aus unerlaubter Handlung, auch wenn die Anspruchsgrundlage aus Verzug oder prozessualer bzw. materieller Kostenerstattung folgt.
17
dd) Aus § 788 Abs. 1 ZPO lässt sich für den Anspruch auf Erstattung der Zwangsvollstreckungskosten nichts Gegenteiliges herleiten. Die Vorschrift besagt lediglich, dass die Kosten der Vollstreckung, ohne gesondert tituliert zu sein, zugleich mit dem Hauptanspruch beigetrieben werden können. Welche Vermögensgegenstände des Schuldners dieser Zwangsvollstreckung unterliegen , regelt die Norm nicht (KG, Rpfleger 1972, 66).
18
ee) Nichts anderes folgt daraus, dass die Vollstreckungsprivilegierung nach § 850d Abs. 1 Satz 1 ZPO nur gesetzliche Unterhaltsansprüche des Gläubigers , nicht aber den prozessualen Kostenerstattungsanspruch umfasst (BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - VII ZB 65/08, FamRZ 2009, 1483 f.).
19
Hinter der durch § 850d Abs. 1 ZPO für gesetzliche Unterhaltsansprüche angeordneten Herabsetzung der Pfändungsfreigrenzen steht das gesetzgeberische Anliegen, den Gläubiger, der seinen Unterhalt nicht selbst bestreiten kann, nicht auf die staatliche Sozialfürsorge zu verweisen. Stattdessen soll er privilegiert Zugriff auf das Arbeitseinkommen des ihm gegenüber unterhaltspflichtigen Schuldners nehmen dürfen (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2005 - VII ZB 11/05, FamRZ 2005, 1564, 1565). An diesem Privileg nimmt die Zwangsvollstreckung wegen des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nicht teil, weil insoweit kein Bedürfnis besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - VII ZB 65/08 aaO Rn. 11).
20
Schutzzweck des § 850f Abs. 2 ZPO ist dagegen das vom besonderen Unrechtsgehalt der Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung getragene Ausgleichsinteresse. Hinter der durch § 850f Abs. 2 ZPO nach dem Ermessen des Vollstreckungsgerichts ermöglichten Herabsetzung der Pfändungsfreigrenzen steht das gesetzgeberische Anliegen, dass der Schuldner für vorsätzlich begangene unerlaubte Handlungen bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit einzustehen hat. Der Schuldner soll somit den gesamten entstandenen Schaden mit der erforderlichen Anstrengung ersetzen. Es ist kein Grund ersichtlich, dem Schuldner durch einschränkende Auslegung des § 850f Abs. 2 ZPO einen Schutz angedeihen zu lassen, den er nicht verdient.
21
3. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Eine abschließende Entscheidung des Senats ist nicht möglich, § 577 Abs. 5 ZPO. Das Beschwerdegericht hat, von seinem Standpunkt aus konsequent, sein Ermessen nach § 850f Abs. 2 ZPO nicht ausgeübt und keine Feststellungen dazu getroffen, wie viel dem Schuldner für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten zu belassen ist. Die Aufhebung und Zurück- verweisung gibt ihm Gelegenheit, dies nachzuholen. Dabei wird das Beschwerdegericht auch zu überprüfen haben, aus welchem Rechtsgrund die Position "unverzinsliche Kosten 44 €" geschuldet wird und ob diese ebenfalls unter das Privileg des § 850f Abs. 2 ZPO fällt.
Kniffka Kuffer Bauner Leupertz Eick

Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 19.05.2008 - 712 M 125363/08 -
LG Hannover, Entscheidung vom 11.07.2008 - 55 T 53/08 -

(1) Arbeitseinkommen ist unpfändbar, wenn es, je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, nicht mehr als

1.
1 178,59 Euro monatlich,
2.
271,24 Euro wöchentlich oder
3.
54,25 Euro täglich
beträgt.

(2) Gewährt der Schuldner auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung seinem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, seinem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner, einem Verwandten oder nach den §§ 1615l und 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil Unterhalt, so erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 für die erste Person, der Unterhalt gewährt wird, und zwar um

1.
443,57 Euro monatlich,
2.
102,08 Euro wöchentlich oder
3.
20,42 Euro täglich.
Für die zweite bis fünfte Person, der Unterhalt gewährt wird, erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 um je
1.
247,12 Euro monatlich,
2.
56,87 Euro wöchentlich oder
3.
11,37 Euro täglich.

(3) Übersteigt das Arbeitseinkommen den Betrag nach Absatz 1, so ist es hinsichtlich des überschießenden Teils in Höhe von drei Zehnteln unpfändbar. Gewährt der Schuldner nach Absatz 2 Unterhalt, so sind für die erste Person weitere zwei Zehntel und für die zweite bis fünfte Person jeweils ein weiteres Zehntel unpfändbar. Der Teil des Arbeitseinkommens, der

1.
3 613,08 Euro monatlich,
2.
831,50 Euro wöchentlich oder
3.
166,30 Euro täglich
übersteigt, bleibt bei der Berechnung des unpfändbaren Betrages unberücksichtigt.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz macht im Bundesgesetzblatt Folgendes bekannt (Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung):

1.
die Höhe des unpfändbaren Arbeitseinkommens nach Absatz 1,
2.
die Höhe der Erhöhungsbeträge nach Absatz 2,
3.
die Höhe der in Absatz 3 Satz 3 genannten Höchstbeträge.
Die Beträge werden jeweils zum 1. Juli eines Jahres entsprechend der im Vergleich zum jeweiligen Vorjahreszeitraum sich ergebenden prozentualen Entwicklung des Grundfreibetrages nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes angepasst; der Berechnung ist die am 1. Januar des jeweiligen Jahres geltende Fassung des § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes zugrunde zu legen.

(5) Um den nach Absatz 3 pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens zu berechnen, ist das Arbeitseinkommen, gegebenenfalls nach Abzug des nach Absatz 3 Satz 3 pfändbaren Betrages, auf eine Zahl abzurunden, die bei einer Auszahlung für

1.
Monate bei einer Teilung durch 10 eine natürliche Zahl ergibt,
2.
Wochen bei einer Teilung durch 2,5 eine natürliche Zahl ergibt,
3.
Tage bei einer Teilung durch 0,5 eine natürliche Zahl ergibt.
Die sich aus der Berechnung nach Satz 1 ergebenden Beträge sind in der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung als Tabelle enthalten. Im Pfändungsbeschluss genügt die Bezugnahme auf die Tabelle.

(6) Hat eine Person, welcher der Schuldner auf Grund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, eigene Einkünfte, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach billigem Ermessen bestimmen, dass diese Person bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt; soll die Person nur teilweise berücksichtigt werden, so ist Absatz 5 Satz 3 nicht anzuwenden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Wegen der Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes einem Verwandten, dem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, dem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner oder nach §§ 1615l, 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil zustehen, sind das Arbeitseinkommen und die in § 850a Nr. 1, 2 und 4 genannten Bezüge ohne die in § 850c bezeichneten Beschränkungen pfändbar. Dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden Berechtigten oder zur gleichmäßigen Befriedigung der dem Gläubiger gleichstehenden Berechtigten bedarf; von den in § 850a Nr. 1, 2 und 4 genannten Bezügen hat ihm mindestens die Hälfte des nach § 850a unpfändbaren Betrages zu verbleiben. Der dem Schuldner hiernach verbleibende Teil seines Arbeitseinkommens darf den Betrag nicht übersteigen, der ihm nach den Vorschriften des § 850c gegenüber nicht bevorrechtigten Gläubigern zu verbleiben hätte. Für die Pfändung wegen der Rückstände, die länger als ein Jahr vor dem Antrag auf Erlass des Pfändungsbeschlusses fällig geworden sind, gelten die Vorschriften dieses Absatzes insoweit nicht, als nach Lage der Verhältnisse nicht anzunehmen ist, dass der Schuldner sich seiner Zahlungspflicht absichtlich entzogen hat.

(2) Mehrere nach Absatz 1 Berechtigte sind mit ihren Ansprüchen in der Reihenfolge nach § 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 16 des Lebenspartnerschaftsgesetzes zu berücksichtigen, wobei mehrere gleich nahe Berechtigte untereinander den gleichen Rang haben.

(3) Bei der Vollstreckung wegen der in Absatz 1 bezeichneten Ansprüche sowie wegen der aus Anlass einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu zahlenden Renten kann zugleich mit der Pfändung wegen fälliger Ansprüche auch künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen wegen der dann jeweils fällig werdenden Ansprüche gepfändet und überwiesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 111/09
vom
25. November 2010
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich
begangenen unerlaubten Handlung betrieben, sind dem Schuldner für seinen
notwendigen Unterhalt jedenfalls die Regelsätze nach § 28 SGB XII zu
belassen. Eine Pfändung kleiner Teilbeträge hieraus kommt nicht in Betracht.
BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - VII ZB 111/09 - LG Dortmund
AG Castrop-Rauxel
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. November 2010 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Kuffer, Dr. Eick,
Halfmeier und Leupertz

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 16. Oktober 2009 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Gegenstandswert: bis 600 €

Gründe:

I.

1
Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung. Die titulierte Forderung beruht auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Schuldners.
2
Der Schuldner bezieht die Regelleistungen für erwerbsfähige Hilfebedürftige nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, seit dem 1. Juli 2009 in Höhe von monatlich 359 €, sowie monatliche Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 345,82 €.
3
Die Gläubigerin hat beantragt, einen monatlichen Betrag von 30 € zu pfänden und ihr zur Einziehung zu überweisen. Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat diesen Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin den Erlass des Pfändungs - und Überweisungsbeschlusses weiter.

II.

4
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
5
1. Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, eine Herabsetzung des Pfändungsfreibetrags nach § 850f Abs. 2 ZPO unter den Regelsatz sei nicht möglich. Dem Schuldner sei auch nach § 850f Abs. 2 ZPO so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt benötige. Dieser entspreche dem notwendigen Lebensbedarf im Sinne des 3. und 11. Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch. Er werde durch den Regelsatz nach § 28 SGB XII und die Unterkunftskosten abgedeckt. Eine Herabsetzung des Pfändungsfreibetrags würde zu einer Unterschreitung des menschenwürdigen Existenzminimums führen und gegen das Sozialstaatsprinzip verstoßen.
6
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Der dem Schuldner nach § 850f Abs. 2 ZPO zur Sicherung seines notwendigen Lebensunterhalts zu belassende Betrag umfasst den ungeschmälerten Regelsatz nach § 28 SGB XII. Eine Pfändung von kleinen Teilbeträgen hieraus kommt nicht in Betracht.
7
a) Die Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch können nach § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen gepfändet werden.
8
b) Betreibt der Gläubiger die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, kann er nach § 850f Abs. 2 Satz 1 ZPO in erweitertem Maße auf das Arbeitseinkommen des Schuldners zugreifen. Diesem ist jedoch soviel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt bedarf, § 850f Abs. 2 Satz 2 ZPO. Dieser Begriff des notwendigen Unterhalts entspricht dem des notwendigen Unterhalts in § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 850f Rn. 8, 10; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 850f Rn. 17; MünchKommZPO/ Smid, 3. Aufl., § 850f Rn. 25; Musielak/Becker, ZPO, 7. Aufl., § 850f Rn. 12; Schuschke/Walker/Kessal-Wulf, ZPO, 4. Aufl., § 850f Rn. 14). Der Gesetzgeber wollte bei der Einfügung des Absatzes 2 in § 850f ZPO durch das Gesetz zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung eine ähnliche Vorzugsstellung verschaffen, wie sie in § 850d ZPO für Unterhaltsansprüche bestimmt ist (Regierungsentwurf des Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 31. Mai 1958, BT-Drucks. 3/415, S. 11).
9
Für den Begriff des notwendigen Unterhalts in § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass dieser grundsätzlich dem notwendigen Lebensunterhalt im Sinne des 3. und 11. Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch entspricht (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - VII ZB 38/07, NJW-RR 2008, 733 Rn. 13; Urteil vom 23. Februar 2005 - XII ZR 114/03, BGHZ 162, 234 Rn. 26). Dies gilt auch für den notwendigen Unterhalt im Sinne von § 850f Abs. 2 ZPO, wobei offen bleiben kann, inwieweit im Einzelfall auch auf die Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zurückgegriffen werden kann. Der ausgehend von §§ 28, 40 SGB XII i.V.m. der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII durch die Länder festgesetzte Regelsatz für Empfänger von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch entspricht dem des § 20 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 SGB II i.V.m. der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Juli 2009 und beträgt seit dem 1. Juli 2009 359 €.
10
c) Dieser dem Schuldner zu belassende Betrag kann entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht mehr unterschritten werden.
11
aa) Allerdings wird in der Rechtsprechung vertreten, dass die Sätze der Sozialhilfe einen Betrag für kleinere Anschaffungen enthielten und dieser Betrag ohne Gefährdung des notwendigen Unterhaltes gepfändet werden könne. In den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sei auch ein pfändbarer Anteil enthalten, der für Ansparungen für notwendige Anschaffungen vorgesehen sei. (AG Wuppertal, JurBüro 2007, 495; AG Karlsruhe, JurBüro 2007, 495 ohne weitergehende Begründung; AG Dresden, JurBüro 2009, 46, ohne weitergehende Begründung).
12
bb) Diese Ansicht ist nicht haltbar.
13
Bestandteil des notwendigen Unterhalts im Sinne der § 850f Abs. 2 ZPO bzw. § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO ist ein Betrag in Höhe des Regelsatzes nach dem Zwölften bzw. Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (LG Hannover, JurBüro 2007, 100; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 850d Rn. 7; Schuschke/ Walker/Kessal-Wulf, ZPO, 4. Aufl., § 850d Rn. 7; MünchKommZPO/Smid, 3. Aufl., § 850d Rn. 25; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 850d Rn. 21; Prütting/Gehrlein/Ahrens, 2. Aufl., § 850d Rn. 21; Musielak/Becker, ZPO, 7. Aufl., § 850d Rn. 5 f.; Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn. 1094, 1176b, 1176d; a.A. noch Zöller/Stöber, ZPO, 24. Aufl., § 850d Rn. 7). Durch diese Vorschriften soll das Existenzminimum gesichert werden. Dieses ist im Zwangsvollstreckungsrecht grundsätzlich ebenso zu bestimmen wie im Sozialrecht. Die Regelleistung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die der Höhe und der Herleitung nach dem Regelbedarf im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch entspricht, ist Bestandteil des untersten Netzes der sozialen Sicherung (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 1. Oktober 2003, BTDrucks. 15/1636, S. 7 unter Verweis auf BT-Drucks. 15/1514, S. 52), in welches im Wege der Zwangsvollstreckung nicht eingegriffen werden kann.
14
(1) Das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, jedem ein menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern. Dieses umfasst sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben , denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen (BVerfG, NJW 2010, 505 Rn. 133 ff.).
15
Dieser Begriff des Existenzminimums muss grundsätzlich auch im Vollstreckungsverfahren gelten. Unzutreffend ist die Auffassung der Beschwerdeführerin , der Schuldner verdiene den Schutz nicht, der ihm im Sozialstaat gewährt werde, weil er eine unerlaubte Handlung begangen habe. Diesem Umstand wird gerade durch die Regelung des § 850f ZPO Rechnung getragen.
16
(2) Zu Unrecht meint die Rechtsbeschwerde, die Leistungen nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch unterschieden sich, da erstere auch zur Wahrung des sozialen Status gezahlt würden. Die Regelleistung des § 20 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 SGB II entspricht dem nach § 28 SGB XII durch die Länder festgesetztem Regelbedarf. Im Gesetzgebungsverfahren wurde hierzu ausgeführt: "Die Regelleistung bildet also im Rahmen des Arbeitslosengeldes II das "soziokulturelle" Existenzminimum der insoweit als Referenzsystem für alle bedarfsorientierten und bedürftigkeitsabhängigen staatlichen Fürsorgeleistungen fungierenden Sozialhilfe ab … Die Vorschriften zur Regelleistung enthalten keine Regelungen zu ihrer Bemessung, da hierfür die Regelungen im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch einschließlich der Regelsatzverordnung einschlägig sind…" (BT-Drucks. 15/1516, S. 56; vgl. auch BVerfG, aaO Rn. 160).
17
(3) Fehl geht der Hinweis des AG Wuppertal (JurBüro 2007, 495), im Regelsatz sei ein Ansparanteil enthalten, der pfändbar sei. Zutreffend daran ist, dass bei der Umstellung vom Bundessozialhilfegesetz auf die Bücher Zwei und Zwölf Sozialgesetzbuch die Systematik der Bedarfe neu geordnet worden ist. Das Bundessozialhilfegesetz ging von einer systematischen Unterteilung von laufenden Leistungen und einmaligen Leistungen für Bekleidung, Wäsche, Schuhe, Hausrat oder besondere Anlässe aus. Diese Bedarfe sind in die Regelsätze auf den Monat umgerechnet eingestellt worden, so dass der Hilfebedürftige für einmalige Bedarfe Rücklagen zu bilden hat (vgl. Wahrendorf in: Grube/ Wahrendorf, SGB II und SGB XII, § 28 SGB XII Rn. 3; BT-Drucks. 15/1514, S. 59). Dieser Ansparanteil darf deshalb dem Pfändungszugriff nicht ausgesetzt sein. Zudem entspricht dies der Rechtslage im Zwangsvollstreckungsverfahren vor der Umstellung. Für die einmaligen Bedarfe des § 21 Abs. 1a BSHG wurden monatliche Pauschalen geschätzt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2003 - IXa ZB 151/03, BGHZ 156, 30 Rn. 18).
18
(4) Ebenso unzutreffend ist die Annahme, ein bestimmter Betrag im Regelsatz sei für eine bestimmte Ausgabe reserviert. Richtig ist, dass der Regelsatz anhand erfasster Durchschnittswerte des untersten Quintils der nach dem Haushaltsnettoeinkommen geschichteten Haushalte bestimmt worden ist. Ausgehend von diesen Durchschnittsausgaben hat der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum genutzt und eine Wertung vorgenommen, welche dieser Ausgaben regelsatzrelevant sind. Diesbezüglich hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass das vom Gesetzgeber gewählte Statistikmodell zur Bestimmung des Existenzminimums im Grundsatz geeignet sei, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen realitätsgerecht zu bemessen (BVerfG, NJW 2010, 505, Rn. 159 ff.).
19
Hieraus ist nicht der Schluss zu ziehen, die Empfänger von Arbeitslosengeld II hätten den Regelsatz entsprechend der ermittelten Durchschnittswerte zu verwenden. Vielmehr sind sie frei, den als Teil des Existenzminimums festgestellten Betrag zur Deckung ihrer Bedarfe eigenverantwortlich zu verwenden (BT-Drucks. 15/1516, S. 46, 55 f.). Es ist deshalb verfehlt, die durch den Ge- setzgeber getroffenen Wertentscheidungen im Einzelnen in Frage zu stellen und zu überprüfen, ob manche vom Gesetzgeber getroffenen Wertungen den eigenen Wertungen entsprechen.
20
(5) Das Ergebnis deckt sich zudem mit der gesetzgeberischen Wertung, die in § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zum Ausdruck kommt. Nach dieser Norm ist der Anspruch auf Sozialhilfe nicht pfändbar. Dies beruht darauf, dass die Sozialhilfeleistungen dazu dienen, ein menschenwürdiges Dasein zu sichern (Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB II und XII, § 17 SGB XII Rn. 16). Im Gegensatz dazu ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld II grundsätzlich pfändbar, § 54 Abs. 4 SGB I. Soweit aber die Geldleistung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - wie hier - der Höhe und der Herleitung nach der Geldleistung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch entspricht, ist diese Wertung des Gesetzgebers bei der Frage der Bestimmung des notwendigen Unterhalts nach § 850f Abs. 2 ZPO (bzw. § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO) zu berücksichtigen.

III.

21
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Kniffka Kuffer Eick Halfmeier Leupertz
Vorinstanzen:
AG Castrop-Rauxel, Entscheidung vom 03.06.2009 - 2 M 554/09 -
LG Dortmund, Entscheidung vom 16.10.2009 - 9 T 546/09 -

(1) Wegen der Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes einem Verwandten, dem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, dem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner oder nach §§ 1615l, 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil zustehen, sind das Arbeitseinkommen und die in § 850a Nr. 1, 2 und 4 genannten Bezüge ohne die in § 850c bezeichneten Beschränkungen pfändbar. Dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden Berechtigten oder zur gleichmäßigen Befriedigung der dem Gläubiger gleichstehenden Berechtigten bedarf; von den in § 850a Nr. 1, 2 und 4 genannten Bezügen hat ihm mindestens die Hälfte des nach § 850a unpfändbaren Betrages zu verbleiben. Der dem Schuldner hiernach verbleibende Teil seines Arbeitseinkommens darf den Betrag nicht übersteigen, der ihm nach den Vorschriften des § 850c gegenüber nicht bevorrechtigten Gläubigern zu verbleiben hätte. Für die Pfändung wegen der Rückstände, die länger als ein Jahr vor dem Antrag auf Erlass des Pfändungsbeschlusses fällig geworden sind, gelten die Vorschriften dieses Absatzes insoweit nicht, als nach Lage der Verhältnisse nicht anzunehmen ist, dass der Schuldner sich seiner Zahlungspflicht absichtlich entzogen hat.

(2) Mehrere nach Absatz 1 Berechtigte sind mit ihren Ansprüchen in der Reihenfolge nach § 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 16 des Lebenspartnerschaftsgesetzes zu berücksichtigen, wobei mehrere gleich nahe Berechtigte untereinander den gleichen Rang haben.

(3) Bei der Vollstreckung wegen der in Absatz 1 bezeichneten Ansprüche sowie wegen der aus Anlass einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu zahlenden Renten kann zugleich mit der Pfändung wegen fälliger Ansprüche auch künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen wegen der dann jeweils fällig werdenden Ansprüche gepfändet und überwiesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 114/03 Verkündet am:
23. Februar 2005
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Den Unterhaltsschuldner trifft grundsätzlich eine Obliegenheit zur Einleitung der
Verbraucherinsolvenz, wenn dieses Verfahren zulässig und geeignet ist, den
laufenden Unterhalt seiner minderjährigen Kinder dadurch sicherzustellen, daß
ihm Vorrang vor sonstigen Verbindlichkeiten eingeräumt wird. Das gilt nur dann
nicht, wenn der Unterhaltsschuldner Umstände vorträgt und ggf. beweist, die
eine solche Obliegenheit im Einzelfall als unzumutbar darstellen.
BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 - XII ZR 114/03 - OLG Stuttgart
AG Bad Saulgau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren, in
dem den Parteien Schriftsätze bis zum 2. Februar 2005 nachgelassen waren,
am 23. Februar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 24. April 2003 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Abänderung der Unterhaltspflicht des Beklagten für seinen minderjährigen Sohn. Der am 23. Mai 1990 geborene Kläger und sein am 3. Januar 1987 geborener Bruder sind Kinder des Beklagten aus seiner geschiedenen Ehe. Nach der Ehescheidung verkauften die Eltern des Klägers ihr im Miteigentum stehendes Hausgrundstück. Weil der Kaufpreis nicht ausreichte, um das zur Finanzierung aufgenommene Darlehen vollständig zu tilgen, übernahm jeder geschiedene Ehegatte die Hälfte des restlichen Darlehens von rund 50.000 DM. Der Beklagte zahlt auf seinen Anteil monatliche Raten in Höhe von 375 DM und wird das Darlehen voraussichtlich gegen Ende 2006 getilgt haben.
Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Bad Saulgau vom 8. August 2001 wurde der Beklagte verurteilt, ab Juli 2001 monatlichen Kindesunterhalt an den Kläger in Höhe von 244,20 DM und an dessen Bruder in Höhe von 288,80 DM zu zahlen. Dabei ging das Amtsgericht von einem bereinigten Einkommen des allein barunterhaltspflichtigen Beklagten in Höhe von 2.548 DM aus und setzte davon die Kreditraten in Höhe von 375 DM sowie einen notwendigen Selbstbehalt in Höhe von 1.640 DM ab. Wegen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Beklagten errechnete das Amtsgericht auf der Grundlage des Unterhaltsbedarfs des Klägers und seines älteren Bruders die ausgeurteilten Unterhaltsansprüche im Wege einer Mangelfallverteilung. Eine Verpflichtung des Beklagten zur Einleitung einer Verbraucherinsolvenz lehnte das Gericht seinerzeit ab. Nach Vollendung des 12. Lebensjahres begehrt der Kläger nunmehr eine Erhöhung des Unterhalts auf den Regelbetrag der dritten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle. Das Amtsgericht hat den Beklagten in Abänderung des früheren Urteils verurteilt, an den Kläger für die Zeit ab Januar 2003 monatlichen Unterhalt in Höhe von 222,50 € zu zahlen. Dabei ist es von einem unterhaltsrelevanten Einkommen in Höhe von 1.285 € ausgegangen, von dem es einen notwendigen Selbstbehalt in Höhe von 840 € abgesetzt hat. Die vom Beklagten gezahlten Kreditraten in Höhe von 191,73 € (= 375 DM) hat es hingegen nicht mehr abgesetzt. Das verteilungsfähige Einkommen in Höhe von 445 € hat es hälftig auf den Kläger und seinen bis Januar 2005 ebenfalls noch minderjährigen Bruder aufgeteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die - vom Oberlandesgericht zugelassene - Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2003, 1216 veröffentlicht ist, hat die Revision wegen der Rechtsfrage zugelassen, unter welchen Voraussetzungen bei verschärfter Unterhaltspflicht eine Obliegenheit des mit Drittschulden belasteten Unterhaltspflichtigen besteht, zur Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit ein Insolvenzverfahren anzustrengen. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, für die Bemessung des laufenden Unterhalts seien die Darlehensraten des Beklagten nicht zu berücksichtigen, weil er verpflichtet sei, ein Insolvenzverfahren einzuleiten. Denn der Beklagte schulde Kindesunterhalt für den minderjährigen Kläger und damit alle zumutbaren Anstrengungen zur Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit. Dem Beklagten drohe die Zahlungsunfähigkeit, weil er selbst die rechtskräftig titulierte Unterhaltspflicht nicht vollständig erfüllt habe, deswegen die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe und wegen deren wahrheitswidriger Abgabe sogar strafrechtlich habe belangt werden müssen. Hindernisse für eine künftige Restschuldbefreiung seien nicht ersichtlich. Die zu erwartenden Kosten des Insolvenzverfahrens stünden dieser Verpflichtung des Beklagten nicht entgegen, weil sie nach § 4 a InsO bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet werden könnten und auch später nur nach Maßgabe seiner Leistungsfähigkeit im Rahmen der Prozeßkostenhilfe zurückgefordert würden. Die "Wohlverhaltensphase" gemäß § 287 InsO dauere nur wenig länger als die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber dem minderjährigen Kläger. Nach Einleitung eines
Insolvenzverfahrens sei der Beklagte zwar für längere Zeit in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit gebunden, ihm werde allerdings die Tilgung des Darlehens im Umfang von rund 6.000 € erspart, was ihn in die Lage versetze, der laufenden Unterhaltspflicht gegenüber seinen minderjährigen Kindern in deutlich erweitertem Umfang nachzukommen. Die Einleitung eines Insolvenzverfahrens sei dem Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt der Kreditwürdigkeit und des Sozialprestiges zumutbar, weil er bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe und die Insolvenz daneben nicht mehr ins Gewicht falle. Zwar verliere ein Unterhaltsgläubiger mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für rückständige Unterhaltsforderungen das Pfändungsprivileg des § 850 d ZPO. Auch dieses stehe der Verpflichtung zur Durchführung des Insolvenzverfahrens nicht entgegen, wenn davon alle Unterhaltsgläubiger in gleichem Maße betroffen seien und sie die Durchführung des Insolvenzverfahrens von dem Unterhaltsschuldner verlangten. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.

II.

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht von der Zulässigkeit der Abänderungsklage ausgegangen, weil der Kläger sein Abänderungsverlangen auf die allgemeine Änderung der Bedarfssätze der Düsseldorfer Ta belle und auch auf das Erreichen deren dritter Altersstufe mit Vollendung des 12. Lebensjahres stützt.
a) Schon die Erhöhung des Unterhaltsbedarfs durch Wechsel in eine andere Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle kann eine Abänderung im Sinne des
§ 323 Abs. 2 ZPO rechtfertigen (vgl. Wendl/Thalmann Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 8 Rdn. 159, 160 a; Göppinger/Wax/ Vogel Unterhaltsrecht 8. Auflage Rdn. 2406). Gleiches gilt für die Neufestsetzung der Unterhaltsbeträge nach der Düsseldorfer Tabelle, die der zweijährigen Änderung der Regelbeträge gemäß § 1612 a Abs. 4 BGB in Verbindung mit §§ 1 und 2 der Regelbetrag-Verordnung folgen. Zwar bilden Unterhaltsrichtlinien als richterliche Entscheidungshilfen selbst keine tatsächlichen Umstände, so daß eine Neufestsetzung der in diesen Tabellen festgelegten Bedarfssätze für sich allein genommen noch keine Abänderungsklage nach § 323 ZPO rechtfertigen kann. Die Änderung der Regelbeträge und damit der Werte der Düsseldorfer Tabelle trägt allerdings dem Umstand Rechnung, daß sich die wirtschaftlichen Verhältnisse sowohl auf seiten des Bedürftigen als auch auf seiten des Verpflichteten infolge Änderung der Lebenshaltungskoste n und der Einkommensverhältnisse seit der letzten Festsetzung dieser Sätze gewandelt haben, und ist damit zugleich Ausdruck der Veränderung dieser tatsächlichen Verhältnisse. In dem Vorbringen einer Partei, die ihr Abänderungsverlangen auf eine Änderung der Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle stützt , ist daher regelmäßig auch die Behauptung zu sehen, daß sich die Einkommen und/oder die Lebenshaltungskosten seit der vorausgegangenen Fassung dieser Tabelle allgemein in einem Maße verändert hätten, wie dies der Änd erung der Bedarfssätze entspreche (Senatsurteil vom 23. November 1994 - XII ZR 168/93 - FamRZ 1995, 221, 222).
b) Der Kläger ist im Abänderungsverfahren auch nicht mit seinem Verlangen nach Einleitung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten präkludiert. Zwar hat das Amtsgericht die Darlehensverpflichtung des Beklagten in dem abzuändernden Urteil noch berücksichtigt und ihn nicht auf die Durchführung eines Insolvenzverfahrens verwiesen. Insoweit stützt sich die Entscheidung aber nicht auf früher vorhandene Tatsachen, deren Berücksichti-
gung § 323 Abs. 2 ZPO entgegen stünde, sondern auf eine geänderte Rechtsauffassung, die nach der Rechtsprechung des Senats auch im Abänderungsverfahren zu berücksichtigen ist (vgl. Senatsurteil vom 5. Februar 2003 - XII ZR 29/00 - FamRZ 2003, 848, 851 f.).

III.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält auch im übrigen den Angriffen der Revision stand. 1. Der Beklagte ist wegen seiner gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber dem minderjährigen Kläger (§ 1603 Abs. 2 BGB) gehalten, alle zumutbaren Möglichkeiten auszunutzen, um dessen Unterhaltsbedarf sicherzustellen. Dazu zählt grundsätzlich auch die Einleitung eines Insolvenzverfahrens, um den laufenden Unterhaltsverpflichtungen Vorrang vor den Darlehensverbindlichkeiten zu verschaffen.
a) Zwar schränkt schon eine gerichtlich angeordnete Unterhaltsleistung den Unterhaltspflichtigen in seiner durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Handlungsfreiheit ein. Dieses ist im Rahmen der verfassungsgemäßen Ordnung, zu der auch das Unterhaltsrecht gehört, nur insoweit zulässig, als es mit Art. 6 Abs. 1 GG im Einklang steht. Der ausgeurteilte Unterhalt darf deswegen nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Unterhaltspflichtigen führen. Wird bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs hingegen die Grenze des Zumutbaren überschritten, ist die damit verbundene Beschränkung der finanziellen Dispositionsfreiheit des Verpflichteten nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und kann vor dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG nicht bestehen (BVerfGE 57, 361, 381; BVerfG FamRZ 2001, 1685). Eine Ausprä-
gung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Unterhaltsrecht ist die Vorschrift des § 1603 Abs. 1 BGB, nach der nicht unterhaltspflichtig ist, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts anderen Personen Unterhalt zu gewähren. Dieser Grundsatz ist allerdings insoweit eingeschränkt, als Eltern gemäß § 1603 Abs. 2 BGB ihren minderjährigen unverheirateten (und denen gleichgestellten) Kindern gegenüber verpflichtet sind, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Grundvoraussetzung auch dieses Unterhaltsanspruchs bleibt allerdings die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten. Die Gerichte haben deswegen im Einzelfall zu prüfen , ob der Unterhaltspflichtige in der Lage ist, den beanspruchten Unterhalt zu zahlen oder ob dieser - unbeschadet der Zulässigkeit der Zurechnung fiktiven Einkommens - die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen übersteigt (BVerfG FamRZ 2001, 1685). Auf dieser Grundlage hat der Senat bei gesteigerter Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 BGB in ständiger Rechtsprechung stärkere Anstrengungen des Unterhaltsschuldners für zumutbar gehalten (Senatsurteile vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 191/98 - FamRZ 2001, 1065 zu Überstunden und Nebenerwerb, vom 17. März 1999 - XII ZR 139/97 - FamRZ 1999, 843, 844 zur Umschulung zu einem besser dotierten Beruf, vom 15. Dezember 1993 - XII ZR 172/92 - FamRZ 1994, 372, 374 zur Arbeitsplatzsuche und zum Rechtsbehelf gegen eine offensichtlich unbegründete Kündigung und vom 9. Juli 1980 - IVb ZR 529/80 - FamRZ 1980, 1113, 1114 zur Zumutbarkeit eines Orts- und Berufswechsels).
b) Allerdings hat es der Senat bislang stets abgelehnt, den Ansprüchen Unterhaltsberechtigter einen allgemeinen Vorrang vor anderen Verbindlichkeiten des Unterhaltspflichtigen einzuräumen (Senatsurteil vom 9. Mai 1984
- IVb ZR 74/82 - FamRZ 1984, 657, 658 f.). Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen wäre es dem Unterhaltsschuldner nicht zumutbar, durch seine Unterhaltszahlungen immer tiefer in Schulden zu geraten (BVerfG FamRZ 2001, 1685, 1686; 2002, 1397, 1399; vgl. auch BGH Senatsurteil vom 7. Dezember 1988 - IVb ZR 15/88 - FamRZ 1989, 272 f.). Nachdem der Gesetzgeber mit den §§ 304 ff. InsO die Möglichkeit einer Verbraucherinsolvenz mit Restschuldbefreiung geschaffen hat, kann an dieser Rechtsprechung nicht mehr uneingeschränkt festgehalten werden. Denn nun ist es dem Unterhaltsschuldner möglich , den ohne Berücksichtigung von Drittschulden bemessenen laufenden Unterhalt zu zahlen und nach Ablauf von sechs Jahren seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens Befreiung von seinen Schulden zu erlangen (§§ 286 ff. InsO). Aus den Vorschriften über die Insolvenzmasse (§§ 35 ff., 40 InsO) und dem Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 und 2 InsO folgt nämlich, daß dem Schuldner während der Dauer des Insolvenzverfahrens der nach § 850 c ZPO pfändungsfreie Teil seines Einkommens verbleibt (vgl. Wendl/Gutdeutsch aaO § 5 Rdn. 122 a ff.; Luthin/Margraf Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 1327 ff.; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 113 b ff., 113 d; Weisbrodt FamRZ 2003, 1240, 1241; Melchers FamRZ 2001, 1509; OLG Celle FamRZ 2003, 1116; kritisch Wohlgemuth FF 2004, 9, 12). Unterhaltsrückstände können ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens hingegen nicht mehr im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben werden und erlöschen im Falle einer späteren Restschuldbefreiung (§ 287 InsO; vgl. auch OLG Naumburg ZInsO 2003, 1002 und OLG Koblenz FamRZ 2002, 31). Auf dieser gesetzlichen Grundlage ist es dem Unterhaltsschuldner jetzt zumutbar, den Unterhaltsansprüchen seiner minderjährigen Kinder Vorrang vor sonstigen Verbindlichkeiten einzuräumen. Ob es ihm in Anbetracht der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB obliegt, Verbraucherinsolvenz zu beantragen, kann sich nur aus einer umfassenden Würdi-
gung aller vom Unterhaltsschuldner darzulegenden Umstände, zu denen auch die eigenen und die Interessen der Unterhaltsgläubiger zählen, ergeben. 2. Zu Recht hat das Berufungsgericht zunächst die Voraussetzungen für eine Verbraucherinsolvenz mit Restschuldbefreiungsmöglichkeit bejaht. Nach §§ 16 ff. InsO setzt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Eröffnungsgrund voraus, der in einer Zahlungsunfähigkeit, einer drohenden Zahlungsunfähigkeit oder einer Überschuldung liegen kann. Im Falle einer nur drohenden Zahlungsunfähigkeit muß der allein antragsberechtigte Schuldner (§ 18 Abs. 1 InsO) eine längerfristige Liquiditätslücke belegen und dazu einerseits seine Verbindlichkeiten und andererseits sein Vermögen und seine Einkünfte in den nächsten ein bis zwei Jahren darlegen (vgl. Kirchhof in HK 3. Aufl. § 18 InsO Rdn. 8 f.). Hier ist nach den von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hingegen nicht nur eine drohende, sondern bereits eine endgültige Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO eingetreten. Der Beklagte schuldet dem Kläger und dessen Bruder nach dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Saulgau vom 8. August 2001 monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 272,52 € (= 533 DM). Davon konnten in der Vergangenheit lediglich 116 € monatlich gepfändet werden (§§ 850 a ff., 850 d ZPO). Wegen der noch ausstehenden Unterhaltsschulden hat der Beklagte inzwischen die eidesstattliche Versicherung abgegeben (§§ 899 ff. ZPO). Er ist somit nicht in der Lage, seine fälligen Unterhaltspflichten zu erfüllen, was für eine Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ausreicht (vgl. Melchers/Hauß Unterhalt und Verbraucherinsolvenz Rdn. 130; a.A. noch OLG Stuttgart FamRZ 2002, 982, das seine gegenteilige Rechtsprechung in dem Berufungsurteil aber ausdrücklich aufgegeben hat). Nach dem Vortrag der Parteien sind gegenwärtig auch keine durchgreifenden Gründe gegen eine spätere Restschuldbefreiung nach Maßgabe der
§§ 286 ff. InsO ersichtlich. Über eine Versagung der Restschuldbefreiung wird letztlich erst nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode von sechs Jahren entschieden (vgl. Pape ZInsO 2004, 647, 649 f.). Für die Stundung der Verfahrenskosten verlangt § 4 a InsO deswegen zunächst nur eine summarische Prüfung , ob Versagungsgründe der beantragten Restschuldbefreiung entgegenstehen (BGH Beschluß vom 16. Dezember 2004 - IX ZB 72/03 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Nichts anderes kann für die Obliegenheit zur Durchführung der Verbraucherinsolvenz gelten. Solche durchgreifenden Gründe, die gegen eine Restschuldbefreiung sprechen könnten, ergeben sich aus den Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht. 3. Erscheint danach ein Verbraucherinsolvenzverfahren zulässig und geeignet , den Unterhaltsansprüchen minderjähriger oder ihnen gleichgestellter Kinder nach § 1603 Abs. 2 BGB Vorrang vor sonstigen Verbindlichkeiten des Unterhaltsschuldners einzuräumen, trifft den Unterhaltsschuldner eine Obliegenheit zur Einleitung dieses Verfahrens, wenn er nicht Umstände vorträgt, die eine Antragspflicht im konkreten Einzelfall als unzumutbar darstellen (so auch OLG Hamm FamRZ 2001, 441; OLG Dresden FamRZ 2003, 1028; OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 656; a.A. OLG Naumburg FamRZ 2003, 1215; OLG Düsseldorf OLGR 2003, 30). Solche besonderen Umstände sind hier weder vorgetragen noch ersichtlich.
a) Durch die Einleitung des Insolvenzverfahrens wird der Beklagte als Unterhaltsschuldner zwar mit weiteren Kosten belastet. Nachdem der Bundesgerichtshof die Beschränkung auf die regelmäßige Mindestvergütung in masselosen Insolvenzverfahren für verfassungswidrig erklärt hat (vgl. Beschlüsse vom 15. Januar 2004 - IX ZB 96/03 - NJW 2004, 941 = BGHZ 157, 282 und - IX ZB 46/03 - NJW-RR 2004, 551), ist insoweit mit Kosten zu rechnen, die sich auf ca. 3.000 € belaufen können (zur Vergütung des Insolvenzverwalters vgl. auch
BGH Beschlüsse vom 9. Juli 2004 - IX ZB 589/02 - WM 2004, 1783, vom 23. Juli 2004 - IX ZB 257/03 - WM 2004, 1842 und vom 16. Dezember 2004 - IX ZB 301/03 - WM 2005, 243 f.). Wegen dieser zusätzlichen Kosten kann dem Schuldner trotz seiner Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auch keine Prozeßkostenhilfe bewilligt werden, weil § 4 a InsO eine Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens vorsieht. Allerdings ist der Schuldner nach Abschluß des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung nur im Rahmen des § 115 Abs. 1 und 2 ZPO zur Rückzahlung dieser Kosten verpflichtet (§ 4 b InsO). Die durch das Verbraucherinsolvenzverfahren entstehenden Kosten belasten den Unterhaltsschuldner deswegen nicht unangemessen und sind für sich allein genommen noch nicht geeignet, das Verfahren für den Unterhaltsschuldner als unzumutbar darzustellen.
b) Durch die Bestellung eines Treuhänders im Insolvenzverfahren gemäß §§ 313 Abs. 1, 292 InsO wird der Unterhaltsschuldner in seiner wirtschaftlichen Selbständigkeit nicht unerheblich eingeschränkt (vgl. Melchers/Hauß aaO Rdn. 131 ff.). Wie gegenüber einem Insolvenzverwalter bestehen nach §§ 97 f. InsO auch gegenüber dem Treuhänder weitgehende Auskunfts- und Mitwirkungspflichten (vgl. auch § 305 Abs. 1 und 2 InsO). Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht insbesondere das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter bzw. den Treuhänder über (§§ 21 Abs. 2, 80 bis 82, 313 Abs. 1 InsO). Die begehrte Restschuldbefreiung setzt nach § 287 Abs. 2 InsO voraus, daß der Schuldner seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis für die Dauer des Insolvenzverfahrens an den Treuhänder abtritt. Diese besonderen Bindungen des Schuldners schränken ihn während der sechsjährigen Wohlverhaltensperiode gemäß §§ 287 Abs. 2, 292 Abs. 1 InsO (vgl. Art. 107 EGInsO) und zusätzlich während des ca. sechsmonatigen vorbereitenden Verfahrens durch die Beratungsstelle (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO)
ein. Gleichwohl überwiegen die Belastungen, die ein Insolvenzverfahren zwangsläufig für den Unterhaltsschuldner mit sich bringt, die Interessen seiner minderjährigen Kinder auf möglichst ungeschmälerte Unterhaltszahlungen regelmäßig nicht.
c) Betrachtet man im vorliegenden Fall die Dauer des Insolvenzverfahrens im Vergleich zu derjenigen der voraussichtlichen Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber dem noch bis Mai 2008 minderjährigen Kläger, ergibt sich keine für ihn unzumutbar lange Bindung. Hätte der Beklagte, wie ihm von den Vorinstanzen angesonnen wurde, am 1. Januar 2003 ein Verbraucherinsolvenzverfahren zur Eröffnung gebracht, wäre dieses Ende 2008 und somit nur wenige Monate nach Erreichen der Volljährigkeit des Klägers beendet gewesen. Die gesteigerte Unterhaltspflicht des Beklagten dauert nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB sogar über die Volljährigkeit bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des unterhaltsbedürftigen Kindes fort, wenn es noch im Haushalt eines Elternteils lebt und sich in der allgemeinen Schulausbildung befindet. Auch im Vergleich zu der Laufzeit des vom Beklagten geschuldeten Darlehens ergibt sich hier keine unzumutbar lange Bindungsfrist für den Beklagten. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts müßte der Beklagte die geschuldeten Darlehensraten mindestens noch bis Ende 2006 zahlen, was seine Leistungsfähigkeit einschränken würde, bis der Kläger fast 17 Jahre alt und der gesteigerten Unterhaltsberechtigung alsbald entwachsen ist. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse, seinen Unterhaltsansprüchen Vorrang vor sonstigen Schulden zu verschaffen.
d) Mit der Einleitung des Insolvenzverfahrens sind zwar auch erhebliche Einschnitte in die Rechte anderer Gläubiger verbunden. Insbesondere können einzelne Insolvenzgläubiger, auch die Träger öffentlicher Leistungen wegen der auf sie übergegangenen Ansprüche, während der Dauer des Insolvenzverfah-
rens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners vollstrecken (§ 89 Abs. 1 InsO). Vorbehaltlich vorrangiger Rechte auf Absonderung (§§ 165 ff. InsO) sind sie auf eine quotenmäßige Befriedigung durch die Insolvenzmasse verwiesen (§§ 187 ff. InsO) und verlieren ihre Forderung im Fall der Restschuldbefreiung endgültig (§§ 286 ff. InsO). Das aber ist Folge der vom Gesetzgeber geschaffenen Verbraucherinsolvenz, die deswegen grundsätzlich nicht zu einer Unzumutbarkeit des Verfahrens für den Schuldner führen kann. Dem Beklagten wäre es auch ohne unterhaltsrechtliche Obliegenheit möglich, sich durch einen eigenen Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens der bereits aufgelaufenen Unterhaltsrückstände zu entledigen. Allerdings zählen zu diesen Insolvenzforderungen auch die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens schon fälligen Unterhaltsrückstände, weil auch diese ab Eröffnung der Verbraucherinsolvenz nicht mehr im Wege der Einzelzwangsvollstreckung durchgesetzt werden können (vgl. Melchers/Hauß aaO Rdn. 142 ff.). Neben dem Kläger erhalten im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens also auch sein inzwischen volljähriger Bruder und seine Mutter wegen des Vollstreckungsverbots nach § 89 InsO Unterhaltsrückstände allenfalls durch eine Verteilung im Insolvenzverfahren und auch nur insoweit, als der Unterhaltsschuldner Einkünfte erzielt, die die Pfändungsfreigrenzen des § 850 c Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit den Erhöhungsbeträgen nach Satz 2 übersteigen. Solche Einkünfte, die die Pfändungsgrenze nach § 850 c Abs. 1 ZPO von gegenwärtig 1.475 € bei einer laufenden Unterhaltspflicht gegenüber zwei Kindern (930 € + 350 € + 195 €) übersteigen, erzielt der Beklagte aber nicht. Allerdings begehrt der Kläger selbst, vertreten durch seine Mutter, die Einleitung des Insolvenzverfahrens, um somit wenigstens seinen laufenden Unterhalt zu sichern. Umstände, die aus Sicht des ebenfalls unterhaltsberechtigten Bruders zur Unzumutbarkeit der Einleitung eines Insolvenzverfahrens führen könnten, sind vom Berufungsgericht - von der Revision unangefochten - nicht festgestellt.

e) Die stets gebotene Abwägung der unmittelbaren Vorteile einer Einleitung des Insolvenzverfahrens mit dessen Nachteilen (vgl. insoweit Weisbrodt FamRZ 2003, 1240, 1244) führt hier zu einer Obliegenheit des Beklagten zur Durchführung der Verbraucherinsolvenz. Denn gegenwärtig sind von dem erzielten Arbeitseinkommen des Beklagten nur sehr geringe monatliche Beträge pfändbar, die noch nicht einmal den ursprünglich titulierten Unterhalt des Klägers decken. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der der einem Unterhaltsschuldner im Rahmen der Zwangsvollstreckung gemäß § 850 d Abs. 1 Satz 2 ZPO nur verbleibende notwendige eigene Unterhalt dem notwendigen Lebensbedarf im Sinne der Abschnitte 2 und 4 des Bundessozialhilfegesetzes (jetzt SGB XII Kapitel 3 und 11) entspricht (BGH Beschluß vom 18. Juli 2003 - IX ZB 151/03 - FamRZ 2003, 1466 = BGHZ 156, 30; Zöller/Stöber ZPO 25. Aufl. § 850d Rdn. 7), ergibt sich mit Einleitung des Insolvenzverfahrens neben der erhöhten Unterhaltspflicht auch eine ungeschmälerte Vollstreckbarkeit. Denn Unterhaltsgläubiger können fortan wegen des Verbots der Einzelzwangsvollstreckung für andere Gläubiger hinsichtlich ihrer laufenden Unterhaltsansprüche auf den Differenzbetrag zwischen den Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO und dem dem Schuldner zu belassenden Unterhalt i.S. von § 850d Abs. 1 S. 2 ZPO zugreifen (OLG Celle FamRZ 2003, 1116). Während der Kläger gegenwärtig monatlich nur 58 € (116 € : 2) beitreiben kann, was für die Zeit von Januar 2003 bis Mai 2008 insgesamt 3.770 € ausmacht, wäre ab Einleitung des Insolvenzverfahrens jedenfalls der vom Berufungsgericht für die Zeit ab Januar 2003 zugesprochene monatliche Unterhalt in Höhe von 222,50 € beitreibbar. Die Differenz beläuft sich mithin auf 164,50 € (222,50 € - 58 €) monatlich, was selbst bei einer Unterhaltspflicht von nur noch ca. drei Jahren zu einem Mehrbetrag in Höhe von 5.922 € (164,50 € x 36) führt.
Insgesamt überwiegen deswegen die Vorteile für den nach § 1603 Abs. 2 BGB unterhaltsberechtigten Kläger die mit der Einleitung des Insolvenzverfahrens notwendigerweise verbundenen Belastungen des Beklagten so erheblich, daß diesem wegen der gesteigerten Unterhaltspflicht die Durchführung des Insolvenzverfahrens im Interesse seines minderjährigen Kindes zumutbar ist. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 111/09
vom
25. November 2010
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich
begangenen unerlaubten Handlung betrieben, sind dem Schuldner für seinen
notwendigen Unterhalt jedenfalls die Regelsätze nach § 28 SGB XII zu
belassen. Eine Pfändung kleiner Teilbeträge hieraus kommt nicht in Betracht.
BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - VII ZB 111/09 - LG Dortmund
AG Castrop-Rauxel
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. November 2010 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Kuffer, Dr. Eick,
Halfmeier und Leupertz

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 16. Oktober 2009 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Gegenstandswert: bis 600 €

Gründe:

I.

1
Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung. Die titulierte Forderung beruht auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Schuldners.
2
Der Schuldner bezieht die Regelleistungen für erwerbsfähige Hilfebedürftige nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, seit dem 1. Juli 2009 in Höhe von monatlich 359 €, sowie monatliche Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 345,82 €.
3
Die Gläubigerin hat beantragt, einen monatlichen Betrag von 30 € zu pfänden und ihr zur Einziehung zu überweisen. Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat diesen Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin den Erlass des Pfändungs - und Überweisungsbeschlusses weiter.

II.

4
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
5
1. Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, eine Herabsetzung des Pfändungsfreibetrags nach § 850f Abs. 2 ZPO unter den Regelsatz sei nicht möglich. Dem Schuldner sei auch nach § 850f Abs. 2 ZPO so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt benötige. Dieser entspreche dem notwendigen Lebensbedarf im Sinne des 3. und 11. Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch. Er werde durch den Regelsatz nach § 28 SGB XII und die Unterkunftskosten abgedeckt. Eine Herabsetzung des Pfändungsfreibetrags würde zu einer Unterschreitung des menschenwürdigen Existenzminimums führen und gegen das Sozialstaatsprinzip verstoßen.
6
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Der dem Schuldner nach § 850f Abs. 2 ZPO zur Sicherung seines notwendigen Lebensunterhalts zu belassende Betrag umfasst den ungeschmälerten Regelsatz nach § 28 SGB XII. Eine Pfändung von kleinen Teilbeträgen hieraus kommt nicht in Betracht.
7
a) Die Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch können nach § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen gepfändet werden.
8
b) Betreibt der Gläubiger die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, kann er nach § 850f Abs. 2 Satz 1 ZPO in erweitertem Maße auf das Arbeitseinkommen des Schuldners zugreifen. Diesem ist jedoch soviel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt bedarf, § 850f Abs. 2 Satz 2 ZPO. Dieser Begriff des notwendigen Unterhalts entspricht dem des notwendigen Unterhalts in § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 850f Rn. 8, 10; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 850f Rn. 17; MünchKommZPO/ Smid, 3. Aufl., § 850f Rn. 25; Musielak/Becker, ZPO, 7. Aufl., § 850f Rn. 12; Schuschke/Walker/Kessal-Wulf, ZPO, 4. Aufl., § 850f Rn. 14). Der Gesetzgeber wollte bei der Einfügung des Absatzes 2 in § 850f ZPO durch das Gesetz zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung eine ähnliche Vorzugsstellung verschaffen, wie sie in § 850d ZPO für Unterhaltsansprüche bestimmt ist (Regierungsentwurf des Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 31. Mai 1958, BT-Drucks. 3/415, S. 11).
9
Für den Begriff des notwendigen Unterhalts in § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass dieser grundsätzlich dem notwendigen Lebensunterhalt im Sinne des 3. und 11. Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch entspricht (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - VII ZB 38/07, NJW-RR 2008, 733 Rn. 13; Urteil vom 23. Februar 2005 - XII ZR 114/03, BGHZ 162, 234 Rn. 26). Dies gilt auch für den notwendigen Unterhalt im Sinne von § 850f Abs. 2 ZPO, wobei offen bleiben kann, inwieweit im Einzelfall auch auf die Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zurückgegriffen werden kann. Der ausgehend von §§ 28, 40 SGB XII i.V.m. der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII durch die Länder festgesetzte Regelsatz für Empfänger von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch entspricht dem des § 20 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 SGB II i.V.m. der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Juli 2009 und beträgt seit dem 1. Juli 2009 359 €.
10
c) Dieser dem Schuldner zu belassende Betrag kann entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht mehr unterschritten werden.
11
aa) Allerdings wird in der Rechtsprechung vertreten, dass die Sätze der Sozialhilfe einen Betrag für kleinere Anschaffungen enthielten und dieser Betrag ohne Gefährdung des notwendigen Unterhaltes gepfändet werden könne. In den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sei auch ein pfändbarer Anteil enthalten, der für Ansparungen für notwendige Anschaffungen vorgesehen sei. (AG Wuppertal, JurBüro 2007, 495; AG Karlsruhe, JurBüro 2007, 495 ohne weitergehende Begründung; AG Dresden, JurBüro 2009, 46, ohne weitergehende Begründung).
12
bb) Diese Ansicht ist nicht haltbar.
13
Bestandteil des notwendigen Unterhalts im Sinne der § 850f Abs. 2 ZPO bzw. § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO ist ein Betrag in Höhe des Regelsatzes nach dem Zwölften bzw. Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (LG Hannover, JurBüro 2007, 100; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 850d Rn. 7; Schuschke/ Walker/Kessal-Wulf, ZPO, 4. Aufl., § 850d Rn. 7; MünchKommZPO/Smid, 3. Aufl., § 850d Rn. 25; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 850d Rn. 21; Prütting/Gehrlein/Ahrens, 2. Aufl., § 850d Rn. 21; Musielak/Becker, ZPO, 7. Aufl., § 850d Rn. 5 f.; Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn. 1094, 1176b, 1176d; a.A. noch Zöller/Stöber, ZPO, 24. Aufl., § 850d Rn. 7). Durch diese Vorschriften soll das Existenzminimum gesichert werden. Dieses ist im Zwangsvollstreckungsrecht grundsätzlich ebenso zu bestimmen wie im Sozialrecht. Die Regelleistung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die der Höhe und der Herleitung nach dem Regelbedarf im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch entspricht, ist Bestandteil des untersten Netzes der sozialen Sicherung (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 1. Oktober 2003, BTDrucks. 15/1636, S. 7 unter Verweis auf BT-Drucks. 15/1514, S. 52), in welches im Wege der Zwangsvollstreckung nicht eingegriffen werden kann.
14
(1) Das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, jedem ein menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern. Dieses umfasst sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben , denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen (BVerfG, NJW 2010, 505 Rn. 133 ff.).
15
Dieser Begriff des Existenzminimums muss grundsätzlich auch im Vollstreckungsverfahren gelten. Unzutreffend ist die Auffassung der Beschwerdeführerin , der Schuldner verdiene den Schutz nicht, der ihm im Sozialstaat gewährt werde, weil er eine unerlaubte Handlung begangen habe. Diesem Umstand wird gerade durch die Regelung des § 850f ZPO Rechnung getragen.
16
(2) Zu Unrecht meint die Rechtsbeschwerde, die Leistungen nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch unterschieden sich, da erstere auch zur Wahrung des sozialen Status gezahlt würden. Die Regelleistung des § 20 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 SGB II entspricht dem nach § 28 SGB XII durch die Länder festgesetztem Regelbedarf. Im Gesetzgebungsverfahren wurde hierzu ausgeführt: "Die Regelleistung bildet also im Rahmen des Arbeitslosengeldes II das "soziokulturelle" Existenzminimum der insoweit als Referenzsystem für alle bedarfsorientierten und bedürftigkeitsabhängigen staatlichen Fürsorgeleistungen fungierenden Sozialhilfe ab … Die Vorschriften zur Regelleistung enthalten keine Regelungen zu ihrer Bemessung, da hierfür die Regelungen im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch einschließlich der Regelsatzverordnung einschlägig sind…" (BT-Drucks. 15/1516, S. 56; vgl. auch BVerfG, aaO Rn. 160).
17
(3) Fehl geht der Hinweis des AG Wuppertal (JurBüro 2007, 495), im Regelsatz sei ein Ansparanteil enthalten, der pfändbar sei. Zutreffend daran ist, dass bei der Umstellung vom Bundessozialhilfegesetz auf die Bücher Zwei und Zwölf Sozialgesetzbuch die Systematik der Bedarfe neu geordnet worden ist. Das Bundessozialhilfegesetz ging von einer systematischen Unterteilung von laufenden Leistungen und einmaligen Leistungen für Bekleidung, Wäsche, Schuhe, Hausrat oder besondere Anlässe aus. Diese Bedarfe sind in die Regelsätze auf den Monat umgerechnet eingestellt worden, so dass der Hilfebedürftige für einmalige Bedarfe Rücklagen zu bilden hat (vgl. Wahrendorf in: Grube/ Wahrendorf, SGB II und SGB XII, § 28 SGB XII Rn. 3; BT-Drucks. 15/1514, S. 59). Dieser Ansparanteil darf deshalb dem Pfändungszugriff nicht ausgesetzt sein. Zudem entspricht dies der Rechtslage im Zwangsvollstreckungsverfahren vor der Umstellung. Für die einmaligen Bedarfe des § 21 Abs. 1a BSHG wurden monatliche Pauschalen geschätzt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2003 - IXa ZB 151/03, BGHZ 156, 30 Rn. 18).
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(4) Ebenso unzutreffend ist die Annahme, ein bestimmter Betrag im Regelsatz sei für eine bestimmte Ausgabe reserviert. Richtig ist, dass der Regelsatz anhand erfasster Durchschnittswerte des untersten Quintils der nach dem Haushaltsnettoeinkommen geschichteten Haushalte bestimmt worden ist. Ausgehend von diesen Durchschnittsausgaben hat der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum genutzt und eine Wertung vorgenommen, welche dieser Ausgaben regelsatzrelevant sind. Diesbezüglich hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass das vom Gesetzgeber gewählte Statistikmodell zur Bestimmung des Existenzminimums im Grundsatz geeignet sei, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen realitätsgerecht zu bemessen (BVerfG, NJW 2010, 505, Rn. 159 ff.).
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Hieraus ist nicht der Schluss zu ziehen, die Empfänger von Arbeitslosengeld II hätten den Regelsatz entsprechend der ermittelten Durchschnittswerte zu verwenden. Vielmehr sind sie frei, den als Teil des Existenzminimums festgestellten Betrag zur Deckung ihrer Bedarfe eigenverantwortlich zu verwenden (BT-Drucks. 15/1516, S. 46, 55 f.). Es ist deshalb verfehlt, die durch den Ge- setzgeber getroffenen Wertentscheidungen im Einzelnen in Frage zu stellen und zu überprüfen, ob manche vom Gesetzgeber getroffenen Wertungen den eigenen Wertungen entsprechen.
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(5) Das Ergebnis deckt sich zudem mit der gesetzgeberischen Wertung, die in § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zum Ausdruck kommt. Nach dieser Norm ist der Anspruch auf Sozialhilfe nicht pfändbar. Dies beruht darauf, dass die Sozialhilfeleistungen dazu dienen, ein menschenwürdiges Dasein zu sichern (Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB II und XII, § 17 SGB XII Rn. 16). Im Gegensatz dazu ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld II grundsätzlich pfändbar, § 54 Abs. 4 SGB I. Soweit aber die Geldleistung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - wie hier - der Höhe und der Herleitung nach der Geldleistung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch entspricht, ist diese Wertung des Gesetzgebers bei der Frage der Bestimmung des notwendigen Unterhalts nach § 850f Abs. 2 ZPO (bzw. § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO) zu berücksichtigen.

III.

21
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Kniffka Kuffer Eick Halfmeier Leupertz
Vorinstanzen:
AG Castrop-Rauxel, Entscheidung vom 03.06.2009 - 2 M 554/09 -
LG Dortmund, Entscheidung vom 16.10.2009 - 9 T 546/09 -

(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können.

(2) Eigene Mittel sind insbesondere das eigene Einkommen und Vermögen. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern sind das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam zu berücksichtigen. Gehören minderjährige unverheiratete Kinder dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils an und können sie den notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht bestreiten, sind vorbehaltlich des § 39 Satz 3 Nummer 1 auch das Einkommen und das Vermögen der Eltern oder des Elternteils gemeinsam zu berücksichtigen.

(3) Personen, die ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können, jedoch einzelne im Haushalt erforderliche Tätigkeiten nicht verrichten können, erhalten auf Antrag einen angemessenen Zuschuss, wenn ihnen die Aufbringung der für die geleistete Hilfe und Unterstützung notwendigen Kosten nicht in voller Höhe zumutbar ist. Als angemessen gelten Aufwendungen, die üblicherweise als Anerkennung für unentgeltlich geleistete Hilfen und Unterstützungen oder zur Abgeltung des entsprechenden Aufwandes geleistet werden. Den Zuschuss erhält nicht, wer einen entsprechenden Anspruch auf Assistenzleistungen nach § 78 des Neunten Buches hat.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können.

(2) Eigene Mittel sind insbesondere das eigene Einkommen und Vermögen. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern sind das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam zu berücksichtigen. Gehören minderjährige unverheiratete Kinder dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils an und können sie den notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht bestreiten, sind vorbehaltlich des § 39 Satz 3 Nummer 1 auch das Einkommen und das Vermögen der Eltern oder des Elternteils gemeinsam zu berücksichtigen.

(3) Personen, die ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können, jedoch einzelne im Haushalt erforderliche Tätigkeiten nicht verrichten können, erhalten auf Antrag einen angemessenen Zuschuss, wenn ihnen die Aufbringung der für die geleistete Hilfe und Unterstützung notwendigen Kosten nicht in voller Höhe zumutbar ist. Als angemessen gelten Aufwendungen, die üblicherweise als Anerkennung für unentgeltlich geleistete Hilfen und Unterstützungen oder zur Abgeltung des entsprechenden Aufwandes geleistet werden. Den Zuschuss erhält nicht, wer einen entsprechenden Anspruch auf Assistenzleistungen nach § 78 des Neunten Buches hat.

(1) Das Vollstreckungsgericht kann dem Schuldner auf Antrag von dem nach den Bestimmungen der §§ 850c, 850d und 850i pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens einen Teil belassen, wenn

1.
der Schuldner nachweist, dass bei Anwendung der Pfändungsfreigrenzen entsprechend § 850c der notwendige Lebensunterhalt im Sinne des Dritten und Vierten Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch oder nach Kapitel 3 Abschnitt 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für sich und für die Personen, denen er gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist, nicht gedeckt ist,
2.
besondere Bedürfnisse des Schuldners aus persönlichen oder beruflichen Gründen oder
3.
der besondere Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflichten des Schuldners, insbesondere die Zahl der Unterhaltsberechtigten, dies erfordern
und überwiegende Belange des Gläubigers nicht entgegenstehen.

(2) Wird die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die in § 850c vorgesehenen Beschränkungen bestimmen; dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf.

(3) (weggefallen)