Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2019 - VI ZR 257/17

bei uns veröffentlicht am07.05.2019
vorgehend
Landgericht Saarbrücken, 16 O 4/15, 10.05.2016
Landgericht Saarbrücken, 1 U 69/16, 31.05.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 257/17
vom
7. Mai 2019
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung
des von ihm erstatteten Gutachtens geboten ist, kommt es nicht darauf an,
ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob ein solcher von einer
Partei nachvollziehbar dargetan worden ist (st. Rspr., vgl. nur Senatsbeschluss
vom 10. Juli 2018 - VI ZR 580/15).
BGH, Beschluss vom 7. Mai 2019 - VI ZR 257/17 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
ECLI:DE:BGH:2019:070519BVIZR257.17.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Mai 2019 durch die Richterin von Pentz als Vorsitzende, die Richterinnen Dr. Oehler und Müller sowie die Richter Dr. Allgayer und Böhm
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 31. Mai 2017 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens wird auf 49.229,80 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger nimmt die Beklagten auf materiellen und immateriellen Schadensersatz sowie Feststellung zukünftiger Einstandspflicht nach ärztlicher Behandlung in Anspruch.
2
Der Kläger stellte sich wegen Rückenschmerzen im Krankenhaus in

O.

vor, wo zunächst eine konservative Behandlung erfolgte. Nachdem diese ohne Erfolg blieb, wurde er in das von der Beklagten zu 1 getragene Marienhaus Klinikum S. verlegt. Dort führte der Beklagte zu 2 am 13. Februar 2013 eine Nukleotomie L4/L5 durch. Während der Operation kam eine Bandscheibenfasszange zum Einsatz, von der eine flexible Branche abbrach. Hierbei handelte es sich um kleines Metallteil, das während der Operation nicht erfasst werden konnte und im Körper des Patienten verblieb. Der Kläger leidet heute unter erheblichen Schmerzen, deren Ursache zwischen den Parteien im Streit steht. Der Kläger beruft sich neben Aufklärungsversäumnissen auf Behandlungsfehler bei der Operation vom 13. Februar 2013. Für einen Behandlungsfehler spreche unter anderem bereits der Bruch der Bandscheibenfasszange selbst.
3
Das Landgericht hat auf der Grundlage eines schriftlichen orthopädischen Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen. Einen Behandlungsfehler bei der Operation vom 13. Februar 2013 hat das Landgericht unter anderem mit der Begründung verneint, entgegen der Ansicht des Klägers könne aus dem Abbrechen der Bandscheibenfasszange nicht auf das Vorliegen eines Behandlungsfehlers geschlossen werden. Der Sachverständige habe hierzu erklärt, dass das Abbrechen einer Fasszange oder anderer Instrumente als schicksalhaft betrachtet werden müsse und nicht dem Operateur als Behandlungsfehler zugeschrieben werden könne. Instrument- wie auch Implantatbrüche gehörten im Rahmen von operativen Eingriffen zur Tagesordnung. Dies stehe im Einklang mit zahlreichen anderen Gutachten, die das Gericht im Rahmen seiner Spezialzuständigkeit des Arzthaftungsrechts in vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten eingeholt habe.
4
Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers nach informatorischer Anhörung des Klägers und des Beklagten zu 2 zurückgewiesen. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

5
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , beanstandungsfrei habe das Landgericht gestützt auf das schriftliche Sachverständigengutachten Behandlungsfehler bei der Durchführung der Operation vom 13. Februar 2013 verneint. Soweit der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz behaupte, laut der Gebrauchsanweisung des Herstellers dürfe die Bandscheibenfasszange nur zum Entfernen von Weichteilgewebe verwendet werden, weshalb sich hier doch die Frage eines Behandlungsfehlers stelle, bleibe sein Einwand - unabhängig davon, ob er nach § 531 Abs. 2 ZPO überhaupt noch zulässig sei - ohne Erfolg. Der Sachverständige habe seine Aussagen in Kenntnis des Operationsberichts des Beklagten zu 2 getroffen, in dem ausdrücklich niedergelegt sei, dass bei der Gewinnung des Bandscheibengewebes die flexible Branche der Bandscheibenfasszange im Bandscheibenfach abgebrochen sei. Bei seiner informatorischen Anhörung habe der Beklagte zu 2 dies einsichtig dahingehend erläutert, dass grundsätzlich mit der Fasszange auch nur Weichteilgewebe entfernt werde. Da diese aber von hinten durch den Knochen in dem Bandscheibenraum geführt werde, arbeite man im eigentlichen Bandscheibenraum ohne Sicht, weshalb eine Knochenberührung bei dem Versuch , Weichteilgewebe zu entfernen, und in der Folge eine Beschädigung der Zange nicht auszuschließen seien. Ausgehend von dem Operationsbericht, der im Einklang mit den Erläuterungen des Beklagten zu 2 stehe, sei auch der Sachverständige im Rahmen seiner Beurteilung von einem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Bandscheibenfasszange ausgegangen, denn ein verwendungsfehlerhafter Gebrauch der Zange zur Entfernung von Knochenmaterial, den der Kläger hier in den Raum stelle, lasse sich dem Operationsbericht gerade nicht entnehmen. Deshalb könne entgegen der Behauptung des Klägers nicht unterstellt werden, dass bei bestimmungsgemäßer Verwendung der Fasszange (Entfernung von Weichteilen), wovon der Sachverständige ersichtlich ausgegangen sei, ein Bruch ausgeschlossen sei. Aus dem allgemein gehaltenen Hinweis der Herstellerfirma auf die bestimmungsgemäße Verwendung allein zum Entfernen von Weichteilgewebe lasse sich jedenfalls nicht herleiten, dass ein Bruch bei dieser bestimmungsgemäßen Verwendung ausgeschlossen sei.
6
Im Übrigen stehe auch nicht fest, dass die von dem Kläger jetzt behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen kausal auf den Verbleib des Metallteils im Körper des Klägers zurückzuführen seien. Vielmehr habe der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass die Rückenschmerzproblematik des Klägers nicht auf das noch in situ befindliche Fremdkörpermaterial zurückzuführen sei.
7
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO). Sie hat in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Nichtzulassungsbeschwerde macht zu Recht geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, indem es den vom Kläger in zweiter Instanz erstmalig gestellten Antrag auf Anhörung des Sachverständigen übergangen hat.
8
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat die Partei zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann. Dieses Antragsrecht besteht unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO. Es kann dabei von der Partei, die einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen stellt, nicht verlangt werden, dass sie die Fragen, die sie an den Sachverständigen zu richten beabsichtigt , im Voraus konkret formuliert. Es genügt, wenn sie allgemein angibt, in welcher Richtung sie durch entscheidungserhebliche Fragen eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünscht. Für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstatteten Gutachtens geboten ist, kommt es nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob ein solcher von einer Partei nachvollziehbar dargetan worden ist (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 10. Juli 2018 - VI ZR 580/15, NJW 2018, 3097 Rn. 8 f.; vom 30. Mai 2017 - VI ZR 439/16, VersR 2017, 1295, 1296 Rn. 6; vom 25. September 2007 - VI ZR 157/06, VersR 2007, 1697 Rn. 3; jeweils mwN; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2012 - 1 BvR 2728/10, NJW 2012, 1346, 1347 Rn. 11 ff.).
9
b) Der Kläger hat im Berufungsverfahren vorgebracht, angesichts der ihm nunmehr vorliegenden Mitteilung der Herstellerfirma der Bandscheibenfasszange , dass diese ausschließlich zum Entfernen von Weichgewebe verwendet werden dürfe, stelle sich weiterhin die Frage, wie es in seinem konkreten Fall zu einem Bruch der Bandscheibenfasszange habe kommen können. Das eingeholte Sachverständigengutachten sei zu diesem Punkt unzureichend. Es stelle sich die Frage, ob angesichts der Tatsache, dass in der Gebrauchsanweisung der Bandscheibenfasszange mitgeteilt werde, dass diese nur zum Entfernen von Weichgewebe verwendet werden dürfe, der Bruch der Fasszange nicht doch einen Behandlungsfehler darstelle. Denn bei ordnungsgemäßer Verwendung (Entfernung von Weichteilen) sei ein Bruch ausgeschlossen, mit der Folge, dass eine unsachgemäße Verwendung vorgelegen habe. Zum "Beweis" dieses Vorbringens hat der Kläger die Anhörung des Sachverständigengutachters beantragt. Diesen Antrag durfte das Berufungsgericht nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht deshalb - wie geschehen - unbeachtet lassen, weil es die vom Kläger geäußerten Zweifel für nicht durchgreifend erachtete. Der Kläger hatte einen konkreten Gegenstand der Anhörung benannt. Unter diesen Umständen hätte das Berufungsgericht den Sachverständigen anhören müssen, um dem Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu genügen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2012 - 1 BvR 2728/10, NJW 2012, 1346, 1347 Rn. 17 ff.).
10
3. Das Berufungsurteil beruht auf der Gehörsverletzung. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Anhörung zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre.
11
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung zwar auch darauf gestützt, dass nicht feststehe, dass die vom Kläger behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen kausal auf das noch in seinem Körper befindliche Fremdkörpermaterial zurückzuführen seien. Allerdings hat sich das Berufungsgericht dabei, was die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht rügt, unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG lediglich mit der Rückenschmerzproblematik des Klägers befasst und sich nicht zu dem unter Beweis gestellten Vorbringen des Klägers verhalten, dass der Verbleib des Metallteils in seinem Rücken auch zu massiven psychischen Beeinträchtigungen geführt habe. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der Annahme eines Behandlungsfehlers Ansprüche des Klägers im Hinblick auf die geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen bejaht hätte. von Pentz Oehler Müller Allgayer Böhm
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 10.05.2016 - 16 O 4/15 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 31.05.2017 - 1 U 69/16 -

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Zivilprozessordnung - ZPO | § 411 Schriftliches Gutachten


(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat. (2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverst

Zivilprozessordnung - ZPO | § 402 Anwendbarkeit der Vorschriften für Zeugen


Für den Beweis durch Sachverständige gelten die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten sind.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 397 Fragerecht der Parteien


(1) Die Parteien sind berechtigt, dem Zeugen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache oder der Verhältnisse des Zeugen für dienlich erachten. (2) Der Vorsitzende kann den Parteien gestatten und hat ihren Anwälten auf

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Parteien sind berechtigt, dem Zeugen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache oder der Verhältnisse des Zeugen für dienlich erachten.

(2) Der Vorsitzende kann den Parteien gestatten und hat ihren Anwälten auf Verlangen zu gestatten, an den Zeugen unmittelbar Fragen zu richten.

(3) Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet das Gericht.

Für den Beweis durch Sachverständige gelten die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten sind.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Parteien sind berechtigt, dem Zeugen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache oder der Verhältnisse des Zeugen für dienlich erachten.

(2) Der Vorsitzende kann den Parteien gestatten und hat ihren Anwälten auf Verlangen zu gestatten, an den Zeugen unmittelbar Fragen zu richten.

(3) Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet das Gericht.

Für den Beweis durch Sachverständige gelten die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten sind.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 17. September 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: bis 650.000 €

Gründe

I.

1

Der Kläger nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch auf Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall vom 21. August 2005 in Anspruch.

2

Fahrer und Halter des bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten unfallbeteiligten Pkw war der verstorbene Ehemann der Beklagten zu 1 (im Folgenden: E.), die als dessen Rechtsnachfolgerin in Anspruch genommen wird. Am Unfalltag befuhr der Kläger mit einem Fahrrad eine innerörtliche Straße in N. E. fuhr auf dieser Straße in die gleiche Richtung und beabsichtigte, sie nach rechts zu verlassen, um in ein Grundstück einzufahren. Dazu zog er an dem Kläger vorbei, um vor diesem in das Grundstück einzubiegen. Als der Kläger dieses Fahrmanöver bemerkte, unternahm er mit seinem Fahrrad eine Vollbremsung, um eine Kollision mit dem Fahrzeug des E. zu vermeiden. Dabei stürzte er über den Lenker nach vorne, wodurch er sich eine Tossy-I-Verletzung des linken Schultereckgelenks, multiple Schürfwunden, eine leichte Schädelprellung sowie eine HWS-Distorsion zuzog.

3

Zum Unfallzeitpunkt war der Kläger selbständiger Leiter einer Versicherungsagentur. Vom Unfalltag bis zum November 2005 war er zu 100 % arbeitsunfähig erkrankt, danach noch zu 50-60 %. Seit dem 4. Januar 2006 war er wieder vollständig arbeitsfähig. Bereits im Herbst des Jahres 2005 kam es zu ersten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger. Seine Tätigkeit bei der Versicherung beendete der Kläger im Jahr 2010. Inzwischen lebt er von Grundsicherung. Die Beklagte zu 2 hat auf den materiellen Schaden des Klägers 40.000 Euro an Abschlagszahlungen erbracht sowie teilweise dessen Krankenversicherungsbeiträge übernommen.

4

Der Kläger, der den Beklagten die Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz vorwirft, verlangt weitergehenden materiellen Schadenersatz, wobei er von einem Verdienstausfall für die Jahre 2005 bis 2008 in Höhe von ca. 380.000 Euro ausgeht. Hinzu kämen Aufwendungen in Höhe von 2.700,94 Euro für Heilbehandlungen, Medikamente, Schäden an Fahrrad und Kleidung sowie eine Kostenpauschale. Weiter fordert er ein Schmerzensgeld von 55.000 Euro.

5

Das Landgericht hat nach Einholung eines orthopädischen und eines psychiatrischen Gutachtens ein Grund- und Teilurteil erlassen, in dem es die Alleinhaftung der Beklagten dem Grunde nach ausgesprochen und festgestellt hat, dass die Beklagten verpflichtet sind, die Zukunftsschäden des Klägers zu ersetzen. Die materiellen Schäden hat es im Wege eines Teilurteils mit einem Betrag von 2.700,94 Euro zugesprochen, die Höhe des Verdienstausfallschadens dem Schlussurteil vorbehalten. Weiter hat es dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 Euro zuerkannt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht nach ergänzender Beweiserhebung durch Einholung eines neuen schriftlichen psychiatrischen Gutachtens und dessen schriftlicher Ergänzung die landgerichtliche Entscheidung abgeändert. Es hat die Klage bezüglich des Verdienstausfallschadens nur für die Jahre 2005 und 2006 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 15.000 Euro verurteilt. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen, die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

6

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

7

1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts, dass der Schädiger grundsätzlich auch für eine psychische Fehlverarbeitung als haftungsausfüllende Folgewirkung des Unfallgeschehens einzustehen hat, wenn eine hinreichende Gewissheit besteht, dass diese Folge ohne den Unfall nicht eingetreten wäre. Die Zurechnung solcher Schäden scheitert auch nicht daran, dass der Verletzte infolge körperlicher oder seelischer Dispositionen besonders schadensanfällig ist, weil der Schädiger keinen Anspruch darauf hat, so gestellt zu werden, als habe er einen bis dahin Gesunden verletzt (Senatsurteile vom 11. November 1997 - VI ZR 376/96, BGHZ 137, 142, 145; vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 346). Der Zurechnungszusammenhang ist ausnahmsweise dann zu verneinen, wenn der Geschädigte den Unfall in neurotischem Streben nach Versorgung und Sicherheit lediglich zum Anlass nimmt, um den Schwierigkeiten und Belastungen des Erwerbslebens auszuweichen. Eine Zurechnung kann auch dann ausscheiden, wenn das Schadensereignis ganz geringfügig ist (Bagatelle; vgl. Senatsurteil vom 10. Februar 2015 - VI ZR 8/14, NZV 2015, 281, 282 mwN). Die Haftung kann aus Gründen der Kausalität zudem entfallen oder zeitlich begrenzt sein, wenn der durch den Unfall ausgelöste Schaden auf Grund der Vorschäden auch ohne den Unfall früher oder später eingetreten wäre (Senatsurteil vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 347).

8

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde macht zu Recht geltend, dass der Kläger durch die Zurückweisung seines Antrags auf mündliche Anhörung des Sachverständigen in seinem verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt worden ist. Für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstatteten Gutachtens geboten ist, kommt es nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob ein solcher von einer Partei nachvollziehbar dargetan worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat die Partei zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann (vgl. u.a. Senatsurteile vom 17. Dezember 1996 - VI ZR 50/96, VersR 1997, 509; vom 7. Oktober 1997 - VI ZR 252/96, NJW 1998, 162; vom 22. Mai 2001 - VI ZR 268/00, VersR 2002, 120, 121 f.; Beschluss vom 21. Februar 2017 - VI ZR 314/15, VersR 2017, 1034 Rn. 3). Dieses Antragsrecht besteht unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluss vom 25. September 2007 - VI ZR 157/06, VersR 2007, 1697 mwN).

9

Dieser Pflicht zur Anhörung des Sachverständigen ist der Tatrichter nur ausnahmsweise dann enthoben, wenn der Antrag auf Anhörung verspätet oder rechtsmissbräuchlich gestellt worden ist. Von letzterem kann nicht die Rede sein, wenn die Partei (wie in § 411 Abs. 4 ZPO vorgesehen) konkret vorgetragen hat, worin sie Unklarheiten und Erläuterungsbedarf im Hinblick auf das schriftliche Sachverständigengutachten sieht und in welcher Richtung sie ihr Fragerecht ausüben will (vgl. Senatsurteil vom 7. Oktober 1997 - VI ZR 252/96, NJW 1998, 162). Im vorliegenden Fall war der von dem Kläger gestellte Antrag auf Anhörung des Sachverständigen weder verspätet noch rechtsmissbräuchlich. Nach Vorlage des Gutachtens des Dr. K. vom 12. August 2014 hat das Berufungsgericht auf Einwendungen der Beklagten ein Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dr. K. veranlasst, welches dem Berufungsgericht am 29. April 2015 vorlag und den Parteien ohne Fristsetzung zur Stellungnahme zugeleitet worden ist. Danach hat der Kläger mit Schriftsatz vom 3. Juni 2015 bezogen auf dieses Ergänzungsgutachten Einwendungen vorgetragen und die Anhörung des Sachverständigen beantragt. Das Berufungsgericht hat zur mündlichen Verhandlung am 14. Juli 2015 den Sachverständigen nicht geladen. In einem Schriftsatz vor dem Verkündungstermin hat der Kläger dann nochmals auf die Notwendigkeit einer Erläuterung durch den Sachverständigen hingewiesen. Unter diesen Umständen hätte das Berufungsgericht den Sachverständigen anhören müssen, um dem Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu genügen.

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Die Gehörsverletzung ist auch erheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Anhörung zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre, zumal es sich in den Entscheidungsgründen nicht zu den Widersprüchen zwischen den Ausführungen des Sachverständigen Dr. K. und denen des erstinstanzlichen psychiatrischen Sachverständigen Dr. L. verhalten hat (vgl. dazu nur Senatsbeschluss vom 14. Januar 2014 - VI ZR 340/13, VersR 2014, 632). Äußerungen medizinischer Sachverständiger sind kritisch auf ihre Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit zu prüfen. Das gilt sowohl für Widersprüche zwischen einzelnen Erklärungen desselben Sachverständigen (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 212/03, BGHZ 161, 255, 264; vom 17. September 1985 - VI ZR 12/84, VersR 1985, 1187, 1188; vom 7. April 1992 - VI ZR 216/91, VersR 1992, 747, 748 sowie vom 14. Dezember 1993 - VI ZR 67/93, VersR 1994, 480, 482) als auch für Widersprüche zwischen Äußerungen mehrerer Sachverständiger, selbst wenn es dabei um Privatgutachten geht (vgl. Senatsurteil vom 3. Oktober 1989 - VI ZR 319/88, VersR 1989, 1296, 1297; Senatsbeschluss vom 21. Januar 2009 - VI ZR 170/08, VersR 2009, 499). Der Tatrichter darf den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt (Senatsbeschluss vom 11. März 2014 - VI ZB 22/13, VersR 2014, 895 Rn. 12; BGH, Urteile vom 24. September 2008 - IV ZR 250/06, VersR 2008, 1676 Rn. 11 mwN; vom 22. September 2004 - IV ZR 200/03, VersR 2005, 676, 677 f.; Senatsurteil vom 11. November 2014 - VI ZR 76/13, NJW 2015, 411 Rn. 15).

III.

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Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht nach Anhörung des Sachverständigen Dr. K. und bei der gebotenen Berücksichtigung der Darlegungen der Sachverständigen Dr. K. und Dr. L. zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre, war das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt wurde, und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird bei erneuter Befassung Gelegenheit haben, auch das weitere Vorbringen der Parteien in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen.

Galke     

        

Wellner     

        

von Pentz

        

Oehler      

        

Klein      

        

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1. Für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstatteten Gutachtens geboten ist, kommt es nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob ein solcher von einer Partei nachvollziehbar dargetan worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat die Partei zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann (vgl. u.a. Senat, Urteile vom 17. Dezember 1996 - VI ZR 50/96, VersR 1997, 509; vom 7. Oktober 1997 - VI ZR 252/96, VersR 1998, 342, 343; vom 22. Mai 2001 - VI ZR 268/00, VersR 2002, 120, 121 f.; Beschluss vom 21. Februar 2017 - VI ZR 314/15, juris Rn. 3). Dieses Antragsrecht besteht unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluss vom 25. September 2007 - VI ZR 157/06, VersR 2007, 1697 Rn. 3 mwN). Hat das Erstgericht einem rechtzeitig gestellten Antrag auf Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens nicht entsprochen, so muss das Berufungsgericht dem im zweiten Rechtszug wiederholten Antrag stattgeben (Senat, Urteil vom 24. Oktober 1995 - VI ZR 13/95, VersR 1996, 211; Beschluss vom 10. Mai 2005 - VI ZR 245/04, VersR 2005, 1555).
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a) Für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstatteten Gutachtens geboten ist, kommt es nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob ein solcher von einer Partei nachvollziehbar dargetan worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats hat die Partei zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann (vgl. u.a. Senatsurteile vom 17. Dezember 1996 - VI ZR 50/96 - VersR 1997, 509; vom 7. Oktober 1997 - VI ZR 252/96 - VersR 1998, 342, 343 und vom 22. Mai 2001 - VI ZR 268/00 - VersR 2002, 120, 121 f.). Dieses Antragsrecht besteht unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 10. Mai 2005 - VI ZR 245/04 - VersR 2005, 1555 m.w.N.). Es kann dabei von der Partei, die einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen stellt, nicht verlangt werden, dass sie die Fragen, die sie an den Sachverständigen zu richten beabsichtigt, im Voraus konkret formuliert. Es genügt, wenn sie allgemein angibt , in welcher Richtung sie durch entscheidungserhebliche Fragen eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünscht (BGHZ 24, 9, 14 f.).

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.