Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Sept. 2003 - VI ZB 34/03

bei uns veröffentlicht am23.09.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 34/03
vom
23. September 2003
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. September 2003 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des 27. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin vom 8. Mai 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 211,29

Gründe:

I.

Die Klägerin hat die Beklagte vor dem Landgericht auf Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall in Anspruch genommen. Das Landgericht hat das schriftliche Vorverfahren angeordnet und die Klägerin darauf hingewiesen, daß es die Klage für unschlüssig halte. Die Beklagte hat sich nicht gemeldet. Das Landgericht hat die Klage ohne Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen mit einem als "Versäumnisurteil" bezeichneten Urteil vom 8. Oktober 2001 abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin haben sich die Parteien vor dem Kammergericht nach Beweisaufnahme verglichen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien nach diesem Vergleich je zur Hälfte.
Nach Beendigung des Rechtsstreits hat die Klägerin beantragt, im Rahmen der Kostenausgleichung für die erste Instanz eine 10/10 Verhandlungsgebühr ihres Prozeßbevollmächtigten anzusetzen. Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 10. März 2003 lediglich eine 5/10 Verhandlungsgebühr nach § 33 Abs. 2 BRAGO zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt, weil ein Versäumnisurteil ergangen sei (nichtstreitige Verhandlung ). Gegen den ihren Prozeßbevollmächtigten am 25. März 2003 zugestellten Beschluß hat die Klägerin am 2. April 2003 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie den Ansatz einer 10/10 Verhandlungsgebühr weiterverfolgt hat. Das Kammergericht Berlin hat mit dem angefochtenen Beschluß die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im wesentlichen ausgeführt, nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BRAGO sei für eine nichtstreitige Verhandlung nur eine halbe Verhandlungsgebühr vorgesehen. Daß auf die nichtstreitige Verhandlung eine Sachentscheidung ergangen sei, sei unerheblich. Die Sachentscheidung sei gemäß § 331 Abs. 2 Halbs. 2, Abs. 3 ZPO ergangen, weil das Vorbringen der Klägerin ihren Antrag nicht gerechtfertigt habe. Ein Sachantrag der Beklagten sei insoweit nicht erforderlich gewesen. Die in § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 BRAGO genannten Ausnahmen seien abschließend und nicht analogiefähig; die Voraussetzungen dieser Ausnahmen seien nicht gegeben.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 574 Abs. 1 Nr. 2, 575 ZPO). Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die sofortige Beschwerde war zulässig (§§ 567 Abs. 2, 569 Abs. 1, 104 Abs. 3 ZPO), aber unbegründet.
Zur Kostenausgleichung kann die Klägerin keine volle Verhandlungsgebühr ihres erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten in Ansatz bringen, denn diesem steht eine Verhandlungsgebühr in dieser Höhe nicht zu. 1. Nach der gesetzlichen Regelung der §§ 31 Abs. 1 Nr. 2, 33 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BRAGO erhält der Anwalt für eine streitige Verhandlung eine volle (10/10), für eine nichtstreitige Verhandlung eine halbe (5/10), in der Berufung und Revision ausnahmsweise (§ 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BRAGO) eine volle (10/10) Verhandlungsgebühr. "Verhandeln" ist nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur eine Tätigkeit der Parteien, bei der sie vor dem Richter den Rechtsstreit mündlich vom entgegengesetzten Standpunkt aus erörtern und jede Partei diejenigen tatsächlichen Umstände, rechtlichen Ausführungen und Anträge vorbringt, durch die sie eine ihren Absichten entsprechende Entscheidung herbeiführen möchte (vgl. OLG Frankfurt MDR 1984, 63; von Eicken in: Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 15. Aufl., § 31 Rdn. 54). Dem "Verhandeln" gleichgestellt ist der Austausch von Schriftsätzen mit entgegengesetzten Standpunkten und Anträgen im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 ZPO oder im schriftlichen Vorverfahren gemäß §§ 272 Abs. 2, 276 ZPO (vgl. § 35 BRAGO; Göttlich /Mümmler/Rehberg/Xanke, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 20. Aufl., "Verhandlungsgebühr" Ziff. 9). Hiernach ist für die Entstehung einer Verhandlungsgebühr Voraussetzung, daß die (Sach-) Anträge beiderseits gestellt werden (§ 137 Abs. 1 ZPO). Soweit nur eine Partei einen Sachantrag stellt, ist keine streitige Verhandlung gegeben und die volle Verhandlungsgebühr nicht angefallen. In diesen Fällen ist aber - von den Ausnahmefällen des § 33 Abs. 1 Satz 2 BRAGO abgesehen - eine halbe Verhandlungsgebühr entstanden , wenn die Parteien nicht widersprechende Erklärungen abgeben wie etwa beim Anerkenntnis des Klageanspruchs (§ 307 Abs. 1 ZPO, § 33 Abs. 1 Satz 1 BRAGO). Erscheinen beide Parteien, stellt aber nur die eine ihren An-
trag, die andere jedoch keinen oder keinen widersprechenden Antrag, ist keine streitige Verhandlung möglich; sofern es hier überhaupt zu einer "Verhandlung" der Parteien kommt, ist diese "nichtstreitig" und kann nur eine halbe Verhandlungsgebühr veranlassen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Erscheint dagegen nur eine Partei und stellt auch nur diese einen Sachantrag, fehlt es an einer "Verhandlung" der Parteien. In diesem Falle verdient der Anwalt jedoch die halbe Verhandlungsgebühr , wenn er den Erlaß des Versäumnisurteils gegen die andere Partei beantragt (§ 33 Abs. 2 BRAGO). 2. Nach diesen Grundsätzen haben die Voraussetzungen für eine volle Verhandlungsgebühr im ersten Rechtszug nicht vorgelegen. Eine "Verhandlung" zwischen den Parteien hat nicht stattgefunden. Auch ein schriftliches Verfahren mit widersprechenden Schriftsätzen, das einer streitigen Verhandlung gleichzustellen wäre, war nicht gegeben, denn die Beklagte hatte sich im ersten Rechtszug nicht gemeldet und ihre Verteidigungsbereitschaft weder angekündigt noch betätigt.
a) Entgegen den Ausführungen der Rechtsbeschwerde kommt es nicht darauf an, daß das Landgericht eine Sachentscheidung getroffen hat, als es die Klage mit einem als Versäumnisurteil bezeichneten Urteil abgewiesen hat. Dabei handelte es sich entgegen der Bezeichnung inhaltlich um ein Urteil, das nicht darauf beruhte, daß die Beklagte ihre Verteidigungsbereitschaft nicht angekündigt hatte (vgl. § 331 Abs. 3 ZPO); es war vielmehr entgegen seiner Bezeichnung ein sog. "unechtes Versäumnisurteil" (vgl. Zöller/Herget, ZPO 23. Aufl., § 331 Rdn. 15), das nur mit der Berufung, nicht mit dem Einspruch angreifbar war. Die Gebührentatbestände der §§ 31 Abs. 1 Nr. 2, 33 Abs. 1 Satz 1 BRAGO stellen jedoch nicht auf die Bezeichnung der Entscheidung und - entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde - auch nicht auf den Inhalt der Entscheidung ab.
Die Verhandlungsgebühr soll das von dem allgemeinen Prozeßbetrieb sich abhebende besondere Tätigwerden des Anwalts in der mündlichen Verhandlung abgelten (vgl. Riedel/Sußbauer-Keller, 8. Aufl., § 31 Rdn. 43). Ohne mündliche Verhandlung oder eine gleichgestellte Tätigkeit im schriftlichen Verfahren , die hier nicht vorlagen, ist ein Grund für den Ansatz einer vollen Gebühr jedoch nicht vorhanden.
b) Die Rechtsbeschwerde kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß der Anwalt im Berufungs- oder Revisionsverfahren für den Antrag auf Erlaß eines Versäumnisurteils nach § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BRAGO eine volle Verhandlungsgebühr erhalte, weil auf diesen Antrag eine Entscheidung in der Sache ergehen müsse. Das ist zwar bei Abweisung der Klage als unschlüssig auch im ersten Rechtszug Folge des § 331 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO. Der Gesetzgeber hat das jedoch nicht zum Anlaß einer Ergänzung oder Änderung des § 33 Abs. 1 BRAGO genommen. Die gesetzliche Regelung, nach welcher der Anwalt auch bei nichtstreitiger Verhandlung nicht nur eine halbe, sondern ausnahmsweise eine volle Verhandlungsgebühr erhält (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BRAGO), ist als enumerative Aufzählung abschließend und als Ausnahmeregelung einer Analogie nicht zugänglich.
c) Auch eine Fiktion der klagebegründenden Tatsachen (§ 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO), aus der die Rechtsbeschwerde eine Fiktion des Gegenantrags der Beklagten für den ersten Rechtszug entnehmen möchte, kommt offensichtlich nicht in Betracht. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, den die Rechtsbeschwerde beanstandet , ist nicht ersichtlich. Im ersten Rechtszug wird lediglich die Klage auf ihre Schlüssigkeit geprüft. Im Rechtsmittelverfahren wird dagegen die Schlüssigkeit des Rechtsmittels untersucht, gleichgültig welche Parteistellung der
Rechtsmittelkläger im ersten Rechtszug hatte (vgl. § 539 Abs. 2 Satz 2, 555 Abs. 1 ZPO). Ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten beruht dann regelmässig - abweichend von § 331 Abs. 2 ZPO - nicht auf der Säumnis, sondern berücksichtigt den gesamten nach §§ 559, 529 ZPO maßgeblichen Sach- und Streitstand (vgl. BGHZ 37, 79, 81 ff.) und die vom Rechtsmittelkläger rechtzeitig schriftlich vorgetragenen neuen Tatsachen, soweit sie berücksichtigungsfähig sind (vgl. MünchKommZPO/Aktualisierungsband-Wenzel, § 555 Rdn. 16). 3. Nach allem ist die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde


(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 128 Grundsatz der Mündlichkeit; schriftliches Verfahren


(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V

Zivilprozessordnung - ZPO | § 307 Anerkenntnis


Erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch ganz oder zum Teil an, so ist sie dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen. Einer mündlichen Verhandlung bedarf es insoweit nicht.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 331 Versäumnisurteil gegen den Beklagten


(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständ

Zivilprozessordnung - ZPO | § 33 Besonderer Gerichtsstand der Widerklage


(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht. (2) Dies gilt nicht, wenn f

Zivilprozessordnung - ZPO | § 137 Gang der mündlichen Verhandlung


(1) Die mündliche Verhandlung wird dadurch eingeleitet, dass die Parteien ihre Anträge stellen. (2) Die Vorträge der Parteien sind in freier Rede zu halten; sie haben das Streitverhältnis in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung zu umfassen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 539 Versäumnisverfahren


(1) Erscheint der Berufungskläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so ist seine Berufung auf Antrag durch Versäumnisurteil zurückzuweisen. (2) Erscheint der Berufungsbeklagte nicht und beantragt der Berufungskläger gegen ihn das Versäu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 272 Bestimmung der Verfahrensweise


(1) Der Rechtsstreit ist in der Regel in einem umfassend vorbereiteten Termin zur mündlichen Verhandlung (Haupttermin) zu erledigen. (2) Der Vorsitzende bestimmt entweder einen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung (§ 275) oder veranlas

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Der Rechtsstreit ist in der Regel in einem umfassend vorbereiteten Termin zur mündlichen Verhandlung (Haupttermin) zu erledigen.

(2) Der Vorsitzende bestimmt entweder einen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung (§ 275) oder veranlasst ein schriftliches Vorverfahren (§ 276).

(3) Die Güteverhandlung und die mündliche Verhandlung sollen so früh wie möglich stattfinden.

(4) Räumungssachen sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen.

(1) Die mündliche Verhandlung wird dadurch eingeleitet, dass die Parteien ihre Anträge stellen.

(2) Die Vorträge der Parteien sind in freier Rede zu halten; sie haben das Streitverhältnis in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung zu umfassen.

(3) Eine Bezugnahme auf Dokumente ist zulässig, soweit keine der Parteien widerspricht und das Gericht sie für angemessen hält. Die Vorlesung von Dokumenten findet nur insoweit statt, als es auf ihren wörtlichen Inhalt ankommt.

(4) In Anwaltsprozessen ist neben dem Anwalt auch der Partei selbst auf Antrag das Wort zu gestatten.

Erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch ganz oder zum Teil an, so ist sie dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen. Einer mündlichen Verhandlung bedarf es insoweit nicht.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständigkeit des Gerichts nach § 29 Abs. 2, § 38.

(2) Soweit es den Klageantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall, ist die Klage abzuweisen.

(3) Hat der Beklagte entgegen § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 nicht rechtzeitig angezeigt, dass er sich gegen die Klage verteidigen wolle, so trifft auf Antrag des Klägers das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung; dies gilt nicht, wenn die Erklärung des Beklagten noch eingeht, bevor das von den Richtern unterschriebene Urteil der Geschäftsstelle übermittelt ist. Der Antrag kann schon in der Klageschrift gestellt werden. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist auch insoweit zulässig, als das Vorbringen des Klägers den Klageantrag in einer Nebenforderung nicht rechtfertigt, sofern der Kläger vor der Entscheidung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Erscheint der Berufungskläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so ist seine Berufung auf Antrag durch Versäumnisurteil zurückzuweisen.

(2) Erscheint der Berufungsbeklagte nicht und beantragt der Berufungskläger gegen ihn das Versäumnisurteil, so ist das zulässige tatsächliche Vorbringen des Berufungsklägers als zugestanden anzunehmen. Soweit es den Berufungsantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall ist, ist die Berufung zurückzuweisen.

(3) Im Übrigen gelten die Vorschriften über das Versäumnisverfahren im ersten Rechtszug sinngemäß.

(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständigkeit des Gerichts nach § 29 Abs. 2, § 38.

(2) Soweit es den Klageantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall, ist die Klage abzuweisen.

(3) Hat der Beklagte entgegen § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 nicht rechtzeitig angezeigt, dass er sich gegen die Klage verteidigen wolle, so trifft auf Antrag des Klägers das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung; dies gilt nicht, wenn die Erklärung des Beklagten noch eingeht, bevor das von den Richtern unterschriebene Urteil der Geschäftsstelle übermittelt ist. Der Antrag kann schon in der Klageschrift gestellt werden. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist auch insoweit zulässig, als das Vorbringen des Klägers den Klageantrag in einer Nebenforderung nicht rechtfertigt, sofern der Kläger vor der Entscheidung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)