Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Dez. 2012 - VI ZB 2/12

bei uns veröffentlicht am04.12.2012
vorgehend
Landgericht Oldenburg (Oldenburg), 5 O 3480/08, 21.12.2009
Oberlandesgericht Oldenburg, 13 U 4/10, 13.12.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 2/12
vom
4. Dezember 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat ein Pressevertreter als Zeuge in Kenntnis seines Zeugnisverweigerungsrechts in
einem Rechtsstreit in öffentlicher Sitzung umfassend zur Person eines Informanten
und zu den mit diesem geführten Gesprächen ausgesagt, ohne sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht
gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu berufen, darf er regelmäßig
in einem nachfolgenden Zivilrechtsstreit die Zeugenaussage zu den gleichen Beweisfragen
nicht unter Berufung auf ein solches Zeugnisverweigerungsrecht verweigern.
BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2012 - VI ZB 2/12 - OLG Oldenburg
LG Oldenburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Dezember 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Zoll, die Richterin Diederichsen, den
Richter Pauge und die Richterin von Pentz

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 4 und 5 gegen das Zwischenurteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 13. Dezember 2011 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden wie folgt verteilt: Die weiteren Beteiligten zu 4 und 5 tragen die jeweils auf sie entfallenden Gerichtskosten sowie jeweils 1/5 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin; ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen sie selbst. Die Klägerin trägt hinsichtlich der zurückgenommenen Rechtsbeschwerde gegen die weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 die auf sie entfallenden Gerichtskosten sowie 3/5 ihrer außergerichtlichen Kosten ; die außergerichtlichen Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 trägt sie in vollem Umfang. Streitwert: 50.000 € (je 10.000 € hinsichtlich jedes Streitverhältnisses zwischen der Klägerin und jedem weiteren Beteiligten)

Gründe:

I.

1
Im vorliegenden Rechtsstreit wenden sich die weiteren Beteiligten zu 4 und zu 5, ein Journalist und ein TV-Redakteur, unter Berufung auf § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO dagegen, als Zeugen vernommen zu werden.
2
Die Klägerin produziert und vermarktet Geflügelprodukte. 2007 geriet sie in den Verdacht, nicht einwandfreies Fleisch verarbeitet zu haben. Dem vorausgegangen waren betriebsbedingte Kündigungen von etwa 230 Mitarbeitern. Diese waren zum Teil in der Gewerkschaft NGG, der Beklagten zu 2, organisiert. Der Beklagte zu 1 ist der Geschäftsführer der Gewerkschaft in O.. Einige der gekündigten Mitarbeiter erhoben Kündigungsschutzklagen, an denen auch die Gewerkschaft beteiligt wurde. Nachdem der beschriebene Verdacht in diesem Zusammenhang dem Beklagten zu 1 zu Ohren gekommen war, veranlasste dieser die weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 (im Folgenden: Beteiligte zu 1 bis 3) dazu, insoweit eidesstattliche Versicherungen abzugeben. Dieser Sachverhalt wurde durch Berichte in Sendungen des NDR öffentlich bekannt, nachdem die weiteren Beteiligten zu 4 und zu 5 (im Folgenden: Beteiligte zu 4 und 5) mit den Beteiligten zu 1 bis 3 wegen des Verdachts Rücksprache gehalten hatten. Ein auf Anzeige des Beklagten zu 1 eingeleitetes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen die Klägerin wurde im Juni 2008 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Der Beklagte zu 1 wurde im Januar 2009 wegen übler Nachrede erstinstanzlich zu einer Geldstrafe verurteilt, im Januar 2011 aber vom Oberlandesgericht O. freigesprochen.
3
Die Klägerin macht geltend, aufgrund der Ereignisse Verluste in Millionenhöhe erlitten zu haben. Ihre Schadensersatzklage gegen den NDR wurde im Juli 2011 vom Landgericht H. erstinstanzlich abgewiesen. In jenem Rechts- streit hat das Landgericht u.a. die Beteiligten zu 4 und 5 ausführlich zu ihren Kontakten mit den Beteiligten zu 1 bis 3 und den dabei gewonnenen Erkenntnissen als Zeugen vernommen. Es hat seine Entscheidung u.a. auf die Aussagen dieser Zeugen gestützt.
4
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Gewerkschaft NGG, die Beklagte zu 2, und deren Geschäftsführer in O., den Beklagten zu 1, auf Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht hat die gegen den Beklagten zu 1 gerichtete Klage abgewiesen, die Klage gegen die Beklagte zu 2 hat es hinsichtlich einiger Klageanträge dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Dagegen haben die Klägerin und die Beklagte zu 2 Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat am 28. Juni 2011 einen Beweisbeschluss erlassen. Danach soll Beweis erhoben werden über das Zustandekommen der eidesstattlichen Versicherungen der Beteiligten zu 1 bis 3 und über den Inhalt etwaiger zwischen den genannten Beteiligten und den Beteiligten zu 4 und 5 anschließend geführter Gespräche durch deren Vernehmung als Zeugen.
5
Sämtliche genannten Beteiligten haben das Zeugnis verweigert, die Beteiligten zu 1 bis 3 unter Berufung auf § 384 Nr. 2 ZPO, die Beteiligten zu 4 und 5 unter Berufung auf § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Das Berufungsgericht hat durch Zwischenurteil die Zeugnisverweigerung der Beteiligten zu 1 bis 3 für berechtigt , die der Beteiligten zu 4 und 5 für unberechtigt erklärt. Dagegen haben die Klägerin und die Beteiligten zu 4 und zu 5 die vom Berufungsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Die Klägerin hat ihre Rechtsbeschwerde inzwischen zurückgenommen.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 4 und zu 5 ist statthaft, weil ein Zwischenurteil über die Rechtmäßigkeit der Zeugnisverweigerung grundsätzlich anfechtbar ist (vgl. § 387 Abs. 3 ZPO) und das Berufungsgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat (vgl. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO; BGH, Beschluss vom 8. April 2008 - VIII ZB 20/06, WM 2008, 1808, 1809). Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2ZPO). Die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.
7
In der Sache hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg.
8
1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, die Zeugnisverweigerung der Beteiligten zu 4 und zu 5 für unberechtigt zu erklären, wie folgt begründet :
9
Diese Zeugen könnten sich nicht mit Erfolg auf ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO berufen. Nach dieser Vorschrift seien zwar Personen, die in einem Rundfunksender arbeiteten, grundsätzlich berechtigt , Angaben zu ihren Informanten (den Beteiligten zu 1 bis 3) und dem Inhalt der von diesen Personen erlangten Auskünfte zu verweigern. Eine Ausnahme vom Grundsatz der Zeugnisverweigerung bezüglich des Namens eines Informanten und des Inhalts des mit diesem geführten Gesprächs bestehe jedoch dann, wenn der Pressemitarbeiter den Informanten bereits öffentlich bekannt gegeben und über den Inhalt der mit diesem geführten Gespräche berichtet habe. Denn der Zweck des Zeugnisverweigerungsrechts liege im Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen den Medien und den privaten Informanten und - mittelbar - in der Gewährleistung einer institutionellen eigenständigen und funktionsfähigen Presse. Das Zeugnisverweigerungsrecht diene jedoch nicht dazu, Journalisten grundsätzlich von der Mitwirkung an der gerichtlichen Aufklä- rung von Rechtsverletzungen freizustellen. Diese Grundsätze gälten auch im Streitfall. Denn die Beteiligten zu 4 und 5 hätten zum Inhalt der Gespräche mit den Beteiligten zu 1 bis 3 vor dem Landgericht H. in öffentlicher Sitzung umfassend ausgesagt. Auch in einem solchen Fall sei nach Auffassung des Senats der Schutzbereich des § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht berührt.
10
2. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
11
a) Die Pressefreiheit findet ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen (Art. 5 Abs. 2 GG). Dazu gehören auch die Prozessgesetze. Im Interesse der Pressefreiheit einerseits und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege andererseits enthält § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO für Presseangehörige eine Ausnahme von der allgemeinen Zeugnispflicht. Dies ist kein persönliches Privileg der Presseangehörigen. Der Zweck der Privilegierung liegt vielmehr unmittelbar in dem Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen der Presse und den privaten Informanten und mittelbar in der Gewährleistung einer institutionell eigenständigen und funktionsfähigen Presse. Die Privilegierung dient insbesondere nicht dazu, Journalisten grundsätzlich von der Mitwirkung an der gerichtlichen Aufklärung von Rechtsverletzungen freizustellen. Dementsprechend ist das Vertrauensverhältnis zwischen Presse und Informanten nur im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO geschützt, nicht aber ein umfassendes Recht zur Geheimhaltung von Tatsachen eingeräumt worden, die zur Rechtsverfolgung der von einer Presseveröffentlichung nachteilig betroffenen Personen erheblich sind (BVerfG, NJW 2002, 592 f. unter Hinweis auf BVerfGE 20, 162, 176; 36, 193, 204; 64, 108, 114 f.; 95, 28, 36).
12
b) Mit Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass das Zeugnisverweigerungsrecht des § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO regelmäßig nicht auf einen Pressevertreter anzuwenden ist, der seine Beziehung zu bestimmten Informanten, über die er als Zeuge bekunden soll, namentlich und inhaltlich bereits offengelegt hat, sofern das Vertrauensverhältnis zu dem Informanten durch die Zeugenaussage nicht weiter als bereits geschehen beeinträchtigt wird. Dies ist entgegen der mit der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung nicht nur dann der Fall, wenn ein Pressevertreter sich selbst als Autor eines Artikels bezeichnet hat, in dem ein Gewährsmann namentlich und mit wörtlichen Zitaten benannt wird (so in dem Fall BVerfG, aaO).
13
Auch wenn ein Pressevertreter - ohne sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht (mit Erfolg) berufen zu haben - in einem Rechtsstreit in öffentlicher Sitzung umfangreich zur Person eines Informanten und zu den mit diesem geführten Gesprächen bekundet hat, ist das Vertrauensverhältnis zu dem Informanten offengelegt. Der Zweck des § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, das Vertrauensverhältnis zwischen Presse und Rundfunk und ihren Informanten zu schützen, so dass sie ihre Kontrollfunktion unter Einschaltung verlässlicher Informanten unter Wahrung des Redaktionsgeheimnisses wahrnehmen können, ist in diesem Fall nicht mehr zu erreichen.
14
c) Dem kann die Rechtsbeschwerde nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Zeugenaussage in einem Gerichtsverfahren habe eine geringere Öffentlichkeitswirkung als etwa eine Presseveröffentlichung. Jedenfalls bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden ist dies kein überzeugender Gesichtspunkt. Denn hier geht es wiederum allein um die Aussage in einer mündlichen Verhandlung, so dass eine weitere Offenlegung des Verhältnisses zu den Informanten nicht zu besorgen ist.
15
d) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die Aussagen der Beteiligten zu 4 und 5 vor dem Landgericht H. hätten dazu gedient, die Behauptungen der Klägerin hinsichtlich einer Schadensersatzpflicht des NDR - Arbeitgeber der Beschwerdeführer - zu widerlegen; eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Beschwerdeführern und den Informanten sei hiermit nicht verbunden gewesen. Dagegen fordere das Berufungsgericht nun von den Beteiligten zu 4 und 5 die gezielte Preisgabe der Informationen ihrer Informanten.
16
Dem ist entgegenzuhalten, dass eben diese Informationen bereits bei den ersten Zeugenaussagen der Beteiligten zu 4 und 5 preisgegeben wurden. § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO statuiert kein Zeugnisverweigerungsrecht von Pressemitarbeitern , das je nach dem intendierten Zweck der Zeugenaussage frei ausgeübt werden kann. Ist der Zweck der Vorschrift nicht mehr erreichbar, weil die Beziehung zu den Informanten namentlich und inhaltlich bereits offengelegt wurde, ist die Berufung auf das Zeugnisverweigerungsrecht unzulässig.
17
e) Bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden ist der Zweck des § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO im Übrigen aus einem weiteren Grund nicht zu erreichen. Die Aussagen der Beteiligten zu 4 und 5 vor dem Landgericht H. könnten gegebenenfalls im vorliegenden Rechtsstreit im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden. Die Zeugnisverweigerung eines Zeugen im Zivilprozess schließt - anders als im Strafprozess, § 252 StPO - die Verwertung von Niederschriften früherer in Kenntnis des Zeugnisverweigerungsrechts getätigter Aussagen nicht aus (vgl. OLG Köln, VersR 1993, 335 f.; BeckOK ZPO/Scheuch, Stand: Oktober 2012, § 383 Rn. 17; MünchKomm-ZPO/Damrau, 4. Aufl., § 383 Rn. 43; Zöller /Greger, ZPO, 29. Aufl., § 373 Rn. 9 und § 383 Rn. 6). Für ein Verwertungsverbot (vgl. dazu Senatsurteile vom 12. Februar 1985 - VI ZR 202/83, VersR 1985, 573; vom 10. Dezember 2002 - VI ZR 378/01, BGHZ 153, 165) ist hier nichts ersichtlich. Kommt es zur Verwertung der früheren Aussagen im Wege des Urkundenbeweises, ist das Vertrauensverhältnis zwischen den Beteiligten zu 4 und 5 und den Beteiligten zu 1 bis 3 in gleicher Weise offengelegt, wie es bei der vom Berufungsgericht beabsichtigten Zeugenvernehmung der Fall sein wird. Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 21.12.2009 - 5 O 3480/08 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 13.12.2011 - 13 U 4/10 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Zivilprozessordnung - ZPO | § 383 Zeugnisverweigerung aus persönlichen Gründen


(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:1.der Verlobte einer Partei;2.der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;2a.der Lebenspartner einer Partei, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;3.diejenigen, di

Strafprozeßordnung - StPO | § 252 Verbot der Protokollverlesung nach Zeugnisverweigerung


Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 384 Zeugnisverweigerung aus sachlichen Gründen


Das Zeugnis kann verweigert werden:1.über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einer Person, zu der er in einem der im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Verhältnisse steht, einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde;2.über

Zivilprozessordnung - ZPO | § 387 Zwischenstreit über Zeugnisverweigerung


(1) Über die Rechtmäßigkeit der Weigerung wird von dem Prozessgericht nach Anhörung der Parteien entschieden. (2) Der Zeuge ist nicht verpflichtet, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen. (3) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Bes

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(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:

1.
der Verlobte einer Partei;
2.
der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner einer Partei, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
diejenigen, die mit einer Partei in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren;
4.
Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei der Ausübung der Seelsorge anvertraut ist;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt;
6.
Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.

(2) Die unter Nummern 1 bis 3 bezeichneten Personen sind vor der Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren.

(3) Die Vernehmung der unter Nummern 4 bis 6 bezeichneten Personen ist, auch wenn das Zeugnis nicht verweigert wird, auf Tatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, dass ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Das Zeugnis kann verweigert werden:

1.
über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einer Person, zu der er in einem der im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Verhältnisse steht, einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde;
2.
über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einem seiner im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Angehörigen zur Unehre gereichen oder die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden;
3.
über Fragen, die der Zeuge nicht würde beantworten können, ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu offenbaren.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:

1.
der Verlobte einer Partei;
2.
der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner einer Partei, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
diejenigen, die mit einer Partei in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren;
4.
Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei der Ausübung der Seelsorge anvertraut ist;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt;
6.
Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.

(2) Die unter Nummern 1 bis 3 bezeichneten Personen sind vor der Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren.

(3) Die Vernehmung der unter Nummern 4 bis 6 bezeichneten Personen ist, auch wenn das Zeugnis nicht verweigert wird, auf Tatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, dass ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann.

(1) Über die Rechtmäßigkeit der Weigerung wird von dem Prozessgericht nach Anhörung der Parteien entschieden.

(2) Der Zeuge ist nicht verpflichtet, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen.

(3) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 20/06
vom
8. April 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Zeuge, der in zweiter Instanz erneut vernommen wird, nachdem er bereits
in erster Instanz zur Sache ausgesagt hat, darf das Zeugnis verweigern über
Fragen, deren Beantwortung ihn der Gefahr einer Strafverfolgung nach § 153
StGB wegen seiner erstinstanzlichen Aussage aussetzen würde.
BGH, Beschluss vom 8. April 2008 - VIII ZB 20/06 - OLG Hamm
LG Münster
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. April 2008 durch den Vorsitzenden
Richter Ball, die Richter Wiechers und Dr. Wolst sowie die Richterinnen
Hermanns und Dr. Milger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen das Zwischenurteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Auslagen des beteiligten Zeugen zu tragen. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Handelsvertreterausgleich nach § 89b HGB in Höhe von 451.135,18 €. Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien wurde durch ordentliche Kündigung zum 31. Dezember 2001 beendet. Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin den Ausgleichsanspruch innerhalb der Jahresfrist des § 89b Abs. 4 HGB geltend gemacht hat. Die Klägerin behauptet, den Anspruch durch Schreiben vom 12. November 2002 bei der Beklagten angemeldet zu haben. Der von ihr benannte Zeuge Sch. habe das Schreiben am 13. November 2002 am Empfang im Gebäude der Beklagten in M. abgegeben.
2
Bei seiner Vernehmung durch das Landgericht im Termin vom 26. April 2004 hat der Zeuge bekundet, das Schreiben bei der Beklagten abgegeben zu haben. Nachdem weitere Zeugen vernommen worden waren und die Beklagte die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Sch. in Zweifel gezogen hatte, hat dieser im Termin vom 18. November 2004 vor dem Landgericht erneut zur Sache ausgesagt. Das Landgericht hat sodann die Klage abgewiesen mit der Begründung, im Rahmen einer Gesamtschau aller Umstände verblieben für die Kammer begründete Zweifel, ob das Vorbringen der - insoweit beweisbelasteten - Klägerin zur Übergabe des Schreibens zutreffe.
3
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihren Ausgleichsanspruch weiterverfolgt und insbesondere die Beweiswürdigung des Landgerichts beanstandet. Das Berufungsgericht hat zum Termin für die mündliche Verhandlung am 24. November 2005 den Zeugen Sch. zum Beweisthema "Schreiben der Klägerin vom 12.11.2002" geladen. Zwischenzeitlich hatte die Beklagte sich wegen einer behaupteten Falschaussage des Zeugen Sch. an die Staatsanwaltschaft M. gewandt und mit Schreiben vom 18. August 2005, welches sie auch dem Zeugen Sch. zur Kenntnisnahme zugeleitet hatte, angeregt, dass ein Vertreter der Ermittlungsbehörde an dem Termin teilnehme. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat der Zeuge Sch. nach seiner Vernehmung zur Person erklärt: "Es läuft wegen der erstinstanzlichen Aussage ein Ermittlungsverfahren gegen mich. Die Frage, ob ich das Anmeldeschreiben vom 11.12.2002 abgegeben habe, möchte ich jetzt nicht mehr beantworten." Eine Vernehmung des Zeugen zur Sache ist daraufhin unterblieben.
4
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Zeuge Sch. dürfe seine Aussage nicht verweigern, zumindest müsse er einzelne Fragen beantworten. Sie hat beantragt, über das Auskunftsverweigerungsrecht des Zeugen Sch. durch Zwischenurteil zu entscheiden. Das Berufungsgericht hat daraufhin durch Zwischenurteil festgestellt, dass die Zeugnisverweigerung des Zeugen Sch. rechtmäßig sei. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

5
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 387 Abs. 3 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
6
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
7
Dem Zeugen Sch. stehe gemäß § 384 Nr. 2 ZPO ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Die Voraussetzungen der Vorschrift, nach der das Zeugnis unter anderem verweigert werden dürfe über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat verfolgt zu werden, lägen vor. Wäre die erstinstanzliche Aussage des Zeugen, wonach er das Schreiben vom 12. November 2002 bei der Beklagten abgegeben habe, falsch und würde er diese Aussage bei seiner Vernehmung in zweiter Instanz richtig stellen, würde sich der Zeuge Sch. der Gefahr aussetzen, wegen der falschen uneidlichen Aussage (§ 153 StGB) in erster Instanz verfolgt zu werden.
8
Allerdings werde für diese Situation auch die Auffassung vertreten, dass kein Zeugnisverweigerungsrecht bestehe, weil der Zeuge das mit jeder Zeu- genaussage verbundene Risiko der Strafverfolgung wegen eines Aussagedelikts zumutbar durch Erfüllung seiner Wahrheitspflicht abwenden könne. Seinem Schutzbedürfnis trage die Regelung des § 158 StGB hinreichend Rechnung. Diese Auffassung teile der Senat jedoch nicht. § 158 StGB gewähre dem erstinstanzlich vernommenen Zeugen bei einer erneuten Vernehmung in zweiter Instanz regelmäßig keinen Schutz. Zwar könne das Gericht nach § 158 Abs. 1 StGB bei rechtzeitiger Berichtigung einer Falschaussage die Strafe wegen eines Aussagedelikts nach seinem Ermessen mildern oder von Strafe absehen. Die Berichtigung der Aussage sei jedoch gemäß § 158 Abs. 2 StGB verspätet, wenn sie bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden könne. Das sei hinsichtlich des erstinstanzlichen Urteils der Fall, wenn ein erstinstanzlich vernommener Zeuge in zweiter Instanz erneut vernommen werde.
9
Angesichts dieser Rechtslage halte es der Senat zur Bejahung einer Gefahr , wegen einer Straftat verfolgt zu werden, für ausreichend, dass der Zeuge sich erst durch die Aussage selbst in die Gefahr der Verfolgung bringen könnte, indem er bei einer Abweichung von seiner früheren Aussage mit einer Verfolgung wegen eines früheren Aussagedelikts zu rechnen hätte. Nur diese Auffassung garantiere das Recht des Zeugen, sich selbst nicht belasten zu müssen. Da es sich um ein fundamentales Recht von grundsätzlicher Bedeutung handele , erscheine das Interesse der Prozessparteien an der Zeugenaussage und die von der Klägerin aufgezeigte Gefahr, dass missliebige Zeugen aufgrund einer Anzeige einer Partei wegen eines Aussagedelikts faktisch ausgeschaltet werden könnten, nicht geeignet, ein anderes Ergebnis zu begründen.
10
Das Zeugnisverweigerungsrecht des Zeugen Sch. sei auch umfassend. Zwar gestatte § 384 Nr. 2 ZPO dem Zeugen grundsätzlich nur, solche Fragen nicht zu beantworten, die ihn in die beschriebene Konfliktlage bringen können. Dies könne allerdings im Einzelfall dazu führen, dass der Zeuge gar nichts auszusagen brauche. Das halte der Senat auch im vorliegenden Fall für berechtigt. Denn bei einer Vernehmung des Zeugen würde es entscheidend um die Kernfrage gehen, ob er der Beklagten das Schreiben vom 12. November 2002 zugeleitet habe. Alle Umstände, die der Zeuge schildern würde, und alle Fragen, die an ihn gerichtet würden, stünden, auch soweit es sich um bloßes Randgeschehen handele, mit diesem Beweisthema in einem unmittelbaren und untrennbaren Zusammenhang.
11
2. Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Überprüfung stand.
12
a) Dem Zeugen Sch. steht gemäß § 384 Nr. 2 ZPO ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, soweit er sich durch Angaben zur Sache der Gefahr aussetzen würde, wegen einer falschen uneidlichen Aussage bei seiner Vernehmung als Zeuge in erster Instanz gemäß § 153 Abs. 1 StGB verfolgt zu werden.
13
Zwar berechtigt das mit jeder Zeugenaussage verbundene Risiko der Strafverfolgung wegen eines Aussagedelikts grundsätzlich nicht zur Aussageverweigerung. Der Zeuge ist auch nicht durch ein Aussageverweigerungsrecht davor geschützt, sich durch eine Aussage auf andere Weise, etwa wegen eines Verstoßes gegen Geheimhaltungspflichten, strafbar zu machen. § 384 Nr. 2 ZPO soll vielmehr ebenso wie § 55 Abs. 1 StPO nur verhindern, dass sich der Zeuge durch eine wahrheitsgemäße Aussage in die Gefahr begeben würde, wegen einer Straftat verfolgt zu werden, die er bereits vor seiner Zeugenaussage begangen hat (BVerfG, Beschluss vom 26. November 1984 - 2 BvR 1409/84, MDR 1985, 464; BGHSt 50, 318, 322; Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Aufl., § 384 Rdnr. 9). Dem Zeugen, der eine strafbare Handlung begangen hat, soll die seelische Zwangslage erspart bleiben, die sich für ihn ergeben würde, wenn er unter dem Druck der staatsbürgerlichen Aussagepflicht seine Verfehlung offenbaren und sich damit selbst der Gefahr einer nachträglichen Verfolgung durch den Strafrichter aussetzen müsste (BVerfG, aaO). Diese Situation hat das Berufungsgericht entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 384 Rdnr. 6; MünchKommZPO/ Damrau, 3. Aufl., § 384 Rdnr. 9; vgl. auch Musielak/Huber, ZPO, 5. Aufl., § 384 Rdnr. 4) in dem hier gegebenen Fall, dass ein Zeuge in zweiter Instanz erneut vernommen wird, nachdem er bereits in erster Instanz zur Sache ausgesagt hat, im Hinblick auf die Gefahr einer Strafverfolgung nach § 153 StGB wegen der erstinstanzlichen Aussage zu Recht als gegeben angesehen.
14
Der Zeuge ist nicht schon durch die Vorschrift des § 158 Abs. 1 StGB hinreichend geschützt, der dem Strafgericht die Möglichkeit gibt, die Strafe wegen Meineids oder einer falschen uneidlichen Aussage zu mildern oder von Strafe abzusehen, wenn der Täter die falsche Angabe rechtzeitig berichtigt. Dafür muss die Berichtigung bei der Entscheidung noch verwertet werden können (§ 158 Abs. 2 StGB). Das kommt indes im Falle einer Berichtigung der Zeugenaussage erst in zweiter Instanz hinsichtlich der erstinstanzlichen Entscheidung nicht mehr in Betracht; deshalb scheidet die Anwendung von § 158 Abs. 1 StGB insoweit aus (Lenckner in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 158 Rdnr. 8; Fischer, StGB, 55. Aufl., § 158 Rdnr. 8; BGH, Urteil vom 6. August 1953 - 1 StR 289/53, JZ 1954, 171; OLG Hamm, NJW 1950, 358, 359). Der Zeuge befindet sich folglich bei seiner zweitinstanzlichen Vernehmung in keiner anderen Situation als bei der Gefahr der Strafverfolgung wegen einer Straftat, die sich vor dieser Vernehmung außerhalb des laufenden Prozesses ereignet haben soll. Der Bundesgerichtshof hat daher auch die Gefahr der Verfolgung wegen eines Meineids, den der Zeuge in einer ersten Hauptverhandlung geleistet haben soll, als hinreichenden Grund dafür angesehen, dass der Zeuge in einer erneuten Hauptverhandlung nach Aufhebung des ersten Urteils zur Verweigerung der Aussage berechtigt ist (Urteil vom 23. April 1953 - 5 StR 69/53, bei Dallinger, MDR 1953, 402; ebenso Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 55 Rdnr. 7; Senge in: Karlsruher Kommentar, StPO, 5. Aufl., § 55 Rdnr. 9).
15
Diese Auffassung mag - wie die Klägerin befürchtet - das Risiko bergen, dass ein Zeuge, der in erster Instanz für eine Partei nachteilige Angaben gemacht hat, von dieser durch eine Strafanzeige wegen eines Aussagedeliktes "mundtot" gemacht wird, bevor er in der Berufungsinstanz erneut vernommen werden kann. Ein Zeuge, der in erster Instanz wahrheitsgemäß ausgesagt hat, wird sich durch eine solche Strafanzeige jedoch keineswegs immer veranlasst sehen, sich in zweiter Instanz auf ein Auskunftsverweigerungsrecht zu berufen. Soweit dennoch die berechtigte Auskunftsverweigerung im Einzelfall eine Beeinträchtigung der Wahrheitsfindung durch das Gericht zur Folge hat, muss dies im Hinblick auf den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsatz, dass niemand gezwungen werden kann, gegen sich selbst auszusagen (BVerfG, aaO), hingenommen werden.
16
b) Die Gefahr der Strafverfolgung nach § 153 StGB wegen einer falschen uneidlichen Aussage in erster Instanz ist hier nicht deswegen zu verneinen, weil - wie die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde geltend macht - das Ermittlungsverfahren gegen den Zeugen Sch. von der Staatsanwaltschaft am 22. April 2005, also vor der beabsichtigten Vernehmung des Zeugen in der Berufungsinstanz , gemäß § 154d StPO im Hinblick auf den anhängigen Zivilrechtsstreit vorläufig eingestellt worden ist. Dabei kann offen bleiben, ob dieser Umstand im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO Berücksichtigung finden kann. Denn er schließt ein Auskunftsverweigerungsrecht des Zeugen in keinem Fall aus. Selbst wenn die Staatsanwaltschaft zugleich mit der vorläufigen Einstellung der Beklagten als der Anzeigenden gemäß § 154d Satz 1 StPO eine Frist zur Austragung einer nach bürgerlichem Recht zu beurteilenden Vorfrage (welcher?) im bürgerlichen Streitverfahren gesetzt haben und diese Frist ergebnislos abgelaufen sein sollte, stünde die endgültige Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 154d Satz 3 StPO im Ermessen der Staatsanwaltschaft (Löwe/Rosenberg/Beulke, StPO, 25. Aufl., § 154d Rdnr. 16; Schoreit in: Karlsruher Kommentar, aaO, § 154d Rdnr. 5) und würde selbst eine solche endgültige Einstellung die Ermittlungsbehörde nicht hindern, die Strafverfolgung nach Abschluss des zwischen den Parteien geführten Zivilrechtsstreits wieder aufzunehmen, wenn sich daraus Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten des Zeugen ergeben (Löwe/Rosenberg/Beulke, aaO, Rdnr. 18).
17
c) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht schließlich den Zeugen Sch. als berechtigt angesehen, das Zeugnis über die Angabe hinaus, dass wegen der erstinstanzlichen Aussage ein Ermittlungsverfahren gegen ihn laufe, umfassend zu verweigern. Diese Beurteilung steht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18. Oktober 1993 (II ZR 255/92, NJW 1994, 197, unter I 2 a), nach der das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 ZPO gegenständlich auf bestimmte Fragen beschränkt ist und voraussetzt, dass dem Zeugen solche Fragen zunächst einmal gestellt werden. Die Beweisfrage, die dem Zeugen Sch. gestellt werden konnte und sollte, lag auf der Hand; er hat sie selbst formuliert mit seiner Aussage: "Die Frage, ob ich das Anmeldeschreiben vom 11.12.2002 abgegeben habe, möchte ich jetzt nicht mehr beantworten." Das Recht des Zeugen, solche Fragen nicht zu beantworten, die ihn in die von § 384 ZPO umschriebene Konfliktlage bringen könnten, kann im Einzelfall dazu führen , dass der Zeuge zur Sache gar nichts auszusagen braucht (BGH, Urteil vom 18. Oktober 1993, aaO). Das hat das Berufungsgericht hier angenommen mit der Begründung, alle Umstände, die der Zeuge schildern würde, und alle Fragen, die an ihn gerichtet würden, stünden mit dem genannten Beweisthema in einem unmittelbaren und untrennbaren Zusammenhang, auch soweit es sich um bloßes Randgeschehen handele. Diese Wertung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden; dem Tatrichter steht insoweit ein weiter Beurteilungsspielraum zu (BGHSt 43, 321, 325 f.; BGH, Beschluss vom 6. August 2002 - 5 StR 314/02, www.bundesgerichtshof.de). Ball Wiechers Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 18.11.2004 - 24 O 125/03 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 19.01.2006 - 18 U 14/05 -

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:

1.
der Verlobte einer Partei;
2.
der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner einer Partei, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
diejenigen, die mit einer Partei in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren;
4.
Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei der Ausübung der Seelsorge anvertraut ist;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt;
6.
Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.

(2) Die unter Nummern 1 bis 3 bezeichneten Personen sind vor der Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren.

(3) Die Vernehmung der unter Nummern 4 bis 6 bezeichneten Personen ist, auch wenn das Zeugnis nicht verweigert wird, auf Tatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, dass ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:

1.
der Verlobte einer Partei;
2.
der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner einer Partei, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
diejenigen, die mit einer Partei in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren;
4.
Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei der Ausübung der Seelsorge anvertraut ist;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt;
6.
Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.

(2) Die unter Nummern 1 bis 3 bezeichneten Personen sind vor der Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren.

(3) Die Vernehmung der unter Nummern 4 bis 6 bezeichneten Personen ist, auch wenn das Zeugnis nicht verweigert wird, auf Tatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, dass ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann.

Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 378/01 Verkündet am:
10. Dezember 2002
Böhringer-Mangold
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja

a) Ein Beweisverbot wegen eines unterlassenen Hinweises nach §§ 163 a
Abs. 4, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO kommt nur in Betracht, wenn das Gericht im Freibeweisverfahren
die Überzeugung gewonnen hat, daß die Voraussetzungen des
Beweisverbots vorliegen.

b) Ist die Partei des Zivilprozesses in einem vorangegangenen Strafverfahren
entgegen §§ 163 a Abs. 4, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO nicht belehrt worden, so
folgt im nachfolgenden Zivilprozeß nicht alleine daraus ein Beweisverbot bezüglich
der Vernehmung der Verhörsperson als Zeuge und der urkundlichen Verwertung
der polizeilichen Niederschrift über diese Vernehmung. Über die Frage der Verwertbarkeit
ist vielmehr aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung im Einzelfall
zu entscheiden. Jedenfalls wenn das Strafverfahren bereits rechtskräftig zu
einem Freispruch geführt hat, ist ein Schutzbedürfnis der Partei grundsätzlich nicht
mehr gegeben.
BGH, Urteil vom 10. Dezember 2002 - VI ZR 378/01 - OLG München
LG Landshut
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Dezember 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen sowie die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. Mai 2001 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau und seines Sohnes Schadensersatz und Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfall. Am 12. September 1997 befuhr er zusammen mit seiner Ehefrau und seinem damals dreijährigen Sohn mit einem Unimog die abschüssige Ortsdurchfahrt der Ortschaft S. mit ca. 40 km/h. Als er vor einer scharfen Linkskurve die Geschwindigkeit reduzieren wollte, versagte die Fußbremse. Der Unimog kippte um und prallte gegen eine Hausmauer. Der Kläger, seine Ehefrau und sein Sohn erlitten erhebliche Verletzungen.
Den Unimog hatte ein Bruder des Klägers im April 1997 vom Beklagten gekauft. Ursache des Bremsversagens war ein Loch auf der Oberseite des Bremsschlauches, der die Bremszuleitung zum rechten Vorderrad bildet. Das Loch war entstanden, weil der nachträglich eingebaute Bremsschlauch um etwa einen Zentimeter zu lang und deshalb durchgescheuert war. Der Kläger behauptet , der Beklagte habe den Schlauch eingebaut. Dies ergebe sich unter anderem aus dem Vermerk über seine erste polizeiliche Anhörung und der Aussage des damals anhörenden Polizeibeamten. In einem zwischen den Parteien geführten Vorprozeß, in dem der Kläger unter anderem ein Teilschmerzensgeld aus dem Unfall eingeklagt hatte, hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen und dabei ausgeführt, die Aussage und der Vermerk des Polizeibeamten über die Erstvernehmung des Beklagten könne nicht verwertet werden, weil nicht auszuschließen sei, daß der Beklagte nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei. Mit der jetzigen Klage begehrt der Kläger weiteren Schadensersatz und weiteres Schmerzensgeld für sich, seine Ehefrau und seinen Sohn. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe nicht den Beweis geführt, daß der Beklagte den zu langen Bremsschlauch eingebaut und den
Unfall dadurch verschuldet habe. Es könne aus den im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Aussagen der im Vorprozeß vernommenen Zeugen eine solche Überzeugung nicht gewinnen. Die Zeugenaussage des Polizeibeamten und dessen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nach dem Unfall gefertigter Vermerk könnten nicht zu Lasten des Beklagten verwertet werden. Nach dem Stand des Ermittlungsverfahrens sei dieser als Beschuldigter in Frage gekommen und deshalb nach §§ 163 a Abs. 4, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO als Beschuldigter zu belehren gewesen. Das Berufungsgericht sehe sich nicht in der Lage davon auszugehen, daß der Zeuge den Beklagten belehrt habe. Es spreche einiges dafür, daß die von dem Polizeibeamten wiedergegebenen Angaben des Beklagten unter Verstoß gegen die einschlägigen Vernehmungsvorschriften zustandegekommen seien. Da die Angaben des Beklagten im Ermittlungsverfahren rechtswidrig erlangt worden sein könnten, sei weder eine Verwertung des Aktenvermerks im Wege des Urkundenbeweises noch der Zeugenaussage des Vernehmungsbeamten zulässig. Der Beklagte habe sein diesbezügliches Rügerecht auch nicht nach § 295 ZPO verloren.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. 1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, der Rechtsstreit sei verfahrensfehlerhaft auf den Einzelrichter übertragen worden. Der Übertragungsbeschluß ist nämlich auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 2. November 2000 ergangen, in der die Zivilkammer ordnungsgemäß besetzt war, wohingegen es sich beim Termin am 23. November 2000, auf den die Revision abstellt, lediglich um einen Verkündungstermin gehandelt hat.
2. Zu Recht rügt die Revision aber, daß das Berufungsgericht die Niederschrift des Polizeibeamten im Ermittlungsverfahren über die Anhörung des Beklagten vom 30. September 1997 und seine Zeugenaussage zu den Angaben des Beklagten für unverwertbar gehalten hat.
a) Offen bleiben kann, ob die Feststellungen des Berufungsgerichts dessen Rechtsansicht tragen, der Poizeibeamte sei verpflichtet gewesen, den Beklagten als Beschuldigten zu belehren, ehe er ihn befragte (vgl. zu den Voraussetzungen einer Belehrungspflicht BGHSt 34, 138, 140; BGHSt 37, 48, 51 f.; BGHSt 38, 214, 227 f. und BGH, Beschluß vom 28. Februar 1997 - StB 14/96 - NJW 1997, 1591).
b) Denn auch bei einer entgegen den Erfordernissen der Strafprozeßordnung unterbliebenen Belehrung ist vorliegend ein Beweisverbot nicht anzunehmen. Zum einen trifft die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu, schon die bloße Möglichkeit, das Beweismittel sei rechtswidrig entstanden, hindere das Gericht daran, zur Überzeugungsbildung auf dieses zurückzugreifen (dazu aa). Zum anderen wären der Aktenvermerk im Wege des Urkundenbeweises und die Aussage des Polizeibeamten schon deswegen verwertbar, weil unter den Umständen des Streitfalls ein Beweisverbot nicht besteht (dazu bb). aa) Ein Beweisverbot wegen eines unterlassenen Hinweises nach §§ 163 a Abs. 4, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO kommt nur in Betracht, wenn das Gericht die Überzeugung gewonnen hat, daß eine erforderliche Belehrung nicht erfolgt ist; bloße Anhaltspunkte für eine fehlende Belehrung und die sich daraus ergebende Möglichkeit, daß die Angaben im Ermittlungsverfahren unter Verstoß gegen eine gesetzlich vorgeschriebene Pflicht zur Belehrung gewonnen wurden , reichen dafür nicht aus. Dies entspricht der gefestigten Rechtsprechung im Strafverfahren. Für den Zivilprozeß kann insoweit nichts anderes gelten.
Der Bundesgerichtshof hat noch nicht entschieden, welche Anforderungen an die Annahme eines Verwertungsverbots zu stellen sind, wenn Angaben einer Partei des jetzigen Zivilprozesses im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren möglicherweise unter Verstoß gegen eine Hinweispflicht nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO erlangt wurden. Die bisherigen Entscheidungen (Senatsurteil vom 12. Februar 1985 – VI ZR 202/83 – VersR 1985, 573; vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Januar 1984 – III ZR 93/82 - VersR 1984, 458, 459) zu einem Verwertungsverbot wegen einer unterbliebenen Belehrung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren betreffen Fälle, in denen feststand, daß dort eine erforderliche Belehrung von Personen unterblieben ist, die als Zeugen im späteren Zivilprozeß aussagen sollten. Danach können polizeiliche Vernehmungsprotokolle und diesen vergleichbare, zusammenfassende Niederschriften der polizeilichen Verhörspersonen zwar grundsätzlich im Wege des Urkundenbeweises in den Zivilrechtsstreit eingeführt werden. Wenn bei der früheren Vernehmung die Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht als Angehöriger unterblieben ist, ist dessen zivilprozessuale Vernehmung jedoch grundsätzlich nicht verwertbar. Desgleichen ist eine Vernehmung als Zeuge oder die Verwertung der Niederschrift über eine frühere Aussage eines Zeugen als Beschuldigter oder als Zeuge im Ermittlungsverfahren nicht zulässig, wenn die erforderliche Belehrung des Zeugen oder der Hinweis auf die Aussagefreiheit als Beschuldigter unterblieben ist. Im Strafverfahren muß der Tatrichter nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Freibeweisverfahren klären, ob ein Hinweis nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO gegeben wurde, sofern tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Hinweis unterblieben ist. Bleibt offen, ob eine gesetzlich vorgesehene Belehrung erfolgt ist, kann der Inhalt der Vernehmung verwertet werden (vgl. BGHSt 38, 214, 224; BGH, Urteil vom 20. Juni 1997 - 2 StR 130/97 - NStZ 1997, 609).
Im Zivilprozeß können hinsichtlich der Äußerung einer Partei keine strengeren Anforderungen gelten. Dies folgt aus der Überlegung, daß der Schutzzweck der verletzten Belehrungsvorschrift im Zivilprozeß nicht weiter reichen kann als im Strafprozeß. Darf das Beweismittel im Strafprozeß verwertet werden, weil sich der Verstoß gegen die Belehrungsvorschrift nicht feststellen läßt, so besteht kein Grund, es im Zivilprozeß unberücksichtigt zu lassen. Die Parteien des Zivilprozesses haben einen Anspruch darauf, daß ihr Vorbringen zur Kenntnis genommen wird und die von ihnen angetretenen Beweise erhoben werden. Die Annahme eines Verwertungsverbots ist daher nur gerechtfertigt , wenn die diesem zugrunde liegenden Tatsachen zur Überzeugung des Gerichts festgestellt sind. Hinsichtlich des dabei zu beachtenden Verfahrens ist das Zivilgericht an das sonst vorgeschriebene Beweisverfahren nicht gebunden, sondern kann vielmehr im Wege des sogenannten Freibeweises verfahren; insoweit gilt nichts anderes als für die Prüfung der Prozeßvoraussetzungen. Die Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung werden durch das Freibeweisverfahren indes nicht gesenkt (vgl. dazu etwa Senatsurteil vom 24. April 2001 – VI ZR 258/00 – VersR 2001, 1262, 1263; BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 1987 – VII ZB 10/86 – NJW 1987, 2875, 2876; vom 16. Mai 1991 – IX ZB 81/90 – NJW 1992, 627, 628; vom 26. Juni 1997 – V ZB 10/97 – NJW 1997, 3319). Das Berufungsurteil kann mithin schon aus diesem Grund nicht bestehen bleiben. bb) Selbst wenn der Beklagte unter Verstoß gegen §§ 163 a Abs. 4, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO tatsächlich nicht belehrt worden sein sollte, wäre die Verwertung der polizeilichen Niederschrift über seine Vernehmung im Wege des Urkundenbeweises und die Vernehmung des Polizeibeamten als Zeuge zulässig , weil bei der vorliegenden Fallgestaltung kein Beweisverbot besteht.
(1) Die Frage der Verwertung unzulässig erlangter Beweismittel ist in der Zivilprozeßordnung nicht ausdrücklich geregelt. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die insbesondere zu mit Eingriffen in das verfassungsrechtlich gewährleistete Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verbundenen Lauschangriffen oder heimlichen Tonbandaufnahmen ergangen ist, ergibt sich jedoch, daß rechtswidrig geschaffene oder erlangte Beweismittel im Zivilprozeß nicht schlechthin unverwertbar sind. Über die Frage der Verwertbarkeit ist vielmehr in derartigen Fällen aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden (vgl. BVerfG, NJW 2002, 3619, 3624; Senatsurteile vom 3. Juni 1997 – VI ZR 133/96 – VersR 1997, 1422 und vom 24. November 1981 – VI ZR 164/79 - VersR 1982, 191, 192; BGH, Urteile vom 27. Januar 1994 - I ZR 326/91 - NJW 1994, 2289, 2292 und vom 4. Dezember 1990 – XI ZR 310/89 - NJW 1991, 1180). (2) Die demnach erforderliche Abwägung kann der erkennende Senat selbst vornehmen, weil die hierfür maßgeblichen Gesichtspunkte feststehen. Bei den abzuwägenden widerstreitenden Interessen ist das Schutzinteresse des Beklagten an der Nichtberücksichtigung seiner früheren Angaben im Zivilrechtsstreit gegenüber dem Interesse des Klägers an seiner Rechtsverwirklichung durch eine umfassende Beweisaufnahme abzuwägen. Dabei ist generell von Bedeutung, daß jedes Beweisverbot die im Rahmen der Zivilprozeßordnung grundsätzlich eröffneten Möglichkeiten der Wahrheitserforschung und damit die Durchsetzung der Gerechtigkeit und die Gewährleistung einer funktionstüchtigen Zivilrechtspflege beeinträchtigt und somit auch durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechte der auf Durchsetzung ihres Anspruchs klagenden Partei berührt. Andererseits genießt auch die Wahrheitsfindung im Zivilprozeß keinen absoluten Vorrang, sondern findet möglicherweise ihre Grenze in der Zumutbarkeit weiteren Vorbringens, insbesondere auch dort, wo die Partei gezwungen wäre, eine ihr zur Unehre gereichende Tatsache oder eine von ihr
begangene strafbare Handlung zu offenbaren (vgl. BVerfGE 56, 37, 44 und zum Meinungsstand MünchKommZPO/Peters, 2. Aufl., § 138 Rdn. 15; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 138 Rdn. 3). Die strafprozessuale Belehrung des Beschuldigten ist nicht darauf gerichtet , ihn vor einer zivilrechtlichen Inanspruchnahme zu schützen. Sie soll vielmehr den Beschuldigten davor schützen, aktiv zu seiner strafrechtlichen Verfolgung beitragen zu müssen, und damit den Grundsatz verwirklichen, daß niemand im Strafverfahren gegen sich selbst auszusagen braucht, also ein Schweigerecht hat, welches zu den anerkannten Prinzipien des Strafprozesses gehört und Bestandteil eines fairen Verfahrens ist (vgl. BGHSt 38, 214, 220 f.; BVerfGE 56, 37, 43). Schon aus diesem Schutzzweck wird ersichtlich, daß die für den Strafprozeß maßgebenden Grundsätze jedenfalls nicht ohne weiteres auch im Zivilprozeß gelten, in dem es nicht um den staatlichen Strafanspruch, sondern um den ganz anders gelagerten zivilrechtlichen Konflikt von Interessen gleichgeordneter Bürger geht (vgl. Senatsurteil vom 24. November 1981 - VI ZR 164/79 - VersR 1982, 191, 193; BGH, Urteil vom 19. Januar 1984 - III ZR 93/82 - VersR 1984, 458, 459; OLG Celle VersR 1977, 361). Das oben dargelegte Schutzbedürfnis der Partei des Zivilprozesses, die als Beschuldigter vernommen worden ist, nicht aktiv zu ihrer strafrechtlichen Verfolgung beitragen zu müssen, ist vielmehr schon dadurch gewährleistet, daß hinsichtlich ihrer früheren Angaben ein strafrechtliches Verwertungsverbot besteht. Jedenfalls wenn – wie hier – das Strafverfahren bereits rechtskräftig zu einem Freispruch geführt hat, ist ein solches Schutzbedürfnis grundsätzlich nicht mehr gegeben. (3) Die Rechtsstellung einer Partei des Zivilprozesses unterscheidet sich auch wesentlich von derjenigen des Zeugen, der ein Recht zur Zeugnisverweigerung hat. Dieses Recht des Zeugen dient dazu, ihn vor einem Konflikt zu schützen, der durch seine Wahrheitspflicht einerseits und seine sozialen und
familiären Pflichten andererseits entstehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 1994 - 1 StR 83/94 - NJW 1994, 2904). Daraus hat der erkennende Senat abgeleitet , daß im Zivilrechtsstreit eine Niederschrift über die Aussage eines im Ermittlungsverfahren rechtswidrig nicht Belehrten ebenso unverwertbar ist wie die Aussage der Verhörsperson, wenn der Betroffene nunmehr von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht (Senatsurteil vom 12. Februar 1985 – VI ZR 202/83 – VersR 1985, 573). Einen gleichgelagerten Schutz genießt der vormalige Beschuldigte als Partei im Zivilrechtsstreit nicht. Dort besteht vielmehr grundsätzlich die Möglichkeit, Beweis durch Parteivernehmung zu erheben und im Falle der Weigerung einer Partei, sich als solche vernehmen zu lassen oder einen Eid zu leisten, dies unter Berücksichtigung der gesamten Sachlage frei zu würdigen (vgl. §§ 445 ff. ZPO), wohingegen das Schweigen des Beschuldigten im Strafverfahren nicht zu seinem Nachteil verwertet werden darf. (4) Vorliegend geht es lediglich um die Frage, ob die Äußerung einer Partei beim rechtswidrigen Unterlassen eines Hinweises nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO nur einem strafrechtlichen Verwertungsverbot unterliegt oder auch in einem Zivilprozeß unverwertbar ist. Dies betrifft nicht das Recht am gesprochenen Wort, sondern ist nach anderen Gesichtspunkten, insbesondere dem Schutzzweck der nicht beachteten Vorschrift und dem Interesse der Gegenpartei , zu beurteilen. Dem Schutzzweck wird jedoch dadurch genügt, daß die Äußerung im Ermittlungsverfahren gegebenenfalls einem strafrechtlichen Verwertungsverbot unterliegt. Auf Grund der vorstehenden Ausführungen ergeben sich bei Abwägung der beiderseitigen Interessen keine durchgreifenden Gründe für die Annahme eines Beweisverbots. Es ist deshalb gerechtfertigt, dem Interesse des Klägers an einer umfassenden Beweisaufnahme und damit dem wesentlichen Grund-
satz des Zivilprozesses, die Wahrheit zu erforschen und ein richtiges Urteil zu sprechen, den Vorrang vor dem Interesse des Beklagten an einer Nichtverwertbarkeit seiner früheren ˜ußerungen einzuräumen.

III.

Da das Berufungsurteil ersichtlich auf den aufgezeigten Rechtsfehlern beruht, war die Sache unter Aufhebung dieses Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht auch zu prüfen haben, ob nach §§ 1629, 1795, 181 BGB eine wirksame Abtretung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs seines zum Zeitpunkt der schriftlichen Abtretungserklärung vom 24. August 2000 sechs Jahre alten Sohnes vorliegt. Die bisherigen Feststellungen reichen für die Annahme eines wirksamen Abtretungsvertrags nicht aus. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll