Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Feb. 2017 - V ZR 165/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:160217BVZR165.16.0
bei uns veröffentlicht am16.02.2017
vorgehend
Landgericht Hanau, 7 O 1336/13, 21.05.2015
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 4 U 129/15, 07.06.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 165/16
vom
16. Februar 2017
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Streitwert einer Klage auf Zustimmung zur Löschung einer Grundschuld
bemisst sich grundsätzlich auch dann nach dem eingetragenen Nennwert,
wenn die Grundschuld nicht mehr valutiert.
BGH, Beschluss vom 16. Februar 2017 - V ZR 165/16 - OLG Frankfurt am Main
LG Hanau
ECLI:DE:BGH:2017:160217BVZR165.16.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Februar 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und die Richter Dr. Kazele und Dr. Hamdorf

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. Juni 2016 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 20.000 €.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, hatte mit notarieller Urkunde vom 11. April 2002 zugunsten des Beklagten zur Sicherung etwaiger Honoraransprüche an ihren zwei Grundstücken eine Grundschuld über 20.000 € bestellt. Dem Beklagten stehen keine Honoraransprüche mehr zu. Daher verlangt die Klägerin von dem Beklagten die Bewilligung der Löschung der Grundschuld, hilfsweise „den Verzicht auf die Grundschuld und die Bewilligung der Löschung“.
2
Das Landgericht hat der Klage im Hauptantrag im Wesentlichen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld sei verjährt. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde will die Klägerin die Zulassung der Revision erreichen.

II.


3
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 Euro nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
4
1. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO ist der Wert des Beschwerdegegenstands aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend, wobei die Wertberechnung nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen ist (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2007 - IV ZR 99/07, juris Rn. 5). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für die Bestimmung ihrer Beschwer nicht der Grundstückswert maßgeblich. Der Wert des Streites um die Löschung einer Grundschuld folgt vielmehr in der Regel dem Nennbetrag des eingetragenen Rechts, gleichviel ob für die Wertbestimmung § 3 oder § 6 ZPO herangezogen wird (BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 - IX ZR 232/04, NJW 2006, 1286 Rn. 4, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 166, 74; Beschluss vom 24. Oktober 2007 - IV ZR 99/07, juris Rn. 6). Der Nennbetrag der Grundschuld beträgt hier 20.000 € und übersteigt damit nicht die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO.
5
2. Der Umstand, dass die Frage der Verjährbarkeit des gesetzlichen Anspruchs des Eigentümers aus § 1169 BGB (hier i.V.m. § 1192 Abs. 1 BGB) um- stritten und höchstrichterlich nicht geklärt ist (vgl. nur Otte, DNotZ 2011, 897; MüKoBGB/Lieder, 7. Aufl., § 1169 Rn. 11, jeweils mwN), ändert nichts daran, dass die Nichtzulassungsbeschwerde wegen Nichtüberschreitens der Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO unzulässig ist.

III.


6
Der Streitwert für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt entsprechend dem Nennbetrag der Grundschuld 20.000 €.
7
Allerdings wird die Frage, wie der Streitwert einer Klage auf Löschung einer nicht mehr valutierten Grundschuld zu bemessen ist, uneinheitlich beantwortet. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass lediglich ein Bruchteil des Nennbetrags der Grundschuld anzusetzen sei, da es nur um die Beseitigung einer formell noch bestehenden grundbuchmäßigen Position gehe (OLG Stuttgart , MDR 2010, 778; OLG Nürnberg, MDR 2009, 217; OLGR Frankfurt 2008, 321; OLGR Rostock 2009, 969, 970; OLG Celle, MDR 2005, 1196; Zöller/ Herget, ZPO, 31. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort „Löschung“; MüKo-ZPO/ Wöstmann, 5. Aufl., § 6 Rn. 18; Wieczorek/Schütze/Kruis, ZPO, 4. Aufl., § 3 Stichwort „Löschung“; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 37. Aufl., § 3 Rn. 99; N. Schneider in Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 14. Aufl., Rn. 3548 ff.; offen gelassen BGH, Beschluss vom 12. März 2013 - II ZR 214/10, juris Rn. 4; BVerfG, NJW-RR 2000, 946, 947; vgl. auch Senat, Beschluss vom 15. April 2010 - V ZR 182/09, juris Rn. 5). Nach anderer Ansicht ist auch bei einer nicht valutierten Grundschuld deren eingetragener Nennwert maßgeblich, da es wirtschaftlich um die Befreiung von der vollen Eintragung gehe (OLG Düsseldorf, MDR 1999, 506, 507; OLG Saarbrücken, MDR 2001, 897; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 6 Rn. 36; Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, 13. Aufl., § 3 Rn. 31; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl., § 6 R. 14; Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl., § 48 GKG Anh. I (§ 6 ZPO) Rn. 14). Richtigerweise bemisst sich der Streitwert einer Klage auf Zustimmung zur Löschung einer Grundschuld grundsätzlich auch dann nach dem eingetragenen Nennwert, wenn die Grundschuld nicht mehr valutiert; denn sowohl bei einem Verkauf als auch bei einer möglichen Beleihung wirkt sich die dingliche Belastung des Grundbesitzes im Regelfall in voller Höhe des Nennwertes zum Nachteil des Eigentümers aus (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 1999, 506, 507).
Stresemann Brückner Weinland
Kazele Hamdorf
Vorinstanzen:
LG Hanau, Entscheidung vom 21.05.2015 - 7 O 1336/13 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 07.06.2016 - 4 U 129/15 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1192 Anwendbare Vorschriften


(1) Auf die Grundschuld finden die Vorschriften über die Hypothek entsprechende Anwendung, soweit sich nicht daraus ein anderes ergibt, dass die Grundschuld nicht eine Forderung voraussetzt. (1a) Ist die Grundschuld zur Sicherung eines Anspruchs

Zivilprozessordnung - ZPO | § 6 Besitz; Sicherstellung; Pfandrecht


Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1169 Rechtszerstörende Einrede


Steht dem Eigentümer eine Einrede zu, durch welche die Geltendmachung der Hypothek dauernd ausgeschlossen wird, so kann er verlangen, dass der Gläubiger auf die Hypothek verzichtet.

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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.

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II. Die Beschwerde ist nicht statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Wert des Beschwerdegegenstandes aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend , wobei die Wertberechnung nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen ist (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - VIII ZR 133/06 - WuM 2007, 395 Tz. 2).

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.

5
II. Die Beschwerde ist nicht statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Wert des Beschwerdegegenstandes aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend , wobei die Wertberechnung nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen ist (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - VIII ZR 133/06 - WuM 2007, 395 Tz. 2).

Steht dem Eigentümer eine Einrede zu, durch welche die Geltendmachung der Hypothek dauernd ausgeschlossen wird, so kann er verlangen, dass der Gläubiger auf die Hypothek verzichtet.

(1) Auf die Grundschuld finden die Vorschriften über die Hypothek entsprechende Anwendung, soweit sich nicht daraus ein anderes ergibt, dass die Grundschuld nicht eine Forderung voraussetzt.

(1a) Ist die Grundschuld zur Sicherung eines Anspruchs verschafft worden (Sicherungsgrundschuld), können Einreden, die dem Eigentümer auf Grund des Sicherungsvertrags mit dem bisherigen Gläubiger gegen die Grundschuld zustehen oder sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben, auch jedem Erwerber der Grundschuld entgegengesetzt werden; § 1157 Satz 2 findet insoweit keine Anwendung. Im Übrigen bleibt § 1157 unberührt.

(2) Für Zinsen der Grundschuld gelten die Vorschriften über die Zinsen einer Hypothekenforderung.

4
Allerdings bemisst sich der Streitwert einer Löschungsklage nach herkömmlicher Auffassung grundsätzlich nach dem Nennbetrag der betreffenden Grundschuld (Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 6 Rn. 36; Musielak/ Heinrich, ZPO, 9. Aufl., § 3 Rn. 31 Stichwort „Löschung“; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl., § 6 Rn. 14, jew. mwN; siehe auch BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2007 - IV ZR 99/07, juris Rn. 6; Beschluss vom 15. April 2010 – V ZR 182/09, WM 2010, 1475 Rn. 5; vgl. ferner zu § 23 Abs. 2 KostO: BVerfG, WM 2012, 1072 Rn. 25 ff., 36). Nach anderer Ansicht ist die Höhe der Valutierung zu berücksichtigen, wobei teilweise vorgeschlagen wird, den Streitwert im Falle geringer oder fehlender Valutierung nach einem Bruchteil des Nennbetrags des Grundpfandrechts zu bemessen (vgl. Zöller/ Herget, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort „Löschung“; MünchKommZPO /Wöstmann, 4. Aufl., § 6 Rn. 18; N. Schneider in Schneider/Herget, Streitwert -Kommentar, 13. Aufl., Rn. 3548 ff., jew. mwN; siehe auch BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 38/03, juris; Euba, ZAP 2010, 385 mwN).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens nimmt der Senat mit 40 % des Nennbetrags der Grundschuld an (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 3 Rdn. 16 "Löschung"). Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub

Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.