Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Juni 2017 - V ZB 39/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juni 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Weinland, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Am 10. November 2016 reiste der Betroffene ohne gültige Papiere und Einreisedokumente mit dem Zug aus Österreich nach Deutschland ein, wo er bei einer grenzpolizeilichen Kontrolle festgenommen wurde. Er gab an, ägyptischer Staatsangehöriger zu sein, und nannte bei verschiedenen Vernehmungen unterschiedliche Personalien. Die beteiligte Behörde ordnete am selben Tag die Zurückschiebung des Betroffenen nach Österreich an, befristete das Einreiseverbot auf den 10. November 2018 und schob den Betroffenen nach Österreich zurück. Am Abend desselben Tages reiste dieser erneut mit dem Zug aus Österreich ohne gültige Papiere in das Bundesgebiet ein. Er wurde wieder festgenommen und gab diesmal an, tunesischer Staatsangehöriger mit den ein- gangs dieses Beschlusses festgestellten Personalien zu sein. Die beteiligte Behörde ordnete daraufhin die Abschiebung des Betroffenen nach Tunesien an und beantragte am 11. November 2016 die Anordnung von Haft zur Sicherung dieser Abschiebung.
- 2
- Mit Beschluss vom selben Tag hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen , wie beantragt, Haft zur Sicherung der verfügten Abschiebung für die Dauer von sechs Monaten angeordnet. Am 20. Dezember 2016 hat der Betroffene die Aufhebung der Haft beantragt. Das Amtsgericht hat diesen Antrag als Beschwerde gewertet und unter Nichtabhilfe dem Landgericht vorgelegt. Dieses hat die beteiligte Behörde zunächst darauf hingewiesen, dass die Ausführungen zur beantragten Dauer der Haft unzureichend sein könnten, die vermeintliche Beschwerde dann aber dem Amtsgericht zur Entscheidung über den Aufhebungsantrag zurückgegeben. Diesen hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 11. Januar 2017 zurückgewiesen. Die Beschwerde des Betroffenen ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde möchte der - am 20. Februar 2017 aus der Haft entlassene - Betroffene die Feststellung der Rechtswidrigkeit der über den 20. Dezember 2016 hinausgehenden Haft erreichen.
II.
- 3
- Das Beschwerdegericht hält den Haftaufhebungsantrag für unbegründet. Ein solcher Antrag könne nur auf neue Umstände, nicht aber auf Einwände gegen die Anordnung der Haft gestützt werden. Der Bundesgerichtshof habe dies in früheren Entscheidungen zwar anders gesehen. Es erachte diese Rechtsprechung aber insbesondere wegen der Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 10. April 2014 (V ZB 110/13) und vom 15. September 2016 (V ZB 43/16) für überholt. Deshalb könne sich der Betroffene weder darauf stützen, dass die erforderliche Dauer der Haft in dem Haftantrag der beteiligten Behörde nicht ausreichend begründet worden sei, noch darauf, dass es an einer Unterrichtung der konsularischen Vertretung Tunesiens fehle. Beides betreffe die ursprüngliche Haftanordnung und könne im Haftaufhebungsverfahren nicht mehr gerügt werden. Nach Erlass der Haftanordnung eingetretene Umstände, die ihre Aufhebung erforderten, lägen nicht vor.
III.
- 4
- Diese Erwägungen halten im entscheidenden Punkt einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
- 5
- 1. Die gegebene Begründung trägt die Zurückweisung des Haftaufhebungsantrags des Betroffenen nicht.
- 6
- a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Haftaufhebungsantrag gemäß § 426 Abs. 1 FamFG nicht nur auf neue Umstände , sondern auch auf Einwände gegen die Anordnung der Haft gestützt werden. Der Senat hat die unter Geltung des durch den heutigen § 426 FamFG abgelösten § 10 FreihEntzG umstrittene Frage mit Beschluss vom 18. September 2008 (V ZB 129/08, BGH-Report 2008, 1232) im beschriebenen Sinne entschieden und diese Entscheidung vor allem mit folgenden Erwägungen begründet (aaO Rn. 19): "Nur ein solches weites Verständnis wird dem Zweck des Aufhebungsverfahrens gerecht. Dieses zielt darauf, eine sachlich nicht gerechtfertigte Inhaftierung zur Verwirklichung der Freiheitsgarantien des Art. 104 GG umgehend zu beenden. Unter diesem Aspekt ist es unerheblich, ob sich die fehlende Berechtigung der Inhaftierung aus neuen Umständen oder daraus ergibt, dass sie nicht hätte angeordnet werden dürfen. Einer Berücksichtigung von Einwänden gegen die Haftanordnung bei der Prüfung der Haftaufhebung steht auch nicht entgegen, dass der Betroffene nur eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Haftanordnung schon mit den gegen diese gegebenen Rechtsmitteln erreichen kann und in aller Regel auch erreicht. Entscheidungen über die Anordnung der Haft sind nur der formellen, nicht der materiellen Rechtskraft fähig (…). Die damit einhergehende mehrfache Prüfung ist bei einer Freiheitsentziehung nicht zu vermeiden. Ihre Fortdauer ist nicht nur unverhältnismäßig, wenn der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist, sondern in gleicher Weise , wenn eine erneute Prüfung ergibt, dass er (doch) nicht vorgelegen hat."
- 7
- Daran hat die Ersetzung des früheren § 10 FreihEntzG durch den heutigen § 426 FamFG nichts geändert. Der Gesetzgeber hat zwar das förmliche Antragsrecht des Betroffenen nach § 10 Abs. 2 FreihEntzG, auf das der Senat seinerzeit auch abgestellt hatte (Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 129/08, BGH-Report 2008, 1232 Rn. 18), redaktionell abgeschwächt (BT-Drucks. 16/6308 S. 293), aber unverändert an den Aufhebungsgründen, an der Verpflichtung zur Aufhebung der Haftanordnung von Amts wegen bei Wegfall der Gründe (dazu Senat, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - V ZB 69/13, Asylmagazin 2014, 138 Rn. 7 f.) und auch daran festgehalten, dass die Beteiligten die Aufhebung beantragen können und darüber durch Beschluss zu entscheiden ist. Unverändert geblieben ist vor allem der Zweck der Vorschrift zu verhindern, dass der Betroffene auf Grund einer Haftanordnung inhaftiert bleibt, die jedenfalls objektiv nicht (mehr) gerechtfertigt ist. Deshalb hat der Senat an der bisherigen Rechtsprechung auch unter Geltung von § 426 FamFG festgehalten (Beschlüsse vom 28. April 2011 - V ZB 292/10, FGPrax 2011, 200 Rn. 17, vom 26. Mai 2011 - V ZB 318/10, juris Rn. 16, vom 15. Dezember 2011 - V ZB 302/10, juris Rn. 13 und vom 29. November 2012 - V ZB 115/12, InfAuslR 2013, 158 Rn. 4). Er hat lediglich präzisiert, dass die formelle Rechtskraft der Entscheidung über die Haftanordnung nicht durch einen Antrag auf Haftaufhebung durchbrochen werden kann. Folge dessen ist, dass die Rechtswidrigkeit der Haft erst ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Haftaufhebungsantrags bei Gericht festgestellt werden kann (Senat, Beschluss vom 29. November 2012 - V ZB 170/12, InfAuslR 2013, 157 Rn. 7); dies hat der Betroffene bei der Antragstellung beachtet.
- 8
- b) Diese Rechtsprechung hat der Senat nicht aufgegeben. Er ist von ihr auch nicht stillschweigend abgerückt. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht aus den Beschlüssen des Senats vom 10. April 2014 (V ZB 110/13, juris) und vom 15. September 2016 (V ZB 43/16, NVwZ 2016, 1824). In den genannten Entscheidungen hatte sich der Senat nicht mit Haftaufhebungsverfahren, sondern mit der Frage zu befassen , ob das Beschwerdegericht die Haftanordnung des Amtsgerichts aufrechterhalten darf, wenn sich im Beschwerdeverfahren ergibt, dass die Haft in dem angeordneten Zeitraum nicht mehr durchführbar ist. Die Frage hat er zunächst gestützt auf den Zweck der Sicherungshaft (Beschluss vom 10. April 2014 - V ZB 110/13, juris Rn. 7), später zusätzlich gestützt auf § 426 FamFG (Beschluss vom 15. September 2016 - V ZB 43/16, NVwZ 2016, 1824 Rn. 4) verneint. Ebenfalls aus dem Grundgedanken des § 426 Abs. 1 FamFG hat der Senat abgeleitet, dass eine angeordnete Sicherungshaft auf den Zeitraum zu beschränken ist, der nach den von dem Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen für die Durchführung der Abschiebung erforderlich ist, wenn sich im Beschwerdeverfahren ergibt, dass die Haft nicht mehr in dem von dem Amtsgericht angeordneten Umfang zu rechtfertigen ist (Senat, Beschluss vom 20. Oktober 2016 - V ZB 167/14, juris Rn. 13). Der Rückgriff auf § 426 FamFG beruht auf der Überlegung, dass die Haft, würde sie unverändert aufrechterhalten , sogleich von Amts wegen aufzuheben oder zu reduzieren wäre. Diese Folge ergibt sich gerade aus der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass im Haftaufhebungsverfahren nicht nur neue Umstände, sondern auch Einwände gegen die ursprüngliche Haftanordnung geltend gemacht werden können. Die genannten Entscheidungen stellen daher die Rechtsprechung des Senats zu § 426 FamFG nicht in Frage; diese bildet vielmehr ihre gedankliche Grundlage.
- 9
- c) Von dieser Rechtsprechung abzuweichen geben die Erwägungen des Beschwerdegerichts keine Veranlassung.
- 10
- 2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als richtig (§ 74 Abs. 2 FamFG).
- 11
- a) Die Haftanordnung des Amtsgerichts war allerdings nicht, wie der Betroffene meint, deshalb rechtswidrig, weil dem Amtsgericht Fehler bei der Belehrung nach Art. 36 WÜK unterlaufen sind. Solche Fehler haben nämlich nur dann die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung zur Folge, wenn das Verfahren bei ordnungsgemäßer Belehrung zu einem anderen Ergebnis hätte führen können und der Betroffene dies darlegt (Senat, Beschlüsse vom 22. Oktober 2015 - V ZB 79/15, NVwZ 2016, 711 Rn. 10 f. und vom 30. März 2017 - V ZB 128/16, juris Rn. 16). Daran fehlt es.
- 12
- b) Der Betroffene macht aber im Ansatz zu Recht geltend, dass die Haftanordnung nicht hätte ergehen dürfen, weil es an einem zulässigen Haftantrag fehlte.
- 13
- aa) Zulässig ist ein Haftantrag nach § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 FamFG nur, wenn er auch Darlegungen zur erforderlichen Dauer der Freiheitsentziehung enthält. Zwar dürfen die Ausführungen dazu knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden (st. Rspr., Senat, Beschlüsse vom 10. Mai 2012 - V ZB 246/11, InfAuslR 2012, 328 Rn. 8, vom 6. Dezember 2012 - V ZB 118/12, juris Rn. 4 und vom 31. Januar 2013 - V ZB 20/12, FGPrax 2013, 130 Rn. 9, 15, jeweils mwN).
- 14
- bb) Danach war der Haftantrag der beteiligten Behörde unzulässig. Er beschränkte sich auf die Angabe, dass die Passbeschaffung, die Buchung von verfügbaren Flügen nach Tunesien und sonstige organisatorische Tätigkeiten mit zuständigen Behörden und Einrichtungen und die Außerlandesbringung des Betroffenen aufgrund neuer geänderter Verfahren zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Tunesien bis zu sechs Monate dauern würden. Diese allgemein gehaltenen Ausführungen sind vor dem Hintergrund, dass die Haft auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken ist (§ 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG; näher Senat, Beschluss vom 10. Mai 2012 - V ZB 246/11, FGPrax 2012, 225 Rn. 10; vgl. auch Beschluss vom 10. Oktober 2013 - V ZB 67/13, InfAuslR 2014, 99 Rn. 9), unzureichend (vgl. Senat, Beschlüsse vom 12. Oktober 2016 - V ZB 8/15, juris Rn. 7 und vom 31. März 2017 - V ZB 74/17, juris Rn.2).
- 15
- c) Die Haftanordnung ist wegen Defiziten des Haftantrags, Verfahrensfehlern bei der Anordnung der Haft oder Fehlern der Haftanordnung nicht nach § 426 FamFG aufzuheben, wenn die fehlenden Angaben und Feststellungen im Aufhebungsverfahren nachgeholt werden und die Haft auf dieser Grundlage nicht zu beanstanden ist. Einer persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 420 FamFG bedarf es in diesem Fall grundsätzlich nicht.
- 16
- aa) Die Berücksichtigung von Einwänden gegen die Haftanordnung im Haftaufhebungsverfahren hat den Zweck zu verhindern, dass ein Betroffener weiter in Haft gehalten wird, obwohl sich die (rechtskräftig gewordene) Haftanordnung als rechtswidrig erweist (Senat, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZR 129/08, BGH-Report 2008, 1232 Rn. 19). Darin findet die Berücksichtigung von Einwänden gegen die Haftanordnung aber auch ihre Grenze. Im Haftaufhebungsverfahren ist deshalb zu berücksichtigen, dass die solchen Einwänden zugrunde liegenden Defizite des Haftantrags, Verfahrensfehler oder Fehler der Haftanordnung im Haftanordnungsverfahren (für die Zukunft) hätten geheilt werden können. Bliebe diese Möglichkeit unberücksichtigt, hätte der Betroffene im Haftaufhebungsverfahren weitergehende Rechte als bei einem Rechtsmittel gegen die Haftanordnung. Das stünde mit dem Zweck des Haftaufhebungsverfahrens und des weiten Verständnisses der Aufhebungsgründe nicht in Einklang und muss vermieden werden.
- 17
- bb) Durch eine förmliche Heilung solcher Mängel und Fehler istdieses Ziel allerdings nicht zu erreichen. Sie ist nur im laufenden Haftanordnungsverfahren möglich und ausgeschlossen, wenn dieses rechtskräftig abgeschlossen ist. Daraus folgt indessen nicht, dass die im Haftanordnungsverfahren gegebene Möglichkeit der Fehlerkorrektur im Haftaufhebungsverfahren keine Berücksichtigung finden könnte. Ihr ist vielmehr bei der Prüfung der von dem Betroffenen gegen die Haftanordnung erhobenen Einwände Rechnung zu tragen. Die beteiligte Behörde kann im Rahmen ihrer Stellungnahme zu solchen Einwänden ihren Haftantrag überprüfen und etwa fehlende Angaben nachholen. Das Gericht hat nicht nur zu prüfen, ob die Einwände des Betroffenen berechtigt waren, als die Haftanordnung rechtskräftig wurde, sondern auch bei der Haftanordnung etwa versäumte gerichtliche Feststellungen nachzuholen. Aufgrund von Einwänden gegen ihren Erlass darf es die Haftanordnung nur aufheben, wenn sie auch auf dieser ergänzten Grundlage weiterhin rechtswidrig ist.
- 18
- cc) Einer persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 420 FamFG bedarf es im Haftaufhebungsverfahren, anders als bei einer Fehlerkorrektur im Haftanordnungsverfahren (dazu: Senat, Beschlüsse vom 16. Juli 2014 - V ZB 80/13, InfAuslR 2014, 384 Rn. 21 ff., vom 11. Februar 2016 - V ZB 24/14, juris Rn. 9, vom 15. September 2016 - V ZB 30/16, juris Rn. 9 und vom 31. März 2017 - V ZB 74/17, juris Rn. 3), nicht. Die persönliche Anhörung des Betroffenen wird in § 420 FamFG nur für die Haftanordnung und, wenn An- tragsmängel im Haftanordnungsverfahren nachträglich geheilt werden, mit § 68 Abs. 3 FamFG auch für ein Beschwerdeverfahren gegen die Haftanordnung vorgeschrieben. Eine entsprechende Vorgabe für das Haftaufhebungsverfahren hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen; er hat das Verfahren und damit auch die Durchführung einer persönlichen Anhörung vielmehr in das Ermessen des Gerichts gestellt (Keidel/Budde, FamFG, 18. Aufl., § 426 Rn. 7 aE; MüKoFamFG/Wendtland, 2. Aufl., § 426 Rn. 6; für Reduktion des Ermessens auf persönliche Anhörung bei Ablehnung dagegen Grotkopp in Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl., § 426 Rn. 15; Lesting in Marschner/Volckart/Lesting, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 5. Aufl., § 420 FamFG Rn. 6). Der Betroffene müsste deshalb zu neuen Umständen, auf die der Haftaufhebungsantrag gestützt wird, nicht persönlich angehört werden. Weshalb das anders sein soll, wenn der Aufhebungsantrag - wie hier - auf Fehler bei der Haftanordnung gestützt wird, ist nicht ersichtlich. Zu dieser ist der Betroffene persönlich angehört worden; deren Fehler trägt er in aller Regel selbst vor. Der Verzicht des Gesetzgebers auf eine erneute persönliche Anhörung des Betroffenen ist deshalb auch im Hinblick auf Art. 104 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Etwas anderes gilt nur in dem extremen Ausnahmefall, dass der Einwand gegen die Haftanordnung gerade darin besteht, dass die vorgeschriebene persönliche Anhörung unterblieben ist. Dieser - hier nicht gegebene - Mangel könnte nur durch Nachholung der Anhörung im Haftaufhebungsverfahren geheilt werden.
- 19
- d) Die von dem Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen rechtfertigten die Zurückweisung des Haftaufhebungsantrags und des Antrags auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung für den Zeitraum ab dem 20. Dezember 2016 nicht.
- 20
- aa) Die Behörde hat allerdings die fehlenden Darlegungen zur erforderlichen Dauer der Haft nachgeholt. Dabei ist es unschädlich, dass diese Nachho- lung auf Aufforderung des Beschwerdegerichts und im Rahmen eines vermeintlichen , in Wirklichkeit aber nicht eingeleiteten Beschwerdeverfahrens erfolgt ist. Anlass für die Aufforderung des Beschwerdegerichts war der Aufhebungsantrag des Betroffenen. Der nachgeholte Vortrag ist auch ausreichend. Danach sind zwar bei der Beschaffung von Passersatzpapieren und der Vorbereitung von Abschiebungen nach Tunesien unterschiedliche Erfahrungen gemacht worden. Das hat sie aber im Einzelnen ausgeführt und auf dieser Grundlage eine eigene Einschätzung vorgetragen, nämlich, dass hier mit fünf Monaten zu rechnen sei. Mehr ist im Rahmen eines zulässigen Haftantrags nicht erforderlich.
- 21
- bb) Das Beschwerdegericht hat sich aber - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - mit diesem ergänzenden Vortrag nicht befasst und deshalb auch nicht festgestellt, ob die Haft auf dieser Grundlage und insbesondere auch im Hinblick auf die geänderte Einschätzung der beteiligten Behörde (fünf statt der beantragten und angeordneten sechs Monate) im Zeitpunkt seiner Entscheidung (noch) gerechtfertigt war.
IV.
- 22
- Die Sache ist daher nicht zur Endentscheidung reif. Der Beschluss des Beschwerdegerichts ist aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Hierfür weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
- 23
- 1. Das Beschwerdegericht wird den nachgeholten Vortrag zu prüfen und festzustellen haben, ob die angeordnete Haft nach dem Ergebnis der ergänzenden Feststellungen noch sachlich gerechtfertigt war.
- 24
- 2. Diese Prüfung kann ergeben, dass die Haftanordnung - rückschauend betrachtet - nur für fünf, nicht für sechs Monate hätte angeordnet werden dür- fen. Im Beschwerdeverfahren hätte die Haft in einer solchen Situation um einen Monat gekürzt werden müssen (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Oktober2016 - V ZB 167/14, juris Rn. 13). Eine solche Möglichkeit besteht im Haftaufhebungsverfahren nicht. Es ist kein erweitertes Rechtsmittelverfahren und dient lediglich dazu, eine nicht mehr gerechtfertigte Haft zu beenden. Das Gericht hat im Haftaufhebungsverfahren nur die Möglichkeit, die Haft aufzuheben oder den Antrag auf Haftaufhebung zurückzuweisen. Die Haftaufhebung ist bei einer für einen zu langen Zeitraum angeordneten Sicherungshaft nur gerechtfertigt, dann aber auch geboten, wenn bei der Entscheidung über den Aufhebungsantrag feststeht, dass der Zweck der Haft nicht mehr erreicht werden kann. Andernfalls hat der Betroffene nur die Möglichkeit, die Aufhebung der Haft zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu beantragen. Stresemann Schmidt-Räntsch Weinland Göbel Haberkamp
AG Rosenheim, Entscheidung vom 11.01.2017 - 1 XIV 156/16 (B) -
LG Traunstein, Entscheidung vom 31.01.2017 - 4 T 295/17 -
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Annotations
(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist vor Ablauf der nach § 425 Abs. 1 festgesetzten Frist von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Vor der Aufhebung hat das Gericht die zuständige Verwaltungsbehörde anzuhören.
(2) Die Beteiligten können die Aufhebung der Freiheitsentziehung beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.
(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist vor Ablauf der nach § 425 Abs. 1 festgesetzten Frist von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Vor der Aufhebung hat das Gericht die zuständige Verwaltungsbehörde anzuhören.
(2) Die Beteiligten können die Aufhebung der Freiheitsentziehung beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.
(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.
(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:
- 1.
die Identität des Betroffenen, - 2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen, - 3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung, - 4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie - 5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.
(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.
(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.
(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn
- 1.
Fluchtgefahr besteht, - 2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder - 3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn
- 1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde, - 3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist, - 4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt, - 5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder - 6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.
(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:
- 1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren, - 3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, - 4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, - 5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen, - 6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt, - 7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.
(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.
(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.
(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
- 1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht, - 2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und - 3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er
- 1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder - 2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist vor Ablauf der nach § 425 Abs. 1 festgesetzten Frist von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Vor der Aufhebung hat das Gericht die zuständige Verwaltungsbehörde anzuhören.
(2) Die Beteiligten können die Aufhebung der Freiheitsentziehung beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.
(1) Das Gericht hat den Betroffenen vor der Anordnung der Freiheitsentziehung persönlich anzuhören. Erscheint er zu dem Anhörungstermin nicht, kann abweichend von § 33 Abs. 3 seine sofortige Vorführung angeordnet werden. Das Gericht entscheidet hierüber durch nicht anfechtbaren Beschluss.
(2) Die persönliche Anhörung des Betroffenen kann unterbleiben, wenn nach ärztlichem Gutachten hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder wenn er an einer übertragbaren Krankheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes leidet.
(3) Das Gericht hat die sonstigen Beteiligten anzuhören. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn sie nicht ohne erhebliche Verzögerung oder nicht ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist.
(4) Die Freiheitsentziehung in einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses darf nur nach Anhörung eines ärztlichen Sachverständigen angeordnet werden. Die Verwaltungsbehörde, die den Antrag auf Freiheitsentziehung gestellt hat, soll ihrem Antrag ein ärztliches Gutachten beifügen.
(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.
(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.
(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:
- 1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder - 3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.
(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.