vorgehend
Amtsgericht Oberhausen, 22 XIV (B) 55/16, 02.12.2016
Landgericht Duisburg, 12 T 3/17, 09.01.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 30/17
vom
6. Dezember 2017
in der Abschiebungshaftsache
ECLI:DE:BGH:2017:061217BVZB30.17.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. SchmidtRäntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 26. Oktober 2017 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.

Gründe:

1
Die gemäß § 44 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen (§ 44 Abs. 2 Satz 1 FamFG) zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet, weil der Senat den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) mit der Zurückweisung der Rechtsbeschwerde nicht verletzt hat.
2
1. Der Senat hat den Vortrag in der Rechtsbeschwerde, der Haftantrag sei deshalb unzulässig, weil die beteiligte Behörde die erforderlichen Schritte für die Abschiebung nach Mazedonien nach dem deutsch-mazedonischen Rückübernahmeabkommen bei Vorliegen von Fotokopien verschiedener Identitätspapiere nicht dargestellt habe, berücksichtigt, aber nicht für durchgreifend erachtet. In dem Haftantrag wird das Rückübernahmeabkommen ausdrücklich erwähnt und auf eine Anfrage bei der Zentralen Ausländerbehörde Köln verwiesen , wonach die Bearbeitungsdauer für die Ausstellung eines aktuellen Passer- satzpapiers vor dem Hintergrund des Abkommens mindestens ein bis zwei Monate betrage. Diese Auskunft bezieht sich nach dem Verständnis des Senats auf den konkreten Fall des Betroffenen, der über Kopien verschiedener Identitätsdokumente verfügte. Damit unterscheidet sich der Sachverhalt maßgeblich von demjenigen, der dem Beschluss des Senats vom 27. September 2017 (V ZB 29/17, juris) zugrunde lag, und auf den sich der Betroffene in seiner Anhörungsrüge stützt. In dem dortigen Fall, der eine Abschiebung nach Algerien zum Gegenstand hatte, wurde das einschlägige deutsch-algerische Rückübernahmeabkommen nicht erwähnt. Zu möglichen Verfahrenserleichterungen nach diesem Abkommen für den Fall, dass eine Fotokopie des Nationalpasses vorhanden war, verhielt sich der Haftantrag nicht.
3
2. Berücksichtigt hat der Senat zudem die weitere Rüge des Betroffenen, der Haftantrag sei unzulässig, weil sich aus ihm die Notwendigkeit einer Haftzeit von drei Monaten nicht ergebe. Dass der Senat die Auffassung des Betroffenen nicht teilt, verletzt ihn nicht in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör.
4
3. Zur Kenntnis genommen und erwogen hat der Senat auch das Vorbringen des Betroffenen, der Haftantrag enthalte keine Angaben zu einem bei der Staatsanwaltschaft Bochum geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und einer etwa erteilten Einvernehmenserklärung gemäß § 72 Abs. 4 AufenthG. Insoweit bezieht sich der Betroffene auf eine Angabe in der dem Haftantrag vorgehefteten Strafanzeige. Hiernach war er „zur Aufenthaltsermittlung von der Staatsanwaltschaft Bochum (VG-1018172-2016)“ ausgeschrieben. Daraus folgt entgegen der Auffassung des Betroffenen jedoch nicht, dass insoweit noch ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren anhängig war, auf das die beteiligte Behörde hätte eingehen müssen. Hiergegen spricht bereits, dass es an einem bei Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft zu verwendenden Js-Aktenzeichen fehlt. Gemäß § 131a Abs. 1 StPO darf eine Ausschreibung zudem auch zur Aufenthaltsermittlung eines Zeugen und nicht nur eines Beschuldigten angeordnet werden. Schließlich kommt eine Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung im Rahmen der Strafvollstreckung in Betracht (vgl. § 34 Abs. 2 Satz 2 StVollstrO, § 457 Abs. 3, § 131a StPO). Nach dem rechtskräftigen Abschluss eines gegen den Ausländer gerichteten Strafverfahrens bedarf es für die Abschiebung nicht mehr des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft und deshalb auch keiner Ausführungen hierzu in dem Haftantrag (vgl. Senat, Beschluss vom 12. März 2015 - V ZB 197/14, FGPrax 2015, 181 Rn. 4 f.). Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
AG Oberhausen, Entscheidung vom 02.12.2016 - 22 XIV (B) 55/16 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 09.01.2017 - 12 T 3/17 -

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 72 Beteiligungserfordernisse


(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Rege

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 44 Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör


(1) Auf die Rüge eines durch eine Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung oder eine andere Abänderungsmöglichkeit nicht gegeben ist und2. das Gericht d

Strafprozeßordnung - StPO | § 457 Ermittlungshandlungen; Vorführungsbefehl, Vollstreckungshaftbefehl


(1) § 161 gilt sinngemäß für die in diesem Abschnitt bezeichneten Zwecke. (2) Die Vollstreckungsbehörde ist befugt, zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe einen Vorführungs- oder Haftbefehl zu erlassen, wenn der Verurteilte auf die an ihn ergang

Strafprozeßordnung - StPO | § 131a Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung


(1) Die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung eines Beschuldigten oder eines Zeugen darf angeordnet werden, wenn sein Aufenthalt nicht bekannt ist. (2) Absatz 1 gilt auch für Ausschreibungen des Beschuldigten, soweit sie zur Sicherstellung eine

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(1) Auf die Rüge eines durch eine Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung oder eine andere Abänderungsmöglichkeit nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit der Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung an diesen Beteiligten kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Die Rüge ist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch nicht anfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 29/17
vom
27. September 2017
in der Abschiebungshaftsache
ECLI:DE:BGH:2017:270917BVZB29.17.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. September 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Weinland, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 11. Januar 2017 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 15. April 2016 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat.
Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der Stadt Duisburg auferlegt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:


I.


1
Der Betroffene, ein algerischer Staatsangehöriger, reiste eigenen Angaben zufolge im Februar 2016 in das Bundesgebiet ein. Er wurde in eine Asylbewerberunterkunft aufgenommen und ersuchte unter einem Aliasnamen um Asyl. Am 9. März 2016 stellte die Bundespolizei bei einer Kontrolle seinen algerischen Reisepass sicher und übersandte ihn an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Bei einer landesweiten Kontrolle des BAMF am 12. April 2016 flüchtete der Betroffene und wurde am 15. April 2016 festgenommen.
2
Mit Beschluss vom 15. April 2016 hat das Amtsgericht Haft zur Sicherung der Abschiebung nach Algerien bis längstens 22. Juni 2016 angeordnet. Dagegen hat der Betroffene Beschwerde eingelegt, die er nach seiner Abschiebung am 11. Mai 2016 mit dem Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung weiterverfolgt hat. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen. Die beteiligte Behörde beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

II.


3
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts liegt der Haftanordnung ein zulässiger Haftantrag zugrunde. Die Behörde habe darin die notwendigen Ausführungen zur Durchführbarkeit der Abschiebung und zur notwendigen Haftdauer gemacht. Auch die materiellen Voraussetzungen für die Anordnung von Abschiebungshaft lägen vor. Der Betroffene sei aufgrund unerlaubter Einreise vollziehbar ausreisepflichtig gewesen. Zudem habe der begründete Verdacht bestanden, dass er sich der Abschiebung durch Flucht entziehen wolle.

III.


4
Die mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG statthafte (§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Betroffene ist durch den die Haft anordnenden Beschluss des Amtsgerichts in seinen Rechten verletzt worden. Es fehlt bereits an einem zulässigen Haftantrag.
5
1. Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden (st. Rspr., vgl. Senat, Beschluss vom 22. Oktober 2015 - V ZB 79/15, InfAuslR 2016, 108 Rn. 15 mwN).
6
2. Dem entsprach der Haftantrag der beteiligten Behörde nicht. Sie musste in dem Antrag nach § 417 Abs. 2 Satz 2 FamFG insbesondere darle- gen, auf welcher Grundlage die Abschiebung erfolgen sollte, welche Schritte hierfür erforderlich waren und welchen Zeitraum diese jeweils in Anspruch nahmen (Senat, Beschluss vom 15. Oktober 2015 - V ZB 82/14, juris Rn. 7 mwN). Besteht mit dem Zielstaat, in den der Betroffene abgeschoben werden soll, ein Rückübernahmeabkommen (hier das Protokoll zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Demokratischen Volksrepublik Algerien über die Identifizierung und die Rücknahme i.d.F. der Bekanntmachung vom 4. Dezember 2003, BGBl. II 2004 S. 16, nachfolgend: deutsch-algerisches Protokoll), sind die nach diesem durchzuführenden entscheidenden Schritte in dem Haftantrag darzustellen (vgl. Senat, Beschluss vom 19. Juni 2013 - V ZB 30/13, juris Rn. 10; Beschluss vom 17. Oktober 2013 - V ZB 172/12, InfAuslR 2014, 52 Rn. 9; Beschluss vom 16. Juni 2016 - V ZB 12/15, InfAuslR 2016, 429 Rn. 9); ggf. ist darzulegen, warum abweichend hiervon verfahren werden soll.
7
Daran fehlt es. Die beteiligte Behörde hat in dem Haftantrag zwar auf die vorgesehene Abschiebung des Betroffenen nach Algerien hingewiesen und dargelegt, die Ausländerbehörde bemühe sich darum, dass der Nationalpass des Betroffenen für die Abschiebung zur Verfügung stehen werde. Sie hat auch ausgeführt, aufgrund der Arbeitsbelastung beim BAMF könne ein konkretes Datum, wann dies der Fall sei, nicht genannt werden, weshalb unverzüglich ein Passersatzpapierverfahren eingeleitet werde. Fotokopien des Nationalpasses lägen vor. Die frühesten Vorführungstermine bei der algerischen Botschaft fänden am 31. Mai bis 2. Juni 2016 statt. Das Verfahren der Passersatzbeschaffung dauere 14 Werktage. Innerhalb dieser Zeit werde die Flugbuchung durchgeführt.
8
Damit werden die erforderlichen Schritte für eine Abschiebung nach Algerien aber nicht dargestellt. Das deutsch-algerische Protokoll über die Identifi- zierung und Rückübernahme wird nicht erwähnt, und es werden keine Angaben zu dem darin vorgesehenen Verfahren gemacht. Das wäre aber erforderlich gewesen, weil eine Fotokopie des Nationalpasses des Betroffenen vorhanden war und das deutsch-algerische Protokoll Erleichterungen bei der Ausstellung eines Heimreisedokuments durch das algerische Generalkonsulat vorsieht, wenn die algerische Staatsangehörigkeit durch Vorlage u.a. einer Fotokopie des Reisepasses oder des Personalausweises glaubhaft gemacht werden kann (Art. 1 Abs. 1 u. 3 ebd.). Gelingt die Glaubhaftmachung mit Hilfe des vorgelegten Dokuments nicht, führen die algerischen Konsularbehörden zudem unverzüglich eine Anhörung in der Abschiebehaftanstalt durch (Art. 2 Abs. 1 ebd.). Zu diesen möglichen Verfahrenserleichterungen verhält sich der Haftantrag jedoch nicht. Selbst wenn die Behörde nicht vorhatte, nach dem deutsch-algerischen Protokoll zu verfahren, weil ihr durch die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) das jeweils tagesaktuelle Verfahren für die Beschaffung des Passersatzpapiers vorgegeben wird, wäre jedenfalls dies darzulegen und zu erläutern gewesen. Ohne solche Angaben ist es dem Richter und dem Betroffenen nicht möglich, die Rechtmäßigkeit der beantragten Haft, insbesondere die notwendige Haftdauer (§ 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), zu prüfen.
9
3. Der Mangel des Haftantrags ist auch nicht nachträglich geheilt worden. Weder hat die Behörde ihre Darlegungen ergänzt noch hat das Amtsgericht das Vorliegen der an sich seitens der Behörde nach § 417 Abs. 2 FamFG vorzutragenden Tatsachen aufgrund eigener Ermittlungen von Amts wegen (§ 26 FamFG) in dem Beschluss festgestellt (vgl. zu dieser Möglichkeit Senat, Beschluss vom 16. Juli 2014 - V ZB 80/13, InfAuslR 2014, 384 Rn. 22). Vielmehr hat das Amtsgericht in dem Haftanordnungsbeschluss auf den Haftantrag vom 15. April 2016 verwiesen.

10
4. Neuer Tatsachenvortrag ist im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich unbeachtlich (vgl. § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG i.V.m. § 559 Abs. 1 ZPO). Schon aus diesem Grund sind die ergänzenden Angaben der beteiligten Behörde in ihrer Stellungnahme vom 14. Juni 2017 nicht geeignet, die Mängel des Haftantrags zu heilen.

IV.


11
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 EMRK analog. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 36 Abs. 3 GNotKG.
Stresemann Schmidt-Räntsch Weinland
Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
AG Duisburg, Entscheidung vom 15.04.2016 - 11a XIV 10/16 B -
LG Duisburg, Entscheidung vom 11.01.2017 - 12 T 90/16 -

(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Regel zu beteiligen.

(2) Über das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Absatz 5 oder 7 und das Vorliegen eines Ausschlusstatbestandes nach § 25 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 bis 4 entscheidet die Ausländerbehörde nur nach vorheriger Beteiligung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.

(3) Räumliche Beschränkungen, Auflagen und Bedingungen, Befristungen nach § 11 Absatz 2 Satz 1, Anordnungen nach § 47 und sonstige Maßnahmen gegen einen Ausländer, der nicht im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels ist, dürfen von einer anderen Behörde nur im Einvernehmen mit der Behörde geändert oder aufgehoben werden, die die Maßnahme angeordnet hat. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Aufenthalt des Ausländers nach den Vorschriften des Asylgesetzes auf den Bezirk der anderen Ausländerbehörde beschränkt ist.

(3a) Die Aufhebung einer Wohnsitzverpflichtung nach § 12a Absatz 5 darf nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde des geplanten Zuzugsorts erfolgen. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 12a Absatz 5 vorliegen; eine Ablehnung ist zu begründen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die Ausländerbehörde am Zuzugsort nicht innerhalb von vier Wochen ab Zugang des Ersuchens widerspricht. Die Erfüllung melderechtlicher Verpflichtungen begründet keine Zuständigkeit einer Ausländerbehörde.

(4) Ein Ausländer, gegen den öffentliche Klage erhoben oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, darf nur im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft ausgewiesen und abgeschoben werden. Ein Ausländer, der zu schützende Person im Sinne des Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetzes ist, darf nur im Einvernehmen mit der Zeugenschutzdienststelle ausgewiesen oder abgeschoben werden. Des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn nur ein geringes Strafverfolgungsinteresse besteht. Dies ist der Fall, wenn die Erhebung der öffentlichen Klage oder die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Straftat nach § 95 dieses Gesetzes oder nach § 9 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern oder Straftaten nach dem Strafgesetzbuch mit geringem Unrechtsgehalt erfolgt ist. Insoweit sind Straftaten mit geringem Unrechtsgehalt Straftaten nach § 113 Absatz 1, § 115 des Strafgesetzbuches, soweit er die entsprechende Geltung des § 113 Absatz 1 des Strafgesetzbuches vorsieht, den §§ 123, 166, 167, 169, 185, 223, 240 Absatz 1, den §§ 242, 246, 248b, 263 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 265a, 267 Absatz 1 und 2, § 271 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 273, 274, 276 Absatz 1, den §§ 279, 281, 303 des Strafgesetzbuches, dem § 21 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl. I S. 430) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und dem § 6 des Pflichtversicherungsgesetzes vom 5. April 1965 (BGBl. I S. 213), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 6. Februar 2017 (BGBl. I S. 147) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, diese Strafgesetze werden durch verschiedene Handlungen mehrmals verletzt oder es wird ein Strafantrag gestellt.

(5) § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gilt nicht für Ausreiseeinrichtungen und Einrichtungen, die der vorübergehenden Unterbringung von Ausländern dienen, denen aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder bei denen die Abschiebung ausgesetzt wird.

(6) Vor einer Entscheidung über die Erteilung, die Verlängerung oder den Widerruf eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 4a oder 4b und die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 ist die für das in § 25 Abs. 4a oder 4b in Bezug genommene Strafverfahren zuständige Staatsanwaltschaft oder das mit ihm befasste Strafgericht zu beteiligen, es sei denn, es liegt ein Fall des § 87 Abs. 5 Nr. 1 vor. Sofern der Ausländerbehörde die zuständige Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt ist, beteiligt sie vor einer Entscheidung über die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 die für den Aufenthaltsort zuständige Polizeibehörde.

(7) Zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 16a, 16d, 16e, 18a, 18b, 18c Absatz 3 und der §§ 19 bis 19c können die Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Auslandsvertretung zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Bundesagentur für Arbeit auch dann beteiligen, wenn sie ihrer Zustimmung nicht bedürfen.

(1) Die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung eines Beschuldigten oder eines Zeugen darf angeordnet werden, wenn sein Aufenthalt nicht bekannt ist.

(2) Absatz 1 gilt auch für Ausschreibungen des Beschuldigten, soweit sie zur Sicherstellung eines Führerscheins, zur erkennungsdienstlichen Behandlung, zur Anfertigung einer DNA-Analyse oder zur Feststellung seiner Identität erforderlich sind.

(3) Auf Grund einer Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung eines Beschuldigten oder Zeugen darf bei einer Straftat von erheblicher Bedeutung auch eine Öffentlichkeitsfahndung angeordnet werden, wenn der Beschuldigte der Begehung der Straftat dringend verdächtig ist und die Aufenthaltsermittlung auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre.

(4) § 131 Abs. 4 gilt entsprechend. Bei der Aufenthaltsermittlung eines Zeugen ist erkennbar zu machen, dass die gesuchte Person nicht Beschuldigter ist. Die Öffentlichkeitsfahndung nach einem Zeugen unterbleibt, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen des Zeugen entgegenstehen. Abbildungen des Zeugen dürfen nur erfolgen, soweit die Aufenthaltsermittlung auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(5) Ausschreibungen nach den Absätzen 1 und 2 dürfen in allen Fahndungshilfsmitteln der Strafverfolgungsbehörden vorgenommen werden.

(1) § 161 gilt sinngemäß für die in diesem Abschnitt bezeichneten Zwecke.

(2) Die Vollstreckungsbehörde ist befugt, zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe einen Vorführungs- oder Haftbefehl zu erlassen, wenn der Verurteilte auf die an ihn ergangene Ladung zum Antritt der Strafe sich nicht gestellt hat oder der Flucht verdächtig ist. Sie kann einen Vorführungs- oder Haftbefehl auch erlassen, wenn ein Strafgefangener entweicht oder sich sonst dem Vollzug entzieht.

(3) Im übrigen hat in den Fällen des Absatzes 2 die Vollstreckungsbehörde die gleichen Befugnisse wie die Strafverfolgungsbehörde, soweit die Maßnahmen bestimmt und geeignet sind, den Verurteilten festzunehmen. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist auf die Dauer der noch zu vollstreckenden Freiheitsstrafe besonders Bedacht zu nehmen. Die notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht des ersten Rechtszuges.

(1) Die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung eines Beschuldigten oder eines Zeugen darf angeordnet werden, wenn sein Aufenthalt nicht bekannt ist.

(2) Absatz 1 gilt auch für Ausschreibungen des Beschuldigten, soweit sie zur Sicherstellung eines Führerscheins, zur erkennungsdienstlichen Behandlung, zur Anfertigung einer DNA-Analyse oder zur Feststellung seiner Identität erforderlich sind.

(3) Auf Grund einer Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung eines Beschuldigten oder Zeugen darf bei einer Straftat von erheblicher Bedeutung auch eine Öffentlichkeitsfahndung angeordnet werden, wenn der Beschuldigte der Begehung der Straftat dringend verdächtig ist und die Aufenthaltsermittlung auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre.

(4) § 131 Abs. 4 gilt entsprechend. Bei der Aufenthaltsermittlung eines Zeugen ist erkennbar zu machen, dass die gesuchte Person nicht Beschuldigter ist. Die Öffentlichkeitsfahndung nach einem Zeugen unterbleibt, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen des Zeugen entgegenstehen. Abbildungen des Zeugen dürfen nur erfolgen, soweit die Aufenthaltsermittlung auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(5) Ausschreibungen nach den Absätzen 1 und 2 dürfen in allen Fahndungshilfsmitteln der Strafverfolgungsbehörden vorgenommen werden.

4
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war der Haftantrag zulässig. Insbesondere bedurfte es keiner Ausführungen zu dem Einvernehmen der Staatsanwaltschaft (§ 72 Abs. 4 AufenthG).