Bundesgerichtshof Beschluss, 01. März 2012 - V ZB 183/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 21. Mai 2011 und der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 17. Juni 2011 ihn in seinen Rechten verletzt haben.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen werden dem Land Rheinland-Pfalz zu 10 % und dem Landkreis Bad Kreuznach zu 90 % auferlegt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.
Gründe:
I.
- 1
- Der Betroffene ist tunesischer Staatsangehöriger. Er reiste im März 2011 mit Hilfe von Schleusern nach Italien ein, hielt sich anschließend in Frankreich auf, reiste ohne Aufenthaltstitel nach Deutschland und wurde am 19. Mai 2011 nach Frankreich zurückgeschoben. Einen Tag später reiste er erneut in die Bundesrepublik ein.
- 2
- Auf Antrag des Beteiligten zu 2 hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 21. Mai 2011 - gestützt auf den Haftgrund der unerlaubten Einreise nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG aF - gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung seiner Zurückschiebung für die Dauer von sechs Wochen angeordnet. Das weitere Verfahren wurde von der Beteiligten zu 3 geführt. Während des gegen die Haftanordnung gerichteten Beschwerdeverfahrens stellte der Betroffene einen Asylantrag, der am 25. Mai 2011 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einging. Das Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluss vom 17. Juni 2011 zurückgewiesen. Am 26. September 2011 wurde der Betroffene nach Italien überstellt.
- 3
- Mit der Rechtsbeschwerde beantragt der Betroffene die Feststellung, dass er durch die Haftanordnung und ihre Aufrechterhaltung in seinen Rechten verletzt worden ist. Für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens beantragt er Verfahrenskostenhilfe.
II.
- 4
- Nach Auffassung des Beschwerdegerichts lässt der gestellte Asylantrag den Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG aF nicht entfallen; denn es stehe fest, dass in Deutschland kein Asylverfahren durchgeführt werde, da nach der Dublin II-Verordnung Italien für die Prüfung des Asylantrages zuständig sei. Es liege außerdem der Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 aF vor. Dem Beschwerdegericht sei es nicht verwehrt, seine Entscheidung auch auf einen von dem Amtsgericht nicht geprüften Haftgrund zu stützen.
III.
- 5
- Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sowohl die Anordnung der Sicherungshaft durch das Amtsgericht als auch ihre Aufrechterhaltung durch das Beschwerdegericht haben den Betroffenen in seinen Rechten verletzt.
- 6
- 1. Das Amtsgericht durfte die Haft nicht anordnen, weil es an einem zulässigen Haftantrag fehlte.
- 7
- a) Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung oder Zurückschiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Fehlt es daran, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden. Die Begründung des Haftantrags muss auf den konkreten Fall zugeschnitten sein; Leerformeln und Textbausteine genügen nicht. Die Darlegungen müssen die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte des Falls ansprechen (vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 123/11, Rn. 9, juris).
- 8
- b) Diesen gesetzlichen Anforderungen an die Begründung genügt der Haftantrag nicht. Die in § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und Nr. 5 FamFG geforderten Darlegungen zu der Erforderlichkeit der beantragten Haftdauer und zu der Durchführbarkeit der Zurückschiebung innerhalb dieser Haftdauer fehlen. In dem offensichtlich für eine Vielzahl von Fällen vorbereiteten Standardvordruck, der nur die Möglichkeit des Ankreuzens vorformulierter Angaben vorsieht, heißt es in Form eines Textbausteines, es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die Abschiebung innerhalb der Haftdauer möglich sein werde. Diese universell einsetzbare Leerformel besagt nichts über den konkreten Fall. Es wird weder das Land bezeichnet, in das der Betroffene abgeschoben werden soll, noch enthält der Haftantrag Angaben darüber, innerhalb welchen Zeitraums Zurückschiebungen in das von der Behörde vorgesehene Land üblicherweise möglich sind (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Mai 2011 - V ZB 264/10, InfAuslR 2011, 398, 399). Ebenso wenig wird dargelegt, weshalb der beantragte Haftzeitraum für die Vorbereitung der Zurückschiebung erforderlich war.
- 9
- c) Durch die ergänzenden Angaben der Beteiligten zu 3 anlässlich der Anhörung des Betroffenen durch das Beschwerdegericht konnte der Verstoß gegen den Begründungszwang nicht rückwirkend geheilt werden, weil es sich bei der ordnungsgemäßen Antragstellung durch die Behörde um eine Verfahrensgarantie handelt, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG erfordert (Senat, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - V ZB 140/11 Rn. 7, juris; Beschluss vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, FGPrax 2010, 210, 211).
- 10
- 2. Auch die Entscheidung des Beschwerdegerichts verletzt den Betroffenen in seinen Rechten. Der von ihm während des Beschwerdeverfahrens gestellte Asylantrag führte zu einem der Haft entgegenstehenden Hindernis.
- 11
- a) Mit der Stellung des Asylantrages bei dem zuständigen Bundesamt hat der Betroffene die Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1, 3 AsylVfG erworben. Damit entfiel seine Ausreisepflicht, die Tatbestandsvoraussetzung für die Sicherungshaft ist (HK-AuslR/Wolff, § 14 AsylVfG Rn. 7). Dem steht nicht entgegen, dass nach den Regelungen der Dublin II-Verordnung nicht Deutschland, sondern ein anderer Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
- 12
- aa) § 55 Abs. 1 Satz 1, 3 AsylVfG macht die Entstehung des gesetzlichen Aufenthaltsrechts nicht von weiteren Voraussetzungen als der förmlichen Asylantragstellung abhängig. Dies gilt auch, wenn ein Asylantrag nach § 27a AsylVfG unzulässig ist, weil ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Denn auch in den Fällen des § 27a AsylVfG ist eine Entscheidung des Bundesamts über den Asylantrag erforderlich (§ 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylVfG). Erst dessen Entscheidung führt unter den weiteren Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 Nr. 5 oder Nr. 6 AsylVfG zum Erlöschen der Aufenthaltsgestattung (vgl. OLG Schleswig, OLGR 2005, 586, 587; LG Saarbrücken, Beschluss vom 9. Oktober 2008 - 5 T 468/08 Rn. 27, juris; Bergmann in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl., § 55 AsylVfG Rn. 8; Hailbronner, AuslR, Stand 1998, § 55 AsylVfG Rn 18). bb) Auch der Formulierung in § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, wonach der
- 13
- Aufenthalt "zur Durchführung des Asylverfahrens" gestattet wird, lässt sich nicht die Einschränkung entnehmen, dass ein Aufenthaltsrecht erst im Falle einer positiven Zuständigkeitsentscheidung des Bundesamtes und der sich anschließenden eigentlichen Durchführung des Asylverfahrens entsteht. Zwar liegt während des Stadiums der Prüfung, ob ein anderer Mitgliedstaat zuständig ist, noch keine Prüfung des Asylantrags im Sinne der Vorschriften der Dublin II-Verordnung vor (Filzwieser/Sprung, 3. Aufl., Art. 2 Dublin II-Verordnung Anm. K 10). Diese Differenzierung ist jedoch vor allem für die Entstehung der in Art. 16 Abs. 1 der Verordnung bestimmten Verpflichtungen eines Mitgliedstaates maßgeblich. Für die Frage einer Aufenthaltsgestattung nach nationalem Recht hat sie hingegen keine Bedeutung. Daher ist dem Asylantragsteller auch für die Phase der Zuständigkeitsprüfung durch das Bundesamt der Aufenthalt nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestattet (vgl. OLG Schleswig, OLGR 2005, 586, 587; LG Saarbrücken, Beschluss vom 9. Oktober 2008 - 5 T 468/08 Rn. 27, juris; LG Göttingen, InfAuslR 1995, 327, 328; Bergmann in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl., § 55 AsylVfG Rn. 8; Hailbronner, AuslR, Stand 1998, § 55 AsylVfG Rn. 19; aA AG Freiberg, Beschluss vom 25. Januar 2005 - XIV B 00039, juris Rn. 27).
- 14
- b) Wird allerdings ein Asylantrag aus der Abschiebungshaft heraus gestellt , steht die Asylantragstellung in den Fällen des § 14 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG der Aufrechterhaltung der Haft nicht entgegen. Die Voraussetzungen dieser Norm sind hier aber nicht erfüllt.
- 15
- aa) § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 AsylVfG aF greift nicht ein. Diese Vorschrift ermöglicht die Aufrechterhaltung der Sicherungshaft trotz Asylantragstellung, wenn sich der Ausländer in Sicherungshaft nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG aF befindet, weil er sich nach der unerlaubten Einreise länger als einen Monat ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufgehalten hat. So verhält es sich hier indes nicht. Der Betroffene hat sich vor der Antragstellung nicht mehr als einen Monat ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufgehalten.
- 16
- bb) Die Aufrechterhaltung der Sicherungshaft war auch nicht nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AsylVfG aF begründet. Danach steht die Asylantragstellung der Aufrechterhaltung von Abschiebungshaft nicht entgegen, wenn sich der Ausländer in Sicherungshaft nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a bis 5 AufenthG aF befindet. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Bei Stellung des Asylantrages befand sich der Betroffene in Sicherungshaft nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG aF.
- 17
- Zwar hat das Beschwerdegericht - wie von der Beteiligten zu 3 nachträglich beantragt - die Sicherungshaft auch mit dem Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG aF begründet. Dies ist grundsätzlich zulässig, weil das Beschwerdegericht als Tatsacheninstanz an die Stelle des erstinstanzlichen Gerichts tritt (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Juli 2010 - V ZB 29/10, Rn. 7, 10, juris). Hiervon zu trennen ist jedoch die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG aF vorliegen müssen. Aus dem Wortlaut des Gesetzes folgt, dass dies der Zeitpunkt der förmlichen Asylantragstellung ist. Liegen daher bei Stellung des Asylantrages die Voraussetzungen für eine Aufrechterhaltung der Haft nach § 14 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG - wie im vorliegenden Fall - nicht vor, ist der Betroffene aus der Haft zu entlassen; eine Fortdauer der Sicherungshaft ist rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit der Haft kann nicht dadurch beseitigt werden, dass das Beschwerdegericht eine andere Begründung nachschiebt. Denn für die Frage der Aufrechterhaltung der Sicherungshaft trotz einer Asylantragstellung kommt es nicht darauf an, auf welchen Haftgrund die Haftanordnung hätte gestützt werden können, sondern auf welchen Haftgrund sie tatsächlich gestützt worden ist (OLG Frankfurt, Beschluss vom 29. April 2009 - 20 W 129/09, S. 4, veröffentlicht unter www.asyl.net; LG Saarbrücken, Beschluss vom 6. Dezember 2010, 5 T 514/10 Rn. 27, juris).
- 18
- c) Schließlich durfte die Abschiebungshaft auch nicht nach § 14 Abs. 3 Satz 3 AsylVfG, auf dessen Regelungsgedanken sich das Beschwerdegericht stützt, aufrechterhalten werden. Diese Norm kommt nur dann zur Anwendung, wenn die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG erfüllt sind. Das ist - wie ausgeführt - nicht der Fall.
IV.
- 19
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 83 Abs. 2, § 81 Abs. 1, § 430 FamFG. Unter Berücksichtigung der Regelung in Art. 5 Abs. 5 EMRK entspricht es billigem Ermessen, das Land Rheinland-Pfalz und den Landkreis Bad Kreuznach entsprechend der Beteiligung ihrer Behörden zur Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen zu verpflichten. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Brückner Weinland
AG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 21.05.2011 - 4 Gs 782/11 -
LG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 17.06.2011 - 1 T 79/11 -
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(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.
(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.
(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn
- 1.
Fluchtgefahr besteht, - 2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder - 3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn
- 1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde, - 3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist, - 4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt, - 5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder - 6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.
(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:
- 1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren, - 3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, - 4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, - 5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen, - 6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt, - 7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.
(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.
(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.
(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
- 1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht, - 2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und - 3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er
- 1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder - 2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.
(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:
- 1.
die Identität des Betroffenen, - 2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen, - 3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung, - 4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie - 5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.
(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.
(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.
(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn
- 1.
Fluchtgefahr besteht, - 2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder - 3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn
- 1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde, - 3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist, - 4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt, - 5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder - 6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.
(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:
- 1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren, - 3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, - 4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, - 5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen, - 6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt, - 7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.
(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.
(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.
(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
- 1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht, - 2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und - 3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er
- 1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder - 2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
(2) Ist das Verfahren auf sonstige Weise erledigt oder wird der Antrag zurückgenommen, gilt § 81 entsprechend.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.